art talk - Cone The Weird
23.05.2025 37 min Verena Feldbausch
Zusammenfassung & Show Notes
Cone The Weird gehört zu den herausragenden Figuren der zeitgenössischen urbanen Kunstszene in Deutschland. Geboren 1979 in München, entwickelte Cone The Weird, a.k.a. Colin Kaesekamp, schon früh ein Interesse an Graffiti, Comics und der bildenden Kunst. Aus dieser Schnittstelle zwischen Straße und Atelier erwuchs sein ganz eigener, unverkennbarer Stil: surreal, ironisch, technisch präzise – und stets mit einer Prise Abgründigkeit versehen. Cone The Weird zeigt in seiner ersten Einzelausstellung seit 2017 mit dem Titel SAMPLES Arbeiten auf Papier, Leinwand und eine Wandmalerei. Die Ausstellung ist bis 29. Juni im Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis zu sehen.
Cone The Weird: https://www.conetheweird.de/ und https://www.instagram.com/conetheweird/?hl=en
Wir haben u.a. über diese Zeichner von Grafic Novels gesprochen:
Robert Crumb https://www.instagram.com/officialrcrumb/?hl=en und
brecht evens (Belgien) https://www.instagram.com/brecht_evens_/?hl=en
Auswahl an Graffiti-Künstlern, die Cone The Werid inspiriert haben:
Loomit https://www.instagram.com/loomit_official/?hl=en
Monto alias Mr. Woodland https://www.instagram.com/misterwoodland/?hl=en
Os Gemeos https://de.wikipedia.org/wiki/Os_G%C3%AAmeos
One und Cowboy https://www.instagram.com/cowboygraffitico/
Noch mehr Podcasts von art talk SaarLorLux und Filme von art trailer feldbausch gibt es hier:
https://feldbausch.com/
https://feldbausch.com/blog/
Cone The Weird: https://www.conetheweird.de/ und https://www.instagram.com/conetheweird/?hl=en
Wir haben u.a. über diese Zeichner von Grafic Novels gesprochen:
Robert Crumb https://www.instagram.com/officialrcrumb/?hl=en und
brecht evens (Belgien) https://www.instagram.com/brecht_evens_/?hl=en
Auswahl an Graffiti-Künstlern, die Cone The Werid inspiriert haben:
Loomit https://www.instagram.com/loomit_official/?hl=en
Monto alias Mr. Woodland https://www.instagram.com/misterwoodland/?hl=en
Os Gemeos https://de.wikipedia.org/wiki/Os_G%C3%AAmeos
One und Cowboy https://www.instagram.com/cowboygraffitico/
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Transkript
Wir reden über Kunst bei art talk, dem Kunstpodcast aus SaarLorLux.
Wir treffen Kurator*innen und Künstler*innen dort, wo sie gerade ausstellen.
Mit uns entdeckt ihr zeitgenössische Kunst und außergewöhnliche Kunsträume in unserer Region.
Werdet Teil von Galeriegesprächen, Ausstellungseröffnungen und Finissagen.
art talk hört ihr überall dort, wo es Podcasts gibt.
Verena Feldbausch: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von art talk.
Wir sind heute in Saarlouis und zwar im Institut für Aktuelle Kunst
und wir freuen uns auf die Ausstellung von Cone The Weird.
Die Ausstellung trägt den Titel Samples.
Was es genau bedeutet, das werden wir gleich erfahren.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Zuhören.
Eure Verena Feldbausch.
Ich freue mich sehr, Colin Kaesekamp zu begrüßen.
Hallo Colin.
Colin Kaesekamp: Hallo.
Verena Feldbausch: Dein Künstlername ist "Cone the Weird".
Wie kam es dazu?
Colin Kaesekamp: "Cone" ist eigentlich mein Sprühername, den ich seit... also ich habe mit 13 zum Sprühen
angefangen, war 93, also schon eine Weile her.
Und ja, wie es dann so ist, man verändert sich, man denkt vielleicht immer wieder über
Namenwechsel nach, aber das ist dann nicht passiert.
"The Weird" ist der Name von einem Künstlerkollektiv, wo ich einer von zehn Mitgliedern bin.
Und irgendwann habe ich das so zusammengeschmolzen als einen Künstlernamen, weil Korn auch relativ
generisch ist.
Hat auch ein bisschen damit zu tun, wenn man gesucht wird oder auch Cone und Graffiti eingibt,
also es gibt sicher einige Korns auf der Welt in dem Graffiti-Bereich.
Oder man hat eben, ja, bei der Bildersuche, ganz doof, haufenweise Eiscreme abgebildet
oder Joints, das ist auch gerne mal, genau.
Und "Cone the Weird" ist sehr unmissverständlich und man weiß, worum es geht oder um wen es
sich handelt.
Verena Feldbausch: Ja, sehr schön.
Deine Ausstellung heißt "Samples".
Das bedeutet "Muster, Proben, Beispiele".
So würde ich das übersetzen oder wie würdest du das übersetzen?
Colin Kaesekamp: Ich bin ein sehr musikaffiner Mensch, auch schon immer gewesen und deswegen ist "Samples"
für mich eigentlich eher - also die Übersetzung ist korrekt.
Ich beziehe mich da aber eher auf die Samples aus der Musik.
Also gerade in der Hip-Hop-Kultur spielt ja eine große Rolle, die ihr im Prinzip auf
auf Samples aufbaut. Das heißt eben auch, das Sampling, sprich Versatzstücke von existierenden
Musikstücken werden genommen, nochmal verändert oder in veränderter Weise eingesetzt, um
Neues zu kreieren. Und dieses Prinzip ist was, das ich hier auch eigentlich in meinen
Arbeiten oft anwende. Daher kam tatsächlich Andreas Bayer vom Institut mit dem Namen für
die Ausstellung. Eigentlich sehr einleuchtend, aber kurz, knackig, hat gepasst.
Verena Feldbausch: Schön. Die Ausstellung hier im Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis ist deine erste
Einzelausstellung seit 2017.
Wir sehen Zeichnungen auf Papier, auf Leinwand und
auch diese Wandmalerei. Worum geht es dir? Also sollen wir vielleicht erstmal zur Wandmalerei gehen?
Colin Kaesekamp: Ja, die Wandmalerei, die ist quasi eine Sammlung an Samples, wenn man so möchte,
also Elemente, die immer wieder in meinen Bildern auftauchen. Wer meine Arbeiten verfolgt, weiß,
dass ich eben aus der Graffiti-Kultur komme, trotzdem aber auch in anderen Designdisziplinen
tätig war und auch im illustrativen Bereich. Hier eben auf dieser Wandmalerei sind eben
verschiedene Elemente, die sich auf diversen Bildern hier im Raum finden, die auch über
diverse Jahre entstanden sind. Und die Ausstellung hier kam ja eigentlich über die Anfrage des
Instituts, mich mit meiner Arbeit im Archiv hier aufzunehmen. Das ist natürlich auch ehrt und ich
stark finde und mich sehr darüber gefreut habe, weil das eben auch für Künstler mit
meinem Hintergrund hier ungewöhnlich ist, in Adressen und Häusern wie hier eben vertreten
zu sein. Und dann kam dazu eben noch die Anfrage mit der Ausstellung. Und dann dachte ich eben,
die Wand wird mit Sicherheit eben, weil sie auch hier im Eingang ist, ein Blickfang sein,
nicht zuletzt eben von Positionierung und dem Format selbst. Dann wäre es eigentlich auch nur
logisch, eben so eine Auswahl dieser Samples auch hier als Bildmotiv zu verwenden. Und das
auch in der Zeichnungstechnik, sprich bedeutet für mich eigentlich immer farbig reduziert,
in dem Fall eben ähnlich wie bei einer Zeichnung, einfach ein Zeichenmedium, eine Farbe und dann
statt dem Träger Papier oder Leinwand hier die Wand selbst.
Verena Feldbausch: Hier noch ein kurzer Hinweis,
alle Arbeiten, über die wir hier sprechen, findet ihr als Abbildung in meinem Blog art talk Salon
Und nun weiter mit dem Podcast. Gut, dann kommen wir jetzt erstmal zu den frühen Sachen oder den
Sachen, die ich kenne. Also dein visuelles Universum ist ja geprägt auch durch die
Figur. Ich denke jetzt an 2017, an die Arbeit in dem Urban Art Parcours in Saarbrücken,
in der Futterstraße, da in der Nähe von dem Kino Camera Zwo. Und da gibt es,
also außer den zwei Figuren, viele Linien, Schraffuren, sehr viele Details. Und typisch
für deine Arbeit in dieser Zeit ist ja der Verzicht auf Farbe. Ich denke, es ist so schwarz
auf grau, dunkelgrau. Und ich glaube, es sind noch so ein bisschen silberne Streifen...
Colin Kaesekamp: Weiße.
Also weißen Streifen. Also ähnlich
Verena Feldbausch: Also ähnlich wie bei diesen beiden Leinwänden hier. Sind die auch
aus dieser Zeit?
Colin Kaesekamp: Die sind auch aus der Zeit, ja. Also ich glaube, eine ist ein Jahr später entstanden
Verena Feldbausch: Und was
fasziniert dich eigentlich an diesem Figürlichen?
Colin Kaesekamp: Also ich glaube,
das Figürliche kommt einfach generell auch aus, ja, über eine Zeit vorm Graffiti, weil ich einfach
als Kind schon Zugang einfach zu Büchern, Bildbänden, aber auch genauso Comics hatte.
Also das heißt - plus Schallplattensammlungen-, also da gab es eben auch dieses Visuelle,
eben selber gerne Comics geguckt, weil ich eben noch nicht lesen konnte. Oder in diesen Bildbändern
von meinem Vater zum Beispiel, der hatte dann viele Bücher über Hochkulturen. Ob es jetzt
aus dem Mittelalter war oder die alten Ägypter, ob es jetzt über Kleidung oder, weiß nicht,
vielleicht auch Architektur oder generell kulturelle Bildwelten. Oder, kann mich auch noch erinnern,
das war so von meinem Großvater, glaube ich, ein Überbleibsel aus der Nachkriegszeit,
da gab es in Butterpackungen illustrierte Kärtchen, kleine, die dann auch oft biblische Motive hatten,
aber auch mitunter sehr verstörende, eine Hexenverbrennung zum Beispiel.
Und als Kind ist das sehr speziell auf jeden Fall.
Und als ich mit dem Graffiti angefangen habe, war es so,
dass mich einerseits schon die Schriftzüge auch interessiert hatten,
allerdings eben auch das Figürliche. Also ich wollte unbedingt beides können.
Und da gab es eben auch ein paar Künstler, die beides gut beherrscht haben.
Und dann mit der Zeit ist es so, dass ich dann auch mit dem,
wie soll man sagen, was ich gesprüht habe, immer das mehr hinterfragt habe,
weil ich eben nicht der klassische Graffiti-Bomber war, also illegal rausgegangen ist, auf Quantität
gezielt hat, um den Namen einfach groß wohin zu schreiben, sondern einfach,
ja, vielleicht komplexere Bildmotive machen wollte
oder eben die Figur für mich auch stärker im Vordergrund stand,
weil das nichts ist, was für nur einen eingeschworenen Kreis dechiffrierbar ist,
sondern wirklich alle Menschen gleichermaßen ansprechen kann. Ob jetzt Kinder, Rentner,
alles dazwischen, ob eben, ja mittlerweile schon Berührungen da waren mit Graffiti und
Graffiti-Kultur oder eben nicht. Das Figürliche ist einfach klarer lesbar. Und das mit dem
körperlichen oder dann eben auch dieser Reihe an Selbstportraits, die passiert sind, kam
dann eigentlich auch wieder, sag ich mal so, als gerade so in den Anfang 2000ern so Street-Art
auch ein Begriff wurde, also neben der Graffiti-Kultur, wo auch figürliche Motive stärker einen Platz
gefunden haben, dass sehr oft so ein Signature-Character oder eine Signature-Grafik verwendet worden.
Ähnlich eigentlich wie bei Tags im Graffiti oder dem Namen, der immer wiederholt wird,
eben auch ein Motiv oder Abwandlungen des Motivs, das immer wieder auftaucht und eben
auch da wieder Kraft der Serie dazu verhilft, dass Leute darauf aufmerksam werden und sich
das vielleicht sogar merken.
Verena Feldbausch: Was mir noch auffällt, ist dieser Stempel.
Das kenne ich von japanischen Künstlern, dass die auch so mit Stempeln arbeiten.
Colin Kaesekamp: Das hat tatsächlich auch damit zu tun.
Ich habe tatsächlich auch Stempel geschenkt bekommen, auch von Künstlern aus Hongkong beispielsweise.
Ich traue mich aber nicht so ganz, auch wenn die quasi meine Namen in chinesischen Schriftzeichen
mir quasi als Stempel geschenkt haben.
Ich muss gestehen, ich trau mich nicht ganz, weil ich halt selbst nicht aus dem Kulturkreis
komme, das dann so selbstverständlich einzusetzen.
Und ich glaube eben auch, das war dann so ein, ja, rum probieren einfach, wie oder in
welcher Form man die Unterschrift bringt.
Und ich muss gestehen, bis heute habe ich da nicht eine einhandliche Serie.
Ab und zu
sind es Graffiti-Tags, die ich nach wie vor noch mache, oder ich schreibe den
Namen in Druckbuchstaben aus, oder mache das so stempelartig, wie hier auf der Leinwand
arbeiten.
Hast du hier auch unterzeichnet auf der Wand?
Nee, da habe ich es nicht erwähnt.
Ab und zu unterschreibe ich auch gar nicht.
Ich hoffe, dass die Arbeit an sich markant genug ist, um auch eindeutig zugewiesen werden
zu können.
Verena Feldbausch: Auf jeden Fall.
Du hast eine sehr außergewöhnliche und eigenständige Bildsprache entwickelt, die man gut wiedererkennt.
Sie erinnert an Comics und fantastische Illustrationen.
Ich denke auch an das Mad-Heft, ehrlich gesagt, wenn ich manches hier sehe.
Du verbindest eben die Elemente von Graphic Novel und Graffiti in deiner Arbeit.
Welche Graphic Novel begeistert dich heutzutage?
Colin Kaesekamp: Boah, da gibt es so viele.
Also das Ding ist halt auch, ich finde diese Kategorisierung generell ein bisschen albern.
Also es hat immer so diese Wertung so zwischen Graphic Novel ist eben kulturell wertvoll,
inhaltlich ernster zu nehmen als jetzt der ordinäre Comic, den man am Bahnhof bekommen kann.
Also beides hat tonnenweise Beispiele von wirklich grandioser Arbeit oder auch ziemlichem Schund.
In der Kunst generell ist das der Fall und ich bewege mich ja auch in einem Feld...
Also ja, also ich bin mir nicht zu schade, Graffiti dazuzuschreiben, bin auch in einem
Graffiti-Umfeld oft tätig.
Genauso ab und zu schreibe ich dann Urban Art dahinter oder bin eben in einem Urban Art
Kontext zu sehen oder wie jetzt hier vielleicht fast generell im Kunstkontext, auf deine Frage
zurückzukommen. Ich mag ebenso dieses Spektrum, du hast dieses Mad-Heft erwähnt, das haben
tatsächlich als, ja, Kind und Jugendlicher gelesen und auch eine Weile gesammelt. Also,
das hat bestimmt Spuren hinterlassen. Mein Vater hatte Comics ebenso aus der Underground-Bewegung
aus den USA, also Robert Crumb ist
Speaker 4: ja ein sehr berühmter
Vertreter. Die Heavy-Metal-Comics,
die kam ein bisschen später dazu. Ich glaube auch viel sind gar nicht die Comics selber,
sondern eher so Comicartiges, was auch in der Video-Spielkultur beispielsweise zu sehen ist.
Und es wurden natürlich auch im Graffiti immer wieder Comicfiguren entweder selbst
kreiert oder eben zitiert. Wie einem jetzt spontan einfällt, so einer der Künstler,
die so in den Graphic Novel Bereich zugewiesen sind, ist aus Belgien, Brecht Evans. Das ist
Ein Künstler, der hat es mir sehr angetan, den habe ich eine Weile intensiv verfolgt.
Aber ich kenne auch Klassiker wie "Ghost World" oder "Mouse"
natürlich auch.
Wir schreiben dann die Links in die Shownotes. Dann kann man sich das auch mal anschauen.
Gerne.
Du hast es schon gesagt, du hast mit 13 mit Sprayen angefangen.
Verena Feldbausch: Das ist schon ganz schön früh.
Colin Kaesekamp: Das stimmt.
Verena Feldbausch: Bist du oft erwischt worden?
Colin Kaesekamp: Tatsächlich beim Sprühen selber gar nicht.
Bei anderem Unfug schon eher.
Aber ich muss auch gestehen, ich habe auch illegal gemalt, aber es hielt sich in Grenzen.
Weil mir auch sehr früh zum einen bewusst geworden ist, dass ja, also ich bin nur mit
meiner Mutter aufgewachsen, dass die quasi für meinen Schmarrn haftet.
Und zum anderen muss ich auch gestehen, dass ich, auch wenn die Aktionen erfolgreich waren,
oft von meinen Motiven weniger begeistert war.
Und es hat dann so diese Euphorie, dass man eben was geschafft hat, wieder so einen Dämpfer gegeben.
Und ich habe mich einfach orientiert an Vorbildern, die alle qualitativ wirklich starke Arbeiten
gemacht haben, aber eben auch oder vornehmlich in einem legalen Kontext.
Ich wusste einfach auch, ich gehöre einfach nicht zu denen, die richtig schnell in der Arbeit sind
und auch vielleicht eben zu komplex dann denken und arbeiten.
Und irgendwann muss man sich ja dann auch eingestehen.
Also wem muss man was beweisen, wenn nicht sich selbst.
Und welche Graffiti-Künstler sind deine Vorbilder oder welche bewunderst du an Graffiti-Künstlern?
Also, da ich ja aus München komme und München wirklich sehr früh
eine Riesenpalette an internationalen Künstlern hatte.
Also da kann man schon allen voran auch Loomit nennen.
Das ist ein Sprüher der ersten Generation aus Europa,
der eben auch in München gelebt und gewirkt hat
und der sehr, sehr früh halt auch das Netzwerken stark praktiziert hat.
Das hat dann dazu geführt, dass auch vor Zeiten des Internets
und entsprechend dann eben so, ja, Kommunikationskanäle,
er wirklich Leute nicht nur besucht hat,
sondern die auch eingeladen hat nach München.
Es gab den alten Flughafen München-Riehm, der auch eine der ersten Adressen war, wo
wirklich große Murals zu sehen waren, also auch wirklich schon Anfang der 90er Jahre
und dann eben dadurch auch Maler wie Monto in London bzw. in Paris lebend, oder
ich glaube mittlerweile in Berlin sogar.
Auf jeden Fall auch so ein anderer Europäer der ersten Generation, der auch ein schönes
Beispiel dafür ist, für jemanden, der sehr gut im Style-Writing war, sehr gut im Character-Painting
war und vor allem aber auch den ich nicht zuletzt über Plattencover wieder kennengelernt hatte.
Er hat dann eben auch oft für Hip-Hop-Jams, also Konzertveranstaltungen, wo dann eben auch nicht
nur die Musik, sondern eben auch der Breakdance, der Tanz oder das DJing oder eben auch Graffiti
als visuelle Kunstform vertreten war in Form von
Bildern, die tagsüber gemalt wurden, die dann
vielleicht als Bühnendekorationen gedient haben. Und aber eben auch sehr erfolgreiches Brüderpaar
aus Brasilien, Os Gemeos, die ja auch wirklich so zu den erfolgreichsten Künstlern eben aus dem
Graffiti-Kontext eben so stammen. Die waren zum Beispiel auch schon sehr früh da vertreten. Und ja
One und Cowboy, das war so ein Duo. One war eben auch ein sehr überdurchschnittlich guter
Künstler, der auch von der Akademie sehr früh schon großes Lob und Aufmerksamkeit bekommen
hat, der bis heute in allen Sprühern zumindest ein Begriff sein dürfte.
Also man war schon wirklich reich an, ja, von, wie soll man sagen, so lokalen, aber eben auch so
überregionalen deutschen oder internationalen Künstlern gut an Input versorgt. Deswegen war
das schon eine tolle Zeit auch in München bei uns.
Wir gehen vielleicht gerade mal zu den Plattencovern.
Ja, also es ist auch, würde ich sagen, ein spezielles Stück der Ausstellung,
die vielleicht auch thematisch, also für mich sehr wichtig war, hier zu zeigen. Bisschen aus
dem Rahmen fällt, weil es so gesehen die einzige mehrfarbige Arbeit ist, die hier zu sehen ist,
die aber eben gerade für mich so eine Schlüsselszene in meinen Arbeiten spielt,
weil die eigentlich, fast so wie das Sonnentor, das man auf der Rückseite sieht, eben auch so ein
Scheidepunkt war von den Arbeiten bis dahin, eben diese Schwarz-Weiß-Arbeiten oder die grauen
Serien, wo dann eben auch diese eine Figur zentral immer eine Rolle gespielt hat und dann hin zu
stärker zerteilten, in Sequenzen gezeigten Teilmotiven, die dann fast collagenartig
eigentlich immer wieder verwendet werden. Hier war es auch so, das ist Nummer drei
aus einer Trilogie an Alben von einem Musiker, der instrumentalen Hip-Hop macht.
Für den hatte ich schon Teil zwei als Albumcover gestaltet und für ihn war klar,
okay Teil drei ist der Abschluss dieser Trilogie, die schon eben auch gut für
Aufsehen in seinem künstlerischen Schaffen gesorgt hat und er wollte einfach, dass das
auch wirklich mit einem Paukenschlag aufhört. Für mich war das dann einfach auch Herausforderung,
das Ganze visuell zu zeigen. Dann hat er mir ein Bild gezeigt von einem Voodoo-Priester quasi,
der eben auch bei einem Ritualtanz zu sehen ist. Und der hat es ihm irgendwie angetan und hat
gefragt, ob wir eben darauf das Bild aufbauen können. Und ich habe versucht, auch eben so seine
Musik, die sich auch noch den Samples bedient hat, aber eben für ihn auch so ein Abschluss
dieser Sample-Zeit war, sondern mehr zu Eigenkompositionen hin, eben auch einem eigenen Label, das eben
auch als Wave Planet eben dieses Planetare, dieses Kosmische, vielleicht eben auch dieses
Sphärische, was Synthesizer-Sounds, die Einzug gefunden haben in seiner Arbeit,
dass das auch visualisiert wird. Deswegen sieht man auf der Vorderseite eigentlich diese
Szene von einem Priester, könnte man sagen, oder Medizinmann.
Ich wollte das jetzt auch nicht eindeutig einem Kulturkreis zuweisen, ähnlich wie
auch sein Sampling oder Sampling Historien im Hip Hop oft funktioniert.
Also es gibt immer so auch dort Epochen.
Anfangs waren es mehr Soul, Funk, Jazz aus den USA.
Später gab es dann eine Welle, wo sehr viel aus Brasilien gesampelt wurde oder
südamerikanische Musik generell.
Afrobeat hat dann eben auch so seine Zeit gefunden.
Und deswegen ist es eigentlich ähnlich wie bei Mad Max, dass man Versatzstücke,
Details von Elementen aus verschiedenen Kulturkreisen sieht.
Also man sieht hier was, was eigentlich eher eine Bomberjacke sein könnte oder ein Flanell-T-Shirt,
Caps, wie ich heute eins trage. Aber genauso sieht man alte Trommeln oder eben diese Bauzäune
oder diese Masken, die dann tatsächlich eher auf einen südamerikanischen Kulturkreis weisen
Ähnlich wie hier diese baumwollähnlichen Pflanzen oder Rauchwerke, die vielleicht eher
auf einen asiatischen Kulturkreis hindeuten können.
Und die Rückseite, da ging es mir eigentlich nur darum, dass man eben, wenn man schon so
dieses Kosmische und Spirituelle und eben auch so dieses Rituelle aufmacht, da gibt
es ja meistens einen Hintergrund dazu.
Und da hatte ich dann ein bisschen damit gespielt, da auch wieder diese Erfahrung aus der Vergangenheit,
wenn man sich lange mit einem Album auseinandersetzt, viel Zeit hat, es kennt beispielsweise auch
über die Albumlänge von einer Stunde vielleicht immer wieder guckt,
immer wieder hört, immer wieder sieht, auch Details erkennt.
Das ist quasi auch hier mit kosmischer Geometrie, mit Daten,
die eben beispielsweise Konstellationen, Magnetfelder von Planeten,
aber auch genauso Schlüssel sind oder alte Instrumente aus verschiedenen Epochen,
aus verschiedenen Kulturkreisen, die hauptsächlich Europa, die dazu genutzt wurden,
um beispielsweise den Stand oder die Umlaufbahnen von Mond, von Planeten generell im Sonnensystem
nachzuweisen oder eben auch speziell rituelle Orte hat, wie eben hier dieses peruanische
Sonnentor, wo es dann zweimal im Jahr, wenn man durch dieses Tor sieht, wenn man eine
Linie ziehen würde, ins Universum und dann an einem speziellen Planeten herauskommt,
was meistens mit der Sommer oder Wintersonnenwende zu tun hat.
Und derlei Dinge
waren für mich einfach noch als Rückseite oder als Hintergrund zu diesem
Medizinmann, zu diesem Priester, um dem Ganzen quasi auch noch mehr Raum zu geben, um selber
zu träumen und Welten zu entdecken.
Verena Feldbausch: Sehr schön, vielen Dank.
Colin Kaesekamp: Sehr gute
Verena Feldbausch: Erklärung.
Architektur, genauer gesagt Treppen, kommen ja auch immer wieder in deinen Arbeiten vor.
Ich habe da mal an MC Escher gedacht, diese Labyrinth der Treppen und auch der Karte von
Ausstellung ist ja auch so eine Leiter drauf mit zwei zerbrochenen Stufen und innen geht so eine
Treppe irgendwie ins Nichts. Man weiß nicht genau, wohin sie führt. Man kann diese Drucke erwerben,
dieser Treppe, hier im Institut, für den Wahnsinnspreis von 120 Euro. Das ist nochmal
der kleine Werbeblock. Woher kommt diese Faszination mit den Treppen?
Colin Kaesekamp: Ich habe
in meinen Bildern, wie soll man sagen, so eben diese Samples, die jetzt hier im Kontext der
Ausstellung genannt, ich habe generell Elemente, Symbole, mit denen ich immer wieder arbeite.
Die Treppe ist eine davon. Was, glaube ich, alle oder viele dieser Symbole, die ich benutze,
so gemeinsam haben, ist, dass die eine gewisse Dualität mit sich bringen, also quasi auch
die Lesart oder Lesweise, Interpretationsweise eben auch der Schlüssel sind. Denn erst mal
sind die eine neutrale Sache, jetzt hier eigentlich was vom Mensch erschaffenes, von Mensch genutztes.
Trotzdem ist es ja was Unorganisches.
Also da gibt es schon so eine Dualität oder starken Kontrast.
Zeitgleich mag ich eben auch, dass es nicht eindeutig ist, eben was dazu führt, eben wo hoch
oder eben wo runter zu gehen.
Und beispielsweise auch über eine Meditationstechnik kenne ich das so, dass man sich quasi auch
selbst aussuchen kann, ob ich quasi die Treppe hoch oder die Treppe runter letztendlich auf
eine andere Ebene mich bewege.
Und im Zuge dessen ist das einfach für mich so, wie soll man sagen, so wie ein Bauelement,
das ich eigentlich immer wieder verwende, mit dem ich vielleicht verschiedene Sachen
ausdrücke, wo letztendlich es gar nicht um diesen Gegenstand Treppe selbst geht, sondern
eigentlich eher in welchem Kontext der genutzt wird.
Für das Motiv jetzt, was ja auch hier so ein tragendes Motiv ist für die Ausstellung,
ist es ja so, dass es eben dieses Buch gibt.
In diesem Buch, wenn sich's öffnet, kann man Welten entdecken.
Man braucht einen Einstieg dazu, die Leiter lehnt dran, die ersten Sprossen, die du gesagt
hast, die sind auch schon zerbrochen.
Das heißt so ganz einfach ist der Einstieg doppelt nicht, weil man jetzt eben nicht nur
die Leiter nutzen muss, um eigentlich zur Treppe zu kommen, um eigentlich in das Buch
eben einzutauchen und dann eben diese Welt oder das Wissen zu entdecken oder was auch
immer man dort findet.
Man weiß nicht, ist es ein Abtauchen, ist es eben was, was positiv, was negativ ist.
Und ich habe den Eindruck, dass es, oder was ich damit sagen wollte, dass diese ersten
Schritte, die sind generell oft was Schwieriges im Leben, die oft eine Hürde darstellen.
Wenn man die letztendlich geschafft haben, dann heißt das auch nicht, dass es immer
zu was Gutem führt.
Aber letztendlich hat es das Potenzial, uns einfach an einen anderen Punkt zu bringen
und vielleicht sogar einen, an dem wir wachsen können.
Verena Feldbausch: Ja, sehr schön.
Da wird der Verkauf jetzt in die Höhe schnell.
Colin Kaesekamp: Hab ich nichts dagegen.
Verena Feldbausch: In den neueren Arbeiten seit 2020 ist Farbe eingezogen in deine Bildwelten.
Wie kam es jetzt dazu?
Colin Kaesekamp: Vielleicht sage ich kurz, wie es überhaupt dazu kam, dass ich so viel Fokus auf Schwarz-Weiß hatte.
Ich hatte nämlich auch so in den 2000ern, würde man sagen so ungefähr Mitte 2000er,
einerseits ebenso, ich hatte vorher für Filmfirmen gearbeitet, hab Kommunikationsdesign studiert,
hab auch im Designbereich gearbeitet, hab das Sprühen, aber auch so während des Studiums
eigentlich immer nur so, wie soll man sagen, nicht geheim gehalten, aber jetzt auch nicht groß publik
gemacht. Also ich bin selber Wände malen gegangen, war eingeladen, auch in anderen Ländern, um dort
zu malen, aber das war nie die Absicht, das auch beruflich irgendwie zu verfolgen. Und es ist
trotzdem mehr und mehr gewachsen. Ich war aber eben gerade so Mitte der 2000er an einem Punkt,
wo ich irgendwie das Gefühl hatte, ich muss was verändern oder wollte gerne nochmal wie
den Neustart machen,
was eigentlich,
ja, ich glaube, alle, die künstlerisch arbeiten,
ich eben mir die Aufgabe gegeben, okay, ich gehe einfach nochmal zurück zum Skizzenhaften.
ich eben mir die Aufgabe gegeben, okay, ich gehe einfach nochmal zurück zum Skizzenhaften. Ich
Ich nehme alles weg an Effekten. Also ich benutze nur noch schwarze Farbe auf hellem Untergrund,
auch beim Sprühen von Wänden, was damals eher untypisch war. Und eben verzichte eigentlich
auch auf weiche Übergänge, auf Lichteffekte und dergleichen. Und arbeite quasi an der Essenz,
damals hauptsächlich eben an der Essenz vom Charakterdesign und an dem Figürlichen
und an der Komposition selbst. Und ja, das ist dann eben auch letztendlich zum Markenzeichen
von mir geworden. Und wie es dann so ist, man macht eine Sache recht lange und sieht
sich dann hier und da vielleicht auch satt oder kommt dann irgendwie an ein Limit oder
auch das ist eine Art, die jetzt auch natürlich öfters benutzt wird, wo ich natürlich ja
keineswegs eine Patent drauf habe. Aber ja, jetzt habe ich das, weiß ich gar nicht,
glaube fast 20 Jahre gemacht. Und es hat sich jetzt gerade so mit der Tristesse,
die über die Corona-Jahre und Lockdowns kam, einfach nur als ein sinnvoller Folgeschluss
für mich irgendwie so angefühlt, wieder mehr in Richtung Farbe zu gehen. Was nicht heißt,
dass ich komplett mit meiner erarbeiteten visuellen Welt oder inhaltlichen eben brechen werde,
aber einfach auch trotzdem neue Dinge ausprobieren.
Also Farbe bedeutet auch,
Verena Feldbausch: auf farbige Untergründe zu malen oder eben mit dieser farbigen Tinte?
Colin Kaesekamp: Auch, das ist so quasi
der Kompromiss
oder ein leichter
Schritt, der erste. Das mit der farbigen Tinte hat eigentlich
auch eher so den Hintergrund tatsächlich im Comic oder damals, ich hatte eben,
weil ich gesagt habe, im Filmbereich als Storyboard Artist, Concept Artist und gerade im Comic kennt
man das auch oft, dass man die Vorzeichnung nicht mit Bleistift macht, sondern eigentlich häufig
mit einem, quasi mit einem Bleistift, allerdings mit farbiger Mine. Und weil der Bleistift,
das Grau, quasi auch in dem Schwarz der Tusche vorkommt, das heißt dann eigentlich beim
digitalen Weiterverarbeiten lösche ich die Farbe raus, greife ich den Schwarzton nicht
an, habe ich meine Vorzeichnung im Grau, sprich in einem leichten Schwarz, greife ich quasi
auch beim Rauskeyen mein Schwarz von meinem Inking an. Das möchte man in der Regel nicht.
So kam das quasi ein bisschen.
Verena Feldbausch: Okay.
Ich würde ganz gerne mal zu den Vasen da hinten gehen.
Die sind mir nämlich Die sind mir nämlich bei der Ausstellungseröffnung aufgefallen, mit dem Titel "Valentine I und
Valentine II".
Wie sind die entstanden?
Witzigerweise sind beide,
Colin Kaesekamp: also in einem Abstand von einem Jahr, entstanden.
Beide für Ausstellungen in Paris.
Beide sind am 14. Februar fertiggestellt worden, daher auch namensgebend.
Und das war einerseits ein Wunsch, so ein bisschen eine Variante von einem klassischen
Stillleben zu machen, wirklich Vase, Blumen, Pflanzen, Dinge, Obst, die da rumstehen.
Und zeitgleich auch das Thema Liebe und Sexualität in einer Art zu illustrieren oder darzustellen,
die jetzt nicht so ganz typisch ist,
die ein bisschen anders ist.
Oder vielleicht ist es auch für manche gar nicht so offensichtlich wie sexuell oder romantisch
in puncto Liebe das Ganze konnotiert ist.
Also der Aufbau ist klassisch eines Stilllebens mit einer Zentralperspektive,
mit einer Vase in der Mitte, aus der Pflanzen oder Pflanzenartiges herausquillt.
Darum herum finden sich eben auch wieder Teile wie Bruchstücke von Vasen oder
eben nicht Weintrauben, sondern eigentlich eine ganze Reihe an Augen,
Beispielsweise auf dem einen oder diese halbierten Bananen, die auch da sind.
Bei dem anderen Bild findet man ähnliche Elemente.
Was ja dann auch oft wieder hier zu sehen ist.
Also ich beziehe mich mit dem ein Jahr später folgenden Bild auf das davor entstandene.
Das ist ja auch was, wozu einerseits das Prinzip des Samplens sich auch bezieht.
Also man nutzt etwas immer wieder, man arbeitet damit, schafft Variationen.
Und so gibt es ja auch eine Reihe von Bildern, wo es oft Teil 1, Teil 2,
vielleicht Teil 3 gibt.
Aber
eben auch Motive nochmal neu interpretiert und leicht verändert dargestellt werden.
Verena Feldbausch: Danke. Dann wollte ich auf diese Arbeiten noch eingehen. Das sind recht neue Arbeiten.
Also was ist dann der Untergrund?
Das kann ich nicht so genau sagen. Das sind Fundstücke.
Colin Kaesekamp: Das sind von Güterzügen Lieferscheine, wenn man so möchte, die an den Zügen selbst montiert sind.
Vielleicht auch nochmal so ein Zitat, eine große Hommage an Zeiten des Graffiti und des Zugmalens.
Verena Feldbausch: Also das ist jetzt wie so eine Pistole, sieht das aus, so eine geschmolzene.
Und da sind halt verschiedene Elemente, die du auch wahrscheinlich immer wieder verwendest, oder?
Colin Kaesekamp: Genau, also auch da wieder unterschiedliche Symbole.
Hier die Wecker quasi, die ja ohne Ziffernblatt da sind.
Und diese Pfeile, die so spaghettiartig verknotet eben rauswachsen.
Das ist auf jeden Fall so ein wiederkehrendes Motiv.
Und dann natürlich auch, was da eben gerade in den letzten Jahren mehr stattgefunden hat.
So dieses Zerstückeln oder dieses gerade Zerschneiden, diese starken Kanten, die diesen
Organischen gegenüberstehen, die dann vielleicht eben auch nochmal so an diese Panels in Comics,
an diese Ausschnitte eben erinnern mögen.
Und hier natürlich auch von diesem Layout, dieser Lieferscheine und all diesen Feldern
und Kästchen, die entstehen. Da hat das, fand ich, eine sehr schöne Arbeit gegeben.
Und auch hier vielleicht nochmal, weil du ja diesen Stempel vorhin
angesprochen hast,
hier dann tatsächlich nochmal auch ähnlich, weil man das im Asiatischen ja auch oft findet,
eben so diese Kalligrafie-Papiere, wo dann dieser eine rote Signaturstempel ist,
da dann quasi auch hier vorne, als Signatur sozusagen, auf der Rückseite ist es dann doch auch handsigniert.
Gibt es denn noch andere Ereignisse aus der Kunstgeschichte? Also wenn ich diesen
Verena Feldbausch: Wenn ich diesen Wecker ohne
Ziffernblatt sehe,
dann denke ich an Dali oder so was.
Colin Kaesekamp: Ich muss gestehen, das ist auch da sehr eindeutig und sehr klischeehaft.
Also mit Sicherheit hat der Surrealismus seine Spuren hinterlassen.
Gerade Dali-Bilder, weiß ich, hatten wir auch in dem Haus, in dem ich groß geworden bin.
Die hingen im Flur die Treppe lang, also wirklich über zwei Stockwerke eine ganze Reihe.
Auch da waren es dann einfach Buchbände und letztendlich auch nicht selten Museumsbesuche,
die in München wieder zugeschaut haben. Allerdings wirklich hauptsächlich so klassische
Malerei, also wirklich Renaissance. Ich würde sagen, alles ab dem Mittelalter,
bis in die Moderne.
Weniger, ich glaube, dann wirklich tatsächlich so Kubismus, Pointismus, dann schon
weniger. Kandinsky zum Beispiel fand ich ganz schlimm,
eine ganze
Weile. Aber das ist ja auch,
manchmal braucht man einfach eine Weile oder Geschmäcker verändern sich, bis man da was
findet. Oder auch hier, MC Escher, hast Du gerade vorhin
angesprochen,
den hatte ich dann eher über
die Schulzeit kennengelernt, aber war wie so viele auch davon fasziniert. Und vielleicht hat das mit
den Treppen auch auf jeden Fall da so seine Spuren her. Aber wir es ja auch hier gesehen
haben, wir hatten eben ein anderes Element wie die Pille, die ich eine Weile benutzt hatte.
Das ist ja dann eben auch was Ähnliches.
Also per se ist das jetzt erstmal nichts nur Positives oder eindeutig Negatives.
Es hat natürlich immer so die Dosis, die das Gift macht oder halt eben auch so, wozu
der Mensch das benutzt.
Ist das jetzt eben so die Droge für meinen Spaß oder brauche ich das zur Bewusstseinserweiterung?
Ist das ein Ritual, das ich möchte?
Missbrauche ich diese Droge vielleicht oder nutze ich die als Medizin zur Heilung?
Ist die was Positives? Und natürlich dieses klischeeartige Darstellen dieser länglichen Pille mit
dem 2-teiligen Körper, der dann noch unterschiedlich gefärbt ist, deutet da natürlich auch noch mal
drauf hin. Also
auch bei den Treppen ist es ja so, dass es eigentlich
immer die Stufen, quasi
immer von oben, quasi das Lichtbestimmende ist, das Positive. Dann hat man das Vertikale, was
entweder das Neutralere oder tatsächlich das Dunkle, das Negative quasi gibt.
Du bist 1979 in München geboren
Verena Feldbausch: und kamst durch dein Studium visuelles Kommunikationsdesign an
die Saar. Du hast an der hiesigen Hochschule der Bildenden Künste studiert und hast dann
die Agentur "Büro Stabil" in Saarbrücken mitgegründet. 2022 bis 2024 warst du Gastprofessor
an der HBK Saar. Wie geht es weiter? Was sind deine kommenden Projekte und woran arbeitest du zurzeit?
Colin Kaesekamp: Im Augenblick erstelle ich gerade ein Konzept für eine Bemalung einer Konzerthalle. Allerdings bin
ich da jetzt nicht allein als Künstler eingeladen, ich habe aber jetzt auch bei der Künstlervermittlung
quasi mitgearbeitet. Das ist eine Sache. Dann ist auch die Wandmalsaison, die beginnt
für dieses Jahr. Also ich werde jetzt nächste Woche an den Ammersee fahren, da eine Auftragsarbeit
machen. Dann beginnen eigentlich schon die Festivals. Also nach Frankreich geht es dieses
Jahr ein paar Mal. Nach Polen zum ersten Mal, was mich sehr freut, weil ich schon ganz lange
Polen gerne besuchen wollte.
Das ist nämlich
auch so verrückt. Ich weiß nicht, wie es den
Hörerinnen und Hörern so geht, aber ich war viel zu wenig im Osten. Und eigentlich ist es ja auch
eine Schande, weil es ja genauso Nachbarland ist wie Österreich, Frankreich oder die anderen.
Genau, deswegen darauf freue ich mich auch sehr. Da ist es ein Graffiti-Meeting, für das ich auch
die Kommunikation mache, also die ganze Bebilderung, die Poster, Einladungen etc. Dann bin ich mit zwei
Künstlern, einem Luxemburger und einem Berliner Künstler, an einer Ausstellungsreihe am Arbeiten.
Das wird auch im Juli anfangen.
Also es gibt auf jeden Fall viel zu tun.
Und jetzt nach der Professur, was wirklich eine tolle und sehr spezielle Wirklichkeit
war, es war ja auch nicht von vornherein klar, dass das sich über zwei Jahre fast
immer strecken würde, war für mich klasse, um einfach wirklich die Arbeit auch nochmal
aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.
Ich habe schon mein ganzes Erwachsenenleben immer wieder Workshops oder Masterclasses gegeben.
Aber wir haben jetzt auch gezeigt, dass die Arbeit eben auch so in der Lehre,
was ich mir sehr gut vorstellen kann, was ich, glaube ich, auch zumindest nach dem Feedback der
Kolleginnen und Kollegen und vor allem aber auch der Studierenden sagen darf,
mir auch liegt ein Stück weit.
Also vielleicht ist das etwas, was ich in Zukunft noch mal ein bisschen mehr suchen möchte.
Aber jetzt auch nach den zwei Jahren habe ich auch nichts dagegen, mich mal wieder ein
bisschen mehr um meine Kunst kümmern zu können.
Ja, sehr schön.
Verena Feldbausch: Vielen Dank.
Ja, das war's.
Also es sei denn, du willst noch irgendwas loswerden?
Ja, vielleicht einfach, weil wir gerade mit dem Thema aufgehört haben.
Colin Kaesekamp: Also es ist mir wirklich eine Freude und Ehre gewesen, diese Gastprofessur machen zu können.
Und genauso auch jetzt hier eben in dem Institut, also in das Archiv, in das Lexikon mit aufgenommen
zu werden und jetzt natürlich auch ausstellen zu können.
Und auch da in beiden Fällen, das ist was, was ich jetzt nicht als selbstverständlich
sehe, weil einfach eben Leute, die aus einer Subkultur kommen, eben auch vielleicht nicht
so selbstverständlich den Zugang haben.
Das ist vielleicht auch was, was ja dieses oft ein bisschen belächelte, dieses kleine
Bundesland, Saarland, aber dann in dem Fall auch ermöglicht hat, in meinem Fall. Und
ich hoffe, dass das ein Türöffner auch für andere Künstlerinnen und Künstler ist, eben
vielleicht auch aus dem Comic-Bereich oder eben erweiterten Graffiti, Urban Art Bereich,
Street Art Bereich, wie man auch immer das nennen will. Und so Gott will, findet das
tatsächlich eines Tages ernsthaft Einzug in die Hochschulen. Verdient wäre es, glaube
ich, an der Zeit wäre es auch allemal. Vielleicht auch da als Beispiel von der Musik. Hat's mich
auch irritiert, ja Jazz hat Einzug gewonnen, aber es ist so viel passiert,
was einfach auch hochgradig komplex, hochgradig toll ist, hochgradig berührend ist, dass
das auf jeden Fall auch auf breiteren Bühnen stattfinden dürfte.
Und ja, dafür sage ich mal in den Äther raus, Dankeschön und danke dir auch für
das Interview und die Einladung.
Verena Feldbausch: Sehr gerne.
Wie immer findet ihr die Bilder der besprochenen Arbeiten in meinem Blog und alle anderen Informationen
in den Show Notes.
Ja, ich hoffe, euch hat's auch so viel Spaß gemacht und freue mich, wenn ihr beim nächsten
Mal wieder dabei seid.
Vielen Dank fürs Zuhören und bis bald, eure Verena Feldbausch.
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Mehr Infos zu dem Podcast findest du in den Show Notes und in unserem Blog.
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