BauertothePeople (B2P)

Wilhelm Geiger

B2P024 Urs Niggli - Der pragmatische Visionär und die Zukunft der (Bio-) Landwirtschaft

Urs Niggli blickt auf eine bewegte Karriere in der Forschung zurück. Im Gespräch mit dem pragmatischen Schweizer versuchen wir die wesentlichsten Aspekte seines Denkens herauszuarbeiten.

28.02.2021 121 min Wilhelm Geiger

Zusammenfassung & Show Notes

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Fein, fein, fein! 

Prof. Niggli wirkt tiefenentspannt. Im schlichten Wiener Altbau-Gesprächszimmer des hiesigen FiBL-Standortes (Forschungsinstitut für biologischen Landbau), welches er 30 Jahre lange geleitet und maßgeblich geprägt hat, sitzt uns ein freundlich lächelnder, mittel-junger Herr gegenüber. Ohne die übliche Länge unserer Podcast-Folgen zu kennen, warnt er uns, wir sollten ihn bremsen, wenn er zu sehr ins Erzählen gerät. Wir schmunzeln.

Letztes Jahr gab er die Geschäftsführung des FiBL ab und hat sich seither in eine Art Unruhestand begeben. So wurde er z.B. mit der Ausrichtung des UN-Welternährungsgipfels im Herbst 2021 beauftragt, berät weiterhin als Obmann das FiBL und gibt serienweise Interviews. Glück gehabt …

Und er hat ein Buch geschrieben! Keine Fachpublikation von Wissenschaftlerinnen für Wissenschaftler, sondern vielmehr eine 150-seitige Zusammenschau der Erkenntnisse eines bewegten und erfolgreichen Forscherlebens. Er blickt jedoch weder im Buch noch in unserem Gespräch zurück, sondern vielmehr nach vorne. Stellt er sich doch die Frage, wie wir in den kommenden Jahrzehnten eine Welt mit bald 10 Milliarden Menschen ernähren werden können. 

Was wir von Urs Niggli nicht erhalten, ist die „Weltformel“. Die eine Lösung, die für uns alle und überall funktioniert. Gerne wird sein Ansatz auf „Bio kann die ganze Welt ernähren“ reduziert, gilt er doch als einer der bekanntesten Forscher zum biologischen Landbau, quasi ein "Bionier". Was dabei aber oft vergessen wird, ist Urs Niggli, der große Pragmatiker. Wenn wir einen Versuch unternehmen müssten, seinen Zugang zusammenzufassen, klänge dies in etwa so: „Schau, was bei dir und für dich funktioniert. Hast du es gefunden, dann nutze es klug und verantwortungsvoll.“ 

Ein logischer Pragmatismus zeichnet ihn also aus und hat ihm schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. Bedient er sich doch in manch ideologisch gespaltener Diskussion der Instrumente sowohl aus dem weißen wie auch aus dem schwarzen Körbchen. In Nigglis Körbchen landet dann nebst Bio schon mal die Genom-Editierung und neben traditionellen Methoden des Bio-Landbaus auch Satelliten, die Cloud und Big Data. 

Im Gespräch hatten wir 2 Stunden Zeit über vieles zu sprechen, um eine Idee davon zu bekommen, warum Urs Niggli so denkt, wie er denkt und vor allem auch, wie er dazu kam. Letztlich verlief das Gespräch mit Urs Niggli wie ein Dialog mit Zuckerbrot und Peitsche. Wir haben zwei Stunden lang versucht, ihn in eine Schublade zu bekommen, mussten zum Schluss aber das Kasterl wegschmeißen.

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„Leit hoits zamm“ – Haindling
thx an Jürgen Buchner

„Power to the People“ – Junior Kelly
thx and Michael Lechleitner @ Irievibrations Records
 
… und ein bisserl selbst gesungen 😊
thx to me, my voice und eure Schmerzschwelle 

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Viel Spaß beim Reinhören und Entdecken!

Transkript

Leute, halt's zusammen, sonst dauert's nimmer recht lang. Auf einmal tut's ein kleines Schäberer und dann kracht alles zusammen. Bauer to the People, der Podcast für Perspektiven rund um Essen, Menschen und Landwirtschaft. Weil nur durchs Reden kommen die Leute zusammen. Grüß Gott. Sie hören mich auch. Ich höre Sie gut. Wir sind quasi schon auf Sendung. Folge 24, ich hab's nur wieder gemerkt, von Bauer to the People. Wir sind heute in Wien. Wir sind heute nicht bei einem Landwirten, sondern wir sind heute im Forschungsinstitut für den Biologischen Landbau, FIBL, in Wien und sprechen heute mit dem Professor, glaube ich auch, Professor Urs Nigli. Doktor hast du vergessen. Professor Doktor Urs Nigli. Das ist eine Altersfrage, ich hab zu viele Titel. Ist das eine Alterserscheinung? Ja, das wird einem in die Zeit lang geworfen. Und wenn man dann irgendwie sieben Titel hat, dann weiß man, jetzt muss man gehen. Wichtig ist für uns heute, wir würden heute gerne den Menschen Urs Nigli auch ein bisschen kennenlernen und natürlich auch die Erkenntnisse und die Sichtweisen, die sie so über die Jahre und Jahrzehnte inzwischen schon auch durch ihre Forschungstätigkeit aufgebaut haben. Sie sind jetzt gewissermaßen in Pension gegangen oder vielleicht kann man es dann vielleicht Unruhe, Unruhe Stand nennen. Ihr aktuelles Buch, um das vielleicht ein bisschen einzuleiten, heißt Alle satt. Ernährung sichern für zehn Milliarden Menschen und vielleicht kann man dieses Buch auch ein bisschen aus Destillat und Zusammenschau ihrer bisherigen Forschungsarbeit der vergangenen Jahrzehnte sehen. Sie beginnen dieses Buch, wir beide haben das ja gelesen und zumindest zu teilen, in ihrer Kindheit im reichhaltigen sommerlichen Obstgarten und sie schreiben da auch vom reichsamen Urgroßvater Andreas. Beginnen also in der Kindheit mit dem Buch und arbeiten sich dann thematisch bis in die Gegenwart und auch in die Zukunft voran über die einzelnen Themen. Das Buch, vielleicht darf ich das dazu sagen, ist aus der Buchreihe Leben aus Sicht. Der Herausgeber, den haben wir übrigens auch schon vor dem Mikrofon gehabt, das war der Thomas Weber. Er ist erschienen im Residenzverlag und mir muss ich sagen, Herr Nigli ist es beim Lesen des Buches ein bisschen gegangen wie Zuckerbrot und Peitsche, da sie irgendwie im Buch sehr unterschiedliche Positionen miteinander vereinen. Also ich habe immer versucht, sie in irgendeine Schublade reinzustecken beim Lesen und sobald es in einer Schublade draußen drinnen gehabt, da sind sie mir aber auf der nächsten Seite gleich wieder rausgesprungen. Und wir freuen uns deswegen sehr auf dieses Gespräch, ein bisschen auch zu erfahren, wie es dazu gekommen ist. Und wenn ich jetzt zu Beginn Sie bieten dürfte, sich vielleicht kurz vorzustellen, wer Sie sind, und wir haben wahrscheinlich sehr, sehr oft vorgestellt bei Vorträgen etc. Ich möchte diesen Versuch heute nicht unternehmen, ich würde Sie vielleicht kurz zu sagen, wer Sie sind. Vielen Dank, mein Name ist Urs Nigli, ich habe einen sehr typischen Schweizer Namen, Urs Vorname und Nigli, und ich bin ein richtiges Dorfkind eigentlich, bevor ich zum Globetrotter wurde. Und ich bin in einem relativ kleinen Dorf aufgewachsen im Schweizer Mittelland entlang der Are, das ist so der Fluss durch das Mittelland, und der fließt dann später in den Rhein und mit dem Rhein nach Deutschland. Und ja, meine Jugend war eigentlich sehr unspektakulär und unschuldig. Also ich konnte als Jugendlicher, wo ich dann später in die Mittelschule gegangen bin, Matura gemacht habe, Studium, da war ich nicht sehr auf Networking aus. Man ist gar nicht vorbereitet, wenn man so im Dorf aufwächst, und ich hatte das Glück, dass wir, also mein Großvater war noch Bauer und hat mir schlecht als recht überlebt und meine Großeltern haben dann eigentlich das Bauen aufgehört, haben das Land verpachtet und mittlerweile, mein Vater hat es dann verkauft, Stück um Stück, aber wir hatten ein sehr großes Bauernhaus, wo wir dann einfach in zwei Generationen drin gelebt haben. Und das war natürlich, also da haben sich die Augen für die Natur, für die Landwirtschaft sehr stark geöffnet, haben mich dafür auch sensibilisiert, ich habe auch sehr viele Geschichten gehört, ich habe die teilweise auch im Buch erzählt und irgendwie, für mich war das so eine Faszination, also für mich war der Obstgarten ein sehr großer Obstgarten war das Symbol einer bäuerlichen Vergangenheit, die auch mit unglaublich viel Nuss verbunden ist und behütet sein auch und das hat mich eben, glaube ich, von Anfang her das Interesse geweckt, dass ich in der Landwirtschaft tätig sein wollte und wo ich dann später mich entschieden habe nach der Matura, was ich machen soll, war ich hin und her gerissen, ob ich Künstler werden wollte, ich habe mich eigentlich dafür interessiert, eine Holz- oder Steinbildhauerkarriere anzufangen. Wie kam es dazu? Ja, ich hatte schon eine grosse gestalterische Fähigkeit, glaube ich, und ich hatte bereits schon eine Lehrstelle bei einem Steinbildhauer und der hat gesagt, wenn du das machen willst, musst du dir einfach bewusst sein, wenn du nicht absolut genial bist, wirst du das ganze Leben lang Krabbsteine hauen und das hat mich dann tatsächlich nicht, ich habe dann nachgedacht und habe gedacht, die Chance, dass ich genial bin, ist relativ klein und ich war immer extrem pragmatisch und ich habe mich dann für das Landwirtschaftsstudium entschieden, also eigentlich auch sehr spontan, ich war mit einem Freund und einer Freundin in Südfrankreich, sind wir mit dem Fahrrad durch die wunderbare Landschaft gefahren in der Provence und spät dann auch noch in der Ardäsch mit all diesen Pfirsichbäumen und allem und irgendwie, ich bin dann zurückgegangen nach Hause, bin am nächsten Tag nach Zürich gefahren an die ETH und habe dortigen an Bergen-Tür geklopft, bis ich das Sekretariat gefunden habe, wo man sich anmelden kann und habe gesagt, ich möchte Landwirtschaft studieren und dann habe ich dann zwei Tage später angefangen mit dem Landwirtschaftsstudium und das war natürlich ein theoretischer Zugang zur Landwirtschaft, ich hatte aber auch schon ein relativ gutes Verständnis von der Praxis, ich habe dann natürlich auch alle diese Praktika gemacht. Woher kam das Verständnis? Ja eben, weil im Dorf drin gab es natürlich sehr viele Landwirte und ich habe immer rausgeholfen, im Stall, bei der Ernte, Getreideernte bei allem Heuernte und so und wo ich dann fertig mit der Ausbildung war, da habe ich auch wieder davon geträumt eine Weltreise zu machen, weil ich war eigentlich immer noch der relativ weltungewandte Mensch in mir, auch nach Ende des Studiums und dieses Fernweh hat mich schon immer beschäftigt und dann habe ich dann ein Praktikum gemacht bei den ETH-Forschungsanstalten und wurde damit beauftragt Herbizide auszuprobieren, also Unkrautvertilger im Grünland, Grasland. Sollte sich zufällig so ergeben? Ja, es war zufällig, diese Stelle war frei und dann habe ich das relativ tüchtig gemacht, ich gehe mit Eugaschwort dahin drauf, wenn es um Gift handelt und dann ist daraus eine Dissertation entstanden und ich habe nachher an dieser Forschungsanstalt eine Dissertation gemacht und es war eigentlich noch spannend, ich habe mit sehr vielen Leuten zusammengearbeitet und für mich prägende Persönlichkeiten waren wirklich Leute, ich glaube er ist in Wien auch bekannt, Walter Dietl, der hat an der BOKU auch unterrichtet und wir sind sehr viel haben wir Grasland, Ökologie, Pflanzengesellschaften angeschaut und wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht darüber, was heißt eigentlich ein ökologischer Futterbau und wie die Idee des abgestuften In der Intensität, in der Schnitthöhe und alles, Schnitthäufigkeit abgestufter Graslandwirtschaft und er war ja wirklich auch ein wahnsinnig guter Pflanzensoziologe, der die Pflanzenbestände auch sehr gut beschreiben konnte In meiner Dissertation bin ich zum Schluss gekommen, dass es völlig sinnlos ist, wenn man Herbizide im Grünland einsetzt sondern man muss wirklich alles über den Systemansatz, über die Pflanzengesellschaft lösen, man muss sie adäquat bewirtschaften Man muss zum Beispiel Tritschäden des Fies verhindern oder Überdüngung oder man kann nur an den sehr guten Standorten Nährstoffversorgung erhöhen und alle diese Dinge, da habe ich eigentlich dieses Systemdenken zum ersten Mal richtig verstanden Sie haben vorher gerade gesagt, in der Zusammenarbeit mit Walter Dietl, haben Sie schon in Richtung ökologisch oder bio gearbeitet Wann ist dieses Thema gekommen, ist es so zufällig durch die Arbeit hat sich das ergeben oder haben Sie dann schon bewusst gesagt die Richtung wollen wir uns umsehen, wollen wir forschen? Nein, ich habe dann nachher, nachdem ich die Dissertation gemacht habe, bin ich gerade in eine Chefposition gekommen Ich habe eine Gruppe der Herbologen, also der Unkrautforschung an der Eichenössischen Forschungsanstalt damals in Wedenswil für Obst, Wein und Gartenbau Am wunderschönen Zürichsee habe ich angenommen und wir waren drei Mitarbeiter und zwei bis drei Doktoranden Und Sie waren der Chef? Und ich war der Chef Gleich am Anfang, von Anfang an Chef Und ich konnte, viele Kollegen international haben mich besucht, weil ich hatte das schönste Herbologenbüro auf der ganzen Welt Weil von meinem Büro aus konnte ich über den ganzen Zürichsee sehen Und wir sind dann auch, als junge Menschen sind wir dann auch häufig im Sommer, sind wir mit den Badehosen zum See runter und haben gebadet und wieder zurück Und das war eigentlich eine sehr unbeschwerte Zeit, fünf Jahre lang Und ich war dann neben der Versuchstätigkeit, also in diesen Sonderkulturen, Obstbau, Weinbau, Gemüsebau, aber auch nicht Kulturland, also Straßen Ich habe mich auch mit der Bahn beschäftigt, weil die Bahn appliziert die viele Herbizide, damit der Schotter eben stabil bleibt und nicht durch organische Wurzeln langsam falsche Schwingungen entwickelt Und das war ganz so die Zeit, wo dann eben einerseits die alten Herbizide wie Atrazin, Simazin am Auslaufen waren, weil die eben ins Grundwasser geflossen sind, das waren sehr wasserlösige Substanzen Und neu dazugekommen ist dann eben Glyphosat, also Roundup Wann war das ungefähr? Ja das war 1980 Sie waren damals wie alt ungefähr schon in der Zeit? Gute Frage, nächste Frage Anfang 20 oder Mitte? Nein 53, ich bin 53 geboren Und du 30? Da war ich 30 Also ich war dann etwa 30 Jahre alt und wir haben dann eigentlich, ich habe auch zum Beispiel für die Schweiz, ich war dann nicht nur zuständig für die Forschungstätigkeit Und ich hatte eigentlich meinen Schwerpunkt in den Alternativen zu Herbiziden, weil das hat mich fasziniert Und wir haben alles Verrückte gemacht, also wo wir richtig gut waren, war, dass wir eben die ganzen Rebberge begrünt hatten Und eben nicht Unkrautbekämpfung gemacht haben, sondern quasi Blumenwiesen gefördert und gezüchtet haben in den Rebbergen Und die nicht zu einer Wasser- oder Stickstoffkonkurrenz führten Und weil diese botanische Vielfalt, diese Pollen- und Samenproduktion des Unterwuchses, das brauchten dann eben die Nützlinge, die auch im Rebberg eine grosse Rolle gespielt haben Um das Schwaderreger und Nützlinge-Gleichgewicht stabil zu halten Wir haben da sehr eng mit den Entomologen aus den Insektenforschern zusammen gearbeitet Und wir haben, ich glaube, schon tolle Arbeiten gemacht Oder im Obstbau haben wir, statt dass wir die unter den Bäumen ausgespritzt haben mit Herbiziden Damit dort die schwach wachsenden Bäume, die sind ja Niederstammbäume, die haben kein kräftiges Wachstum, weil die müssen ja gut gepflückt werden können Und dort haben wir statt Herbizide Rindenmulch hingelegt oder Strohmulch oder Plastikmaterial in X-Sachen Und haben dann geschaut, dass man so eigentlich die Konkurrenz von den Baumwurzeln durch die Unkräuter fernhalten konnte Wir haben das mit Hunderten oder Dutzenden von Betrieben ausprobiert und die waren eigentlich ziemlich glücklich Oder wir haben im Gemüsebau sehr viel mit mechanischer Unkrautbekämpfung gemacht Damals ist die Hackbürste aufgekommen Und dann sind immer mehr Geräte aufgekommen, die sehr exakt arbeiten konnten, die auch sehr exakt ans Gemüse heran arbeiten konnten Also quasi statt chemisch-synthetischen Dingen, die das Unkraut vernichten, einfach mechanische Bearbeitung Vielleicht können wir ganz kurz erklären, was ein Herbizid ist, weil wir haben ja viele Hörer, die dieses Thema vielleicht noch nicht so gut kennen Ein Herbizid ist eigentlich ein chemischer Stoff, der Unkräuter killt Das ist immer chemisch Ein chemischer Stoff, ja, und das kann zum Beispiel sein, dass das Unkräuter verbrennt Oder es kann sein, dass es die Photosynthese hemmt Also nach dem Spritzen, das ist zum Beispiel Roundup, nach dem Spritzen wächst das Unkraut nicht mehr weiter, weil die Photosynthese ist gehemmt Und dann verdorrt sie Und es gibt x-welche Wirkungsmechanismen Und das war natürlich aus historischer Sicht, deswegen habe ich im Buch nicht das, aber ich habe im Buch grosser Wert darauf gelegt, dass wir auch die Historie der Landwirtschaft anschauen Also aus historischer Sicht war natürlich die Entwicklung der Herbizide, die dann in den 1940er Jahren in die Praxis gekommen ist Die Bauern hatten das Gefühl, jetzt sind wir von einer Last erleichtert Was war die Last? Die Last war, dass man wahnsinnig viel Handarbeit investieren musste, um die Kulturen unkrautfrei zu halten Und das war das erste Mal, es wurden dann auch immer selektivere Herbizide entwickelt, die zum Beispiel eine Getreidepflanze nicht gekillt hat Aber alle zwei keinblättigen Unkräuter links und rechts von Weizen, also es war schon eine unglaubliche Erleichterung Und damals hatte man noch sehr primitive mechanische Geräte Man hat das Getreide zum Beispiel gestriegelt, das war so wie ein großer Rechen, mit dem man über die Kulturen gefahren ist hat dabei auch den Weizen geschädigt und geschwächt Und in dieser Situation war das eine grosse Erleichterung Und deswegen ist es so, dass die Entwicklung der Herbizide hat die Landwirtschaft sehr viel wirtschaftlicher gemacht Ich war dann zusätzlich zu all diesem Experimentieren verantwortlich für die Zulassung von Herbiziden in den Sonderkulturen Und jedes Jahr musste ich 10, 20, 30, 40 neue Substanzen prüfen Und da haben wir sehr viele Versuche gemacht, mit meinem Versuchstechniker, mit meinem Laboranten Und da haben wir auch zum Beispiel in Erbsen, also Konservenerbsen, Bohnen und so haben wir Versuche gemacht Weil die werden ja großflächig angebaut und nicht zum Beispiel für die Konservenindustrie Und am Schluss haben wir jeweils eine Konferenz, jeden November, Dezember hatten wir eine Konferenz Und haben dann gesagt, wir lassen diese Substanz zu, die funktionieren aus agronomischen Gründen Ich habe dann auch noch die Nebenwirkungen auf Nicht-Zielorganismen angeschaut Und ein Kollege von mir hat zum Beispiel die Ökotox, also geht es ins Grundwasser, hat es Nebenwirkungen auf Bodenmikroorganismen angeschaut Und so haben wir die Substanzen dann zugelassen Und ich war mit Leib und Seele dabei, es hat mir wirklich gut gefallen Nach fünf Jahren habe ich aber dann gesagt, eigentlich entwickle ich Sachen, wie zum Beispiel Alternativen zur chemischen Unkrautbekämpfung, die niemand interessieren Die konventionelle Landwirtschaft hat meine Versuche, die Bauern haben meine Versuche immer spannend gefunden, aber sie haben es nicht angewandt Warum nicht? Ja, weil es zu teuer war und zu arbeitsintensiv Und hingegen diejenigen, die es angewandt hatten, waren nicht mehr die Bio-Bauern Die sind dann zu mir gekommen und haben das mit großem Interesse angeschaut Damals war das FIBL ja schon 15 Jahre alt, wo ich noch beim Bund gearbeitet habe Und die Kollegen vom FIBL sind dann zu mir gekommen und haben gesagt, kannst du nicht einen Artikel schreiben in unserer Zeitschrift oder kannst du nicht einen Vortrag bei dem Kurs, den wir haben, mit den Bio-Bauern machen, wie du das mit den Rinden da machst oder etc. Oder welche Geräte im Gemüsebau am besten sind, wenn man gute Unkrautbekämpfung machen will Und dann habe ich gemerkt, diejenigen, die wirklich ein Interesse haben und die auch die ökonomische Freiheit haben, weil sie eben bessere Preise kriegen für ihre Produkte, das sind die Bio-Bauern Und dann war der Job ausgeschrieben, sie suchen einen FIBL-Direktor Da hat es das FIBL damals schon 15 Jahre gegeben und da sind sie dann zum FIBL gestoßen Was ich jetzt sehr spannend finde, in diesen fünf Jahren der Forschungstätigkeit oder auch der Überprüfung und der Zulassung von Herbiziden haben sie gleichzeitig einen mechanischen Alternativen geforscht Das heisst, sie haben eigentlich an beiden Seiten zur gleichen Zeit gearbeitet Absolut Ich habe dazu noch eine Zwischenfrage, sehen Sie das als zwei Seiten, Bio und konventionell, ist das schwarz und weiß? Ja genau Damals, wo ich dann beim FIBL eingestiegen bin, war es natürlich so, es waren zwei ganz unterschiedliche Welten Von meinen Kollegen an der staatlichen Forschung war es natürlich so, dass sie schon einzelne Kontakte mit den FIBL-Wissenschaftlern hatten Weil die Insektenforscher sind häufig in Biobetriebe gegangen, wenn die wirklich massenhaft Nützlinge sehen wollten Weil in den konventionellen Betrieben sah man das nicht, da war alles weggespritzt Und so gab es ein fachliches Interesse am Austausch Aber es war damals zum Beispiel für Mitarbeiter der staatlichen Forschung verboten, offiziell eine Exkursion zum FIBL zu machen Verboten? Verboten, ja Weil? Es war einfach eine Feindschaft, nicht nur zwischen den Bauern, es war auch zwischen den Wissenschaftlern eine Feindschaft Und wo ich dann gegangen bin, haben mir viele Kollegen gratuliert und gesagt, du hast Mut, du wirst untergehen, aber es ist gut, wenn du das machst Bitte, bei uns geht es ja auch viel ein bisschen so, früher zu verstehen, warum die Dinge früher so waren, wie sie waren, weil sie oft auch erklären, warum sie heute so sind, wie sie sind Was war damals der Zeitgeist oder warum hat es diese Feindschaft gegeben, auch diese Ankündigung, sie werden untergehen, wenn sie da jetzt zum FIBL rüber wechseln, in die Bio-Schiene mehr oder weniger Was war damals der Zeitgeist, warum war das so und wie hat sich das entwickelt? Ja, das habe ich eigentlich auch beschrieben in einem Kapitel im Buch, weil die Agronomie war geprägt davon, das ist die These von Malthus Die menschliche Population wächst immer viel schneller exponentiell, während die Produktivität an Lebensmitteln nicht exponentiell wächst Mehr Leute, immer weniger zu essen für immer mehr Menschen Die Menschen vermehren sich wie Karnickel und ab und zu gibt es eine Hungersnot und dann sterben wieder viele Menschen, es gibt Kriege um Ressourcen vor allem auch und dann sterben wieder viele Menschen, es gibt Katastrophen und dann regelt es sich wieder Und dieses ständige Auseinanderdriften wurde damals wie ein Gesetz Das war das Narrativ der Zeit Das war das Narrativ der Zeit und die moderne Agrarforschung, die bei Justus von Liebig angefangen hat, wo man z.B. gemerkt hat, aha, wenn ich Phosphor dünge, dann kann ich die Erträge massiv steigen Und wenn ich sogar Phosphor, Kali und Stickstoff im ausgeglichenen Maße dünge, dann kann ich die Erträge massiv steigen Und das hat ja dann, im 19. Jahrhundert wurde dann eigentlich die Agrarrevolution entstanden Und Ende des 19. Jahrhunderts war man erstmals so weit, dass die Landwirtschaft der Erträge viel schneller gewachsen sind als die Menschenpopulation Das heißt man hat sich ja eigentlich befreit, weil bis dorthin hat man ja eigentlich schon fast gewusst, wir werden irgendwann verhungern Das war ja dieses Narrativ von Maltruzen und dann hat man die Erlösung gefunden, jetzt haben wir es geschafft, wir können genug Essen produzieren, wir müssen nicht verhungern Es waren ja quasi chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder Düngungen in dem Bereich die Lösung für das Hungerproblem In der Zeit Absolut, das hat eigentlich die Menschheit von einem Dilemma befreit Und ein Widerspruch, den man vorher nie lösen konnte Und interessanterweise gab es ja auch, das habe ich auch zitiert, es gab ja auch die reichsten Länder wie Frankreich Frankreich war das reichste Land der Welt über lange Zeiten hinweg und es war auch von der Natur bevorzugt Es hatte immer eine starke Agrarwirtschaft, starke Bauern und es ist ja heute noch ein Agrarstaat neben dem, dass es ein Kulturstaat ist Aber auch in Frankreich gab es in jedem Jahr 100 Hungersnöte Und ich glaube viele soziale Konflikte und Kriege, die die Menschheit immer wieder zurückgeworfen hat, kommen aus dieser Diskrepanz zwischen dem Wachstum der Bevölkerung und dem Wachstum der Nahrung Der Mensch hat sich eigentlich als intellektuelles Wesen, hat sich eben abgekoppelt von seiner natürlichen Ernährungsbasis Bei Tieren passiert das nicht, da regelt es sich immer wieder Ab und zu gibt es Heuschreckenschwärme, die vermehren sich wie verrückt, man weiß nicht genau warum Und dann fressen die alles leer und dann bricht die Population Weil nichts mehr zu essen da ist, weil da nichts mehr zu fressen da ist, genau, bricht die Population Bei Mensch war es etwas ähnliches, aber er konnte sich eigentlich mit seinen intellektuellen Fähigkeiten, konnte er sich eigentlich vorständig von der Natur abkoppeln Die Agronomie des 20. Jahrhunderts, die Agronomen, die Wissenschaftler, die hatten das im Kopf Das war ein extrem positives Bild Das war ein Narrativ, das haben sie verinnerlich gehabt Und da kamen die Bio-Bauern und sagten, jetzt verzichten wir auf die Dünger, jetzt verzichten wir auf die Pflanzenschutzmittel Und das war ein Schock Und es hieß dann eigentlich immer in den Institutionen drin, wollen wir wieder Hunger, wollen wir wieder verhungern Das war das Argument gegen die Bio-Bauern Das war das Argument gegen die Bio-Bauern Und die Bio-Bauern haben immer stolz gesagt, wir können es auch ohne Und dem Bio-Bauern hat das niemand geglaubt Und sind denn die gekommen, die Bio-Bauern? Was war denn da die auslösende Entwicklung der Biolandwirtschaft? Wann ist denn das aufgetaucht, das Phänomen? Ja, das hat ja sehr viele Quellen Man hat natürlich sehr früh schon die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft gesehen Man hat damals noch nichts von Ökologie verstanden Man hat einfach gedüngt und man war glücklich Man hat auch nichts von Düngung und Produktqualität verstanden Man hat manchmal so viel gedüngt, einfach in der Hoffnung, es gibt noch mehr Ertrag Für die Bauern, es gibt noch mehr Erlös Und nachher sind die Kartoffeln oder die anderen Produkte am Lager verfault, weil sie völlig überdüngt waren Also das Verständnis war früher weder für die Umwelt noch für die Produktqualität sehr hoch Man hat einfach die Erträge gesehen Aber man hat es ja auch noch nicht besser gewusst, oder? Na ja, man kann es einfach nicht wissen Und die Bio-Bauern haben dann begonnen, diese Zusammenhänge zu sehen und zu beobachten Und da gab es ja auch sehr viele Wissenschaftler, die mitgemacht haben Also vereinzelte Wissenschaftler und Bauern Und die Bauern haben immer gesagt, was passiert mit unserem Boden? Verlieren wir Fruchtbarkeit? Welche Qualität wollen wir unseren Konsumenten verkaufen? Können wir das verantworten? Und dann ist dann sehr rasch, eben hat sich das aus verschiedenen Quellen so konkretisiert Man hat dann eigentlich gesehen, dieses Puschen der Erträge mit leicht löslichen Düngern Mit Stickstoff, mit Phosphor, der chemisch aufgeschlossen ist, so dass die Pflanze ihn direkt aufnehmen kann Dann haben die Bio-Bauern gesagt, wir wollen keinen leicht löslichen Stickstoff Aus der Haber-Bosch-Synthese, also mit Erdgas Ist ja dieser chemische, aufwendige Prozess, wie man aus der Luft Stickstoff mit Erdgas herstellt Das wollten sie nicht, weil das ist wie ein Junkie, der ständig neue... Wie Fastfood für den Boden Genau, und von dem her war es ihnen klar, die Bio-Bauern wollten das alles nicht Und sie haben dann geschaut, wie produktiv ist es, wenn ich eben diese Dinge alle nicht anwende Es gab dann immer mehr Beobachtungen, es war ja durch Beobachtungen entstanden Dass man gesehen hat, wenn ich die Wirtschaftsdünger, das was auf dem Betrieb anfällt Wenn ich das nicht einfach nur als Abfall entsorge auf den Betrieb, irgendwo auf eine Wiese schmeisse Sondern wenn ich das kompostiere und einen sehr guten Mistkompost mache Wenn ich zum Beispiel die Gülle belüfte, damit sie eine bessere Qualität hat Dann kann ich das wirklich als sehr effizient Dünger einsetzen Und dann habe ich den gleichen Effekt wie mein Nachbar, der mineralisch aus dem Düngersack gedüngt hat Und sie haben beobachtet, dass eine Pflanze, die sehr viel langsamer wächst und weniger Wasser einlagert in den Zellen Dass die nicht so attraktiv ist für Blattläuse und andere Schädlinge, Dripse etc. Oder dass die nicht krankheitsanfällig sind und haben dann gemerkt, ich kann mit dem Chemie-Einsatz sogar ganz zurück Diese Zusammenhänge hat die Praxis ständig beobachtet Sie sind eigentlich ursprünglich aus der klassischen Agrarekonomie gekommen, haben zu Herbiziden geforscht, weil es halt so passiert ist Und sind dann zum Fieber gekommen, meine Frage wäre jetzt, was ist Bio für Sie? Als ich zum Fieber gekommen bin, hatte ich am Anfang etwas Orientierungsschwierigkeit Die Leute und die Denkweise und alles war völlig anders Die Denkweise aus dem Mindset, heute wird das viel diskutiert Wie kommen wir zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, wir müssen die Mindset der Leute ändern Das hat mich aber dann mit der Zeit wahnsinnig beeindruckt Es gibt so Darstellungen zum Beispiel, dass man in Harmonie mit der Natur ist und nicht im Krieg mit der Natur Dass man für Dezentralisierung ist und nicht für Zentralisierung Dass man für Mäßigung ist und nicht übermäßig produziert Das habe ich sehr stark gespürt beim Fiebel und bei den Bio-Bauern Das hat sie angezogen Eine ganz andere Mentalität und ich wusste sofort, dass das die richtige Mentalität ist Das weiß ich heute noch viel mehr, wo wir zum Beispiel in der Vorbereitung in der wissenschaftlichen Gruppe Für den nächsten Welternährungsgipfel 2021 in New York diskutieren wir über diese Mindset Also wie kommen wir alle Akteure in eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit Oder auch zum Beispiel bei der EU-Kommission habe ich da letztendlich einen Vortrag gehalten über Transformation in Richtung nachhaltiger Landwirtschaft Da habe ich auch diesen Mindset dargestellt von den konventionellen Bauern und den Bio-Bauern Extrem plakativ, es entspricht nicht der Wahrheit, aber es ist doch unglaublich greifbar Und was ist dieser Mindset? Das sind diese Begriffspare, was ich vorhin gesagt habe Systemische Denken Ja, dass man systemisch denkt und nicht in Teilsystemen, in Teilwirkungen Dass man eben die Harmonie sucht und nicht die Dominanz Die Dominanz als Gegenwart zur Harmonie Oder dass man eben die Synergie sucht und nicht den Krieg Ich muss sagen, an der ganzen Tagung hat das die längste Diskussion gegeben unter den Wissenschaftlern Die haben das nicht bewusst realisiert Die haben plötzlich gesagt, das ist der richtige Ansatz We have to change the Mindset Und von dem her, das habe ich ganz spontan gemerkt, dass das der richtige Ansatz ist Und ich habe dann natürlich alle Richtlinien des Bio-Baus sofort aus dem FF gekonnt Als Fiebel waren wir damals ja auch stark in die Richtlinienentwicklung involviert Das Fiebel hat die Schweizer Bio-Richtlinien geschrieben für die Bio-Organisation Bioswiss Wir haben die ja auch gegründet gehabt Die Knospe, die heute die Bio-Bauern haben, war das Logo des Fiebels Wir haben das den Bio-Bauern geschenkt Und ich habe dann im 92 ein eigenes Logo gemacht und nicht mehr die Knospe Durch diese intensive Entwicklung, wo ich fast täglich Sitzungen hatte mit den Bio-Bauern, mit der Organisation Ich habe sehr stark diese Organisation mitentwickelt Ich habe dann eine schweizweite Kontrolle organisiert und eine Kontrollorganisation aufgebaut Also in dem Sinne, ich bin dann natürlich sehr stark vertraut geworden mit allen Aspekten des Bio-Baus Und wenn man drin ist, dann ist man natürlich mit großer Begeisterung dabei Und es war natürlich so, dass immer noch aus einer eher ablehnenden Haltung, die ich schon beschrieben habe Wo ich dann, ja dann promotet man seine Idee, von der man glaubt, dass sie richtig ist, promotet man eigentlich ganz stark Und ich habe gleichzeitig, oder noch bevor ich weggegangen bin, haben wir bei den staatlichen Institutionen einen Mittelweg gebastelt Die integrierte Produktion, also integrierter Pflanzenschutz, integrierte Produktion Und wir hatten da wirklich sehr glaubwürdige, gute Vorstellungen Also dass man wirklich, dass man sehr viel stärker in Richtung Systemregulierung geht Aber dass man eben nicht vollständig auf chemischen Pflanzenschutz und Dünger verzichtet Das heisst, es ist so eine Art Kompromiss gewesen auf dem Weg zu Bio Wenn ich jetzt richtig zusammenfasse, was die Frage, was die Frau Blasen, Bianca vorher gestellt hat Was verstehen Sie unter Bio? Für Sie ist Bio, wenn ich an Bio denke Ich denke an eine Verordnung, denke an gewisse Regeln, die man einhalten muss Ist ökologisch, hat etwas mit Umwelt zu tun Das ist so die Verordnungssicht von Bio Sie sehen aber Bio, soweit ich das jetzt herausgehört habe, eher als größeres, als Mindset Wie Sie es vorher beschrieben haben, mit diesen Begriffsparen Und die Verordnung selber, das ist dann nur... Das ist der Rahmen, in dem man das Ganze gegossen hat Sie sehen das durchaus im Buch, soweit ich das gesehen habe, kritisch Weil sobald er ein Gesetzesstatus hat, wie er auf der EU-Ebene ist Ist es auch viel schwieriger, wieder etwas zu ändern Und das passiert sozusagen, die integrierte Produktionsweise, das ist so ein Angebot Auf dem Weg zu Bio, habe ich das richtig verstanden? Ja, das war natürlich in den 80er Jahren In den 70er Jahren gab es die ersten kritischen Konsumenten Die gesagt haben, wir wollen kein Gift mehr essen Und dann gab es die erste Welle an Biobauern Die sehr offensiv an den Markt aufgetreten ist Die hatten alle ihre Direktmarktung, ihre Wochenmärkte und so Und die Diskussion in den 70er, 80er Jahren war so, dass Die konventionelle Landwirtschaft und die konventionelle Forschung vor allem Fühlte sich herausgefordert Und dann hat man aber gesagt, ja halt In vielen Punkten haben die Biobauern eigentlich schon recht Jetzt entwickeln, aber wir sind mit diesen extremen Positionen Keine chemischen Pflanzenschutzmittel, keine chemischen Dünger Da sind wir nicht einverstanden Wir müssen einen Mittelweg entwickeln Und dieser Mittelweg wurde integrierter Pflanzenschutz genannt Das heisst, es ist die Vorstellung, dass man mehrere Elemente integrieren kann Elemente, die der Biobauer hat Und Elemente, die die chemische Industrie hat Also man spritzt nur im absoluten Notfall Und vorher probiert man die Sachen über die Fruchtfolge Eine gute, diverse Fruchtfolgegestaltung Wo eben Krankheiten nicht einfach überhand nehmen können Oder gute Sortenwahl Oder auch mechanische Maßnahmen Biologischer Pflanzenschutz war damals schon ein großes Thema Und erst, wenn es dann wirklich nicht mehr klappt Zur Sicherung der Ernte spritzt man chemisch Das war so das Konzept des integrierten Pflanzenschutzes War so eine Pyramide Und das war eigentlich eine sehr gute Absicht Nur hat man dann in der Praxis die Pyramide auf den Kopf gestellt Und hat dann zuerst gespritzt, weil das am einfachsten war Ja, auch immer Auslegungssache Aber im Prinzip ist doch dieser integrierte Pflanzenschutz Spiegelt irgendwie auch ihren Pragmatismus wieder Dass es nicht schwarz und nicht weiß ist Sondern dass es irgendwo einen Mittelweg gibt Und das hat ja auch was mit diesem Mindset zu tun Dass man nicht irgendwie dogmatisch eine Sache verfolgt Sondern den pragmatischen Weg findet Jetzt haben Sie vorher von Suffizienz und Mäßigung gesprochen Erklären Sie das bitte ein bisschen für die Menschen, die nichts damit anfangen können Die Biobauenbewegung hatte ja auch was von einer religiösen Gemeinschaft Den Charakter einer Religion Das muss man ganz klar sagen Die Demeter, also die Anthroposophen Das ist eine religiöse Bewegung Und Rudolf Steiner hat eine Kirche begründet Nicht nur eine Philosophie Er hat eine Kirche Die meisten Anthroposophen sind in der freien Christengemeinschaft Und der erste organische Bauer Pionier, der Hans Müller im deutschsprachigen Raum Hat gesagt, ich will nichts mit der Anthroposophie zu tun haben Ich möchte eigentlich den Bio-Landbau an den ökologischen Herausforderungen aufhängen Bodenfluchtbarkeit und so Und die englischen Pioniere Sir Albert Howard und die Lady of Balfour Die waren eigentlich naturwissenschaftlich geprägte Ökologisch gebildete Menschen Und das heißt Aber trotzdem hat auch der organisch-biologische Landbau Hat doch irgendwie auch etwas religiöser Viele Bio-Bauern waren damals relativ fromme Christen Die einen nennen es Ethik Das tönt am besten Die anderen nennen es Religion Und die dritten nennen es Dogmatik Immer wenn man fragt, nicht Und mich hat das immer beschäftigt Weil ich habe da nicht reingepasst Es ist ja auch falsch zu sagen, die Biobewägung Sondern Sie haben es selber gerade beschrieben Es waren ja die Bewegungen Die dann einen gemeinsamen Kern gehabt haben Eine gemeinsame Schnittmenge, auf dem man sich hat einigen können Aus dem heraus ist er, wie Sie sagen, dem mit entstanden Als biologisch-dynamische Landwirtschaft Und die biologisch-organische Landwirtschaft Und die ganzen Bewegungen, die daraus dann entstanden sind Und am Schluss ist dann einfach eine EU-Verordnung entstanden Das ist eigentlich dann das, was gemeinsam ist Und heute denkt man nur noch in der Verordnung drin Dahinter ist aber schon ein Ansatz, der interessant ist Und ein Konzept, das interessant ist Im Prinzip habe ich eigentlich Ich wurde dann eigentlich immer stärker interessiert In der Frage, welche Richtlinien sollen die Bauern einhalten? Und das ist ja das Dasein, die Daseinsberechtigung eines Biobauern Er musste Richtlinien einhalten Und er wird kontrolliert und zertifiziert Und dann gibt es vielleicht irgendwann mal einen Antrag Das eine Richtlinie noch detaillierter Und dann kommt die Kontrolle noch detaillierter Man entdeckt ja laufend Bereiche, wo Bauern probieren Eine Lücke zu finden und so Oder wo man sieht, dass die Kette noch nicht geschlossen ist Also am Anfang war ja noch sehr wenig tatsächlich geregelt Es wurde dann immer tiefer geregelt Es war eine freie Szene eigentlich Es hat keinen Rahmen gegeben, man hat einfach angebaut Und die Konsumenten haben es geglaubt oder nicht geglaubt Und es ist auch so, dass die Kontrolle und die Zertifizierung Das ist ja eigentlich der Garantieschein gegenüber den Verbrauchern Die nicht auf dem Bauernhof sind Dass das genauso eingehalten worden ist Und das ist ein Teil des Erfolges von Bio auf dem Markt Dass der Konsument darauf vertraut, das ist so kontrolliert Und ist genau strikte geregelt Und das ist eigentlich ein Zugang zum Markt Aber gleichzeitig ist es ein Korsett Beschreiben Sie das Korsett bitte ein bisschen Ja im Prinzip, man kann nicht mehr frei entscheiden Man muss sogar in Notsituationen unvernünftig handeln Weil sonst verliert man die Zertifizierung Und dann ist man weg vom Markt Und was gibt es da für eine Lösung in Ihren Augen? Oder gibt es überhaupt eine? Nein, wenn man mal in ein System dringend ist, gibt es keine Lösung Das ist eigentlich die ganze Zertifizierung, die man gemacht hat im Biolamper Da war ich ja stark auch beteiligt Ich habe bei der Fibel und auch ich zum großen Teil Aber auch schon meine Vorgänge Ich habe für die Schweiz eine Verordnung geschrieben, die dann zertifizierbar war Diese Verordnung wurde dann auf IFWAM-Ebene zu einem internationalen Standard Mein Vorvorgänger war IFWAM-Präsident Gleich kurz zur Erklärung, was ist IFWAM? Die IFWAM ist die International Federation for Organic Agriculture Die internationale Bio-Organisation Die DACH-Organisation aller nationalen Bio-Verbände Das wurde 1972 gegründet von drei Frauen und einem Mann Das waren zwei Vertreterinnen von England, eine Vertreterin von Frankreich Und dann war noch ein Amerikaner dabei Eine Südafrikanerin, eine Weiße und ein Amerikaner Der damalige Direktor von Fibel, Hardy Vogtmann, ist ganz am Anfang dazu gestoßen Weil Fibel damals die größte professionelle Organisation war, hat die IFWAM überlebt Heute ist ein riesen DACH-Verband mit einer grossen politischen Bedeutung Der erste Direktor von Fibel hat die Schweizer Bio-Verordnung geschrieben Das gleiche Papier hat er auf Englisch übersetzt, das ist dann die IFWAM International geworden Die erste EU-Verordnung war dann wiederum sehr stark an die IFWAM-Richtlinien angelehnt Meine Vorgänger und ich selber haben eigentlich diese ganze Regulierungswut nicht unwesentlich geprägt Ich wollte es gerade sagen, sie waren selber ein bisschen beteiligt in der ganzen Situation Und wenn man schon die Geschichte rezitieren will Ich verstehe das richtig, dass einfach dadurch, dass der Bio-Gedanke damals zu dieser Zeit in einer Verordnung gegossen worden ist, hat man es ein bisschen in dieser Zeit auch festgemacht Das heißt, man hat die Zeit eingefroren, die Welt hat sich aber weiterentwickelt, man hat neue wissenschaftliche Erkenntnisse Und es ist jetzt inzwischen viel, viel schwieriger geworden, einfach die Verordnung, weil sie jetzt auch auf EU-Ebene ausdiskutiert werden muss, weiterzuentwickeln Das heißt, man weiß eigentlich mehr, kommt aber regulatorisch mit der Verordnung nicht mehr hinterher Obwohl man inzwischen doch einiges anders machen könnte und hin und wieder vielleicht sollte, oder? Das ist absolut wichtig, die EU hat ja als erstes ein Gesetz daraus gemacht In der Schweiz wollten wir damals schon 1985 eine Bio-Verordnung, eine staatliche Schweiten Und das ist dann nicht geschrieben worden, weil es am Fiebel gab es einen internen Streit, der das ganze Institut zum Explodieren gebracht hat Und das Fiebel hat damals mit der Regierung verhandelt wegen einer Bio-Verordnung Und wo dann das Fiebel implodiert ist, hat der Staat gesagt, dann machen wir auch keine Bio-Verordnung Und dann hat die EU das wieder aufgenommen und die Motivation der EU war, es gab gewaltige Betrugsaffären Es gab zum Beispiel einen Riesenbetrieb in Spanien, der hat sehr viel Früchte, Gemüse und so nach Deutschland geliefert, Bio-Qualität Und das war alles bedrogen, der hat einfach die Waren von allen Nachbarn aufgekauft und hat das umdeklariert hat Etiketten darauf getan und hat sie nach Deutschland exportiert Und solche Skandale gab es reihenweise Weil wenn man das Produkt zum doppelten bis dreifachen Preis verkaufen kann, dann müssen sie nicht an die Börse gehen Die Börse ist vergleichsweise ein Verlustgeschäft Und die EU hat dann gesagt, zum Schutz der Konsumenten machen wir ein Gesetz, dass das nicht mehr passiert Und da ist, wie Sie gesagt haben, der damalige Bio-Lampe wurde eingefroren Und seither ist es fast nicht mehr möglich, substanzielle Änderungen zu machen, man kann sehr viele Detailkorrekturen machen Weil es ist so, dass es ja in 87 Ländern der Welt gibt es eine Bio-Regelung Und nur schon die Verhandlungen zwischen EU und USDA Die Kathleen Merrigan von USDA, mit der war ich lange befreundet Und der Cholas, der EU Agrarkommissär, haben sich an der Bio-Fach getroffen und unterschrieben, die beiden Verordnungen sind äquivalent Aber die Fachleute im Hintergrund haben zwei Jahre lang verhandelt Das heisst, wenn eine Verordnung etwas ändern muss, müssen alle Verhandlungen neu geführt werden Und ich bin 100% überzeugt, dass wenn man heute die Bio-Verordnung neu schreiben würde, würde sie ziemlich anders aussehen Also man müsste eigentlich die guten Ideen des Bio-Landbaus, wenn man die in neue Richtlinien und Verordnungen hineingießen würde, würde es anders aussehen Und hingegen haben die Bio-Bauern eigentlich eine gewisse Technologiefeindlichkeit Das war ja immer immanent, man hat den chemischen Pflanzenschutz als falsche Technologie, man hat die leichtlösigen Dünger als falsche Technologie eingesetzt Und dann 1990, wo die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen gekommen sind, hat man die Gentechnik in der Tradition von Düngern, Pflanzenschutzmittel und Gentechnik ist ein drittes Element dazu gekommen Und dann ist dann auch Nanotech in der Verarbeitung und ist dann dazugekommen Und deswegen hat man eigentlich nie geschaut, was kann man mit diesen neuen Technologien, die auf modernstem wissenschaftlichen Wissen basieren, dass es damals überhaupt noch nicht gab Was kann man mit dem Positives machen? Man hat einfach die Technologie als Ganzes abgelehnt Und dieser Effekt, dass man 1992 die Verordnung geschrieben hat und auf dem Wissenstand eingefroren hat, den Bioamper, und eine konsequente Kultur der Technologiefeindlichkeit Immer nur ausgewählte Technologiefeindlichkeit, wo man das Gefühl hat, das passt nicht rein Diese beiden Sachen haben natürlich den Bioamper so gemacht, wie er heute ist Und ich glaube, wir nähern uns erst auch der Person Urs Nigli in großen Schritten, nämlich was Sie jetzt gesagt haben, die Technologiefeindlichkeit, dieses Schwarz-Weiß-Denken, die sich abgrenzen gegen eine andere Seite Sie haben in der Vorbereitung ein bisschen herumgegoogelt, was gibt es denn über Urs Nigli so zu finden Und unter anderem bin ich da auch über einen Vortrag gestalbt, weil ich glaube, Bio 3.0 war das Thema Und zwischendrin haben Sie dann gesagt, das war das Thema Innovationen, das ist ja ein wichtiges Thema bei Ihnen im Buch Bei den technologischen Innovationen, über die sozialen und ökologischen Innovationen des Bio-Landbaus sind sich quasi alle einig Aber Sie haben dann so lieb gesagt, beim Thema technologische Innovationen, wo Sie sich dann aussprechen für Digitalisierung, GPS-gesteuerte Geräte etc. Da kriegen Sie hin und wieder mal einen Shitstorm, haben Sie gesagt Das ist ja genau das, das sticht ja genau in diese Richtung Die eine Position, die Sie auch immer wieder vertreten, ist, dass man gentechnisch veränderte Pflanzen nicht generell ausschließen kann aus dem biologischen Landbau Auf der anderen Seite, dass es auch große Betriebe gibt, 3000, 4000, 5000 Hektar große Betriebe, wo man mit technologischen Mitteln, mit Automatisierung, mit all diesen modernen Dingen ja auch sehr viel Gutes bewegen kann Und das ist ja genau das, wo Sie sich dann zwischen, so ich habe es zumindest ich auch wahrgenommen, zwischen diese schwarzen und weißen oder diese Denkschulen konventionell versus Bio etc. reinstellen und sagen Leute, lasst uns doch das Beste aus beiden Welten nehmen Können Sie das ein bisschen beschreiben, was genau der Bio-Ansatz des Urs Niglis ist und wie Sie diese optimale Landwirtschaft auch sehen? Ja ich habe natürlich seit 1991 war ich das erste Mal in einer Studie beteiligt, die finanziert wurde von einem Amt in der Schweiz zum Thema Gentechnik Und ich war tatsächlich für eine Studie verantwortlich, wir haben verschiedene Szenarien angeschaut, was passiert konventionell plus Gentechnik, was passiert konventionell ohne Gentechnik, was passiert Bio mit Gentechnik und ohne Gentechnik Und wir haben da so ganz naiv, wirklich sehr naiv Szenarien angeschaut und haben diese beschrieben und da bin ich eigentlich das erste Mal mit dem Teufel in Kontakt gekommen Weil die Gentech-befürwortenden Kollegen haben dann meine naiven Szenarien zitiert und da habe ich gesagt, ja auch der Urs Nigli überlegt sich ob es ein Bio plus Gentechnik geben könnte Das war aber alles harmlos und ich habe dann ein paar Mal immer korrigiert, Leute in Szenarien denken heißt nicht in realen Möglichkeiten denken Aber ich war dann immer als Vertreter des Bioamtbaus national, international gefragt, wenn es irgendwo eine Studie gab, wo es ein Expertengremium brauchte, wo auch ein Biofrig dabei sein musste, damit es ausgewogen ist Der Quotenöko Dann war ich immer das Feigenblatt und habe den Studien ein kleines Mindestmaß an Glaubwürdigkeit gegeben Aber es hat natürlich bei mir bewirkt, wenn ich mich mit etwas beschäftige, mache ich es immer seriös, ich sitze nicht in einer Kommission drin und blabber, ich lese die Literatur, ich lese die Studie und so In Deutschland zum Beispiel bin ich dann in eine Senatskommission Landwirtschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft hineingekommen, weil die Leute gemerkt haben, ich bin wissenschaftlich und nicht nur ideologisch ansprechbar Und so bin ich in immer mehr Kommissionen reingekommen und habe mich immer mehr mit Wissenschaftlern unterhalten und habe die Literatur gelesen und ich habe zum Beispiel auch viele Evaluationen gemacht von Universitäten Einmal habe ich gerade alle Universitäten von Niedersachsen, habe ich sogar die 15 Wissenschaftler gereitet, dass wir alle Professoren evaluiert haben Das geht natürlich nur, wenn man sich ganz intensiv mit den Inhalten beschäftigt und da merkt man, man kann einfach nicht mit Vorurteilen durch das Leben gehen Diese intensive Beschäftigung hat dann eigentlich zu einer Relativierung geführt, also gentechnisch schlecht und biologisch gut, das funktioniert einfach nicht Das hatte ich dann immer in mir drin und ich habe es auch im kleinen Kreis diskutiert Auch mit eigenen Mitarbeitern und es war so, dass viele Menschen haben diese Unsicherheit, welche Technologien soll man zum Beispiel nutzen Wo ist wirklich ein Vorsorge-Denken notwendig, damit man keine Risiken eingeht und wann ist eine Technologie sicher? Das sind ganz zentrale Fragen, die kann eben niemand einfach beurteilen In Biokreisen habe ich darüber diskutiert schon 2011 an einer großen europäischen Bioakademie in Tschechien, in Letnice, da bin ich mit den führenden Persönlichkeiten der IFAM EU-Gruppe Dann haben wir uns auf dem Weg nach Wien zum Flughafen in ein kleines Auto zu Siebent eingefährt und haben mit einer anderen Philosophie und die IFAM Leute haben gesagt, Urs, was meinst du eigentlich zur Gentechnik? Dann haben die zu meiner Überraschung gesagt, wir glauben, dass eine schwarz-weisse Position eigentlich nicht mehr haltbar ist Ich habe dann gesagt, rein strategisch gesehen kann man in Biolandbau nicht über Gentechnik reden, weil das Profil des Biolandbaus ist ganz klar und klar Und ich habe ja auch im 1995 die ... Ich habe so eine Interessengemeinschaft von denen, die an der Biozüchtung interessiert sind, gegründet Und wir haben darüber diskutiert, wie kann man das Ganzheitsprinzip, den Systemansatz des Biolandbaus auf die Züchtung übertragen? Im Sinne nicht, Gentechnik ist schlecht, sondern was wollen wir positiv? Und wir haben uns so probiert, abzugrenzen, wir haben damals gesagt, die Zelle ist die kleinste physiologische Einheit, wo alle Physiologischen Funktionen stattfinden Und das Genom ist die kleinste Einheit, wo die Erbinformationen gespeichert sind und die beiden darf man in der Züchtung nicht zerhacken Das war unser Denken damals, die Biozüchtung eben auch ganzheitlich zu machen Und ich habe dann in diesem Gespräch zum Beispiel gesagt, ich würde mich da nicht in diese Diskussion reinlassen, weil was die Gentechnik damals auf der Markt geworden hat, war uninteressant für den Biolandbau Also glyphosatresistente Raps, glyphosatresistente Mais, sowieso kein Glyphosat-Spritz Und Bt-Mais, wo man das Toxin, das Bakterium produziert, um Schädlinge abzuwehren Die Bio-Bauern bringen das aus mit einem Spray, hat genau die gleich gute Wirkung und die Chemie hat das Gen in die Pflanze hineingenommen, das Bakterien-Gen, damit die Pflanze in allen Zellen das Toxin produziert Und das habe ich zum Beispiel als risikoreich angeschaut, wenn jede Zelle der Pflanze dieses Gift produziert, hingegen wenn man es sprayt, kann man schauen, aha, jetzt baut sich die Schadereger Population auf Und jetzt kann man es sprayen und dann hat man eine gezielte kurze Wirkung mit einem natürlichen Bakterium, das den Richtlinien des Biolandbaus entspricht Und von dem her habe ich damals keine Notwendigkeit gesehen und die Kollegen haben dann gesagt, ja aber Urs, wir müssen die Diskussion starten Weil es kann ja sein, es gibt einmal eine Gentechnik, die vernünftig ist Um zur Gentechnik vielleicht noch eine letzte Frage zu stellen oder Aussage und dann Frage Was ich halt als Konsument wahrnehme bei Gentechnik, ist die Angst, dass irgendwie, weil es mit meinem Körper passiert, wenn ich irgendwas esse, was gentechnisch verändert ist, ist die eine große Angst glaube ich Die andere große Kritik an der Gentechnik ist ja die, dass es dann Hybridsorten gibt, wo dann Patente auf Lebensmittel vergeben werden, das in der Hand von einzelnen Firmen ist Das ist ja die zweite große Kritik, die denke ich auf der Konsumentenseite wahrgenommen wird und die dann glaube ich vorrangig mit Gentechnik assoziiert wird Das ist ja nicht die Gentechnik, von der Sie sprechen, wenn Sie von den Möglichkeiten der Gentechnik sprechen, sondern das ist ja, Sie gehen ja davon aus, dass man einfach einen Nutzen durch Gentechnik schafft, der dann aber nicht monetarisiert wird, quasi in Form von Patenten auf Lebensmittel Ist das so richtig? Also das wir Patente haben auf Lebensmittel ist natürlich eine Fehlentwicklung, das kommt aus dem amerikanischen Markt, weil die Amerikaner haben keinen Sortenschutz, die haben immer Patentschutz gehabt auf neuen Sorten Und das hat man auf Europa übertragen, also Monsanto wollte das durchsetzen in Europa und das war ein gigantischer Fehler, weil die europäischen Sorten sind durch den Sortenschutz reguliert Die Züchter haben dadurch einen Einnahmen aus ihren Züchtungen, aber es besteht das Züchterprivileg und es besteht das Landwirteprivileg Also jeder Züchter kann mit einer geschützten Sorte weiter züchten und jeder Landwirt kann eine geschützte Sorte auf seinem Feld weiter vermehren Und das ist ein ungeheuer freies System, wo der Züchter aber selber trotzdem einen Gewinn hat und für seine Aufwendungen entschädigt wird und das Patent unterdrückt das alles Es optimiert den Gewinn oder maximiert den Gewinn beim Inhaber des Patentes, war eine völlige Fehlentwicklung, das sehen mittlerweile aber auch gentechnisch befürwortende Fachleute und Wissenschaftler sehen das aus Fehlentwicklung an Und das hat die Gentechnik ruiniert in Europa und das zweite ist, mittlerweile gibt es natürlich eine enorme Weiterentwicklung, also die Züchter haben und die Molekularbiologen haben gelernt, aus warum die Menschen die Gentechnik abgelehnt haben Und heute gibt es völlig andere Methoden, also Genome editieren, wo einfach Punktmutationen gemacht werden, die nicht mehr unterscheidbar sind von einer Mutation, die entsteht, wenn man verschiedene Eltern kreuzt Weil Mutation ist ja das Prinzip, das man braucht, damit eine Sorte mit neuen Eigenschaften entsteht und das kann man auslösen, indem man zwei Elternlinien miteinander gekreuzt und dann entsteht unter Umständen eine neue, interessante Mutation Und dann liest man die aus und schaut, dass sie möglichst stabil bleibt und dieser Prozess wird durch Genome editieren, wird das punktgenau, indem man aus einem Eltern genau das Gen herausnimmt, was man haben möchte und einführt Das sind meilenweite Weiterentwicklungen und deswegen muss man es auch neu anschauen Also im Prinzip nur zur Erklärung, Genome editierung ist, was Pflanzenzüchtung kann, nur viel schneller und in viel kürzerer Zeit Also was die Pflanze schon ewig lang macht, aber es ist natürlich so, dass man in der Züchtung sieben Jahre auf zwei Jahre verkürzen kann Und die Zahl der Pflanzen, die man braucht, bei Kreuzungen braucht man zum Teil mehrere tausend Pflanzen bis man genau die Eigenschaft hat, die man möchte Und mit dem Genome editieren braucht man 20, 30, 40 Pflanzen Es ist eigentlich auch aus der Überlegung, dass man auch nicht viel Pflanzenmaterial vergeudet Und das ist eine ganz andere Technologie und wo diese Technologie gekommen ist, dann habe ich plötzlich Mut gekriegt Und habe mich erinnert, was meine Freunde mir damals gesagt haben und habe ein Interview gegeben mit dem Taz, dem Taz-Journalisten Und das hat dann ein ganz naives, bescheidenes, vernünftiges, aus meiner Sicht fachlich gut basiertes Interview in der Biobewegung einen Shitstorm ausgerührt Und warum? Worum ging es da? Oder was haben Sie gesagt, dass es einen Shitstorm gab? Ich habe gesagt, das Genome editieren muss neu beurteilt werden Und vor allem habe ich gesagt, dass man das nicht mehr als Technologie einfach so ablehnen sollte, sondern man sollte das Produkt anschauen Die Angios und die Bioleute lehnen ja eine Technologie, also ein Züchtungsprozess, generell ab Aber wenn daraus ein Produkt entsteht, das ideale Eigenschaften hat und keine negative Wirkungen auf die Umwelt und auf die Gesundheit hat Dann müsste man ja das Produkt anschauen, man prüft das Produkt, nicht den Herstellungsprozess Und das habe ich gesagt und ich habe nicht einmal gesagt, die Bio sollten das brauchen Ich habe einfach gesagt, für eine nachhaltige Landwirtschaft sollte man das anschauen Und dann wurde das verkürzt, der Nikli, der Biopaps ist, sagt Genome editiert Das ist ein Gentechnikbefürworter, das ist dann das, was bei mir dann quasi als Konsument ankommt Und deswegen jetzt auch ein bisschen die Frage, um das ein bisschen aufzuarbeiten Das ist jetzt dieses Gegensatz bei unnatürlich, natürlich oder Genetik versus Natürlichkeit Sie sprechen aber auch, sie lösen ja an vielen Seiten Shitstorm, sie haben ja ein gewisses Händchen dafür Ich glaube, das ist gut, da bleibt mein Diskurs Das andere ist klein gegen groß, David gegen Goliath, kleinstrukturierte Ich würde ganz gern noch, bevor wir zu klein und groß kommen, fragen, wie geht denn jetzt Gentechnik- oder Genome-Editierung und Biolandbau zusammen? Wie geht sich das aus oder was genau für einen Line erklärt? Ich würde niemals, das erste Mal die Biobauern müssen sagen, wie der Biolandbau aussehen soll Das ist nicht meine Sache, ich rede nirgends rein Und aus Sicht der Marktprofilierung, vor allem der Marktprofilierung sollte man auf Gentechnik verzichten Weil es gibt, die Biobauern können, was sie machen, können sie am einfachsten erklären Wenn sie sagen, keine chemischen Dünger, keine chemischen Pflanzenschutzmittel, keine Gentechnik Drei Worte und dann können sie so kommunizieren und die Kunden kaufen es wie verrückt Das heißt, wenn man von drei Argumenten eines wegnimmt, dann ist das nicht gut Sie sagen dann noch Tierschutz und Umweltschutz und Nachhaltigkeit, aber dort wird es ja schon schwammig Weil es gibt auch viele konventionelle Betriebe, die einen sehr hohen Tierwohlstandard haben Bezüglich Klima hat Bio nicht gewaltige Vorteile, Bio kann also nicht sagen, wir sind eine klimaschonende Landwirtschaft Das heißt, diese Definition, auf die kann Bio nicht verzichten Aber mir liegt am Herzen, dass die konventionelle Landwirtschaft viel nachhaltiger wird Und ich schaue, ob das möglich ist Also die integrierte Produktion, von der Sie vorher gesprochen haben Ja, die hatte nicht funktioniert Aber ich suche einen Weg, weil wir haben, in Österreich haben wir 25% Biobauern, 75% nicht Biobauern Und die prägen die Landwirtschaft Die Landwirtschaft ist geprägt nicht von den Biobauern, sondern von den 75% Konventionellen Und wenn wir die schöne Landwirtschaft und die saubere Wasser und alles erhalten wollen, müssen wir uns um die 75% der übrigen Landwirte kümmern Das heißt, Ihr Bioansatz geht eigentlich über die 25% hinaus und macht auch Angebote in Richtung der 75%, wie das dort punktuell umsetzbar ist Ja, dort möchte ich eigentlich Natur und Hightech kombinieren Also Natur, Bio und Hightech, das wäre für mich die Lösung für die 75% und Bio rein wäre die Lösung für die 25% Natur, Hightech, was war das dritte jetzt? Natur, Bio und Hightech Das bringt mich jetzt eher wieder ein bisschen zurück zu meiner Frage von vorher Das eine Gegensatz vor, was Sie da jetzt aufgemacht haben, war eben Natürlichkeit und Nicht-Natürlichkeit, Gentechnik oder wie man auch immer das nennen will Das andere ist einfach dieses David gegen Koliard-Spiel, Groß gegen Klein, große Landwirte sind die bösen, die klein strukturierten Landwirtschaft, das sind die guten Da haben Sie dann ja auch wieder durch Ihre Forcierung von GPS-Steuerung, von diesen technologischen Lösungen, Innovationen, auch immer wieder mal einen Shitstorm auf sich gezogen Nein, viel weniger, weil es gibt ja auch viele grosse Biobetriebe Genau Interessanterweise ist es so, dass zum Beispiel die Digitalisierung in der Landwirtschaft basierend auf Robotern, gesteuerte Arme, die irgendwelche Funktionen machen, GPS und Sensoren, die zwischen Unkraut und Getreide unterscheiden Da hat Bio einen viel unkomplizierteren Zugang, weil das ist eigentlich die Weiterentwicklung des Striegels Der Striegel war ein dummes, mechanisches Werkzeug und heute haben wir ganz hochentwickelte, hoch intelligente Werkzeuge, die die Digitalisierung anbietet Da bin ich eigentlich eher erschüttert, wie unkritisch Bio damit umgeht Zum Beispiel, wenn wir über jedem Acker eine Cloud haben, wo die Daten vermittelt, Real-Time-Daten, dann ist es so, dass wir gigantischen Energieverbrauch haben mit Serven Und es ist auch so, dass wir auch ein Datenschutzproblem haben Wem gehören die Daten, die da zirkulieren? Gehören sie nach dem Landwirt? Hat er das Eigentum der Information und der Daten? Oder macht das irgendjemand anders und nutzt das und nutzt das aus? Es gibt viele Probleme mit der Digitalisierung Ich habe mich mal gewundert an einer Präsentation des IFAM-Direktors, wo er über IT geredet hat, Digitalisierung ganz begeistert Ich habe ihn nicht aufgestanden und gesagt, wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus, mit der Vertraulichkeit der Daten, mit der Nutzung der Daten aus Und dann haben mich alle fassungslos angestarrt, ausgerechnet Nikli, der immer Hightech predigt, die kritischen Fragen stellt Jede Technologie muss hinterfragt werden Aber ich halte die Digitalisierung für nützlich Es gibt ja auch Roboter, die die Solarstationen anfahren Es gibt immer kleinere Roboter, die selbstständig arbeiten, die die Bodenfeuchtigkeit messen und dann nur rausfallen, wenn der Boden gut belastbar ist Und dann immer wieder Solarstationen anfahren Solche Systeme finde ich sinnvoll Ich bin überzeugt, es gibt einen Spruch von einem der Autoren, den ich hier zitiert habe Das menschliche Gehirn ist die einzige erneuerbare und nachhaltige Ressourcen, die unerschöpflich ist Und das hat mich jetzt immer stark geleitet Das sagt einerseits, dass wir das traditionelle Wissen der Landwirte, das sich akkumuliert hat, würdigen Aber das heisst auch, dass wir den Erfindergeist des modernen Menschen immer nutzen zum Segen für die Landwirtschaft Die Kombination ist wichtig Glauben Sie, dass der Mensch immer eine Rolle in der Landwirtschaft hat? Sie schreiben ja selber vom traditionellen Wissen, das Wissen um die Heilkräfte oder die Wirkung von Pflanzen etc. Wenn man das alles mal erhoben hat, was jetzt noch in den Köpfen der alten Generationen ist, das in einem Computer gibt Ist der Mensch irgendwann mal ersetzbar in der Landwirtschaft? Ja, das ist auch so ein Traum, den ich mal hatte, dass wir zum Beispiel das ganze Wissen der Landwirte um Medizinalkräuter in der Tiermedizin digitalisieren Und dass Pharmazeuten, moderne Wissenschaftler, das auch kritisch anschauen, was ist Vorurteil, was ist wissenschaftlich belegbar Und damit, dass man die Phytomedizin in der Tiermedizin erhalten kann Also es wird vieles in diese Richtung weitergehen, dass man das Wissen der Landwirte, das alte Wissen auch digitalisieren würde Aber steht dann irgendwann noch einmal ein Landwirt im Stall, am Feld, dieses archaische Bild, das man auch vom Landwirten hat Wird sich das in der Zukunft dann verringern, vielleicht sogar ganz verschwinden Oder wird es den Landwirten, so wie wir ihn jetzt kennen, auch weiterhin brauchen und geben? Oder ist es irgendwann wirklich so, dass die Technologie und die technischen Möglichkeiten, Big Data etc. dieses Wissen und diese Fähigkeit des Landwirten früher oder später ablösen werden? Ja, der heutige Landwirt sitzt ja auch schon im Truck mit dem Ohrhörer, die Musik Und er hat ja den Kontakt zum Boden verloren Und da finde ich es eben auch wichtig, dass der Kontakt zum Boden, weil der Boden ist ein ungeheuer sensibles Wesen Dass der halt, wenn er schon nicht mehr über die menschlichen Sinne läuft, dass der über Sensoren läuft Die sind genauso gut wie die menschlichen Sinne Das kann man auch im Umkehrschluss sagen, die menschlichen Sinne, wenn sie eingesetzt würden, wären genauso gut wie absolut Hightech Und da muss sich der Berufsstand der Landwirte, aber auch die Gesellschaft entscheiden Wollen wir unsere holistische Fähigkeit Wissen zu verdichten? Als Mensch? Als Mensch wollen wir das weiterhin nutzen Oder wollen wir diese Aufgabe den Maschinen abgeben, die machen das ganz so gut? Das ist eine Entscheidung, die wir treffen müssen Das ist eine gesellschaftliche Entscheidung Und ich würde sagen, wir brauchen eine Kombination Der Mittelweg Ich habe diesen pragmatischen Mittelweg vergangenen Sommer kennengelernt, den ich mir vorher nicht vorstellen konnte Ich war bei einem lieben Studienkollegen von mir, ein Bioackerbauer mit 200 Hektaren Der in seinem satellitengesteuerten Traktor sitzt, aber in jedem Feld rein, den er abfährt Mit dem Ding steigt er aus, mit seinem Spaten, das ist das einzige Gerät, das er immer dabei hat Und nimmt eine Probe quasi und schaut sich den Boden an und steht dort und riecht und schaut Und alles was es dazu braucht und es braucht den Menschen und die Maschine Das ist die personifizierte Kombination, wie Sie es jetzt gerade auch gesagt haben Das glaube ich, das macht auch den Job des Landwirten interessant Vielleicht darf ich da etwas einwerfen, ich habe mir gerade gestern einen Podcast von uns selbst angehört Und zwar die Folge 8 mit dem Sepp Brandstetter Das ist ein Slow-Food-Bauer, der macht Mais in Kärnten Und er hat dann irgendwann gesagt, und das passt jetzt einfach so gut dazu, deswegen wollte ich es gerade sagen Weil ich ihn gefragt habe, wie man denn einen guten Boden erkennen kann Oder wie man denn das merkt Der hat gesagt, am besten ist, du gehst durchs Feld und dann ziehst du die Schuhe raus Und gehst einfach mal barfuß übers Feld Also er sagt, er kann das da erkennen, das merkt man einfach, wenn der Boden gut ist, wenn er nicht gut ist Wenn das Wissen irgendwann verloren gehen würde, weil wir uns gesellschaftlich entschieden Wir möchten das alles der Technik überlassen Für mich fühlt sich das jetzt nicht optimal an Ich glaube, dass gerade eine Gesellschaft, wenn es darum geht, wie wir Landwirtschaft wollen, ganz weit weg ist von dem Bild Die glaubt noch an den Bauern mit der Mistgabel und die Bäuerin im Dirndl Jetzt krass ausgedrückt, dass wir als Gesellschaft dort ankommen, dass wir lieber die Maschine wollen und akzeptieren Dass man halt mit großen Traktoren aufs Feld fährt und das ganze Satelliten gesteuert ist Und dass es ohne Züchtung weder Pflanzen noch Tiere gibt, die wir essen könnten Von dem sind wir weit entfernt, aus meinen Augen Ich finde das eben eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung Das kann man nicht den Landwirten allein überlassen Oder der Landwirtschaft und der Landwirtschaftspolitik Weil das kostet Und es ist auch so, das schlägt sich auch auf den Preis Wie viel sind wir bereit für die Lebensmittel zu bezahlen? Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens Es gibt Leute, die von einem Gesellschaftsvertrag reden Wir müssen mit der Bevölkerung abmachen, welche Landwirtschaft, welche Ernährung wollen wir Und das finde ich eigentlich eine spannende Diskussion Wo findet denn dieser Dialog, von dem Sie jetzt sagen, wo findet dieser Aussandungsprozess Wenn Sie sagen, das macht nicht nur die Landwirtschaft aus, sondern das ist ein gesamtgesellschaftlicher Dialog Wo findet denn dieser Dialog statt und wie wird er dann manifest? Momentan findet er statt, also in akademischen Kreisen Auf Vorträgen findet er statt Und er geht unter in einer polarisierten Diskussion Was ist gut und was ist schlecht Und deswegen bin ich vollständig gegen eine polarisierte Diskussion Wir sollten jetzt wirklich aufhören Es gibt keine Good-Geist, es gibt keine Bad-Geist Alle beschäftigen sich mit den Zielkonflikten, die wir haben Weil wir haben unglaublich viele Zielkonflikte Wir können sehr ökologisch produzieren, aber dann haben wir tiefe Erträge Wir können sehr ertragreich produzieren und dann geht der Boden kaputt, die Biodiversität Und das heißt, wir müssen uns annähern Wir müssen ständig diskutieren und das kostet etwas Und es gibt immer noch den Traum, dass man eine sehr produktive, nachhaltige ökologische Landwirtschaft finden würde Auch das, wenn man einen neuen Weg entwickeln würde, der Produktivität und ökologische soziale Nachhaltigkeit miteinander verbindet Auch das braucht einen Dialog Dann kann man einfach nicht mit dogmatischen Argumenten kommen Dann ist man in einem iterativen Optimierungsprozess drin Und da müssen alle offen sein Ich finde, diese jetzige Polarisierung ist eigentlich völlig absurd Und bringt inhaltlich keinen wirklichen Schritt noch vor aneinander Und bringt keinen Fortschritt Was bräuchte es um diese Diskussion? Braucht es neue Akteure? Braucht es eine neue Politik? Wo findet denn dieser Dialog? Was bräuchte es, damit dieser Dialog wieder besser stattfindet? Was fehlt? Ich glaube, es braucht eine neue Generation Aber die kommt An vielen Hochschulen habe ich immer Vorlesungen gegeben Und da werden nicht mehr alte Bilder zelebriert Auch letztes Jahr, vor vier, fünf Jahren, habe ich einen Vortrag an der Poco gehalten Man sah Albums voll, etwa 400, 500 Leute Und dann haben mir viele Studenten gemeldet und haben gesagt Wir müssen wirklich wieder lernen zu diskutieren Miteinander reden? Miteinander reden, das wäre so quasi unser Credo Das reden kommende Leid zusammen, das ist so quasi auch unser Spruch Aber glauben Sie nicht, dass das so quasi auch ein gewisser Wenn man fragt, dann bekommt man genau diese Antwort Wir wissen das ja Es ist ja das Wissen da darum, dass die Dinge oft nicht so optimal laufen, wie sie sollten Wenn wir dann aber quasi nicht beobachtet werden und dann handeln Dann macht man eigentlich wieder genau das Gegenteil Also es ist so eine hohe Diskrepanz Bianca schreibt da in einem neuen Falter Artikel gerade Die Kognitive, diese Anzeige, die wir da aufbauen Zwischen Wissen und Handeln Das ist eine richtige Lücke, die da aufgeht Und wir wissen zwar, was es sein soll Und diese nachhaltige Diskussion, die ist jetzt auch schon so lang Die hat ja 30, 40, 50 Jahre schon Aber handeln tun wir nicht danach Also was braucht es denn da, um da wirklich auch ins Handeln zu kommen Und nicht nur ins Wissen, weil Wissen tun wir es ja Das ist eigentlich die alles entscheidende Frage, die ich auch nicht beantworten kann Ah schade Ich habe ja gesagt, Messigung wäre die Lösung Das heißt, Messigung bedeutet suffizient Und Gandhi hat ja diesen schönen Spruch geprägt Wir haben genug für jedermanns Bedürfnis Aber wir haben nicht genug für jedermanns Gier Und das heißt, das beinhaltet eigentlich die Messigung Und damit könnten wir alle Probleme lösen Dann hätten wir nicht so Druck auf der Produktionsseite Die Landwirtschaft würde ökologischer werden Und es wäre auch so, dass eine suffiziente Ernährung würde auch bedeuten Man isst nicht mehr so viel Man isst nicht mehr so viel Fleisch Man wirft nicht mehr so viel Lebensmittel weg Das ist ökologisch und gesundheitlich ein grosser Vorteil Und dann hat man auch noch das Umweltproblem gelöst Diesen Zusammenhang kennen wir Ich bin zwar immer wieder überrascht, wenn ich das an einem Vortrag sage Dann sagen die Leute, das habe ich mir jetzt noch nie so überlegt Also irgendwie scheint es doch eine gewisse Wissenslücke zu bestehen Aber eigentlich der Zusammenhang ist klar Und jetzt, wie kommt man vom Wissen zum Handeln? Und da komme ich instatt Ja, wie alle Wie alle, die wir an dieser Diskussion seit 20 und Jahren teilnehmen oder länger Aber ich denke allein, dass das bewusst werden Weil ich glaube, warum so viele Menschen dann, wenn sie darüber sprechen Dass wir mit Mäßigung ein Problem lösen können Einen Aha-Moment haben, weil es ja darum geht Dass wenn wir weniger Fleisch essen, brauchen wir So haben sie geschrieben, zwei Drittel weniger der Ackerflächen Wo wir Getreide produzieren, was wir unseren Tieren verfüttern Können das stattdessen selber essen Und können unsere Tiere, unsere Wiederkäuer am Grasland, dem Grünland weiden lassen Und bekanntlicherweise können wir kein Gras essen Beziehungsweise ist es in Nährstofftechnik nicht besonders sinnvoll Und können so eine Ressource, die wir nicht nutzen können Durch die Tiere umwandeln und haben Fleisch und Milch Und ich glaube, das ist den wenigsten bewusst Genauso wie einem Veganer vielleicht nicht bewusst ist Oder einem Vegetarier, der sich ja bewusst entschieden hat Keine tierischen Produkte zu essen Dass man aber Tiere braucht, um eine Landwirtschaft im Kreis zu führen Und wenn man die Exkremente braucht, um die Nährstoffe wieder den Boden zurückzugeben Und ich glaube, dadurch, dass wir darüber reden Und diese Dinge einfach nach aussen tragen Ist es ein Teil der Lösung, wie wir ins Tun kommen Ja, ich habe das sehr viel gemacht In Gastbeiträgen, in Zeitschriften, Zeitungen und so Und im neuen Buch Für mich wäre die Lösung sehr einfach Und es ist tatsächlich so, man löst ständige Haarlebnisse aus Zum Beispiel, dass zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche permanentes Grasland ist Das wissen die Leute einfach nicht Permanentes Grasland heißt auch, da wächst sonst nichts Da wächst Gras Und die Kuh oder die Ziege kann dieses Gras zu Protein verreden Und wenn zwei Drittel der Fläche der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus der Produktion fallen würde Dann haben wir ein Ernährungsproblem Und das heisst Diese Zusammenhänge zu kennen, das finde ich sehr wichtig Und es ist auch so, wenn wir kein Futtergetreide mehr anbauen Sondern nur noch Getreide für den Menschen Dann gewinnen wir zwar viel Fläche dazu Aber wir müssen beim Getreide, das wir für den Menschen produzieren Haben wir Nebenprodukte Weil das Getreide wir vermalen, wir verarbeitet Da entsteht Presskuchen für den Rapsöl herzustellen Auch Oliven, die wir pressen zu Olivenöl Da entsteht ein Presskuchen Und all das kann man den Schweinen fütten oder den Kühen Das heisst wir brauchen Tiere zur Verwertung dieser Produkte Und alle diese Zusammenhänge muss man einfach kennen Und dann versteht man plötzlich Dass eine vegane Ernährung sehr gut ist Es sollten sehr viel mehr Menschen vegan essen Aber es ist keine globale Lösung Diese verrückte Meinung, das was man selber macht Sei die globale Lösung, das ist auch beim Biobauen so Das ist ein völliges Missverständnis Wir können alle dazu beitragen Aber wir haben nie eine Lösung, die global funktionieren würde Ich darf jetzt sagen, Ihr Buch hat 150 Seiten Ist sehr sehr leserlich und gut geschrieben Sodass man wirklich schnell einen Einstieg Sie beschreiben alle diese Themen, den Abfall Die Konkurrenz von Ackerfläche und Grasfläche Es soll jetzt keine Werbung für das Buch sein Ich habe es gelesen, ich finde es aber trotzdem gut Mit Blick auf die Uhr habe ich noch eine letzte Frage Bevor wir unsere letzten beiden Fragen immer stellen Wir können leider nicht mit Urs Nikl über alles sprechen Worüber wir gerne mit ihm sprechen würden Sonst würden wir wahrscheinlich in drei Tagen noch da sitzen Und immer nicht fertig sein Ich habe immer ein Thema, das trage ich so ein bisschen vor mir her Sie schreiben das auch im Buch mit ökologischer Buchhaltung Ich spreche immer von Kostenwahrheit Aus meiner Sicht Und das ist vielleicht ein bisschen eine persönliche und subjektive Sichtweise Würde eine Kostenwahrheit Wo man Themen wie ökologische Kosten, Eutrophierung, Verluste und Biodiversität Alle diese Themen, die in Kosten auf dieser Welt anfallen Soziale Kosten Die aber nicht im Preis des Produktes enthalten sind Den wir jetzt zahlen Sondern es sind ja Kosten, die entstehen bei unseren Kindern Und bei deren Kindern Wie sehen Sie die Wichtigkeit, die Relevanz von Kostenwahrheit Zur Lösung dieser Probleme Und wie sehen Sie die Möglichkeit Dass wir irgendwann mal zu sowas wie Kostenwahrheit an der Kassa kommen Zum Glück ist dieses Thema jetzt am Kommen Und es sind immer mehr Fachleute, die meinen, das sei eine gute Lösung Ich bin überzeugt, das bringt etwas Und da es eine relativ komplexe Geschichte ist Es ist ja so, dass Wenn ich zum Beispiel bio anschaue Das belastet die Umwelt weniger Aber wir haben im Bio auch Verlagerungseffekte Wenn wir weniger produzieren, importieren wir mehr Und dann belassen wir die Umwelt im Land Von wo wir importieren Man muss wirklich dann alles anschauen Und es ist auch so, dass zum Beispiel Vorratsschutz ist ja auch häufig chemisch gemacht Und wenn wir, das heisst Also Haltbarkeit Haltbarkeit Selflife Das hat auch etwas zum Beispiel mit Abschlussspritzungen bei Früchten zu tun Die letzte chemische Behandlung Dient manchmal dazu, dass es im Lager nicht verfällt Und diese Effekte müsste man natürlich auch einbeziehen Wenn man auch darauf verzichtet, hat man dann höhere Food Waste Man muss es dann früher entzweifeln Es gibt immer ein Für und ein Wider Also es ist komplex, aber es ist machbar Und das muss gemacht werden Das bringt eine Verlagerung In dem Umweltkosten auf das konventionelle Produkt drauf kommen Oder auch soziale Kosten Und man nimmt das Geld nachher, um wieder Ökologische und soziale Initiativen zu fördern Ist ein elegantes Unverteilprozedere, das sicher viel bringt Aber bevor das kommt, brauchen wir noch eine Zwischenlösung Und ich bin einfach für eine ganz simple Lösung Wir haben Mehrwertsteuer auf verschiedenen Produkten Oder auf allen Produkten Und ich finde halt einfach, man muss auf klar umweltgefährdenden Stoffen Wie Pestiziden, wie Düngern, wie Energie Da muss man eine Lenkungsabgabe drauf tun Ganz kurz, wie könnte es so was aussehen? Ja, dass man pro Kilogramm noch 10 Euro draufschlägt Die Firmen können ja damit umgehen Eine Firma, die Dünger verkauft Die rechnet ja mit dem Staat die Mehrwertsteuer ab Jetzt rechnet sie mit dem Staat auch noch die Lenkungsabgabe ab Die sie erhebt Und der Staat nimmt dann diesen Teil nicht in die Kasse Sondern verteilt das um, zum Beispiel für Bauern, die weniger brauchen Oder um neue Projekte, neue Ideen zu fördern Und um auch Direktzahlungen für ökologische Landwirte auszubezahlen Und das ist ein einfacher Umverteilungsprozess, den man einfach organisieren kann Das wäre jetzt zum Beispiel eine Lenkungsabgabe, vulgo CO2-Steuer, wie sie in unserem neuen Regierungsprogramm drinsteht Stünde Absolut Auf dem Weg zur Kostenwahrheit Bei Industrieprozessen ist ja heute ausgeschlossen, dass ein industrieller oder eine Fabrik Dass die gratis die Umwelt nutzen kann und verschmutzen kann und verbrauchen kann In dem Sinne, Landwirtschaft ist ein Industriebereich Und die sollten sich an die gleichen Gesetzmäßigkeiten halten Ich habe vielleicht noch eine Frage, die aber zum großen Ganzen gehört Weil ich mich interessieren würde, was ist Ihre Antwort auf die Frage Wie ernähren wir 10 Milliarden Menschen auf dieser Welt Nicht die 150 Seiten lange Antwort, sondern Also ich bin überzeugt, dass wir eben in Richtung Sufizienz, also Mäßigung gehen müssen Da kommen wir aus der Intensivierungsspirale raus Wenn wir zwei, drei, vier Milliarden Menschen mehr ernähren müssen, geht die Intensivierungsspirale weiter Wir müssen da rauskommen und da ist der Ansatz der Mäßigung, also eine drastische Reduktion des Foodways Alles was man vermeiden kann, man kann nicht alle Lebensmittelabfälle vermeiden Man kann die Hälfte, das ist auch ein FAO Ziel, das muss man konsequent umsetzen Und da muss man auch technische Lösungen finden, dass alles wieder zurückfließt Und das zweite ist, dass wir den Fleischkonsum regulieren Und das wird auch nicht freiwillig passieren, aber das kann man Also jetzt in der Pandemie regeln wir ja verdammt viel Das heißt, das ist ein Ansatz, damit wir das Ziel erreichen Das zweite ist sicher, dass wir unsere Intelligenz, die Technologien, besser nutzen Ich glaube, es gibt Technologien, die haben das Potenzial, die Produktivität zu halten oder leicht zu erhöhen ohne die Umweltbelastung zu vergrössern oder die Umweltbelastung noch zu reduzieren Diese klugen Technologien müssen wir nutzen und dann kommen wir automatisch zu diesem dritten Weg Das soll mir jetzt zu unserem dritten Teil kommen Unser dritter Teil sind zwei Fragen, die wir jeden Gesprächspartner stellen Und ich würde jetzt Bianca bitten um die erste Frage Lieber Herr Nigli, wenn Sie könnten, in einer utropischen Welt, was würden Sie an unserer Lebensmittelwertschöpfungskette ändern? Das Wichtigste Das habe ich schon gesagt Ich würde sehr viel stärker regulierend eingreifen Im Prinzip ist der individuelle Mensch überfordert Er ist davon überfordert, dass die Lebensmittel dermaßen billig sind und kann nicht damit umgehen Das ist das Problem, ich würde regulierend eingreifen, ich würde zum Beispiel Lebensmittel teurer machen Ich würde Vorschriften bzw. Ernährung machen, bis das der Mensch in einer neuen Generation verinnerlicht hat Zum Abschluss eine fast schon intime Frage Herr Nigli, was finde ich in Ihrem Kühlschrank? Im Schweizer Kühlschrank 100% Bio Wir haben ein überwältigendes Angebot Es gibt kein Produkt das es nicht in Bio Qualität gibt in der Schweiz, und zwar im LH Dann haben wir noch einen grossen Bio Adern im Dorf und dann haben wir noch einen grossen Gemüsegarten Meine Partnerin und ich, und das findet man auch im Kühlschrank, Bio Qualität In Wien findet man zwei Drittel Bio Produkte, ich wohne am Franziskaner Platz Ich gehe meistens zu Billa oder Spar oder hier zu Denz und kaufe Bio Produkte Aber das Angebot ist nicht so gross wie in der Schweiz Sehr spannend Herr Nigli, vielen Dank, wir hätten wahrscheinlich noch viele viele Fragen Aber ich glaube wir sind glücklich Danke schön Vielen Dank Nein, es ist wunderbar, genauso soll es sein

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