Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung
Im Gespräch: Prof. Uwe Franzke | Herr Markus Müller
01.07.2022 24 min
Zusammenfassung & Show Notes
Herzlich Willkommen zur vierten Folge „Wissenschaft praktisch erklärt“
Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe möchten wir neueste Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten des ILK Dresden vorstellen.
Heute sprechen wir über Wärmepumpen, Sektorenkopplung und Energiewende.
Die Energiewende ist seit vielen Jahren in aller Munde. Die Sektorenkopplung bezeichnet die umfassende Vernetzung aller Sektoren der Energiewirtschaft und Industrie. Also den Austausch von Energie, um wirklich alle fossilen Brennstoffe wie Gas, Kohle und Benzin zu ersetzen. Den Wärmepumpen kommt dabei mit der strombasierten Wärmeerzeugung eine ganz besondere Bedeutung bei.
Das ILK Dresden arbeitet seit Jahrzehnten an der Verbesserung der Wärmepumpen und deren Integration in Anwendungen.
Mein Name ist Uwe Franzke. Ich bin der Geschäftsführer des ILK Dresden.
Ich begrüße unseren heutigen Gast ganz herzlich – Herrn Markus Müller.
Er arbeitet im Bereich Kälte- und Wärmepumpentechnik des ILK seit über 20 Jahren
Seine Themengebiete im ILK u.a.:
- Wärmepumpen
- Kälteanlagen/Prüfstände
- Wärmeübertragung
Herzlich willkommen!
Herr Müller, wir werden heute über die Forschungsarbeiten zu den Wärmepumpen sprechen und wollen den Podcast unter die Überschrift stellen:
„Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung“
Was genau sind Wärmepumpen?
Obwohl der Begriff in aller Munde ist, stelle ich immer wieder fest, dass viele Leute nicht genau wissen, was eine Wärmepumpe ist, wie sie funktioniert und was die wichtigsten Randbedingungen sind. Wir Ingenieure verwenden sehr gern Analogien, wenn wir etwas erklären wollen. So will ich die Wärmepumpe mal mit einer Wasserpumpe vergleichen, die Wasser aus einem Brunnen an die Oberfläche befördert, um z.B. den Garten zu bewässern. Dazu kurz der eigentlich triviale Hinweis, dass im Brunnen auch Wasser da sein muss, dass ich hochpumpen kann.
Da es den sogenannten Energieerhaltungssatz gibt – d.h. Energie kann nicht erzeugt werden oder verschwinden, sondern nur umgewandelt werden, betrachten wird die Wärme als Energieform, die von einem niedrigen Temperaturniveau, also z.B. kalte Außenluft oder Erdwärme, auf ein hohes Temperaturniveau gepumpt wird. Hierzu wird elektrische Energie benötigt. Die technische Einrichtung dafür ist eine Kältemaschine bzw. Wärmepumpe, die aus einem oder mehreren Verdichtern und Wärmeübertragern besteht, in denen ein sogenanntes Kältemittel zirkuliert. Je nach der Temperaturdifferenz zwischen dem kalten und warmen Temperaturniveau ist die elektrische Antriebsenergie nur ein Bruchteil der gepumpten Wärme, hängt aber wie bei der Wasserpumpe auch immer von der Höhe, also dem Temperaturhub, ab.
Mit einer kWh Strom kann ich also mehrere kWh Wärme für die Beheizung oder Erzeugung von warmem Wasser bereitstellen. Wichtig dabei ist zu beachten, dass ich die Wärmemenge auf dem niedrigen Niveau auch zur Verfügung habe – wie in meinem Beispiel vorhin, das Wasser. Und da kommt dann schon die Sektorkopplung ins Spiel.
Wie genau geschieht die Integration der Wärmepumpen in die Sektorenkopplung?
Der Begriff Sektorenkopplung meint heute meistens die Verknüpfung der Bereiche Elektroenergie, Wärme, Kälte, ggf. noch Verkehr – und dies aus Angebots- und Nachfragesicht, was also auch die Speicherung mit einbezieht. Insbesondere im Hinblick auf erneuerbare Energien, die bekanntermaßen sehr ungleichmäßig zur Verfügung stehen, ist es notwendig, intelligente Strategien zu entwickeln. Die Wärmepumpe als Schnittstelle zwischen Elektroenergie und Wärme kann hier einen großen Beitrag leisten. Zum Beispiel kann Wärme erzeugt und gespeichert werden, wenn ausreichend Strom zur Verfügung steht und dann genutzt werden, wenn gerade Flaute ist. So könnte nach und nach das Verbrennen von Öl und Gas durch erneuerbaren Strom ersetzt werden.
Was war Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?
Ich bin in der klassischen Kältetechnik gestartet. Kältemaschinen und Wärmepumpen sind eigentlich die gleichen Maschinen – nur das ich bei der Kältemaschine die kalte Seite nutze, z.B. entziehe ich im Kühlschrank dem Innenraum Wärme, und bei der Wärmepumpe die warme Seite, also da, wo die Maschine Wärme abgibt. Ich sehe die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie, um eine „fossilfreie“ Wärmebereitstellung zu ermöglichen.
Welche gesamtgesellschaftlichen Möglichkeiten bietet die Berücksichtigung der Wärmepumpe bei der Energiewende?
Abgesehen von der Verbrennung von nachwachsenden Rohstoffen wie Biogas oder Holz ist die Wärmepumpe eine elegante und sehr effiziente Einrichtung zur Bereitstellung von Wärme. Dies betrifft den großen Sektor der Gebäudebeheizung, aber auch in der Industrie wird viel Wärme benötigt, die irgendwann komplett aus erneuerbaren Energien kommen muss. Sogenannter grüner Wasserstoff aus erneuerbarem Strom kann meiner Meinung nach nur einen kleinen Teil dieser Anwendungen versorgen.
Wichtig dabei ist, dass der Strom zum Antrieb der Wärmepumpen natürlich aus regenerativen Quellen stammen muss. Und hier liegen die größten Herausforderungen, denn wenn auch noch der Verkehr elektrifiziert werden soll, dann benötigen wir ein Vielfaches des bisher erzeugten regenerativen Stroms. Je effizienter die Wärmepumpe, umso weniger Strom benötige ich aber.
Sie untersuchen seit vielen Jahren die Leistungsparameter von Wärmepumpen. Gibt es da deutliche Verbesserungen?
Es ist immer wieder erstaunlich, welche Verbesserungen über die letzten Jahre bei der Effizienz von Wärmepumpen erreicht wurden. Momentan erreichen sehr gute Wärmepumpen etwas über 50% des theoretisch überhaupt nur erreichbaren Effizienzwertes, des sogenannten Carnot-Gütegrades. Die größten Verluste entstehen dabei im Verdichter und in den Wärmeübertragern, welche die wichtigsten Bauteile einer Wärmepumpe darstellen. Sich immer weiter dieser theoretischen Grenze anzunähern, ist unsere Aufgabe. Aber auch die Verbesserung der Randbedingungen – also möglichst warme Wärmequellen zu nutzen und im Gegenzug die Nutztemperaturen soweit es geht zu drücken (Stichwort Fußbodenheizung als Niedertemperatursystem) ist eine Aufgabe zur Effizienzsteigerung von Wärmepumpenanlagen.
Welche Probleme sehen Sie bei der Anwendung im System?
Die Ausbauziele der Bundesregierung sehen in den nächsten Jahren die Installation von 6 Millionen Wärmepumpen vor. Neben der Herstellung muss das auch für die Installation gut organisiert sein. Wichtig ist, dass die Installateure möglichst gut für die Einbindung in das Wärmequellen und –senkensystem geschult sind. Prinzipiell ist eine Wärmepumpe wie eine normale Heizung, aber es gibt aus meiner Sicht mehr Dinge, die ich bei der Installation falsch machen kann.
Groß- bzw. Industriewärmepumpen können in dieser Hinsicht anders betrachtet werden. Da diese Projekte von speziellen Anlagenbauern errichtet werden, kommt hier dem Konzept und der Planung eine besondere Rolle zu. Hier haben wir im ILK eine besondere Kompetenz entwickelt.
Bis zu welcher Leistungsgröße sind Wärmepumpen interessant?
Die kleinsten Wärmepumpen sehe ich im Bereich von ca. 1 kW Leistung, etwa vergleichbar mit Klimageräten für einen Einzelraum. Großwärmepumpen etwa für die Versorgung von Fernwärmenetzen haben Leistungen von mehrere Megawatt. Es gibt also praktisch keine technische Grenze. Man muss aber immer die speziellen Randbedingungen beachten – insbesondere, ob sinnvolle Wärmequellen zur Verfügung stehen.
Gibt es besondere wissenschaftliche Herausforderungen?
Neben der Weiterentwicklung der einzelnen Komponenten der Wärmepumpe, wie Verdichter, Wärmeübertrager oder Expansionsorgan, sehe ich vor allem die Herausforderung, für den großen Bereich der Wärmebereitstellung in der Industrie, insbesondere im höheren Temperaturbereich, z.B. bei der Dampferzeugung, effiziente und zuverlässige Wärmepumpen zur Verfügung zu stellen.
Wenn die letzten Effizienz-Prozente herausgeholt werden sollen, kommen Details eine hohe Bedeutung zu. Beispielhaft seien hier die Auswahl des Kältemittels oder die spezielle Anpassung der Maschine an die Quellen- und Senkentemperaturen genannt. Die Nutzung von vielfach vorhandenen Abwärmequellen ist wichtig, aber nicht immer ganz leicht. Auch die Sicherheitsproblematik, insbesondere bei den umweltfreundlichen Kältemitteln, ist immer wieder ein Thema.
Wo sehen Sie die Wärmepumpen in 20 Jahren?
Ich denke, in 20 Jahren wird die Wärmepumpe die Verbrennung von fossilen Brennstoffen zur Wärmebereitstellung weitgehend verdrängt haben. Die aktuellen globalen Entwicklungen zeigen ja gerade recht deutlich, dass es höchste Zeit wird, hier signifikant voran zu kommen.
Ich denke, in 20 Jahren wird die Wärmepumpe die Verbrennung von fossilen Brennstoffen zur Wärmebereitstellung weitgehend verdrängt haben. Die aktuellen globalen Entwicklungen zeigen ja gerade recht deutlich, dass es höchste Zeit wird, hier signifikant voran zu kommen.
Zusammenfassung
Wärmepumpen sind ein wichtiger Baustein für die heizungstechnische Versorgung von Gebäuden und technologischen Prozessen. Die Verbindung von natürlichen Kältemitteln und Strom aus erneuerbaren Energien schafft ein Heizungssystem mit der geringsten ökologischen Belastung. Wertvolle Energieträger, wie z.B. Wasserstoff, können dadurch für andere Anwendungen im Bereich der Schwerindustrie bereitgehalten werden. Gesamtgesellschaftlich eine Win-Win-Situation!
Herzlichen Dank für die Vorstellung Ihrer Forschungsarbeiten und weiterhin viel Erfolg!