BauertothePeople (B2P)

Wilhelm Geiger

Ahaa! - Wie viele Lebensmittel im Müll landen und wie das eigentlich gemessen wird

... erklärt von Gudrun Obersteiner, Abfallexpertin an der BOKU

19.02.2023 11 min

Zusammenfassung & Show Notes

In diesem Ahaa!-Moment erklärt uns die Abfallexpertin Gudrun Obersteiner von der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), wo und wie viele Lebensmittel in Österreich im Müll landen. Außerdem gibt sie uns Einblick, wie diese Abfälle gemessen werden und somit die Zahlen und Ergebnisse der Studien entstehen.

Studie "Teller statt Tonne"
Kurzversion | Langversion

Gudrun Obersteiner könnt ihr auch in
Folge 69 ausführlich kennenlernen.

Transkript

Einleitung
00:00:17
In der aktuellen Folge der Bauer to the People Aha-Momente erklärt uns die Gudrun Obersteiner, wo genau Lebensmittelabfälle in Österreich entstehen. Und ganz wichtig, wie sie das herausgefunden Vulgo gemessen haben. Die Gudrun ist stellvertretende Leiterin des Instituts für Abfall und Kreislaufwirtschaft an der Wiener Universität für Bodenkultur oder kurz BOKU. Und vor allem ist die Gudrun zusammen mit ihrer Kollegin Sandra Luck die Autorin der im Jahr 2020 erschienenen Studie Teller statt Tonne die vom WWF in Auftrag gegeben wurde. Eine Studie an der man in Österreich wenn es ums Thema Lebensmittelabfälle geht definitiv nicht vorbei kommt. Der Link zur Gudrun und zu ihrer Studie den findet ihr bei uns in den Show notes und in den Beschreibungen zu dieser Folge. Und ja, jetzt kann ich nur noch sagen, möge der Aha-Moment mit euch sein.
Ahaa
00:01:26
Hallo, ich bin die Gurun vom Institut für Abfallwirtschaft auf der Universität für Bodenkultur in Wien und wir beschäftigen uns jetzt seit fast schon 20 Jahren mit den Lebensmittelabfällen und mit den Möglichkeiten, wie man Lebensmittelabfälle vermeiden kann. Und ganz, ganz oft kriegen wir die Fragen gestellt, wo landen die Lebensmittel im Müll, wie viele Lebensmittel landen im Müll und unter anderem auch, wie kann man das überhaupt messen. Ein paar Zahlen haben wir mittlerweile schon dazu. Zum Beispiel wissen wir, dass wir ungefähr 1 Million Tonnen Lebensmittelabfälle in Österreich haben. Und davon gehen rund die Hälfte auf das Konto der Haushalte. Das glauben viele nicht, in den Köpfen ist sehr stark verankert, dass die meisten Lebensmittelabfälle beim Handel anfallen, aber im Handel ist es relativ wenig. Das haben wir in einer Größenordnung von 8 Prozent der gesamten Lebensmittelabfälle in Österreich und eben wie gesagt Haushalte bei 50 Prozent. Circa 16 Prozent sind es jeweils in der Außerhausverpflegung, also in der Gastronomie, in den Hotels, in Catering und so weiter und auch 16 Prozent haben wir in der Landwirtschaft. Ja, den ca. 1 Millionen Tonnen in Österreich stehen ungefähr 88 Millionen Tonnen in der EU gegenüber. Und wenn man jetzt glauben würde, naja, ist klarerweise ein Problem von den reichen Ländern, dass wir so viele Lebensmittelabfälle haben, da kann ich, muss ich entgegnen, stimmt auch nicht, sondern wir haben auch ganz ganz viele Lebensmittelabfälle in ärmeren Ländern, nur dass sie dort anders verteilt sind. Also bei uns hat es halt sehr viel mit Aussehen zu tun, mit Vermarktungsgeschichten, mit unseren persönlichen Kriterien und die mehreren Lebensmittelabfälle in den reicheren Ländern fallen eben bei Haushalten an. In den ärmeren Ländern haben wir wenig Lebensmittelabfälle bei den Haushalten. Dafür viele Lebensmittelabfälle zum Beispiel während des Transports. Also wenn man sich jetzt keine Ahnung Afrika vorstellt, viel wärmer ist bei uns das Equipment nicht so wie bei uns, keine Kühllastwege. Also da kann man schon die Straßen nicht hoch optimiert, also nicht so die Autobahn, sondern vielleicht sogar irgendwo noch eine Schotterpiste. Da passiert dann relativ viel, dass während des Transports verloren geht oder eben einfach nicht mehr in einer wirklich genießbaren Qualität beim Kunden ankommt. Wie kann man sich das jetzt vorstellen mit dem Messen der Lebensmittelabfälle? Eine meiner Lieblingsgeschichten, die ich erzähle, da war war ich relativ frisch an der BOKU und wir haben eine sogenannte Sortieranalyse gemacht von Restmüll. Das heißt, man steht da, man kippt den Restmüllbehälter auf den Tisch und sortiert dann die einzelnen Dinge, die drinnen sind, die Kunststoffverpackungen zu den Kunststoffen und die Dosen zu den Dosen und eben die Lebensmittelabfälle zu den Lebensmittelabfällen. Ein älterer Herr hat bei uns vorbeigekommen und hat gemeint, naja, hättet ihr jetzt was gescheites gelernt, Da müsst ihr jetzt da jetzt nicht stehen. Aber eben der Schwank aus meinem Leben erklärt eben eine der Methoden, die man anwenden kann, um Lebensmittel, um herauszufinden, wie hoch das Aufkommen von Lebensmittelabfällen ist. Nämlich vor allen Dingen im Bereich der Haushalte geht man tatsächlich hin und schaut nach, was im Restmüll drinnen ist. Das funktioniert relativ gut mit dem Restmüll, da werden sowieso regelmäßige Sortieranalysen österreichweit oder eigentlich auch europaweit durchgeführt und dann versucht man halt aufgrund einer gewissen Stichprobe auf die Gesamtmenge hochzurechnen. Bisschen schwieriger ist das Ganze dann schon beim Biomüll, weil sich da natürlich die Lebensmittel als solche nicht so gut halten. Also jeder der daheim eine Biomülltonne hat oder der einen Komposter daheim stehen hat, was, dass das relativ schnell zu einer sehr kompakten, eher ekeligen Masse wird, was da so drinnen ist, vor allen Dingen im Sommer. Das heißt, da kann man dann nicht mehr so sehr ins Detail gehen, dass man sagt, so und so viel sind Brot- und Gebäckabfälle, so und so viel sind Fleischabfälle. Und das wird aber dann auch relativ schwer zu unterscheiden oder auseinander zu dividieren, ist das jetzt ursprünglich Gras gewesen oder war das ein oder irgendwas. Und wo man wirklich sagen muss, da funktioniert es irgendwie gar nicht mehr, ist das, was im Kanal landet. Also braucht nur jeder überlegen, was tut er mit einer sauer gewordenen Milch oder was tut sie mit dem Joghurt oder mit der Suppe, die überbleibt. Das wird halt üblicherweise ins Klo geleert und das kann man dann in der Form wirklich gar nicht mehr messen. Da stehen uns aber natürlich auch theoretisch Möglichkeiten zur Verfügung. Man kann versuchen, Haushalte zu überzeugen, sogenannte Lebensmitteltagebücher zu führen, wo dann halt wirklich minutiös über einen gewissen Zeitraum aufgeschrieben wird, was passiert mit den Lebensmitteln, ist nur bedingt genau, weil die Haushalte dann natürlich besser darauf achten, wie viel sie wegwerfen. Dann besteht auch noch die Möglichkeit, jeweils Befragungen durchzuführen, um eben Rückschlüsse drauf zu treffen. Also wenn man einfach fragt, wie viel oder was passiert konkret mit bestimmten Lebensmitteln, wohin werden die entsorgt, da geben die Menschen schon eine bereitwillige Antwort und über die Befragungsergebnisse kann man dann wiederum Hochrechnungen durchführen. Das ist auch der Weg, wie wir zu unseren Zahlen gekommen sind bei den Haushaltsabfällen. In der Gastronomie ist es ähnlich, da tut man entweder auch wirklich Sortieranalysen durchführen oder man versucht es über Wiegungen der Küchentonne, wo man halt dann keine Detailkenntnisse hat, aber einen groben Überblick kriegt. Zum Teil gibt es auch schon Systeme, die automatisch verwiegen und das Ganze ist dann gekoppelt mit Fotos, so dass jedes Mal, wenn ein neuer Schwung reinkommt, wird ein Foto gemacht und Da gibt es eine automatische Auslesung des Ganzen, sodass man auch hier recht gut zu Ergebnissen kommt, aber eben auch immer auf einer Betriebsebene. Also das ist immer mit einer Hochrechnung verpasst. Im Handel ist es eigentlich relativ leicht, weil der Handel an sich ja seinen Schwund sowieso erhebt. Das heißt, da gibt es Zahlen über die Abschreibungen, die man dann auswerten kann, die man dann quasi rückrechnen kann auf die Mengen, die dahinter liegen. Aber auch im Handel kann man natürlich Sortieranalysen durchführen. In der Produktion ist es auch relativ einfach, weil vor allen Dingen hat man da meistens Monomengen. Also der Produzent hat ja nicht so eine Mischung von ganz ganz vielen Lebensmitteln, sondern der Produzent hat ja zumeist 1, 2, 3 spezifische Produkte und da sind es dann meistens irgendwelche Unfälle, die passieren und die Mengen werden dann üblicherweise in österreichweite Erfassungssysteme zur Abfallerfassung eingemeldet, sodass die, die Handelszahlen recht gut sind, die wir haben. Besonders schwierig ist es in der Landwirtschaft, weil da haben wir erstens schon so ein gewisses Abgrenzungsproblem. Was ist wirklich Lebensmittelabfall und was nicht? Also ist das, was am Feld liegen bleibt, zählen wir das zu den Lebensmittelabfällen oder nicht? Müssen wir uns genauer anschauen, warum ist es liegen geblieben? Ist es ein Hagelschaden oder was, eine Überproduktion und wie vor allen Dingen kommt man zu Zahlen, was da liegen bleibt, was nicht geerntet wird. Auch hier kann man mit Befragungen arbeiten. Wir haben aber zum Teil auch schon sogenannte Nachernteaktionen gemacht, in denen wir einfach nach der Ernte aufs Feld gegangen sind und geschaut haben, wo sie es liegen geblieben und auch hier dann wieder hochgerechnet haben über einzelne Messungen, wie viel das denn sein könnte für ganz Österreich. Aber größtenteils arbeitet man in der Landwirtschaft entweder mit Befragungen oder, und das gilt jetzt für alle Bereiche, eigentlich sind Betriebe in Österreich quasi verpflichtet, ihre Abfälle zu melden. Und über dieses Meldesystem kann man dann natürlich die Mengen auch auslesen. Da sind wir aber dann auf einer Ebene Lebensmittelabfall, da wird es dann schwierig, wenn man das irgendwie genauer zuordnen will. Also sagen wir so und so So viel sind Fleischabfälle, so viel sind Essensreste oder was auch immer. Aber zumindest die Größenordnung, biogene Abfälle, kann man da schon relativ gut beziffern.

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