Recht Kurz

Dr. Marcus Georg Tischler & Tim Petermann
Since 04/2020 63 Episoden

Folge 063: Green Claims

23.01.2025 12 min

Zusammenfassung & Show Notes

Folge 063: Green Claims

Transkript

Moin und herzlich willkommen zu Recht Kurz. Moin Markus.
Marcus
00:00:23
Hi Tim, grüß dich, moin.
Tim
00:00:25
Hast du ein Thema mitgebracht?
Marcus
00:00:27
Ja, wir wollen uns heute mal mit dem Thema Greenwashing beschäftigen und mit der geplanten Green Claims Richtlinie der EU. Was hat es damit auf sich?
Tim
00:00:37
Ja, die EU-Kommission hat am 22.03.2023 einen Richtlinienvorschlag veröffentlicht, der der Eindämmung von Greenwashing dienen soll. Sie ist Teil des Green Deals der EU und soll bezwecken, dass Unternehmen künftig zu ehrlichen und transparenten Umweltaussagen in der Werbung verpflichtet werden.
Marcus
00:00:55
Also durch die Richtlinie soll letztlich eine deutliche Verschärfung der Anforderungen an umweltbezogene Werbung herbeigeführt werden oder Werbeaussagen herbeigeführt werden. Und durch klare sowie einheitliche Standards soll mehr Transparenz im Bereich der umweltbezogenen Werbung geschaffen werden. Die Richtlinie enthält insofern strikte Kontroll- und Verifizierungsstandards für Green Claims, die von den Mitgliedstaaten überwacht werden sollen.
Tim
00:01:21
Markus, bevor wir uns weiter mit der Richtlinie beschäftigen, klär doch mal bitte eben, was versteht man eigentlich unter Greenwashing?
Marcus
00:01:29
Greenwashing ist letztlich ein Begriff, der sich auf die irreführende Praxis von Unternehmen bezieht, sich umweltfreundlicher darzustellen, als sie tatsächlich sind. Wer hätte es gedacht? Es handelt sich um eine Strategie, bei der Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen als nachhaltig, umweltfreundlich oder sozial verantwortlich bewerben, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht.
Tim
00:01:51
Und das führt vor allem dazu, dass Verbraucher falsche Informationen erhalten und dementsprechend auch ihre Kaufentscheidungen auf falschen Angaben, ungenauen Angaben basieren. Wenn eben Unternehmen ihre Herstellungspraktiken verschleiern, fehlt es an der notwendigen Transparenz und Perspektive. Es erschwert Verbrauchern letztlich, echte, nachhaltige Produkte zu erkennen und von anderen zu unterscheiden.
Marcus
00:02:16
Und letztlich können falsche Behauptungen über die Nachhaltigkeitsbemühungen auch dazu führen, dass Verbraucher Produkte kaufen, die tatsächlich umweltschädlich sind. Durch Greenwashing wird also insbesondere das Vertrauen der Verbraucher in Unternehmen und in Marken untergraben.
Tim
00:02:32
Genau. Und andere Unternehmen, die tatsächlich nachhaltige Praktiken umsetzen, werden irgendwie in den Schatten gestellt, was dazu führen kann, dass echte Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit nicht ausreichend gewürdigt werden.
Marcus
00:02:45
Gut. Um es auf den Punkt zu bringen, ist Greenwashing also ein ernsthaftes Problem, wie sollte es auch anders sein, sonst würden wir es hier nicht behandeln, das sowohl Verbraucher als auch die Umwelt betrifft.
Tim
00:02:55
Und wie gehen die Unternehmen beim Greenwashing vor? Naja, sie ziehen sich sozusagen ein grünes Mäntelchen an, indem sie sogenannte Green Claims, also grüne, grünfärbende Werbeaussagen verwenden.
Marcus
00:03:08
Bei einem Green Claim handelt es sich eben um eine umweltbezogene Aussage, einen Fachausdruck aus der Werbe- bzw. Marketingbranche. Durch einen Green Claim soll der Eindruck erweckt werden, dass ein Unternehmen, ein Produkt oder auch eine Dienstleistung umweltfreundlich ist. Hierbei ist auch eine Äußerung betroffen, die auf die Botschaft abzielt, umweltfreundlicher als Vergleichsprodukte zu sein.
Tim
00:03:31
Die Unternehmen verwenden also allgemeine oder eben nicht überprüfbare Aussagen, wie zum Beispiel umweltfreundlich.
Marcus
00:03:39
Nachhaltig, ökologisch, klimaneutral oder grün.
Tim
00:03:42
Ganz einfach nur grün, ohne konkrete Beweise zu liefern. Sie betonen einzelne positive Aspekte ihrer Produkte oder Dienstleistungen, während sie andere negative Aspekte verschweigen oder platzieren Umwelt- oder Nachhaltigkeitssymbole auf ihren Produkten, ohne dass diese tatsächlich zertifiziert sind.
Marcus
00:04:00
Genau, also die Unternehmen lenken die Aufmerksamkeit der Verbraucher von umweltschädlichen Praktiken ab, indem sie auf vermeintlich positive Initiativen hinweisen. Ich will jetzt kein konkretes Beispiel nennen, aber es gibt auch immer diese Initiative, dass irgendwo Müll gesammelt wird oder ein Stück Regenwald gerettet wird, wenn ich ein Bier mehr kaufe oder was auch immer das ist. Keine Ahnung.
Tim
00:04:20
Genau, genau. Und wo setzt jetzt aber die Green Claims Richtlinie an?
Marcus
00:04:26
Also das Ziel der Green Claims-Richtlinie ist, das Problem des Screenwashings zu bekämpfen und so Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen, beziehungsweise ihr Vertrauen in umweltfreundlichere, beziehungsweise grüne Wirtschaftsmärkte nachhaltig zu fördern und zu bestärken.
Tim
00:04:40
Durch die aus der Richtlinie hervorgehenden präventiven Verpflichtungen sollen zum einen wettbewerbsverzerrende Umweltaussagen untersagt werden und zum anderen Umweltsiegel und Umweltzertifikate einen neuen rechtlichen Rahmen erhalten.
Marcus
00:04:53
So Tim, und dann müssen wir noch einmal mitteilen, dass die Richtlinie sich gegen bzw. an alle Unternehmen und Gewerbetreibende und weitere Akteure, die in der EU tätig sind und ausdrückliche Angaben über die Umweltauswirkungen, Umweltaspekte oder Leistungen ihrer Produkte, Dienstleistungen oder das Unternehmen selbst machen richtet.
Tim
00:05:13
Betroffen sind aber natürlich auch Unternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland, die gezielt Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem EU-Markt ansprechen.
Marcus
00:05:23
Genau, und ausgenommen sind Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Umsatz von weniger als 2 Millionen Euro im Jahr.
Tim
00:05:31
Als Versuch, für diese eben den bürokratischen Aufwand zu minimieren. So, kommen wir jetzt aber nochmal stichpunktartig zum Regelungsgehalt der Richtlinie. Punkt 1 vielleicht, es sollen klare und einheitliche Standards für Unternehmen hinsichtlich des Nachweises ihrer Umweltaussagen geschaffen werden.
Marcus
00:05:49
Nach der Richtlinie sind allein solche Aussagen seitens der Unternehmen zulässig, die auf einer nachgewiesenen Umweltleistung beruhen. Die Unternehmen dürfen die Aussagen nur tätigen, die mittels allgemein anerkannter und aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse auch wirklich belegbar sind.
Tim
00:06:05
Die Unternehmen müssen also in der Lage sein, vollumfänglich die Aussagen zu begründen. Und die wesentlichen Aspekte, die für eine umweltbezogene Aussage relevant sind, müssen davon abgedeckt sein.
Marcus
00:06:17
Und überprüft werden diese Angaben durch unabhängige und akkreditierte Prüfstellen, die letztlich durch die EU-Länder geschaffen werden müssen, diese Prüfstellen, also dafür wird es dann für die Überwachung zuständige Behörden geben, die eingerichtet werden, um die umweltbezogenen Aussagen sowie die Nachhaltigkeitssiegel zu prüfen und auch genehmigen zu können.
Tim
00:06:37
Genau, eine sogenannte Selbstzertifizierung wird nach Inkrafttreten der Richtlinie bzw. der Umsetzung der Richtlinien nationales Recht künftig nicht mehr möglich sein.
Marcus
00:06:49
So ist es. Was passiert denn, Tim, wenn ein Unternehmen gegen diese Richtlinienvorgaben, wenn sie denn so umgesetzt werden sollten, verstößt? Gibt es Sanktionsmöglichkeiten? Was passiert?
Tim
00:07:00
Naja, zunächst mal wird ein Instrument geschaffen, nachdem Einzelpersonen oder Organisationen mit berechtigtem Interesse.
Marcus
00:07:07
Was auch immer das ist.
Tim
00:07:09
Genau, Beschwerden bei den zuständigen Behörden einreichen können. Verbraucher können dies über Verbraucherverbände tun, die Behörde überprüft dann die Beschwerde und entscheidet inwiefern die Bestimmungen der Richtlinie bzw. der aufgrund der Richtlinie erlassenden nationalen Gesetze berührt werden.
Marcus
00:07:26
Und wenn dann ein Verstoß festgestellt wird, dann legt die Behörde dem Unternehmen zunächst mal eine 30-Tagesfrist für die Durchführung korrigierender Maßnahmen auf. Erfolgt seitens des Unternehmens dann keine Abhilfe, dann können die von mir eben schon angesprochenen Sanktionen erfolgen. Es soll zum einen der Abschreckung dienen und sicherstellen, dass Unternehmen ihre Aussagen nicht leichtfertig treffen.
Tim
00:07:49
In Betracht kommt insbesondere die Verhängung von Bußgeldern, Abschöpfung.
Marcus
00:07:54
Der Gewinne, die mit den betroffenen Produkten dann eben erzielt werden.
Tim
00:07:58
Und auch sogar der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und Unterstützungsleistungen für einen gewissen Zeitraum.
Marcus
00:08:05
Und dem Beschwerdeführer steht es auch oder soll es weiterhin freistehen, bei Bedarf auch rechtliche Schritte auf nationaler oder EU-Ebene zu ergreifen.
Tim
00:08:14
Wie gesagt, bisher liegt erst ein Richtlinienentwurf vor, der natürlich heiss diskutiert wird, auch gut gemeint ist, aber natürlich gibt es auch Kritikpunkte, Markus, um einige zu nennen.
Marcus
00:08:28
Der erste Kritikpunkt ist, oder haben wir gefunden, soll sein, dass in der Abgrenzung zu anderen bestehenden, in Anführungsstrichen, grünen Umweltinformationsregelungen nicht so ganz klar ist. Auch der Regelungsgehalt ist teilweise noch ein bisschen ungenau. Ich hatte das eben schon mal bei der Begrifflichkeit. Was hatten wir denn da, Tim? Berechtigtes Interesse, da kann man auch mal gucken, ist eben alles auslegungsfähig. Also da muss wahrscheinlich nochmal der letzte Schliff angesetzt werden.
Tim
00:08:53
Ganz genau. Stellt sich ja wie so oft dann eben auch die Frage, wie notwendig eine solche Gesetzgebung oder Richtlinie ist zur nachhaltigen Bekämpfung des Greenwashings. Also jetzt mal unter Kosten, Nutzen, Gesichtspunkten, weil es klingt so ein bisschen an, nachdem was wir gesagt haben, dass da schon in gewisser Art und Weise ein Bürokratiemonster wieder geschaffen wird. So und die Frage generell, ist es notwendig, wie gewichte ich das Ziel und die Maßnahmen, die ich dazu ergreife.
Marcus
00:09:23
Wir wollen ja aber heute positiv enden, deshalb wollen wir zum Abschluss einmal drauf schauen, welche Vorteile sich für Unternehmen vielleicht eben auch aus dieser Green Claims Richtlinie ergeben können.
Tim
00:09:34
Naja, durch klare und belegbare Umweltaussagen wird natürlich das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Unternehmen gestärkt.
Marcus
00:09:42
Genau, es gibt eben dadurch auch möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil, Firmen, die tatsächlich nachhaltig handeln, sich insofern von der Konkurrenz abheben.
Tim
00:09:50
Naja und dadurch erreicht man, das kann ich mir schon vorstellen, langfristig auch das Ziel nachhaltige Geschäftspraktiken zu fördern und die eben nicht nur der Umwelt, sondern auch der langfristigen Geschäftsstrategie dann zugutekommen.
Marcus
00:10:06
Genau, zunächst mal vielleicht noch nicht ganz so langfristig gedacht, aber mit Sicherheit für das Unternehmen auch eine positive öffentliche Wahrnehmung bedeuten.
Tim
00:10:14
Ja, das ist richtig, wobei das ja auf die Green Claims auch zutrifft. Jedenfalls vordergründig. Aber das Ganze ist dann natürlich, wenn wir das am Maßstab einheitlicher Vorgaben überprüfbar machen, eben auch.
Marcus
00:10:29
Ja, der letzte Punkt ist vielleicht noch so ein Innovationsanreiz und Marktchancen. Also die Notwendigkeit, genaue Angaben zu machen, kann Unternehmen auch dazu anregen, innovative und umweltfreundlichere Lösungen zu entwickeln.
Tim
00:10:41
Ja, okay. Dann würde ich sagen, warten wir doch mal ab, wann und gegebenenfalls in welcher Form die Richtlinie dann erlassen wird und wann und in welcher Form die Richtlinie dann in den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt wird.
Marcus
00:10:56
Genau und dann in ein bis vier Jahren melden wir uns nochmal wieder zum Thema.
Tim
00:11:02
Zu dem Thema vorher, sicherlich zu anderen Themen. Vielen Dank fürs Zuhören. War schön mit dir, Markus. Tschüss.
Marcus
00:11:08
Ja, mit dir auch.
Tim
00:11:10
Ja, kann man doch mal sagen.

2025 - Dr. Marcus Georg Tischler & Tim Petermann