Folge058: PrePack
14.11.2024 9 min
Zusammenfassung & Show Notes
Das Pre-Pack-Verfahren - ein Game Changer? Heute wenden sich Tischler und Petermann in ihrem Podcast wieder einmal einem brandaktuellen Thema zu. Was hinter dem Begriff „Pre-Pack“ steckt und was daran wirklich neu ist, erfahren Sie in Folge 058 von „RECHT kurz“.
Transkript
Moin und herzlich willkommen bei Recht Kurz. Moin Markus.
Moin Tim, hi, grüß dich.
Grüß dich. Markus, worüber wollen wir heute sprechen?
Wir haben uns heute mal das Thema Pre-Pack-Verfahren ausgesucht.
Aha, Pre-Pack.
Was ist denn darüber zu verstehen?
Ja, das Pre-Pack-Verfahren ist ein im Vorfeld der Insolvenz vorbereiteter Unternehmenskauf,
der mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wird.
Der Verkauf des Unternehmens wird also vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
mit einem Dritten verhandelt und die Übernahme verbindlich so vorbereitet,
dass der Unternehmenskauf unmittelbar
dann nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens umgesetzt werden kann.
Vielleicht nochmal vorweg, entwickelt ist das Ganze oder es kommt wohl aus den
Vereinigten Staaten beziehungsweise dem Vereinigten Königreich und im Prinzip
haben wir es ja mit einem Unternehmensverkauf zu tun,
der jetzt mal ganz einfach gesprochen irgendwie im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren
eines Unternehmens steht.
So ist es. Und wir haben uns den Begriff mal rausgegriffen,
weil ein Richtlinienentwurf von Ende 2022 vorliegt von der EU-Kommission und
darin geht es eben um das Pre-Pack-Verfahren.
Und die Richtlinie soll zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts
dienen oder beitragen und damit gläubiger Anleger und Investoren oder für gläubiger
Anleger und Investoren ein einheitlicher Investitionsschutz geschaffen werden.
Genau, Ziel der Richtlinie ist die Förderung der Kapitalmarktunion in Europa
und die Stärkung des EU-Binnenmarkts.
Es sollen Unterschiede zwischen nationalen Insolvenzgesetzen verringert werden
und damit die Vorhersehbarkeit für grenzüberschreitende Anleger und der Abbau
von Hindernissen für den freien Kapitalverkehr gefördert werden.
Genau, derzeit ist es nämlich alles noch so eine Art Flickenteppich.
Genau, viele nationale Insolvenzregelungen, die teilweise aber nicht zwingend
vollständig beeinstimmen.
Sinn und Zweck des Pre-Pack-Verfahrens ist ja zunächst mal die Verkürzung der
Dauer eines Insolvenzverfahrens und auch die Vermeidung des insbesondere auch
in Deutschland im Vergleich zu den Vereinigten Staaten immer noch bestehenden
Insolvenzstigma und auch die Verhinderung einer kostspieligen Unternehmensfortführung.
Genau. Das Pre-Pack-Verfahren gliedert sich im Wesentlichen in zwei Phasen,
nämlich die Vorbereitungsphase und die Liquidationsphase.
In der Vorbereitungsphase, wie der Name schon sagt, wird die Veräußerung vorbereitet.
Das ist ein Eröffnungsverfahren ohne Bekanntmachung.
Üblicherweise, wir kommen nachher aber auch nochmal zu den Unterschieden,
üblicherweise werden Insolvenzeröffnungsverfahren unter insolvenzbekanntmachung.de
in Deutschland zumindest angekündigt, sodass jeder Gläubiger auch davon Kenntnisse erlangen kann.
Und die Vorbereitungsphase beginnt mit einem gerichtlichen Antrag des Schuldners
auf Ernennung eines Sachwalters.
Genau, wichtig ist, dass in dieser Vorbereitungsphase die Verfügungsgewalt über
die Vermögenswerte und die Geschäftsführungsbefugnis beim Schuldner verbleiben.
Der Verkaufsprozess wird von einem Sachwalter begleitet, der den Verkaufsprozess
dokumentiert und die Kontrolle von Markt- und Wettbewerbsstandards überwacht.
Was hierbei wichtig ist, das ist ähnlich wie aus dem deutschen Insolvenzplanverfahren
bekannt, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf,
als er nach der gewöhnlichen Rangordnung, das heißt bei der Einzelliquidation
der Vermögenswerte, stünde. Genau.
Und bei der Umsetzung dieses Richtlinienentwurfs sollen die Mitgliedstaaten
gewährleisten, dass der Verkaufsprozess eben mit ausreichend Wettbewerb,
Transparenz, Fairness und nach Marktstandards durchgeführt wird.
Maßstab sind jeweils anerkannte Regelungen von M&A Transaktionen.
Genau, dann kommt die Liquidationsphase, in der die Vollziehung des soweit vorverhandelten
Verkaufs und die gerichtliche Genehmigung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen wird.
Das heißt, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll der Verkauf und die Übernahme
der Vermögenswerte genehmigt und umgesetzt werden.
Dazu wird der Sachwalter durch das Gericht zum Insolvenzverwalter bestellt.
Es erfolgt eine gerichtliche Überprüfung der Stellungnahme des Sachwalters aus
der Vorbereitungsphase.
Und alle Gläubiger erhalten rechtliches Gehör.
Gibt dann einen schuldenfreien Erwerb durch den Käufer.
Genau. Und dann?
Dann werden die Gläubiger quotal befriedigt aus dem Verkaufserlös. Genau.
Wie wir das aus dem Regelinsolvenzverfahren kennen.
Genau. So, was ist denn jetzt eigentlich neu an dieser ganzen Geschichte,
Tim? War jetzt alles ein bisschen dröge vielleicht?
Naja, soweit ich das verstehe, ist so richtig neu jetzt im Vergleich zum deutschen
Insolvenzrecht nicht viel Neues dabei, denn im deutschen Insolvenzrecht kennen wir etwas Ähnliches.
Wir kennen die übertragene Sanierung im Rahmen eines Asset Deals.
Auch da wird der Verkauf von Vermögensgegenständen eines insolventen Unternehmens
an eine andere juristische oder natürliche Person mit dem Ziel der Restrukturierung durchgeführt.
Und das Ganze wird auch bei der übertragenen Sanierung üblicherweise bereits
im vorläufigen Insolvenzverfahren vorbereitet, um dann mit Insolvenzöffnung
die Veräußerung hinzubekommen.
Genau, denn bekanntlich ist ja auch das deutsche Insolvenzrecht ähnlich wie
es in der Richtlinie vorgesehen ist, eben zweigeteilt und zwar hier in einem
vorläufigen Insolvenzverfahren und einem Hauptinsolvenzverfahren.
bedeutet, dass letztlich dieses Pre-Pack-Konzept im deutschen Insolvenzrecht
im vorläufigen Insolvenzverfahren eingegliedert ist, wenn man so will, richtig?
Die wesentliche Besonderheit und damit auch einer der wesentlichen Unterschiede,
der bisher noch nicht in der deutschen Insolvenzordnung vorgesehen ist und der
durch das Pre-Pack-Verfahren üblicherweise angedacht ist, zumindest in der Richtlinie, ist,
dass der Vertragsübergang auf den Erwerber ohne Zustimmung anderer Parteien erfolgen kann.
Genau, mit Vertragsübergang meinst du Verträge, die das Unternehmen,
das vorläufig insolvente Unternehmen mit Dritten geschlossen hat,
ebenfalls übertragen werden können, ohne dass die Dritten zustimmen.
Denn es ist was anderes, ob ich jetzt eine Maschine oder einen Bürotisch verkaufe
oder ein Vertragsverhältnis.
Genau, was man schon als revolutionär bezeichnen kann, denn das wird so derzeit
vom bürgerlichen Gesetzbuch nicht vorgesehen.
Völlig richtig, denn jeder darf sich seinen Vertragspartner aussuchen und wenn
er sich den einmal ausgesucht hat, kann ihm nicht gegen seinen oder ohne seinen
Willen ein anderer Vertragspartner vor die Nase gesetzt werden.
Ja Tim, und genau in dieser Möglichkeit der Vertragsübernahme ohne die Zustimmung
des Vertragspartners wird eben auch die Kritik des Pre-Pack-Verfahrens gesehen,
weil das eben, ich hatte es ja vorhin schon gesagt, ist so bei uns in der Rechtsordnung
bisher nicht vorgesehen und ist im Prinzip auch ein Verstoß gegen die negative
Vertragsfreiheit möglicherweise.
Genau, so ist es. Kommen wir nochmal darauf zurück, was wir vorhin gesagt hatten,
dass die Gläubiger angehört werden.
Das ist wohl nur ein Anhörungsrecht, was da vorgesehen ist und kein Mitbestimmungsrecht
der Gläubiger, nicht wahr?
Genau, denn die Übertragung erfolgt letztlich durch den Beschluss des Gerichts
und nicht durch die Zustimmung der Gläubiger.
Also üblicherweise ist es bei der übertragenen Sanierung so,
dass der Unternehmenskauf unter dem Vorbehalt der Annahme durch das zuständige
Gläubigerorgan besteht.
Okay, und wenn die hier gar nicht gefragt werden, jedenfalls deren Mitbestimmung
nicht erforderlich ist, sondern sie nur angehört werden, ist die Frage,
was folgt dann aus der Anhörung?
Wahrscheinlich wird sich das dann auf das Ermessen des Sachverhalters ausüben müssen.
Aber es ist eben keine Mitbestimmung.
Gut, wir können aber wahrscheinlich im Ergebnis dennoch festhalten,
auch wenn es einige Kritikpunkte gibt, ist das Pre-Pack-Verfahren durch die
übertragene Sanierung in Deutschland schon in Anführungsstrichen ein Stück weit
gelebte Praxis seit Jahren.
Genau, gelebte Praxis, wobei nicht in der Insolvenzordnung ausdrücklich geregelt,
die übertragene Sanierung. Richtig.
Wir haben aber dennoch letztlich zumindest aus deutscher Sicht nicht besonders
viele substanzielle Neuerungen durch ein etwaiges Pre-Pack-Verfahren,
das durch die Europäische Union vorgesehen ist.
Dann sind wir gespannt, wie sich das weiterentwickelt und wie dann eine Umsetzung
letztlich erfolgen wird.
So machen wir Schluss für heute.
Machen wir Schluss für heute. Vielen Dank fürs Zuhören. Ciao. Tschüss.
Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
00:01:01
Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
00:05:12
Petermann
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Tischler
00:05:56
Petermann
00:06:17
Tischler
00:06:35
Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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Tischler
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Petermann
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