art talk SaarLorLux

Verena Feldbausch

art talk SaarLorLux - Armin Rohr

Zur Ausstellung von Armin Rohr in der Städtischen Galerie in Neunkirchen

21.03.2025 47 min Verena Feldbausch

Video zur Episode

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Zusammenfassung & Show Notes

Die Städtische Galerie Neunkirchen gibt die Bühne frei für Armin Rohr (*1961). Er zeigt neue, rätselhafte Bildwelten in einer umfassenden Einzelausstellung mit dem Titel „Aller Vergeblichkeit zum Trotz singe ich weiter mein Lied. Über Anomalien, Zufälle und Wahrscheinlichkeiten.“ vom 14. März bis 18. Mai 2025.

Im Zentrum steht die menschliche Figur, die er in mehrdeutige oder schwer deutbare Beziehung zu ihrer Umgebung setzt. Zeichnerisch festgehalten und vielfach variiert in Skizzen erscheinen wie für Handyfotos posierende Figuren in skurrilen oder banalen Alltags-, Urlaubs- und Familienszenen. Auch in seiner neuen Porträt-Serie konterkariert er die Selfie-Kultur und die allgegenwärtige digitale Transformation des Bildes. Mit dem motivischen Repertoire aus TV-Krimis arbeitet der Künstler in der Werkgruppe „Wald-Orte“: Absperrbänder markieren einzelne Waldbereiche wie Tatorte, gesichtslose Figuren in Schutzanzügen durchforsten das Gelände und suchen nach Unbekanntem. Vereinzelte „Indizien“ in bunten Landschaftsszenerien deuten auf mysteriöse Zusammenhänge hin, Hintergründe aber bleiben im Dunkeln.

Das erzählerische Potential der Arbeiten von Armin Rohr erscheint unerschöpflich, doch sie sind weit entfernt vom Illustrativen. Denn die dort erzählten Geschichten entziehen sich letztlich dem Betrachter.

Quelle: Nicole Nix-Hauck, Ausstellungskatalog Städtische Galerie Neunkirchen

Link:
https://art.arminrohr.de/
https://staedtische-galerie-neunkirchen.de/
https://feldbausch.com/
https://feldbausch.com/blog/

Mehr über den Künstler Armin Rohr erfahrt ihr hier:
https://art.arminrohr.de/, https://www.instagram.com/armin.rohr/
Die Ausstellung von Armin Rohr ist in der Städtischen Galerie in Neunkirchen zu sehen:
https://staedtische-galerie-neunkirchen.de/
Filme von art trailer feldbausch und Podcasts von art talk SaarLorLux gibt es hier:
https://feldbausch.com/
https://feldbausch.com/blog/



Transkript

Wir reden über Kunst bei art talk, dem Kunstpodcast aus SaarLorLux. Wir treffen KuratorInnen und KünstlerInnen dort, wo sie gerade ausstellen. Mit uns entdeckt ihr zeitgenössische Kunst und außergewöhnliche Kunsträume in unserer Region. Werdet Teil von Galeriegesprächen, Ausstellungseröffnungen und Finissagen. art talk hört ihr überall dort, wo es Podcasts gibt. Verena Feldbausch: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von art talk, unser Kunst-Podcast für SaarLorLux. Heute sind wir in der Städtischen Galerie Neunkirchen in der Ausstellung von Armin Rohr mit dem Titel "Aller Vergeblichkeit zum Trotz singe ich weiter mein Lied über Anomalien, Zufälle und Wahrscheinlichkeiten". Zu sehen sind großformatige Gemälde sowie Zeichnungen und Aquarelle, die seit 2019 entstanden sind. Die Fotos der besprochenen Werke sind wie immer auf meinem Blog zu sehen. Ihr könnt unseren Podcast auf dem Podcatcher eurer Wahl hören und auch hier vor Ort in Neunkirchen in der Städtischen Galerie, denn es gibt einen QR-Code, über den ihr direkt auf das Gespräch mit Armin Rohr Zugriff habt. Diese Folge von art talk wurde gefördert vom Ministerium für Bildung und Kultur des Saarlandes. Herzlichen Dank dafür. Ich freue mich jetzt sehr auf die exklusive Führung durch den Künstler Armin Rohr persönlich und wünsche euch viel Spaß beim Zuhören. Eure Verena Feldbausch. Verena Feldbausch: Hallo Armin und herzlich willkommen zu art talk. Zuerst möchte ich dich kurz vorstellen oder auf deine Vita eingehen. Also du bist geboren in Hemsbach, das ist in der Nähe von Mannheim. Du hast von 1983 bis 1988 Design studiert, Wobei du die Grundlehre bei Professor Oskar Holweck absolviert hast. Dann hast du dein Fachstudium in Design bei Professor Diethard Adt, Heinrich Popp und Robert Sessler gemacht. Und schließlich 1994 bis 1998 hast du bei Professor Bodo Baumgarten Malerei studiert. Und bist dann auch 1998 zum Meisterschüler ernannt worden bei Bodo Baumgarten. Du lebst und arbeitest in Saarbrücken. Was hast du zwischen 1988 und 1994 gemacht und was hat dich damals, also in den frühen 90er Jahren bewogen, den Weg des Künstlers einzuschlagen? Armin Rohr: Ja, grundsätzlich war es so, dass ich während dieses Grafikdesignstudiums in der Fachhochschule schon gemerkt habe, dass das eigentlich überhaupt nicht mein Weg ist. Ich habe während des Studiums zwar schon als Grafiker gearbeitet, hatte eigene Kunden mit einem Freund zusammen und war aber dann relativ schnell, also ich war mir relativ schnell sicher, dass das nicht mein Lebensweg ist, beziehungsweise dass ich das nicht bis ans Ende meiner Tage machen möchte. Weil ich einfach in der Zeichnung bzw. auch in der Malerei für mich viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten gefüllt und gesehen habe. Beziehungsweise, wenn ich als Grafiker arbeite, bin ich Dienstleister. Das heißt, es kommt jemand zu mir, hat ein bestimmtes Anliegen und ich muss versuchen, in Gesprächen mit dem Kunden auf die Wünsche einzugehen und dann irgendwas zu machen, was ich normalerweise gar nicht machen würde. Es war eine kreative Geschichte, aber letztendlich habe ich mich einfach eher in dieser freien Kunst gesehen, freie Malereien, freie Zeichnung, was ich damals auch schon sehr viel gemacht habe. Ich bin nach Stuttgart gegangen, weil ich eigentlich an der Akademie Kunst studieren wollte, an der Stuttgarter, beziehungsweise auch in Karlsruhe. Ich habe mich also an unterschiedlichen Akademien nach dem ersten Studium beworben und wurde zwei, drei, vier Mal abgelehnt. Die Begründung war, wir brauchen hier junge, formbare Menschen. Sie haben ja schon ein Diplom, machen Sie doch Ihr Ding und die Zeichnungen sind ja okay, was brauchen Sie noch, ein Kunststudium. Und dann habe ich ein paar Jahre in Stuttgart erst einmal als freier Grafiker gearbeitet, um Geld zu verdienen. Aber auf der anderen Seite habe ich versucht, Kontakte zu kriegen zu Künstlern, Künstlerinnen. Ich habe versucht auszustellen, was mir dann auch gelungen ist in kleineren Zusammenhängen. Im Kunstverein Ludwigsburg, da war ich auch Mitglied, habe dann zwei, dreimal eine Mitgliederausstellung mitgemacht und bin dann wieder umgezogen nach Saarbrücken, um in Saarbrücken dann irgendwann 1994 wieder beim Kunststudium anzufangen. Da hat es dann geklappt. Verena Feldbausch: Ja, okay, das ist ja schön. Also ich meine, deshalb bist du nach Saarbrücken zurückgekehrt. Genau. Die Städtische Galerie Neunkirchen zeigt eine umfassende Werkschau deiner neuen Arbeiten, die seit 2019 entstanden sind, sowohl Gemälde als auch Zeichnungen und Aquarelle. Bevor wir jetzt zu den einzelnen Positionen kommen, würde ich ganz gerne nochmal erfahren, was es mit dem Titel der Aufstellung auf sich hat. Also der Titel heißt ja, aller Vergeblichkeit zum Trotz singe ich weiter mein Lied. Was meinst du damit? Armin Rohr: Ich habe ja in den letzten Jahren öfter mal kleinere Aufstellungen gemacht, auch außerhalb des Saarlandes. Und irgendwann hat sich das so eingependelt mit den Titeln, dass sie immer was mit mir zu tun hatten, mit meiner Befindlichkeit, mit dem ich mich so gerade als Maler zur aktuellen gesellschaftlichen oder politischen Situation verhalte. Manchmal waren es auch wirklich eher so biografische Geschichten. Und das hat sich einfach im Laufe der Zeit so eingependelt. Ganz zu Anfang, als ich noch studiert habe, da waren die Titel einfach, was weiß ich, Malerei und Zeichnung. Und das macht man ja eigentlich alles gar nicht mehr. Und da ich gelegentlich auch immer mal wieder Texte schreibe oder auch kleinere Bemerkungen auf meiner Webseite, die viel mit dem zu tun haben, wie ich denke, wie ich über Malerei oder Zeichnung denke oder überhaupt über die große weite Welt, hat sich das dann irgendwann mal so ergeben. Und auch über diesen Titel jetzt in Neunkirchen habe ich lange nachgedacht. und jetzt ist halt die Situation in unserer Welt oder in der Gesellschaft momentan so, wie sie eben ist. Wir kennen das ja alles, ob das jetzt anfängt bei Umweltproblemen oder auch die politische Situation, der Krieg in der Ukraine. Das heißt, das sind viele Dinge, mit denen ich mich auseinandersetze, die mich natürlich auch irgendwo prägen oder beeinflussen, ohne dass es jetzt direkt in meine Malerei einfließt, beziehungsweise ich will mich damit auch malerisch nicht direkt auseinandersetzen. Ich bin kein politischer Künstler in dem Sinne. Aber trotzdem macht das ja irgendwas mit mir als Mensch und Maler oder Zeichner. Und aller Vergeblichkeit zum Trotz, es gab ungefähr 50 Variationen mit unterschiedlichen Wörtern, Zusammenstellungen. Aller Vergeblichkeit zum Trotz ist auch die Frage, warum machst du das überhaupt noch in dieser Zeit? Warum malst du? Warum gehst du jeden Tag ins Atelier, fängst immer wieder an? Aber irgendwas treibt mich an. Das ist ja fast eine Obsession. Und deswegen zum Trotz und dann auch die Geschichte mit Anomalien, Zufällen und Wahrscheinlichkeiten. Das ist natürlich auch so, was wir versuchen als Menschen permanent, unser Leben zu takten, zu strukturieren. Und es darf nichts dazwischen kommen. Und wir machen täglich die Erfahrung, egal wie das Leben getaktet ist, egal in welchen Berufen wir arbeiten, es kommt immer irgendetwas, was dir den Tag auseinander haut, was dir eine Arbeit irgendwo, was dir die Arbeit unterbricht. Du kannst dich nicht hundertprozentig immer auf das konzentrieren, was du gerne hättest, weil es rappelt ein Telefon, es passiert irgendwas. Das ist die Anomalie, mit der wir zu kämpfen haben. Vor drei, vier, fünf Jahren war es eben normal, dass wir mit Frieden leben und plötzlich ist der Krieg, was eine Anomalie war, für uns täglich. Also es umgeht uns täglich. Das heißt also, wir haben täglich mit Anomalien zu tun. Und Zufälle ist einmal das, was ich als Künstler natürlich immer wieder in meinen Arbeiten mit einbeziehe. Das geht los bei Aquarellen, wo vieles passiert, was nicht steuerbar ist. Und ich arbeite unheimlich gern mit dem Zufall. Und auch in meiner Malerei ist es oft so, dass ich zwar eine Vorstellung habe von einem Bild, aber während der Malerei entwickelt sich dann etwas über einen Gedanken oder über irgendwas, was ich gelesen habe an diesem Tag, was mich dazu bewegt, in dem Bild etwas einzusetzen, was ich vielleicht zehn Minuten vorher noch gar nicht gewusst habe. So viel zum Zufall. Und das schließt natürlich auch die Frage der Wahrscheinlichkeit ein. Insofern hat das alles... der lange Rede kurzer Sinn. Nee, es ist ja nicht kurz, der Titel ist wirklich lang. Verena Feldbausch: Genau, auch vielen Dank, weil das ist sehr, sehr erhellend jetzt gewesen für mich. Dieses eine Zitat von dir habe ich auch in dem Katalog gelesen, der jetzt hier zu deiner Ausstellung rausgekommen ist, über den Zufall. "Zufall spielt eine große Rolle, hat er mir doch die schönsten und erstaunlichsten Blätter von leichter Hand dahin gezaubert." Das fand ich sehr schön. "Ich verdanke ihm sehr viel" Armin Rohr: Ja gut, es gibt ja auch Kollegen, die den Zufall möglichst versuchen auszuschließen, wo man wirklich sieht, dass da sehr planvoll vorgegangen, also in der Arbeit vorgegangen wird. Und das hat eigentlich nie mir entsprochen. Ich war eher sehr... das war der andere Ausstellungstitel vor zwei, drei Jahren in Burbach, "Ich meändere durch die Welt". Das hat einerseits was mit mir zu tun, wie ich die Welt wahrnehme, in der Welt spazieren gehe, andererseits aber auch was mit meiner Arbeit zu tun, wo ich auch sehr verschlungene Wege gehe und auch sehr unterschiedliche Ansätze in der Arbeit verfolge. Verena Feldbausch: Ja, okay, gut. Du zeigst sowohl großformatige Gemälde, das Format ist meistens 1,50 mal 2 Meter, in Acryl und Öl auf Leinwand, aber auch Zeichnungen und Aquarelle in kleinerem Format. Wenn wir in die Ausstellung kommen, dann stehen wir eigentlich direkt vor diesen großformatigen Arbeiten und die sind teils mit Figuren, aber auch teils mit Gegenständen bestückt. Das sind die sogenannten Wald-Orte. Fast alle deine Bilder heißen, glaube ich, ohne Titel. Ich möchte jetzt direkt zu dem ersten Bild kommen, das man sieht, wenn man in die Ausstellung kommt. Das erste große Bild, das heißt "ohne Titel" in Klammern "das letzte Bild" und ist 2025 entstanden. Warum nennst du das alles ohne Titel? Armin Rohr: Das ergab sich irgendwann mal vor langer, langer Zeit, als ich noch phasenweise ungegenständlich gearbeitet habe. Und ich von Bild zu Bild sehr lange und viele Arbeiten gemalt und gezeichnet habe und zunächst mal mir gar keine Gedanken darüber gemacht habe, was könnte ich jetzt überhaupt diesen Arbeiten für oder diesen Serien für übergeordnete Themen, Bildüberschriften oder Bildunterschriften geben. Und dann habe ich auch gemerkt, dass jetzt gerade in dieser Phase der Titel nicht unbedingt viel bringt, weil ja jeder in so ungegenständlichen Arbeiten sieht, was er sehen will. Aber es gab dann doch Titel, wo ich gemerkt habe, es gibt Arbeiten, da zieht sich entweder eine bestimmte Farbe durch oder eine bestimmte Struktur. Oder ich habe dann an einem bestimmten Tag in der Zeitung oder in einem Buch irgendwas gelesen, was mich durchaus irgendwo, wo ich eine Assoziation hatte zu einem der gemalten und gegenständlichen Bilder. Und dann fing ich an, den Titel in Klammern zu setzen, weil ich das Gefühl hatte, wenn jetzt irgendwann jemand in 100 Jahren so ein Bild sieht, muss ja nicht unbedingt der Titel dabei stehen. Der Titel ist hilfreich oder auch mal ein Kontrast zu dem Bild, aber nicht unbedingt wesentlich mit dem Bild verbunden in dieser abstrakten Zeit, in dieser ungegenständlichen Zeit. Aber das hat sich dann auch in diesen gegenständlichen, figürlichen Arbeiten so fortgesetzt. Es gibt durchaus Ausstellungen, wo ich für Bilder, die ich schon mal gezeigt habe, für ein Bild, was ich in der Vergangenheit gezeigt habe, in einer anderen Ausstellung, je nachdem, wie das übergeordnete Thema ist, dann doch nochmal einen anderen Titel finde, der mir besser gefällt. Also die Klammer sagt eigentlich für mich aus, es ist nicht unbedingt verbindlich, dieser Titel gemeint. Er kann sich ändern, je nach Zusammenhang. Verena Feldbausch: Okay, dann habe ich das verstanden. Gut. Wir sehen jetzt hier dieses erste Bild an. Also wir sehen fast ein Idyll, auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Idyll, aber irgendwie ist es doch kein Idyll. Also du siehst diesen Maler, der da zurückgelehnt sitzt, ist er erschöpft oder ruht er sich nur aus und dann siehst du vor ihm halt diese Palette und diese Farbtuben. Im Hintergrund der bedrohlich brennende Wald. Bist du das, der da sitzt oder wie geht es dir nach diesem sehr intensiven Schaffensprozess, auch nach dieser sehr intensiven Schaffensphase? Fühlst du dich da so erschöpft? Armin Rohr: Das Bild hat jetzt nichts zu tun mit diesem langen Prozess, der hat ja fast ein Jahr intensives Arbeiten gebraucht, um diese Ausstellung dann, zumindest mal in den großen Arbeiten, um die dann fertig zu kriegen. Aber letztendlich sind es gerade jetzt die neuen Arbeiten, die großen Leinwandarbeiten, sind für mich eher so visuelle Metaphern. Das heißt auch die Reihe, wie man so sagt, Tatortbilder oder was da in den Bildern passiert, ob das jetzt Gegenstände sind, die zu sehen sind, ob der Wald, es werden da Dinge angesprochen, die eigentlich auf einer Metaebene funktionieren, sodass die Bilder wirklich eher als Metapher zu sehen sind. Und so ist es auch in diesem Bild. Zunächst mal war es so, dass ich in einem der ersten Bilder einen blutroten Himmel gemalt habe. Und das hat mich dann persönlich sofort zunächst auch an Brennen, Feuer, Waldbrände erinnert. Und das erste Bild ist ungefähr vor einem Jahr entstanden. Und dann dachte ich, damit kann ich wahrscheinlich in einem der nächsten Bilder noch arbeiten. Und es hat dann wirklich sehr, sehr lange gedauert, bis ich zu dem Bild kam, wo ich dann auch das Thema Feuer und Wald umgesetzt habe. Aber wie gesagt, wirklich eher als Metapher. Jetzt nicht als der brennende Wald, sondern wirklich eher als Zustand, als innere Befindlichkeit oder auch als Sinnbild für das, was jetzt im Moment überhaupt mich bewegt und was passiert. Insofern, ja, so viel zum Einstieg. Und auch in diesem Bild war eigentlich, wie überhaupt in den großen Bildern, überhaupt noch nicht klar, welche Gegenstände ins Bild kommen, beziehungsweise ob da überhaupt eine Person hinkommt. Zunächst war einfach mal diese Wald-Szenerie mit Feuer so ein bisschen angedacht, auch in der Untermalung. Und dann kam ich halt irgendwo auf die Person, die da sitzt. Das ist noch nicht mal, als Ausgangsbasis, das bin noch nicht mal ich, aber es könnte ich sein. Und auch die Leinwand, die dann dazugekommen ist, das sind Dinge, die haben sich wirklich so in diesem malerischen Prozess der Untermalung so ergeben. Und plötzlich hatte das Bild für mich so eine Erzählung, so eine Geschichte, die stimmig war, die natürlich dann im Rückblick vielleicht auch was mit der Ausstellung, der Vorbereitung zu tun hat. Aber ich lasse es, also gerade bei dem Bild ist es so, da wurde ich ganz, ganz oft gefragt, jetzt auch in der Eröffnung oder im Vorfeld, was da wirklich dahintersteckt, wer das ist. Ist dieser Mensch tot oder ist er einfach nur erschöpft und, und, und. Ich glaube, bei dem Bild möchte ich gar nichts erzählen, weil ich habe das Gefühl, dass da viele ihre eigene Geschichte dazu sehen. Und ich fand es auch interessant zu hören von vielen Besuchern und Besucherinnen während der Eröffnung, was tatsächlich an Ideen für dieses Bild den Leuten durch den Kopf geschossen ist, auf Sachen, die ich noch nicht gekommen bin. Insofern ist das eigentlich ein Bild, wo ich am wenigsten erklären möchte. Für mich ist es auch nicht eindeutig. Verena Feldbausch: Das ist es ja mit Sicherheit nicht. Aber dieser Waldbrand hier, den würde ich auch als Naturkatastrophe interpretieren. Armin Rohr: Ja, ich meine auch die Geschichte mit der Erschöpfung. Letztendlich sitzt da jemand in der Landschaft, es ist eine weiße Leinwand, im Hintergrund brennt es. Die natürlichste Reaktion wäre, dass man aufsteht und flüchtet. Aber eben. Da gibt es so viele Möglichkeiten, in dieses Bild einzusteigen, auch über die Farbigkeit jetzt im Hintergrund. Verena Feldbausch: Da sollte jeder sich seine eigene Geschichte ausdenken. Armin Rohr: Grundsätzlich erwarte ich ja von den Menschen, die in meine Ausstellung gehen, schon auch, beziehungsweise so wie ich es auch mache, wenn ich in eine Ausstellung gehe und mir Malerei betrachte, versuche ich auch nicht zu fragen, was will der Künstler mir damit sagen, sondern ich frage zunächst mal, was passiert mit dem Bild, was passiert da? Wie ist das Bild gemalt? Was will das Bild eigentlich erzählen? Ich untersuche es nach den Gegenständen oder nach der Art und Weise, wie es komponiert ist, wie ist die Farbe eingesetzt, was gibt es für Strukturen. Und ich denke, dann kann man als Betrachter auch versuchen, möglichst viel eigenständig da sich versuchen, was zu erarbeiten. Finde ich viel spannender. Verena Feldbausch: Das stimmt, das ist auch sehr reizvoll auf jeden Fall. Diese großformatigen Gemälde sind zwischen 24 und 25 entstanden. Und sie enthalten ja Gegenstände und Figuren. Und zum Beispiel ist da hinten ein zurückgelassener Campingstuhl, ein Hochsitz, ein kaputtes Auto, ein Teddybär ist, ein Turnschuh und auch diese rot-weißen Absperrbänder, die jetzt auch hier auf dem Boden in der Galerie liegen. Ich habe gelesen in dem Katalog, die Vorlagen kommen von Fotos und Videostills aus einschlägigen Filmen. Welche Filme sind das und welche Bedeutung haben diese Gegenstände? Oder ist es auch wiederum so, dass sich da jeder seine Geschichte denken soll? Armin Rohr: Zunächst mal zum Ursprung der Fotos bzw. woher kommt das? Zum einen ist es so, dass ich schon sehr lange über diese Bilder nachgedacht habe. Das heißt, ich habe immer mal wieder, während ich irgendwelche Krimis geguckt habe im Fernsehen bzw. übers Netz gestreamt, den Film angehalten und ein Foto gemacht. Ich dachte, da kann man irgendwann mal was draus machen. Weil ich noch nicht genau wusste, was das ist. Mir hat einfach der Einstieg gefehlt. Es war einfach nur der Gedanke, in Zukunft werde ich mal irgendwas machen. Und als dann klar war, dass hier die Ausstellung 2025 im März eröffnet wird, vor einem Jahr, haben wir das irgendwo so ein bisschen abgesprochen, dachte ich, jetzt ist vielleicht die Gelegenheit, mit diesen Fotos was zu machen. Und es hat sich dann auch sehr schnell schon im ersten Bild herausgestellt, dass ich nicht ein Foto nehme und das umsetze, sondern dass ich diese Szenerien, diese Menschen in diesen weißen Anzügen, wie man es halt vom Krimi kennt, dieses typische Klischee halt eben. Und das fängt ja in vielen Krimis so an, dass man einen Tatort sieht und Leute stochern irgendwo rum, suchen etwas. Das war so die Ausgangslage. Und ich habe diese Bilder eigentlich nur als Ideen-Anlass genommen, um daraus Bilder zu komponieren. Das heißt, es gibt vielleicht ein oder zwei Bilder, wo ich mehr oder weniger am Bild, am Foto dran war. Aber die meisten sind letztendlich, genau wie das letzte Bild, aus dem Kopf komponiert. Das heißt, die Wälder, so wie man sie sieht, die Landschaften existieren als Foto nicht. Ich habe dann mehrere Vorlagen, wo ich dann geguckt habe, wie, was für Bäume setze ich da rein, wie gehe ich mit den Strukturen um. Das mal so viel zu den Szenen. Und auch die Menschen, es gibt da hinten so ein Hochformat, da stehen, was weiß ich, 9-10 Menschen in der Landschaft rum. Das sind die meisten aus dem Kopf gemalt. Das geht dann relativ schnell und ruckzuck. Das Wichtige ist, dass es einigermaßen von der Perspektive stimmt. Das ging dann, weil ich einfach früher viel Aktzeichnen gemacht habe, hat man so ein bestimmtes Formenrepertoire im Kopf und Menschen in Anzügen, die sowieso ein bisschen unförmig aussehen. Das ist relativ einfach. Und für bestimmte andere Situationen hatte ich dann auch Menschen, die sich bücken oder irgendwas machen, wie ich dann irgendwo in meine Landschaften gesetzt habe. Und so ging es dann auch weiter mit diesen Gegenständen, die dann manchmal am Schluss noch dazugekommen sind, bevor ich eigentlich, also am Anfang wusste ich noch gar nicht, wie sich das Bild entwickelt. Ich entscheide vieles in diesen Bildern sehr, sehr intuitiv. Verena Feldbausch: Also du machst dir jetzt keine Skizze zum Beispiel oder machst du dir Skizzen vorher und überlegst, aha, da kommt jetzt der Baum hin? Armin Rohr: Es gibt ein Bild, wo ich tatsächlich eine Skizze gemacht habe, aber eher als Gedankenstütze, dass ich es nicht vergesse, mit diesem Bild anzufangen. Weil man hat so viel im Kopf und vergisst das dann wieder. Und gerade bei dem letzten Bild, was 2025 entstanden ist, das Bild mit den Menschen und den Kisten, da dachte ich, das musst du dir aufheben, den Gedanken musst du notieren, als kleine Skizze im Skizzenbuch, sonst ist der am nächsten Tag weg. Das passiert nämlich relativ oft. Aber normalerweise ist es dann so, dass ich bei den Bildern wirklich ohne Skizze rangehe. Das heißt, ich fange mit einer Acryl-Untermalung an und setze irgendwo zwei, drei Bäume, beispielsweise in eine Landschaft, überlege mir, ob der Horizont eher tief ist oder hoch. Und im Laufe der Malerei könnte es passieren, dass der vordere Baum zu groß ist, also muss er weiter weg und kleiner werden. Da schiebe ich dann eine Zeit lang hin und her, bis ich dann sicher bin. Und dann fange ich mit Öl an, das Ganze weiterzuarbeiten. Im Gegensatz zu vielen anderen Bildern, die hier tatsächlich auch nach Fotos entstanden sind. Nicht eins zu eins, aber das sind so verschiedene Fäden, die ich bearbeite und verschiedene Methoden, wie ich Bilder finde. Das war schon immer so. Verena Feldbausch: Ist dann also das Acryl quasi die Grundierung für die Ölmalerei, rein technisch gesehen jetzt? Armin Rohr: Technisch ist es eigentlich so, früher gab es Untermalungen im Eitempera. Das habe ich eine Zeit lang gemacht, während ich studiert habe. Aber man hat halt immer das Problem, wenn das Bild in einem bestimmten Zustand ist, muss man ja warten, bis es trocknet. Eitempera geht ein bisschen schneller, gerade wenn es jetzt nicht die fette Tempera ist, sondern eher die mit Wasser. Und dann kam ich irgendwann mal auf die Idee, das Ganze mit Acryl zu versuchen, Weil man natürlich wahnsinnig schnelle Trocknungszeiten hat. Und je nachdem, was ich male, kann ich dann innerhalb von einem Tag zehn unterschiedliche, jetzt in der Größe der Leinwände, im Grunde zehn unterschiedliche Bilder malen. Ich kann probieren, ist es besser, den Himmel grün zu machen, den Himmel rot, eine Figur kleiner oder größer. Und das kommt mir eigentlich sehr zugegen, weil ich eben sehr spontan arbeite. Und das heißt, diese Acrylbilder sind letztendlich nichts wie eine klassische Untermalung, auch hell-dunkel. Wo setze ich die Akzente, das ist mir dann wichtig, bevor ich dann wirklich mit Öl anfange. Hat auch was mit Geschwindigkeit zu tun. Acryl geht wahnsinnig schnell, da spritzt die Farbe, die läuft runter, die Farbe ist sehr dünn. Und bei Öl wird das Ganze so ein bisschen verlangsamt und dann komme ich auch so in einen anderen Flow, in einen anderen Modus. Verena Feldbausch: Wo hast du diese großen Bilder gemalt? Also ich meine, du hast ein Atelier in Kuba, hast du die dort gemeint? Armin Rohr: Ja. Verena Feldbausch: Ah ja, okay. Armin Rohr: Das Atelier ist nicht groß, aber es reicht. Armin Rohr: Die Bilder müssen ja letztendlich nur durch die Tür passen. Verena Feldbausch: Das stimmt, das stimmt. Aber kannst du dann also an mehr als an einem Bild arbeiten? Armin Rohr: Das schon. Armin Rohr: Ja, ja, ich muss dann immer mal wieder ein bisschen umbauen. Armin Rohr: Aber es geht, es funktioniert. Verena Feldbausch: Okay, okay, gut. Ja, dann kommen wir eigentlich schon zu der zweiten Gruppe der Bilder. Also nach den Wald-Orten hast du ja jetzt hier Porträts ausgestellt. die sind eigentlich jetzt, wenn man reinkommt, direkt auf der rechten Seite. Es sind so klassische Großporträts und eigentlich sind sie auch keine Porträts, denn man kann ja nicht eindeutig identifizieren, wer da drauf ist. Mit der Ausnahme von dem Selfie, das da am Eingang ist, da erkennt man dich ja schon wieder. Warum kann und soll man sie nicht erkennen? Da sind ja auch wieder die "ohne Titel" und in Klammern ist ja manchmal ein Name oder ein Hinweis drauf. Armin Rohr: Ja, das ist richtig. Verena Feldbausch: Was ist die Idee dahinter? Armin Rohr: Das ist eine gute Frage. Also Porträts habe ich ja schon immer gemacht. Auch während des Studiums gab es eine Porträtserie, die aus Selbstporträts entstanden ist. Und vor dem Spiegel sind die entstanden, die teilweise durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit den Sachen haben, die jetzt im Moment da hinten an der Wand hängen. Aber wie gesagt, die sind vor dem Spiegel entstanden, auch in einer anderen Größe. und waren irgendwo so eine Art Auflösung der Figur, des Portraits, weil ich dann über diese Auflösung nach und nach auch eine Zeit lang zu diesen ungegenständlichen Arbeiten kam. Und dann sind wir auch wieder beim Thema Portraits, wie gesagt, mache ich eigentlich immer schon, auch in Zeiten, wo ich figürlich gemalt habe. Sei es, dass ich Leute direkt abzeichne, wenn ich irgendwo sitze, in der Kneipe oder wo, um einfach in meinen Skizzenbüchern etwas festzuhalten. Oder wo ich Fotovorlagen habe und dann tatsächlich Fotos in Malerei oder Zeichnung umsetze. Aber der Unterschied zu den Sachen, die ich früher in der Hochschule gemacht habe, die Portraits bzw. die Fotos, die dienen als Ausgangsbasis. Das ist einfach so ein Kick, um überhaupt was zu malen. Sie dienen nicht dazu, die Menschen eins zu eins wiederzugeben. Das ist mir auch irgendwann wurscht, wie diese Menschen später aussehen. Es soll sich niemand persönlich da in diesen Bildern finden. Also niemand, dessen Foto ich benutzt habe, ist da angesprochen direkt. Es ist einfach ein Weg, um ein Bild zu malen. So, das ist das eine. Es gab, bevor die Ausstellung hier geplant wurde, habe ich an einem Porträt meine Mutter gemalt, die seit drei Jahren dement ist. Und dieses Bild war relativ, in Anführungsstrichen sage ich jetzt mal, realistisch. Das heißt, meine Mutter war in den wesentlichen Gesichtszügen erkennbar dargestellt, hat aber für mich plötzlich nicht mehr funktioniert, weil ich mir überlegt habe, dass von Woche zu Woche mittlerweile der Zustand fortschreitet relativ schnell. Sie baut unheimlich ab. Das heißt, die Persönlichkeit verschwindet. Und dann war ich wieder in diesem Thema, was ich auch in der Hochschule hatte, dieses Auflösen. So eine Persönlichkeit löst sich auf. Sie ist einfach immer weniger da, weil sie sich nicht mehr erinnern kann. Und im Laufe dieses Malprozesses habe ich aus diesem realistischen Bild immer mehr die wesentlichen Gesichtszüge übermalt, sodass dann dieses Bild entstanden ist, wo letztendlich nichts mehr Menschliches in diesem Bild zu sehen ist. Aber plötzlich war das deckungsgleich mit dem, was ich jetzt empfunden habe, wenn ich an meine Mutter denke. Und das war so ein bisschen Ausgangsbild für die kommenden, die immer zwischendurch entstanden sind. Auch da ist der Gedanke ja schon so, ich hatte als Ausgangsbasis in der Malerei, in der Untermalung immer wieder erkennbare, ähnliche Bilder. Das heißt, die Leute haben sich erkannt. Ich habe einmal meine Tochter da hinten gemalt und da kam meine Frau, als die Acryl-Untermalungen fertig waren, sagte, oh lass das, das ist ja ganz toll. Aber ich konnte es ja nicht so lassen, weil es hat einfach nicht dem entsprochen, was ich… Davon abgesehen ist es auch so, dass viele Bilder, die ich benutze, auch das von meiner Mutter, aufgrund von Schnappschüssen entsteht, die ich mache oder die mir irgendwie im Netz auffallen. Das heißt, das sind jetzt keine klassischen Porträtfotografien, sondern es sind einfach Schnappschüsse, wo wesentliche Bestandteile eines Porträts eines Menschen ja sowieso fehlen. Es fehlt die Sprache, es fehlt die Bewegung und für mich ist so ein Foto sehr unzulänglich. kann ich die Persönlichkeit eines Menschen anhand eines Fotos darstellen. Ich brauche da noch irgendwas anderes. Und dann über die Auflösung, über die Malerei, habe ich auch das Gefühl gehabt, bin ich von einem persönlichen Bild zu einem allgemeinen Bild gekommen, wo sich vielleicht sogar mehr Leute mit identifizieren als mit einem klassischen Bild, wo jemand fragt, wer ist denn das, das ist der sowieso, ach so. Und das ist plötzlich eine ganz andere Auseinandersetzung. Und ich hatte auch das Gefühl, ich komme da eher in so eine dunkle Seite. Dr. Jekyll und Mr. Hyde, äh, Jekyll und Hyde Geschichte, was ja in allen von uns irgendwo steckt. Und das hat mich immer mehr interessiert, diese dunkle Seite. So ist es auch bei Filmen, bei Büchern. Grundsätzlich interessiert mich eher so diese dunkle Seite, die in uns allen irgendwie steckt, auch in der Malerei. Verena Feldbausch: Verena Feldbausch: Und trotzdem benutzt Du ja wirklich ganz grelle und helle und eigentlich fröhliche Farben. Also ich finde sie jetzt nicht irgendwie dunkel. Also ich finde, es ist ja eine wahnsinnige, explosive Farbigkeit in deinen Bildern. Und hat die sich jetzt nochmal gesteigert in den letzten Jahren? Ich habe jetzt mehr Aquarelle oder Papierarbeiten im Kopf. Die sind ja auch eigentlich nicht ganz so grellfarbig. Aber hier diese großformatigen Bilder und auch die Porträts finde ich schon sehr bunt. Armin Rohr: Ja, ich glaube, gesteigert hat sich nicht. Es gab auch mal Phasen, wo ich dann eher sehr reduziert gearbeitet habe, so vor 15 Jahren. So eine Phase, wo ich wirklich fast weiße Gesichter gemalt habe. Nur eine Farbe, meistens rot oder blau, irgendwo so ein bisschen dezent noch zu sehen war. Aber im Großen und Ganzen hat mich diese Farbigkeit immer schon interessiert, auch in der Akademie. Und jetzt gerade was diese Themen betrifft, die jetzt hier in der Ausstellung angesprochen werden, ist es natürlich auch so ein bisschen ein Komplementärkontrast. Auf der einen Seite hat man diese Düsternis, die in den Bildern thematisch teils auch drinsteckt, was die Leute auch spüren, wo sie mich darauf angesprochen haben. Aber andererseits hat man diese Farben, die gerade was die Landschaften betrifft, dann zunächst mal eher so etwas Idyllisches haben, auch irgendwas, was Menschen sofort anzieht. Man sieht relativ viele und kräftige Farben und die Bilder schaffen sich einen ganz anderen Raum. Und wenn ich mir vorstelle, die wären jetzt eher in schwarz-weiß oder in gedämpften Farben gehalten, dann würde mir eine Dimension, irgendwas würde mir fehlen. was den Bildern auch eine andere Wendung gibt. Verena Feldbausch: Ja, auf jeden Fall. Kommen wir jetzt aber zu den Aquarellen und Zeichnungen mal zu sprechen. Die sind ja kleinere Formate, meistens auf Papier, mit Bleistift, Tusche, Kreide, Filzstift und so. Das sind oft Personengruppen oder Einzelpersonen. Sieht auch für mich manchmal aus wie so Ferienschnappschüsse irgendwie. sind das auch welche? Wir können ja mal ein bisschen rumlaufen. Jetzt dieses hier, da sind zwei Personen und die rechte Person hat ein Ringelt-T-Shirt an. Armin Rohr: Also die Bilder sind meistens nach Ferienschnappschüssen entstanden. Entweder finde ich die über Freunde, Verwandte, Bekannte, die werden mir zugeschickt. Man fährt zusammen in Urlaub und tauscht Bilder aus. Manche mache ich dann. Oft ist es so, von der Komposition her, nehme ich ein Foto und setze das eins zu eins um, ohne viel zu verändern. Es gibt aber auch Fotos, wo ich dann bestimmte Elemente komplett weglasse oder Personen hinzufüge. Was mir irgendwann aufgefallen ist, während Corona habe ich ja viele Bilder gemalt nach diesem Barockmaler Pompeo Batoni. Ja, das war ein Maler, der in Rom gelebt hat und Touristen gemalt hat, die in Rom eine Zeit lang gelebt haben und dann natürlich als Souvenir ein Porträt, ein repräsentatives Porträt von ihm gemalt, mitgebracht haben, um zu zeigen, guck mal da, das bin ich, ich war in Rom. Die waren angereichert mit Symbolen, mit Gegenständen, vielleicht war auch mal ein Hund oder eine Skulptur, all das hatte eine bestimmte Bedeutung. Aber diese Art und Weise, wie die Leute vor Landschaften gepost haben, ist nichts anderes als das, was millionenfach mittlerweile im Netz hochgeladen wird. Alle Posen irgendwo vor einer Landschaft, das ist irgendwas, was nichts Neues ist. Insofern hat mich das irgendwann auch interessiert, diese Inszenierung von Menschen, irgendwie ganz banale Geschichten, die ich dann versuche, so ein bisschen auch zu ironisieren, gerade jetzt in den Zeichnungen, um das Ganze so ein bisschen auf die Spitze zu treiben. Und wenn es um Landschaften geht, versuche ich dann natürlich auch über eine Farbigkeit, die nichts zu tun hat mit dem, was wir kennen, dass der Himmel zum Beispiel rosa ist oder rot oder vielleicht auch giftgrün unterschwellig, da auch so ein bisschen Unbehagen mit ins Spiel zu bringen. Und ich glaube, das ist auch das, was sich hoffentlich durch die Ausstellung so ein bisschen zieht, was diesen drei Werkgruppen, sage ich jetzt mal, was da so ein bisschen der rote Faden ist. Dieses Unbehagen, was auch mein Unbehagen gegenüber der Welt grundsätzlich ist, was ich auch immer wieder hinterfrage, zum Beispiel halt eben über diese Bildgeschichten, es ist auch so, dass jetzt in diesen Bildern etliche Fotos sind, die teilweise schon uralt sind, die ich in Kisten von meinen Eltern gefunden habe. Das sind Fotos von der Hochzeitsreise meiner Eltern, was jetzt auch schon 60 Jahre her ist. Die unterscheiden sich in der Zeichnung, in der Malerei durch nichts, was vor einem Jahr aufgenommen worden war. Insofern ist das uralt als Thema. Verena Feldbausch: Das stimmt, ja, auf jeden Fall. Das zieht sich wirklich über die Jahrzehnte. Armin Rohr: Wir kennen es, wir machen das alle. Verena Feldbausch: Genau, genau. Du hast auch mal gesagt, ich zitiere dich nochmal aus dem Katalog, eine Bleistiftzeichnung ist immer wieder ein sehr gutes Konzept. Was willst du uns damit sagen? Armin Rohr: Ich habe ja als Zeichner angefangen, auch schon vor dem ersten Studium Grafikdesign. Ich habe immer schon gezeichnet und habe eigentlich seit diesem ersten Studium immer, wenn ich aus dem Haus gehe, einen Skizzenblock in einem Rucksack oder Tasche und einen Bleistift. Das heißt also, das ist für mich so die rudimentärste Form überhaupt, mich auszudrücken. Es funktioniert überall. Ich brauche keinen Strom, ich brauche keinen WLAN. Ich setze mich irgendwo hin, ob das jetzt im Urlaub ist, vor einer Landschaft oder in der Kneipe oder egal wo ich bin, wenn mich etwas interessiert, wenn mich ein Gedanke durchzuckt, ich kann sofort loslegen. Ich brauche keine Farbe. Das ist das Einfachste, was immer funktioniert. Und es wird nie langweilig. Es kommt witzigerweise nie aus der Mode, weil außer mir machen das Gott sei Dank noch sehr, sehr viele andere Kolleginnen und Kollegen. Und es ist etwas, was mich wirklich seit mehr als die Hälfte meines Lebens begleitet. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass das irgendwann mal aufhört. Verena Feldbausch: Ja, also das heißt, du hast eine wahnsinnige Sammlung wahrscheinlich an Notizbüchern. Und ich glaube, da hinten ist auch ein Monitor. Wenn man reinkommt, rechts ist ein Monitor und da sieht man dann auch Ausschnitte aus den Notizbüchern, die jetzt in den letzten vier Jahren entstanden sind, oder? Armin Rohr: Nee, ich weiß nicht genau, über welchen Zeitraum die entstanden sind. Ich glaube, ich habe dann einfach Skizzenbücher genommen, die, ich glaube, es sind auch teilweise Skizzen dabei, die schon ungefähr zehn Jahre alt sind. Ich habe das versucht, so ein bisschen auf die Ausstellung auch zusammenzustellen. Es sind also sehr viele Porträts oder auch figürliche Geschichten. Es sind auch Landschaftsnotizen, die ich zwischendurch mache, wenn ich durch die Stadt laufe, durch Saarbrücken, wo ich denke, guck mal da, die Sonne, der Schatten, da setze ich mich jetzt mal hin, fange an zu zeichnen. Es sind auch viele persönliche Geschichten dabei, aber es sollte so ein bisschen auf die Ausstellung zugeschnitten sein, sodass ich da einfach zeitmäßig ein bisschen weiter ausgeholt habe. Verena Feldbausch: Und ich meine, du führst ja auch einen Blog. Ist der täglich, also dass du täglich dann da irgendwas reinstellst, dass auch dann deine Freunde oder Follower dann sehen können, was du gemacht hast? Oder ist das für dich eher? Armin Rohr: Zunächst mal, der ursprüngliche Gedanke war der, dass ich eine Webseite hatte, die unfassbar kompliziert zu aktualisieren war. Und da bin ich irgendwann 2007, glaube ich, auf diese Blogs gestoßen. Das ging relativ schnell. Innerhalb von fünf Minuten konnte man über so Templates sich das Ganze einrichten. Und dann war mir klar, ich lasse die Webseite irgendwann absterben, weil ich kann relativ schnell Sachen einpflegen und habe dann mit, witzigerweise, einer Serie mit Selbst-Portraits damals angefangen. Und ich wusste auch gar nicht, dass das so lange dauert. Ich dachte, ich mache das jetzt mal. Und wenn ich eine Idee habe für eine Webseite, die leichter zu aktualisieren ist, mache ich das vielleicht mal einfacher. Und plötzlich war das Blog, der Blog, das Blog, irgendwie so eine Art Tagebuchgeschichte. Es gibt Zeiten, in denen ich nicht male, keine großen Bilder, dann aktualisiere ich da fast täglich. Das heißt, es sind Zeichnungen, Notizen, es sind ganz banale Sachen. Es sind auch oft Zeichnungen, die in Kursen entstehen mit den Studierenden, wenn wir draußen sind, mache ich immer schon Erklärzeichnungen und zeichne dann auch selbst mit. Es sind viele Dinge, die eigentlich doof sind oder nicht ernst gemeint. Es hat aber immer was mit mir zu tun. Und gerade bei Zeichnungen ist es manchmal auch sehr persönlich. Ich habe da keine Angst davor, auch solche Sachen zu zeigen. Mittlerweile ist es ja fast 20 Jahre und ist ein Teil meines Lebens geworden. Und jetzt im letzten Jahr ist es natürlich aufgrund der Größe der Bilder, wenn ich einmal ein Bild so einen Tag gemalt habe, natürlich nicht mehr zu einer Zeichnung gekommen. Das heißt, die Einträge waren jetzt nicht mehr so regelmäßig. Aber es kommen bestimmt auch wieder Zeiten, wo das wieder anders läuft. Und ich kann mir das auch nicht mehr vorstellen, ohne dieses Blog weiterzumachen. Davon abgesehen gibt es ja Gott sei Dank noch andere Künstler, die das machen. Nicht viele, aber es gibt es. Verena Feldbausch: Und ich stelle mir das so vor, dass du halt dann in deinem Arbeitszimmer oder in deinem Atelier dann diese ganzen Skizzenblöcke hast, hast du die dann geordnet nach Jahren oder Monaten? Ja, und wie findest du dann was? Oder guckst du da nochmal rein? Also ich meine, es soll ja manchmal eine Gedankenstütze sein. Also wie findest du dich zurecht? Armin Rohr: Gar nicht. Armin Rohr: Ich bin ein ganz unordentlicher Mensch. Verena Feldbausch: Okay. Armin Rohr: Total, ja. Und als ich jetzt recherchiert habe, alle Bilder, die jetzt in diesem Monitor zu sehen sind, alle Zeichnungen, habe ich Gott sei Dank im Laufe der Jahre immer fotografiert für das Blog. Und als ich dann ins Regal gegriffen, ein paar Skizzenbücher rausgenommen und gesehen habe, wow, da sind ja ganz viele Skizzen drin, die ich gar nicht fotografiert habe. Aber es war in der Kürze der Zeit auch gar nicht mehr möglich. Ich bin leider Gottes komplett unsortiert und schlampig und werde vielleicht dann nach und nach nochmal ein paar andere Sachen fotografieren. Aber diese Geschichte mit dem Blog ist wichtiger für mich, um zu gucken, was eben passiert ist im Laufe der Jahre, als irgendwo ein Bilderlager oder diese Skizzenbücher. Ich gucke mir die Skizzenbücher oft an. Und wenn ich dann mal zufällig eins aus dem Regal ziehe, was 20 Jahre alt ist, dann kriege ich sofort wieder dieses Gefühl oder die Stimmung, je nachdem. Mehr sogar als beim Foto. Gerade wenn ich jetzt irgendwo vor einer Landschaft sitze und die zeichne, je nachdem wie lange es eben dauert, dann nimmst du das ganz, ganz anders auf oder ganz anders wahr und es bleibt ganz anders haften wie ein Foto. Das heißt, ich kriege da sofort wieder diese Stimmung oder diese Befindlichkeit, in der ich diese Zeichnung gemacht habe, mit. Verena Feldbausch: Interessant, ja. Und jetzt habe ich noch eine Frage zu der Serie. Ja, also jetzt zitiere ich dich nochmal oder zitiere aus dem Katalog. "Dunkle Wolken versüßen meinen Tag. Ich danke dir, du Gott der Serie." Also serielle Kunst beruht ja auf dem Grundsatz der Wiederholung und der Variation. Du malst immer wieder in Serien. Das haben wir ja bei dem Porträt gesehen. Wann ist ein Thema für dich abgearbeitet? Armin Rohr: Es ist einfach ein Gefühl. Das heißt, ich bearbeite ein Thema so lange, bis ich dann irgendwann ins Atelier komme und entweder Angst habe, mich zu wiederholen oder mir fällt nichts mehr ein. Und dann muss ich was anderes anfangen. Deswegen, so erklären sich auch die Brüche, die für viele oft nicht nachvollziehbar sind. Warum malt er jetzt figürlich die ganze Zeit und plötzlich sieht man eine abstrakte oder eine ungegenständliche Wandmalerei. Das ist wirklich oft auch so eine gewisse Langweile. Manchmal passiert es einfach, dass man sich langweilt und dann muss ich was Neues machen, weil ich mich einfach nicht reproduzieren will. Es kann aber sein, dass ich Jahre später nochmal anknüpfe, weil mir nochmal was einfällt. Aber diese Arbeit in Serien hat sich für mich einfach als sehr gut und wichtig herausgestellt. Verena Feldbausch: Also die Waldorte sind wahrscheinlich jetzt noch nicht abgehakt. Also ich meine, jetzt sind ja jetzt schon einige Bilder entstanden, aber wahrscheinlich ist da noch ganz viel Potenzial drin, könnte ich mir vorstellen, oder? Armin Rohr: Jetzt gab es einen Bruch. Die letzten vier Wochen konnte ich wirklich kaum im Atelier arbeiten. Und jetzt bin ich selbst gespannt. Natürlich ist es so, die Wald-Orte sind witzigerweise überwiegend Leinwand und Bilder auf Holz, auch kleinere Formate. Es gibt einige ganz, ganz wenige Zeichnungen, Papierarbeiten, die jetzt aber hier nicht in der Ausstellung hängen, weil die hätten nicht gepasst. Aber was ich mir jetzt durchaus vorstellen kann, dass ich jetzt gerade diese Wald-Orte in Papierarbeiten einfach ein bisschen weitertreiben kann, weil im Papier als Zeichner bin ich komplett frei. Ich kann machen, was ich will. Kann ich sowieso als Maler, aber in der Zeichnung kannst du viel schneller Dinge ausprobieren. Wenn es was wird, ist es gut. Wenn nicht, schmeißt es einfach weg. Und ich glaube, dass ich jetzt vielleicht mehr Richtung Papier gehe oder dass ich mich auch von den Wald-Orten entferne und das Ganze vielleicht in ein städtisches Umfeld, in urbane Räume verlagere. Auch was die Gegenstände betrifft, ich hätte mir nicht träumen lassen, bis vor drei, vier Monaten, dass ich irgendwann mal ein Auto male oder einen Wohnwagen. Das sind für mich völlig neue Entdeckungen. Als Zeichnung vielleicht schon, klar, aber eher als Abzeichnung, wenn es irgendwo in der Landschaft rumsteht. Aber das interessiert mich jetzt natürlich auch, wie kann ich mit solchen Gegenständen malerisch umgehen. Da ist noch sehr viel Potenzial. Ich denke, das geht weiter. Verena Feldbausch: Schön, super. Vielen Dank. Armin Rohr: Okay, das war es schon. Verena Feldbausch: Das war es schon. Es sei denn, du willst noch irgendwas sagen, was ich vergessen habe zu fragen. Armin Rohr: Ich glaube, wir haben so viel angesprochen. Ich weiß jetzt gar nicht mehr, was das... Ich glaube, wir haben das Wesentliche abgedeckt und es waren auch tolle Fragen. Vielen Dank, dass du mich da eingeladen hast. Hat mich sehr, sehr gefreut. Verena Feldbausch: Schön. Ja, mich freut es auch sehr. Also du bist mir schon, seit ich Podcasts mache, seit 23 im Gedächtnis. Aber ich knüpfe das ja immer an eine Ausstellung. Armin Rohr: Was ja auch sinnvoll ist. Verena Feldbausch: Ja, weil ich finde, die Leute können dann hingehen. Und ich habe mit der Nicole Nix-Hauck (der Kuratorin) besprochen, dass wir hier so einen QR-Code machen, wo der Besucher dann den Podcast abhören kann. Armin Rohr: Da bin ich mal gespannt. Armin Rohr: Probier ich sofort aus! Armin Rohr: Schöne Idee. Verena Feldbausch: Ja, sehr schön. Vielen Dank, Armin. Armin Rohr: Ja, dir auch. Verena Feldbausch: Zu der Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Es gibt öffentliche Führungen durch die Ausstellung und all diese Infos findet ihr in den Shownotes. Außerdem gibt es ein Künstlergespräch mit Armin Rohr und der Kuratorin und Leiterin der Städtischen Galerie Neunkirchen, Nicole Nixhaug. Und zwar am 18. Mai, dem Tag der Finissage. Ich hoffe, euch hat es so viel Spaß gemacht wie mir und freue mich schon aufs nächste Mal. Bis dahin, eure Verena Feldbausch. Dir hat art talk gefallen? Dann hinterlasse 5 Sterne und empfehle uns deinen FreundInnen. Mehr Infos zu dem Podcast findest du in den Shownotes und in unserem Blog. Sei wieder dabei, wenn es heißt, wir reden über Kunst bei art talk, dem Kunstpodcast aus SaarlorLux.