Folge064: Fan-Proteste im Fußball
06.02.2025 13 min
Zusammenfassung & Show Notes
Folge064: Fan-Proteste im Fußball
Transkript
Ja moin zusammen, liebe Zuhörer. Moin Markus.
Moin Tim, grüß dich.
Grüß dich. Markus, es wird Zeit, dass wir mal wieder über Fußball sprechen.
Genau, wir wollen mal über die Fan-Proteste
anlässlich des geplanten Investoreneinstiegs im Fußball sprechen.
Ganz genau, und zwar interessiert uns heute weniger die Frage,
was kann man gegen den Investoreneinstieg tun?
Ist es überhaupt notwendig, was dagegen zu tun?
Sondern wir wollen uns einfach heute mal mit der rechtlichen Seite des aktiven
Protests befassen, insbesondere mit der Form des Protestes, nämlich dem Werfen
von Gegenständen aufs Spielfeld, um eine Spielunterbrechung zu provozieren.
Hervorzurufen.
Hervorzurufen oder zumindest bis kurz davor.
Genau, es ging ja bis kurz vorm Abbruch. Also die Unterbrechung hatten wir eigentlich überall.
Genau, wir wollen uns das zum einen mal verbandsintern kurz anschauen,
aber dann auch mögliche zivilrechtliche Sanktionierungsmöglichkeiten,
Haftungstatbestände ausfindig machen und am Ende auch kurz die strafrechtliche
Seite beleuchten, falls es denn überhaupt eine gibt.
Ganz genau. Und in erster Linie
interessiert uns die Frage, ob durch diese Protesthandlungen der Fans,
das sind ja Handlungen einzelner Personen oder bestimmter Gruppierungen,
die nicht aus dem Verein kommen, ob die Möglichkeit besteht,
nach Verbandsrecht trotzdem die Vereine dafür haftbar zu machen.
Genau das sieht die Satzung bzw.
Die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB so vor. Es gibt da auch einen sogenannten
Strafzumessungsleitfaden, nach dem für bestimmte Fälle genau beurteilen werden kann bzw.
Es feste Sätze gibt, die als Strafe ausgesprochen werden pro Gegenstand,
der geworfen wird oder eben auch ganz häufig in den Stadien pro Pyrotechnik, die gezündet wird.
Da wird dann auch wieder unterschieden zwischen erster, zweiter und dritter
Liga in der Höhe der Geldstrafe und es wird unterschieden, was genau passiert.
Also bei Pyro gibt es nochmal einen Unterschied, ob die Gegenstände nur hochgehalten
werden oder ob sie auch abgefeuert oder abgeworfen werden, weil das natürlich
etwas mit dem Verletzungsrisiko zu tun hat.
Ganz genau und da es sich um eine verbandsrechtliche Sanktion handelt,
kann diese nicht gegen die einzelnen Protestler, die einzelnen Störer ausgerufen
werden, sondern gegen die beteiligten Vereine.
Paragraph 9 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB schreibt ausdrücklich
vor, dass Vereine für das Verhalten ihrer Anhänger haften.
Das ist auch eine sogenannte verschuldensunabhängige Haftung.
Genau, eine Gefährdungshaftung. Der Umfang der Haftung für Heim- und Gastvereine
erstreckt sich dabei auf Zwischenfälle jeglicher Art im Stadionbereich vor,
während und nach dem Spiel.
Besondere Streitfälle sind da zum Beispiel, man gibt das in den Amateurligen
häufiger, was ist denn, wenn die Raketen unmittelbar vor dem Gelände hochgeschossen werden?
Also auch das haben wir ja auch, glaube ich, bei Bundesligaspielen schon mal
erlebt oder hat nicht Bayern jetzt in London auch außerhalb des Stadions irgendwie
Bayern-Fans irgendwas gezündet? Ich weiß nicht genau.
Aber nur mal um dafür zu sensibilisieren, dass es da eben durchaus auch Abgrenzungsschwierigkeiten geben kann.
Okay, haben wir also geklärt, die Vereine haften für das Verhalten ihrer Anhänger.
Stellt sich für die Vereine natürlich die Frage, die ihre Anhänger insofern
nicht in den Griff bekommen, ob sie denn, wenn solche Verbandsstrafen ausgesprochen
werden, die Verursacher in Regress nehmen können?
Genau, vielleicht noch ein kurzer Einschub, weil wir das eben anhand des Strafzumessungsleitfadens
ja schon geschildert haben.
Bei Spielunterbrechung richtet sich der Strafmaß dann nach der Dauer der Spielunterbrechung.
Also da gibt es gewisse Abgrenzungskriterien, die beginnen bei einer Minute
und dann über eine Minute und ich glaube der nächste Schritt ist dann über fünf Minuten.
Du warst aber schon ein Stück weiter.
Ich war noch schon einen Schritt weiter, nämlich ich habe die Frage gestellt,
ob denn die nach dem Verbandsrecht haftenden Vereine die Verursacher in Regress
nehmen können und dem wollen wir uns mal nähern und uns mal anschauen,
welche Schadensersatzansprüche da möglicherweise in Betracht kommen und da fällt
dir Markus als erstes ein?
Da sollte man, wie man das immer macht bei Schadenersatzansprüchen,
zwischen einem vertraglichen oder
zwischen vertraglichen und deliktischen Ersatzansprüchen unterscheiden.
Der vertragliche Schadenersatzanspruch kann hier ganz interessant sein.
Welchen Vertrag haben wir denn zwischen einem Zuschauer und dem Verein oder
auch der Städte, an dem das Spiel ausgeführt wird?
Ja gut, der Zuschauer muss ja eine Eintrittskarte kaufen.
Sollte er, ganz genau.
Und mit dem Kauf dieser Eintrittskarte entsteht ein Vertrag zwischen dem Zuschauer
und dem das Spiel austragenden Heimverein sozusagen.
Ein Zuschauervertrag, ein Veranstaltungsvertrag. So, damit haben wir also ein
vertragliches Schuldverhältnis, das Ausgangspunkt einer Schadensersatzhaftung sein kann,
wenn nämlich eine Seite, eine Vertragspartei ihre vertraglichen Pflichten verletzt.
Und dieser, sagen wir mal, Zuschauervertrag, der wird ja nicht zwangsläufig
auch mit dem Verein, dessen Mannschaft dort spielt, geschlossen.
Also häufig kommt dann darauf an, in welchem Eigentum das Stadion steht,
ob es vielleicht eine eigene Stadiongesellschaft ist, die da gegründet wird
und das betreibt oder ob es möglicherweise die Stadt ist.
Häufig ist es ja auch eine Gesellschaft der jeweiligen Stadt und die Vereine
mieten oder pachten die Stadien nur für die jeweiligen Heimspieler an.
Das ist richtig, also ist nicht zwangsläufig der Fall, dass der Heimverein Vertragspartei
ist, aber da behilft sich die Rechtsprechung mit dem Konstrukt des Vertrages
mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, denn die Rechtsprechung sagt,
wenn jetzt nicht der Heimverein Inhaber des Stadions ist und den Zuschauervertrag
mit dem Zuschauer schließt, so ist der Heimverein als letztlich Veranstalter, wie auch immer,
in den Schutzbereich dieses Vertrages mit einbezogen und hat dieselben Rechte
wie der Inhaber des Spielortes.
Für die juristischen Freunde unter uns witzige Sondergestaltung ist vielleicht,
wenn ich mir von meinem besten Freund oder von irgendjemand anders die Dauerkarte
leihe, dann wird man da ja keine vertragliche Beziehung irgendwie konstruieren können.
Der BGH hat aber trotzdem eine sogenannte vertragliche Sonderbeziehung angenommen.
Ob man sich hierbei jetzt über Abtretung von Ansprüchen oder wie auch immer
hilft, ist dabei in der Entscheidung offengelassen worden.
Das ist vielleicht die eine interessante Konstellation. Die andere ist,
wie ist es denn eigentlich mit dem Gastverein, der ja dann die Karten gar nicht verkauft hat.
Ist auch der in den Schutzbereich mit einbezogen?
Ich meine, das wird in der Rechtsprechung auch vertreten, dass auch der Gastverein einbezogen ist.
Teilweise wird es aber auch abgelehnt. Ja, abzustellen dürfte hier wohl auf
das Gläubigerinteresse sein,
dass sowohl der Heim- als auch der Gastverein an einem störungsfreien Spielablauf
interessiert sind und insofern auch der Schutz des Gastvereins geboten ist und
auch dieser daher in den Schutzbereich einbezogen ist.
Das klingt jetzt vielleicht alles ein bisschen kompliziert. Einfacher wird es,
wenn wir uns angucken, was denn die Pflichtverletzung ist.
Ja.
Das ist in diesem Fall eben das Werfen von Gegenständen.
Genau, denn das Werfen von Gegenständen, jetzt mal losgelöst davon,
Verletzungsgefahr, wie auch immer, sorgt natürlich dafür für eine Spielunterbrechung
und man darf ja grundsätzlich davon ausgehen,
dass Veranstalter und sonstige Zuschauer an einem reibungsfreien Ablauf der
Veranstaltung interessiert sind und deswegen dieses Werfen von Gegenständen
ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht ist,
dass man eben die Veranstaltung stört, was so nicht gedacht ist.
Und deswegen als Nebenpflichtverletzung schadensersatzbegründend sein kann.
Und damit wird dann nach überwiegender Auffassung auch im Schrifttum und auch
der Gerichte ein ausreichender Zurechnungszusammenhang angenommen,
um Regress bei dem störenden Zuschauer grundsätzlich erst wahrnehmen zu können.
Fragen wie, wie einbringlich ist das denn von dem Fan, diese Beträge sich auch
zurückzuholen und ist der Fan, wenn es denn ein Fan ist, überhaupt ausreichend identifizierbar.
Die stellen sich dann zusätzlich natürlich. Aber grundsätzlich besteht die Regresse mit.
Ganz genau. Das sind zivilrechtliche Ansprüche. Wie steht es mit...
Wobei wir vielleicht auch nochmal, ganz interessanter Punkt,
beim Werfen eines einzelnen Gegenstandes ist es möglicherweise relativ einfach,
das auszumachen, was ich davon weiterleite an den jeweiligen Werfenden.
Wenn es allerdings um die Spieleunterbrechung geht, muss ich das ja anteilig
auf alle Werfenden aufteilen, was mir da als Strafe für diese Spieleunterbrechung
dann aufgebürdet wird. Das könnte etwas schwieriger sein.
Das könnte etwas schwieriger werden, ganz genau. Das heißt, dem Grunde nach
ist es einfacher, einen Anspruch herzuleiten, als ihn dann tatsächlich der Höhe nach durchzusetzen.
So viel zu den vertraglichen Schadensersatzansprüchen. Kommt darüber hinaus
noch ein deliktischer Schadensersatzanspruch in Betracht?
Ja, dazu muss man grundsätzlich sagen, dass reine Vermögensschäden von Deliktsrecht bzw.
823 ja nicht umfasst sind. Also 823 Absatz 1 BGB, um genau zu sein.
Hier könnte der Fall allerdings ein bisschen anders liegen, weil es um einen
möglicherweise betriebsbezogenen Eingriff in das Recht des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebs geht.
Absolut. Die Betriebsbezogenheit ergibt sich doch letztlich daraus,
dass der störende Zuschauer das laufende Spiel und somit folglich den Stadionbetrieb
absichtlich blockiert, um auf den Verein sowie die DFL verantwortlichen Druck zu machen.
Und insofern ließe sich das zumindest vertreten, Markus, denke ich,
dass hier ein Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb vorliegt.
Genau, dann könnte man auch über 823.2 in Verbindung mit einer Nötigung nachdenken.
Ob überhaupt eine Nötigung anzunehmen ist, würden wir hier vielleicht mal dahin bringen.
Das können wir uns sonst später nochmal angucken. Auf jeden Fall erstreckt sich
eigentlich der Schutzzweck ebenfalls nicht auf mittelbare Vermögensschäden,
so wie wir es eben schon genannt hatten.
Es kommt aber auch hinzu, dass vom Schutzzweck des 823 zwei Verbandsstrafen nicht umfasst sind.
Also dürfte es darüber schwierig sein, aber wir haben ja gesehen,
es stehen durchaus Anspruchsgrundlagen zur Verfügung.
826 kannst du auch nochmal gucken, aber den wollen wir jetzt nicht weiter vergeben.
Ja, vorsätzlich sind wie die
Geschädigungen, das wird sicherlich einigen Begründungsaufwand bedeuten.
Aber wie gesagt, vertragliche Schadensansprüche stehen dem Grunde nach zur Verfügung.
Das war jetzt alles zum Thema mögliche Regressansprüche der Vereine gegen die Zuschauer.
Man kann jetzt nochmal ein anderes Fass aufmachen und sich überlegen,
inwieweit das Verhalten der werfenden Zuschauer strafrechtlich relevant ist.
Genau, da wird man sich über Hausfriedensbruch vielleicht mal unterhalten können.
Man wird darüber nachdenken können, ob es eine Nötigung ist.
Da dürfte man, auch wenn der Begriff sehr, sehr weit gefasst wird,
auch die physische Zwangseinwirkung ist auch Gewaltmittel.
Das würden wir jetzt hier mal offen lassen, so ein Stück weit.
Man kann auch noch über versuchte Körperverletzungen nachdenken.
Wenn mich so ein Tennisball an der Birne trifft, kann das auch mal wehtun.
Kann das auch mal wehtun.
Ist eine üble, unangemessene Behandlung, aber das hat dann sicherlich weniger
mit möglichen Regressansprüchen der Vereine zu tun, sondern eher möglicherweise
Ansprüche einzelner Geschädigter gegen die Protestler, nicht?
Ja, genau. So, und ich glaube, damit haben wir es für heute,
dass das Ganze durchaus rechtlich interessant sein kann.
Ist vielleicht nicht sofort erkennbar, wenn man Fußball guckt und sieht,
dass einige Leute dort irgendwelche Taler oder Tennisbälle werfen.
Aber man muss doch schon feststellen, das kenne ich ja jetzt aus eigener Anschauung,
dass gerade über die Pyro-Attacken, über die wir jetzt nicht gesprochen haben,
das Sportgericht des DFB doch sehr beschäftigt.
Ja, absolut. Hoffen wir, dass in Zukunft wieder mehr Fußball gespielt wird.
So machen wir es. Ja?
Danke fürs Zuhören, bis zum nächsten Mal. Tschüss.
Marcus
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Tim
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Marcus
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Tim
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Marcus
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