B2P Interview | Braucht es heimisches Gemüse im Winter?
Gemüsebauer Patrick Pranger, Steiermark
12.02.2023 11 min
Video zur Episode
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Zusammenfassung & Show Notes
Bianca im Gespräch mit dem steirischen Gemüsebauern Patrick Pranger zum komplizierten Verhältnis von Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit, Energie und Regionalität im österreichischen Gemüseanbau.
Das Interview könnt ihr auch auf unserem YouTube-Kanal nachsehen und den Kanal bei der Gelegenheit auch gleich abonnieren.
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Transkript
Wenn dank Energiekrise die Glashäuser in Österreich leer bleiben oder zumindest teurer werden,
dann meldet sich ein steirischer Biogemüsebauer und hat ein bisschen eine andere Perspektive,
was unsere Versorgungssicherheit mit Gemüse anbelangt.
Patrick Pranger ist junger Gemüsebauer in der Steiermark und möchte uns dazu gerne.
Seine Perspektive mitteilen.
Vielen Dank Bianca für die Zeit heute. Freut mich, dass ich über das wichtige Thema reden darf.
Ich würde gerne mein Senf dazu geben. Bitte um den Senf. Das Thema Versorgungssicherheit
ein bisschen ansprechen, weil mich da ein paar Punkte triggern. Vor allem Versorgungssicherheit.
Die Frage, brauchen wir Gemüse aus Österreich, also Fruchtgemüse, sprich Tomaten, Paprika,
Gurken im Winter aus Österreich, ist ja eigentlich eine ganz einfache Frage, weil man denkt
sehr, die einfache Antwort wäre ja, natürlich ist es ja regional, es ist eigentlich super,
dass ich dann ein regionales Gemüse im Winter auch aus Österreich beziehen kann, aber es
ist sehr wichtig, von welcher Seite man das Ganze betrachtet. Kauft man, wenn man regional
kaufen will, also wenn man die österreichische Wirtschaft unterstützen will, dann versteht
es voll und ganz, dass man dann auch Tomaten im Winter aus Österreich kauft. Aber kaufe
ich jetzt ökologisch ein, sprich schaue ich auf meinen CO2-Fußabdruck, dann macht es
überhaupt keinen Sinn, wenn ich im Winter österreichische Tomaten kaufe, weil der
Fußabdruck, der C2-Fußabdruck von einer spanischen Tomate ist weit aus geringer.
Mit der aus einer aus Österreich. Und dann stellt sich auch noch die Frage, wie wichtig
ist mir der soziale Aspekt bei Lebensmitteln? Sind die sozialen Standards der Ausbedingungen
in Österreich gleich wie in Italien oder in Spanien? Wie funktioniert unsere komplette
Landwirtschaft in Zentraleuropa? Wer arbeitet im landwirtschaftlichen Bereich? Und wo sind
die sozialen Standards gleich. Also man sieht, also eine kleine Frage über Versorgungssicherheit löst das sehr große Lawine aus von Fragen und ja, das.
Das beweist euch, dass man das Thema selbst sehr wichtig ist.
Du bist jetzt Gemüsebauer in der Steiermark, Betonung auf Bauer, nämlich mehr Flächen, Folientundel, auch Freiland.
Und jetzt sag mal, welches Gemüse würdest du denn jetzt essen bzw. anbauen und wo kann ich das jetzt kaufen als Mensch, der dann vielleicht die Alternative zur Tomate sucht?
Realistisch muss man schon noch bleiben, es gibt derzeit nicht sehr viel Wintergemüse
auch, das aus Österreich kommt, aber ich will vor allem die Potenziale aufzeigen,
es wäre sehr viel möglich.
In der Praxis schaut es ja so aus, dass man in einem Folienhaus, also in einem Gemüsetunnel,
die Sommerkultur, sprich wenn es eine Tomate ist, Ende Oktober, Mitte November ausräumt,
Wenn man dann sehr zügig einen Salat anbaut, da drin, Felsalat, Vogelsalat, Rucola, dann.
Wird der entweder, wenn man sehr viele Sonnenstunden hat im Winter, noch zu Weihnachten fertig
und sonst im Frühjahr dann, also Mitte Februar.
Und da hat man also im Platzsalatbereich schon mal Versorgungssicherheit, würde ich mal sagen.
Aber die größte Gruppe der Wintergemüsevielfalt sozusagen, die baut man im Sommer an.
Sind die ganzen Lagergemüse im Frühsommer und die Kohlswarten zum Beispiel.
Und da wird sehr, sehr, sehr, sehr viel Auswahl geben, mit der wir uns kaum noch beschäftigt haben,
wo ich auch ein Bild von Wolfgang Balme verlinken darf, der sich sehr lang schon intensiv mit dem auseinandergesetzt hat,
und uns unglaublich gemüsebauern motiviert, da mehr Gas zu geben im Winter, regionales und saisonales Gemüse
produzieren. Heizungsfrei. Und sag jetzt dein und euer Gemüse, das ihr im Sommer
produziert habt, wie ich nehme mal an, das sind Karotten, wie du selber sagst,
Kohl, vielleicht ein Zeller, du hast vorhin Kinnerkohl gesagt. Wo kriegt man das denn
dann? Wo liefert ihr das hin? Ja, bei uns hat so was, wir haben das Sommergemüse,
klassischen Tomaten, Paprika, Gurken, Chili, Pfefferoni, Melanzani, die liefern wir an der
Lebensmittel-Einzelhandel auch. Und wir haben aber auch noch andere Vertriebswege, unter anderem die
Biokiste und wir veredeln sehr viel im Glas. Und das komplette Freilandgemüse bei uns,
wenn man über Sellerie spricht, Rote Rüben, Lauch, Bastinaken, Rettich, das lagern wir ein bei uns.
Am Hof und dann gibt es das über den ganzen Winter hinweg über die Biokiste oder bei Bauernläden
in der Region und also in der kompletten Untersteiermark bis Graz. Zusätzlich noch
noch Blattgemüse aus dem Follendunkel.
Und ich jetzt so, weil es ja auch passt, ich bin eigentlich sagen wir mal ein 0815 Konsument,
der halt in der Stadt lebt und wo der Nahversorger der Supermarkt ist.
Wenn ich dort hingehe, gibt es vielleicht noch Karotten, vielleicht dann Kina-Kohl
und dann ist schon ziemlich zammkramt und sonst sind die Regale eigentlich voll mit dem,
was du Fruchtgemüse nennst, also Zucchini, Paprika, Paradeiser und so fort.
Teils aus Österreich, teils nicht. Was mache ich jetzt, wenn ich eigentlich sage, okay, gute Idee,
wir können was gegen die Energiekrise tun, weil wir brauchen nichts heizen. Gute Idee,
weil es ist saisonal und es ist regional und nicht weit gereist. Aber wie jetzt?
Ja, vollkommen berechtigt, weil 95 Prozent der Lebensmittel werden im Lebensmittel-Einzelhandel
im Supermarkt kauft. Also muss man immer realistisch bleiben. Ich glaube, da wäre es sogar
so eine Anregung und eine Motivation, uns gemeinsam auf den Backel zu hauen, sprich.
Produzentinnen und Produzenten und auch Lebensmittel einzuhalten, dass man vielleicht einmal eine.
Wintergemüse, eine regionale, saisonale Wintergemüseaktion startet, mit Potenzial, die erkennen,
was ist möglich, damit man auch im Supermarktregal für die Zukunft regionales und saisonales Gemüse
im Winter liegen hat. Das geht von verschiedenen Kohlearten über Blattgemüse. Das ist eine
ganz große Palette. Und dann sieht man auch mal, was für Auswahl möglich wäre im Winter.
Natürlich gibt es Risiken, die brauchen wir nicht schönreden. Die Versorgungssicherheit im
im Winter, also wenn man zum Beispiel jetzt da wie jetzt, es ist sehr kalt und das Salat
schneiden kann ich jetzt erst ab 10, 11 vor dem Mittag, also in der Früh geht nichts.
Und da braucht es auch eine gewisse Spontanität, dass vielleicht einmal 2, 3 Tage dann das
Produkt nicht angeliefert werden kann, weil es halt so kalt ist und ich kann es nicht schneiden.
Und das ist halt auch etwas schwierig im Lebensmittel-Einzelhandel, weil ich es ja auch verstehe, das Regal muss
voll, muss immer voll sein, der Umsatz muss passen. Aber ich glaube auf jeden Fall, dass
es eine Diskussion wert ist, wie man das umsetzen könnte, damit man mehr regionale und saisonale
Produkte im Supermarkt liegen hat.
Spannend ist hier, das ist ja ein Thema, das ist nicht neu, aber durch die Energiekrise, durch die wir da gerade durchgehen,
sickert es an die Oberfläche und wird transparent, nämlich nicht nur, was es für Probleme gibt, sondern auch allein die Fragestellungen,
die du aufgeworfen hast und Ideen und Lösungsansätze, die man vielleicht dann auch in der Praxis leben kann.
Und ich nehme an, wir hoffen alle, dass da was weitergeht. und ich würde aber jetzt zum Abschluss gerne von dir wissen, du baust und bemühst dich,
Gemüse so anzubauen, dass es mit der Saison auch geht. Aber was bedeutet das für dich,
persönlich auch im Umgang mit abnehmen? Weil du hast selber gerade gesagt, im Supermarkt muss
immer alles gleichzeitig da sein und die Regale müssen voll sein. Was hast du dafür Erfahrungen
gemacht mit dem Handel, mit dem Vertrieb, mit den Kunden.
In Hinsicht von Abnahmemengen und so weiter oder Überschüsse, meinst du das in die Richtung?
Ja, genau. Okay. Ja, ich glaube, da braucht es ganz, ganz, ganz viel offene Kommunikation.
Und wenn man die richtige Einkäuferin oder den richtigen Einkäufer bei der jeweiligen Handelskette hat,
die das auch versteht und das Know-how hat, dann kann das sehr gut funktionieren.
Ein großes Thema ist halt einfach, muss ich immer 150 Prozent produzieren, damit 100
Prozent im Regal liegen.
Das ist ein riesiges Thema. Kann man vielleicht auch mal verzichten, dass im Monat Juli oder sonst irgendwann für einen
Tag das Regal nur halb voll ist.
Das sind halt wirklich große Herausforderungen, indem man, ja, da sollte man uns zusammen
auf den Tisch setzen und über das wirklich einmal reden, weil sonst tragt das Risiko
halt immer die Produzentin und der Produzent, indem er mehr produziert und dann ist es
ein ewiger Teufelskreislauf, der nicht aufhört.
Da werden wir dann quasi wieder bei der Lebensmittelverschwendung und dann wieder bei der Versorgungssicherheit. Genau, genau.
Und ja, es braucht Akzeptanz von beiden Seiten, damit das auch nachhaltig funktionieren kann.
Und auch wirklich ökologisch nachhaltig.
Ich denke von allen Seiten, liebe Zuhörer und Ihnen, das war der Patrick Pranger, der Gemüsebauer aus der Steiermark reden möchte.
Patrick, vielen Dank. Danke.
Music.
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