Recht Kurz

Dr. Marcus Georg Tischler & Tim Petermann
Since 04/2020 62 Episoden

Folge062: Produkthaftung

09.01.2025 10 min

Zusammenfassung & Show Notes

In Folge 062 ihres Podcasts erklären Tischler und Petermann die Produkthaftung. Was das ist und was der Unterschied zur Gewährleistung ist, erfahren Sie bei „RECHT kurz“.

Transkript

Moin und herzlich willkommen bei Recht kurz. Moin Markus.
Marcus
00:00:24
Hi Tim, grüß dich.
Tim
00:00:25
Grüß dich. Markus, wenn Produkte zum Risiko werden.
Marcus
00:00:29
Dann reden wir über Produkthaftung. Das wollen wir heute mal tun.
Tim
00:00:33
Ganz genau. Die Produkthaftung bezeichnet die Haftung des Herstellers für Schäden, die beim Endabnehmer infolge eines fehlerhaften Produktes entstanden sind.
Marcus
00:00:43
Heute sprechen wir nur über die Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz. Hierbei handelt es sich um zwingendes Recht. Die Haftung bei fehlerhaften Produkten kann demnach nicht vertraglich abgeändert oder ausgeschlossen werden.
Tim
00:00:56
Genau, geregelt im Produkthaftungsgesetz möchte ich doch jetzt einmal §1 zitieren, weil wir die Elemente dieser Haftungsgrundlage nachher besprechen wollen. Und zwar lautet § 1 Produkthaftungsgesetz wie folgt, wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Marcus
00:01:24
Wichtig zu unterscheiden ist, dass der Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz nur für diejenigen Schäden einzustehen hat, die durch das fehlerhafte Produkt entstanden sind. Für diejenigen Schäden am fehlerhaften Produkt selbst haftet er zwar auch, dies jedoch nur nach den Regelungen des BGB und gerade nicht nach dem Produkthaftungsgesetz. Genau.
Tim
00:01:45
Im Gegensatz zur Schadensersatzhaftung nach dem BGB handelt es sich bei der Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz um eine sogenannte Gefährdungshaftung. Das ist ein rechtlicher Grundsatz, bei dem eine Person oder eine Organisation für Schäden haftet, die durch eine gefährliche Aktivität, ein Produkt oder eine Situation verursacht werden, unabhängig von einem individuellen Verschulden.
Marcus
00:02:07
Dies stellt dann auch den wesentlichen Unterschied zu der Haftung nach dem BGB dar, denn dort wird ein Verschulden des Schädigers vorausgesetzt. Tim, welche weiteren Anwendungsfälle der Gefährdungshaftung sind denn beispielsweise denkbar?
Tim
00:02:20
Es gibt die Gefährdungshaftung im Straßenverkehr, das ist die Haftung des Fahrzeughalters für den Betrieb eines Fahrzeugs.
Marcus
00:02:27
Ja, dann für mich typisch gefährliche Tiere. Also der Tierhalter haftet für Schäden oder ist für Schäden verantwortlich, die durch seine oder ihre Tiere verursacht werden, auch wenn er selbst keine Schuld trägt.
Tim
00:02:38
Genau. Hatten wir mal fest, Sinn und Zweck der Gefährdungshaftung und somit der Produkthaftung ist der Schutz des Verbrauchers und der Allgemeinheit. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass sie im Falle von Schäden eine Entschädigung erhalten, ohne einen komplizierten Nachweis über das Verschulden erbringen zu müssen.
Marcus
00:02:53
Gut, Tim, du hattest das schon erwähnt. Wir schauen uns jetzt mal die einzelnen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach dem Produkthaftungsgesetz an. § 1 Absatz 1 Produkthaftungsgesetz etwas genauer an. Zunächst wäre da die Verletzung eines geschützten Rechtsguts.
Tim
00:03:08
Der Produkthaftungsanspruch greift nur, wenn entweder der Körper oder die Gesundheit verletzt wurde oder eine Sache beschädigt wurde.
Marcus
00:03:17
Bei Personenschäden haftet der Hersteller demnach für durch das fehlerhafte Produkt verursachte Verletzung und sogar für den verursachten Tod eines Menschen.
Tim
00:03:26
Genau, bei Sachschäden, das hatten wir gesagt, geht es um den Schaden, der an einem anderen Produkt, also an einer anderen Sache als dem Fehlerprodukt entstanden ist. Besonders relevant sind hierbei die sogenannten Weiterfressermängel. Das sind ursprüngliche Mängel, die sich auf einen kleinen abgrenzbaren Teil der Sache beschränken, sich jedoch später weiter auf die ganze Sache ausdehnen und sich demnach weiterfressen.
Marcus
00:03:48
Als weitere Voraussetzung muss im Falle eines Anspruchs wegen Beschädigung einer Sache beachtet werden, dass das Produkthaftungsgesetz nur greift, wenn die Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Gebrauch oder Verbrauch bestimmt war und die Hitze vom Geschädigten verwendet worden ist.
Tim
00:04:05
Genau, wir hatten es gesagt, das Produkthaftungsgesetz zielt auf den Schutz von Verbrauchern ab.
Marcus
00:04:11
So, und dann müssen wir ein Produkt haben, das fehlerhaft ist.
Tim
00:04:14
Erstmal die Frage, was ist überhaupt ein Produkt? Ein Produkt im Sinne des Produkthaftungsgesetzes ist jede bewegliche Sache, einschließlich Teile von anderen beweglichen oder unbeweglichen Sachen, die auf den Markt gebracht werden. Die Art und Weise der Herstellung ist völlig irrelevant.
Marcus
00:04:28
Gut, und einen Fehler hat das Produkt, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände erwartet werden kann. Die Fehlerhaftigkeit muss dabei bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbrings vorliegen. Das bedeutet, dass es von Anfang an mangelhaft sein muss und nicht erst später einen Fehler aufweist.
Tim
00:04:45
Es gilt der sogenannte sicherheitsrelevante Fehlerbegriff. Dieser zielt darauf ab, die Sicherheitserwartungen der Verbraucher zu berücksichtigen und Produkte zu identifizieren, die nicht den geltenden Sicherheitsstandards entsprechen.
Marcus
00:04:57
Entscheidend ist also, ob das Produkt den allgemein gültigen Sicherheitserwartungen der Konsumenten entspricht. Den Maßstab stellt daher der durchschnittliche Konsument dar. Wenn das Produkt diesen Standard nicht gewährleistet, gilt es als fehlerhaft.
Tim
00:05:10
Nun können wir verschiedene Arten von Fehlern unterscheiden, Markus. Lege ich mal los.
Marcus
00:05:15
Konstruktionsfehler.
Tim
00:05:16
Ein Produkt hat einen Konstruktionsfehler, wenn es bereits bei der Planung oder Herstellung Mängel aufweist. Das Produkt entspricht also schon nach seiner Konstruktion nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen eines durchschnittlichen Benutzers. Ein solcher Fehler haftet dann, denklogisch, der ganzen Serie von Produkten an.
Marcus
00:05:34
Neben dem Konstruktionsfehler gibt es dann auch den Herstellungsfehler. Der tritt dann auf, wenn ein Produkt aufgrund von Fehlern im Produktionsprozess oder der Montage nicht den vorgesehenen Spezifikationen entspricht. Dies kann beispielsweise durch fehlerhafte Materialien, unsachgemäße Montage oder Qualitätskontrollmängel verursacht werden.
Tim
00:05:53
Als spezifischer Unterfall eines solchen Herstellungsfehlers kann man den sogenannten Fabrikationsfehler erwähnen. Dieser liegt nämlich vor, wenn das Herstellungsverfahren zwar ordnungsgemäß war oder an sich ist, es aber bei einzelnen Stücken während der Produktion zu einer planwidrigen Abweichung gekommen ist.
Marcus
00:06:10
Eine Unterart des Fabrikationsfehlers ist der sogenannte Ausreißer. Das sind solche Fehler, die trotz aller zumutbaren Vorkehrungen unvermeidbar sind. Es handelt sich um Produktionsfehler, die trotz sorgfältiger Überwachung und Kontrolle auftreten und nicht verhindert werden können. Aus diesem Grund kommt auch eine Haftung zum Beispiel nach dem BGB bei Ausreisern nicht in Betracht, da das BGB ein verschuldendes Schädiger ist. Das hatten wir eingangs, meine ich, schon erwähnt, voraussetzten.
Tim
00:06:35
In der Tat, ja. Nächste Fehlerkategorie, das sind die sogenannten Instruktionsfehler. Dabei handelt es sich um fehlerhafte Produktinformationen. Das heißt um Mängel in den Begleitdokumenten oder Warnhinweisen, die dem Produkt beiliegen. Wenn die Produktinformationen unvollständig, irreführend oder fehlerhaft sind und dadurch eine Gefahr für den Verbraucher entsteht, kann das Produkt als fehlerhaft gelten.
Marcus
00:06:58
Und der Anspruch nach dem Produkthaftungsgesetz richtet sich dann gegen den Hersteller des Produkts. Und Hersteller im Sinne des Gesetzes sind neben dem Produzenten des Produkts auch der Importeur, der sogenannte Quasihersteller und der Händler.
Tim
00:07:13
Genau, Quasi-Hersteller ist, wer nicht selber Hersteller ist, aber sich in der öffentlichen Wahrnehmung als Hersteller ausgibt. Der übernimmt dann gleichzeitig auch die Haftung.
Marcus
00:07:25
So, und dann haben wir wie bei jedem Schadenersatzanspruch noch einen ersatzfähigen Schaden, den wir benötigen, damit ein Anspruch durchgeht.
Tim
00:07:33
Genau, ein ersatzfähiger Schaden, der kausal auf dem Fehler des Produktes beruht. Gut, das führt uns zu dem nächsten Punkt, der Beweislast. Wir haben gerade die Kausalität zwischen Schaden und fehlerhaftem Produkt angesprochen. Wie verhält es sich denn hier mit der Beweislast, Markus?
Marcus
00:07:50
Naja, grundsätzlich so wie immer, der Geschädigte muss beweisen, dass ihm ein Schaden entstanden ist und dieser durch das fehlerhafte Produkt verursacht wurde. Dazu muss er nachweisen, dass das Produkt bereits im Zeitpunkt des Inverkehrbrings fehlerhaft gewesen ist.
Tim
00:08:03
Genau, allerdings gibt es hier zugunsten des Verbrauchers, und das ist eine Besonderheit des Produkthaftungsgesetzes, eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass der Schaden durch ein bestimmtes Produkt verursacht wurde, die Vermutung besteht, dass das Produkt bereits zum Zeitpunkt seiner Einführung oder seiner Inverkehrbringung fehlerhaft war.
Marcus
00:08:27
In diesem Fall dann liegt es am Hersteller, den Gegenbeweis zu erbringen. Der Hersteller eines Produktes muss dann beweisen, dass das Produkt gerade nicht fehlerhaft ist.
Tim
00:08:37
Sinn und Zweck der Beweislastumkehr ist relativ klar, denn der Geschädigte hat oftmals tatsächlich keinen Einblick in die Produktionsabläufe des Herstellers. Er könnte also den Beweis, dass da eine Fehlerhaftigkeit schon bei In-Verkehr-Bringen vorlag, gar nicht nachweisen. Und durch die Umkehr der Beweislast wird der Verbraucher eben von dieser Nachweispflicht entlastet und der Hersteller in die Pflicht genommen. haben.
Marcus
00:09:00
Ja, Tim, ich glaube, damit haben wir es. Dann sind wir heute mal etwas früher durch. Aber ich glaube, das ist ganz gut abgerundet.
Tim
00:09:08
Ich denke auch, das Wesentliche haben wir genannt. Alles klar. Danke fürs Zuhören. Tschüss.

2025 - Dr. Marcus Georg Tischler & Tim Petermann