BauertothePeople (B2P)

Wilhelm Geiger

Ahaa! - Ursachen, warum so viele Lebensmittel im Müll landen

... erklärt von Gudrun Obersteiner, Abfallexpertin an der BOKU

26.02.2023 12 min

Zusammenfassung & Show Notes

In diesem Ahaa!-Moment gibt uns die Abfallexpertin Gudrun Obersteiner von der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) einen Einblick in die vielen Ursachen, warum Lebensmittelabfälle entstehen.

Studie "Teller statt Tonne"
Kurzversion | Langversion

Gudrun Obersteiner könnt ihr auch in
Folge 69 ausführlich kennenlernen.

VERNETZEN 
 
MUSIK 
Leit hoits zamm – Haindling 
Power to the People – Junior Kelly 
 
… und ein bisserl selbst gesungen 😊 
 
Durchs Reden kommen die Leut´ zamm! 

Transkript

Einleitung
00:00:17
In der aktuellen Folge der Bauer to the People Aha-Momente erklärt uns die Gudrun Obersteiner, wo genau Lebensmittelabfälle in Österreich entstehen. Und ganz wichtig, wie sie das herausgefunden Vulgo gemessen haben. Die Gudrun ist stellvertretende Leiterin des Instituts für Abfall und Kreislaufwirtschaft an der Wiener Universität für Bodenkultur oder kurz BOKU. Und vor allem ist die Gudrun zusammen mit ihrer Kollegin Sandra Luck die Autorin der im Jahr 2020 erschienenen Studie Teller statt Tonne die vom WWF in Auftrag gegeben wurde. Eine Studie an der man in Österreich wenn es ums Thema Lebensmittelabfälle geht definitiv nicht vorbei kommt. Der Link zur Gudrun und zu ihrer Studie den findet ihr bei uns in den Show notes und in den Beschreibungen zu dieser Folge. Und ja, jetzt kann ich nur noch sagen, möge der Aha-Moment mit euch sein.
Ahaa
00:01:25
Und ich würde dann gleich weitermachen mit einer weiteren spannenden Frage, nämlich, was sind denn die Ursachen für die Lebensmittelabfälle? Warum haben wir denn so viele Lebensmittelabfälle, die im Müll landen. Und genauso wie die Erhebungsmethoden unterschiedlich sind, sind die Gründe ganz unterschiedlich, wenn man mit der Landwirtschaft beginnen wollen. Das sind so klassische Gründe, zum Beispiel die Erntetechnik. Also wenn die Erntemaschine auf eine gewisse Größe eingestellt ist bei den Kartoffeln, dann werden die, die zu klein sind, einfach automatisch durchfallen und landen dann wieder am Feld. Es kann aber auch ökonomische Gründe geben, dass man sagt, okay, der Preis für die Ware ist zurzeit so tief, dass es sich gar nicht mehr rechnen würde, das in Österreich zu ernten. Keine Ahnung, die polnischen Äpfel so billig sind, dass die steirischen Äpfel nicht mehr konkurrieren können und das Ernten, und wenn man sie dann sowieso nicht verkaufen kann als Apfel, sondern maximal noch irgendwie für die Saftproduktion verwenden kann, dann rechnet sich das Ernten einfach gar nicht mehr. Großer Teil in der Landwirtschaft sind natürlich echte Schäden, das können Frassschäden sein, das können aber natürlich auch Hagel- oder Umwetterschäden sein. Dann ein Thema sicherlich in der Landwirtschaft Überproduktion. Die meisten Landwirte haben ja gewisse Verpflichtungen gegenüber bestimmten Abnehmern. Um diese Verpflichtungen einhalten zu können, müssen sie ja von vornherein ein bisschen mehr produzieren, damit sie dann in jedem Fall, auch wenn es ein schlechteres Jahr ist, genug haben. Wenn es aber jetzt ein besseres oder ein optimales Jahr ist, dann haben alle Landwirte natürlich viel zu viel. Dann sind wir auch wieder beim Thema ökonomische Gründe. Also meistens haben dann alle zu viel oder eben alle zu wenig und wenn alle zu viel haben, dann haben wir natürlich auch ein ökonomisches Problem. Ein Thema in der Landwirtschaft, das glaube ich allen bekannt ist, das man immer wieder hört, das sind die sogenannten Marktkriterien, dass eben gewisse Größen bevorzugt werden vom Markt, Also von uns Konsumentinnen, vom Handel dann in weiterer Folge und das wird dann auch an die Landwirtschaft so weiter transportiert, dass halt ein Kohlrabi nicht zu groß sein soll oder ein Hokkaido-Kürbis nicht zu klein sein soll und so weiter. Und ein Thema in der Landwirtschaft sind natürlich auch Hygienestandards, die eingehalten werden müssen. Im Handel sind die Gründe, andere, da haben wir zum Beispiel und da müssen wir uns ein bisschen selber an der Nase nehmen, als Konsumentinnen. Wir haben mittlerweile eine Erwartungshaltung, dass immer alles verfügbar ist. Also wenn wir am Abend im Supermarkt gehen und uns einbilden, wir wollen jetzt irgendwie einen Mondweckal haben, dann sind wir total unglücklich, wenn um 19.20 Uhr nur mehr Semmeln da sind und deshalb versucht der Handel uns natürlich die Mondweckalen zur Verfügung zu stellen. Nur wenn Wenn wir an dem Abend lieber Salzstangen wollen, dann bleiben halt die Mondweckerl über. Und das gilt natürlich für viele andere Produkte auch. Also wir sind es nicht mehr gewohnt, so wie es früher war. Mein Mutter ruft mich heute zum Teil noch an und sagt, und jetzt vor Weihnachten, du musst ein Parkett bestellen, damit du es kriegst. Nein, muss ich heute nicht mehr bestellen. Vor 20, 30 Jahren hat man das noch gemacht. Vor Feiertagen, damit man die Sachen kriegt, hat man es halt bestellt, hat sich der Handel darauf einstellen können, hat super funktioniert. Und jetzt ist es aber so, dass wir davon ausgehen, dass immer alles da ist. Und das, was wir nicht nehmen am Samstag, das wird dann halt natürlich entsorgt. Wir haben aber im Handel zum Beispiel auch das Thema mit Fehletikettierungen, mit zerstörten Verpackungen, mit Problemen in der Logistik. Wenn dann wieder irgendwo keine Ahnung, ein Demo ist oder ein Streik ist oder was auch immer, dann kommen halt die LKWs nicht durch von Spanien über Frankreich nach Österreich. Also auch das sind immer wieder Gründe, die zu massiven Ausfällen führen, aber natürlich auch zum Teil mangelndes Wissen, was man sonst noch machen könnte mit unverkaufter Ware. In der Außerhausverpflegung, also in der Gastronomie, in den Hotels und so weiter, da muss man auch ein bisschen genauer differenzieren bei den Gründen. Im normalen Restaurant zum Beispiel ist einer der Gründe, wenn es eine zu große Auswahl gibt, dann führt das dazu, dass man zu viele Produkte im Lager haben muss und das die dann natürlich, wenn die von der Konsumentin nicht gewünscht werden, irgendwann einmal schlecht werden. Wir haben das Thema mit den Haltbarkeitsdaten, die man sehr eng interpretieren kann und einfach, wenn jetzt keine Ahnung, das Joghurt das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht hat, wirft, obwohl es eigentlich noch genießbar wäre. In seltenen Fällen gibt es wahrscheinlich auch noch Gastronominnen, die ganz genau einen Überblick haben über ihr Lager. Aber das sind eigentlich Randerscheinungen. Wir haben in der Gastronomie natürlich hohe Anforderungen an das Aussehen des Endprodukts. Das heißt, wenn das leicht angebrannt ist oder was auch immer, geht es natürlich nicht mehr raus zum Gast. Wir haben Hygienebestimmungen, die eingehalten werden müssen. Das trifft uns vor allen Dingen bei den Buffets, aber auch bei den Keterern, wenn alles was einmal draußen beim Gast ist, das darf nicht mehr weiterverwendet werden aufgrund der geltenden Hygienebestimmungen. Das heißt, wenn jetzt Frühstücksbuffet hergerichtet ist und das auf einem zu großen Tablett ist, wo halt relativ viel Wurst drauf ist und das nicht regelmäßig nachgerichtet wird auf kleineren Interplätz, haben wir halt einen relativ großen Anteil an Lebensmittelabfällen. Aber auch so Dinge wie essbare Dekoration, die nur da liegt, um hübsch zu sein und am Ende des Tages weggeworfen wird. Dann haben wir natürlich in der Gastronomie das Thema mit den zu großen Portionen, wo wir dann eben Tellerreste haben, wo auch wir wieder als Konsumentinnen gefordert sind und sagen können, bitte ich hätte gerne eine kleine Portion. Mit dem zusammen hängt auch zum Teil die mangelnde Kommunikation zwischen Küche und Personal, weil wenn das Personal rechtzeitig in der Küche bekannt gibt, da draußen sitzt ein starker Esser oder da draußen sitzt eine Person, die schon rein optisch nicht in der Lage ist, diese riesigen Portionen zu verdrücken. Also da mangelt es einfach teilweise an der Kommunikation. Und dann haben wir natürlich als letzten Lebensmittelabfallverursacher die Haushalte, die eben wie gesagt die meisten Lebensmittelabfälle verursachen, nicht nur in Österreich, sondern das sind einfach auch europaweite Zahlen, die das belegen. Und da ist schon einer der Hauptgründe zum Beispiel die falsche Lagerung. Also ein sehr großer Teil von den Lebensmittelabfällen aus Haushalten sind Obst und Gemüse. Und Obst und Gemüse wird weggeworfen, weil wir uns irgendwie mitgenommen haben, vielleicht auch von der Präsentation im Handel, da wird das alles so offen in dieser Marktsituation präsentiert. Und deswegen sind viele von uns der Meinung, wir sollten unser Obst vor allen Dingen auch irgendwie so in der Obstschüssel lagern. Und ich habe dann auch schon immer wieder gehört von Menschen, die gesagt haben, na ja aber der Apfel verliert ja Geschmack, wenn ich ihn im Kühlschrank tue. Und ich versuch dann immer zu erklären, wenn wir jetzt keine Ahnung mehr, jetzt haben wir gerade erst Februar, aber auch im Februar der steirische Apfel, den wir im Februar kaufen im Supermarkt, wo war denn der jetzt seit Herbst? Im Kühllager, natürlich im Kühllager bei 4 Grad. Also der kann jetzt nicht zusätzlich an Geschmack verlieren, wenn er schon vier, fünf Monate im Kühllager ist, wenn wir ihn auch noch im Kühlschrank tun. Und dieses Wissen ist aber verloren gegangen, dass das meiste Obst und sowieso fast jedes Gemüse sich im Kühlschrank wohlfühlt und das wird dann halt herausgelagert. Das nächste ist, dass viele Menschen der Meinung sind, sie müssen eingekauftes Obst und Gemüse sofort, wenn sie heimkommen, ausbacken, weil ja diese Plastikverpackung irgendwie schädlich ist. Am spannendsten sind für mich die Geschichten, wo es dann umgepackt wird in ein anderes Plastik-Geschirrl, hauptsächlich offen. Aber dem ist nicht so. Also die Verpackungen sind ja höchst optimiert, damit die Produkte länger halten. Das heißt immer erst öffnen, bevor man es wirklich aufbraucht, bevor man es wirklich essen will. Dann haben wir natürlich bei den Haushalten den fehlenden Überblick, wo vor allen Dingen die Sachen in den Vorratsschränken, Dosen, Mehl, Marmeladen oder was auch immer schon 5, 6, 7, 8, 9 Jahre lagern und dann irgendwann einmal vielleicht wirklich nimmergut sind, wobei das eigentlich selten der Fall ist. Das führt uns natürlich zu einem Thema, das wir bei den Haushalten haben, nämlich das falsch verstandene Mindesthaltbarkeitsdatum, wo wirklich Menschen immer noch glauben, man kann das tatsächlich nicht essen, aber dem ist nicht so. Also man sollte da mehr den eigenen Sinnen vertrauen, wenn es darum geht. Ist jetzt das Joghurt noch gut oder ist es nicht gut? Nicht einfach wegwerfen, wenn das Datum überschritten ist, sondern immer schauen, riechen, schmecken und nur wenn es wirklich schlecht ist, muss man die Dinge wegwerfen. Neben zu viel eingekauft ist dann einer der Hauptgründe bei den Haushalten natürlich noch, dass unser Bild die Kenntnis verloren gegangen ist. Was können wir denn mit den Resten machen? Was kann man denn schnell machen, wenn schon die ersten Äpfel schrumpelig werden? Wie kann ich schnell ein Apfelmus machen? Wie kann ich eine Erdbeermarmelade machen? Wie kann ich sehr einfach aus den Resten von gestern, indem ich Erdäpfel und Eier dazu tue, irgendein Kröstl machen und so weiter. Das ist nicht mehr so wirklich in vielen von uns drin.

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