Abenteuer Reportagefotografie – Podcast über visuelles Storytelling

Kai Behrmann: Visueller Storyteller und Fotograf

Vom Einzelbild zur Serie: Konzeptionelles Denken in der Streetfotografie

Mit Pia Parolin spreche ich über Leichtigkeit und Fokus in der Street Photography, die Bedeutung des Einzelbilds und die Kunst, aus spontanen Momenten fotografische Geschichten mit mehreren Bildern zu machen.

26.10.2025 68 min

Zusammenfassung & Show Notes

Was passiert, wenn man Street Photography als Ausgangspunkt für erzählerische Tiefe begreift? In diesem Gespräch mit Pia Parolin geht es um den Weg vom spielerischen Fotografieren zum bewussten Erzählen, um kreative Einschränkung und die Kraft der Beobachtung. Außerdem erfährst du, wie du aus Alltagsmomenten fotografische Serien entwickelst, die mehr erzählen als nur das Offensichtliche.

Genau das üben wir im Workshop in Cannes vom 15. bis 19. April 2026

Wenn du diese Ideen mit uns in die Praxis umsetzen und dabei deine fotografische Stimme und Persönlichkeit entwickeln möchtest, bist du dort genau richtig.


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Transkript

Und das ist aber extrem schwer. Ich glaube schon, dass es toll ist, das anzuvisieren, ein Bild mit einer Geschichte von A bis Z zu schaffen. Aber meistens hat man noch so viel Hintergrundrauschen in diesem Bild, dass die Geschichte untergeht oder es fehlt ein Element. Mein Ziel ist es eigentlich inzwischen immer mehr, dass ich rausgehe und mir vielleicht ein Thema überlege oder irgendein Thema fällt mir zu und dann erzähle ich wirklich die ganze Geschichte in mehreren Bildern.
Kai Behrmann
00:00:30
Schönen guten Morgen nach Frankreich. Grüß dich. Hallo Pia.
Pia Parolin
00:00:34
Hallo Kai. Viele Grüße zurück nach Deutschland.
Kai Behrmann
00:00:39
Pia, wir unterhalten uns ja regelmäßig, auch abseits des Podcasts, über Fotografie, über Street Photography. Und da sind immer wieder so viele Themen, die da vorkommen, wo ich denke, da könnte man auch einen Podcast machen oder das Gespräch als Podcast veröffentlichen. Deswegen freue ich mich, dass du heute Morgen Zeit hast und dass wir hier mal so ein paar Fäden zusammenführen können, ein paar Themen, über die wir so in den vergangenen Wochen immer mal wieder gesprochen haben und die auch so ein bisschen hinführen zu dem Workshop, den wir im kommenden Jahr wieder machen. Wir haben ja die Premiere gefeiert in Cannes mit unserem Workshop in diesem Jahr und das Ganze möchten wir gerne im kommenden Jahr wiederholen mit einem leicht angepassten Programm inhaltlich. Dazu dann im weiteren Verlauf der Episode auch noch ein bisschen mehr, aber lass uns mal einsteigen mit der Frage. Du bist in die Street-Photography reingekommen, bist bekannt für deine Bilder unten von der Côte d'Azur, Südfrankreich, viele Momente, die du dort festgehalten hast, die das Lebensgefühl widerspiegeln, die die Menschen zeigen, Einzelbilder. Aber dann mit der Zeit hast du auch für dich erkannt, dass es so rote Fädenlinien in deiner Fotografie gibt und bist von diesem Einzel-Street-Bild hin zu einem eher konzeptionellen, seriellen Denken gekommen. Welche Rolle spielt das heute in deiner Fotografie? Wie würdest du so die Gewichtung setzen bei dir? Wo hast du mehr Spaß dran? Dieses eine Einzelbild, diesen Moment oder denkst du eher in Serien?
Pia Parolin
00:02:16
Ich glaube, das ist beides gleichwertig da und je nach Tagesverfassung überwiegt das eine oder das andere. Also es gibt Tage, da habe ich einfach Lust, Zeit mit meiner Kamera draußen zu spielen, ohne mir großen Kopf zu machen, ohne groß nachzudenken, was ich jetzt wo am besten strategisch mache, sondern dann gehe ich einfach mit meiner Kamera in die Hand runter in die Stadt und gucke, was so auf mich zukommt. Und das macht unheimlich Spaß und das ist für mich so die große Ressource der Fotografie, dieses kreative Spielen, dieses Loslassen, dieses ganz im Hier und Jetzt sein, was wirklich nicht meine Stärke ist. Ich bin immer irgendwie mit meinem Kopf in der Zukunft oder in der Vergangenheit und wenn ich mit meiner Kamera unterwegs bin, dann habe ich wirklich so diese Leichtigkeit des Moments. Das ist für mich wirklich so der ganz große Vorteil einer sehr spielerischen Street-Photography, die sich dann äußert in sehr bunten Bildern, sehr knalligen Farben, sehr kontrastreichen Sachen. Wo ich einfach wirklich wie so ein Kind spiele, ganz impulsiv und nicht sehr reflektiert. Und das andere ist aber dann eben so ein serielles Denken, wo ich Irgendwann mal angefangen habe, weil sie sich einfach ergeben haben oder auch, weil ich sie mir überlegt habe. Also ergeben haben sie sich, wie du gerade gesagt hast, in Bezug auf diese Bilder am Meer, weil ich einfach rein physisch gerne mich an dieser Promenade aufhalte. Das ist ein schöner Ort, da fühle ich mich wohl, da stimmt die Temperatur für mich, da stimmt die Atmosphäre, da ist diese Sicht aufs Meer, diese Farben, dieses Treiben ohne Stress. Und das finde ich ganz schön. Also da fühle ich mich körperlich wohl und dann kann ich da auch sehr gut eintauchen. In fotografische Projekte. Und ja, das ist eben so ein wichtiger Teil meiner Fotografie oder eben ein dann wirklich sehr konzeptionelles Gebilde, was ich mir zu Hause am Schreibtisch oder auf dem Sofa überlege, wo ich mir denke, was ist denn mein Thema, was ist meine Stärke? Und das habe ich eben so über die Jahre so gefunden, dass es eben das Thema Wasser ist, weil ich das in meinem Beruf als Biologin, als Wetland Ecologist halt mein Leben lang gebracht habe. Ich war immer in irgendwelchen Ökosystemen, wo ganz viel Wasser ist, Süßwasser vor allem. Und das ist so ein roter Faden, der sich durch mein Leben zieht. Ich bin in der Po-Ebene geboren, da ist es voller Wasser. Ich war am Amazonas beruflich jahrzehntelang und dann denke ich, ja, dann kann ich das doch nutzen für die Fotografie. Und das ist dann aber sehr kopflastig. Da gehe ich dann wirklich sehr, sehr, ja, intellektuell geprägt dran und überhaupt nicht so leicht spielerisch. Und dann fehlt das manchmal auch so dieses Spielerische. Aber ja, das ist also von bis. Von daher, ja, ich gehe da wirklich sehr, sehr impulsgetrieben dran und heute gehe ich spielen und morgen mache ich mein Projekt weiter und dann, je nachdem, wofür ich mich gerade entscheide, wonach ich mich fühle, fahre ich eben an die eine Stelle oder an die andere und mache das dann gezielt schon so, dass ich mich so bewege, dass ich die Projekte dann auch fortsetzen kann oder so.
Kai Behrmann
00:05:25
Also läuft häufig parallel und geht dann fließend ineinander über diese verschiedenen Modi, die du hast, dieses spielerische Herangehen an die Street Photography, wo du einfach losgehst, schaust, was begegnet dir und dich auf den Moment einlässt. Und dann aber wieder eben auch diese Momente, die etwas strategischer geplant sind, wo du Recherche betreibst und dir vorher ein Konzept zurechtlegst, was du dann anwendest, wenn du unterwegs bist. Ist ein Ansatz, den ich auch bei mir sehe. Bei mir ist es recht ähnlich. Ich mag dieses freie Rausgehen, sich einlassen. Das ist schon etwas, was ich sehr, sehr schätze, auch wenn ich neu an einen Ort komme, erstmal die Sinne aufzumachen und die Stimmung aufzunehmen, um dann zu sehen, was bleibt haften oder was sind die Eindrücke, die dominieren. Und dann kann ich nochmal spezieller reingehen und vielleicht auch gezielter nach Motiven suchen, die eben dieses Gefühl, was ich habe, ausdrücken. Wie nimmst du das wahr? Du bist ja auch sehr aktiv. Du gibst viele Workshops, du bist viel in Kontakt mit anderen Street-Fotografen, die sich weiterentwickeln wollen in ihrer Street-Fotografie. Du hast auch Bücher geschrieben, genau zu diesen Themen über den Flow-Zustand, also dieses Rausgehen und erstmal in diesen Gemütszustand zu kommen, der einen trägt und aus dem dann spontan scheinbar Dinge entstehen, Fotos hervorkommen. Du hast dich damit beschäftigt, wie man die Street-Photography, nachdem man so die Grundlagen erlernt hat, auf ein nächstes Level hebt. In diesen Gesprächen, wenn du da auch bei Lesungen mit Leuten in Kontakt kommst, spürst du, dass an manchen Stellen so ist, dass... Dieser Schritt häufig das ist, was vielen schwerfällt, diese Entwicklung von, ja, ich habe Spaß im urbanen Raum Fotos zu machen, aber ja, was dann? Was kommt als nächstes?
Pia Parolin
00:07:30
Also ich würde es mal so sagen, da ist es auch wieder so ein bisschen zweigeteilt. Es gibt einerseits diese riesige Street-Photography-Community in Deutschland, die immer weiter wächst und zwar nicht nur in Zahl von Menschen, die da aktiv sind, sondern auch in Qualität. Also was vor fünf Jahren noch Einzelne machten, macht jetzt eine ganz große Menge von Menschen. Was ich so über Instagram mitkriege oder eben auf irgendwelchen Ausstellungen und Treffen und Festivals, das hat schon inzwischen ein richtig, richtig hohes Niveau, finde ich. Und das sind nicht mehr die einzelnen drei Leute, die es vielleicht vor fünf Jahren noch waren, sondern es sind inzwischen 30 oder 50 oder 60, ich kann mir die Namen gar nicht alle merken, von Leuten, die inzwischen tolle Projekte laufen haben, die Bücher rausgegeben haben mit einer irren Qualität, die Ausstellungen machen am laufenden Wandel und trotzdem auch mit einem hohen Anspruch und nicht einfach nur inflationär. Also das beobachte ich schon sehr mit viel Bewunderung und finde es ganz toll. Das Zweite ist die Menschen, die vielleicht noch nicht so in der Street-Photography verankert sind und erst den Einstieg machen. Und da bin ich vielleicht eher jetzt so eine Ansprechpartnerin durch die Bücher und auch durch meine Workshops. Weil ja, ich kann natürlich das Next Level inzwischen einfach durch die Routine. Das ist nicht, weil ich jetzt besonders toll bin oder so, sondern einfach, weil ich viel Zeit mit der Kamera in der Hand verbringe. Und ich sage immer, wenn du gut Geige spielen willst, musst du halt jeden Tag üben. Und dann kannst du irgendwann schön in einem Orchester mitspielen und mit der Kamera ist es ja nichts anderes und ich bin leidenschaftlich gerne mit meiner Kamera in der Hand unterwegs und verbringe viel Zeit damit und entsprechend habe ich auch über die Jahre eine gewisse Fähigkeit damit entwickelt und habe ein Auge entwickelt, ich gehe viel in Ausstellungen und habe Bilder im Kopf. Also ich denke, ich habe da jetzt ein ganz gutes Niveau erreicht und kann das auch vermitteln. Und das ist aber dann etwas, was ich eben diesen Menschen vermittle, die vielleicht jetzt so einen Neueinstieg in die Street-Fotografie machen, Also eher Anfänger oder mittlere Klasse von Leuten, die noch nicht wirklich auf einem professionellen Niveau jetzt schon Bücher und Ausstellungen gemacht haben. Und da ist es natürlich super, weil da kann ich ganz viel helfen, einfach unterstützen, Ideen geben. Technik ist da noch das Kleinste, weil jeder kann heute Technik. Das ist wirklich sehr leicht. Jede Kamera hat so viel künstliche Intelligenz, dass man eigentlich alles auf Automatik stellen kann und gute Bilder dabei rauskommen können. Und dann gebe ich den einen oder anderen Trick, wie man eben von der Automatik wegkommt und mit Halbautomatik oder voll manueller Einstellung selber dann seine Bilder gestalten kann. Und das ist für viele schon eine riesige Offenbarung. Aber abgesehen vom Technischen, auch vom Inhaltlichen Ja, was sehe ich in der Stadt? Wo gehe ich hin? Muss ich immer nach Kuba oder nach Toklo oder nach Seoul reisen, um tolle Bilder zu haben? Nein, muss ich nicht. Das geht auch auf dem Bahnhofvorplatz in Hannover oder so. Das sind so die Offenbarungen, dass ich dann eben in meinen Workshops, was weiß ich, Hamburg, Wetzlar, Frankfurt, solche Städte gehen wir halt rum und suchen eigentlich immer dieselben Orte auf, die es eigentlich in jeder deutschen Stadt gibt. Und da finden wir dann tolle Sachen, die man fotografieren kann. Und das ist für viele Leute so ein Aha-Erlebnis, dass man denkt, wow, das ist schon ziemlich cool, dass man an solchen Orten noch was Interessantes fotografieren kann. Ich bin auch so jemand, ich gehe immer mit meinen Kursen oder auch bei Fotowalks, ich gehe immer zu den zentralen Plätzen, zum Markusplatz oder zur Promenade des Anglais Nizza oder auf dem Rathausmarkt in Hamburg, wo du dir denkst, was willst du da jetzt noch fotografieren? Und genau das finde ich spannend, weil der Vorteil von solchen Orten ist natürlich einerseits, dass die Menschen relativ entspannt sind, da sind viele Touristen, jeder hat eine Kamera, das heißt, ich falle schon mal nicht auf, wenn ich da mit der Kamera rumlaufe. Und der zweite Vorteil ist natürlich, dass die Leute einfach entspannt sind und Zeitvertragen gut drauf sind. Die sind nicht in Eile, um jetzt schnell noch einen Zug zu erwischen oder um Erledigungen zu machen. Und deswegen finde ich es schön, an solchen Orten mit Mustern zu spielen, mit Schatten, mit Silhouetten, mit Farben, mit Kontrasten. Und das funktioniert ganz gut. Und das sind so die beiden Gruppen, würde ich mal sagen.
Kai Behrmann
00:11:44
Einfach dieser Spaß am Sehen, an solchen Orten sich aufzuhalten, zu beobachten, zu sehen, welche Muster gibt es dort, wie kann ich die Architektur, wie kann ich Linien mit in meine Bilder einarbeiten, Kompositionen gestalten, Interaktionen mit Menschen, vielleicht auch über Streetportraits, all diese Dinge, die Spaß machen und vom Zufall leben. Das ist ja das Schöne in der Street Photography, dass wir einen Großteil nicht planen können. Mit der Erfahrung kommt die Intuition, kommt Antizipation mit dazu. Also bestimmte Dinge kann man dann schon vorhersehen. Da ist nicht alles purer Zufall in der Street. Aber ja, sich einfach darauf einzulassen, das ist, finde ich, auch was für mich einen großen Reiz der Street-Photography ausmacht. Und dann solche Techniken zu vermitteln, wie du sagst, es sind manchmal ganz kleine Dinge, die für einen großen Aha-Effekt sorgen können. Einfach mal zwei Blenden unterbelichten und dann diese Lichttaschen zu fotografieren, diese kontrastreichen Szenen darzustellen. Einfach mal wegzugehen von dem, was die Kamera im Automatikmodus dir als eine gute Belichtung vorschlagen würde. Das hat schon häufig eine sehr, sehr große Wirkung und gehört in den Werkzeugkasten dazu, sensibel dafür zu werden, wie kann man so eine Szene, so eine Lichtsituation effektvoll gestalten.
Pia Parolin
00:13:10
Dieses Mehrsehen, was du sagst, das ist auch tatsächlich der Titel meiner neuen Serie von Workshops, die ich jetzt für 26 geplant habe. Ich bin ja in der Leica-Akademie, das kann ich ja ruhig sagen. Ich bin keine Leica-Ambassador oder sowas, aber ich mache halt über die Leica-Akademie Workshops und hatte mal einen Workshop gemacht, der hieß Kontemplative Fotografie. Das war aber vielen Leuten zu esoterisch und klang irgendwie merkwürdig, kontemplativ, müssen wir dann Yoga-Übungen machen oder so. Und den habe ich umbenannt in mehr sehen. Aber das ist wirklich die Essenz. Ich will mehr sehen auf meinem ganz normalen Weg durch die Stadt. Und das kann wirklich der Weg von der S-Bahn zum Zahnarzt sein, wo ich irgendwie eine Viertelstunde durch die Stadt gehe und einfach aufmerksamer bin. Eben dieses im Hier und Jetzt sein, statt mit den Gedanken schon beim Zahnarzt oder noch in der S-Bahn, sondern ich sehe das, was mich umgibt und nicht nur vielleicht die Sachen, die auffallen, wie irgendwelche, was weiß ich, bettelnden Menschen, die auf dem Boden sitzen, sondern wirklich Kleinigkeiten, die einen Reiz ausüben. Und ja, das ist so ein spielerisches Element, was ich sehr schön finde. Und dazu hilft natürlich in erster Linie schon mal langsamer zu gehen. Ich bin auch jemand, ich renne immer durch die Stadt, ich mache sehr große Schritte. Und das habe ich mir so ein bisschen abgewühlt, dass ich einfach mal ein bisschen langsamer gehe. Dadurch habe ich auch mehr Zeit, Sachen dann auch wirklich zu sehen. Und das, ja, da bin ich selber, für mich selber auch noch dran, das so ein bisschen weiterzuentwickeln.
Kai Behrmann
00:14:34
Mhm. Ja, muss oft nicht der große Radius sein, den man zurücklegt. Jetzt am vergangenen Wochenende, gerade beim Workshop in Essen, habe ich anschließend auch mal auf den Schrittzähler geschaut und das waren, glaube ich, nur 4000 Schritte, die wir an dem Tag gemacht haben auf unserer Fotorunde im Praxisteil. Aber die hatten es dann auch in sich. Also es waren wirklich spannende Orte, an die wir gekommen sind auf dieser Runde und eben genau diese Szenen dort zu üben. Weil häufig, wenn wir zu schnell unterwegs sind, dann gehen wir auch schnell an Dingen vorbei, die wir gar nicht wahrnehmen. Und sich dann einfach die Zeit zu nehmen, genauer hinzugucken, vielleicht auch mal stehen zu bleiben, länger an einem Spot zu bleiben, sich auch anzuschauen, wie sich eine Szene entwickeln kann. Das ist auch spannend. Es war zum Beispiel eine Szene, es war ein Platz, da waren ganz viele Tauben und zwei Bänke davor. Und erst mal ohne Menschen. Dann sind wir da eine Weile stehen geblieben und haben dann beobachtet, erst kam ein Mann, der sich auf die Bank gesetzt hat, in Kombination mit den Tauben dann davor. So ein bisschen dieses Gefühl der Einsamkeit, Dieses Verlassen im urbanen Raum, saß da, Gedanken verloren. Dann kam ein zweiter Mann dazu, der sich auf die Bank daneben gesetzt hat. Dann sind die beiden ins Gespräch gekommen. Dann kamen Interaktionen dazu, Gesten und so entwickelte sich eine Szene, bis dann noch am Ende ein dritter Mann dazugekommen ist, der in dem Mülleimer dazwischen den beiden Bänken war, nach Leergut gesucht hat. Und einfach mal diese Geduld zu haben, die Umgebung wahrzunehmen, erst mal sich diese Bühne zu suchen, die schon spannend ist mit diesem Element der Tauben und dann… kam eben noch die menschliche Komponente mit dazu. Das sind dann so Momente, die man beobachten kann, dann auch vielleicht eine kleine Serie draus machen. Jetzt in diesem Fall ist es nicht nur dieses eine Bild, sondern es werden dann ein paar mehr. Aber wie gelingt es dann, aus einer Sammlung von Einzelbildern irgendwo ein Thema für eine Serie abzuleiten?
Pia Parolin
00:16:47
Ja, das, denke ich, gibt es auch wieder zwei Möglichkeiten. Das eine ist für mich so eine formelle Sache und das andere ist mehr inhaltlich. Also formell, finde ich, sind eben so diese Spaßbilder, dieses volle Kontraste, volle Farben, volle irgendwas. Das ist für mich so eine spaßgetriebene Art zu fotografieren, wo ich kleine Serien erstellen kann, wo zum Beispiel eine Frau mit einem knallblauen Hut aus dem Dunkel raustritt und so angestrahlt wird. Dann habe ich einfach nur ein schönes, ästhetisches Bild von einer Frau, die ich auch nicht erkenne, weil der Hut das Gesicht verdeckt, vor diesem schwarzen Hintergrund. Und solche Bilder mag ich unheimlich gerne. Und die sind nicht so ganz leicht zu erstellen. Also man kann sehr schnell viele Bilder erstellen, aber Bilder, die dann auch so ein bisschen mehr schön sind und ein bisschen einheitlich wirken, das ist nicht so leicht. Und deswegen muss man da einfach über die Jahre so ein bisschen sammeln, finde ich, damit man am Ende eine starke Serie hat. Und das mache ich, das habe ich einfach in meinem Lightroom-Katalog, habe ich meine einzelnen Ordner und da ziehe ich dann meine Bilder rein und sammle die über die Jahre und gucke, dass ich dann, wenn ich mal eine Ausstellung mache oder so, dann eben die Bilder raussuche, die gut zusammenpassen. Und da muss einfach eine gewisse kritische Masse irgendwann enthalten sein und die kann man nicht mal eben auf drei Fotowalks abhalten, sondern da muss man dann schon wirklich Zeit investieren, immer mal hier und da und da Bilder zusammentragen. Die andere Art ist aber eigentlich die spannendere, nämlich Inhalte. Wenn ich Inhalte fotografiere, meine ich damit, dass ich ein wirkliches Projekt habe, was auch eine Aussage beinhaltet, was einen tieferen Hintergrund hat, was vielleicht mehr in die Richtung Reportage geht, mehr in die Richtung Analyse einer Frage, die ich mit mir herumtrage. Und das finde ich eigentlich die spannenderen Sachen, weil da ist eben noch so ein ganzer Diskurs dahinter. Da muss ich auch mir überlegen, was ist denn meine Frage und wie will ich die beantworten und wie setze ich das Ganze dann auch fotografisch um, dass ich verständlich mache, ohne jetzt eine Stunde lang zu reden oder eine DIN-A4-Seite an Bildunterschrift mitzuliefern, dass die Menschen verstehen, was ich hier zeigen will, was ich ausdrücken möchte. Und das ist so ein Prozess, den finde ich sehr interessant, weil er schwierig ist. Da muss man sich echt ein bisschen hinsetzen und mal in Ruhe nachdenken. Und dann kann man sich da so richtig reindenken und rein manövrieren und auch ein Projekt am Ende draus machen, was mehr Tiefgang hat und mehr Interesse hat, als jetzt einfach nur schöne ästhetische Bilder. Ich habe überhaupt nichts gegen ästhetische Bilder. Es ist eine sehr legitime Sache und viele Künstler, viele Fotografinnen machen auch nur schöne Bilder, einfach weil sie schön aussehen und keine Aussage damit weitergeben wollen. Das ist gar nicht deren Interesse. Aber ich finde es eigentlich ganz spannend, wenn ich dann eben doch ein Thema habe und das fotografisch ausdrücke und über eine Bilderstrecke erkläre oder in die Tiefe gehe, dadurch, dass ich mehrere Bilder habe, die zu einem Thema eine Aussage bringen und das Gesamtbild dann viel mehr aussagt als das einzelne Bild.
Kai Behrmann
00:20:06
Ja, finde ich ganz wichtig, was du gesagt hast und bin auch da deiner Meinung, dass nicht jedes Bild eine Geschichte erzählen muss, sondern einfach die Ästhetik reicht häufig auch aus und das ist vollkommen okay, wenn das mein Ziel in der Fotografie ist, ästhetisch schöne Bilder zu machen, die ich mir an die Wand hänge oder was auch immer damit mache. Das ist absolut okay. Aber ich höre auch immer bei vielen, die über den Podcast schreiben, in Mails an dem Feedback, dass doch bei vielen der Wunsch da ist, an irgendeinem Punkt zu sagen, okay, ich habe jetzt die Techniken erlernt. Jetzt bleiben wir bei der Street-Photography, wie ich Momente einfange, Einzelmomente, aber irgendwo fehlt so ein bisschen die Tiefe bei dem Ganzen und der rote Faden. Und was du gesagt hast, sich einfach mal mit seinen eigenen Bildern zu beschäftigen, wenn man schon über eine längere Zeit fotografiert hat, da ist ganz, ganz viel drin, wo man den eigenen Interessen gut auf die Spur kommen kann. Diese Analyse der eigenen Bilder zu schauen, gibt es einmal, wie du sagtest, auf formaler, ästhetischer Ebene einen Bildstil, der sich durchzieht. Die Art und Weise, wie ich meine Bilder gestalte, wie ich mit Licht umgehe, einfach sich mal darauf zu konzentrieren, das ist die eine Seite und dann eben in die inhaltliche Ebene zu gehen, zu gucken, welche Motive wiederholen sich. Bin ich eher an Menschen interessiert, wenn ja, eher aus einer. Perspektive mit Abstand oder bin ich jemand, der nah rangeht an Menschen? Das sagt auch was über meine Persönlichkeit aus. In welchen Situationen zeige ich Menschen? Ist es eher in Einsamkeit oder in Interaktion? Also da gibt es ja ganz viele Dinge, wenn man mal sich genauer mit den eigenen Bildern beschäftigt, was man daraus lesen kann. Das finde ich ist ein guter Weg, um dann so diesen Schritt dahin vom Einzelbild hin zum seriellen Denken zu gehen und die Frage zu beantworten, mit welchen Themen möchte ich mich eigentlich beschäftigen. Ich weiß noch, in diesem Jahr bei dem Workshop fand ich ganz stark diesen Ansatz eines Teilnehmers, der zum Workshop gekommen ist mit der Idee, er möchte den Glanz und Glamour der Côte d'Azur in einer Serie einfangen. Er wollte daraus ein Fotoessay machen. Wie hast du das Ergebnis wahrgenommen?
Pia Parolin
00:22:41
Ja, genau, das fand ich auch einen ganz tollen Ansatz, weil natürlich, wenn man so in Deutschland sitzt und an die Côte d'Azur denkt, dann denkt man schnell an diesen Glanz und Glamour hier unten und... Möchte den vielleicht dann auch so ein bisschen fotografisch festhalten und das ist diesem Teilnehmer tatsächlich auch gut gelungen, finde ich. Der hat wirklich seinen Augenmerk auf einmal so ein bisschen die Architektur, also diese Luxushotels, dann natürlich diese riesen Autos, irgendwelche Ferraris, Lamborghinis in allen schreienden Farben der Welt und auch Menschen, wie sie sich kleiden, irgendwelche hohen Schuhe, irgendwelche kurzen Röcke, irgendwelche tollen Schmuckgegenstände, die in der Auslage sind. Wir sind auch einen Tag damals nach Monaco gefahren, nach Monte Carlo, und haben dort fotografiert, was natürlich dann nochmal so eine Abrundung gab. Aber auch in Cannes, da braucht man gar nicht weit weg zu gehen, da findet man das alles. Also wenn ich hier mit selektiver Wahrnehmung durch die Gegend gehe, Ist es natürlich auch ein bisschen in Hamburg am Neuen Wall genauso oder in München eine Magnierenstraße oder so. Also das haben wir in Deutschland schon auch. Das muss man nicht nur an der Côte d'Azur suchen. Aber hier ist es natürlich noch ausgeprägter. Und da findet man, wenn man mit diesem Filter vor den Augen so durch die Stadt geht, findet man natürlich unheimlich viel. Und deswegen ist es toll, wenn man schon vorher, und das hatte eben dieser Teilnehmer, vorher so eine ganz klare Idee hat und sagt, ich freue mich auf diesen Workshop, weil da mache ich dieses Thema. Und ich werde jetzt einfach mal vier oder fünf Tage diesem Thema nachgehen. Und dann haben wir ihn natürlich auch unterstützt und darüber diskutiert und geredet. Und dann kommt man nochmal auf neue Ideen oder auf neue Orte, wo man sich auch vielleicht mal aufhalten kann. Und daraus entsteht natürlich dann ein super Projekt. Und das entwickelt sich auch noch weiter. Man hat eine gewisse Idee und eine gewisse Anfangshaltung, aber die kann sich ja auch nochmal ein bisschen anpassen. Also das ist ganz schön, wenn man dann auch offen ist für Sachen, die dann noch dazukommen oder von manchen Sachen muss man sich vielleicht auch verabschieden, dass man denkt, das und das werde ich bestimmt finden, aber das passiert dann eben in den Tagen nicht. Aber das ist ja nicht schlimm, wenn man da so eine... So eine Offenheit behält, dann kommen neue Sachen dazu, mit denen man nicht gerechnet hat. Und am Ende hat man eine Bilderstrecke von 10, 15, 20 Bildern, wo wirklich die Geschichte des Glanz und Glamour an der Côte d'Azur erzählt wird. Also das fand ich schon ganz toll.
Kai Behrmann
00:25:02
Ja, so ein Thema in einer gewissen Anzahl von Bildern auf den Punkt zu bringen, das ist ihm wirklich sehr, sehr gut gelungen und finde ich, ist ein schönes Beispiel, wie man da eben rangehen kann. Es ist Street Photography, aber aus der Street Photography mit den Techniken der Street hat er eben diesen Fotoessay gemacht mit einem klaren Fokus auf ein Thema, was er sich überlegt hatte. Und dieses selektive Sehen ist da dann ganz hilfreich, weil dann wird man automatisch auf diese Motive aufmerksam und das kann sehr, sehr gut helfen. Hier im Podcast spreche ich ja gerne von der Street Photography als den Bolzplatz der Reportage. Also das ist so der, wo man sich austoben kann, wo man Techniken üben kann und dann mit diesen Techniken in das Storytelling reingehen kann mit mehreren Bildern. Ob ich es dann Reportage, Essay, Serie nennen kann, da bin ich nicht ganz so dogmatisch. Auf jeden Fall mit mehreren Bildern eine Geschichte zu erzählen, ist etwas, was ich sehr, sehr gerne mache und wo häufig diese Momente entstehen aus einem Streetwalk, eine Szene, die ich beobachte, eine Situation, wo ich dann nicht nur das eine Bild mache. Sondern reingehe und schaue, steckt da noch mehr dahinter. Dann ist es nicht so dieser entscheidende Moment. Ich glaube, wir alle kennen das Bild von Henri Cartier-Bresson mit dem springenden Mann über dieser Pfütze. Das ist natürlich so der Inbegriff des entscheidenden Moment, decisive moment, wie er ihn auch geprägt hat. Aber wenn ich mir überlege... Wie würde das aussehen, wenn ich daraus eine kleine Reportage gemacht hätte mit diesem Mann? Paris im Regen. Und dieses eine Bild als Key Shot, als den entscheidenden Moment, aber was ist davor, was ist danach passiert? Was wäre gewesen, wenn er diesen Mann an diesem regnerischen Tag durch Paris begleitet hätte? Und da dann weg von diesem Einzelbild ein Gefühl der Stadt noch vermittelt hätte, wie ist Paris im Regen. Das wäre eben eine Möglichkeit, wie man dann aus diesem Einzelbild in breiteren Kontext mit mehreren Bildern eine etwas komplexere Geschichte erzählen kann. Und ich glaube, diesen Ansatz, der lässt sich überall genauso machen wie die Street-Photography. Das ist das Schöne in so kleinen Geschichten. Oder ich sage, ich weite das dann ein bisschen aus und mache diese Geschichte oder lasse daraus ein Projekt werden, mit dem ich mich über längeren Zeitraum beschäftige. Da gibt es so viele Möglichkeiten und ich finde, ich möchte nicht sagen, dass das Einzelbild schlecht ist oder weniger wert ist, das hat einen ganz, ganz hohen Wert, aber ich finde es immer schön, wenn man das Potenzial erschließt, austestet, was ist noch möglich in seiner Fotografie und wenn man gerade so herangeht, dann ergeben sich daraus noch sehr, sehr viele spannende Wege, die man einschlagen kann, abseits der reinen Street-Fotografie.
Pia Parolin
00:28:04
Ja, ich weiß nicht, ob ich dir vielleicht ein klein bisschen widersprechen mag an dieser Stelle. Einfach weil, ich glaube, es gibt eben so ikonische Bilder, die wirklich davon leben, dass sie eine ganze Geschichte erzählen können. Und Henri Cartier-Bresson ist definitiv eine ganz große Nummer, der das immer wieder geschafft hat. Mir fällt dabei auch natürlich so jemand ein wie Joël Mayarowicz oder auch Martin Parr. Die leben eigentlich davon, dass sie in ihren einzelnen Bildern schon so viel Inhalt mitbringen, dass man vor einem Bild ewig stehen kann und diese ganze Geschichte versteht. Und das ist aber extrem schwer. Und ich glaube schon, dass es toll ist, das anzuvisieren, ein Bild mit einer Geschichte von A bis Z zu schaffen. Aber meistens hat man noch so viel Hintergrundrauschen in diesem Bild, dass die Geschichte untergeht oder es fehlt ein Element. Also es ist schwer, ein einzelnes Bild zu haben, was so perfekt und rund ist wie dieses Bild, was du jetzt gerade von Henri Cartier-Bresson nennst. Und klar, das kann ich mir auch in einer Serie vorstellen, aber in dem Fall finde ich es nicht so wichtig, dass da eine Serie rundherum ist, die das Gefühl des Regens in Paris oder sowas erklärt. Ich finde es also schön, wenn man es schafft, so ein einzelnes Bild zu machen. Aber ich finde es für mich nicht nur leichter, sondern eigentlich auch spannender, schon in Serien zu denken und eben so eine Geschichte zu erzählen. Und das finde ich also, ja, mein Ziel ist es eigentlich inzwischen immer mehr, dass ich rausgehe und mir vielleicht ein Thema überlege oder irgendein Thema fällt mir zu und dann erzähle ich wirklich die ganze Geschichte in mehreren Bildern. Wie fühlt es sich an, durch Cannes zu gehen oder durch ein Stadtviertel vom Cannes zu gehen? Durch die Altstadt oben auf dem Berg, wo jetzt diese ganzen schönen Häuser restauriert sind und wo Menschen auch dauerhaft leben mit rausgehängter Wäsche und so Sachen, die man aus dem Süden kennt. Da kann man eine schöne Geschichte von diesem Stadtviertel erzählen, die eine ganz andere Geschichte ist, als die, die man unten an der Croisette direkt vor den Luxushotels dann sieht, ne, also vor... Vor irgendwelchem Hotel Martinez und wie sie alle heißen. Und da, ja, das finde ich eben so spannend. Dann verbringt man mehrere Tage in einer einzigen Stadt und hat entweder eine ganze Geschichte, die alles abdeckt, wo man sagt, guck mal, so es kann, von bis. Da geht es dann eben vom Bahnhofsviertel bis zum Carlton Hotel und da kann ich dann in, sagen wir mal, acht Bildern oder zwölf Bildern zeigen, wie vielfältig kann es. Oder ich kann eben sagen, nee, ich mache jetzt fokussiert eine Serie nur über Beachlife. Was machen die Leute am Strand oder wie interagieren sie mit diesen geparkten Autos? Es sind ja immer diese Schnitten, die hier irgendwie rumstehen, wo dann zehn Leute aus der ganzen Welt rumspringen und Selfies machen und so. Also es gibt wirklich Themen ohne Ende hier. Und das finde ich ganz toll, daraus dann auch Serien zu machen. Weil natürlich, wenn ich es jetzt schaffen würde, ein einzelnes starkes Bild zu machen, so à la Henri Cartier-Bresson, wo das Auto im Vordergrund ist mit irgendwelchen Menschen drumherum, das kann schon gut funktionieren, das ist cool. So ein Bild kann man dann auch mal einreichen zu irgendeinem Wettbewerb oder sowas, klar. Aber ich finde es wirklich inzwischen auch durch den Austausch mit dir auf jeden Fall reizvoller in Serien zu denken, in Reportage zu denken, nicht nur Serien weil Serien kann ja auch sein, ich habe zehn verschiedene Autos mit Menschen, die Selfies machen, ist ja auch eine Serie, aber da ist dann wenig Inhalt, sondern wirklich so dieses Reportage-Denken dass ich eine Serie entwickle, die etwas erklärt und nicht einfach nur ästhetisch zeigt Mhm.
Kai Behrmann
00:31:53
Du hast recht, dieses Beispiel mit dem Bild von Bresson, von dem Springer über die Pfütze, das ist natürlich ein Bild, was in sich schon sehr, sehr viel Geschichte erzählt. Und er war ein Meister darin, das so zu kondensieren in einem Bild und sehr, sehr viele Facetten darin unterzubringen, was sehr, sehr schwierig ist, weil ein Einzelbild ist eben ein Moment und ich als Betrachter weiß oder kann erahnen, was wohl vorher, was nachher passiert ist. Manchmal ist es gar nicht wichtig, manchmal ist es einfach dieser eine Moment und die genannten Fotografen sind einfach Meister in diesem Einzelbild, eine ganze Geschichte zu erzählen. Aber Bresson war ja auch Reportagefotograf und hat häufig in seinen Reportagen immer dieses eine Bild wie jetzt dieses, wo der entscheidende Moment zum Ausdruck gekommen ist, also praktisch. Die Geschichte in einem Bild erzählt, dieses Schlüsselbild, dieses Key-Shot-Bild, wenn man jetzt in die Reportage reingeht, in den Aufbau von der Reportage, über verschiedene Bildtypen, die Variationen reinbringt, die visuelle Abwechslung. Und da ist dieses Schlüsselbild dann ja häufig das Bild, wenn man jetzt nur die Möglichkeit hat, ein Bild aus dieser Reportage zu zeigen, dann ist es dieses Bild, weil dort die wichtigsten Elemente alle vorhanden sind. Und dann habe ich natürlich über, wenn ich die Möglichkeit habe, mehrere Bilder noch anzufügen, noch mehr zu zeigen, kann ich diese Geschichte noch facettenreicher, noch nuancenreicher zu erzählen. Das war der Gedanke dahinter. Also es soll jetzt nicht das einzelne Bild schmälern, das will ich damit nicht sagen. Das ist wunderbar, wenn solche Bilder gelingen. Aber ja, eine Reportage bietet dann eben die Möglichkeit, das ein bisschen noch weiter auszuerzählen. Jetzt nicht, um ins Labern zu kommen, das ist dann auch nicht gut. Aber ja, manchmal sind es eben noch Aspekte, die darüber hinaus führen über dieses Schlüsselbild, die eben auch spannend und interessant sind.
Pia Parolin
00:34:02
Ja, ich denke auch immer gerne an einen meiner Lieblingsfotografen, W.U.G. Smith, der ja wirklich diese fantastischen Reportagen im Live-Magazin damals gemacht hat. Diese ikonische Serie über den Country-Doktor oder seine Serie über Minamata, dieses Umwelt-Desaster in Japan. Und das ist für mich so die hohe Kunst, wo ich denke, das ist spannend und solche Sachen habe ich natürlich im Hinterkopf, ohne den ernstzunehmenden Anspruch zu haben, das jemals auch nur annähernd zu erreichen. Aber wenn man sowas im Hinterkopf hat, dann geht man natürlich auch ganz anders ran. Und mich interessiert schon auch immer noch der Mensch. Und das ist eben natürlich heute immer so ein bisschen kontrovers, weil Menschen fotografieren mit unseren ganzen Regeln immer schwieriger wird und ich verstehe das auch und ich respektiere das auch, aber ich bin jemand, ich fotografiere immer noch sehr gerne Menschen und mich interessieren einfach Menschen. Ich finde das toll, ich mag auch gerne mit denen interagieren. Und das ist eben hier in Südfrankreich auch so eine ganz tolle Sache, weil es herrscht eigentlich die gleiche Allergie gegen Fotografie. Die Menschen sind sehr skeptisch, genau wie in Deutschland, aber an gewissen Stellen sind sie eben doch relativ entspannt. Und das ist eben meistens an diesen Strips am Meer, also wie die Korsett oder die Promenade des Anglerien Nizza, da sind die Leute entspannt und vor allem da gibt es so interessante Menschen. Und das finde ich so toll. Also wenn man hier an die Korsett geht, gerade auch so im Frühjahr, da ist noch nicht so der Massentourismus da, dieses ganze Glitzer, Glitzer aus der ganzen Welt, sondern das sind da schon mehr die Leute, die hier wirklich das ganze Jahr leben. Und da interessiere ich mich dann besonders für die älteren oder man kann ruhig sagen alten Frauen. Davon gibt es so viele. Es gibt viele alte Menschen hier, die hier so ein bisschen überwintern. Und es gibt sehr viele alte Frauen, die alleine sind, die dann morgens irgendwann runtergehen zu der Promenade, also zur Croisette, sich da hinsetzen, aufs Meer gucken, vielleicht mit zwei, drei Leuten rechts und links ein bisschen plaudern. Die kennen sich irgendwann dann auch alle und dann gehen sie wieder nach Hause. Und das ist so ein Tagesablauf, den machen hier ganz viele Menschen. Die gehen alle runter ans Meer. Das ist so der Platz, wo man sich trifft. Wo man nicht alleine ist, wo man das Meer genießt, die Sonne genießt, ohne jetzt groß in Interaktion zu sein. Und diese Leute sind eigentlich alle recht offen, um alle mal Gespräche zu führen, fotografiert zu werden, die eine ja, die andere weniger. Aber die meisten sind wirklich auch noch so, die leben so ein bisschen in ihrer Nostalgie. Ich war mal eine schöne Frau, ich habe mal tolle Kleider getragen, ich war mal hier in Cannes mit irgendwelchen tollen, interessanten Menschen unterwegs, die sind jetzt alle nicht mehr da und ich bin alt und ich bin nicht mehr so attraktiv, aber ich zelebriere trotzdem noch das Leben. Und das finde ich so eine tolle Einstellung, die hier so für mich ganz stark so sprüht, wenn ich so durch die Stadt gehe. Und diese Menschen, die suche ich gerne auf und gehe dann mit ihnen ins Gespräch, fotografiere sie vielleicht erst mal heimlich, beginne dann mit ihnen zu reden, mache dabei noch Fotos und frage dann auch, ob ich sie fotografieren darf. Und ja, das finde ich so spannende Sachen, wo man tolle Reportagen eigentlich auch daraus machen kann. Menschen interviewen so ein bisschen, wie ziehen sie sich an, wie positionieren sie sich, Wie sitzen sie da drapiert auf ihren blauen Stühlen, die da überall rumstehen und wie interagieren sie? Was machen sie so den Tag? Das sind so die Sachen, die mich eigentlich mehr interessieren, als jetzt irgendwelche schönen architektonischen Rahmen zu schaffen, vor denen dann ein Mensch lange geht oder sowas. Also ich will diesen Teil der Street damit nicht schmälern, aber es ist so ein anderer Anspruch. Und darüber hast du ja auch in deinem Podcast mit Jens Kauer lange geredet, mit dem hatte ich ja auch mal ein ganz langes Gespräch, wo wir eben diese verschiedenen Herangehensweisen in der Street so ein bisschen analysiert haben und eigentlich schon zu dem Schluss gekommen sind, dass das Spannendere immer noch der Mensch ist. Und die Analyse im Laufe von einer Serie des Menschseins im urbanen Umfeld.
Kai Behrmann
00:38:01
Ja, es bietet so viele Ansatzpunkte und wenn wir genau prüfen, was für ein Typ wir sind, auch wie wir agieren mit der Kamera, eher offensiv oder eher zurückhalten und uns da ein Stück weit auch dann selber einschätzen und kennen, dann ist das schon auch ein wichtiger Schritt, glaube ich. Also Fotografie ist ja so viel mehr als das Beherrschen der Kamera und bestimmter Techniken, sondern für mich hat das sehr viel mit Psychologie zu tun, mit Persönlichkeitsentwicklung, wie ich auf andere Menschen wirke, wie ich als Fotograf im öffentlichen Raum agiere, von anderen wahrgenommen werde. Das ist, finde ich, immer wieder faszinierend, wo man sich mit Dingen beschäftigt, die erstmal primär anscheinend nichts mit Fotografie zu tun haben. Das ist auch ein Aspekt, wo wir viel Fokus drauflegen werden, eben sich mal in diese Bereiche zu bewegen, weil auch wenn es, wie gesagt, erstmal kontraintuitiv ist, doch das sehr, sehr viel oder großen Einfluss eben drauf haben kann, sich als Fotograf zu finden auch und herauszufinden. Was möchte ich eigentlich mit der Kamera machen?
Pia Parolin
00:39:13
Ja, genau. Ja, das ist ein wichtiger Aspekt. Ich habe das auch selber jetzt im Sommer so ein bisschen durchlebt, weil ich mit meiner Kamera eine Italien-Rundreise gemacht habe. Also Rundreise literally, es waren irgendwie am Ende, glaube ich, 6000 Kilometer oder sowas, die ich gefahren bin. Also wahnsinnige Zahlen auch noch im August bei der totalen Hitze. Aber es war wirklich so die Suche nach, ja, was ist dieses Italien? Wie funktioniert das? Also das Italien am Meer vor allem. Ich war die ganze Zeit eigentlich an irgendwelchen Orten nahe des Wassers, nicht nur, aber viel, und fand das ganz spannend, da jetzt nicht einfach nur rumzuknipsen und schöne Architektur und davor ein paar Menschen, sondern auch wirklich der Frage nachzugehen, was machen die Italiener so im Sommer, wie leben die, so dieses Familiendasein, die sitzen alle immer... 20, 30 Leute zusammen, das sind alles Cousins und Onkels und sonst was und dann sitzen sie zusammen am Strand und dann sitzen sie zusammen im Restaurant und dann sitzen sie zusammen in irgendwelchen Gärten und wenn man so eine Idee erstmal erkennt, dann ist das so ein roter Faden, der sich dann durchzieht und dann fällt das natürlich auch überall auf und dann kann ich da so spielerisch, fotografisch rangehen, dass ich mit Techniken, wie du selbst sagtest, mit Techniken der Street Photography, Ich habe ja immer einen Weitwinkel, 28er, da muss ich wirklich nah rangehen, damit man mal was sieht. Dann gehe ich auf diese Menschen zu, die sehen mich auch, die nehmen mich wahr und fotografiere dann eben, wie der normale Alltag an so einem italienischen Strand ist. Ob das jetzt ein Steinstrand in Calabria
Kai Behrmann
00:40:46
Ist oder ein Sandstrand irgendwo an der Adria oder ein Strandbad hinter Neapel.
Pia Parolin
00:40:55
Da hat man so einen roten Faden und entdeckt dadurch dann auch immer wieder neue Sachen einfach, weil das so spannend ist. Hier an der Coup d'Azur ist es nochmal ein bisschen anders, da sind nicht die Diese Großfamilien am Strand, sondern das ist dann alles so ein bisschen gemischter, Familien vielleicht oder hauptsächlich junge Leute, Die sehr viel Selfies machen und sowas und die aber auch offen sind, um fotografiert zu werden, weil die sich ja selber gerne in Szene setzen und dann auch nichts dagegen haben, wenn man sie sogar im Bikini oder in der Badehose fotografiert, irgendwelche jungen Typen mit ihren Bodies, die dann da irgendwie posieren. Also das ist schon sehr lustig und mit den Menschen kommt man dann auch auf eine lockere, lustige Art ins Gespräch und das finde ich auch so einen sehr, sehr schönen Aspekt der Street-Photography oder auch der Reportage-Fotografie, dass man mit Menschen in Kontakt kommt und dadurch, dass man auch wirklich mit ihnen redet, auch von irgendwelchen Stereotypen dann wegkommt. Weil natürlich komme ich mit meiner Idee nach Südfrankreich oder ich in dem Fall nach Italien, dann nach Süditalien und habe dann so meine vorgefertigten Ideen, die sich nähren aus ein bisschen Wissen, was ich habe, sehr viel Vorurteile durch mein Umfeld, durch das, was ich so aufgenommen habe, durch Filme, die ich gesehen habe, durch Bilder, die ich gesehen habe. Und dann komme ich und sehe die Realität, die ich natürlich auch nicht als wirkliche Realität wahrnehme, aber das, was ich mir in dem Moment offenbart, ist vielleicht nochmal was anderes als das Stereotyp, mit dem ich da anreise, in dem Moment, wo mir das jemand erklärt. Also ich komme, habe mein Bild, fotografiere und dann komme ich ins Gespräch und merke, das ist gar nicht das, was ich eigentlich gesehen habe, sondern die Menschen nehmen die Sachen auch nochmal anders wahr oder für sie ist das nochmal anders. Und das sind so Sachen, die kann man halt nur rauskriegen, wenn man mit den Leuten ins Gespräch kommt und das finde ich ganz schön dabei.
Kai Behrmann
00:42:44
Ja, speziell Cannes, finde ich, ist auch ein toller Ort, um diese Art der Fotografie zu machen. Es ist unheimlich viel Abwechslung drin. Du hast gesagt, die Croisette, die Uferpromenade, wo ein spannender Mix an Menschen zusammenkommt. Und die Rentner, die dort das Leben noch genießen, ihre Routinen haben, dann die Sportler, die Jogger, die da vorbeilaufen, das, was sich am Strand abspielt. Dann, wenn wir den Workshop machen, Mitte, Ende, April, kann es ja auch schon von den Temperaturen, wenn wir Glück haben, so sein, dass vielleicht der eine oder andere auch schon sich ins Wasser wagt. Und dann hast du dort einen Skaterpark, wo auch viel los ist. Also es bietet unheimlich viele Orte.
Pia Parolin
00:43:26
Es gibt einen tollen Markt. Es gibt Einkaufsstraßen, die auch so Glitzer-Aspekte haben. Es gibt auch andere Stadtviertel, die einfach schön sind, so kleine Häuschen mit Gärten, wo dann Leute ihre Runde spazieren bringen, die auch alle immer zu einem Gespräch bereit sind. Also ja, die Pit-Tank-Spieler, die Boccia- oder Bull-Spieler, die sich treffen nachmittags, um dann da zusammen zu spielen. Die Menschen, die in Cafés sitzen. Da gibt es ganz viele tolle Cafés oder Kneipen draußen, wo die Leute sitzen, entspannt sind, schauen und wo man auch ins Gespräch kommen kann oder wo man auch ohne ins Gespräch zu kommen Bilder machen kann. Und ein bisschen runtergekommene Kneipen oder Friseurläden, das hatten wir auch auf unserer anderen Reise, wo wir dann in Ventimiglia waren, wo du einfach so in diesen Friseurland reingelaufen bist oder in diese eine Kneipe, wo wir nachher dann auch da gesessen haben, wo die Leute Karten spielten oder Domino spielen oder so. Also ja, einfach so das, sagen wir mal, das mediterrane Leben pur, das findest du hier auch. Also es ist sehr vielschichtig. Eine Stadt wie Kanne ist nicht so groß, aber es ist sehr vielschichtig. Du hast eben dieses elitäre Glitzerzeug, du hast aber auch so diese ganz einfachen Bars, wo die Leute einfach sitzen und Domino spielen oder Karten spielen oder Schach spielen. An der Korsett, es sind so ein paar Schachttische, da sind manchmal alte Männer, die gegen ganz junge Kids dann spielen und wo 20 Leute drumherum stehen und miteifern. Also, na, das, also, wow, da gibt es so viele Themen. Wenn ich erstmal anfange zu überlegen, da fällt so viel ein.
Kai Behrmann
00:45:04
Ja. Ja, aber das ist ja auch gerade der Grund, warum wir diesmal gesagt haben, wir bleiben in Cannes, weil es eigentlich nicht nötig ist, noch viele andere Orte mit aufzunehmen, um Bilder zu machen. Es ist auch ein bisschen die Lehre aus dem vergangenen Workshop, wo wir noch in Nizza unterwegs waren. Wir waren in Monte Carlo und wollten diese ja auch sehr spannenden Städte irgendwie so mit reinbringen in das Programm. Da sind auch tolle Bilder dabei rausgekommen und das war sicherlich ein guter Gedanke. Aber es hat natürlich auch dazu geführt, dass wir viel unterwegs waren und nicht in diese Ruhe gekommen sind, die dafür nötig ist, genau das zu machen, was wir jetzt vorhaben, eben auch in den Gesprächen zwischendurch sich mal hinzusetzen, in Café zwischendurch, jeden Abend eine Bildbesprechung zu machen, um dann wirklich zum Kern vorzudringen eines jeden, eben diese Frage, was soll Thema in eurer Fotografie sein? Und diesen Fragen auf den Grund zu kommen, im Austausch miteinander, in der Möglichkeit, in der Gruppe zu fotografieren, aber auch alleine zu fotografieren, weil Fotografie eben auch viel mit Wahrnehmung zu tun hat und die Wahrnehmung ist eben stärker, wenn ich nicht abgelenkt werde. Diese Voraussetzungen wollen wir da schaffen, damit das möglich ist und noch stärker hervortreten kann. Insofern denke ich, kann ein hervorragender Ort sich fotografisch weiterzuentwickeln, diesen Übergang vom Street-Bild hin zu einer kleinen Serie, zur Reportage zu machen, das Storytelling zu üben. Ja, freue ich mich schon sehr drauf auf die zweite Ausgabe dieses Workshops mit dir, Pia.
Pia Parolin
00:46:52
Ja, da freue ich mich auch drauf, Kai, weil der erste war toll, hat mir gut gefallen und ich glaube, den Teilnehmern auch. Aber wie du sagst, wir wollten diesmal ein bisschen mehr Ruhe reinbringen, weil wir letztes Mal sehr viele Ortswechsel hatten und dann machst du am Ende nichts anderes, als immer wieder so ein bisschen zu knipsen. Und wir wollten eben mehr Tiefe reinbringen, indem wir eben mehr hierbleiben. Ich glaube, das Ideale ist, wenn sich jetzt jemand wirklich für diesen Workshop interessieren sollte, dann wäre es vielleicht nicht schlecht, ein, zwei Tage vorher anzureisen oder zwei Tage länger zu bleiben, sodass man auf jeden Fall auch noch mal nach Nizza kommt und vielleicht auch mal einen Tag nach Monaco. Warum nicht? Aber die Idee unseres Workshops ist schon wirklich, so eine Ruhe reinzubringen, dass man immer wieder losgehen kann mit seiner Idee, die Idee weiterentwickeln kann und immer wieder auf dieselben Orte aufsucht, statt ständig Ortswechsel zu haben, wo man vielleicht die Idee fortsetzt, wie jetzt mit dem Thema des Luxus und Glamour. Aber ... Es ist eigentlich immer eine Bereicherung, wenn man sich in der Fotografie so ein bisschen einschränkt. Viele Leute fragen mich auch, warum fotografierst du denn mit einer festen Brennweite? Du kannst ja gar nicht mal dein Objektiv wechseln bei deiner Kamera. Nee, kann ich nicht. Ich habe eine feste Brennweite, 28, da habe ich mich vor ein paar Jahren drauf festgelegt. Und das ist eine totale Einschränkung, die aber meine Kreativität so was von anfeuert. Ich habe davor natürlich auch mit dem Zoom gearbeitet von bis und dann zoomt man mal zu einem Fenster hoch Dann hat man wieder einen Waldwinkel auf dem Markt. Aber dann bin ich die ganze Zeit nur am überlegen und am gucken in allen Dimensionen. Und wenn ich nur diese Festbrennwalte habe, dann denke ich auch nur in dieser Dimension. Und dann ist mein Sichtfeld auch reduziert und fokussiert auf diese Dimension. Und das ist eigentlich ein großer Vorteil. Und dasselbe ist eben mit den Orten, dass wir eben jetzt nicht die gesamte Côte d'Azur nehmen, sondern sagen, okay, wir fokussieren uns auf Cannes, weil hier wirklich sehr, sehr viel zu holen ist, sehr, sehr vielschichtig und sehr offen und dann eben diesen Fokus und diese Einschränkung als Impuls nehmen, als kreatives Sprungbrett nehmen, um mehr in die Tiefe zu gehen, statt eben überall rum zu flattern und von allem so ein bisschen zu haben.
Kai Behrmann
00:49:00
Mhm. Ja, geht mir eben so. Ich fotografiere ja auch schon seit Jahren immer mit der gleichen Kamera, mit der gleichen Festbrennweite. Diese Beschränkung, die empfinde ich auch als sehr, sehr positiv. Immer in dem Wissen, was damit möglich ist und dann zu überlegen, welche Optionen stehen mir zur Verfügung. Das empfinde ich auch als sehr, sehr bereichernd und keineswegs als Einschränkung, sondern als Erweiterung der Kreativität, die da zum Ausdruck kommt. Und es gibt ja diesen Spruch, haben ist besser als brauchen oder irgendwie so. Das mag manchmal zutreffen, aber je weniger man mit sich rumschleppt und Optionen, desto zielführender ist das. Jedenfalls in meinem Empfinden häufig.
Pia Parolin
00:49:47
Ja, auf jeden Fall, da bin ich ganz bei dir. Also ich bin immer gerne mit wenig Ballast unterwegs. Leichtigkeit ist für mich ein ganz großes Gut, weil es mir sehr viel Freiheit gibt. Und Leichtigkeit heißt mit einer Fotografie für mich, ich habe die Kamera um den Hals hängen, ich habe eine kleine Tasche, wirklich eine kleine, aus der mir auch nicht so schnell was irgendwie verloren geht, sondern wirklich so eine kleine Umhängetasche, wo ich noch mein Handy habe, ein bisschen Geld, eine Kreditkarte, einen Schlüssel, fertig. Mehr brauche ich nicht. Ersatzakku, Ersatzspeicherkarte, vielleicht noch ein Aufladegerät für mein Handy. Das ist alles, was ich dabei habe und damit fühle ich mich total frei. Und dann habe ich auch nicht so physisch dieses Gewicht, was ich mit mir rumschleppen muss. Einen dicken Rucksack auf dem Rücken mit was weiß ich wie vielen Kameras und Wechselobjektiven, das ist für mich eine Last. Obwohl ich verstehen kann, dass andere Leute das vielleicht nicht als Last empfinden. Ich kenne auch Street-Fotografen, die mit zwei Kameras um den Hals rumlaufen, vielleicht ein 28er und ein 50mm oder so. Geht auch alles. Aber ich finde das einfach schön, Leichtigkeit. Leichtigkeit im physischen Sinne überträgt sich auch auf Leichtigkeit im fotografischen Sinne, dass ich mit mehr Leichtigkeit auf Menschen zugehe, dass ich mit mehr Leichtigkeit an mein Thema rangehe, ohne so eine Schwere da mit reinzubringen. Und diese Leichtigkeit übersetzt sich auch in die Fotografie. Ich glaube, meine Bilder sind meistens relativ leicht. Also schnell zu verstehen, Nicht zu verwechseln mit oberflächlich dann, aber die müssen gar nicht so eine Schwere enthalten. Und hier am Mittelmeer hat alles so eine gewisse Leichtigkeit. Es muss nicht schwer sein. Und das ist eben auch so das Schöne. Man kann hier schöne, leichte Storys finden, Eben diese Bullspieler, man kann das Leben auf den Plätzen fotografieren, wie die Menschen einfach da stehen, nachmittags miteinander reden und gestikulieren. Und das finde ich schön, das hat so eine Leichtigkeit. Gleichzeitig kann man natürlich auch sagen, ich möchte jetzt ein gewichtigeres Thema haben und das findet man eben hier auch alles. Also Probleme gibt es überall und kann, hat auch sehr viele Probleme, zum Beispiel soziale Ungerechtigkeit, das Klaffen von Arm und Reich oder in der Ökologie das Thema Wasser. Wo ist hier Wasser? Wo wäre eigentlich Wasser zu sehen, was nicht mehr da ist, weil es zu gedeckelt ist oder so? Also wenn man will, findet man hier auch wirklich problematische Themen und wenn man will, kann man sehr leichte Themen finden und ja, da ist einfach keine Grenze gesetzt.
Kai Behrmann
00:52:19
Mhm. Du hast eben sehr schön deine Bildsprache beschrieben und deine Art der Fotografie und konntest das sehr, sehr gut in Worte fassen. Genau das ist es dann hoffentlich am Ende dieses Workshops, was alle auch da mitnehmen, da ein bisschen näher ranzukommen, diese Fragen für sich selber oder mehr Klarheit für sich selber zu haben, was die Bildsprache, das eigene fotografische Thema angeht. Da wird es viel Raum geben, diese Fragen zu klären, auch mit Feedback von uns, aber auch untereinander. Ich freue mich da schon sehr auf alle Teilnehmer, weil ich glaube, wer sich für diesen Workshop entscheidet, der ist nicht in erster Linie an Technik interessiert, sondern eben genau an diesen Fragen und da entstehen auch im Austausch untereinander bestimmt ganz tolle Gespräche und Erkenntnisse, die sich aus den Gesprächen mit den anderen Teilnehmern und Teilnehmern ergeben.
Pia Parolin
00:53:14
Das finde ich fast den wichtigsten Aspekt, weil ... Und das, was wir vermitteln können, ist natürlich ein bisschen Technik, ein bisschen Ideen, ein bisschen dies, ein bisschen das, aber darauf kommt es gar nicht an. Wenn ich jetzt alleine irgendwo hinreise, zum Beispiel nach Südfrankreich, dann laufe ich da mit meiner Kamera rum und habe so meine Ideen, aber ich bewege mich immer in meinem eigenen Dunstkreis. Und wenn ich aber bei so einem Workshop bin, wo eben du und ich als Menschen mit schon viel Erfahrung sind und dann aber eben die anderen Teilnehmenden, die ja auch alles Menschen sind, die schon eine gewisse Erfahrung haben, die schon Serien gemacht haben, die neugierig sind, die eine andere Herangehensweise haben, die auch andere Sachen einfach sehen und wahrnehmen. Und das ist die eigentliche Bereicherung in so einem Workshop, weil man verbringt einfach eine sehr, sehr intensive Zeit zusammen. Das beginnt ja meistens irgendwie schon mit einem gemeinsamen Frühstück und endet mit einem Abendessen oder vielleicht irgendwas dazwischen. Auf jeden Fall, man verbringt ganz viel Zeit zusammen und man redet die ganze Zeit über Fotografie und über Themen und über Begegnungen und über Herangehensweisen und über Techniken und über wie setze ich das um oder wie kann ich das umsetzen oder ich habe so eine harte Lust, die ich nicht geknackt kriege. Wie kriege ich das hin? Und am Ende, nach diesem wirklich sehr, sehr intensiven Zusammensein, ist es eigentlich immer so, dass die Leute die springende Idee dann doch bekommen. Entweder durch die Gespräche oder weil sie eben mit sich selbst so im Austausch sind und sich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Und das finde ich eigentlich das richtig Interessante an so einem Workshop.
Kai Behrmann
00:54:42
Mhm. Genau. Und die Bildbesprechung, die soll auch ein bisschen mehr Raum einnehmen als beim vergangenen Workshop. Da haben wir zwar auch zwei Bildbesprechungen mit dabei gehabt. Das finde ich ist auch immer wichtig, dass man nicht nur Bilder macht, sondern auch über Bilder spricht, die im Rahmen des Workshops entstanden sind. Aber diesmal wollen wir dem Ganzen noch ein bisschen mehr Raum einräumen und jeweils dann am Abschluss eines Tages draufschauen, damit eben auch diese Entwicklung begleitet werden kann. Weil vielleicht habt ihr am Anfang eine Idee für ein Thema, habt dann schon die ersten Bilder gemacht, begebt euch schon mal so ein bisschen auf den Pfad, dieses Projekt umzusetzen, aber dann mit ein bisschen Feedback ist dann eben noch die Möglichkeit, da Dinge anzupassen, weil ja, fünf Tage bietet dann eben auch genügend Zeit, nochmal wieder zurückzugehen, andere Bilder zu machen. Das ist, glaube ich, auch ein Aspekt, der sehr, sehr wichtig ist und wo ich denke, diese Bildbesprechung, was wir eben schon gesagt haben, nicht nur unser Feedback, sondern auch mit den anderen Teilnehmern ist da enorm wertvoll.
Pia Parolin
00:55:53
Ganz, ganz wichtiger Punkt. Also Bildbesprechung ist für mich inzwischen einer der wirklich Schlüsselsachen in so einem Workshop, weil rausgehen, zusammen fotografieren, Dinge gemeinsam sehen und auch mal auf dem Bildschirm hinten auf der Kamera gucken, ist eine Sache. Aber nachher dann von den hunderten Bildern, die man ja jeden Tag macht… Eine kleine Zahl aussortieren müssen unter Zeitdruck. Das ist ein bisschen stressig, aber das schärft auch die Fähigkeit, so ein bisschen kritisch auf die eigenen Bilder zu schauen und sehr schnell zu erkennen, das und das kann funktionieren, ohne jetzt große Bildbearbeitung oder so, sondern einfach nur gucken. Das ist ein Bild, das mich anspricht und das zeige ich der Gruppe. Und dann eben so eine Selektion zu machen, das finde ich eine gute Übung. Und was vor allem dann wichtig ist, ist eben die Rückmeldungen zu bekommen. Ist das, was ich fotografiert habe, auch das, was die anderen sehen? Ist es vom Aufbau her so, dass ich es optimal ausgereizt habe? Oder hätte ich vielleicht durch eine leicht andere Position ein bisschen mehr in die Knie gehen oder ein bisschen mehr einen Schritt nach rechts zu gehen, hätte ich das ganze Bild stärker gemacht? Und das macht man ja nicht nur in Bezug auf meine Bilder, sondern auch auf die von den anderen. Das heißt, anhand deren Beispiele sehe ich schon mal, was die an demselben Ort gesehen haben, wo ich ja auch war, was ich gar nicht gesehen habe. Das ist meistens so total mind-blowing. Wow, was habt ihr denn da alles gesehen? Das habe ich ja überhaupt nicht wahrgenommen. Das finde ich immer cool. Aber auch, wie hat jemand eine Person oder einen Sachverhalt fotografiert, den ich ja auch fotografiert habe, nur vielleicht aus einer anderen Perspektive? Und wie wirkt das? Und deswegen ist so eine Bildbesprechung, wo wir dann bei mir zu Hause sitzen, ich habe hier alles Material, sodass wir das gemütlich machen mit Kaffee trinken und allem Möglichen in einem sehr entspannten Umfeld. Da können wir dann wirklich ganz, ganz mit viel Zeit und Ruhe die Bilder ansehen, wirken lassen, analysieren. Jeder kann konstruktiv beitragen, was er oder sie darin sieht und wie. Wir beide mit unserem vielleicht etwas professionelleren Blick können dann auch noch Hilfestellungen geben, wie man es noch ein kleines bisschen besser hätte machen können. Jedes Bild kann man wahrscheinlich irgendwie noch ein bisschen besser machen. Und ja, und das ist immer sehr wertvoll. Also bei meinen anderen Workshops kriege ich da immer die Rückmeldung, dass das so mit der wertvollste Teil des Workshops eigentlich war. Wo am Anfang die Leute gar nicht so viel Lust zu haben, weil sie wollen eigentlich lieber, was weiß ich, durch München laufen und Fotos machen. Aber wenn dann die Bildbesprechung gelaufen ist, dann sagen sie, boah, da habe ich richtig viel gelernt. Und ich glaube, das wird wirklich einen deutlich größeren Teil unseres Workshops diesmal einnehmen, als es, wie du sagst, letztes Mal war.
Kai Behrmann
00:58:28
Ja, das Bilder machen an sich oder das, was du sagst, dass das vielleicht da im ersten Moment, wenn ich drüber nachdenke als Workshop-Timing, immer auch mit dem Ziel anreise, möglichst viele gute Bilder mitzubringen von so einem Workshop. Wenn das passiert, wunderbar. Aber ich denke, die meiste Wirkung entfaltet so ein Workshop, wenn ich Techniken, wenn ich neue Ideen mit rausnehme. Dann ist es gar nicht so schlimm, dass die Bilder vielleicht noch nicht fürs Portfolio sind. Aber ich habe auf jeden Fall das Rüstzeug, um in Zukunft selber daran zu arbeiten. Weil ein Workshop dauert fünf Tage, da sind wir dabei, aber danach fotografiert ihr wieder alleine eure Projekte und müsst dann eben auch ohne uns in diesem Fall oder andere Workshopleiter auskommen. Und je mehr oder je selbstständiger ihr mit den Werkzeugen werdet, die ihr von uns hoffentlich bekommt, desto besser. Und darin sehe ich eben auch primär das Ziel dieses Workshops.
Pia Parolin
00:59:32
Auf jeden Fall. Also ich denke, es geht natürlich um Fotografie und auch Serien, die am Ende übrig bleiben, die man mit nach Hause nimmt. Aber es geht in erster Linie um die Entwicklung der fotografischen Persönlichkeit. Und das ist natürlich eine wunderbare Gelegenheit. Fünf Tage im luftleeren Raum, nur Fotografie, nur ich und meine Kamera und meine Gruppe. Da kann man wirklich große neue Schritte machen. Und manchmal sind es auch nur kleine Schritte, aber selbst diese kleinen sind sehr wertvoll. Also Zeit zu investieren, für sich selbst weiterzukommen in der Fotografie, nicht nur für jetzt ein spezifisches Projekt. Es können ja auch Projekte sein, die vielleicht schon angefangen haben. Vielleicht haben Leute schon irgendwas begonnen, was sie gerne hier fortsetzen möchten, was in der Serie passt, wo sie vielleicht an anderen Mittelmeerorten waren. Vielleicht waren es in Griechenland oder in Italien und können dann eine Serie kompletieren mit Bildern vom Mittelmeer in Frankreich. Oder eben das Thema Luxus oder das Thema was auch immer. Das ist schön, aber wie du sagst, das Wichtigere ist tatsächlich, dass ich merke, ich bin jetzt hier wirklich nochmal einen Schritt weitergekommen. Und ich denke, da ergänzen wir beide uns auch ganz gut. Wir sind in vielen Sachen ähnlich, in vielen Sachen sehr verschieden. Wir haben beide, glaube ich, einen guten Zugang, mit Menschen auf so einer Metaebene sprechen zu können, ohne verletzend zu sein, ohne zu invasiv zu sein, sondern so, dass die Leute uns auch so ein bisschen an sie ranlassen. Das ist so meine Erfahrung jetzt in diesen Jahren, in denen ich dich kenne. Du kannst das sehr, sehr gut. Und ich merke aus meinen Rückmeldungen in meinen Workshops, dass es bei mir auch auf fruchtbaren Boden fällt, wenn ich die Leute in Anführungsstrichen kritisiere, weil ich kritisiere ja nicht, um irgendwas klein oder schlecht zu machen, sondern damit die Leute daran wachsen können. Und ich denke, da haben wir über die Jahre eine ganz gute Sprache auch entwickelt, wie wir den Teilnehmenden das mitteilen können, dass sie das als Motivation empfinden, was wir sagen und nicht irgendwie als, oh Gott, ich kann ja gar nichts mehr und es war ja alles nur schlimm. Ich kenne solche Leute, ich kenne solche Workshops, habe ich auch schon selber gemacht und finde es einfach nur schlimm, wenn du dann von diesen großen Alphatieren, zu denen du sowieso schon aufblickst, dann auch noch immer so ungewollt klein gemacht wirst, weil du denkst, oh Gott, oh Gott, dieses Niveau werde ich ja niemals erreichen. Und ich glaube, das wird eine ganz schöne Sache in diesem Workshop. Das war gemeinsam, konstruktiv und sehr entspannt und sehr einfach positiv. Menschen helfen, sich weiterzuentwickeln.
Kai Behrmann
01:02:03
Ja, das schätze ich auch an dir, Pia, jetzt in der ganzen Zusammenarbeit, die Workshops, die wir zusammen gemacht haben und auch der Austausch, dass wir da auf einer Wellenlänge sind, was das Thema Feedback angeht. Ihr bekommt von uns sicherlich unterschiedliches Feedback, weil wir auch nicht gleich fotografieren, aber das ist eben auch Sinn und Zweck der ganzen Übung. Wir wollen euch nicht zu den Fotografen machen, die wir sind, also euch unseren Stil vermittelt, damit ihr dann so fotografiert, wie wir das tun, sondern wir wollen euch dabei helfen, eure eigene fotografische Persönlichkeit zu entwickeln. Und da finde ich, ist dann immer wichtig beim Feedback, dass das Feedback so ist, dass wir euch da abholen, wo ihr aktuell steht mit eurer Fotografie, weil es bringt nichts, ein Level oder ein Standard anzulegen, wo ihr noch gar nicht seid, wo ihr euch strecken müsst, aber nicht auf diese Stufe kommt und dann irgendwo enttäuscht die Kamera in die Ecke feuert, sondern es muss immer so sein, dass die nächsten Schritte auch erreichbar sind, sodass es zwar eine gewisse Anstrengung erfordert. Anstrengungen wachsen wir, aber sie muss eben auch erreichbar sein. Und dieses Maß zu finden, das habe ich in unseren Bildbesprechungen immer so erlebt bisher, dass wir das da ganz gut hinkriegen, eben genau diese Ansprache zu haben und dieses Wissen oder diesen Blick, wo steht der Einzelne aktuell gerade?
Pia Parolin
01:03:28
Ja, ganz gewiss. Und was ich auch glaube, dadurch, dass wir ja eine relativ kleine Gruppe sein werden, gewollt, ist es halt auch möglich, auf die persönlichen Fragen und Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmenden einzugehen, was ich immer ganz wichtig finde. Weil natürlich haben wir ein Konzept, wir haben auch einen Tagesablauf, wir haben Ideen, wie... Wie wir den Workshop gestalten, welche Inhalte wir vermitteln wollen. Aber wir haben vor allem auch die Offenheit, uns ganz individuell und spontan auf persönliche Bedürfnisse einzustellen. Und das wird auch immer sehr geschätzt. Das ist einfach toll, weil jeder Mensch hat irgendwelche Sachen, an denen er oder sie hängen bleibt. Und dann bieten wir eben den Raum, dass das erstmal thematisiert wird. Das ist ja auch nicht immer leicht. Manche Leute haben irgendwelche Sachen, an denen sie hängen bleiben, wo sie es selber noch nicht erkannt haben. Woran hänge ich eigentlich? oder sie wollen es nicht so richtig sagen. Und das so ein bisschen aufzuschlüsseln, dass man einfach so Hemmschwellen fallen lassen kann und sich freier bewegt mit der Kamera, freier auf Menschen zugehen kann, freier irgendwelche eigenen Themen auch erkennt und eben lernt, umzusetzen, fotografisch umzusetzen und dann eben ganz individuell maßgeschneidert, ohne dass sich dann auch die einzelnen Teilnehmenden im Weg stehen. Das ist halt auch immer so eine Gratwanderung. Aber ich habe gemerkt, gerade in den Workshops, die du gibst, Kai, das ist schon so eine Auswahl von Menschen, die sehr empathisch sind und sich selbst zurücknehmen, wo selten sich jemand im Vordergrund spielt und das finde ich immer ganz angenehm. Also es sind immer sehr schöne Workshops, manchmal sind halt auch Menschen, die sehr dominant sind oder sowas und das ist dann ein bisschen schwieriger, aber ich denke, das wird sehr angenehm, einfach auch von den Menschen, die sich da anmelden.
Kai Behrmann
01:05:13
Ja, ich freue mich schon sehr. Ich hoffe, wir erreichen die Mindestteilnehmerzahl für diesen Workshop. Noch gibt es ein paar Plätze. Das Ganze findet vom 15. bis zum 19. April 2026 statt. Also ist noch ein bisschen hin. Aber je früher wir da Planungssicherheit haben, desto besser sowohl für uns als auch für alle, die teilnehmen wollen, weil dann die konkreten Planungen losgehen können, die Flugbuchungen, die Buchung der Unterkunft. Je früher wir da wissen, wo die Reise hingeht, desto besser. Also wenn dich das interessiert, dann schreib uns gerne oder besuche die Webseite. Wir haben da noch alle Informationen nochmal zusammengefasst. Die findest du in den Shownotes bzw. den Link zu den Shownotes oder einfach direkt auf die Webseite www.abenteuer-reportagefotografie.de und dann im Menü unter Workshops.
Pia Parolin
01:06:12
Ja, vielleicht noch zwei Worte zur konkreten Planung, falls ich jemandem das jetzt ein bisschen konkreter vorstellen möchte. Also für die Anreise ist es sehr einfach, mit dem TGV nach Cannes zu kommen. Es gibt eine durchgehende Linie von Straßburg zum Beispiel, von Paris, von anderen Städten. Sonst gibt es natürlich den Flughafen in Nizza, auch sehr leicht zu erreichen. Der zweitgrößte Flughafen in Frankreich, wo man leicht hinkommen kann und auch kein Mietauto braucht oder teures Taxi, sondern da ist inzwischen der Zug so gelegt, dass der Wiener S-Bahn die ganze Côte d'Azur lang fährt hin und her. Da kann man also einfach nach Nizza fliegen und dann in den nächsten Zug nach Cannes hüpfen, der alle 20 Minuten, 15 bis 20 Minuten fährt. Das ist also sehr easy von der Anreise her. Oder vielleicht will auch jemand mit dem Auto anreisen. Das ist dann natürlich immer so eine Sache dann mit Parken in der Stadt, weil wir sind schon mitten in der Stadt. Also wer dann sich für Hotels oder Airbnb interessiert, das sollte schon möglichst einfach zentral in Cannes sein. Das ist... In der Zeit, wo wir hier sind, bezahlbar und dann irgendwas in Fußnähe vom Bahnhof oder von der Croisette. Das ist alles recht einfach. Hier gibt es sehr, sehr viele Möglichkeiten, Preiskategorien von bis. Also ich denke, das ist relativ easy zu machen. Und ansonsten bewegen wir uns zu Fuß. Also gutes Schuhwerk brauchen wir, Ein bisschen Kameraausrüstung. Wir können auch so ein paar Sachen ausleihen. Ich habe ein paar Sachen hier, die ich zur Verfügung stellen kann. Ja, man braucht gar nicht viel. Wir gehen das mit Leichtigkeit an und das ist eben auch das Schöne daran.
Kai Behrmann
01:07:42
Mit leichtem Gepäck, genau. Super, Pia, vielen, vielen Dank und ja, ich hoffe, dass wir uns dann im April in Cannes spätestens dann persönlich wiedersehen.
Pia Parolin
01:07:57
Ja, ich freue mich drauf.
Kai Behrmann
01:07:59
Bis dann, mach's gut. Tschüss.
Pia Parolin
01:08:01
Tschüss.