B2P024 Urs Niggli - Der pragmatische Visionär und die Zukunft der (Bio-) Landwirtschaft
Urs Niggli blickt auf eine bewegte Karriere in der Forschung zurück. Im Gespräch mit dem pragmatischen Schweizer versuchen wir die wesentlichsten Aspekte seines Denkens herauszuarbeiten.
28.02.2021 121 min Wilhelm Geiger
Zusammenfassung & Show Notes
Prof. Niggli wirkt tiefenentspannt. Im schlichten Wiener Altbau-Gesprächszimmer des hiesigen FiBL-Standortes (Forschungsinstitut für biologischen Landbau), welches er 30 Jahre lange geleitet und maßgeblich geprägt hat, sitzt uns ein freundlich lächelnder, mittel-junger Herr gegenüber. Ohne die übliche Länge unserer Podcast-Folgen zu kennen, warnt er uns, wir sollten ihn bremsen, wenn er zu sehr ins Erzählen gerät. Wir schmunzeln.
Letztes Jahr gab er die Geschäftsführung des FiBL ab und hat sich seither in eine Art Unruhestand begeben. So wurde er z.B. mit der Ausrichtung des UN-Welternährungsgipfels im Herbst 2021 beauftragt, berät weiterhin als Obmann das FiBL und gibt serienweise Interviews. Glück gehabt …
Und er hat ein Buch geschrieben! Keine Fachpublikation von Wissenschaftlerinnen für Wissenschaftler, sondern vielmehr eine 150-seitige Zusammenschau der Erkenntnisse eines bewegten und erfolgreichen Forscherlebens. Er blickt jedoch weder im Buch noch in unserem Gespräch zurück, sondern vielmehr nach vorne. Stellt er sich doch die Frage, wie wir in den kommenden Jahrzehnten eine Welt mit bald 10 Milliarden Menschen ernähren werden können.
Was wir von Urs Niggli nicht erhalten, ist die „Weltformel“. Die eine Lösung, die für uns alle und überall funktioniert. Gerne wird sein Ansatz auf „Bio kann die ganze Welt ernähren“ reduziert, gilt er doch als einer der bekanntesten Forscher zum biologischen Landbau, quasi ein "Bionier". Was dabei aber oft vergessen wird, ist Urs Niggli, der große Pragmatiker. Wenn wir einen Versuch unternehmen müssten, seinen Zugang zusammenzufassen, klänge dies in etwa so: „Schau, was bei dir und für dich funktioniert. Hast du es gefunden, dann nutze es klug und verantwortungsvoll.“
Ein logischer Pragmatismus zeichnet ihn also aus und hat ihm schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. Bedient er sich doch in manch ideologisch gespaltener Diskussion der Instrumente sowohl aus dem weißen wie auch aus dem schwarzen Körbchen. In Nigglis Körbchen landet dann nebst Bio schon mal die Genom-Editierung und neben traditionellen Methoden des Bio-Landbaus auch Satelliten, die Cloud und Big Data.
Im Gespräch hatten wir 2 Stunden Zeit über vieles zu sprechen, um eine Idee davon zu bekommen, warum Urs Niggli so denkt, wie er denkt und vor allem auch, wie er dazu kam. Letztlich verlief das Gespräch mit Urs Niggli wie ein Dialog mit Zuckerbrot und Peitsche. Wir haben zwei Stunden lang versucht, ihn in eine Schublade zu bekommen, mussten zum Schluss aber das Kasterl wegschmeißen.
Letztes Jahr gab er die Geschäftsführung des FiBL ab und hat sich seither in eine Art Unruhestand begeben. So wurde er z.B. mit der Ausrichtung des UN-Welternährungsgipfels im Herbst 2021 beauftragt, berät weiterhin als Obmann das FiBL und gibt serienweise Interviews. Glück gehabt …
Und er hat ein Buch geschrieben! Keine Fachpublikation von Wissenschaftlerinnen für Wissenschaftler, sondern vielmehr eine 150-seitige Zusammenschau der Erkenntnisse eines bewegten und erfolgreichen Forscherlebens. Er blickt jedoch weder im Buch noch in unserem Gespräch zurück, sondern vielmehr nach vorne. Stellt er sich doch die Frage, wie wir in den kommenden Jahrzehnten eine Welt mit bald 10 Milliarden Menschen ernähren werden können.
Was wir von Urs Niggli nicht erhalten, ist die „Weltformel“. Die eine Lösung, die für uns alle und überall funktioniert. Gerne wird sein Ansatz auf „Bio kann die ganze Welt ernähren“ reduziert, gilt er doch als einer der bekanntesten Forscher zum biologischen Landbau, quasi ein "Bionier". Was dabei aber oft vergessen wird, ist Urs Niggli, der große Pragmatiker. Wenn wir einen Versuch unternehmen müssten, seinen Zugang zusammenzufassen, klänge dies in etwa so: „Schau, was bei dir und für dich funktioniert. Hast du es gefunden, dann nutze es klug und verantwortungsvoll.“
Ein logischer Pragmatismus zeichnet ihn also aus und hat ihm schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. Bedient er sich doch in manch ideologisch gespaltener Diskussion der Instrumente sowohl aus dem weißen wie auch aus dem schwarzen Körbchen. In Nigglis Körbchen landet dann nebst Bio schon mal die Genom-Editierung und neben traditionellen Methoden des Bio-Landbaus auch Satelliten, die Cloud und Big Data.
Im Gespräch hatten wir 2 Stunden Zeit über vieles zu sprechen, um eine Idee davon zu bekommen, warum Urs Niggli so denkt, wie er denkt und vor allem auch, wie er dazu kam. Letztlich verlief das Gespräch mit Urs Niggli wie ein Dialog mit Zuckerbrot und Peitsche. Wir haben zwei Stunden lang versucht, ihn in eine Schublade zu bekommen, mussten zum Schluss aber das Kasterl wegschmeißen.
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Musik:
„Leit hoits zamm“ – Haindling
thx an Jürgen Buchner
„Power to the People“ – Junior Kelly
thx and Michael Lechleitner @ Irievibrations Records
… und ein bisserl selbst gesungen 😊
thx to me, my voice und eure Schmerzschwelle
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Transkript
Leute, halt's zusammen, sonst dauert's nimmer recht lang.
Auf einmal tut's ein kleines Schäberer und dann kracht alles zusammen.
Bauer to the People, der Podcast für Perspektiven rund um Essen, Menschen und Landwirtschaft.
Weil nur durchs Reden kommen die Leute zusammen.
Grüß Gott.
Sie hören mich auch.
Ich höre Sie gut.
Wir sind quasi schon auf Sendung.
Folge 24, ich hab's nur wieder gemerkt, von Bauer to the People.
Wir sind heute in Wien.
Wir sind heute nicht bei einem Landwirten, sondern wir sind heute im Forschungsinstitut
für den Biologischen Landbau, FIBL, in Wien und sprechen heute mit dem Professor, glaube ich auch,
Professor Urs Nigli.
Doktor hast du vergessen.
Professor Doktor Urs Nigli.
Das ist eine Altersfrage, ich hab zu viele Titel.
Ist das eine Alterserscheinung?
Ja, das wird einem in die Zeit lang geworfen.
Und wenn man dann irgendwie sieben Titel hat, dann weiß man, jetzt muss man gehen.
Wichtig ist für uns heute, wir würden heute gerne den Menschen Urs Nigli auch
ein bisschen kennenlernen und natürlich auch die Erkenntnisse und die Sichtweisen,
die sie so über die Jahre und Jahrzehnte inzwischen schon auch durch ihre Forschungstätigkeit
aufgebaut haben.
Sie sind jetzt gewissermaßen in Pension gegangen oder vielleicht kann man es dann
vielleicht Unruhe, Unruhe Stand nennen.
Ihr aktuelles Buch, um das vielleicht ein bisschen einzuleiten, heißt Alle satt.
Ernährung sichern für zehn Milliarden Menschen und vielleicht kann man dieses
Buch auch ein bisschen aus Destillat und Zusammenschau ihrer bisherigen Forschungsarbeit
der vergangenen Jahrzehnte sehen.
Sie beginnen dieses Buch, wir beide haben das ja gelesen und zumindest zu teilen,
in ihrer Kindheit im reichhaltigen sommerlichen Obstgarten und sie schreiben da auch vom
reichsamen Urgroßvater Andreas.
Beginnen also in der Kindheit mit dem Buch und arbeiten sich dann thematisch bis in die
Gegenwart und auch in die Zukunft voran über die einzelnen Themen.
Das Buch, vielleicht darf ich das dazu sagen, ist aus der Buchreihe Leben aus Sicht.
Der Herausgeber, den haben wir übrigens auch schon vor dem Mikrofon gehabt,
das war der Thomas Weber.
Er ist erschienen im Residenzverlag und mir muss ich sagen, Herr Nigli ist es beim
Lesen des Buches ein bisschen gegangen wie Zuckerbrot und Peitsche, da sie irgendwie
im Buch sehr unterschiedliche Positionen miteinander vereinen.
Also ich habe immer versucht, sie in irgendeine Schublade reinzustecken beim Lesen und
sobald es in einer Schublade draußen drinnen gehabt, da sind sie mir aber auf
der nächsten Seite gleich wieder rausgesprungen.
Und wir freuen uns deswegen sehr auf dieses Gespräch, ein bisschen auch zu erfahren,
wie es dazu gekommen ist.
Und wenn ich jetzt zu Beginn Sie bieten dürfte, sich vielleicht kurz vorzustellen, wer
Sie sind, und wir haben wahrscheinlich sehr, sehr oft vorgestellt bei Vorträgen etc.
Ich möchte diesen Versuch heute nicht unternehmen, ich würde Sie vielleicht kurz
zu sagen, wer Sie sind.
Vielen Dank, mein Name ist Urs Nigli, ich habe einen sehr typischen Schweizer
Namen, Urs Vorname und Nigli, und ich bin ein richtiges Dorfkind eigentlich, bevor
ich zum Globetrotter wurde.
Und ich bin in einem relativ kleinen Dorf aufgewachsen im Schweizer
Mittelland entlang der Are, das ist so der Fluss durch das Mittelland, und der fließt
dann später in den Rhein und mit dem Rhein nach Deutschland.
Und ja, meine Jugend war eigentlich sehr unspektakulär und unschuldig.
Also ich konnte als Jugendlicher, wo ich dann später in die Mittelschule gegangen bin,
Matura gemacht habe, Studium, da war ich nicht sehr auf Networking aus.
Man ist gar nicht vorbereitet, wenn man so im Dorf aufwächst, und ich hatte das Glück,
dass wir, also mein Großvater war noch Bauer und hat mir schlecht als recht überlebt
und meine Großeltern haben dann eigentlich das Bauen aufgehört, haben das Land verpachtet
und mittlerweile, mein Vater hat es dann verkauft, Stück um Stück, aber wir hatten
ein sehr großes Bauernhaus, wo wir dann einfach in zwei Generationen drin gelebt haben.
Und das war natürlich, also da haben sich die Augen für die Natur, für die Landwirtschaft
sehr stark geöffnet, haben mich dafür auch sensibilisiert, ich habe auch sehr viele
Geschichten gehört, ich habe die teilweise auch im Buch erzählt und irgendwie, für mich
war das so eine Faszination, also für mich war der Obstgarten ein sehr großer Obstgarten
war das Symbol einer bäuerlichen Vergangenheit, die auch mit unglaublich viel Nuss verbunden ist
und behütet sein auch und das hat mich eben, glaube ich, von Anfang her das Interesse
geweckt, dass ich in der Landwirtschaft tätig sein wollte und wo ich dann später mich entschieden habe
nach der Matura, was ich machen soll, war ich hin und her gerissen, ob ich Künstler werden wollte,
ich habe mich eigentlich dafür interessiert, eine Holz- oder Steinbildhauerkarriere anzufangen.
Wie kam es dazu?
Ja, ich hatte schon eine grosse gestalterische Fähigkeit, glaube ich, und ich hatte bereits schon eine
Lehrstelle bei einem Steinbildhauer und der hat gesagt, wenn du das machen willst, musst du dir
einfach bewusst sein, wenn du nicht absolut genial bist, wirst du das ganze Leben lang
Krabbsteine hauen und das hat mich dann tatsächlich nicht, ich habe dann nachgedacht und habe gedacht,
die Chance, dass ich genial bin, ist relativ klein und ich war immer extrem pragmatisch
und ich habe mich dann für das Landwirtschaftsstudium entschieden, also eigentlich auch sehr spontan,
ich war mit einem Freund und einer Freundin in Südfrankreich, sind wir mit dem Fahrrad durch die wunderbare
Landschaft gefahren in der Provence und spät dann auch noch in der Ardäsch mit all diesen Pfirsichbäumen
und allem und irgendwie, ich bin dann zurückgegangen nach Hause, bin am nächsten Tag nach Zürich gefahren
an die ETH und habe dortigen an Bergen-Tür geklopft, bis ich das Sekretariat gefunden habe, wo man sich
anmelden kann und habe gesagt, ich möchte Landwirtschaft studieren und dann habe ich dann zwei Tage später
angefangen mit dem Landwirtschaftsstudium und das war natürlich ein theoretischer Zugang zur Landwirtschaft,
ich hatte aber auch schon ein relativ gutes Verständnis von der Praxis, ich habe dann natürlich auch
alle diese Praktika gemacht. Woher kam das Verständnis? Ja eben, weil im Dorf drin gab es natürlich
sehr viele Landwirte und ich habe immer rausgeholfen, im Stall, bei der Ernte, Getreideernte
bei allem Heuernte und so und wo ich dann fertig mit der Ausbildung war, da habe ich auch wieder davon
geträumt eine Weltreise zu machen, weil ich war eigentlich immer noch der relativ weltungewandte Mensch
in mir, auch nach Ende des Studiums und dieses Fernweh hat mich schon immer beschäftigt
und dann habe ich dann ein Praktikum gemacht bei den ETH-Forschungsanstalten und wurde damit beauftragt
Herbizide auszuprobieren, also Unkrautvertilger im Grünland, Grasland. Sollte sich zufällig so ergeben?
Ja, es war zufällig, diese Stelle war frei und dann habe ich das relativ tüchtig gemacht,
ich gehe mit Eugaschwort dahin drauf, wenn es um Gift handelt und dann ist daraus eine Dissertation entstanden
und ich habe nachher an dieser Forschungsanstalt eine Dissertation gemacht und es war eigentlich noch
spannend, ich habe mit sehr vielen Leuten zusammengearbeitet und für mich prägende Persönlichkeiten
waren wirklich Leute, ich glaube er ist in Wien auch bekannt, Walter Dietl, der hat an der BOKU auch unterrichtet
und wir sind sehr viel haben wir Grasland, Ökologie, Pflanzengesellschaften angeschaut und wir haben uns
sehr viele Gedanken gemacht darüber, was heißt eigentlich ein ökologischer Futterbau und wie die Idee des abgestuften
In der Intensität, in der Schnitthöhe und alles, Schnitthäufigkeit abgestufter Graslandwirtschaft
und er war ja wirklich auch ein wahnsinnig guter Pflanzensoziologe, der die Pflanzenbestände auch sehr gut beschreiben konnte
In meiner Dissertation bin ich zum Schluss gekommen, dass es völlig sinnlos ist, wenn man Herbizide im Grünland einsetzt
sondern man muss wirklich alles über den Systemansatz, über die Pflanzengesellschaft lösen, man muss sie adäquat bewirtschaften
Man muss zum Beispiel Tritschäden des Fies verhindern oder Überdüngung oder man kann nur an den sehr guten Standorten
Nährstoffversorgung erhöhen und alle diese Dinge, da habe ich eigentlich dieses Systemdenken zum ersten Mal richtig verstanden
Sie haben vorher gerade gesagt, in der Zusammenarbeit mit Walter Dietl, haben Sie schon in Richtung ökologisch oder bio gearbeitet
Wann ist dieses Thema gekommen, ist es so zufällig durch die Arbeit hat sich das ergeben oder haben Sie dann schon bewusst gesagt
die Richtung wollen wir uns umsehen, wollen wir forschen?
Nein, ich habe dann nachher, nachdem ich die Dissertation gemacht habe, bin ich gerade in eine Chefposition gekommen
Ich habe eine Gruppe der Herbologen, also der Unkrautforschung an der Eichenössischen Forschungsanstalt damals in Wedenswil für Obst, Wein und Gartenbau
Am wunderschönen Zürichsee habe ich angenommen und wir waren drei Mitarbeiter und zwei bis drei Doktoranden
Und Sie waren der Chef?
Und ich war der Chef
Gleich am Anfang, von Anfang an Chef
Und ich konnte, viele Kollegen international haben mich besucht, weil ich hatte das schönste Herbologenbüro auf der ganzen Welt
Weil von meinem Büro aus konnte ich über den ganzen Zürichsee sehen
Und wir sind dann auch, als junge Menschen sind wir dann auch häufig im Sommer, sind wir mit den Badehosen zum See runter und haben gebadet und wieder zurück
Und das war eigentlich eine sehr unbeschwerte Zeit, fünf Jahre lang
Und ich war dann neben der Versuchstätigkeit, also in diesen Sonderkulturen, Obstbau, Weinbau, Gemüsebau, aber auch nicht Kulturland, also Straßen
Ich habe mich auch mit der Bahn beschäftigt, weil die Bahn appliziert die viele Herbizide, damit der Schotter eben stabil bleibt und nicht durch organische Wurzeln langsam falsche Schwingungen entwickelt
Und das war ganz so die Zeit, wo dann eben einerseits die alten Herbizide wie Atrazin, Simazin am Auslaufen waren, weil die eben ins Grundwasser geflossen sind, das waren sehr wasserlösige Substanzen
Und neu dazugekommen ist dann eben Glyphosat, also Roundup
Wann war das ungefähr?
Ja das war 1980
Sie waren damals wie alt ungefähr schon in der Zeit?
Gute Frage, nächste Frage
Anfang 20 oder Mitte?
Nein 53, ich bin 53 geboren
Und du 30?
Da war ich 30
Also ich war dann etwa 30 Jahre alt und wir haben dann eigentlich, ich habe auch zum Beispiel für die Schweiz, ich war dann nicht nur zuständig für die Forschungstätigkeit
Und ich hatte eigentlich meinen Schwerpunkt in den Alternativen zu Herbiziden, weil das hat mich fasziniert
Und wir haben alles Verrückte gemacht, also wo wir richtig gut waren, war, dass wir eben die ganzen Rebberge begrünt hatten
Und eben nicht Unkrautbekämpfung gemacht haben, sondern quasi Blumenwiesen gefördert und gezüchtet haben in den Rebbergen
Und die nicht zu einer Wasser- oder Stickstoffkonkurrenz führten
Und weil diese botanische Vielfalt, diese Pollen- und Samenproduktion des Unterwuchses, das brauchten dann eben die Nützlinge, die auch im Rebberg eine grosse Rolle gespielt haben
Um das Schwaderreger und Nützlinge-Gleichgewicht stabil zu halten
Wir haben da sehr eng mit den Entomologen aus den Insektenforschern zusammen gearbeitet
Und wir haben, ich glaube, schon tolle Arbeiten gemacht
Oder im Obstbau haben wir, statt dass wir die unter den Bäumen ausgespritzt haben mit Herbiziden
Damit dort die schwach wachsenden Bäume, die sind ja Niederstammbäume, die haben kein kräftiges Wachstum, weil die müssen ja gut gepflückt werden können
Und dort haben wir statt Herbizide Rindenmulch hingelegt oder Strohmulch oder Plastikmaterial in X-Sachen
Und haben dann geschaut, dass man so eigentlich die Konkurrenz von den Baumwurzeln durch die Unkräuter fernhalten konnte
Wir haben das mit Hunderten oder Dutzenden von Betrieben ausprobiert und die waren eigentlich ziemlich glücklich
Oder wir haben im Gemüsebau sehr viel mit mechanischer Unkrautbekämpfung gemacht
Damals ist die Hackbürste aufgekommen
Und dann sind immer mehr Geräte aufgekommen, die sehr exakt arbeiten konnten, die auch sehr exakt ans Gemüse heran arbeiten konnten
Also quasi statt chemisch-synthetischen Dingen, die das Unkraut vernichten, einfach mechanische Bearbeitung
Vielleicht können wir ganz kurz erklären, was ein Herbizid ist, weil wir haben ja viele Hörer, die dieses Thema vielleicht noch nicht so gut kennen
Ein Herbizid ist eigentlich ein chemischer Stoff, der Unkräuter killt
Das ist immer chemisch
Ein chemischer Stoff, ja, und das kann zum Beispiel sein, dass das Unkräuter verbrennt
Oder es kann sein, dass es die Photosynthese hemmt
Also nach dem Spritzen, das ist zum Beispiel Roundup, nach dem Spritzen wächst das Unkraut nicht mehr weiter, weil die Photosynthese ist gehemmt
Und dann verdorrt sie
Und es gibt x-welche Wirkungsmechanismen
Und das war natürlich aus historischer Sicht, deswegen habe ich im Buch
nicht das, aber ich habe im Buch grosser Wert darauf gelegt, dass wir auch die Historie der Landwirtschaft anschauen
Also aus historischer Sicht war natürlich die Entwicklung der Herbizide, die dann in den 1940er Jahren in die Praxis gekommen ist
Die Bauern hatten das Gefühl, jetzt sind wir von einer Last erleichtert
Was war die Last?
Die Last war, dass man wahnsinnig viel Handarbeit investieren musste, um die Kulturen unkrautfrei zu halten
Und das war das erste Mal, es wurden dann auch immer selektivere Herbizide entwickelt, die zum Beispiel eine Getreidepflanze nicht gekillt hat
Aber alle zwei keinblättigen Unkräuter links und rechts von Weizen, also es war schon eine unglaubliche Erleichterung
Und damals hatte man noch sehr primitive mechanische Geräte
Man hat das Getreide zum Beispiel gestriegelt, das war so wie ein großer Rechen, mit dem man über die Kulturen gefahren ist
hat dabei auch den Weizen geschädigt und geschwächt
Und in dieser Situation war das eine grosse Erleichterung
Und deswegen ist es so, dass die Entwicklung der Herbizide hat die Landwirtschaft sehr viel wirtschaftlicher gemacht
Ich war dann zusätzlich zu all diesem Experimentieren verantwortlich für die Zulassung von Herbiziden in den Sonderkulturen
Und jedes Jahr musste ich 10, 20, 30, 40 neue Substanzen prüfen
Und da haben wir sehr viele Versuche gemacht, mit meinem Versuchstechniker, mit meinem Laboranten
Und da haben wir auch zum Beispiel in Erbsen, also Konservenerbsen, Bohnen und so haben wir Versuche gemacht
Weil die werden ja großflächig angebaut und nicht zum Beispiel für die Konservenindustrie
Und am Schluss haben wir jeweils eine Konferenz, jeden November, Dezember hatten wir eine Konferenz
Und haben dann gesagt, wir lassen diese Substanz zu, die funktionieren aus agronomischen Gründen
Ich habe dann auch noch die Nebenwirkungen auf Nicht-Zielorganismen angeschaut
Und ein Kollege von mir hat zum Beispiel die Ökotox, also geht es ins Grundwasser, hat es Nebenwirkungen auf Bodenmikroorganismen angeschaut
Und so haben wir die Substanzen dann zugelassen
Und ich war mit Leib und Seele dabei, es hat mir wirklich gut gefallen
Nach fünf Jahren habe ich aber dann gesagt, eigentlich entwickle ich Sachen, wie zum Beispiel Alternativen zur chemischen Unkrautbekämpfung, die niemand interessieren
Die konventionelle Landwirtschaft hat meine Versuche, die Bauern haben meine Versuche immer spannend gefunden, aber sie haben es nicht angewandt
Warum nicht?
Ja, weil es zu teuer war und zu arbeitsintensiv
Und hingegen diejenigen, die es angewandt hatten, waren nicht mehr die Bio-Bauern
Die sind dann zu mir gekommen und haben das mit großem Interesse angeschaut
Damals war das FIBL ja schon 15 Jahre alt, wo ich noch beim Bund gearbeitet habe
Und die Kollegen vom FIBL sind dann zu mir gekommen und haben gesagt, kannst du nicht einen Artikel schreiben in unserer Zeitschrift oder kannst du nicht einen Vortrag bei dem Kurs, den wir haben, mit den Bio-Bauern machen, wie du das mit den Rinden da machst oder etc.
Oder welche Geräte im Gemüsebau am besten sind, wenn man gute Unkrautbekämpfung machen will
Und dann habe ich gemerkt, diejenigen, die wirklich ein Interesse haben und die auch die ökonomische Freiheit haben, weil sie eben bessere Preise kriegen für ihre Produkte, das sind die Bio-Bauern
Und dann war der Job ausgeschrieben, sie suchen einen FIBL-Direktor
Da hat es das FIBL damals schon 15 Jahre gegeben und da sind sie dann zum FIBL gestoßen
Was ich jetzt sehr spannend finde, in diesen fünf Jahren der Forschungstätigkeit oder auch der Überprüfung und der Zulassung von Herbiziden haben sie gleichzeitig einen mechanischen Alternativen geforscht
Das heisst, sie haben eigentlich an beiden Seiten zur gleichen Zeit gearbeitet
Absolut
Ich habe dazu noch eine Zwischenfrage, sehen Sie das als zwei Seiten, Bio und konventionell, ist das schwarz und weiß?
Ja genau
Damals, wo ich dann beim FIBL eingestiegen bin, war es natürlich so, es waren zwei ganz unterschiedliche Welten
Von meinen Kollegen an der staatlichen Forschung war es natürlich so, dass sie schon einzelne Kontakte mit den FIBL-Wissenschaftlern hatten
Weil die Insektenforscher sind häufig in Biobetriebe gegangen, wenn die wirklich massenhaft Nützlinge sehen wollten
Weil in den konventionellen Betrieben sah man das nicht, da war alles weggespritzt
Und so gab es ein fachliches Interesse am Austausch
Aber es war damals zum Beispiel für Mitarbeiter der staatlichen Forschung verboten, offiziell eine Exkursion zum FIBL zu machen
Verboten?
Verboten, ja
Weil?
Es war einfach eine Feindschaft, nicht nur zwischen den Bauern, es war auch zwischen den Wissenschaftlern eine Feindschaft
Und wo ich dann gegangen bin, haben mir viele Kollegen gratuliert und gesagt, du hast Mut, du wirst untergehen, aber es ist gut, wenn du das machst
Bitte, bei uns geht es ja auch viel ein bisschen so, früher zu verstehen, warum die Dinge früher so waren, wie sie waren, weil sie oft auch erklären, warum sie heute so sind, wie sie sind
Was war damals der Zeitgeist oder warum hat es diese Feindschaft gegeben, auch diese Ankündigung, sie werden untergehen, wenn sie da jetzt zum FIBL rüber wechseln, in die Bio-Schiene mehr oder weniger
Was war damals der Zeitgeist, warum war das so und wie hat sich das entwickelt?
Ja, das habe ich eigentlich auch beschrieben in einem Kapitel im Buch, weil die Agronomie war geprägt davon, das ist die These von Malthus
Die menschliche Population wächst immer viel schneller exponentiell, während die Produktivität an Lebensmitteln nicht exponentiell wächst
Mehr Leute, immer weniger zu essen für immer mehr Menschen
Die Menschen vermehren sich wie Karnickel und ab und zu gibt es eine Hungersnot und dann sterben wieder viele Menschen, es gibt Kriege um Ressourcen vor allem auch und dann sterben wieder viele Menschen, es gibt Katastrophen und dann regelt es sich wieder
Und dieses ständige Auseinanderdriften wurde damals wie ein Gesetz
Das war das Narrativ der Zeit
Das war das Narrativ der Zeit und die moderne Agrarforschung, die bei Justus von Liebig angefangen hat, wo man z.B. gemerkt hat, aha, wenn ich Phosphor dünge, dann kann ich die Erträge massiv steigen
Und wenn ich sogar Phosphor, Kali und Stickstoff im ausgeglichenen Maße dünge, dann kann ich die Erträge massiv steigen
Und das hat ja dann, im 19. Jahrhundert wurde dann eigentlich die Agrarrevolution entstanden
Und Ende des 19. Jahrhunderts war man erstmals so weit, dass die Landwirtschaft der Erträge viel schneller gewachsen sind als die Menschenpopulation
Das heißt man hat sich ja eigentlich befreit, weil bis dorthin hat man ja eigentlich schon fast gewusst, wir werden irgendwann verhungern
Das war ja dieses Narrativ von Maltruzen und dann hat man die Erlösung gefunden, jetzt haben wir es geschafft, wir können genug Essen produzieren, wir müssen nicht verhungern
Es waren ja quasi chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder Düngungen in dem Bereich die Lösung für das Hungerproblem
In der Zeit
Absolut, das hat eigentlich die Menschheit von einem Dilemma befreit
Und ein Widerspruch, den man vorher nie lösen konnte
Und interessanterweise gab es ja auch, das habe ich auch zitiert, es gab ja auch die reichsten Länder wie Frankreich
Frankreich war das reichste Land der Welt über lange Zeiten hinweg und es war auch von der Natur bevorzugt
Es hatte immer eine starke Agrarwirtschaft, starke Bauern und es ist ja heute noch ein Agrarstaat neben dem, dass es ein Kulturstaat ist
Aber auch in Frankreich gab es in jedem Jahr 100 Hungersnöte
Und ich glaube viele soziale Konflikte und Kriege, die die Menschheit immer wieder zurückgeworfen hat, kommen aus dieser Diskrepanz zwischen dem Wachstum der Bevölkerung und dem Wachstum der Nahrung
Der Mensch hat sich eigentlich als intellektuelles Wesen, hat sich eben abgekoppelt von seiner natürlichen Ernährungsbasis
Bei Tieren passiert das nicht, da regelt es sich immer wieder
Ab und zu gibt es Heuschreckenschwärme, die vermehren sich wie verrückt, man weiß nicht genau warum
Und dann fressen die alles leer und dann bricht die Population
Weil nichts mehr zu essen da ist, weil da nichts mehr zu fressen da ist, genau, bricht die Population
Bei Mensch war es etwas ähnliches, aber er konnte sich eigentlich mit seinen intellektuellen Fähigkeiten, konnte er sich eigentlich vorständig von der Natur abkoppeln
Die Agronomie des 20. Jahrhunderts, die Agronomen, die Wissenschaftler, die hatten das im Kopf
Das war ein extrem positives Bild
Das war ein Narrativ, das haben sie verinnerlich gehabt
Und da kamen die Bio-Bauern und sagten, jetzt verzichten wir auf die Dünger, jetzt verzichten wir auf die Pflanzenschutzmittel
Und das war ein Schock
Und es hieß dann eigentlich immer in den Institutionen drin, wollen wir wieder Hunger, wollen wir wieder verhungern
Das war das Argument gegen die Bio-Bauern
Das war das Argument gegen die Bio-Bauern
Und die Bio-Bauern haben immer stolz gesagt, wir können es auch ohne
Und dem Bio-Bauern hat das niemand geglaubt
Und sind denn die gekommen, die Bio-Bauern?
Was war denn da die auslösende Entwicklung der Biolandwirtschaft?
Wann ist denn das aufgetaucht, das Phänomen?
Ja, das hat ja sehr viele Quellen
Man hat natürlich sehr früh schon die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft gesehen
Man hat damals noch nichts von Ökologie verstanden
Man hat einfach gedüngt und man war glücklich
Man hat auch nichts von Düngung und Produktqualität verstanden
Man hat manchmal so viel gedüngt, einfach in der Hoffnung, es gibt noch mehr Ertrag
Für die Bauern, es gibt noch mehr Erlös
Und nachher sind die Kartoffeln oder die anderen Produkte am Lager verfault, weil sie völlig überdüngt waren
Also das Verständnis war früher weder für die Umwelt noch für die Produktqualität sehr hoch
Man hat einfach die Erträge gesehen
Aber man hat es ja auch noch nicht besser gewusst, oder?
Na ja, man kann es einfach nicht wissen
Und die Bio-Bauern haben dann begonnen, diese Zusammenhänge zu sehen und zu beobachten
Und da gab es ja auch sehr viele Wissenschaftler, die mitgemacht haben
Also vereinzelte Wissenschaftler und Bauern
Und die Bauern haben immer gesagt, was passiert mit unserem Boden?
Verlieren wir Fruchtbarkeit?
Welche Qualität wollen wir unseren Konsumenten verkaufen?
Können wir das verantworten?
Und dann ist dann sehr rasch, eben hat sich das aus verschiedenen Quellen so konkretisiert
Man hat dann eigentlich gesehen, dieses Puschen der Erträge mit leicht löslichen Düngern
Mit Stickstoff, mit Phosphor, der chemisch aufgeschlossen ist, so dass die Pflanze ihn direkt aufnehmen kann
Dann haben die Bio-Bauern gesagt, wir wollen keinen leicht löslichen Stickstoff
Aus der Haber-Bosch-Synthese, also mit Erdgas
Ist ja dieser chemische, aufwendige Prozess, wie man aus der Luft Stickstoff mit Erdgas herstellt
Das wollten sie nicht, weil das ist wie ein Junkie, der ständig neue...
Wie Fastfood für den Boden
Genau, und von dem her war es ihnen klar, die Bio-Bauern wollten das alles nicht
Und sie haben dann geschaut, wie produktiv ist es, wenn ich eben diese Dinge alle nicht anwende
Es gab dann immer mehr Beobachtungen, es war ja durch Beobachtungen entstanden
Dass man gesehen hat, wenn ich die Wirtschaftsdünger, das was auf dem Betrieb anfällt
Wenn ich das nicht einfach nur als Abfall entsorge auf den Betrieb, irgendwo auf eine Wiese schmeisse
Sondern wenn ich das kompostiere und einen sehr guten Mistkompost mache
Wenn ich zum Beispiel die Gülle belüfte, damit sie eine bessere Qualität hat
Dann kann ich das wirklich als sehr effizient Dünger einsetzen
Und dann habe ich den gleichen Effekt wie mein Nachbar, der mineralisch aus dem Düngersack gedüngt hat
Und sie haben beobachtet, dass eine Pflanze, die sehr viel langsamer wächst und weniger Wasser einlagert in den Zellen
Dass die nicht so attraktiv ist für Blattläuse und andere Schädlinge, Dripse etc.
Oder dass die nicht krankheitsanfällig sind und haben dann gemerkt, ich kann mit dem Chemie-Einsatz sogar ganz zurück
Diese Zusammenhänge hat die Praxis ständig beobachtet
Sie sind eigentlich ursprünglich aus der klassischen Agrarekonomie gekommen, haben zu Herbiziden geforscht, weil es halt so passiert ist
Und sind dann zum Fieber gekommen, meine Frage wäre jetzt, was ist Bio für Sie?
Als ich zum Fieber gekommen bin, hatte ich am Anfang etwas Orientierungsschwierigkeit
Die Leute und die Denkweise und alles war völlig anders
Die Denkweise aus dem Mindset, heute wird das viel diskutiert
Wie kommen wir zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, wir müssen die Mindset der Leute ändern
Das hat mich aber dann mit der Zeit wahnsinnig beeindruckt
Es gibt so Darstellungen zum Beispiel, dass man in Harmonie mit der Natur ist und nicht im Krieg mit der Natur
Dass man für Dezentralisierung ist und nicht für Zentralisierung
Dass man für Mäßigung ist und nicht übermäßig produziert
Das habe ich sehr stark gespürt beim Fiebel und bei den Bio-Bauern
Das hat sie angezogen
Eine ganz andere Mentalität und ich wusste sofort, dass das die richtige Mentalität ist
Das weiß ich heute noch viel mehr, wo wir zum Beispiel in der Vorbereitung in der wissenschaftlichen Gruppe
Für den nächsten Welternährungsgipfel 2021 in New York diskutieren wir über diese Mindset
Also wie kommen wir alle Akteure in eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit
Oder auch zum Beispiel bei der EU-Kommission habe ich da letztendlich einen Vortrag gehalten
über Transformation in Richtung nachhaltiger Landwirtschaft
Da habe ich auch diesen Mindset dargestellt von den konventionellen Bauern und den Bio-Bauern
Extrem plakativ, es entspricht nicht der Wahrheit, aber es ist doch unglaublich greifbar
Und was ist dieser Mindset?
Das sind diese Begriffspare, was ich vorhin gesagt habe
Systemische Denken
Ja, dass man systemisch denkt und nicht in Teilsystemen, in Teilwirkungen
Dass man eben die Harmonie sucht und nicht die Dominanz
Die Dominanz als Gegenwart zur Harmonie
Oder dass man eben die Synergie sucht und nicht den Krieg
Ich muss sagen, an der ganzen Tagung hat das die längste Diskussion gegeben unter den Wissenschaftlern
Die haben das nicht bewusst realisiert
Die haben plötzlich gesagt, das ist der richtige Ansatz
We have to change the Mindset
Und von dem her, das habe ich ganz spontan gemerkt, dass das der richtige Ansatz ist
Und ich habe dann natürlich alle Richtlinien des Bio-Baus sofort aus dem FF gekonnt
Als Fiebel waren wir damals ja auch stark in die Richtlinienentwicklung involviert
Das Fiebel hat die Schweizer Bio-Richtlinien geschrieben für die Bio-Organisation Bioswiss
Wir haben die ja auch gegründet gehabt
Die Knospe, die heute die Bio-Bauern haben, war das Logo des Fiebels
Wir haben das den Bio-Bauern geschenkt
Und ich habe dann im 92 ein eigenes Logo gemacht und nicht mehr die Knospe
Durch diese intensive Entwicklung, wo ich fast täglich Sitzungen hatte mit den Bio-Bauern, mit der Organisation
Ich habe sehr stark diese Organisation mitentwickelt
Ich habe dann eine schweizweite Kontrolle organisiert und eine Kontrollorganisation aufgebaut
Also in dem Sinne, ich bin dann natürlich sehr stark vertraut geworden mit allen Aspekten des Bio-Baus
Und wenn man drin ist, dann ist man natürlich mit großer Begeisterung dabei
Und es war natürlich so, dass immer noch aus einer eher ablehnenden Haltung, die ich schon beschrieben habe
Wo ich dann, ja dann promotet man seine Idee, von der man glaubt, dass sie richtig ist, promotet man eigentlich ganz stark
Und ich habe gleichzeitig, oder noch bevor ich weggegangen bin, haben wir bei den staatlichen Institutionen einen Mittelweg gebastelt
Die integrierte Produktion, also integrierter Pflanzenschutz, integrierte Produktion
Und wir hatten da wirklich sehr glaubwürdige, gute Vorstellungen
Also dass man wirklich, dass man sehr viel stärker in Richtung Systemregulierung geht
Aber dass man eben nicht vollständig auf chemischen Pflanzenschutz und Dünger verzichtet
Das heisst, es ist so eine Art Kompromiss gewesen auf dem Weg zu Bio
Wenn ich jetzt richtig zusammenfasse, was die Frage, was die Frau Blasen, Bianca vorher gestellt hat
Was verstehen Sie unter Bio? Für Sie ist Bio, wenn ich an Bio denke
Ich denke an eine Verordnung, denke an gewisse Regeln, die man einhalten muss
Ist ökologisch, hat etwas mit Umwelt zu tun
Das ist so die Verordnungssicht von Bio
Sie sehen aber Bio, soweit ich das jetzt herausgehört habe, eher als größeres, als Mindset
Wie Sie es vorher beschrieben haben, mit diesen Begriffsparen
Und die Verordnung selber, das ist dann nur...
Das ist der Rahmen, in dem man das Ganze gegossen hat
Sie sehen das durchaus im Buch, soweit ich das gesehen habe, kritisch
Weil sobald er ein Gesetzesstatus hat, wie er auf der EU-Ebene ist
Ist es auch viel schwieriger, wieder etwas zu ändern
Und das passiert sozusagen, die integrierte Produktionsweise, das ist so ein Angebot
Auf dem Weg zu Bio, habe ich das richtig verstanden?
Ja, das war natürlich in den 80er Jahren
In den 70er Jahren gab es die ersten kritischen Konsumenten
Die gesagt haben, wir wollen kein Gift mehr essen
Und dann gab es die erste Welle an Biobauern
Die sehr offensiv an den Markt aufgetreten ist
Die hatten alle ihre Direktmarktung, ihre Wochenmärkte und so
Und die Diskussion in den 70er, 80er Jahren war so, dass
Die konventionelle Landwirtschaft und die konventionelle Forschung vor allem
Fühlte sich herausgefordert
Und dann hat man aber gesagt, ja halt
In vielen Punkten haben die Biobauern eigentlich schon recht
Jetzt entwickeln, aber wir sind mit diesen extremen Positionen
Keine chemischen Pflanzenschutzmittel, keine chemischen Dünger
Da sind wir nicht einverstanden
Wir müssen einen Mittelweg entwickeln
Und dieser Mittelweg wurde integrierter Pflanzenschutz genannt
Das heisst, es ist die Vorstellung, dass man mehrere Elemente integrieren kann
Elemente, die der Biobauer hat
Und Elemente, die die chemische Industrie hat
Also man spritzt nur im absoluten Notfall
Und vorher probiert man die Sachen über die Fruchtfolge
Eine gute, diverse Fruchtfolgegestaltung
Wo eben Krankheiten nicht einfach überhand nehmen können
Oder gute Sortenwahl
Oder auch mechanische Maßnahmen
Biologischer Pflanzenschutz war damals schon ein großes Thema
Und erst, wenn es dann wirklich nicht mehr klappt
Zur Sicherung der Ernte spritzt man chemisch
Das war so das Konzept des integrierten Pflanzenschutzes
War so eine Pyramide
Und das war eigentlich eine sehr gute Absicht
Nur hat man dann in der Praxis die Pyramide auf den Kopf gestellt
Und hat dann zuerst gespritzt, weil das am einfachsten war
Ja, auch immer Auslegungssache
Aber im Prinzip ist doch dieser integrierte Pflanzenschutz
Spiegelt irgendwie auch ihren Pragmatismus wieder
Dass es nicht schwarz und nicht weiß ist
Sondern dass es irgendwo einen Mittelweg gibt
Und das hat ja auch was mit diesem Mindset zu tun
Dass man nicht irgendwie dogmatisch eine Sache verfolgt
Sondern den pragmatischen Weg findet
Jetzt haben Sie vorher von Suffizienz und Mäßigung gesprochen
Erklären Sie das bitte ein bisschen für die Menschen, die nichts damit anfangen können
Die Biobauenbewegung hatte ja auch was von einer religiösen Gemeinschaft
Den Charakter einer Religion
Das muss man ganz klar sagen
Die Demeter, also die Anthroposophen
Das ist eine religiöse Bewegung
Und Rudolf Steiner hat eine Kirche begründet
Nicht nur eine Philosophie
Er hat eine Kirche
Die meisten Anthroposophen sind in der freien Christengemeinschaft
Und der erste organische Bauer
Pionier, der Hans Müller im deutschsprachigen Raum
Hat gesagt, ich will nichts mit der Anthroposophie zu tun haben
Ich möchte eigentlich den Bio-Landbau an den ökologischen Herausforderungen aufhängen
Bodenfluchtbarkeit und so
Und die englischen Pioniere Sir Albert Howard und die Lady of Balfour
Die waren eigentlich naturwissenschaftlich geprägte
Ökologisch gebildete Menschen
Und das heißt
Aber trotzdem hat auch der organisch-biologische Landbau
Hat doch irgendwie auch etwas religiöser
Viele Bio-Bauern waren damals relativ fromme Christen
Die einen nennen es Ethik
Das tönt am besten
Die anderen nennen es Religion
Und die dritten nennen es Dogmatik
Immer wenn man fragt, nicht
Und mich hat das immer beschäftigt
Weil ich habe da nicht reingepasst
Es ist ja auch falsch zu sagen, die Biobewägung
Sondern Sie haben es selber gerade beschrieben
Es waren ja die Bewegungen
Die dann einen gemeinsamen Kern gehabt haben
Eine gemeinsame Schnittmenge, auf dem man sich hat einigen können
Aus dem heraus ist er, wie Sie sagen, dem mit entstanden
Als biologisch-dynamische Landwirtschaft
Und die biologisch-organische Landwirtschaft
Und die ganzen Bewegungen, die daraus dann entstanden sind
Und am Schluss ist dann einfach eine EU-Verordnung entstanden
Das ist eigentlich dann das, was gemeinsam ist
Und heute denkt man nur noch in der Verordnung drin
Dahinter ist aber schon ein Ansatz, der interessant ist
Und ein Konzept, das interessant ist
Im Prinzip habe ich eigentlich
Ich wurde dann eigentlich immer stärker interessiert
In der Frage, welche Richtlinien sollen die Bauern einhalten?
Und das ist ja das Dasein, die Daseinsberechtigung eines Biobauern
Er musste Richtlinien einhalten
Und er wird kontrolliert und zertifiziert
Und dann gibt es vielleicht irgendwann mal einen Antrag
Das eine Richtlinie noch detaillierter
Und dann kommt die Kontrolle noch detaillierter
Man entdeckt ja laufend Bereiche, wo Bauern probieren
Eine Lücke zu finden und so
Oder wo man sieht, dass die Kette noch nicht geschlossen ist
Also am Anfang war ja noch sehr wenig tatsächlich geregelt
Es wurde dann immer tiefer geregelt
Es war eine freie Szene eigentlich
Es hat keinen Rahmen gegeben, man hat einfach angebaut
Und die Konsumenten haben es geglaubt oder nicht geglaubt
Und es ist auch so, dass die Kontrolle und die Zertifizierung
Das ist ja eigentlich der Garantieschein gegenüber den Verbrauchern
Die nicht auf dem Bauernhof sind
Dass das genauso eingehalten worden ist
Und das ist ein Teil des Erfolges von Bio auf dem Markt
Dass der Konsument darauf vertraut, das ist so kontrolliert
Und ist genau strikte geregelt
Und das ist eigentlich ein Zugang zum Markt
Aber gleichzeitig ist es ein Korsett
Beschreiben Sie das Korsett bitte ein bisschen
Ja im Prinzip, man kann nicht mehr frei entscheiden
Man muss sogar in Notsituationen unvernünftig handeln
Weil sonst verliert man die Zertifizierung
Und dann ist man weg vom Markt
Und was gibt es da für eine Lösung in Ihren Augen?
Oder gibt es überhaupt eine?
Nein, wenn man mal in ein System dringend ist, gibt es keine Lösung
Das ist eigentlich die ganze Zertifizierung, die man gemacht hat im Biolamper
Da war ich ja stark auch beteiligt
Ich habe bei der Fibel und auch ich zum großen Teil
Aber auch schon meine Vorgänge
Ich habe für die Schweiz eine Verordnung geschrieben, die dann zertifizierbar war
Diese Verordnung wurde dann auf IFWAM-Ebene zu einem internationalen Standard
Mein Vorvorgänger war IFWAM-Präsident
Gleich kurz zur Erklärung, was ist IFWAM?
Die IFWAM ist die International Federation for Organic Agriculture
Die internationale Bio-Organisation
Die DACH-Organisation aller nationalen Bio-Verbände
Das wurde 1972 gegründet von drei Frauen und einem Mann
Das waren zwei Vertreterinnen von England, eine Vertreterin von Frankreich
Und dann war noch ein Amerikaner dabei
Eine Südafrikanerin, eine Weiße und ein Amerikaner
Der damalige Direktor von Fibel, Hardy Vogtmann, ist ganz am Anfang dazu gestoßen
Weil Fibel damals die größte professionelle Organisation war, hat die IFWAM überlebt
Heute ist ein riesen DACH-Verband mit einer grossen politischen Bedeutung
Der erste Direktor von Fibel hat die Schweizer Bio-Verordnung geschrieben
Das gleiche Papier hat er auf Englisch übersetzt, das ist dann die IFWAM International geworden
Die erste EU-Verordnung war dann wiederum sehr stark an die IFWAM-Richtlinien angelehnt
Meine Vorgänger und ich selber haben eigentlich diese ganze Regulierungswut nicht unwesentlich geprägt
Ich wollte es gerade sagen, sie waren selber ein bisschen beteiligt in der ganzen Situation
Und wenn man schon die Geschichte rezitieren will
Ich verstehe das richtig, dass einfach dadurch, dass der Bio-Gedanke damals zu dieser Zeit in einer Verordnung gegossen worden ist, hat man es ein bisschen in dieser Zeit auch festgemacht
Das heißt, man hat die Zeit eingefroren, die Welt hat sich aber weiterentwickelt, man hat neue wissenschaftliche Erkenntnisse
Und es ist jetzt inzwischen viel, viel schwieriger geworden, einfach die Verordnung, weil sie jetzt auch auf EU-Ebene ausdiskutiert werden muss, weiterzuentwickeln
Das heißt, man weiß eigentlich mehr, kommt aber regulatorisch mit der Verordnung nicht mehr hinterher
Obwohl man inzwischen doch einiges anders machen könnte und hin und wieder vielleicht sollte, oder?
Das ist absolut wichtig, die EU hat ja als erstes ein Gesetz daraus gemacht
In der Schweiz wollten wir damals schon 1985 eine Bio-Verordnung, eine staatliche Schweiten
Und das ist dann nicht geschrieben worden, weil es am Fiebel gab es einen internen Streit, der das ganze Institut zum Explodieren gebracht hat
Und das Fiebel hat damals mit der Regierung verhandelt wegen einer Bio-Verordnung
Und wo dann das Fiebel implodiert ist, hat der Staat gesagt, dann machen wir auch keine Bio-Verordnung
Und dann hat die EU das wieder aufgenommen und die Motivation der EU war, es gab gewaltige Betrugsaffären
Es gab zum Beispiel einen Riesenbetrieb in Spanien, der hat sehr viel Früchte, Gemüse und so nach Deutschland geliefert, Bio-Qualität
Und das war alles bedrogen, der hat einfach die Waren von allen Nachbarn aufgekauft und hat das umdeklariert
hat Etiketten darauf getan und hat sie nach Deutschland exportiert
Und solche Skandale gab es reihenweise
Weil wenn man das Produkt zum doppelten bis dreifachen Preis verkaufen kann, dann müssen sie nicht an die Börse gehen
Die Börse ist vergleichsweise ein Verlustgeschäft
Und die EU hat dann gesagt, zum Schutz der Konsumenten machen wir ein Gesetz, dass das nicht mehr passiert
Und da ist, wie Sie gesagt haben, der damalige Bio-Lampe wurde eingefroren
Und seither ist es fast nicht mehr möglich, substanzielle Änderungen zu machen, man kann sehr viele Detailkorrekturen machen
Weil es ist so, dass es ja in 87 Ländern der Welt gibt es eine Bio-Regelung
Und nur schon die Verhandlungen zwischen EU und USDA
Die Kathleen Merrigan von USDA, mit der war ich lange befreundet
Und der Cholas, der EU Agrarkommissär, haben sich an der Bio-Fach getroffen und unterschrieben, die beiden Verordnungen sind äquivalent
Aber die Fachleute im Hintergrund haben zwei Jahre lang verhandelt
Das heisst, wenn eine Verordnung etwas ändern muss, müssen alle Verhandlungen neu geführt werden
Und ich bin 100% überzeugt, dass wenn man heute die Bio-Verordnung neu schreiben würde, würde sie ziemlich anders aussehen
Also man müsste eigentlich die guten Ideen des Bio-Landbaus, wenn man die in neue Richtlinien und Verordnungen hineingießen würde, würde es anders aussehen
Und hingegen haben die Bio-Bauern eigentlich eine gewisse Technologiefeindlichkeit
Das war ja immer immanent, man hat den chemischen Pflanzenschutz als falsche Technologie, man hat die leichtlösigen Dünger als falsche Technologie eingesetzt
Und dann 1990, wo die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen gekommen sind, hat man die Gentechnik in der Tradition von Düngern, Pflanzenschutzmittel und Gentechnik ist ein drittes Element dazu gekommen
Und dann ist dann auch Nanotech in der Verarbeitung und ist dann dazugekommen
Und deswegen hat man eigentlich nie geschaut, was kann man mit diesen neuen Technologien, die auf modernstem wissenschaftlichen Wissen basieren, dass es damals überhaupt noch nicht gab
Was kann man mit dem Positives machen? Man hat einfach die Technologie als Ganzes abgelehnt
Und dieser Effekt, dass man 1992 die Verordnung geschrieben hat und auf dem Wissenstand eingefroren hat, den Bioamper, und eine konsequente Kultur der Technologiefeindlichkeit
Immer nur ausgewählte Technologiefeindlichkeit, wo man das Gefühl hat, das passt nicht rein
Diese beiden Sachen haben natürlich den Bioamper so gemacht, wie er heute ist
Und ich glaube, wir nähern uns erst auch der Person Urs Nigli in großen Schritten, nämlich was Sie jetzt gesagt haben, die Technologiefeindlichkeit, dieses Schwarz-Weiß-Denken, die sich abgrenzen gegen eine andere Seite
Sie haben in der Vorbereitung ein bisschen herumgegoogelt, was gibt es denn über Urs Nigli so zu finden
Und unter anderem bin ich da auch über einen Vortrag gestalbt, weil ich glaube, Bio 3.0 war das Thema
Und zwischendrin haben Sie dann gesagt, das war das Thema Innovationen, das ist ja ein wichtiges Thema bei Ihnen im Buch
Bei den technologischen Innovationen, über die sozialen und ökologischen Innovationen des Bio-Landbaus sind sich quasi alle einig
Aber Sie haben dann so lieb gesagt, beim Thema technologische Innovationen, wo Sie sich dann aussprechen für Digitalisierung, GPS-gesteuerte Geräte etc.
Da kriegen Sie hin und wieder mal einen Shitstorm, haben Sie gesagt
Das ist ja genau das, das sticht ja genau in diese Richtung
Die eine Position, die Sie auch immer wieder vertreten, ist, dass man gentechnisch veränderte Pflanzen nicht generell ausschließen kann aus dem biologischen Landbau
Auf der anderen Seite, dass es auch große Betriebe gibt, 3000, 4000, 5000 Hektar große Betriebe, wo man mit technologischen Mitteln, mit Automatisierung, mit all diesen modernen Dingen ja auch sehr viel Gutes bewegen kann
Und das ist ja genau das, wo Sie sich dann zwischen, so ich habe es zumindest ich auch wahrgenommen, zwischen diese schwarzen und weißen oder diese Denkschulen konventionell versus Bio etc. reinstellen und sagen
Leute, lasst uns doch das Beste aus beiden Welten nehmen
Können Sie das ein bisschen beschreiben, was genau der Bio-Ansatz des Urs Niglis ist und wie Sie diese optimale Landwirtschaft auch sehen?
Ja ich habe natürlich seit 1991 war ich das erste Mal in einer Studie beteiligt, die finanziert wurde von einem Amt in der Schweiz zum Thema Gentechnik
Und ich war tatsächlich für eine Studie verantwortlich, wir haben verschiedene Szenarien angeschaut, was passiert konventionell plus Gentechnik, was passiert konventionell ohne Gentechnik, was passiert Bio mit Gentechnik und ohne Gentechnik
Und wir haben da so ganz naiv, wirklich sehr naiv Szenarien angeschaut und haben diese beschrieben und da bin ich eigentlich das erste Mal mit dem Teufel in Kontakt gekommen
Weil die Gentech-befürwortenden Kollegen haben dann meine naiven Szenarien zitiert und da habe ich gesagt, ja auch der Urs Nigli überlegt sich ob es ein Bio plus Gentechnik geben könnte
Das war aber alles harmlos und ich habe dann ein paar Mal immer korrigiert, Leute in Szenarien denken heißt nicht in realen Möglichkeiten denken
Aber ich war dann immer als Vertreter des Bioamtbaus national, international gefragt, wenn es irgendwo eine Studie gab, wo es ein Expertengremium brauchte, wo auch ein Biofrig dabei sein musste, damit es ausgewogen ist
Der Quotenöko
Dann war ich immer das Feigenblatt und habe den Studien ein kleines Mindestmaß an Glaubwürdigkeit gegeben
Aber es hat natürlich bei mir bewirkt, wenn ich mich mit etwas beschäftige, mache ich es immer seriös, ich sitze nicht in einer Kommission drin und blabber, ich lese die Literatur, ich lese die Studie und so
In Deutschland zum Beispiel bin ich dann in eine Senatskommission Landwirtschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft hineingekommen, weil die Leute gemerkt haben, ich bin wissenschaftlich und nicht nur ideologisch ansprechbar
Und so bin ich in immer mehr Kommissionen reingekommen und habe mich immer mehr mit Wissenschaftlern unterhalten und habe die Literatur gelesen und ich habe zum Beispiel auch viele Evaluationen gemacht von Universitäten
Einmal habe ich gerade alle Universitäten von Niedersachsen, habe ich sogar die 15 Wissenschaftler gereitet, dass wir alle Professoren evaluiert haben
Das geht natürlich nur, wenn man sich ganz intensiv mit den Inhalten beschäftigt und da merkt man, man kann einfach nicht mit Vorurteilen durch das Leben gehen
Diese intensive Beschäftigung hat dann eigentlich zu einer Relativierung geführt, also gentechnisch schlecht und biologisch gut, das funktioniert einfach nicht
Das hatte ich dann immer in mir drin und ich habe es auch im kleinen Kreis diskutiert
Auch mit eigenen Mitarbeitern und es war so, dass viele Menschen haben diese Unsicherheit, welche Technologien soll man zum Beispiel nutzen
Wo ist wirklich ein Vorsorge-Denken notwendig, damit man keine Risiken eingeht und wann ist eine Technologie sicher? Das sind ganz zentrale Fragen, die kann eben niemand einfach beurteilen
In Biokreisen habe ich darüber diskutiert schon 2011 an einer großen europäischen Bioakademie in Tschechien, in Letnice, da bin ich mit den führenden Persönlichkeiten der IFAM EU-Gruppe
Dann haben wir uns auf dem Weg nach Wien zum Flughafen in ein kleines Auto zu Siebent eingefährt und haben mit einer anderen Philosophie und die IFAM Leute haben gesagt, Urs, was meinst du eigentlich zur Gentechnik?
Dann haben die zu meiner Überraschung gesagt, wir glauben, dass eine schwarz-weisse Position eigentlich nicht mehr haltbar ist
Ich habe dann gesagt, rein strategisch gesehen kann man in Biolandbau nicht über Gentechnik reden, weil das Profil des Biolandbaus ist ganz klar und klar
Und ich habe ja auch im 1995 die ...
Ich habe so eine Interessengemeinschaft von denen, die an der Biozüchtung interessiert sind, gegründet
Und wir haben darüber diskutiert, wie kann man das Ganzheitsprinzip, den Systemansatz des Biolandbaus auf die Züchtung übertragen? Im Sinne nicht, Gentechnik ist schlecht, sondern was wollen wir positiv?
Und wir haben uns so probiert, abzugrenzen, wir haben damals gesagt, die Zelle ist die kleinste physiologische Einheit, wo alle Physiologischen Funktionen stattfinden
Und das Genom ist die kleinste Einheit, wo die Erbinformationen gespeichert sind und die beiden darf man in der Züchtung nicht zerhacken
Das war unser Denken damals, die Biozüchtung eben auch ganzheitlich zu machen
Und ich habe dann in diesem Gespräch zum Beispiel gesagt, ich würde mich da nicht in diese Diskussion reinlassen, weil was die Gentechnik damals auf der Markt geworden hat, war uninteressant für den Biolandbau
Also glyphosatresistente Raps, glyphosatresistente Mais, sowieso kein Glyphosat-Spritz
Und Bt-Mais, wo man das Toxin, das Bakterium produziert, um Schädlinge abzuwehren
Die Bio-Bauern bringen das aus mit einem Spray, hat genau die gleich gute Wirkung und die Chemie hat das Gen in die Pflanze hineingenommen, das Bakterien-Gen, damit die Pflanze in allen Zellen das Toxin produziert
Und das habe ich zum Beispiel als risikoreich angeschaut, wenn jede Zelle der Pflanze dieses Gift produziert, hingegen wenn man es sprayt, kann man schauen, aha, jetzt baut sich die Schadereger Population auf
Und jetzt kann man es sprayen und dann hat man eine gezielte kurze Wirkung mit einem natürlichen Bakterium, das den Richtlinien des Biolandbaus entspricht
Und von dem her habe ich damals keine Notwendigkeit gesehen und die Kollegen haben dann gesagt, ja aber Urs, wir müssen die Diskussion starten
Weil es kann ja sein, es gibt einmal eine Gentechnik, die vernünftig ist
Um zur Gentechnik vielleicht noch eine letzte Frage zu stellen oder Aussage und dann Frage
Was ich halt als Konsument wahrnehme bei Gentechnik, ist die Angst, dass irgendwie, weil es mit meinem Körper passiert, wenn ich irgendwas esse, was gentechnisch verändert ist, ist die eine große Angst glaube ich
Die andere große Kritik an der Gentechnik ist ja die, dass es dann Hybridsorten gibt, wo dann Patente auf Lebensmittel vergeben werden, das in der Hand von einzelnen Firmen ist
Das ist ja die zweite große Kritik, die denke ich auf der Konsumentenseite wahrgenommen wird und die dann glaube ich vorrangig mit Gentechnik assoziiert wird
Das ist ja nicht die Gentechnik, von der Sie sprechen, wenn Sie von den Möglichkeiten der Gentechnik sprechen, sondern das ist ja, Sie gehen ja davon aus, dass man einfach einen Nutzen durch Gentechnik schafft, der dann aber nicht monetarisiert wird, quasi in Form von Patenten auf Lebensmittel
Ist das so richtig?
Also das wir Patente haben auf Lebensmittel ist natürlich eine Fehlentwicklung, das kommt aus dem amerikanischen Markt, weil die Amerikaner haben keinen Sortenschutz, die haben immer Patentschutz gehabt auf neuen Sorten
Und das hat man auf Europa übertragen, also Monsanto wollte das durchsetzen in Europa und das war ein gigantischer Fehler, weil die europäischen Sorten sind durch den Sortenschutz reguliert
Die Züchter haben dadurch einen Einnahmen aus ihren Züchtungen, aber es besteht das Züchterprivileg und es besteht das Landwirteprivileg
Also jeder Züchter kann mit einer geschützten Sorte weiter züchten und jeder Landwirt kann eine geschützte Sorte auf seinem Feld weiter vermehren
Und das ist ein ungeheuer freies System, wo der Züchter aber selber trotzdem einen Gewinn hat und für seine Aufwendungen entschädigt wird und das Patent unterdrückt das alles
Es optimiert den Gewinn oder maximiert den Gewinn beim Inhaber des Patentes, war eine völlige Fehlentwicklung, das sehen mittlerweile aber auch gentechnisch befürwortende Fachleute und Wissenschaftler sehen das aus Fehlentwicklung an
Und das hat die Gentechnik ruiniert in Europa und das zweite ist, mittlerweile gibt es natürlich eine enorme Weiterentwicklung, also die Züchter haben und die Molekularbiologen haben gelernt, aus warum die Menschen die Gentechnik abgelehnt haben
Und heute gibt es völlig andere Methoden, also Genome editieren, wo einfach Punktmutationen gemacht werden, die nicht mehr unterscheidbar sind von einer Mutation, die entsteht, wenn man verschiedene Eltern kreuzt
Weil Mutation ist ja das Prinzip, das man braucht, damit eine Sorte mit neuen Eigenschaften entsteht und das kann man auslösen, indem man zwei Elternlinien miteinander gekreuzt und dann entsteht unter Umständen eine neue, interessante Mutation
Und dann liest man die aus und schaut, dass sie möglichst stabil bleibt und dieser Prozess wird durch Genome editieren, wird das punktgenau, indem man aus einem Eltern genau das Gen herausnimmt, was man haben möchte und einführt
Das sind meilenweite Weiterentwicklungen und deswegen muss man es auch neu anschauen
Also im Prinzip nur zur Erklärung, Genome editierung ist, was Pflanzenzüchtung kann, nur viel schneller und in viel kürzerer Zeit
Also was die Pflanze schon ewig lang macht, aber es ist natürlich so, dass man in der Züchtung sieben Jahre auf zwei Jahre verkürzen kann
Und die Zahl der Pflanzen, die man braucht, bei Kreuzungen braucht man zum Teil mehrere tausend Pflanzen bis man genau die Eigenschaft hat, die man möchte
Und mit dem Genome editieren braucht man 20, 30, 40 Pflanzen
Es ist eigentlich auch aus der Überlegung, dass man auch nicht viel Pflanzenmaterial vergeudet
Und das ist eine ganz andere Technologie und wo diese Technologie gekommen ist, dann habe ich plötzlich Mut gekriegt
Und habe mich erinnert, was meine Freunde mir damals gesagt haben und habe ein Interview gegeben mit dem Taz, dem Taz-Journalisten
Und das hat dann ein ganz naives, bescheidenes, vernünftiges, aus meiner Sicht fachlich gut basiertes Interview in der Biobewegung einen Shitstorm ausgerührt
Und warum? Worum ging es da? Oder was haben Sie gesagt, dass es einen Shitstorm gab?
Ich habe gesagt, das Genome editieren muss neu beurteilt werden
Und vor allem habe ich gesagt, dass man das nicht mehr als Technologie einfach so ablehnen sollte, sondern man sollte das Produkt anschauen
Die Angios und die Bioleute lehnen ja eine Technologie, also ein Züchtungsprozess, generell ab
Aber wenn daraus ein Produkt entsteht, das ideale Eigenschaften hat und keine negative Wirkungen auf die Umwelt und auf die Gesundheit hat
Dann müsste man ja das Produkt anschauen, man prüft das Produkt, nicht den Herstellungsprozess
Und das habe ich gesagt und ich habe nicht einmal gesagt, die Bio sollten das brauchen
Ich habe einfach gesagt, für eine nachhaltige Landwirtschaft sollte man das anschauen
Und dann wurde das verkürzt, der Nikli, der Biopaps ist, sagt Genome editiert
Das ist ein Gentechnikbefürworter, das ist dann das, was bei mir dann quasi als Konsument ankommt
Und deswegen jetzt auch ein bisschen die Frage, um das ein bisschen aufzuarbeiten
Das ist jetzt dieses Gegensatz bei unnatürlich, natürlich oder Genetik versus Natürlichkeit
Sie sprechen aber auch, sie lösen ja an vielen Seiten Shitstorm, sie haben ja ein gewisses Händchen dafür
Ich glaube, das ist gut, da bleibt mein Diskurs
Das andere ist klein gegen groß, David gegen Goliath, kleinstrukturierte
Ich würde ganz gern noch, bevor wir zu klein und groß kommen, fragen, wie geht denn jetzt Gentechnik- oder Genome-Editierung und Biolandbau zusammen?
Wie geht sich das aus oder was genau für einen Line erklärt?
Ich würde niemals, das erste Mal die Biobauern müssen sagen, wie der Biolandbau aussehen soll
Das ist nicht meine Sache, ich rede nirgends rein
Und aus Sicht der Marktprofilierung, vor allem der Marktprofilierung sollte man auf Gentechnik verzichten
Weil es gibt, die Biobauern können, was sie machen, können sie am einfachsten erklären
Wenn sie sagen, keine chemischen Dünger, keine chemischen Pflanzenschutzmittel, keine Gentechnik
Drei Worte und dann können sie so kommunizieren und die Kunden kaufen es wie verrückt
Das heißt, wenn man von drei Argumenten eines wegnimmt, dann ist das nicht gut
Sie sagen dann noch Tierschutz und Umweltschutz und Nachhaltigkeit, aber dort wird es ja schon schwammig
Weil es gibt auch viele konventionelle Betriebe, die einen sehr hohen Tierwohlstandard haben
Bezüglich Klima hat Bio nicht gewaltige Vorteile, Bio kann also nicht sagen, wir sind eine klimaschonende Landwirtschaft
Das heißt, diese Definition, auf die kann Bio nicht verzichten
Aber mir liegt am Herzen, dass die konventionelle Landwirtschaft viel nachhaltiger wird
Und ich schaue, ob das möglich ist
Also die integrierte Produktion, von der Sie vorher gesprochen haben
Ja, die hatte nicht funktioniert
Aber ich suche einen Weg, weil wir haben, in Österreich haben wir 25% Biobauern, 75% nicht Biobauern
Und die prägen die Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist geprägt nicht von den Biobauern, sondern von den 75% Konventionellen
Und wenn wir die schöne Landwirtschaft und die saubere Wasser und alles erhalten wollen, müssen wir uns um die 75% der übrigen Landwirte kümmern
Das heißt, Ihr Bioansatz geht eigentlich über die 25% hinaus und macht auch Angebote in Richtung der 75%, wie das dort punktuell umsetzbar ist
Ja, dort möchte ich eigentlich Natur und Hightech kombinieren
Also Natur, Bio und Hightech, das wäre für mich die Lösung für die 75% und Bio rein wäre die Lösung für die 25%
Natur, Hightech, was war das dritte jetzt?
Natur, Bio und Hightech
Das bringt mich jetzt eher wieder ein bisschen zurück zu meiner Frage von vorher
Das eine Gegensatz vor, was Sie da jetzt aufgemacht haben, war eben Natürlichkeit und Nicht-Natürlichkeit, Gentechnik oder wie man auch immer das nennen will
Das andere ist einfach dieses David gegen Koliard-Spiel, Groß gegen Klein, große Landwirte sind die bösen, die klein strukturierten Landwirtschaft, das sind die guten
Da haben Sie dann ja auch wieder durch Ihre Forcierung von GPS-Steuerung, von diesen technologischen Lösungen, Innovationen, auch immer wieder mal einen Shitstorm auf sich gezogen
Nein, viel weniger, weil es gibt ja auch viele grosse Biobetriebe
Genau
Interessanterweise ist es so, dass zum Beispiel die Digitalisierung in der Landwirtschaft basierend auf Robotern, gesteuerte Arme, die irgendwelche Funktionen machen, GPS und Sensoren, die zwischen Unkraut und Getreide unterscheiden
Da hat Bio einen viel unkomplizierteren Zugang, weil das ist eigentlich die Weiterentwicklung des Striegels
Der Striegel war ein dummes, mechanisches Werkzeug und heute haben wir ganz hochentwickelte, hoch intelligente Werkzeuge, die die Digitalisierung anbietet
Da bin ich eigentlich eher erschüttert, wie unkritisch Bio damit umgeht
Zum Beispiel, wenn wir über jedem Acker eine Cloud haben, wo die Daten vermittelt, Real-Time-Daten, dann ist es so, dass wir gigantischen Energieverbrauch haben mit Serven
Und es ist auch so, dass wir auch ein Datenschutzproblem haben
Wem gehören die Daten, die da zirkulieren? Gehören sie nach dem Landwirt? Hat er das Eigentum der Information und der Daten? Oder macht das irgendjemand anders und nutzt das und nutzt das aus?
Es gibt viele Probleme mit der Digitalisierung
Ich habe mich mal gewundert an einer Präsentation des IFAM-Direktors, wo er über IT geredet hat, Digitalisierung ganz begeistert
Ich habe ihn nicht aufgestanden und gesagt, wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus, mit der Vertraulichkeit der Daten, mit der Nutzung der Daten aus
Und dann haben mich alle fassungslos angestarrt, ausgerechnet Nikli, der immer Hightech predigt, die kritischen Fragen stellt
Jede Technologie muss hinterfragt werden
Aber ich halte die Digitalisierung für nützlich
Es gibt ja auch Roboter, die die Solarstationen anfahren
Es gibt immer kleinere Roboter, die selbstständig arbeiten, die die Bodenfeuchtigkeit messen und dann nur rausfallen, wenn der Boden gut belastbar ist
Und dann immer wieder Solarstationen anfahren
Solche Systeme finde ich sinnvoll
Ich bin überzeugt, es gibt einen Spruch von einem der Autoren, den ich hier zitiert habe
Das menschliche Gehirn ist die einzige erneuerbare und nachhaltige Ressourcen, die unerschöpflich ist
Und das hat mich jetzt immer stark geleitet
Das sagt einerseits, dass wir das traditionelle Wissen der Landwirte, das sich akkumuliert hat, würdigen
Aber das heisst auch, dass wir den Erfindergeist des modernen Menschen immer nutzen zum Segen für die Landwirtschaft
Die Kombination ist wichtig
Glauben Sie, dass der Mensch immer eine Rolle in der Landwirtschaft hat?
Sie schreiben ja selber vom traditionellen Wissen, das Wissen um die Heilkräfte oder die Wirkung von Pflanzen etc.
Wenn man das alles mal erhoben hat, was jetzt noch in den Köpfen der alten Generationen ist, das in einem Computer gibt
Ist der Mensch irgendwann mal ersetzbar in der Landwirtschaft?
Ja, das ist auch so ein Traum, den ich mal hatte, dass wir zum Beispiel das ganze Wissen der Landwirte um Medizinalkräuter in der Tiermedizin digitalisieren
Und dass Pharmazeuten, moderne Wissenschaftler, das auch kritisch anschauen, was ist Vorurteil, was ist wissenschaftlich belegbar
Und damit, dass man die Phytomedizin in der Tiermedizin erhalten kann
Also es wird vieles in diese Richtung weitergehen, dass man das Wissen der Landwirte, das alte Wissen auch digitalisieren würde
Aber steht dann irgendwann noch einmal ein Landwirt im Stall, am Feld, dieses archaische Bild, das man auch vom Landwirten hat
Wird sich das in der Zukunft dann verringern, vielleicht sogar ganz verschwinden
Oder wird es den Landwirten, so wie wir ihn jetzt kennen, auch weiterhin brauchen und geben?
Oder ist es irgendwann wirklich so, dass die Technologie und die technischen Möglichkeiten, Big Data etc. dieses Wissen und diese Fähigkeit des Landwirten früher oder später ablösen werden?
Ja, der heutige Landwirt sitzt ja auch schon im Truck mit dem Ohrhörer, die Musik
Und er hat ja den Kontakt zum Boden verloren
Und da finde ich es eben auch wichtig, dass der Kontakt zum Boden, weil der Boden ist ein ungeheuer sensibles Wesen
Dass der halt, wenn er schon nicht mehr über die menschlichen Sinne läuft, dass der über Sensoren läuft
Die sind genauso gut wie die menschlichen Sinne
Das kann man auch im Umkehrschluss sagen, die menschlichen Sinne, wenn sie eingesetzt würden, wären genauso gut wie absolut Hightech
Und da muss sich der Berufsstand der Landwirte, aber auch die Gesellschaft entscheiden
Wollen wir unsere holistische Fähigkeit Wissen zu verdichten?
Als Mensch?
Als Mensch wollen wir das weiterhin nutzen
Oder wollen wir diese Aufgabe den Maschinen abgeben, die machen das ganz so gut?
Das ist eine Entscheidung, die wir treffen müssen
Das ist eine gesellschaftliche Entscheidung
Und ich würde sagen, wir brauchen eine Kombination
Der Mittelweg
Ich habe diesen pragmatischen Mittelweg vergangenen Sommer kennengelernt, den ich mir vorher nicht vorstellen konnte
Ich war bei einem lieben Studienkollegen von mir, ein Bioackerbauer mit 200 Hektaren
Der in seinem satellitengesteuerten Traktor sitzt, aber in jedem Feld rein, den er abfährt
Mit dem Ding steigt er aus, mit seinem Spaten, das ist das einzige Gerät, das er immer dabei hat
Und nimmt eine Probe quasi und schaut sich den Boden an und steht dort und riecht und schaut
Und alles was es dazu braucht und es braucht den Menschen und die Maschine
Das ist die personifizierte Kombination, wie Sie es jetzt gerade auch gesagt haben
Das glaube ich, das macht auch den Job des Landwirten interessant
Vielleicht darf ich da etwas einwerfen, ich habe mir gerade gestern einen Podcast von uns selbst angehört
Und zwar die Folge 8 mit dem Sepp Brandstetter
Das ist ein Slow-Food-Bauer, der macht Mais in Kärnten
Und er hat dann irgendwann gesagt, und das passt jetzt einfach so gut dazu, deswegen wollte ich es gerade sagen
Weil ich ihn gefragt habe, wie man denn einen guten Boden erkennen kann
Oder wie man denn das merkt
Der hat gesagt, am besten ist, du gehst durchs Feld und dann ziehst du die Schuhe raus
Und gehst einfach mal barfuß übers Feld
Also er sagt, er kann das da erkennen, das merkt man einfach, wenn der Boden gut ist, wenn er nicht gut ist
Wenn das Wissen irgendwann verloren gehen würde, weil wir uns gesellschaftlich entschieden
Wir möchten das alles der Technik überlassen
Für mich fühlt sich das jetzt nicht optimal an
Ich glaube, dass gerade eine Gesellschaft, wenn es darum geht, wie wir Landwirtschaft wollen, ganz weit weg ist von dem Bild
Die glaubt noch an den Bauern mit der Mistgabel und die Bäuerin im Dirndl
Jetzt krass ausgedrückt, dass wir als Gesellschaft dort ankommen, dass wir lieber die Maschine wollen und akzeptieren
Dass man halt mit großen Traktoren aufs Feld fährt und das ganze Satelliten gesteuert ist
Und dass es ohne Züchtung weder Pflanzen noch Tiere gibt, die wir essen könnten
Von dem sind wir weit entfernt, aus meinen Augen
Ich finde das eben eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung
Das kann man nicht den Landwirten allein überlassen
Oder der Landwirtschaft und der Landwirtschaftspolitik
Weil das kostet
Und es ist auch so, das schlägt sich auch auf den Preis
Wie viel sind wir bereit für die Lebensmittel zu bezahlen?
Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens
Es gibt Leute, die von einem Gesellschaftsvertrag reden
Wir müssen mit der Bevölkerung abmachen, welche Landwirtschaft, welche Ernährung wollen wir
Und das finde ich eigentlich eine spannende Diskussion
Wo findet denn dieser Dialog, von dem Sie jetzt sagen, wo findet dieser Aussandungsprozess
Wenn Sie sagen, das macht nicht nur die Landwirtschaft aus, sondern das ist ein gesamtgesellschaftlicher Dialog
Wo findet denn dieser Dialog statt und wie wird er dann manifest?
Momentan findet er statt, also in akademischen Kreisen
Auf Vorträgen findet er statt
Und er geht unter in einer polarisierten Diskussion
Was ist gut und was ist schlecht
Und deswegen bin ich vollständig gegen eine polarisierte Diskussion
Wir sollten jetzt wirklich aufhören
Es gibt keine Good-Geist, es gibt keine Bad-Geist
Alle beschäftigen sich mit den Zielkonflikten, die wir haben
Weil wir haben unglaublich viele Zielkonflikte
Wir können sehr ökologisch produzieren, aber dann haben wir tiefe Erträge
Wir können sehr ertragreich produzieren und dann geht der Boden kaputt, die Biodiversität
Und das heißt, wir müssen uns annähern
Wir müssen ständig diskutieren und das kostet etwas
Und es gibt immer noch den Traum, dass man eine sehr produktive, nachhaltige ökologische Landwirtschaft finden würde
Auch das, wenn man einen neuen Weg entwickeln würde, der Produktivität und ökologische soziale Nachhaltigkeit miteinander verbindet
Auch das braucht einen Dialog
Dann kann man einfach nicht mit dogmatischen Argumenten kommen
Dann ist man in einem iterativen Optimierungsprozess drin
Und da müssen alle offen sein
Ich finde, diese jetzige Polarisierung ist eigentlich völlig absurd
Und bringt inhaltlich keinen wirklichen Schritt noch vor aneinander
Und bringt keinen Fortschritt
Was bräuchte es um diese Diskussion?
Braucht es neue Akteure? Braucht es eine neue Politik?
Wo findet denn dieser Dialog?
Was bräuchte es, damit dieser Dialog wieder besser stattfindet? Was fehlt?
Ich glaube, es braucht eine neue Generation
Aber die kommt
An vielen Hochschulen habe ich immer Vorlesungen gegeben
Und da werden nicht mehr alte Bilder zelebriert
Auch letztes Jahr, vor vier, fünf Jahren, habe ich einen Vortrag an der Poco gehalten
Man sah Albums voll, etwa 400, 500 Leute
Und dann haben mir viele Studenten gemeldet und haben gesagt
Wir müssen wirklich wieder lernen zu diskutieren
Miteinander reden?
Miteinander reden, das wäre so quasi unser Credo
Das reden kommende Leid zusammen, das ist so quasi auch unser Spruch
Aber glauben Sie nicht, dass das so quasi auch ein gewisser
Wenn man fragt, dann bekommt man genau diese Antwort
Wir wissen das ja
Es ist ja das Wissen da darum, dass die Dinge oft nicht so optimal laufen, wie sie sollten
Wenn wir dann aber quasi nicht beobachtet werden und dann handeln
Dann macht man eigentlich wieder genau das Gegenteil
Also es ist so eine hohe Diskrepanz
Bianca schreibt da in einem neuen Falter Artikel gerade
Die Kognitive, diese Anzeige, die wir da aufbauen
Zwischen Wissen und Handeln
Das ist eine richtige Lücke, die da aufgeht
Und wir wissen zwar, was es sein soll
Und diese nachhaltige Diskussion, die ist jetzt auch schon so lang
Die hat ja 30, 40, 50 Jahre schon
Aber handeln tun wir nicht danach
Also was braucht es denn da, um da wirklich auch ins Handeln zu kommen
Und nicht nur ins Wissen, weil Wissen tun wir es ja
Das ist eigentlich die alles entscheidende Frage, die ich auch nicht beantworten kann
Ah schade
Ich habe ja gesagt, Messigung wäre die Lösung
Das heißt, Messigung bedeutet suffizient
Und Gandhi hat ja diesen schönen Spruch geprägt
Wir haben genug für jedermanns Bedürfnis
Aber wir haben nicht genug für jedermanns Gier
Und das heißt, das beinhaltet eigentlich die Messigung
Und damit könnten wir alle Probleme lösen
Dann hätten wir nicht so Druck auf der Produktionsseite
Die Landwirtschaft würde ökologischer werden
Und es wäre auch so, dass eine suffiziente Ernährung würde auch bedeuten
Man isst nicht mehr so viel
Man isst nicht mehr so viel Fleisch
Man wirft nicht mehr so viel Lebensmittel weg
Das ist ökologisch und gesundheitlich ein grosser Vorteil
Und dann hat man auch noch das Umweltproblem gelöst
Diesen Zusammenhang kennen wir
Ich bin zwar immer wieder überrascht, wenn ich das an einem Vortrag sage
Dann sagen die Leute, das habe ich mir jetzt noch nie so überlegt
Also irgendwie scheint es doch eine gewisse Wissenslücke zu bestehen
Aber eigentlich der Zusammenhang ist klar
Und jetzt, wie kommt man vom Wissen zum Handeln?
Und da komme ich instatt
Ja, wie alle
Wie alle, die wir an dieser Diskussion seit 20 und Jahren teilnehmen oder länger
Aber ich denke allein, dass das bewusst werden
Weil ich glaube, warum so viele Menschen dann, wenn sie darüber sprechen
Dass wir mit Mäßigung ein Problem lösen können
Einen Aha-Moment haben, weil es ja darum geht
Dass wenn wir weniger Fleisch essen, brauchen wir
So haben sie geschrieben, zwei Drittel weniger der Ackerflächen
Wo wir Getreide produzieren, was wir unseren Tieren verfüttern
Können das stattdessen selber essen
Und können unsere Tiere, unsere Wiederkäuer am Grasland, dem Grünland weiden lassen
Und bekanntlicherweise können wir kein Gras essen
Beziehungsweise ist es in Nährstofftechnik nicht besonders sinnvoll
Und können so eine Ressource, die wir nicht nutzen können
Durch die Tiere umwandeln und haben Fleisch und Milch
Und ich glaube, das ist den wenigsten bewusst
Genauso wie einem Veganer vielleicht nicht bewusst ist
Oder einem Vegetarier, der sich ja bewusst entschieden hat
Keine tierischen Produkte zu essen
Dass man aber Tiere braucht, um eine Landwirtschaft im Kreis zu führen
Und wenn man die Exkremente braucht, um die Nährstoffe wieder den Boden zurückzugeben
Und ich glaube, dadurch, dass wir darüber reden
Und diese Dinge einfach nach aussen tragen
Ist es ein Teil der Lösung, wie wir ins Tun kommen
Ja, ich habe das sehr viel gemacht
In Gastbeiträgen, in Zeitschriften, Zeitungen und so
Und im neuen Buch
Für mich wäre die Lösung sehr einfach
Und es ist tatsächlich so, man löst ständige Haarlebnisse aus
Zum Beispiel, dass zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche permanentes Grasland ist
Das wissen die Leute einfach nicht
Permanentes Grasland heißt auch, da wächst sonst nichts
Da wächst Gras
Und die Kuh oder die Ziege kann dieses Gras zu Protein verreden
Und wenn zwei Drittel der Fläche der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus der Produktion fallen würde
Dann haben wir ein Ernährungsproblem
Und das heisst
Diese Zusammenhänge zu kennen, das finde ich sehr wichtig
Und es ist auch so, wenn wir kein Futtergetreide mehr anbauen
Sondern nur noch Getreide für den Menschen
Dann gewinnen wir zwar viel Fläche dazu
Aber wir müssen beim Getreide, das wir für den Menschen produzieren
Haben wir Nebenprodukte
Weil das Getreide wir vermalen, wir verarbeitet
Da entsteht Presskuchen für den Rapsöl herzustellen
Auch Oliven, die wir pressen zu Olivenöl
Da entsteht ein Presskuchen
Und all das kann man den Schweinen fütten oder den Kühen
Das heisst wir brauchen Tiere zur Verwertung dieser Produkte
Und alle diese Zusammenhänge muss man einfach kennen
Und dann versteht man plötzlich
Dass eine vegane Ernährung sehr gut ist
Es sollten sehr viel mehr Menschen vegan essen
Aber es ist keine globale Lösung
Diese verrückte Meinung, das was man selber macht
Sei die globale Lösung, das ist auch beim Biobauen so
Das ist ein völliges Missverständnis
Wir können alle dazu beitragen
Aber wir haben nie eine Lösung, die global funktionieren würde
Ich darf jetzt sagen, Ihr Buch hat 150 Seiten
Ist sehr sehr leserlich und gut geschrieben
Sodass man wirklich schnell einen Einstieg
Sie beschreiben alle diese Themen, den Abfall
Die Konkurrenz von Ackerfläche und Grasfläche
Es soll jetzt keine Werbung für das Buch sein
Ich habe es gelesen, ich finde es aber trotzdem gut
Mit Blick auf die Uhr habe ich noch eine letzte Frage
Bevor wir unsere letzten beiden Fragen immer stellen
Wir können leider nicht mit Urs Nikl über alles sprechen
Worüber wir gerne mit ihm sprechen würden
Sonst würden wir wahrscheinlich in drei Tagen noch da sitzen
Und immer nicht fertig sein
Ich habe immer ein Thema, das trage ich so ein bisschen vor mir her
Sie schreiben das auch im Buch mit ökologischer Buchhaltung
Ich spreche immer von Kostenwahrheit
Aus meiner Sicht
Und das ist vielleicht ein bisschen eine persönliche und subjektive Sichtweise
Würde eine Kostenwahrheit
Wo man Themen wie ökologische Kosten, Eutrophierung, Verluste und Biodiversität
Alle diese Themen, die in Kosten auf dieser Welt anfallen
Soziale Kosten
Die aber nicht im Preis des Produktes enthalten sind
Den wir jetzt zahlen
Sondern es sind ja Kosten, die entstehen bei unseren Kindern
Und bei deren Kindern
Wie sehen Sie die Wichtigkeit, die Relevanz von Kostenwahrheit
Zur Lösung dieser Probleme
Und wie sehen Sie die Möglichkeit
Dass wir irgendwann mal zu sowas wie Kostenwahrheit an der Kassa kommen
Zum Glück ist dieses Thema jetzt am Kommen
Und es sind immer mehr Fachleute, die meinen, das sei eine gute Lösung
Ich bin überzeugt, das bringt etwas
Und da es eine relativ komplexe Geschichte ist
Es ist ja so, dass
Wenn ich zum Beispiel bio anschaue
Das belastet die Umwelt weniger
Aber wir haben im Bio auch Verlagerungseffekte
Wenn wir weniger produzieren, importieren wir mehr
Und dann belassen wir die Umwelt im Land
Von wo wir importieren
Man muss wirklich dann alles anschauen
Und es ist auch so, dass zum Beispiel
Vorratsschutz ist ja auch häufig chemisch gemacht
Und wenn wir, das heisst
Also Haltbarkeit
Haltbarkeit
Selflife
Das hat auch etwas zum Beispiel mit Abschlussspritzungen bei Früchten zu tun
Die letzte chemische Behandlung
Dient manchmal dazu, dass es im Lager nicht verfällt
Und diese Effekte müsste man natürlich auch einbeziehen
Wenn man auch darauf verzichtet, hat man dann höhere Food Waste
Man muss es dann früher entzweifeln
Es gibt immer ein Für und ein Wider
Also es ist komplex, aber es ist machbar
Und das muss gemacht werden
Das bringt eine Verlagerung
In dem Umweltkosten auf das konventionelle Produkt drauf kommen
Oder auch soziale Kosten
Und man nimmt das Geld nachher, um wieder
Ökologische und soziale Initiativen zu fördern
Ist ein elegantes Unverteilprozedere, das sicher viel bringt
Aber bevor das kommt, brauchen wir noch eine Zwischenlösung
Und ich bin einfach für eine ganz simple Lösung
Wir haben Mehrwertsteuer auf verschiedenen Produkten
Oder auf allen Produkten
Und ich finde halt einfach, man muss auf klar umweltgefährdenden Stoffen
Wie Pestiziden, wie Düngern, wie Energie
Da muss man eine Lenkungsabgabe drauf tun
Ganz kurz, wie könnte es so was aussehen?
Ja, dass man pro Kilogramm noch 10 Euro draufschlägt
Die Firmen können ja damit umgehen
Eine Firma, die Dünger verkauft
Die rechnet ja mit dem Staat die Mehrwertsteuer ab
Jetzt rechnet sie mit dem Staat auch noch die Lenkungsabgabe ab
Die sie erhebt
Und der Staat nimmt dann diesen Teil nicht in die Kasse
Sondern verteilt das um, zum Beispiel für Bauern, die weniger brauchen
Oder um neue Projekte, neue Ideen zu fördern
Und um auch Direktzahlungen für ökologische Landwirte auszubezahlen
Und das ist ein einfacher Umverteilungsprozess, den man einfach organisieren kann
Das wäre jetzt zum Beispiel eine Lenkungsabgabe, vulgo CO2-Steuer, wie sie in unserem neuen Regierungsprogramm drinsteht
Stünde
Absolut
Auf dem Weg zur Kostenwahrheit
Bei Industrieprozessen ist ja heute ausgeschlossen, dass ein industrieller oder eine Fabrik
Dass die gratis die Umwelt nutzen kann und verschmutzen kann und verbrauchen kann
In dem Sinne, Landwirtschaft ist ein Industriebereich
Und die sollten sich an die gleichen Gesetzmäßigkeiten halten
Ich habe vielleicht noch eine Frage, die aber zum großen Ganzen gehört
Weil ich mich interessieren würde, was ist Ihre Antwort auf die Frage
Wie ernähren wir 10 Milliarden Menschen auf dieser Welt
Nicht die 150 Seiten lange Antwort, sondern
Also ich bin überzeugt, dass wir eben in Richtung Sufizienz, also Mäßigung gehen müssen
Da kommen wir aus der Intensivierungsspirale raus
Wenn wir zwei, drei, vier Milliarden Menschen mehr ernähren müssen, geht die Intensivierungsspirale weiter
Wir müssen da rauskommen und da ist der Ansatz der Mäßigung, also eine drastische Reduktion des Foodways
Alles was man vermeiden kann, man kann nicht alle Lebensmittelabfälle vermeiden
Man kann die Hälfte, das ist auch ein FAO Ziel, das muss man konsequent umsetzen
Und da muss man auch technische Lösungen finden, dass alles wieder zurückfließt
Und das zweite ist, dass wir den Fleischkonsum regulieren
Und das wird auch nicht freiwillig passieren, aber das kann man
Also jetzt in der Pandemie regeln wir ja verdammt viel
Das heißt, das ist ein Ansatz, damit wir das Ziel erreichen
Das zweite ist sicher, dass wir unsere Intelligenz, die Technologien, besser nutzen
Ich glaube, es gibt Technologien, die haben das Potenzial, die Produktivität zu halten oder leicht zu erhöhen
ohne die Umweltbelastung zu vergrössern oder die Umweltbelastung noch zu reduzieren
Diese klugen Technologien müssen wir nutzen und dann kommen wir automatisch zu diesem dritten Weg
Das soll mir jetzt zu unserem dritten Teil kommen
Unser dritter Teil sind zwei Fragen, die wir jeden Gesprächspartner stellen
Und ich würde jetzt Bianca bitten um die erste Frage
Lieber Herr Nigli, wenn Sie könnten, in einer utropischen Welt, was würden Sie an unserer Lebensmittelwertschöpfungskette ändern?
Das Wichtigste
Das habe ich schon gesagt
Ich würde sehr viel stärker regulierend eingreifen
Im Prinzip ist der individuelle Mensch überfordert
Er ist davon überfordert, dass die Lebensmittel dermaßen billig sind und kann nicht damit umgehen
Das ist das Problem, ich würde regulierend eingreifen, ich würde zum Beispiel Lebensmittel teurer machen
Ich würde Vorschriften bzw. Ernährung machen, bis das der Mensch in einer neuen Generation verinnerlicht hat
Zum Abschluss eine fast schon intime Frage
Herr Nigli, was finde ich in Ihrem Kühlschrank?
Im Schweizer Kühlschrank 100% Bio
Wir haben ein überwältigendes Angebot
Es gibt kein Produkt das es nicht in Bio Qualität gibt in der Schweiz, und zwar im LH
Dann haben wir noch einen grossen Bio Adern im Dorf und dann haben wir noch einen grossen Gemüsegarten
Meine Partnerin und ich, und das findet man auch im Kühlschrank, Bio Qualität
In Wien findet man zwei Drittel Bio Produkte, ich wohne am Franziskaner Platz
Ich gehe meistens zu Billa oder Spar oder hier zu Denz und kaufe Bio Produkte
Aber das Angebot ist nicht so gross wie in der Schweiz
Sehr spannend
Herr Nigli, vielen Dank, wir hätten wahrscheinlich noch viele viele Fragen
Aber ich glaube wir sind glücklich
Danke schön
Vielen Dank
Nein, es ist wunderbar, genauso soll es sein
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