KLARTEXT FÜR IT OHNE BARRIEREN

iDESkmu

#09 - Ausschreibung von IT-Dienstleistungen, Verfassen von Leistungsbeschreibungen & Vergabekriterien sowie Verfahren zur Prüfung von Anwendungssoftware auf Barrierefreiheit

Stefan Schnürer vom Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung in Mecklenburg Vorpommern sowie Detlef Girke, externer Berater im Gespräch mit Nadia

07.02.2022 36 min

Zusammenfassung & Show Notes

Hören Sie heute das Interview mit Stefan Schnürer vom Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung in Mecklenburg Vorpommern über Standards und Mindestkriterien in der Beschaffung von IT-Dienstleistungen und Produkten sowie das Verfassen von Leistungsbeschreibungen und Vergabekriterien.
In unserem zweiten Beitrag befrage ich Detlef Girke, externer Berater im Projekt iDESkmu, zu dem  
BITV-Test, dem BITI-Anwendungstest und weiteren Verfahren zur Prüfung von Anwendungssoftware auf Barrierefreiheit.


Stefan Schnürer
Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung
Referat VIII 520 (IT-Grundsysteme, E-Akte)

Transkript

Nadia David, iDESkmu
00:00:03
KLARTEXT. Der Podcast FÜR IT OHNE BARRIEREN. Interessante Informationen und wertvolles Wissen zur digitalen Barrierefreiheit in der Arbeitswelt. Ein Podcast zum Forschungsprojekt iDESkmu, gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, unter der Federführung des Blinden- und Sehbehinderten- vereins Hamburg. Hallo und herzlich willkommen zur Episode #09. Mein Name ist Nadia David. Hören Sie heute das Interview mit Stefan Schnürer vom Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung in Mecklenburg-Vorpommern über Standards und Mindestkriterien in der Beschaffung von IT-Dienstleistungen und -Produkten sowie das Verfassen von Leistungsbeschreibungen und Vergabekriterien. In unserem zweiten Beitrag befrage ich Detlef Girke, externer Berater im Projekt iDESkmu, zu dem BITV-Test, dem BITi-Anwendungstest und weiteren Verfahren zur Prüfung von Anwendungssoftware auf Barrierefreiheit. In den Shownotes finden Sie die Timecode zu den Beiträgen und Hintergrundinformationen zu unseren Gesprächspartnern und Gästen. Zum Einstieg hören wir wieder einen kurzen Auszug aus einem bekannten Märchen.
Screenreader
00:01:35
Die drei Spinnerinnen. Es war einmal ein Mädchen, das wollte nicht spinnen, und die Mutter mochte sagen was sie wollte, sie konnte es nicht dazu bringen. An einem Tage war die Mutter so zornig darüber, dass sie die Beherrschung verlor und ihre Tochter anschrie, worüber das Mädchen traurig wurde und laut zu weinen begann. Nun fuhr gerade die Königin vorbei, und als sie das Weinen hörte, ließ sie anhalten, trat in das Haus und fragte die Mutter, warum ihre Tochter so laut weinte, dass man es draußen auf der Straße vernehmen konnte. Da schämte sich die Frau und versuchte sich herauszureden: “Ich kann sie nicht vom Spinnen abbringen, sie will immer und ewig spinnen, und ich bin arm und kann den Flachs nicht herbeischaffen.” Da antwortete die Königin “ich höre nichts lieber als spinnen, und bin nicht vergnügter, als wenn die Räder schnurren: gebt mir eure Tochter mit ins Schloss, ich habe Flachs genug, da soll sie spinnen so viel sie Lust hat.” Die Mutter befolgte den Befehl und gab der Königin das Mädchen mit. Als sie ins Schloss gekommen waren, führte sie es hinauf zu drei Kammern, die lagen von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. “Nun spinn mir diesen Flachs,” sprach sie, “und wenn du damit fertig bist, so sollst du meinen ältesten Sohn zum Gemahl haben; deine ärmliche Herkunft spielt keine Rolle, dein unverdrossener Fleiß ist sehr viel wert.” 
Nadia David, iDESkmu
00:01:39
Das war "Die drei Spinnerinnen", gelesen von Heather aus NVDA, einem Open Source Screenreader in der Geschwindigkeit 85, beschleunigt. Hören Sie nun das heutige Interview.
Nadia David, iDESkmu
00:01:59
Herzlich willkommen bei unserer Podcast Episode. Heute spreche ich mit Stefan Schnürer. Stefan Schnürer stellt sich uns kurz einmal persönlich vor, auch mit seinem beruflichen Hintergrund, bitte.
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:02:11
Hallo, herzlich willkommen von meiner Seite. Ich freue mich sehr, dass ich hier die Gelegenheit bekommen habe, in dieser Podcast Reihe bei Ihnen mitwirken zu können. Ganz kurz zu mir: Ich bin Stefan Schnürer aus dem Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern bzw. aus dem Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung. So heißt es ganz genau. Und unter dem Bereich Digitalisierung bin ich dann zu verorten. Ich habe nach meinem Abitur 2002 den Grundwehrdienst noch geleistet und bin danach dann von 2003 bis 2006 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Güstrow gewesen, um dann dort 2006 als Diplom Finanzwirt FH abzuschließen und bin danach in meiner Tätigkeit im Finanzamt Bergen eingesetzt worden und bin dann über einen privaten Kontakt mit einem Projekt im Finanzministerium in Kontakt gekommen. Das war seinerzeit 2010. Da ging es darum, ein einheitliches Dokumentenmanagement- und Fonds-Bearbeitungs- system, also sprich eine E-Akte in den Ministerien und der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern einzuführen. Und über diesen Kontakt bin ich quasi in dieses Projekt damals auch mit übernommen worden reingerutscht und habe dann seit dem April 2010 aktiv an dieser Einführung der E-Akte-Software, der damaligen, in den Ministerien und der Staatskanzlei mitgewirkt und bin dann auch über die Projektphase hinaus dann dieser Aufgabe treu geblieben ab 2014. Das Thema Barrierefreiheit war auch damals schon ein wichtiges Thema, was man bei der Einführung gemerkt hat, weil dann doch aus diversen Bereichen entsprechend auch Kolleginnen und Kollegen, die Betroffene waren, dann auf uns zugekommen sind, wo man sich dann Wege überlegen musste, wie man dann ihnen quasi mit entsprechenden Arbeitsmitteln die Möglichkeit gibt, da auch an dieser elektronischen Akte entsprechend teilnehmen zu können. Und dabei haben wir halt schon gemerkt, es ist halt ein wichtiges Thema gewesen bei den Leuten. Aber tatsächlich bei der Ausschreibung damals oder bei der ursprünglichen Beschaffung hatte das leider nicht den Stellenwert, den es eigentlich brauchte. Und das verfolgt uns eigentlich quasi bis heute. Ich bin dann durch die Wahl, die Landtagswahl 2016, eben ins Energieministerium gekommen, weil die Aufgaben sich verschoben haben. Und seit 2019 habe ich dann im Prinzip aktiv an dem Vergabeverfahren für eine neue Software teilgenommen und bin dort dann auch im Prinzip mit unserem fachlichen Berater das erste Mal intensiv in Kontakt gekommen, wo wir das Thema der Barrierefreiheit auch entsprechend beleuchtet haben. In den in der Ausschreibung und seit April 2021 ist der Zuschlag erteilt worden. Und seitdem Zeitpunkt bin ich jetzt Projektleiter für den technischen Piloten, wo es um die Einführung quasi jetzt neu geht, der neuen E-Akte.
Nadia David, iDESkmu
00:04:59
Und wir von iDESkmu sind tatsächlich sehr froh darüber, dass wir einen Experten wie Sie gewinnen konnten für unsere Podcast Episode. Deshalb haben wir sie auch gebeten, zu mehreren Themen unseren Zuhörerinnen und Zuhörern einige Informationen zukommen zu lassen. Wir starten heute tatsächlich mit der Thematik Mindestkriterien bei der Beschaffung inklusive Leistungsbeschreibung bei Ausschreibungen, insbesondere von barrierefreier IT. Und es werden noch zwei weitere Beiträge von Ihnen folgen. Der eine wird um die Angebotsbewertung und die Auswahl des Angebots sich drehen und der dritte Teil um die Prüfung der Kompetenz des Anbieters. Alles drei sehr große Themenbereiche. Deswegen haben wir sie gesplittet. Vielen Dank noch mal, dass Sie bereit sind, uns so häufig zur Verfügung zu stehen. Ich würde auch gerne gleich einsteigen. Wir befinden uns ja sozusagen jetzt zeitlich am Beginn des Vergabeverfahren. Es ist also noch eine Weile hin bis zur Veröffentlichung. Spielt die Barrierefreiheit tatsächlich in diesem Stadium schon eine Rolle? Und wenn ja, wie wird sie denn ins Vergabeverfahren integriert?
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:06:12
Ja, also das ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Thema, auch schon zu diesem frühen Zeitpunkt, was man unbedingt betrachten sollte und vor allen Dingen auch zeitnah mit den Interessenvertretungen, also in dem Fall natürlich dann der Schwerbehindertenvertretung bzw. der Haupt-Schwerbehindertenvertretung, also jetzt für uns im Land. Dann besprechen, weil im Prinzip das zeigt halt die Vergangenheit, wie auch zum Beispiel die ursprüngliche Ausschreibung des alten E-Akte Verfahrens. Aber ich habe das halt auch aus diversen anderen Ausschreibungsverfahren, wo es um die Beschaffung von Software ging, als Thema immer nicht den Stellenwert hatte, den es eigentlich braucht. Und es ist immer so ein bisschen hinten runtergefallen. Man hat eigentlich quasi erst an die Leute gedacht, wenn eigentlich das Ausschreibungsverfahren schon lief. Und dann hat man in der Regel das Problem gehabt, dass man die Anforderungen gar nicht so formulieren konnte mehr, weil das Verfahren schon lief, wie man sie eigentlich brauchte. Oder es ist tatsächlich gar nicht berücksichtigt worden und man hat den Leuten das Ergebnis einfach nur präsentiert. Und das hat natürlich auch im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Interessensvertretungen, mit den Haupt-Schwerbehindertenvertretungen berechtigterweise zu Verstimmungen geführt. Und aus diesem Grund appelliere ich da möglichst früh tatsächlich auch mit den Interessensvertretungen der Bereiche zu sprechen, in den Kontakt zu kommen. Und auch für das eigene Verfahren, wenn man dann überlegt, wie baue ich das auf, auch schon dort sehr zeitnah versuchen, sich Expertise dazu zu holen, weil das ist halt fachbereichstechnisch und das sind halt Sachen, die können wir auch als Vergabestelle jetzt nicht so beurteilen und die Anforderung auch gar nicht so formulieren nachher für das Ausschreibungsverfahren, wie ist ein fachlicher Berater kann. Und deswegen war es uns halt auch sehr wichtig, eine extra Ausschreibung zu machen, um im Verfahren selbst einen fachlichen Berater für das Thema Barrierefreiheit zu bekommen. Also wir hatten drei fachliche Berater. Wir haben eine Projektunterstützung ausgeschrieben gehabt. Wir haben einen rechtlichen Berater ausgeschrieben gehabt, der uns quasi durch die Klippen des Vergabeverfahren führt. Und wir haben einen Experten ausgeschrieben gehabt, einen fachlichen Berater, der uns in Fragen der Barrierefreiheit unterstützen sollte. Der hat in der Vorbereitungsphase dann auch schon die Kommunikation mit uns zusammen mit den Interessensvertretungen geführt, um dann im Prinzip den Beteiligten auch deutlich zu machen, worauf kommt es an? Ich bin hier jemand, der eure Interessenslage vertritt. Wir wollen uns gemeinsam halt Anforderungen überlegen, wie man im Vergabeverfahren den Themenbereich der Barrierefreiheit, der Zugänglichkeit entsprechend auch einen Stellenwert gibt, ein Gewicht gibt in diesem gesamten Verfahren. Und das war sehr gut für uns, weil wir damit auch die Möglichkeit hatten, jemanden, der wirklich vom Fach ist, auch mit den Interessensvertretungen sprechen zu lassen und auch die Möglichkeit dadurch hatten, die gleich am Anfang mit ins Boot zu holen.
Nadia David, iDESkmu
00:09:00
Ja, das ist hochinteressant. Welche Interessensvertretung haben Sie denn konkret mit eingebunden von Anfang an?
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:09:06
Also dabei waren quasi bei uns der HPR, die Arbeitsgruppen der örtlichen Personalräte, also AG ÖPR, AG HPR, und da sind Teile auch wiederum drinnen, die Haupt-Schwerbehindertenvertretung, die sich wiederum mit den örtlichen Schwerbehindertenvertretungen auch abgestimmt hat, und der Bereich Frauen und Gleichstellung. Der spielte jetzt für das Thema der Barrierefreiheit eine untergeordnete Rolle, aber die gehören quasi zu diesem gesamten Personenkreis der Interessensvertretung. Also da ist es halt bei uns in der Landesverwaltung so, dass es da halt diese entsprechenden Gremien gibt und die sind dort alle mit an einen Tisch geholt worden. Und unser fachlicher Berater hatte auch die Möglichkeit, den Beteiligten in dem Prozess auch zu erklären, was wichtig ist, weil es ist tatsächlich so natürlich die Schwerbehindertenvertretungen, die wissen so Bescheid, in welche Richtung das geht, wenn man sich dem Thema annähert. Aber im Endeffekt sind die auch Teile des Gremiums oder der anderen Gremien und dort war halt auch das Thema so nicht präsent. Und auch teilweise gab es halt ein Stück weit Irritationen hinsichtlich der Begrifflichkeiten, wenn man das Thema Barrierefreiheit insgesamt eigentlich beleuchten will. Und insoweit war das halt goldwert, dass wir da jemanden als Betroffenen und Beteiligten, als fachlichen Berater dabei hatten, der so was schon lange Jahre begleitet, entsprechend auch dann ja darauf hinweisen könnte, was entsprechend wichtig ist.
Nadia David, iDESkmu
00:10:28
Würden Sie denn sagen, dass durch die Einbindung von direkt Betroffenen, sagen wir mal, sichergestellt werden kann, dass auch die richtigen Barrierefreiheits- kriterien in die Vergabe unterlagen aufgenommen werden?
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:10:39
Ja, auf jeden Fall. Also man hat ja im Prinzip eine Zielstellung: Wo will ich hin mit meinem Produkt? Was möchte ich beschaffen? Und da muss man natürlich dieses Thema auf jeden Fall beleuchten. Und da macht es immer Sinn, Leute einzubinden, die selbst Betroffene sind, die dann mit an den Tisch zu holen. Das ist halt der Vorteil durch die Kommunikation mit den Schwerbehindertenvertretungen. Die kennen ja ihre Leute in den Ministerien bzw. auch in den nachgeordneten Verwaltungen. Und wir haben dann auch sicherlich vielleicht noch später im Rahmen dann unserer Feststellung im Vergabeverfahren nicht nur unseren fachlichen Berater da mit Prüfaufträgen sozusagen versorgt, der dann entsprechend die ausgeschriebenen Produkte dort auch bewerten musste, sondern wir haben auch den Betroffenen selbst im Rahmen der Feststellung die Möglichkeit gegeben, einmal ein Gefühl für dieses System zu bekommen. Also da waren sozusagen auch dann die entsprechenden Gremienvertreter auch beteiligt und konnten sich quasi ohne Wertung, aber halt erst mal schon mal in den verschiedenen Softwareumgebungen selber bewegen, um für sich auch schon mal so ein Gefühl zu bekommen, wie gut oder wie schlecht ist dann auch dieses Thema umgesetzt in der Software?
Nadia David, iDESkmu
00:11:49
Ja, was ich sehr interessant finde ist, dass sie betonen, dass es auch externe Experten gegeben hat, deren Aufgaben sie auch ausgeschrieben haben. Vielleicht können Sie für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer noch mal kurz zusammenfassen, welche genaue Rolle diese externen Experten spielen können, wenn es darum geht, eine Leistungsbeschreibung bei einer Ausschreibung zu formulieren.
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:12:12
Na klar, sehr gerne. Also wie gesagt, wir hatten eine Firma beauftragt, die sozusagen das Vergabe- projekt als solches unterstützen sollte und quasi auch damit beauftragt war zum Beispiel diese Abstimmungsrunden. Wir haben im Endeffekt ein Anforderungskatalog abgestimmt und da waren halt die Vertreter aus den einzelnen Ministerien mit beteiligt. Da war dann der Datenschützer involviert. Der Landesrechnungshof des Landes Haupt- archiv, das sind ja quasi alles im Prozess Beteiligte gewesen, und natürlich dann auch die Vertretungen aus den Interessensvertretungenbereichen, also Personalvertretung, Schwerbehindertenvertretung. Und diese Projektunterstützung hat quasi diese Runden auch moderiert, um daraus dann nachher auch die Anforderung abzuleiten, die dann in diesen Anforderungskatalog halt mit eingeflossen sind. Darüber hinaus hatten wir eine rechtliche Beratung uns auch ausgeschrieben und beschafft. Das ist ein Rechtsanwaltsbüro gewesen, das uns sozusagen den Rahmen des Vergabeverfahren dadurch geleitet hat. Die waren für uns wiederum beauftragte Vergabestelle. Das heißt, darüber lief dann die ganze rechtliche Kommunikation und die ganzen Phasen des Ausschreibungsverfahrens. Ausschreibungsverfahren sind sehr formalistisch und bieten sehr viele Stolpermöglichkeiten oder wo man dann Probleme nachher bekommen kann am Ende des Verfahrens. Und mit denen haben wir halt auch überlegt, wie gestalten wir unser Ausschreibungsverfahren? Wie wollen wir das machen? Und dabei ist halt rausgekommen, okay, wir schalten einen Teilnahmewettbewerb vor, wo wir schon mal ich sage mal 7 können, wo man dann erst mal frei sich mit bestimmten Vorgaben Angebote machen lässt von verschiedenen Firmen, die aber auch zum Beispiel schon bestimmte Größenordnungen, selbst also bestimmte Umsätze, bestimmte Projekterfahrung auch hatten in der Bereitstellung von so einer elektronischen Akte. Und da sind tatsächlich von den fünf, die sich beteiligt haben, zwei rausgefallen, die sozusagen schon im Teilnahmewettbewerb gesagt hat, okay, ihr erfüllt die Anforderungen nicht. Und nach dem vorgelagerten Teilnahme- wettbewerb sind wir quasi dann in das Hauptverfahren gestartet und das hat sich auch wiederum ... Haben wir uns mit denen überlegt - in zwei Phasen gegliedert - das war einmal erst mal das Erst-Angebot, wo sie uns schon mitteilen mussten, was das, was die Software alles kann. Und da angeschlossen haben wir dann eine Teststellung, um diese Ergebnisse auch zu bewerten. Und nach der Teststellung wiederum gab es dann noch eine Verhandlungsphase, wo man dann auch solche Themen zum Beispiel aufbringen konnte. Und das haben wir tatsächlich auch gemacht, wenn es Rückfragen gab aus den Tests, unter anderem auch unseren Tests im Rahmen der Barrierefreiheit. Und so konnten wir dann auch noch mal vor dem finalen Angeboten der Bieter darauf einwirken, um vielleicht bestimmte Entscheidungen in unsere Richtung zu bewegen. Und das gesamte Verfahren fußt halt quasi auf einer sogenannten erweiterten Richtwert-Methode. Auch das ist quasi von den Rechtsberatern so vorgeschlagen worden, dass man das quasi im Prinzip als Zuschlage- Maßstab für uns nimmt. Das bedeutet nachher im Endeffekt hat man unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, nicht den Preis alleine als Entscheidungskriterium für einen Zuschlag gelten zu lassen, sondern auch Qualitätskriterien sich tatsächlich entsprechend auswirken, wodurch die dann natürlich mehr Gewicht bekommen als der reine Preis in dem Verfahren. Ja und dann wie gesagt natürlich unseren fachlichen Berater für die Themen explizit der Barrierefreiheit. Mit dem haben wir die Anforderungen entwickelt, die wir an die Software stellen und wir haben den Testbogen mit ihm zusammen entwickelt, wo er quasi dann die Bieter, die dann nachher in der Teststellung noch im Rennen waren, entsprechend auch getestet hat.
Nadia David, iDESkmu
00:15:48
Ja, das ist schon mal ein sehr, sehr guter Einblick tatsächlich in die Erstellung dieser Leistungsbeschreibung und auch ja eigentlich klar formuliert das Bedürfnis, dass man auch in dieser Phase schon eine externe Beratung braucht. Die nächste Phase nach der Definition der Mindestkriterien inklusive Leistungsbeschreibung wäre ja die Angebotsbewertung und Auswahl. Zu der kommen wir ja in unserem nächsten Beitrag von Ihnen. Der wird in der Episode #12 ausgestrahlt. Und da wird es dann tatsächlich auch noch mal gehen darum, warum ist es eigentlich nicht nur der Preis, der über die Auswahl entscheidet? Und zum Beispiel wie gewichtet die Barrierefreiheit bei der Angebotsauswahl ist? Ja, bis zu diesem Punkt erst mal ganz herzlichen Dank an Sie. Ich freue mich, dass wir uns schon bald wieder sprechen und bedanke mich!
Stefan Schnürer, Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern
00:16:47
Ja, auch ich bedanke mich ganz lieben Dank.
Nadia David, iDESkmu
00:16:53
Erhalten Sie auch heute wieder die Antwort auf die Frage aus der letzten Episode. Es geht um die Gewährleistung der IT- Barrierefreiheit bei der Vergabe. Wie kann erreicht werden, dass als Resultat des Vergabeverfahren ein barrierefreies Produkt bzw. eine barrierefreie Dienstleistung steht? Nach unserem Interview mit Stefan Schnürer kennen Sie die Antwort vielleicht schon. Harald Hansen, unser Projektleiter, fasst die Punkte zusammen.
Harald Hansen, Projektleiter iDESkmu
00:17:19
Die Kriterien der IT-Barrierefreiheit müssen klar in allen Phasen definiert und natürlich kommuniziert werden. Dazu gehören unter anderem die einzuhaltenden Standards und Mindest- kriterien, die Vergabe- und Ausschlusskriterien sowie die geforderte Kompetenz des Anbieters.
Nadia David, iDESkmu
00:17:43
Und nun die Frage, die wir Ihnen in der nächsten Episode beantworten werden. Ist es möglich, Software- Accessibility-Mängel im beruflichen Alltag zu erkennen, ohne über besondere technische Kenntnisse zu verfügen? Antwort A: Ganz eindeutig nein. Die Materie ist einfach zu komplex und ohne Vorkenntnisse auf keinen Fall zu bewältigen. Sicher wäre es schön, auch ohne einschlägige Ausbildung zumindest offensichtliche Barrierefreiheits- mängel zu erkennen. Aber leider bringt dieses Vorgehen keinerlei brauchbare Ergebnisse. Antwort B: Ja, auch wenn so keine erschöpfende Einschätzung der Barrierefreiheit einer Anwendung möglich ist, können bereits viele wesentliche Barrieren erkannt werden. Dazu zählen insbesondere zu kleine und feine Schriften, zu geringe Kontraste, Symbole ohne Erklärung oder auch fehlende Alternativtexte. Diese Mängel der Barrierefreiheit können den entsprechenden Prüfschritten der Prüfverfahren zugeordnet werden, ganz ohne technische Vorkenntnisse. Antwort C: Ja, natürlich ist das möglich. Alle Barrieren in IT-Lösungen sind grundsätzlich auch für Laien sichtbar bzw. erfahrbar. Spätestens bei wiederholter Nutzung. Der Einsatz von professionellen Prüfverfahren und Beratern wird oft überschätzt. Denn Berater machen schließlich auch nichts anderes, als sich Benutzeroberflächen so lange anzusehen, bis ihnen eine Barriere auffällt. Zum Beispiel fehlende Alternativtexte.
Nadia David, iDESkmu
00:19:20
Kommen wir zum nächsten Interview. Ja, hallo Detlef! Toll, dass du auch heute dabei bist. Du bist ja externer Berater in unserem Projekt iDESkmu. Unter den öffentlich erreichbaren Prüfverfahren gibt es ja den BITV-Test des BiK-Projektes, und den BITV-Software- test des BIT inklusive-Projektes. Worin unterscheiden sich die beiden Prüfverfahren?
Detlef Girke, Externer Berater
00:19:43
Ja. Hallo Nadia erst mal! Gut, diese beiden Prüfverfahren gibt es. Es gibt natürlich noch mehr Prüfverfahren, aber wie gesagt, die sind halt öffentlich erreichbar beide. Die kann man unter ihren jeweiligen Webseiten aufrufen und beide behaupten ja von sich, die BITV zu prüfen. Und das liegt daran, dass die BITV auf Basis eines EU Durchführungsbeschlusses von 2018 gesagt haben: Die EN 301 549, das ist eine europäische Norm für die barrierefreie Vergabe von Informations- und Telekommunikationstechnik (IKT). Und dort wird in Kapitel 9 beschrieben, was für Anforderungen für web- basierte Inhalte wichtig sind. Und in Kapitel 11 wird beschrieben, was für Software wichtig ist, damit sie barrierefrei ist. Und dann gibt es dazu sogar noch einen Anhang 1, der sich auf Web-Anwendungen konzentriert oder Web- Inhalte, auch Webseiten, auch informative Angebote, und der bringt noch mal ein paar mehr Anforderungen mit rein. Zum Beispiel für den Fall, dass Telefonie mit dabei ist, zum Beispiel für Video- Anwendungen und so weiter und so fort. Und der wichtigste Unterschied sind eigentlich diese beiden unterschiedlichen Kapitel in der EN 301 549. Und der zweite Unterschied ist, dass gemäß der EU-Richtlinie, die eben in Deutsches Gesetz, in deutsches Recht umgesetzt wurde. Das ist die 2102 von 2016. Diese Richtlinie mündete dann später im Behindertengleichstellungsgesetz und damit auch in der BITV. Da geht es nur um Internet-Inhalte und mobile Apps. Dass Software auch barrierefrei sein soll, ist eine Spezialität der deutschen Gesetzgebung. Deswegen müssen wir uns diesbezüglich auch nur auf Kapitel 11 der EN 301 549 stützen. Aber das ist ja erst mal der wesentliche Unterschied. Und der andere ist natürlich der, dass schon initial, wenn man mit einem Test starten möchte, die Vorgehensweise grundunterschiedlich ist. Während man beim BITV-Test des Projektes BIK eine Seitenauswahl macht und zwar so, dass diese Seitenauswahl für den gesamten Internetauftritt also exemplarisch dafür stehen soll, macht man das beim Anwendungstest entweder so, dass man sagt: Nein, wir definieren Szenarien und diese Szenarien stehen dann eben exemplarisch für den, für die Anwendung, Software oder Use Cases kann man ja auch sagen. Oder wir gehen sogar so weit, dass wir sagen: Nein, wir testen einfach elementweise. Wir gehen durch alle Masken durch, die wir so in der Anwendung erwischen können und arbeiten dann natürlich einen typischen Arbeitsvorgang ab und so weiter. Aber im Zentrum steht, während dieses Arbeitens, auf einzelne Elemente zu stoßen und das genau zu benennen und das auch zu bewerten am Ende.
Nadia David, iDESkmu
00:22:53
Und für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sicher interessant, welche Zertifizierungs- möglichkeiten es gibt. Gibt es denn welche für diese beiden Prüfverfahren, die dann auch mit einem Siegel abschließen?
Detlef Girke, Externer Berater
00:23:06
Also BIK hat schon lange ein Siegel, das hat der Prüferbund eingeführt - ich glaube schon 2010 ungefähr oder kurze Zeit später. Und das Siegel wurde auch in der Vergangenheit rege genutzt. Also dem ging dann voran erst mal ein entwicklungsbegleitender Test. Auf Basis dieses entwicklungsbegleitenden Tests wurden dann Anpassungen vorgenommen, damit der Webauftritt barrierefreier oder ganz barrierefrei wird. Dann hat man einen abschließenden Test durchgeführt. Bei dem haben dann zwei Prüferinnen und Prüfer parallel geprüft, aber sich nicht untereinander abgesprochen. Dann haben sie ihre Ergebnisse verglichen und abgestimmt und dann erst ging das Ganze noch an eine Qualitätssicherung, die dann noch gesagt hat: Ah Moment, mir ist aber hier noch was aufgefallen und da noch was aufgefallen. Und wenn diese sechs Augen sozusagen dann am Ende das Ergebnis gesehen haben, dann konnte man sicher sein, dass es auch wirklich wasserdicht ist, weil ein durch drei Experten abgesichertes Ergebnis, da kann niemand mehr was gegen sagen, sozusagen. Und dieser abschließende Test, der durfte dann, wenn er eine bestimmte Punktzahl erreicht hat. Punkte gab es damals noch: 90 Punkte für gut zugänglich, 95 für sehr gut zugänglich, unter 90 war eingeschränkt, zugänglich und so weiter. Maximal gab es 100 Punkte und wenn einer dann eben 90 oder 95 Punkte erreicht hatte, dann gab es eben dieses Siegel. Das durfte man sich dann auf die Internetseite stellen auf die eigene, konnte damit werben und dann von diesem Siegel aus verlinken auf das Prüfergebnis. Das ist heute auch noch so, dass man verlinkt auf das Prüfergebnisse, aber das Siegel gibt es jetzt bei BIK nicht mehr auf Basis eines abschließenden Tests, sondern nur noch auf Basis eines Tests, bei dem der Auftraggeber, also der Kunde, nicht mehr darüber informiert wird, welche Seiten Auswahl geprüft wird. Und dann wird eben wieder geprüft durch eine Prüferin, ein Prüfer und das ganze geht dann noch mal durch eine Qualitätssicherung. Und der kleine feine Unterschied ist eben, dass der Kunde keinen Einfluss hat auf die Seitenauswahl. Und BIT inklusiv macht das anders. Wir testen halt Anwendungen wieder auf Basis von Use Cases oder elementweise oder teils sogar gemischt. Halten eigentlich so viele Barrieren fest, wie uns sozusagen unter die Finger kommen. Und diese Barrieren stehen dann sozusagen repräsentativ für alle Barrieren innerhalb der Anwendung. Heißt also, wenn ich ein kaputtes Formularfeld an einer Stelle gefunden habe, kann ich jetzt nicht sagen ich suche jetzt weiter nach gleichartigen kaputten Formularfeldern, sondern sagt dem Kunden dann: Hier! Da haben wir so ein kaputtes Formularfeld gefunden. Bitte durchsuche deine Anwendung oder deinen Quellcode nach Formularfelder, die ähnlich konstruiert wurden, dann wird dieser Fehler mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch dort auch auftreten. Und wenn wir das abgeschlossen haben, dann machen wir das auch mit der Qualitätssicherung. Das ist im BIT inklusiv-Netzwerk üblich und dann fragen wir uns auch, also sprich uns untereinander an. Kannst du für mich die Qualitätssicherung machen? Machen wir dann. Und ja, dann gibt es eben ein Ergebnis, wo wir dann auch sagen können, wenn tatsächlich keiner der Prüfschritte schlechter als mit leichter Einschränkung bewertet wurde, dann sprechen wir auch von BITV-Konformität. Und dafür kann es dann natürlich auch ein Siegel geben. Das haben wir uns von der Firma Quinscape, auch ein Partner im Projekt, entwerfen lassen und das kommt dann in den Prüfreport rein. Das kann dann der Kunde kann auch gerne damit werben. Aber das Wesentliche ist eigentlich, dass man eben offiziell sagen kann, wir wurden von BIT inklusiv auf BITV-Konformität erfolgreich geprüft. Und dann, wenn Sie es nach außen zeigen wollen, dann steht Ihnen ja auch noch ein anderes Instrument zur Verfügung. Das ist das Thema Erklärung zur Barrierefreiheit. Und so eine Erklärung zur Barrierefreiheit kann man natürlich auch für eine Anwendungssoftware abgeben. Man ist zwar nicht dazu verpflichtet, aber das kann man grundsätzlich machen und das ist immer öffentlichkeitswirksam. Und in unseren Vereinbarungen, den vertraglichen Vereinbarungen, steht zumindest bei mir, dass meistens nicht der komplette Report veröffentlicht werden darf, sondern eben nur die abschließende Anmerkung.
Nadia David, iDESkmu
00:27:39
Okay, also ist eine Erklärung zur Barrierefreiheit für interne Software nicht zwingend erforderlich, aber sehr sinnvoll.
Detlef Girke, Externer Berater
00:27:49
Ja, auf jeden Fall. Vor allen Dingen, wenn jemand damit an die Öffentlichkeit gehen möchte oder wenn gegenüber Vorständen das kommuniziert werden soll. Dann braucht man keine Erklärung zu Barrierefreiheit. Dann braucht man einfach nur ein Reporter mit einem guten, abschließenden Kommentar und dann kann man sich halt auch daran orientieren.
Nadia David, iDESkmu
00:28:06
Aber da stellt sich mir die Frage, warum werden denn die Prüfverfahren anderer Anbieter nicht auch einfach veröffentlicht?
Detlef Girke, Externer Berater
00:28:12
Na ja, das ist ein bisschen schwierig bei manchen Prüfverfahren. Es gibt zum Beispiel das Prüfverfahren von T-Systems und das läuft halt sehr, sehr nutzerzentriert. Und bei einer heuristischen Evaluation macht man es ja so, dass man erst mal prüft und dann auf einmal, wenn man merkt, so, oh, da stoße ich auf eine Schwierigkeit. Ja, zu welchem Prüfschritt könnte das passen? Oder zu welcher Heuristik könnte das passen? Und das gleiche Verfahren wendet T-Systems in weiten Teilen auch an auf Barrierefreiheits-Richtlinien oder eben Barrierefreiheits-Anforderungen. Und wenn man sich überlegt, wie diese Anforderungen aufgebaut sind, dann muss man das ja nicht nochmal veröffentlichen, weil diese Anforderung gibt es. Das sind die WCAG-Kriterien, das ist die EN 301 549 und so weiter. Das muss dann nicht noch mal gedoppelt werden, sondern die nimmt man ja einfach hinzu und erklärt dann, dass nach Prüfung dieses oder jenes Bereichs folgendes Prinzip oder folgende Richtlinie verletzt ist und bringt dann seine Erklärung und Erläuterung dazu in den Prüfreport und nicht in ein Rahmenverfahren zum Beispiel. Das ist der Grund, warum das nicht veröffentlicht wird, weil die ganze Vorgehensweise und so weiter, das ist schwierig, das zu veröffentlichen, vor allen Dingen, wenn es alles ständig work in progress ist, wenn es sich wirklich ständig verändert. Aber das Verfahren hat durchaus seinen Reiz. Ich finde das eigentlich sehr gut, weil es sehr, sehr nah am Nutzer ist, sehr praxisorientiert und es dient halt der Beratung des Kunden. Der Kunde will wissen 1. Können die Menschen mit Behinderung, die bei mir angestellt sind dann mit der Anwendung arbeiten? Und 2. Können potenzielle Menschen mit Behinderung in der Zukunft oder was auch immer mit der Anwendung arbeiten? Das ist wirklich direkt eingehen auf Kundenwünsche sozusagen. Und das ist natürlich auch super. Also ich meine, das passiert beim anderen Verfahren natürlich auch. Natürlich sprechen wir mit den Kunden. Natürlich mache ich vorab Tests, bevor ich den großen Test durchführe. Wir beraten auch stückweise. Und wenn man das Ganze am Ende zusammennimmt, dann haben beide Verfahren absolut ihren Reiz. Es hängt immer auch von der Prüferin, vom Prüfer ab, wie man mit dem Kunden umgeht. Das ist das Allerwichtigste. Kommunikation ist einfach immer das Allerwichtigste.
Nadia David, iDESkmu
00:30:40
Das ist auch das, was ich gerade heraus höre bei dir. Das bedeutet also, dass man sich als Anbieter eines Prüfverfahrens gegenüber dem Auftraggeber oder der Öffentlichkeit im Grunde immer umfassend erklären muss.
Detlef Girke, Externer Berater
00:30:56
Ja, ja, das kann man auf jeden Fall so sagen. Also ein Beispiel ist, ich habe ja vorhin schon mal in das Thema Rahmenverfahren erwähnt und dieses Rahmenverfahren muss wirklich ständig erneuert werden, aktualisiert werden und so weiter. Also früher haben wir ... Ein Beispiel: Bildschirmauflösung von 1280 mal 768 festgelegt. Das war sozusagen unser Standardmonitor bei einer Größe von mindestens 17 Zoll. Das hat sich innerhalb der letzten vier Jahre massiv geändert. Und wenn wir das jetzt noch als Anforderung weiterhin vertreten wollen würden, würden wir uns selber lächerlich machen. Das geht nicht mehr. Also die Anforderungen sind heute ganz anders. Mobile first, dann die unterschiedlichsten Auflösungen. Stell dir einfach nur vor, du hast einen Windows-Rechner und stellst den als HD Rechner auf auf 150 %. Ja, dann bist du wieder bei 1280 mal 768. Wenn du aber noch höher gehst, dann hast du sogar eine noch geringere Auflösung, obwohl du eigentlich Full HD hast. Ähnlich verhält sich das dann auch mit 4K Monitoren, Wenn man die Prozentzahlen dann auch wieder hoch setzt. Von daher, man kann im Grunde gar nicht mehr sagen, was jetzt wirklich die optimale Auflösung ist, sondern man kann nur noch mit dem Kunden sprechen. Wo ist der Haupt-Anwendungsbereich? Was brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um optimal arbeiten zu können? Und funktioniert die Anwendung an den Arbeitsplätzen des Arbeitgebers vernünftig? Homeoffice ist dann natürlich eine schwierige Geschichte nochmal, weil die Laptops meistens andere Bildschirmauflösung haben als die Desktop- Rechner am Arbeitsplatz in der Firma. Aber das muss man dann halt auch noch mal checken vielleicht. Und dann sich mal die Auflösung durchgeben lassen oder die Werte genau durchgeben lassen, das dann vielleicht simulieren und dann noch mal checken.
Nadia David, iDESkmu
00:32:51
Ja, setzt auf jeden Fall einen intensiven Informationsaustausch voraus mit dem Auftraggeber, der die Software benötigt und den Entwicklerinnen und Entwicklern.
Detlef Girke, Externer Berater
00:33:03
Genau. Man muss einfach wirklich ständig in Kommunikation bleiben, auch ständig darüber informiert bleiben. Gab es schon Neuerung? Wurde wieder was geändert? Ist mir mehrfach passiert, dass ich Dinge bemängelt habe, die sich schon geändert hatten wieder in der Zwischenzeit und so weiter. Es ist wirklich ein ständiger Kommunikationsprozess und ohne diese gute Kommunikation untereinander läuft es auch schlecht. Also in der Vergangenheit haben wir das ja sehr viel gemacht, dass wir einfach nur geprüft haben. Prüfbericht an den Kunden, Kunde hat das abgearbeitet, neuen Tests beauftragt, wieder geprüft und dann waren wieder Fehler drin und dann haben wir wieder einen Bericht und so weiter. Das war eine ewige Schleife für den Kunden unglaublich teuer und letztlich auch vollkommen unbefriedigend, weil es entsteht kein richtiger Kontakt und es entsteht letztlich auch kein echtes Verständnis für die Barrierefreiheit. Das echte Verständnis für Barrierefreiheit entsteht echt nur, wenn man darüber spricht.
Nadia David, iDESkmu
00:33:58
Hm, das ist ein tolles Schlusswort. Detlef, du hast uns eine ganze Menge erzählt zu den aktuellen Prüfverfahren oder Anwendungstests. Erst mal ganz herzlichen Dank an dich!
Detlef Girke, Externer Berater
00:34:10
Bitte schön. Gerne! Wir werden dich hier im Rahmen der Podcast Reihe noch zu anderen Themen hören.
Nadia David, iDESkmu
00:34:16
Die Kontaktdaten von Herrn Girke finden Sie übrigens auch in den Shownotes, falls Sie noch tiefergehende Fragen haben. Und erst mal herzlichen Dank!
Detlef Girke, Externer Berater
00:34:24
Bitte schön, gerne.
Nadia David, iDESkmu
00:34:27
Ich bedanke mich bei Stefan Schnürer und Detlef Girke für ihre Beiträge. Hier nochmals der Hinweis auf unsere Shownotes. Sie finden dort neben den Hintergrundinformationen zu den Gesprächspartnern grundsätzlich umfangreiche Quellenangaben und Tipps rund um die Beiträge und Themen dieser Episode. In der nächsten Episode spricht Detlef Girke über Handreichungen zur Identifikation von Software- Accessibility-Mängeln in der Praxis ohne besondere technische Kenntnisse. Im anschließenden Vortrag von Cornelia Dill, Business Trainerin und systemischer Management Coach, geht es um das Thema Kommunikation in Unternehmen. Es freut uns, wenn wir Ihr Interesse geweckt haben. Abonnieren Sie diesen Podcast und teilen Sie ihn mit Ihrem Netzwerk und folgen Sie uns auf Facebook und Twitter. Lernen Sie uns noch besser kennen und besuchen Sie unsere Webseite unter www.projekt-ideskmu.de Bei offenen Fragen oder neuen Fragen, die sich für Sie ergeben haben, schreiben Sie uns gerne eine Nachricht. Wir freuen uns darauf! Das war die Episode #09 der Podcast Serie KLARTEXT FÜR IT OHNE BARRIEREN zu dem Projekt iDESkmu. Mein Name ist Nada David. Vielen Dank für Ihr Zuhören.