In dieser Podcastfolge erkläre ich dir, welche Begriffe ich nutze, um über Körperakzeptanz zu sprechen, und warum manche Wörter verletzende Botschaften enthalten können. Ich gebe dir Tipps, wie du selbst achtsam mit Sprache umgehen kannst, um niemanden zu verletzen.
Hallo und herzlich willkommen beim Podcast Körper und Gesellschaft, demPodcast für das Thema Körperakzeptanz. Mein Name ist IraSchumann. In dieser Folge geht es das Thema sprachliche Sensibilitätund ich erkläre, welche Begriffe ich hier im Podcast verwende und was ichdamit genau meine. Außerdem wird es darum gehen, dass manche Wörter,die vielleicht erst mal neutral oder eher harmlos wirken,vertwandliche Botschaften enthalten und ich erkläre, warum ich dieseBegriffe nicht benutze. Ich habe mich auszwei Gründen entschieden, diese Folge zu machen und sie auch relativ am Anfang zumachen. Grund 1 ist, ich verwendemanche Wörter, die vielleicht für manche Menschenirritierend wirken können und die ich deswegen erklären möchte.Und der Grund Nummer 2, es ist Teil meiner Arbeit alsDiversity-Trainerin, also wenn ich bestimmte Fortbildungen mache, dann ist esTeil meiner Arbeit dafür zu sensibilisieren, dass Sprache eben nicht neutralist und dass es auch in harmlos oderzumindest neutral wirkenden Begriffen verletzende,abwertende, diskriminierende Botschaften geben kann.Die Übung, die ich dann oft nutze, heißt versteckte Botschaften und ich habegedacht, prima, das ist doch ein total guter Titel für so eine zweite Folge. Istein bisschen mysteriös und macht hoffentlich neugierig.In diesen Trainings, die ich mache, in diesen Nervosity-Trainings, ist es dann immer ganz spannendfür die TeilnehmerInnen zu sehen, wie tief zum Beispiel sowas wie Rassismus dannauch in alltäglichen Begriffen steckt. Und runddas Thema Körper und Gewicht gibt es eben auch einige solcher Begriffe,die für viele, also vor allem auch für nicht betroffene Menschenerstmal neutral und sachlich klingen oder vielleicht sogar irgendwienett und hinter denen aber sehr schwierige Botschaften stecken.Deswegen greife ich nachher einige von diesen Begriffen auf und erkläre, welcheBotschaften sie enthalten. Okay,los geht's aber erstmal mit den Begriffen, die ich selbst benutze,in meinem Alltag und hier im Podcast. Ichverwende das Wort dick, aber nicht mit einernegativen Bedeutung, sondern als rein beschreibendesWort. Also so, wie ich sagen würde, dass jemandblonde oder braune Haare hat oder klein oder großist. Also einfach sind ja auch beschreibende Begriffe, die erstmalnichts negatives, positives bedeuten. Und ich weiß, das kannfür das Wort dick, kann das echt gewöhnungsbedürftig sein,weil das Wort ja üblicherweise dazu verwendet wurdeoder auch häufig immer noch wird, zu verletzen und zubeschämen. Mir ist es aber wichtig, das Wort zuverwenden, deutlich zu machen, dass dick einfach nur eine bestimmteKörperform ist oder einfach nur ein bestimmtes körperliches Merkmal ist, waserstmal irgendwie überhaupt nichts Negatives ist, nichts Schlimmes ist. Sowie eben die Haarfarbe ja auch erstmal nichtsNegatives ist oder irgendwie auch erstmal was wasneutrales Merkmal ist. Und indemich dick beschreibend verwende, versuche ich auch, was zu normalisieren,nämlich dass es dicke Körper gibt und auch immer schon gabund immer geben wird. Als Gegensatz zu dickverwende ich das Wort dünn. Mit dünn meine ich Menschen, die sogenanntedünne Privilegien haben. Also ich meine damit sicherlich auch Menschen,die von sich selbst nicht sagen würden, dass sie dünn sind,aber die eben bestimmte Zugangsmöglichkeiten haben in unserer Gesellschaft,die dicke Menschen nicht oder weniger haben.Über was das mit den Privilegien genau heißt, was das mit den Zugangsmöglichkeiten,wie das aussehen kann, zu welchen gesellschaftlichen Bereichendicke Menschen kein oder weniger Zugang haben, dazu werde ich ineiner späteren Folge zum Thema Gewichtsdiskriminierungnoch mal mehr erzählen. Und es kann auch sein, dass ich hier imPodcast mal das Wort Fett verwende. Also das ist danngenauso beschreibend gemeint wie dick. Undwenn du es gewohnt bist, dass so Würter wie Dickoder Fett nur in ihrer abwertenden Verwendungsweisehalt genutzt werden, dann kann das totalirritierend sein, wenn ich die auf einmal hier beschreibend verwende. Vielleichtfür den Hintergrund ist es wichtig zu wissen oder hilfreich zu wissen,dass dahinter bestimmte politische Kämpfe stecken, in denen es eben auchdarum geht, sich Würde anzueignen oder diese Würdezurückzuerobern, die mal benutzt wurden oder auch immernoch benutzt werden, abzuwerten und zu verletzen. Dasgab und gibt es auch in anderen politischen Bewegungen, also nicht nur wenn esdicke Menschen, dicke Körper geht, zum Beispiel,ein bekanntes Beispiel ist das Wort Queer, was eben auch mal benutzt wurde,bestimmte Menschen abzuwerten, und was ja inzwischen eben, ne,also als eine positive Selbstbezeichnung auch genutztwird. Das ganze Phänomen dahinter nennt sich Reclaimingund ich packe dir einen Link dazu in die Show Notes.Wenn du dich jetzt fragst, welche Wörter du zukünftigverwenden kannst, möchtest, welche Wörter oksind, dazu sage ich am Ende der Podcast-Folge ein bisschenmehr. Ok, dann kommeich zu den Wörtern, zu den Begriffen, die ich nichtverwende und die ich deswegen nicht verwende, weil sie fett ver- Übergewichtenthält die Idee, dass es ein ganz normales Gewicht gibtund alles, was darüber liegt, ist eine Abweichung, also es liegt drüber,die negativ bewertet wird. Und wenn ich dieses Wort verwende, sendeich also die Botschaft, dass Dicksein etwas Unnormales, etwasAbweichendes ist und nicht einfach eine von mehrerenmöglichen Körperformen, die Menschen eben haben können.Warum ich die Wörter Adipositas, Adipös nicht verwendeIch erlebe es immer wieder, dass das Wort Adipösverwendet wird, wenn versucht wird, einen neutralen, nicht verletzendenBegriff für dicke Menschen zu benutzen. Oder es argumentiert wird,das wäre ja der offizielle Begriff für bestimmte Körper, weil es ja ein anerkanntermedizinischer Fachbegriff ist. Aberauch medizinische Fachbegriffe können Vorurteile enthalten.Und hinter Adipositas und Adipös steckt nämlich die Idee, dass Menschen mit einerbestimmten Körperform nicht gesund sind und auch nicht gesund sein können.Oder ein bisschen komplizierter formuliert könnte man sagen, diese Begriffepathologisieren bestimmte Körper. Hier steckt also dasVorurteil drin, dass Dicksein gleichzusetzen ist mitUngesundsein. Und dass es eben auf der Basisdieses Vorurteils möglich ist, an der Körperformabzulesen, wie der Gesundheitszustand eines Menschen ist.Das ist natürlich nicht möglich. Was heißt natürlich? Für viele Menschen ist das, glaube ich,nicht so natürlich. Das ist nicht möglich.Und es handelt sich eben Vorurteile und nicht Fakten. Also ichselbst finde den Begriff adipös. Von denen, die ichjetzt hier so nenne, von den Begriffen, finde ich den am verletzendsten. Undbin immer, also Mich trifft es immer ziemlich, wenn ich densehe, wie er ganz normal verwendet wird. Und auch wenn ich sehe,dass die Absicht ist, etwas relativ neutral und sachlichformulieren zu wollen, dann hat er auf mich zum Beispiel eine sehr verletzendeWirkung. Und ich würde immer vorschlagen,mit dem sehr, sehr vorsichtig umzugehen.Warum ich Wörter wie mollig und kurvig nicht verwende?Ja, das sind Begriffe, die wirken nett gemeint und harmlos.Ich habe jetzt gerade in der Vorbereitung der Folge auch noch mal den Begriff vollschlankgelesen, der ja auch noch total absurd ist, aber auch hier, der wirkt erst malharmlos. Also mollig, kurvig, vollschlank.Aber diese Begriffe gibt es ja nur, weil Dicksein als was Schlimmesangesehen wird. Also als was, was man irgendwienicht so klar benennen kann, weil es ja schlimm ist, also was man irgendwie verharmlosenmöchte sprachlich. Und sobald ich die Perspektive ändereund einfach dick sein oder dicke Körper als etwas totalnormales ansehe, dann funktionieren diese Wörter nicht mehr. Dann kannich nämlich auch einfach dick sagen. Also dasheißt, genau, auch hinter solchenvermeintlich harmlosen Begriffen können einfach fettfeindlicheBotschaften stecken. Vielleicht fragst du dich jetzt,okay, was kann ich eigentlich in Zukunft dann noch für Begriffe benutzen? Oderwenn ich so Workshops gebe, dann kommt manchmal die Frage, was darf ich jetzt nochsagen? Also, wenn ich mal auf derEbene antworte, dann man darf natürlich immer alles sagen. Das ist ja tatsächlichmöglich. Also dürfen darf man alles. Aber genau, mitdieser Idee im Hintergrund, hey, es gibt bestimmte Begriffe, die bestimmte Botschaftenenthalten, die auch verletzende Botschaften enthalten, abwertendeBotschaften, dann ist es vielleicht gut, nochmal genauer hinzuschauen, wasdu halt in Zukunft nutzen willst. Ich fange aber mal mit demFall an, dass du welche Begriffe du für dich selbst verwenden kannstoder willst. Und hier ist natürlich immer die Idee,für dich selbst kannst du das verwenden, was sich für dich gut und richtiganfühlt. Also für mich selbst fühlt sich dickam besten an, aber auch wenn du eineähnliche Körperform hast wie ich, dann muss es nicht sein, dass der Begriffdick sich für dich auch gut und richtig anfühlt. Vielleicht fühltsich für dich mehrgewichtig besser an. Oder vielleichtfindest du auch fett den besseren Begriff. Und es kann auchsein, dass du selbst sagst, oh ja, ich hab ja gehört oder ich weiß eigentlichauch, was hinter mollig und so oder kurvig, was da für Botschaftenstecken, aber für mich fühlt sich besser an, mich selber kurvig zunennen oder mollig. Dann mach das. Alsodu bist immer die Person, die entscheidet, wie sie sich selbst bezeichnet.Und wenn sich das für dich okay anfühlt, klar, dann nutzt dieseBegriffe für dich auch. Und in dem Fall kannst duja auch mal, wenn du Lust hast, in Zukunft mal experimentieren mit anderen Begriffen,also mit Begriffen wie mehrgewichtig, dick, fettund einfach mal schauen, wie sich das anfühlt und einfach mal beobachten, was da sopassiert. Wenn es darum geht,andere Menschen zu bezeichnen und du dich gerade fragst, okay, welche Begriffe kannst dujetzt für andere Menschen gut verwenden, auch gerade wenn dir vielleicht wichtig ist, nicht zuverletzen, etc. Ein Tipp, den ich immer gebe, ist, wenn du nicht selbstdick bist, also wenn du selber dünne Privilegien hast,dann Bitte fang jetzt nicht an herumzulaufen unddicke Menschen in deinem Leben einfach mit dick und fett zu bezeichnen.Weil ja, es gibt dicke Menschen, wie zum Beispiel mich, die diese Begriffe fürsich nutzen, sie eben auch zurückzuerobern, weilda eben auch eine bestimmte Perspektive dahinter steckt. Aber es kanneinen Unterschied machen, ob jemand aus einer betroffenen Gruppe einen ehemalsabwertenden Begriff für sich positiv verwendet oder ob jemand, der nichtbetroffen ist, diese Begriffe plötzlich verwendet. Also deswegen empfehle ichimmer, wenn es eine ganz konkrete Person in deinem Leben geht, dann fragbitte, welche Wörter sie für sich benutzt und was für sie okay ist.Gilt natürlich nicht nur für das Thema Gewicht, sondern auch für andere Themen wieBehinderung, Geschlecht, sexuelle Orientierung undHautfarbe, also Hautfarbe in Anführungszeichen, waseinfach keinen richtig guten Begriff dafür gibt. Abergenau, für diese Fälle gilt es genauso, am besten immer die Person zufragen. Okay, das wares erst mal zum Thema Sprache und diskriminierendeBotschaften in Sprache. Wenn du jetzt denkst,diese Perspektive zum Thema Dicksein, die irritiert mich so ein bisschenoder ich möchte mehr davon erfahren, Ich werde in der nächsten Folgegenauer erzählen, wo diese Sichtweise herkommt. Bis dahinwünsche ich dir aber erstmal eine schöne Zeit. Tschüss!Bis zumnächsten Mal.