B2P032 Christian Dürnberger - Moral, Ethik, Tiere und Philosophie
vom Versuch einer Annäherung
30.05.2021 152 min
Zusammenfassung & Show Notes
Was das eigentlich alles für uns bedeutet? Ob wir Tiere töten dürfen, um sie zu essen? Welchen moralischen Umgang wir ihnen schulden? Was genau Tierwohl ist? Wie wir über Landwirtschaft reden (können)? Und wer letztlich die Verantwortung trägt? Diese schweren Themen macht Christian Dürnberger mit uns leicht verdaulich.
Wir sprechen mit dem Philosophen Christian Dürnberger … Zitat Dürnberger: „Ich bin kein Philosoph“. Wir prüfen die Unterlagen, hinterfragen unsere Vorbereitung.
Wir sprechen mit dem Philosophen Christian Dürnberger … Zitat Dürnberger: „Ich bin kein Philosoph“. Wir prüfen die Unterlagen, hinterfragen unsere Vorbereitung.
Dürnberger setzt fort. Philosophen hätten einen originellen Gedanken, der lange nachwirkt und da wolle er sich nicht einreihen. Er habe aber Philosophie studiert. Phu, wir sind beruhigt, doch richtig recherchiert.
Ob Herr Dürnberger sein Licht unter den Scheffel stellt oder doch den einen oder anderen originellen Gedanken für die Nachwelt hinterlässt, das müsst ihr beurteilen.
Wir haben jedoch versucht zusammen mit Christian (vulgo Herr Dürnberger) den Bogen von den grundlegenden Begriffen und der Theorie hinein in die angewandte Praxis zu spannen.
Wir reden viel über Begriffe wie Werte, Moral, Philosophie und Ethik und greifen dann ein paar spannende Themenfelder auf. Wie steht es beispielsweise um das Verhältnis zwischen Gesetz und öffentlicher Meinung oder wie kann ein öffentlicher Diskurs (mit und über Landwirtschaft) stattfinden.
Und natürlich haben wir uns über das Thema Ethik in der Tierhaltung unterhalten, speziell auch darüber, ob und woher wir als Menschen das Recht haben, Tiere letztlich zu töten.
Eine neue Perspektive rund um die Themen Essen, Menschen und Landwirtschaft und hoffentlich auch der eine oder andere Ahaa!-Moment der hängenbleibt.
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Musik:
„Leit hoits zamm“ – Haindling
thx an Jürgen Buchner
„Power to the People“ – Junior Kelly
thx and Michael Lechleitner @ Irievibrations Records
… und ein bisserl selbst gesungen 😊
thx to me, my voice und eure Schmerzschwelle
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Transkript
Leute, halt's zusammen, sonst dauert's nimmer recht lang.
Auf einmal tut's einen gescheit'n schön weh und dann kracht alles zusammen.
Bauer to the People, der Podcast für Perspektiven rund um Essen, Menschen und Landwirtschaft.
Weil nur durchs Reden kommen die Leute zusammen.
Fünf vor zwölf.
Ja, jetzt sagen wir aufs Ende.
Christi.
Hallo.
Servus.
Bauer to the People, Folge, wissen wir nicht, wie immer.
Heutiger Gast ist der Christian Dürmberger.
Hallo, danke für die Einladung.
Danke auch fürs Kommen.
Wir sind im üblichen Setup wieder.
Bianca Blau von XGE.
Zweier gespannt.
Melange in Gummistiefel.
Hashtag Dream Team.
Und der Willi.
Christi.
Hi.
Christian, du bist, soweit ich mich vorbereitet hab, Philosoph.
Beschäftigt dich mit Ethik und hast Kommunikation studiert, glaube ich.
Und nix noch.
Sehr gut.
Wir starten ja immer ein bisschen mit unserem Podcast mit der Frage, wie wird man das?
Und wie kommst du dazu?
Insoweit eine schwierige Frage, weil ich würde mich selber immer auch sehr ungern als Philosoph bezeichnen.
Das klingt so hochtrabend.
Und unter Philosophen stellt man sich meistens was anderes vor, muss man auch sagen.
Und unter Philosophen verstehe ich dann auch Menschen, die irgendwie einen richtig originellen Gedanken haben.
Das entscheidet dann oft die Jahrhunderte nach der Gegenwart erst.
Wer wird noch immer gelesen?
Ich glaube, das sind die allerwenigsten, die Philosophie studiert haben, aber das habe ich.
Ich habe Philosophie studiert, und das sage ich dann meistens.
Also ich habe Philosophie studiert und arbeite auch ein bisschen im Kontext Philosophie und Ethik.
Wie wird man das?
Kannst du ruhig ein bisschen ausholen.
Ich bin geboren in Oberösterreich.
Meine Eltern haben einen Bauernhof gehabt.
Schon meine erste Connex zu eurem Thema, würde ich sagen.
Genau, kleiner Milchviehbetrieb, ganz kleinen Nebenanwerb, 7-8 Kühe.
Und dann bin ich ins Gymnasium gegangen und habe im Gymnasium Latein lernen müssen.
Ich war nicht sehr talentiert in diesen Dingen, aber habe es total spannend gefunden, was man da eigentlich so liest.
Also Zitzero zum Beispiel.
Das war mein erster Kontakt zur Philosophie.
Wie alt warst du da?
Oberstd. Österreich.
17?
Jünger, glaube ich.
Aber mit 16 hatte Zitzero...
Genau, und dann habe ich Philosophie in der Schule gehabt und auch als Schwerpunktthema genommen.
Und dann mit 18 Jahren, in einer absolut naiven, idealistischen Phase, habe ich gedacht,
dann gehe ich nach Wien und studiere Philosophie und Kommunikationswissenschaften.
Was natürlich ein horrendes, du hast gerade Dream Team gesagt zu deinem Instagram-Kant.
Philosophie und Kommunikationswissenschaften ist natürlich ein sehr, sehr naives Studium, würde ich mal sagen, im Nachhinein.
Weil man weiß nicht so wirklich, was man damit noch anfangen soll.
Andererseits, warum soll man sich da auch nicht manchmal im Leben das gönnen, was zu probieren, was einem wirklich interessiert?
Und so habe ich dann Philosophie studiert.
Also ich wollte dann auch natürlich etwas klassisch-geisteswissenschaftliches studieren und diese alten Texte lesen.
Genau.
Hast du einen Plan gehabt, was du dann damit machen willst?
Ich habe die Frage damals schon gehasst.
Und deswegen stelle ich sie auch meinen Studenten, Studentinnen jetzt nie.
Weil ich keinen Plan hatte, wirklich.
Also das meine ich, man kann es gut oder schlecht finden, aber natürlich im Nachhinein würde ich sagen, da war viel Naivität drinnen.
Wenn mich meine Kinder jetzt fragen würden, wie lege ich das Studium an, wenn sie studieren wollen,
würde ich immer sagen, ja, du kannst machen, was du willst.
Aber ich gebe euch jetzt mal meinen Ratschlag, Philosophie alleine zu studieren, ist mutig oder dumm oder wie man sagen soll.
Aber natürlich, wenn einem was wirklich interessiert, dann wird es eh keinen Weg dran vorbeigeben.
Aber ich würde es vielleicht im Nachhinein mit was anderem kombinieren, muss ich ehrlich sagen.
Jetzt hast du gesagt, Cicero und der verhasste Lateinunterricht, das ein verregendes Erlebnis.
Ich muss mich jetzt schon bei meinem Lateinlehrer entschuldigen, weil der Lateinlehrer war großartig.
Aber du beschäftigst dich jetzt auch mit Landwirtschaft oder mit Tieren, mit Tierethik.
Ist da quasi in deiner Jugend, in deiner Kindheit, ist da diese bäuerliche Kindheit ein Grund dafür, dass du dich mit dem Thema jetzt beschäftigst?
Oder hat sich das dann quasi zufällig entwickelt, dass du dann dahin in diese Richtung gekommen bist?
Wir sitzen hier in der Stadt der Psychologie und das ist natürlich eine gute Frage, die ich nicht beantworten kann, aber die mich teilweise, manchmal beschäftigt.
Weil de facto, wenn man auf meine Biografie schaut, muss man sagen, ich mache mit 18 den Schritt weg aus der Landwirtschaft,
möglichst von der ganzen Lebensrealität, man kann fast nix, weniger landwirtschaftliche,
also die landwirtschaftliche Praxis verlassen, nach Wien zu gehen und Philosophie zu studieren
und dann auch mal gar nichts mit Landwirtschaft zu tun haben, auch im Studium.
Das Thema auch Tierethik habe ich nie antroffen, hat es damals in Wien so noch nicht gegeben.
Oder ganz, ganz wenig Ökologieethik hat es gegeben, Umweltethik, aber Tierethik zum Beispiel nicht.
Und dann kann man sagen, war es vielleicht ein Zufall oder war es kein Zufall?
Ich weiß es nicht, so mit 25, 26 war ich dann fertig mit dem Studium und habe mir gedacht, puh, brauche ich dann schon einen Job
und habe mich beworben an einem Ethikinstitut, ein Aninstitut der LMU München.
Vor allem, wenn ich zugesetzt bin nach München, vor einem Vorstellungsgespräch habe ich gesagt, grüß Gott, da bin ich.
Nach München?
Nach München.
Warum München?
Weil der Job ausgeschrieben war an einem Ethikinstitut.
Und da hat man gedacht, wenn ich die Möglichkeit habe, als Philosoph auch nur irgendwie einen Job zu finden,
dann verlasse ich auch mein geliebtes Wien und gehe nach München.
Also das habe ich dann auch gemacht, ich habe den Job gekriegt.
Und das war ein Ethikinstitut und die beschäftigen sich mit Fragen der angewandten Ethik.
Und da ist natürlich ganz viel Medizinethik, aber bald mal auch schon klassische Themen,
die mit der Landwirtschaft zu tun haben, Bioenergie zum Beispiel, grüne Gentechnik.
Wir haben auch ein bisschen Windenergie-Themen gehabt, Ausbau, Flughafen etc.
Also man hat sehr, sehr schnell, wenn man im Kontext der angewandten Ethik unterwegs ist,
und wir waren da sehr hemmzermerlig, also wir haben keine großen philosophischen Studien für die Philosophie gemacht,
sondern wir haben Workshops gemacht mit Betroffenen.
Wir haben versucht, besser zu verstehen, warum ist die Kontroverse und Bioenergie so emotional.
Und wenn man sehr hemmzermerlige Philosophie macht, so nenne ich das jetzt mal ethisches Nachdenken,
dann ist man nicht nur in der humanmedizinischen Ethik unterwegs, sondern dann trifft man landwirtschaftliche Themen.
Und dann hat sich wahrscheinlich herausgestellt, dass ich dafür doch mehr Interesse habe als manche Kolleginnen, manche Kollegen.
Vielleicht da schon mehr...
Vorbelastet?
Vorbelastet, ja.
Ahnung oder lebensweltliche...
Ganz genau, da geht es um Lebenswelten.
Man könnte auch sagen, ich hatte einen passenden Stahlgeruch.
Also sprich, ich glaube, man muss ja immer so wissen, was man im Leben kann und was man nicht kann.
Ich bin kein großer Philosoph, ich kann nicht die großartigen Paper schreiben.
Das stapelt schon wieder tief.
Ich schreibe schon Papers, aber das wird nicht die Zeit überdauern.
Aber was ich wahrscheinlich besser als manche Kolleginnen und Kollegen kann,
ich kann einen Workshop vor Schweinemästern halten und mit der über Ethik und gesellschaftliche Erwartungshaltung an Landwirtschaft sprechen,
sodass die nachher sagen, okay, das war nicht völlige Zeitherschwendung und das war nicht völlig abgespacete Philosophie.
Ich habe überhaupt nichts verstanden.
Das heißt, du siehst dich ein bisschen als, ich heiße nicht als der akademische Philosoph,
sondern eher so als dieses Bindeglied zwischen der Gesellschaft und der Disziplin der Ethik,
der akademischen Disziplin Ethik und Philosophie.
Also dieses Hemdsemelege, was du gesagt hast, oder?
Genau, ich glaube, was ich versuche, ob ich es gut kann, ist eine ganz andere Geschichte.
Du musst eine andere beurteilen.
Aber so bin ich reingerutscht.
Ich konnte es damals am Institut zumindest besser als manche Kolleginnen und Kollegen.
Und die wollten das auch nicht.
Die haben gesagt, ich habe Philosophie studiert, ich möchte jetzt keinen Workshop mit Schweinebauern halten.
Und ich habe gesagt, doch, finde ich irgendwie geil.
Ich glaube schon auch, dass es zum Teil eine Aufgabe der akademischen Philosophie auch ist,
zu kommunizieren darüber und nicht nur die vierzigste Ausgabe Interpretation im Manuel-Kantz zu liefern.
Das ist aber auch wichtig.
Und ich bin Angestellter an der Universität.
Das heißt, ich forsche schon auch und es macht mir Spaß.
Und ich schreibe meine Papers.
Das muss ich auch, weil sonst wird die Uni sagen,
nur für Wissenschaftskommunikation haben wir dich nicht angestellt.
Aber es stimmt, auch in meiner Freizeit mache ich das noch immer gern.
Also ich rede gern über Philosophie mit Menschen, die nicht Philosophie studiert haben.
So kann man es eigentlich sagen.
Jetzt hast du den perfekten Übergang eigentlich geliefert in den ersten Blog,
den wir uns da ein bisschen vorbereitet haben.
Auch wenn du jetzt Hemdsemelege das gerne runterbrichst,
vielleicht machen wir das jetzt gleich.
Wir müssen die Grundbegriffe deines Tuns kurz einmal erklären,
weil ich glaube, man hört oft Philosophie in der Diskussion.
Man redet viel über Ethik, Werte, Moral,
diese Begriffe, die da einfach immer wieder genannt werden.
Kann man arbeiten uns da vielleicht einmal kurz durch
und vielleicht versuchst du einfach in deiner praxisnahen Art und Weise zu erklären,
was diese Begriffe auch bedeuten.
Fangen wir vielleicht einfach mal damit an, was Philosophie ist
und vielleicht auch überleiten, was dann die Ethik ist.
Die erste Frage kann ich nicht beantworten.
Ich habe mich im letzten Jahr wieder einmal richtig,
ich habe mir ein bisschen Auszeit von der landwirtschaftlichen Thematik gegönnt
und am Abend mir hingesetzt und ganz viele philosophische Klassiker gelesen.
Im Original?
Naja, die Deutschsprachigen schon.
Mutig.
Nicht Sekundärliteratur, sondern wieder mal das Lesen, warum man eigentlich das studiert hat.
Und da ist mir noch einmal eines so richtig klar geworden,
was mit dem Studium gar nicht so richtig klar geworden ist.
Jeder, der versucht, Philosophie zu definieren, hat ein Riesenproblem.
Weil es ist einfach so unterschiedlich.
Seneca macht was anderes als der dänische Philosoph Kirke Gor oder Kirke Gad,
je nachdem, wie man ausspricht.
Immanuel Kantz macht was ganz anderes als Nietzsche.
Also es ist extrem schwierig.
Aber jetzt im Bereich Ethik, gilt das nicht meiner Meinung nach,
oder ist das zumindest ein bisschen leichter.
Ethik ist für mich das vernünftige, strukturierte Nachdenken
über Moral und moralische Probleme.
Ethik und Moral ist nicht dasselbe.
Alltagssprachlich haben wir das ja meistens in einem Topf.
Genau, und das geht es.
Aber ich würde sagen, wir haben alle eine moralische Grundüberzeugung in uns.
Ein bisschen ein Bauchgefühl, was ist richtig, was ist falsch.
Vielleicht ist das Teil unserer Genetik.
Aber es ist definitiv kulturell stark geprägt.
Wir haben von unseren Eltern, Großeltern, Freunden,
während unseres Lebenswegs kriegen wir Werte vermittelt.
Also das gehört sie, das gehört sie nicht.
Das würde ich mal Moral nennen.
Ist das eher im Kopf oder im Bauch, die Moral verankert?
Das ist wahrscheinlich beides.
Wenn etwas so tief verankert ist, haben wir das Gefühl, das ist im Bauch.
Aber der Witz ist natürlich, vielleicht ist unsere Moral unmoralisch.
Oder vielleicht müssen wir neu darüber nachdenken.
Und so würde ich Ethik dann verstehen.
Deswegen würde ich für mich auch immer sagen,
Moral ist oft laut.
Da sagt jemand, ich weiß, was moralisch richtig ist.
Und ich muss das jetzt predigen und ich muss das anbringen.
Das ist auch wichtig.
Wenn jemand moralische Grundüberzeugungen hat,
soll sie es schon auch mitteilen.
Aber Ethik ist dagegen ein bisschen leise.
Also macht einen Schritt zurück und, so blöd es klingt, stellt Fragen.
Ist Moral Teil der Ethik?
Kann man das so hierarchisieren?
Viele sagen, Moral ist der Gegenstand der Ethik.
Wir denken über Moral nach.
Und dann muss man natürlich unterscheiden zwischen dem,
was die Menschen normalerweise unter Ethik verstehen,
ist ja die normative Ethik.
Dass Leute sagen, normative Ethik versucht,
die Antwort zu geben, was ist moralisch richtig.
Das ist der Witz in der Philosophie.
Nicht eine Antwort raushauen, sondern sagen,
ich kann dir auch das Warum liefern.
Und ich hoffe, ich überzeug dich damit.
Das ist die normative Ethik.
Und das ist auch die gängige Ethik.
Und in der Tierethik natürlich, die ist stark normativ geprägt.
Als links an Peter Singer, Tom Reagan
oder an die ganze Tierrechtspositionen.
Die wollen Antwort darauf geben, was moralisch richtig ist.
Und ich habe mich da vor langer Zeit
irgendwie ein bisschen für einen anderen Weg entschieden.
Weil es gibt noch mindestens eine zweite Form der Ethik,
die eher versucht, moralische Konflikte
und Überzeugungen zu beschreiben.
Und deswegen, du hast zuerst gesagt,
ich bin in der Tierethik zu Hause.
Ich würde mich nie als Tierethiker bezeichnen.
Für mich ist es okay, wenn das jemand macht,
weil das ein Begriff ist, der hat sich eingeprägt.
Tierethiker, da weiß man ungefähr, was die machen.
Aber für mich Tierethiker und Tierethikerinnen,
es sind ja vor allem viele Frauen in der Gegenwart,
die denken über den moralischen Status von Tieren nach.
Also, welchen moralischen Umgang schulden wir am Tier?
Das hat natürlich auch etwas mit meiner Arbeit zu tun,
aber über das habe ich eigentlich noch nie
richtig ein Paper geschrieben oder geforscht.
Das machen viele Leute.
Und die kann man auch großartig empfehlen.
Sehr, sehr spannende Themen.
Ich forsche eher, deskriptiv-ethisch,
zu Menschen in der Mensch-Tier-Beziehung.
Aber das ist natürlich medial bei einem Journalisten-Journalistinnen-Gespräch
schwieriger, nicht?
Tierethiker kann man kurz drunter schreiben.
Ich würde sagen, deskriptiver Ethiker
mit Fokus auf den Menschen.
Das ist oft so, weil wir noch bei den Grundbegriffen ein bisschen sind.
Das Wort Ethik kommt ganz selten vor in der Diskussion.
Also, wenn man sich so allgemein über Themen unterhält,
müsste es nicht unbedingt Tierwohl sein,
sondern generell sagt man schnell mal,
du handelst moralisch oder das ist moralisch nicht in Ordnung.
Oder jetzt wird es philosophisch,
wenn man es ins Reden kommt.
Selten kommt dieser Begriff Ethik da drinnen irgendwie vor.
Ich versuche noch einmal diesen Begriff der Philosophie,
und so sollten reflektiert wird, glaube ich,
was man damit mahnt, wenn man es sagt.
Was ist, wenn man es versucht, jemandem zu erklären,
ist das das Nachdenken über die, wie die Sachen halt sind?
Ist das so, und was der Grund dafür ist,
dass sie so sind, wie sie sind?
Ist das Philosophie?
Man kann es nicht pathetisch formulieren und sagen,
es geht schon ein bisschen um die großen Fragen der Existenz.
Ich meine, Kant hätte gesagt, was darf ich hoffen?
So eine Grundfrage, die den Menschen umtreibt,
und dann sind wir ganz schnell mit,
da geht es weiter nach dem Tod oder nicht?
Kann ich keine richtige Antwort darauf geben,
aber darüber nachdenken kann ich natürlich schon,
sagt auch Kant.
Und alle ein bisschen anders, wie es das vorher gesagt hat.
Genau, und bleiben wir bei Kant,
wo er dann sagt, die zweite große Frage,
die den Menschen irgendwie ausmacht und umtreibt,
was kann ich erkennen, sind wir ganz schnell
in der Wissenschaftstheorie und auch in der Erkenntnistheorie.
Da sehen wir auch etwas, was die Philosophiegeschichte auszeichnet.
Ganz viele Themen, die früher in der Philosophie zu Hause sind,
gliedern sich dann aus in die Naturwissenschaften.
Wenn wir heute auf die frühen Philosophen schauen,
dann würden wir sagen,
Aristoteles ist ja nicht nur ein Philosoph und ein Ethiker,
er ist ja auch ein Naturwissenschaftler.
Der versucht, die Welt um sich herum zu verstehen,
das ist für ihn Philosophie.
Er sagt, ich habe Vernunft, und mit dieser Vernunft
versuche ich, die Welt um mich herum zu durchdringen.
Das heißt, ich versuche,
die Gesetzmäßigkeiten der Welt zu verstehen.
Ich bin immer Naturwissenschaft.
Und er sagt, mit dem selben Werf an Vernunft
soll ich aber auch darüber nachdenken,
über menschliches Handeln.
Was zeichnet ein gutes, gelingendes Leben aus?
Gibt es Situationen, in denen ich lügen darf?
Das wäre zum Beispiel für Aristoteles unter anderem
die Philosophie, dass er sagt,
wir versuchen, die Welt um uns herum zu verstehen.
Da geht es um Natur und Gesetzmäßigkeiten,
da geht es um menschliches Handeln.
Und da geht es natürlich auch um die großen Fragen,
um zur Kante zurückzukehren.
Der als dritte große Frage sagt,
wie handle ich moralisch richtig?
Und die drei Fragen zeichnen dann,
sagt der Kante, die drei Fragen
gipfeln gewissermaßen in der großen Frage,
was ist der Mensch?
Und das wäre auch eine klassische Frage
der frühen Philosophie oder über viele Jahrhunderte,
was macht den Menschen eigentlich aus?
Da kann man dann über die Menschheit
und die Vernunftlichkeit nachdenken,
das tun es dann viele Jahrhunderte.
Und dann kommt der starke Zug
zur konkreten Person,
da sind wir jetzt wieder bei Kierkegaard,
der eigentlich sagt,
die Menschheit, die Vernunft interessiert mir nicht,
mir interessiert es, warum fühle ich mich so einsam verzweifelt.
Der Individualismus dann auch wieder begraben.
Er sagt, es geht um mich als konkrete Person,
das ist für ihn Philosophie.
Er denkt eigentlich darüber nach,
warum sein Leben so teilweise gescheitert ist.
Also wir sehen, es fällt schwer,
aber das macht für mich auch den Reiz aus.
Sobald jemand sagt, na das ist aber sicher nicht Philosophie,
bin ich immer ein bisschen skeptisch,
wenn man denkt, boah, es ist so viel Interessantes
und Verschiedenes in der Philosophie-Geschichte passiert
und wir nennen das alles Philosophie
und ich glaube, das ist gut so.
Jetzt ist dann, okay, dann ist Philosophie
so ein bisschen die Frage, warum die Dinge
so sind, wie sie sind und ein bisschen
der Versuch, das zu begründen.
Und wann jetzt rüberspringen, dann quasi
aus der Philosophie in die Ethik.
Also Philosophie steckt, so wie ich es jetzt von dir verstanden habe,
ja überall drinnen.
Jedes Ding, was ich tue, ob es jetzt in der Wissenschau ist,
überall ist so ein bisschen dieser Wunsch,
etwas zu verstehen, etwas neu zu erkennen oder so.
Jetzt hupfe ich vor der Philosophie rüber
in die Ethik und versuche
quasi daraus
ein Sollen abzuleiten.
Ethik ist ja so ein bisschen die Frage nach dem Sollen,
wie soll ich mich denn
richtig verhalten, als Gesellschaft
wahrscheinlich, als Individuum
oder wie auch immer.
Ethik und
moralisches Handeln
sollen ja quasi dann schon
in einem gewissen,
die sollten sich ja ergänzen,
also moralisches Handeln ist immer gleich auch
ethisches Handeln, oder? Kann man das so sagen?
Ja, ethisch wäre natürlich
immer die Reflexion. Das heißt, ich weiß gar nicht,
ob man sagen könnte, dass es ethisches Handeln gibt,
in meinem Sprachgebrauch. Ich denke ethisch
nach und im besten Fall komme ich zu einer gut
begründeten Antwort und kann dann sagen,
schau, das ist eine moralisch gut begründete Handlung.
Und dann gibt es den nächsten
Begriff, dann gibt es noch den Begriff der Werte,
die wir tragen.
Wie hängen Moral und Werte zusammen?
Werte ist natürlich so ein Containerbegriff,
der unglaublich boomt und alle vergründeten
Innen und Defakten. Da müsste man natürlich sagen,
ja, Werte ist eine Zielvorstellung,
die ich mir irgendwann gegeben habe, als Gesellschaft
oder als Individuum.
Das kann ganz verschieden sein
und das Beispiel, das natürlich dann immer kommt,
grundsätzlich sagen uns Werte relativ wenig.
Weil, sagen wir das Beispiel
mit der Mafia, die Mafia hat klar
definierte Werte. Was für Zielvorstellungen
hat diese Community?
Wer spielt welche Rolle
in diesem Netzwerk?
Und da würde man sagen, die haben eine großartige Moral.
Also sie hat sich großartig eingebürgert,
funktioniert sehr gut, die Werte sind klar geschrieben.
Aber wenn wir ethisch darüber nachdenken,
würde man sagen, hm, vielleicht sind es nicht die richtigen Werte
oder sie setzen die falschen Mittel ein, um diese Werte
zu erreichen. Das heißt,
Werte, würde ich sagen,
ist ein lebensweltlicher Begriff als sowas wie Güter,
aber de facto kann man das sehr, sehr
weit schon einfach sagen, das sind Ziele,
das sind Dinge, die wir wichtig und richtig
empfinden. Aber ob die dann wirklich
gute Zielvorstellungen sind,
muss ich wieder nachdenken, bin ich wieder in der Ethik.
Aber da sind wir doch
dann gleich wieder in der Moral, wenn wir
uns fragen, was sind denn jetzt gute
Zielvorstellungen, Werte
und wer definiert, ob die gut,
schlecht oder aus dazwischen sind.
Ja, ich meine, ich kenne
das grundsätzliche Problem ist
die Frage, wer definiert das,
dann klingt das ganz schnell so wie,
mein Gott, in der Ethik geht es eigentlich nur um Bauchgefühle,
du siehst es so und ich siehe es anders.
Und es stimmt zum
einen natürlich, dass wir in der Ethik,
das ist keine Naturwissenschaft, also wenn
wir das vergleichen mit der Naturwissenschaft, dann können wir sagen,
wir versuchen die Welt um uns herum zu verstehen
und da haben wir es geschafft, ein
relativ präzises Wissen zu erreichen. Über die
Schwerkraft brauchen wir nicht diskutieren. Genau, oder ich kann
sehr, sehr genau vorhersagen, wie sich die
Gestirne bewegen und das funktioniert und das
funktioniert sehr viel in den Jahrhunderten.
Das heißt, da haben wir sehr, sehr präzises Wissen.
Jetzt wirkt natürlich die Ethik im Vergleich dazu
defizitär, weil über die Frage...
Schwammig würde man kein sagen. Ja, genau.
Das eine ist das Hardfacts
und das andere ist nur so, wie sie...
Ja, jeder sagt, was er sich denkt.
Nur, jetzt haben wir wieder Paris Totoles,
der würde sagen, ja, auch wenn wir hier für
unpräzises Wissen
erringen können, wir können nicht
eine glasklar eindeutig
und endgültige Antwort
geben auf die Frage, in welcher Situation
darf ich lügen. Da werden wir uns erstens nicht
einig werden, unsere Wertvorstellungen verändern
sich, wir haben vielleicht
neue Probleme im Leben und es
vielleicht auch kulturabhängig, aber wir versuchen
es trotzdem, also wir versuchen
es trotzdem mit vernünftigen Argumenten
diese Diskussion zu führen.
Dann wären wir in der Ethik. Klar ist das
keine Naturwissenschaft,
aber es ist natürlich der Versuch,
mit den besseren Argumenten anderen
zu überzeugen. Und genau das
wäre meine Antwort auf deinen
Einwurf, wer definiert das?
Ganz genau, das ist ein Spiel des besseren
Arguments, das ist ein Wettstreit
des besseren Arguments.
Und man muss schon sagen, wir tun
dann manchmal so, es wird in der Moral
einfach nur Bauchgefühl auf Bauchgefühl
treffen, aber das stimmt ja nicht. Wenn ich jetzt
sage, ich bin der Meinung, dass Frauen, die
alleine in einem Wald wohnen und rote
Haare haben, die sollten verbrannt
werden, dann würdest du natürlich sagen,
und wahrscheinlich ihr beide, das finde ich nicht okay,
also ich spiele auf die Hexenverbrennungen an,
dann würde man darüber diskutieren,
ist das jetzt moralisch oder unmoralisch, und
dann würden die Menschen, die vorher gesagt haben,
ja moral, da sagt doch jeder, was er will,
aber das geht nicht. Und da sehen wir auch,
es geht um wirklich wichtige Fragen,
deswegen in der Regel, wenn ich der
Meinung bin, etwas als moralisch richtig oder
unrichtig erkannt zu haben, dann ist es
mir nicht wurscht, wenn jemand anderer
Meinung ist. Das wäre für mich so ein Unterschied
zum Geschmacksurteil. Wenn jemand sagt,
Pizza Margarita ist die beste Pizza,
ist mir das wurscht, wenn ich anderer Meinung bin.
Aber wenn ich sage, wir dürfen
diese Menschenrechtsverletzung nicht zulassen,
dann möchte ich, dass die anderen Menschen mir
zustimmen, weil es in der
politischen Reflexion um wirklich wichtige
Fragen geht. Jetzt habe ich eine Frage,
die wollte ich eigentlich gar nicht stellen,
die ist mir jetzt wiedergekommen.
Wie steht die
Philosophie, Ethik,
ich sage es jetzt einfach immer so.
Hat der Mensch
so etwas wie ein absolutes
Moralempfinden? Gibt es irgendwas
in Menschen drinnen, wo man dann sagt,
das ist schon im Bauch, jetzt nicht im Kopf,
bewusst nicht im Kopf, wo man sagt,
das empfinden alle Menschen
die ganze Welt hinweg als Unrecht
vom Bauch, also ein Empfinden
einer Moral. Gibt es da so eine absolute
Moral, oder
die uns verbinden? Ehrliche Antwort, ich weiß es
nicht. Spannende Frage, die natürlich
vor allem die Anthropologie, glaube ich, beschäftigt
und natürlich auch die Evolutionsbiologie,
weil dann die Frage ist, wie viel davon ist kulturell
konstruiert,
gewissermaßen, und inwieweit
steckt tatsächlich etwas in unseren Genen, sage ich jetzt
mal ganz plump,
die Vorstellung einer Moral, die wir vielleicht teilen.
Ich meine, es gibt Philosophen, Philosophinnen,
die sagen, naja, das
Prinzip, ich darf niemand
anderen wehtun, außer ich habe einen verdammt guten
Grund, ist sowas wie ein kultureller
Common Sense in der Moral.
Aber ob das tatsächlich so ist, weiß ich nicht.
Aber das ist ja wieder rational hergestellt, die Begründung.
Ja, aber die Begründung oder das
Einfangen ist natürlich rational, aber vielleicht ist das
so tief eingeschrieben, dass es de facto für alle
Kulturen gilt. Ich weiß es nicht.
Und natürlich
stellt sich dann auch die Frage, gibt es eigentlich
etwas Ähnliches, gibt es ein moral-analoges Verhalten
bei Tieren zum Beispiel?
Genau. Wenn das
interessiert, dann kann ich sehr natürlich das
Messerli-Forschungsinstitut, wo ich arbeite,
ans Herz legen, weil
unter anderem Susanna Monzou, eine Kollegin von mir,
zu diesen Themen auch forscht.
Da kann man sich ein bisschen einlesen auf unserer Website.
Ja, vielleicht mal mit meinem Podcast.
Aber
wir sind ja,
trotz allem, Behauptung,
irgendwo, irgendwann mal ein Tier gewesen.
Nächste Behauptung,
wo
wir
argumentieren sachlich
und reagieren
eigentlich auf der Instinktebene
und wo
bleibt dann die Moral? Weil wir sind trotzdem
am Ende des Tages irgendwie
instinktgetrieben, emotional.
Das triggert uns. Und argumentieren
tun wir sachlich. Beispiel,
ich könnte da jetzt in die Küche laufen, ein Stück Schokolade
essen. Das total
sachlich argumentieren und sagen,
na, ich bin gerade ein bisschen unterzuckert,
muss das jetzt essen, weil ich muss voll im Kopf da
sein, aber eigentlich habe ich nur Bock auf Schokolade.
Okay, aber da würdest du zumindest für dich
selber wissen, bist du redlich oder unredlich.
Also weißt du, was ich meine? Zum einen wäre es mir wurscht,
ob du das machst oder nicht, ich esse keine Schokolade.
Nicht aus moralischen Gründen, das muss ich dann
immer dazu sagen, oder? Sonst glauben die Leute, ich habe da
irgendwie einen moralischen Konsens für mich gefunden.
Schmeckt mir nicht. Du hast angefangen
mit, wir waren mal ein Tier, vielleicht sind wir noch immer
ein Tier, aber halt irgendwie ein spezielles Tier,
aber nicht falsch verstehen, nicht die Krone
irgendeiner Schöpfung.
Klar, wir sind, also bleiben wir
wieder bei Kant. Kant würde sagen, wir
sind nicht nur rationale Wesen,
die alles immer großartig abwägen und dann
die richtige Entscheidung treffen.
Wenn das so wäre, dann müssten wir gar nicht
Ethik betreiben. Wenn wir immer moralisch richtig
handeln, müssten wir nicht Ethik betreiben.
Wenn wir aber immer unmoralisch handeln
oder nur instinktgetrieben sind,
dann müssten wir auch nicht Ethik betreiben,
weil dann kann jeder machen, was er will und niemand
muss sich rechtfertigen. Jetzt haben wir die
eigentümliche Situation, dass der Mensch dazwischen
sitzt. Also ganz, ganz
grob Kant. Dass er sagt,
wir können moralisch richtig handeln
und wir können darüber nachdenken.
Wir können aber auch moralisch falsch handeln.
Und jetzt sagt Kant,
wir setzen unsere Vernunft ein und versuchen
zu erkennen, was moralisch richtig ist.
Wenn wir das dann erkannt haben,
dann haben wir die
Pflicht, das zu tun.
Ob wir das dann wirklich machen oder nicht.
Also zum Beispiel du erkennst irgendwas, was
moralisch richtig ist und weißt dann, das wäre
die moralische Pflicht. Ist das der kategorische
Imperativ? Der hängt damit zusammen.
Aber Pflicht versus Neigung.
Wenn ich erkenne, was das moralisch richtig ist,
habe ich die Pflicht, das zu tun.
Aber ich bin doch immer
Mensch mit körperlichen Bedürfnissen.
Du hast scheinbar Sehnsucht nach Schokolade, bitte.
Das bin ich halt
auch. Ich bin nicht nur ein hochgeistiger
Kantianer. Jetzt könnte man
die Kacken, die für diesen Anzeigen werfen.
Ich bin ständig in einem Widerspruch zwischen
diesem Handeln, das ich erkannt habe,
was richtig ist, was ich auch
viele Menschen
intuitiv oder im Bauch auch verstehen
und dem eigentlichen Handeln.
Da nehme ich mich selber nicht aus.
Wir sind keine moralischen Sollenheiligen,
die immer richtig handeln. Wir können aber richtig
handeln. Wir können aber auch
daneben liegen.
Darüber nachdenken.
Bei deinem Beispiel würde ich natürlich
sagen, das musst du dann für dich
selbst überlegen. Hast du jetzt tatsächlich nur
etwas schön geredet?
Warst du unredlich zu uns in der
Diskussion? Oder nicht?
Ethik wäre für mich auch immer
Nachdenken über sich selber.
Und nicht immer sagen, du hast gerade was falsch gemacht
oder der hat was falsch gemacht, sondern
Ethik ist auch Selbstreflexion.
Jetzt würde ich gerne
diesen ersten Block der
Grundbegriffe ein bisschen abschließen,
aber gleich überleiten. Jetzt waren wir
sehr tief drinnen, auch schon in den
Werten und der Moral etc.
Ich würde gerne jetzt ein bisschen
darüber reden, über die Werte einer Gesellschaft
und zwar über die normativen Werte einer Gesellschaft
in Form von Gesetzen.
Die eine Seite ist,
es gibt ja Gesetze. Sind Gesetze
eigentlich nur
Wertvorstellungen einer Gesellschaft,
die wir uns über die Zeit
selbst gegeben haben? Wie steht
quasi jetzt Moral
im Verhältnis zu Gesetzen?
Das, was ich zuvor, ich habe das Gefühl,
ich bin bei einer Prüfung, das, was ich zuvor
...
kann man lernen für die Prüfung.
Ja, außer ich rede völligen Blödsinn.
Dann bitte, liebe Studierende,
sich nicht dranhalten.
Das, was ich zuvor gesagt habe
über das Verhältnis von Ethik und Moral,
können wir jetzt eins zu eins
eigentlich wiederholen zum Verhältnis
Ethik und Gesetze.
Das heißt natürlich, im besten Fall
widerspricht sich das nicht komplett. Also ich hoffe schon,
dass Gesetze irgendwie moralisch gut
begründet sind, aber halt
man muss auch ehrlich sagen, Politik
ist kein Ethikseminar, sondern
Politik ist Interessensausgleich.
Da fließen verschiedene Interessen ein
und wird ein Kompromiss versucht auszuhandeln
und so werden Gesetze
dann gewissermaßen gemacht.
Aber natürlich, wenn wir als Gesellschaft der Meinung sind,
wir haben einen moralischen Konsens zu einer Frage
erreicht, der weitgehend und tiefgreifend ist,
ja, was machen wir dann? Dann werden wir
natürlich diesen moralischen Konsens in
Gesetze gießen, sage ich jetzt einmal.
Also wenn wir etwas erkennen, das wirklich wichtig
ist, und wir sehen ein Defizit in der Gesellschaft,
werden wir versuchen, ein Gesetz zu machen, um diese
Ungerechtigkeit zum Beispiel zu beheben.
Aber das bedeutet natürlich nicht,
dass Ethik und Gesetz das gleiche wäre.
Dann wäre es eh wieder leicht, dann brauchen wir wieder nicht
Ethik betreiben, weil dann lese ich einfach im österreichischen
Strafgesetzbuch nach, dann lese ich einfach
im österreichischen Gesetzestext nach, was
ich tun darf und was nicht.
Und ich meine, wir sind Österreicher und Österreicher
erinnern, wir wissen besonders
gut mit Blick auf die Geschichte,
dass etwas juristisch absolut
kohärent ausgearbeitet sein kann und
geltendes Recht ist, ich rede über die Nürnberger
Rassengesetze, und ein hochgradig
unmoralisches Unterfangen, und wenn ich sage
hochgradig unmoralisches Unterfangen,
ist das jetzt schon ein bisschen sehr diplomatisch formuliert,
also ein Wahnsinn.
Auch das war geltendes Recht.
Das heißt, Ethik ist die
kritische Reflexion, nicht nur der eigenen
Moral, der moralischen Überzeugungen, die wir haben.
Die Alltagsmoral
und dann komme ich ins Schalpern und dann denke ich noch, ist das eigentlich richtig?
Aber auch Ethik
ist auch die kritische Reflexion von Recht,
denn auch das Recht kann
und muss regelmäßig neu
überarbeitet werden.
Okay, ich muss jetzt fragen.
Da steht nämlich jetzt
eine Frage drinnen und eigentlich wollte
die Frage stellen
Gesetz und öffentliche Meinung.
Jetzt sagst du aber, Ethik ist da
die kritische Reflexion. Jetzt ist es so
und jetzt haben wir ein bisschen
Schwerke im Thema von Bauer to the People drinnen,
dass wir ja auch in unserer
Arbeit wahrnehmen,
dass es auf der einen Seite gibt es
Gesetze und auf der anderen Seite
gibt es die öffentliche Meinung, den Diskurs
über Themen.
Nehmen wir zum Beispiel ganz konkret
tierische Haltungsformen.
Da gibt es eine gesetzliche Regelung,
zum Beispiel ganz klar im Bereich Hühnerhaltung,
im Bereich Schweinehaltung, da gibt es auch gesetzliche
Regelungen, wie das schaut,
was man nicht unterschreiten darf.
Und da halte ich mich dran.
Jetzt sagen wir, ich bin Schweinebauer, da halte ich mich dran.
Dann gibt es aber, das ist das Gesetz.
Das was wir quasi, wo wir versucht
haben, die Moral, die Ethik etc.,
das Thema in ein Gesetz zu gießen,
das was dann für uns gilt.
Und dann gibt es aber den öffentlichen Diskurs,
die öffentliche Meinung zum Thema
Schweinehaltung, was darf ich, was darf ich nicht.
Die ist dann doch, sage ich mal,
in den Bereichen, nämlich die Schweinehaltung,
sehr abweichend von dem, was im Gesetz steht.
Für mich, wenn ich jetzt betroffener bin,
also Schweinebauer zum Beispiel,
was zählt für mich eigentlich jetzt
mehr, das Gesetz
oder
die öffentliche Meinung,
in der realen Auswirkung
dessen, was es mit mir macht.
Weil auf der anderen Seite, ich verletze kein Gesetz,
wenn ich mir jetzt wirklich an die Gesetze halte,
wird aber gleichzeitig durch die
öffentliche Meinung
mehr oder weniger
in einer gewissen Art und Weise stigmatisiert
oder
ausgegrenzt.
Das heißt, ich habe Auswirkungen
auf mich. In welchen Verhältnissen
steht jetzt quasi ein Gesetz,
öffentliche Meinung,
was ist momentan auch
in der jetzigen Zeit vielleicht sogar wichtiger?
Ist es eher das Gesetz in seiner
realen Konsequenz für mein Handeln oder
ist es immer noch die Norm, das Gesetz,
das Eigentliche?
Ich würde mal sagen, das ist die,
eine falsche Dichotomie,
die man hier aufmacht.
Was zählt mehr, das Gesetz oder die öffentliche Meinung?
Ich würde sagen, als erstes zählt mal die eigene
moralische, ethische Reflexion.
Weil ich möchte mir keinen Schweinebauer
und keine Schweinebauerin vorstellen,
die sagt, ich mache etwas, weil es im Gesetz ist,
die öffentliche Meinung kann so oder so sein,
aber ich persönlich stehe nicht dahinter.
Das wäre mal das Erste. Wenn ich ein Akteur bin,
der für vernünftige Reflexionen
offen ist, also der
Vernunft besitzt und drüber nachdenken kann,
dann hoffe ich doch, dass da eine
kritische, selbstkritische Reflexion
stattfindet. Das macht hoffentlich
jeder Bürger und Bürgerin in seinen
verschiedenen Rollen.
Ohne die ganze Zeit aufs Gesetz zu schauen,
das muss ich mich natürlich irgendwie halten,
sonst werde ich sanktioniert. Und auch ohne
die ganze Zeit auf die öffentliche Meinung zu schauen,
weil auch die öffentliche Meinung kann irren und
die kann mit dem Zeitgeist verheiratet sein und
ihr kennt den Satz, wer mit dem Zeitgeist
verheiratet ist, ist schnell Witwer.
Das wäre mal der erste Punkt.
Der erste Punkt ist mein eigenes Gewissen, sagen wir
mal ganz pathetisch, meine eigene Reflexion.
Die eigene Verantwortung. Genau. Also bin
ich der Meinung, ich mache den Job, den ich auch gut,
und bin ich der Meinung, den Job, den ich ausübe,
das ist eine sinnvolle Tätigkeit und eine moralisch
rechtfertig mache. Das wäre mal das Erste.
Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht,
Ethik, weil es so gelungen hat, Ethik versus
öffentliche Meinung, als würde Ethik etwas sein,
was die Leute an der Universität machen.
Ethik machen wir alle. Das ist mir ganz, ganz wichtig.
Ich vertrete einen Berufsstand, der
institutionalisierte Ethik betreibt,
um sicher zu gehen, dass das irgendwer macht.
Aber das heißt ja nicht, dass ich es besser mache,
oder dass das nur ich mache.
Ihr macht es genauso Ethik.
Ihr denkt darüber nach, was moralisch richtig ist.
Wobei natürlich, oh Gott, da kriege ich
böse Zuschriften von Philosophie-
Professorinnen und Professoren.
Natürlich mit Blick in die Ideengeschichte muss man schon sagen,
manche Leute haben Kanton besser verstanden.
Also man kann schon bei Ethik was lernen.
Also nicht, dass man jetzt rausgehen aus diesem Gespräch und sagen,
na jeder denkt ein bisschen nach,
sondern mit Blick auf die Philosophie-Geschichte,
das ist ein prüfungsrelevantes Wissen, das kann ich studieren.
Das kann ich verstehen oder nicht verstehen.
Das würde ich schon sagen.
Ich habe ein bisschen ein Problem
mit dieser öffentlichen Meinung.
Weil, du hast es so gesagt,
es wäre völlig klar,
was die öffentliche Meinung zum Beispiel
mit Blick auf die Schweineproduktion,
Schweineproduktion ist ein seltsames Wort,
auf die Schweinehaltung ist.
Ich wäre mir gar nicht so sicher.
Ist das die öffentliche Meinung?
Ist das der Ausschnitt einer öffentlichen Meinung?
Ich habe eher das Gefühl,
dass 80, 90 Prozent, bleiben wir bei uns in Österreich,
nichts sagen zur Landwirtschaft.
Also da gibt es die Befürworter,
die das machen und sagen,
Leute, wir sind eh auf einem guten Weg,
unsere Standards sind viel höher als in anderen Ländern.
Und dann gibt es radikale Kritiker,
die sagen, machen wir es bitte, schaffen wir es sowieso ab.
Und dann gibt es die Kritiker, die sagen,
machen wir es bitte ganz anders.
Aber ob das die öffentliche Meinung ist,
das wüsste ich gar nicht.
Weil es sind einfach nur immer so kleine Ausschnitte.
Aber da sind wir zum Beispiel bei dem Punkt,
wo der Thema
Veganismus, Vegetarier,
das ist immer ganz groß, weil das
halt einfach Menschen sind, die den Mund aufmachen
oder da einfach sagen,
was sie sich denken.
Und dasselbe ist ja in dem Punkt,
dass reden halt die mit, die reden wollen, oder?
Ja, immer klar. Es gibt Menschen oder NGOs,
Gruppen, Parteien,
Verbände, die natürlich
als ihre Portfolio,
als ihre Kernaufgabe sehen, dass sie diese Diskurse bestimmen.
Und zwar in alle Richtungen.
Pro gegen Veganismus, um bei deinem Beispiel zu bleiben.
Vor allem, glaube ich,
ist das Thema Veganismus in aller Munde
und auf den medialen Titelseiten,
was natürlich auch ein relativ neues Phänomen ist,
das darf man nicht vergessen. Es hat natürlich immer vegane
Tendenzen gegeben in der Geschichte,
aber die sind ja eigentlich marginal.
Stagoras, glaube ich, war vegan, wenn ich es richtig verstehe,
oder Vegetarier, aber nicht.
Der wird oft genannt in die Ideengeschichte,
weil es halt nicht so viele gegeben hat in Europa.
Also es ist ein neues Thema, es ist ein spannendes Thema,
ich habe das Gefühl, da passiert was, vielleicht ändert sich
unsere Essgewohnheiten im großen Stil.
Also berichten die Leute darüber.
Natürlich berichten wir mehr über Veganismus
als tatsächlich Menschen vegan leben.
Aber es ist ein neues
Phänomen, relativ neu, sorry.
Und
das Spannende ist die Dynamik,
dass man sagt, was ist denn, wenn in 100 Jahren
vielleicht unsere gesamte Gesellschaft
relativ vegan lebt.
Ich glaube, das fasziniert die Medien daran.
Darf ich zurückkommen auf die Frage mit Gesetz
Mindeststandard, ich meine klar, so stelle ich mir
das Idealtypische in einer Gesellschaft
schon vor. Wenn wir der Meinung sind, etwas
ist moralisch unmoralisch, versuchen wir draus ein Gesetz
zu machen und das Gesetz definiert dann
natürlich sowas wie den Mindeststandard.
Wenn du den nicht einhältst,
dann begehst du eine Verfehlung
und dann wirst du sanktioniert.
Aber natürlich bedeutet das nicht,
erstens mal, Gesetze sind dazu da,
um sie weiter zu entwickeln und zu überarbeiten.
Das machen wir ständig. Und die alten
Gesetze, die wir jetzt haben, sind auch nicht
wertefrei. Sondern wir haben zum Beispiel ganz
viele Gesetze mit Blick auf die Landwirtschaft.
Das sind natürlich Werte passiert.
Wir haben hier mehrere Kriege gehabt auf diesem
Kontinent und wir haben erlebt, dass
über viele Jahrhunderte Menschen sterben an
Hungersnot und Hungersnot und Hungersnot.
Also hat man sich irgendwann hingesetzt und hat gesagt,
Leute, wir machen richtig
großartige Hygienestandards in der
Landwirtschaft. Wir kontrollieren das. Wir schauen, dass der Output
stimmt.
Das sind ja auch Gesetze,
das sind Mindeststandards, die jetzt gelten.
Das sind auch nicht
unmoralisch. Das sind
halt besondere, andere moralische
Werte. Aber das bedeutet auch,
wir denken ständig über unsere
Werte nach. Und damit kommt es natürlich
auch zu Gesetzen, zu Veränderungen
der Gesetzeslage. Das muss ja so sein.
Sonst hätten wir noch immer die Gesetze aus dem
Jahre Schnee.
Aber Fakt ist ja auch, der Gesetz-Wertungsprozess
erstens mal, wenn ein Gesetz verletzt,
wird er gestroft. Da gibt es Strophen,
Sanktionen. Das Zweite ist, für den
Prozess der Erstellung von Gesetzen gibt es
einen Parlamentarismus.
Da habe ich einen standardisierten Prozess,
der mehr oder weniger transparent ist,
indem wir arbeiten, was er tut.
Das ist mal das Gesetz, wo ich
gestroft wird. Da sagst du jetzt Mindeststandard.
Was sind die Instrumente
des anderen, also ich sage jetzt mal
den öffentlichen Diskurs, der ja
quasi auch diesen Gesetz-Wertungsprozess
Gesetz ist ja nichts, wo es einmal
festgestellt ist und dann für immer gleich ist.
Der diesen
Gesetz-Wertungsprozess ja auch stimuliert,
vor sich her treibt und dann auch verändert
schlussendlich. Aber was sind die Mechanismus
in der öffentlichen Diskussion,
im öffentlichen Diskurs, die jetzt
so einer parlamentarischen
Gesetzgebung
gleichkommen?
Was sind da die Wirkmechanismen?
Weil da habe ich ja quasi, das
Gericht ist dann entscheidet,
hast du gut gemacht, hast du nicht gut gemacht,
bekommst du Strafe oder bekommst du keine.
Wer richtet den öffentlichen
Diskurs? Ich sage das jetzt pauschal so.
Natürlich, was gibt es da
für Mechanismen? Und wer
schützt mich da
im gegebenen Fall vor?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frage verstehe.
Was du beschreibst, ist doch eigentlich
der Normalfall einer offenen
Gesellschaft mit demokratischen Strukturen.
Das heißt, wir haben hier einen Parlamentarismus
und da wirken natürlich
verschiedene Interessen ein und dann
braucht man ein neues Gesetz zu machen und da gibt es
verschiedene Interessen, es gibt Vertreter, die versuchen
dieses Gesetz nach ihren Vorstellungen
auszuarbeiten und dann muss es einen Kompromiss
geben, meistens in einem
Parlamentarismus, fast mehrere Parteien.
Aber natürlich haben wir immer auch in einer
Demokratie, Gott sei Dank ist das so,
Leute, die nicht im Parlament
sitzen und versuchen, diesen
Gesetzwerdungsprozess zu beeinflussen.
Das ist ja auch irgendwie, also ich würde
das auch als wünschenswert beschreiben.
Und da gibt es natürlich ganz, ganz viele
Stimmen und wir merken das ja,
man versucht den Diskurs natürlich,
zu beeinflussen klingt so negativ,
man versucht seine Argumente im Diskurs stark zu
machen und das versuchen außerparlamentarische
Kräfte und das sollen sie
auch meiner Meinung nach.
Und dann ist die Frage,
wenn die Frage jetzt darauf abzielt,
was kommt dann am Ende außer? Das sind natürlich immer,
wenn man das vorhersagen könnte,
wer bei einer Politikberatung glaube ich...
Wer reguliert zwar den Prozess,
aber muss man den regulieren?
Das sind die Mächteverhältnisse,
das sind ja auch im Gesetzwerdungsprozess,
das sind die Mächteverhältnisse ja auch klar
definiert, da ist jeder vor dem Gesetz,
jeder Bürger gleich, jede Bürgerin.
Wer schafft denn diese Gleichheit
und diese Gerechtigkeit,
wenn man das jetzt so bezeichnen darf,
im öffentlichen Diskurs auch?
Die haben wir sicherlich nicht, aber die
Frage, also die absolute Gleichheit
kann es da sicherlich nicht geben, weil
das liegt ja schonmal daran, es gibt vielleicht
Menschen, Akteure, die haben mehr
und es geht jetzt darum, ihre Argumente
plausibel unter einer großen Mehrheit
zu schildern und andere sind da eher
talentfrei, aber das sagt da noch nichts
über die Gültigkeit des Arguments aus.
Also ich glaube, eine absolute Gleichheit
kann man da sicherlich nicht herstellen,
aber wir haben Gott sei Dank Medien
und Medien sorgen im Idealfall natürlich
irgendwie so für eine Bühne,
auf der die verschiedenen Argumente
und Perspektiven vorgebracht werden können.
Ich weiß, das ist jetzt eine sehr
idealtypische oder idealistische
Frage, aber so ganz falsch ist sie auch nicht.
Ich meine, ich kann einen Einblick
davon gewinnen, zum Beispiel
Tierschutzgesetz,
da rufe ich mir als Österreicher
und Österreicherin ganz selten die parlamentarischen
Debatten an, sondern ich schaue mir den Diskurs
an, also wer bringt was vor?
Und da gibt es Medien, da gibt es Podcasts,
also Zeitungen, Fernsehsendungen,
also wenn ich mich dafür interessiere,
finde ich da extrem viel
Informationen. Aber wenn es jetzt um
den öffentlichen Diskurs geht und
vielleicht auch darum,
etwas zu verändern
in dem System, Gesetze,
Wertvorstellungen, Normen
zu ändern,
dann tatsächlich in der Gesetzgebung,
wie soll denn das stattfinden?
Wie soll Kommunikation über
Landwirtschaft stattfinden?
Wer soll sie machen und wie
muss man das rüberbringen, dass sich vielleicht was bewegt?
Das ist eine super Frage, aber Gott sei Dank
keine Frage an mich, weil, jetzt haben wir wieder
dabei, nein, ich habe nicht einen hohen Anspruch,
ich bin ja nicht bei einer NGO, ich bin nicht bei einer
Partei, ich würde sagen, ich sitze an einer
Universität und
unterrichte Ethik, in meinem Fall zum Beispiel
für angehende Tierärztinnen und Tierärzte.
Und da habe ich einen sehr
zurückhaltenden Ansatz, was Normativität
angeht, ich sage denen nicht, Schatz, Leute,
so muss Landwirtschaft sein.
Und zwar in die eine oder andere Richtung, sondern ich versuche
denen die Positionen zu beschreiben und sagen,
Schatz, ideengeschichtlich, ethisch,
philosophiegeschichtlich gibt es folgende Argumentationen,
das gibt es, das gibt es, das gibt es.
Das diskutieren wir jetzt und darüber denken wir nach
und ganz oft im klassischen Seminar
wurscht, was der Studierende
sagt, ich versuche dagegen zu argumentieren,
damit man ein bisschen
ins Ethische debattieren kommt.
Das heißt, ich bin sicherlich kein Profi,
wenn es darum geht, wie beeinflusse ich jetzt tatsächlich
diese Diskursprozesse so,
dass ein Gesetz heraus schaut,
das ich am Ende dann
richtig und gut finde. Ich meine,
diese Frage, aber glaube ich, gibt es viele Profis.
Ich meine, es sind viele NGOs
zum Beispiel hoch erfolgreich damit,
Themen zu setzen, die dann auch zum Beispiel
im Parlament diskutiert werden müssen, die glaube ich,
das Parlament sich sonst nicht rausgepickt hätte.
Also ich glaube, da gibt es viele Profis,
die wirklich verstehen, wie man Aufmerksamkeiten
auf ein Thema fokussiert,
wie man Debatten voranbringt
von mir aus,
was aber natürlich auch nicht bedeutet, dass diese Profis
moralisch immer recht haben, weil dann wäre sie wieder
simpel. Also ich spüre so ein bisschen,
dass ihr euch ärgert, dass die Falschen
die Debatten voranbringen
oder lenken. Ich würde sagen, das gehört
zum Spielen einer Demokratie dazu.
Es ist kein Ärgern und es ist eine super
Überleitung auch irgendwie zum nächsten
Fragenblock, sondern es ist auch
wie er als Bauer to the people, also er ist nicht aus Bianca
oder aus Willi, Milanschen Gummisch
Influenza oder wie auch immer, sondern
wirklich aus der Sicht von Bauer to the people,
aus dieser Multi-Perspektive,
wie ich das mal sagen möchte.
Es stellt sich für uns einfach die Frage,
wie,
mit welchen Mitteln
wir den Diskurs
nicht steuern, das ist das falsche Wort,
aber wie man teilnehmen kann am Diskurs.
Und wir sind jetzt
seit bald einmal im Jahr aktiv
und arbeiten auch mit Social Media,
wir arbeiten auch mit
mit Podcasts, mit Beiträgen etc.
und
merken auch, es ist wichtig,
dass du Leute erreichst, wenn du
über Dinge kommunizieren möchtest.
Und jetzt nehmen wir halt auch wahr,
dass es unterschiedliche
Möglichkeiten gibt, wie man
Reichweite bekommt in den Medien.
Und es ist
unheimlich schwierig zum einen Reichweite zu erzielen.
Jetzt haben wir letztens eine
Diskussion geführt auf unserer Plattform
über
zwei Postings
von Florian Kleink im Falter,
wo es darum
gegangen ist, um diesen Widerspruch
oder dieses Thema
Fleischkonsum und
Tierhaltung und
Billigfleisch darzustellen.
Der Florian Kleink hat einfach
zwei Postings gemacht, wo er einfach
eine Preisseite aus einem
Supermarktmagazin genommen hat,
mit diesen Billigpreisen, dann eben ein
Schreckliches Foto aus einem
Tierbetrieb genommen hat,
wo einfach wirklich extrem
schlechte Haltungsbedingungen
quasi dargestellt worden sind.
Florian Kleink hat diese Postings
an der totalen Reichweite
und erreichen
viele, viele Menschen.
Das hat uns ein bisschen zum
Nachdenken erbracht. Ich verstehe erst das
Unbehagen, das ich zuvor quasi zwischen den
Zeilen nur gespürt habe. Klar,
wenn man jetzt sagt, man möchte
über landwirtschaftliche Themen
informieren oder sich austauschen,
aber man möchte weder das Idyll
des Marketings zeigen, noch den
Randal, wenn jemand horrend arbeitet
oder furchtbare
sogenannte Tierfabrik zeigt,
sondern irgendwie die Vielfalt
der Realitäten, absichtlich plural,
dazwischen.
Dann ist es natürlich schwieriger, wahrscheinlich
große Reichweite, weil wir wissen, wie Medien
funktionieren, warum funktionieren Medien, wie sie
funktionieren, weil wir Menschen so sind.
Also horrende Bilder ziehen besser
auf der Titelseite als ein normales,
sachlich zurückhaltendes Bild.
Extremposition ist interessanter als
zum Beispiel das, was ich mache.
Wenn ich jetzt irgendwas vehement fordern würde,
dann würde natürlich mehr zu Medien
eingeladen werden, was ich eh nicht will.
Das meine ich ernst. Aber wenn man
Extrempositionen... So sorry.
Ja,
wir haben es sehr furchtbar gefragt, oder?
Extrempositionen, Polemik,
furchtbare Bilder, also das
Laute funktioniert
mit Blick auf die Reichweite natürlich
besser.
Ja, aber es geht ja gar nicht so darum,
geht es auch...
Es geht nicht darum, geht es auch ohne,
oder ist es schlecht, es geht ja gar nicht darum,
dieses Verhalten oder diese Art
der Kommunikation zu werten,
sondern zu fragen,
braucht es...
Sind wir jetzt inzwischen schon,
sage ich mal, als Menschen
soweit, ja, es ist ja, wenn du dich jetzt
anschaust, die Entwicklung der Angebote.
Das war ja vor, jetzt bin ich inzwischen
41 Jahre alt,
ich war in einer Zeit jung,
wo das Ausverkauf was Besonderes war.
Da war so, Sale, super,
da bist du hingegangen, damals hat es so Ausverkauf
geheißen, hat es gar noch nicht Sale geheißen.
Dann haben wir es irgendwann nochmals Super Sale
geworden, dann war es der Hyper Sale, der Mega Sale,
dann war der Sale dauerhaft, dann waren es
dauerhafte Preise und sonst irgendwas.
Es ist so eine Entwicklung hin
ins Extreme,
dass man immer von einem
noch mal extremer werden muss,
um überhaupt noch jemanden zu erreichen,
weil wir auf der einen
Seiten schon vermeintlich schon so
desensibilisiert
sind auf Themen.
Das ist jetzt hier die Frage,
wie siehst du
das jetzt aus der
Kommunikationssicht und kombiniert vielleicht
auch mit der Sicht aus der Philosophie,
wohin bringt uns das ja dann
auch als Gesellschaft,
wenn wir dann gegenüber
dem Normalen im Vergleich
zur Sensation
vermeintlich
gestumpft werden? Also was kann man da tun?
Also grundsätzlich beschreibst du
ein Bild,
das man oft durch den Kopf geht,
wenn ich Twitter lese,
weil man hat natürlich schon das Gefühl,
Twitter kann wunderbar sein an vielen
Tagen, aber es steht natürlich auch
symbolisch für eine Art der Kommunikationsform,
wie du es jetzt allgemein gesellschaftlich beschreibst.
Wenn der Erste das Megafon in die Hand nimmt
und laut irgendwie seine Message rausschreit,
dann muss der Zweite auch das Megafon nehmen
und der Dritte nimmt dann das größere Megafon
Genau, also in einer Megafon-Gesellschaft,
wo alle sich gegenseitig anschreien und eigentlich
eh keiner mehr zuhört
und jener, der am lautesten schreit,
natürlich dann immer am größten Reichweite
erzielt. Zugleich sehe ich
das eigentlich nicht so skeptisch, vielleicht auch, weil
mir diese Gesellschaft, wie wir sie hier
skizzieren, so völlig fremd ist.
Also ich sehe
diese Bilder, ich sehe diese großen
Supercells, aber ich kenne jetzt nicht
viele Leute, die da wirklich hingehen und sagen
euer heutes Supercell wie großartig.
Also es ist vielleicht auch eine
lebensweltliche,
wo man in welcher Bubble unterwegs ist
und es liegt
sicherlich nicht daran, dass ich so viel Geld
verdienen würde, weil das ist nämlich nicht der Fall.
Sondern
ich kann es mir einfach so schwer vorstellen,
dass ich diesen Supercell hinterher
hechle und ich kenne auch keinen, der das
macht, also ich staune immer drüber, wenn dann diese
Erzählungen ist, die Leute fahren dort hin,
weil das Danken günstiger ist oder so was.
Das ist alles für mich so absurd,
dass ich gar nicht sicher sein kann,
um ganz ehrlich zu sein, ob das wirklich
da draußen die Millionen machen
oder ob das nur ein Bohr sein und wie dann so ist,
wie die Gesellschaft wird immer
noch günstiger, noch günstiger.
Ich weiß es schlicht nicht,
aber diese Stimme
oder diesen Blickwinkel, den ich da gerade
versuche zu beschreiben, der ist mir schon wichtig,
sonst tun wir dann so, wie wann das für
alle Menschen täglich erlebte Realität
ist. Das ist es für mich überhaupt nicht,
muss ich ehrlich sagen. Und
das, was ihr jetzt da beschrieben habt,
ich bleibe jetzt bei dieser Beschreibung Megafon-Gesellschaft,
alle immer noch lauter und immer noch
dramatischere Bilder und
zugespitztere Message, um noch mehr
Reichweite zu erzeugen, das
bringt in mir persönlich, muss ich auch
ehrlich sagen, einfach nur eine,
da werde ich immun und ich habe eine
Sehnsucht nach dem Gegenteil. Und Landwirtschaft
ist ein wunderbares Beispiel.
Also mit 20 Jahren vielleicht habe ich
dann die Titelgeschichte gelesen und Wahnsinn,
was für ein Skandal oder
oh Gott, so ein idyllisches, großartiges,
bäuerliches Leben.
Mittlerweile habe ich eine
Sehnsucht nach dem Mittelding dazwischen.
Also ich folge auf Twitter zum
Beispiel Schweinebauern oder
Schafbauern in Irland,
die genau quasi das Gegenteil machen, die
überhaupt keine Hardcore
Agenda fahren und
die nicht sagen, mein Leben ist großartig,
aber auch nicht sagen, alles ist furchtbar,
sondern die einfach nur zeigen, was sie tagtäglich
tun. Also diese Sehnsucht nach,
hey, ich möchte eigentlich wissen, wie es wirklich ist.
Und da gibt es auch schöne Beispiele in
den Weiten des Netzwerks.
Zum Beispiel Schweinebauern,
die zeigen, hey, manchmal passt alles
und manchmal ist ein furchtbarer Tag und
Ferkel sind gestorben und es war furchtbar. Und die das
auch dann auch selber fotografieren, dann sind wir uns wieder bei
dieser Geschichte in der letzten Woche
von Florian Glenk. Also diese
Sehnsucht nach, was ist eigentlich wirklich?
Also wir erleben Bauern
und Bauern das, ist mir eigentlich lieber
als jetzt irgendeine große
Titelgeschichte, sei es Idyll oder Skandal.
Ich muss ehrlich sagen, ja, also
ich aus meiner Perspektive kann das
nur so unterschreiben. Für mich,
jetzt hast du aber was angesprochen, dieses
mit Skandalen quasi, mit dem Megafon, sich gegenseitig
anschreien. Das ist aber sicher
nicht der Ort, wo irgendwie
Dialog stattfinden wird,
das ist aber tatsächlich das, was bei
den meisten Menschen ankommt.
Und an der Stelle fangen sie an zu diskutieren,
bzw. ihre Position
quasi zu droppen und that's it, da
kommt man nicht zum Reden. Und jetzt ist die
Frage, an welchem Ort man tatsächlich
zum Reden kommt
in den Dialog und ob man damit
überhaupt was erreicht. Zum Beispiel
eine positive Veränderung. Ich darf vielleicht ergänzend
einwerfen, dass
dieses Posting über das Posting von
Florian Glenk unser Reichweite
ein stärkstes Posting war. Also wir haben mit keinem
anderen Posting jemals so viel Reichweite
übers Thema, das ist ein bisschen dieser empirische,
dieses empirische,
das uns zeigt, es funktioniert
auf der einen Seite auch. Aber ist das nicht
auch ein bisschen ein Problem, dass Medien am besten
funktionieren, wenn Medien über Medien berichten?
Dieses Gefühl,
wenn man als Außenstehender auf den Journalismus
blickt ohnehin, dass da einfach so viele
Diskussionen zwischen Journalistinnen und
Journalisten stattfinden, die
mit mir als Bürger so wenig zu tun haben,
dass ich halt auch dann Twitter manchmal abschalte.
Aber deine
Frage ist natürlich eine berechtigte. Ich meine,
ich wiederhole das. Ich bin nicht der Meinung, dass die Gesellschaft
so funktioniert. Ich glaube, das sind
von mir aus Dynamiken, also weil du gerade gesagt hast,
alle Menschen oder so, da weigere ich mich.
Ich sitze hier und bin auch kein Mensch
und bin nicht der Meinung, dass ich da sehr viel
partizipiere. Aber wurscht.
Aber vielleicht
ist dieses Megafon
am Anfang auch gar nicht so schlecht,
weil nämlich so kriegen wir Leute hin, dass wir
hinschauen. Und das ist eigentlich
auch ein bisschen ärgerlich mit Blick auf die
landwirtschaftlichen Themen. Ich habe das Gefühl,
da wohnen 7, 8 Millionen Menschen in diesem Land.
Das sage ich jetzt die Gesellschaft.
Wir können uns hier widersprechen.
Die interessieren sich eigentlich de facto kaum,
wo ihr Essen herkommt. Und dann
ist man das Megafon vielleicht lieber, wenn es dann nicht
beim Megafon bleibt. Dann schreit
einmal wer und dann muss halt irgendetwas, natürlich
Empörung ist nicht genug. Die Leute
empören sich immer, was sie für landwirtschaftliche Bilder
sehen. Diese Empörung war 1980
für mich irgendwie interessant. Aber
mittlerweile habe ich das Gefühl, okay, empört
haben wir uns genug. Jetzt müssen wir etwas anderes machen.
Wie kommt man von dieser Empörung dort hin,
dass man was anderes macht?
Frank Lenk hat ja extra in einem Kommentar sogar
zu dem Posting von uns geschrieben.
Es geht darum, auch,
was er wirklich betont, auch zu kommunizieren,
diesen Skandal zu zeigen. Aber er
erwartet dann auch, dass danach,
wenn man diesen Stimulus geschaffen hat,
quasi so ein reinigernder
Prozess des Diskurses dann auch eintritt,
der das Ganze dann
auch auffängt und aus dem quasi dann
vielleicht auch wieder Gesetze macht, um zum
Gesetz zurückzukommen. Aber wo
findet dann dieser Diskurs
das sachliche Dialog statt?
Das ist eine gute Frage. Müsstet ihr das
nicht wissen als Kommunikationsprofis?
Wir müssen uns selber nur jung werden, deswegen brauchen wir die.
Also, ich muss ehrlich
tatsächlich sagen, mich hat das in eine,
um das jetzt krass auszudrücken,
Art-Sinn-Krise gestürzt, weil ich bin schon
der Mensch, der jetzt über meine Kanäle
zumindest recht auf die Emotionen
haut, bewusst und dann aber
sachlich darüber spricht, was eigentlich los ist und versucht
mit den Menschen in Dialog zu treten.
Soweit die Idee. Die Frage ist aber
tatsächlich, wie erreicht man mit sowas
wirklich eine Veränderung, ein
Bewusstsein und dann im besten
höchsten Fall eine Gesetzesänderung?
Und um uns mit reinzubringen, wir haben das Gefühl,
wir versuchen eben diesen reinigenden
Prozess dann auch zu moderieren
oder zu anzubieten und tun uns
wirklich schwer, dass wir quasi die große
Reichweite kriegen. Also wir sind dankbar über jeden,
der uns folgt, aber die große Reichweite
haben wir nicht. Ja klar. Aber da,
also wenn ich wüsste, wie man große Reichweite
geht, das geht nicht nur um die Reichweite,
sondern um den Effekt gewissermaßen.
Ich meine, die Frage, wo findet
dann, also das, was wir mit Blick auf
Landwirtschaft und Medien und gesellschaftlichen Debatten
seit Jahrzehnten erleben, ist
natürlich, wenn
Bilder auftauchen, die entweder
Gesetzesübertretung oder
halt auch klassische Strukturen sind,
wie sie gewachsen sind. Ich meine, wir müssen
uns auch die Wahrheit eingestehen, wir essen
als Gesellschaft so viel Fleisch, dieses
Fleisch kann man nur in einer Fabrik erzeugen.
Weil das Wort Fabrik manchmal so abschreckt.
Ja, wie soll es denn sonst gehen? Gängen
sie raus, liebe Leute, in die Straßen.
Sie sehen, an jeder Tankstelle gibt es Fleisch
zum Kaufen zu extrem günstigen Preisen.
Ich meine, wenn da jemand sagt, aber ich möchte keine
Fabrik, dann muss man einfach sagen, das wird nicht
funktionieren. Fabrik stellt etwas
massenhaft her. Fleisch wird massenhaft
konsumiert. Natürlich gibt es irgendwo diese
Fabriken. Insofern,
aber über diese Fabriken
eschoffieren sich jetzt Menschen schon seit vielen, vielen
Jahrzehnten. Manche engagieren sich auch,
muss man schon auch sagen. Ich würde nicht sagen,
dass sie sich nur eschoffieren, weil das klingt so nach
einem Vorwurf.
Aber wo findet dann tatsächlich der sachliche
Diskurs statt? Na, ein Ort wird
man schon einfallen, nur hilft uns der jetzt
nichts. Also wenn ich mir anschaue, wo...
Ich habe eine Studie gemacht, zum Beispiel, was
Bauern auf Facebook erleben, nur als
Beispiel. Und dann habe ich sie
gefragt, werdet ihr auch beschimpft?
Also war wichtig vielleicht, da geht es
nicht darum, dass jemand als Privatperson auf
Facebook ist, sondern Bauern und Bauern, die ihren
Betrieb, also die eine berufliche Seite
haben. Hab ich gefragt, liebe Leute,
seid ihr auch schon mal beschimpft worden? Ja,
manche schon. Sagt es mir mal, die eure schlimmsten
Beschimpfungen, die ihr das Kopf habt. Und
das zitiere ich jetzt hier nicht, das ist kein
Wohlfühlthema. Ganz, ganz schlimme Sachen.
Teilweise. Also Hate Speech, par excellence.
Wo auch die Kinder mit reingezogen werden und so.
Also da hat man das Gefühl, jemand...
Das ist jetzt mehr als Empörung,
das ist Hate Speech. Jemand
verliert völlig die Konten aus und alle
Formen der Kommunikation.
Aber
ich habe dann auch gefragt, wie geht es ihr damit
um? Und habt ihr dann auch einen sinnvollen Dialog
manchmal mit Konsumenten und Konsumentinnen?
Und die sagen, ja klar, am besten ist die
Face-to-Face-Communication. Also
die sagen, im sozialen Netzwerken
wie Facebook, als ein schönes Beispiel,
da eskalieren
Geschichten so, so schnell. Das erleben wir
ja alle, nicht nur in der Landwirtschaft.
Das sind ja nicht nur Bauern und Bäuerinnen, die
beschimpft werden. Ich werde auch manchmal beschimpft.
Jeder, der im Netz unterwegs ist,
wird teilweise beschimpft.
Aber auf die Frage, wo findet eigentlich der beste
Dialog über Landwirtschaft statt, sagen die alle
das Gleiche, nicht bei mir vor Ort.
Da kann ich sogar mit Menschen halbwegs
normal reden, auch wenn man völlig
unterschiedlicher Überzeugung ist, was moralische
Fragen angeht, findet da oft
noch eine normale Diskussion statt.
Nur, das ist natürlich jetzt eine
wohlfeile Antwort
auf das Problem, was du gerade beschrieben hast,
weil wir werden nicht alle Menschen ständig
auf einem Bauernhof schleppen und dann sagen,
redet mal mit einem Bauern eures Vertrauens,
was euch stört und dann versteht ihr euch besser
und dann redet man irgendwie.
Sondern wir sind eine komplexe
Gesellschaft.
Da braucht es natürlich andere Formen.
Die Antwort wäre natürlich wieder, der mediale
Diskurs ist hier the place.
Ob wir das wollen oder nicht.
Weil unsere Diskurs sind
medial vermittelte Diskurs. Wir können nicht
warten, dass wir immer alle gemeinsam über
irgendwas reden vor Ort.
Da gibt es wahrscheinlich bessere Plattformen,
bessere Medien und schlechtere. Und ich habe jetzt das Gefühl,
dass wir jetzt ganz dringend mehr Falter lesen sollen
und den Twitter-Ekran von
ihren Gelenken.
Nein, das war einfach das Thema.
Das ist gerade eben, weil du es ansprichst,
die Medien sind der Ort,
wo öffentlicher Diskurs entsteht
oder zumindest ein Anstoß dazu.
Und das war einfach gerade,
was das Thema Schweine und Schweinerhaltung
anbelangt, ein wichtiges.
Und jetzt gibt es wissenschaftliche
Studien, die
andere, zu deinen, von der Uni Göttingen,
die sagen, okay, wir können uns nur dort treffen,
wo Dialog stattfindet.
Weil, wie du schon gesagt hast, Landwirtschaft
ist ein wertegetriebenes Thema.
Und es läuft aber nicht immer leibernd.
Und es ist auch nicht alles kommunizierbar.
Einen Vollspaltenboden wirst du einer Gesellschaft nicht mehr erklären können.
Obwohl 60% der Schweine
in Österreich auf Vollspaltenböden stehen.
Weil ich ein ganz anderes
Bild von Tierwohl habe.
Oder wie ein Schwein leben soll.
Oder auch wie es sterben soll vielleicht.
Deshalb geht das nur,
wenn der Bauer, die Landwirtschaft oder jeder, der über Landwirtschaft
kommuniziert, sagt, okay,
da gibt es auch Dinge, die nicht gut laufen.
Man findet irgendwo gemeinsame
Werte und dann redet man darüber und verändern wir was.
Aber umso wichtiger ist es natürlich, dass wir
jetzt es schaffen, dass die Leute
tatsächlich Bilder aus der Landwirtschaft sehen.
Weil nämlich, Vollspaltenboden
ist ein schönes Beispiel.
Jetzt quasi, wenn die Landwirtschaft sagt, nein, wir lassen lieber
die Tür zu, die Stahltor,
weil die Leute verstehen das nicht mehr.
Das ist natürlich dann der falsche Weg.
Jetzt driftet das immer weiter auseinander.
Die gesellschaftliche Erwartungshaltung
und welche Bilder man
assoziativ mit Landwirtschaft so ein bisschen im Kopf hat.
Weil ich kenne auch Bauern und
Bäuerinnen, die sagen, na, Tag der offenen
Stalte, das tue ich mir nimmer an.
Die Leute sind so weit von meiner Lebenswelt weg.
Die sind irritiert.
Ich verstehe jeden Bauern, der sagt,
boah, das ist nervig. Ich verstehe jeden.
Nur wenn man jetzt nicht versucht,
mehr zu kommunizieren, worauf
läuft denn das hinaus?
Wir müssen weiterhin glauben,
so und so sollte Landwirtschaft sein.
Während die Landwirtschaft natürlich sich verändert,
wie jeder Lebensbereich.
Und jedes Mal, wenn wir uns da ein Bild sehen, sagen,
wahnsinn, so habe ich mir das gar nicht vorgestellt.
Das kann ja auch nicht im Sinne der Bauern und
Bäuerinnen sein.
Und dann habe ich nämlich auch einen Job als
Bauer, als Bäuerin.
Und den Satz höre ich manchmal von Bauern.
Und das ist schon ein trauriger Satz.
Bei dem der Bauer das Gefühl hat,
ich muss mich wegducken.
Also ich bin
Bäuerin, aber das erzähle ich bitte nicht am
Samstagabend in einer Bar, wenn ich jemanden
kennenlerne oder sowas.
Landwirtschaft ist wirklich
etwas, darüber möchte
man nicht sprechen. Das sind Sätze,
die erfinde ich jetzt nicht, sondern das höre ich manchmal von
Jungbauern und Bäuerinnen.
Und das ist natürlich horrend. Und ganz
wichtig, bevor eure Hörerinnen und Hörer
jetzt den Eindruck haben, wir reden da nur über
Nutztierhaltung. Das Spannende
und das Interessante ist ja,
man könnte ja meinen, wenn die Nutztierhaltung so
umstritten ist, dann spüren die Ackerbauern
gesellschaftlichen Rückenwind. Das ist
ja überhaupt nicht so. Die haben ja auch das Gefühl,
lieber rede ich nicht darüber, weil ich stehe ständig
am moralischen Pranger. Das heißt, es geht ja auch nicht
vegan versus nicht vegan. Auch um
darum geht es nicht. Also da passiert
irgendwas gesellschaftlich, was extrem spannend ist,
was ich selber nicht ganz verstehe.
Aber was ich natürlich versuche
zu verstehen, ich meine deswegen, so
ist die Wissenschaft irgendwie auch definiert.
Aber jetzt diese Forderung
ein bisschen, wir müssen
oder nicht mehr, ich bin ja selber kein
Landwirt, Landwirte
müssen mehr herzeigen, einfach die
Realität. Mir war die ganze Zeit dieser Spruch,
ist die Wahrheit dem Menschen überhaupt zubutbar.
Aber das will ich gar nicht hinaus, sondern
das ist so die Forderung an die
Landwirtschaft, so ein bisschen
als Ganzes. Aber im Endeffekt
betrifft ja die Hate Speech, die du beschrieben
musst. Das, was ich vorher mit öffentlicher Diskurs
gemeint habe im Bezug auf die Landwirtschaft.
Diese Erfahrungen, diese Einzelerfahrungen,
es sind ja immer einzelne
Familien, einzelne Betriebe, die
ja von diesen Themen beschäftigt sind
und nicht das Ding an sich, also
die Landwirtschaft an sich. Und es
ist ja dann eher so, die Erfahrungen
der einzelnen Betriebe, jeder für sich,
die dann quasi sagen, schäumen da zu,
ich hab's probiert, ich bin
in einen Hate Speech reingerannt,
es war nicht gut für mich, wir haben
innerhalb der Familie diskutiert, wir haben ein
Scheißgefühl, summt irgendwas, machen wir
nimmer. Diese Erfahrungen werden dann
weiter erzählt, der nächste macht es
erst gar nimmer, probiert es gar nimmer, weil
der Nachbar gemerkt hat, weil da irgendwas
reingekrennt ist. Das Ganze gibt's ja nicht,
das sind ja die Einzelteile, die dann das Ganze
machen. Und wie kann man dem
trotzdem
zu sprechen, oder keine Ahnung,
oder was kann man denn da machen,
dass man da diesen Prozess
auch nicht abwirkt, der Aböffnung?
Zum einen würde ich immer sagen, wir müssen
festhalten, nicht alle Bauern und Bauern
täglich mit Hate Speech, glaube ich,
das ist sicherlich nicht der Grund, warum Leute
nicht der Hauptgrund, warum Leute zum Beispiel sagen,
ich kommuniziere nicht, die meisten sagen,
ich hab einen sehr fordernden Job, ich hab keine Zeit dafür,
das verstehe ich nämlich völlig. Oder es ist
nervig, oder? Ich will nicht.
Nicht jeder ist auch talentiert dafür.
Ich kann das einfach nicht, das ist vollkommen in Ordnung.
Das verstehe ich völlig. Mit Blick auf
Hate Speech, das ist ein Punkt, den möchte ich jetzt
nochmal klar machen,
in dieser Studie
sind Zitate gefallen,
die die Bauern und Bauerninnen so in ihren
Nachrichten oder auf ihrer Facebook-Seite lesen
mussten, die ich unter Hate Speech
subsumiere. Das ist für mich Wahnsinn.
Aber man muss auch sagen,
das sind die Ausnahmen,
also das ist ja nicht so ein
täglicher Vorfall,
und man muss da vorsichtig sein,
nicht jede radikale Kritik ist
Hate Speech, sondern jemand kann ja sagen,
lieber Bauer, lieber Bauerin, ich bin der Meinung,
das, was du da machst, ist hochgradig
unmoralisch, und das sage ich dir jetzt
warum, dann gibt's nämlich auch
die Tendenz in der Landwirtschaft zu sagen,
das ist jetzt radikale Kritik, Hate Speech,
damit gebe ich mich nicht ab, und in Wahrheit
ist es einfach nur ein Gegenargument,
sogar ziemlich sauber vorgetragen,
und da müsste ich nämlich dann schon...
Das wäre der Moment, wo Dialog entstehen könnte.
Genau, und wenn ich dann Betrieb
auf Facebook habe, würde ich sagen, da darf ich nicht
den Dialog abbrechen, wenn mir jemand eine Frage stellt.
Mein Beispiel war,
wenn ich mit Schweinen Geld verdiene,
und jemand kommt zu der Stahltür und sagt,
wie kannst du eigentlich moralisch rechtfertigen,
dass du die Tiere hältst, um sie zu töten,
sie töten zu lassen, dann sollte ich als Bauer,
als Bäuerin eine Antwort haben.
Dann bin ich der Meinung, da kann ich nicht sagen,
das ist Hate Speech oder das ist zu radikale Kritik,
oder wo kommst denn du her, sondern das ist eine Frage,
die betrifft mich als Mensch, da muss ich doch eine Antwort haben.
Diesen Satz habe ich in meinem Buch geschrieben,
der ist sehr zurückhaltend, würde ich sagen.
Der Bayerische Rundfunk hat diesen Satz
rausgenommen aus dem Buch
und so eine Zitat gebracht auf Facebook,
und ich habe das nicht gedacht,
dass so viele Bauern und Bäuerinnen sich
wirklich eigentlich auch angegriffen fühlen.
Jetzt kommt die Geisteswissenschaft
aus deinen Löchern gekrochen.
Pinpoint.
Da sieht man natürlich auch,
und ich möchte die Bauern und Bäuerinnen auch verteidigen,
auch wenn sie mich beschimpft haben,
da sieht man natürlich auch,
die haben das Gefühl, sie stehen schon so
mit dem Rücken zur Wand, dass sogar so ein Satz
sie völliger bohst, weil sie da glaubt haben,
der möchte uns schon wieder
an die Google gehen und unseren Beruf wegnehmen.
Ich habe nur eine Frage gestellt.
Also da muss man aufpassen,
nicht jede Kritik oder nicht jede Aufforderung
zur Diskussion ist Hate Speech.
Und den Dialog
muss man natürlich auf beiden Seiten ernst nehmen.
Ich bin jetzt wirklich niemand,
der die ganze Zeit Bauern und Bäuerinnen kritisiert,
aber in dieser Facebook-Studie, die ich da gemacht habe,
würde ich schon sagen, dass viele ein sehr enges Verständnis
von Dialog haben. Also die sagen,
Dialog mit der Gesellschaft ist,
die kennen sich nicht aus bei der Landwirtschaft,
das stimmt. Und deswegen
erkläre ich als Experte, als Expertin,
denen mal was Sache ist.
Das kann man auch so machen, nur.
Also ein Dialog hört da natürlich nicht auf.
Also ein Dialog kann ja wohl nicht bedeuten, dass
irgendjemand als Oberlehrer reingeht.
Er tut halt der Dialog auf, ne? Genau.
Ich sage, ich erzähle euch jetzt mal was Sache ist
und ihr hört es gefälligst zu und nachher sagt es gescheiter.
Also das ist auch nicht Dialog, sondern
die Gesellschaft ist fachfremd, was Landwirtschaft
angeht. Das ist sie ohne Zweifel.
Aber trotzdem natürlich produziert
der Bauer für diese Gesellschaft und muss sagen,
wenn sich da in den Wertvorstellungen was verändert,
da müssen wir drüber reden.
Da muss irgendwie andere Landwirtschaft machen.
Also Dialog bedeutet schon auch zuhören,
würde ich sagen. Nimmst du da
eine zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft vor,
dass dieser Dialog einfach immer schwerer stattfindet
oder siehst du da eher
eine positive Entwicklung sogar, dass
gerade jetzt die Zeit für den Dialog richtig ist?
Das ist immer so leicht, oder so ein bisschen
in einen Kulturbessimismus zu verfallen
und sagen, boah, grundsätzlich, und ich meine, ich werde
auch älter, muss man schon auch sagen.
Da kann man nichts machen. Da kann man schon was machen.
Die einzige Alternative ist halt noch blöder.
Man verfällt zu leicht
in den Kulturbessimismus und die ganzen
sozialen Netzwerke tragen natürlich zu einer
zugespitzten Kommunikation bei.
Das ist klar. Jeder holt sich für
sein eigenes Feuilleton und möchte relativ
gescheit den anderen widerlegen.
Aber trotzdem möchte ich da nicht
so pessimistisch sein und sagen,
es stimmt beides. Ich glaube, es kann
zunehmend schwieriger sein, dass man irgendwie
einen vernünftigen Dialog findet. Aber die Wahrheit
ist, soziale Netzwerke sind da
auch ein Segen.
Also wenn ich heute zum Beispiel Interesse
daran habe, an irgendeiner
landwirtschaftlichen Form in Peru,
dann sind das zwei Klicks und ich kann mich informieren
und kann vielleicht sogar mit einem Bauern vor Ort
reden. Oder wenn ich verstehen möchte,
wieso lebt jemand vegan und vertritt Tierrechte?
Das sind zwei Klicks und ich kann
mit dem reden. Also das finde ich schon auch gut.
Man muss aktiv danach suchen.
Genau. Und man muss halt
irgendwie fähig sein, einen Dialog insgesamt zu führen.
Und nicht nur schimpfen und schreien.
Ja, und halt auch Interesse daran zeigen.
Das ist übrigens ein super Punkt.
Darf ich? Sorry, Bianca.
Genau, Interesse daran zeigen.
Da sind wir jetzt wieder ein bisschen bei Ethik und Moral.
Ethik beginnt natürlich schon ein bisschen mit Fragestellen.
Gehen wir mal weg von
der Tierhaltung, Gentechnik.
Ich war auf so vielen grünen
Gentechnik-Diskussionen.
Da wird keine einzige Frage gestellt.
Zwei Tage lang gibt es nur Ausrufezeichen.
Und ihr habt dann irgendwann gesagt, ich gehe nicht
mehr hin. Sorry, ich habe dich jetzt radikal unterbrochen.
Nein, aber das passt eigentlich ziemlich
perfekt zu dem,
worum es geht, weil
Darstellung, wir Menschen haben vergessen,
wo unser Essen herkommt.
Wird daran liegen, dass einfach
die Konsumenten
viel mehr sind als z.B. in Österreich,
die bauen. Wir haben 2-3%
bauen. Das ist total weit auseinander
gerutscht. Und mir ist
vielleicht, wenn ich vom Supermarktregal stehe
und der Backel-Milch-Kauf für einen Kaffee in der Früh gar nicht mehr bewusst,
dass das irgendetwas mit
Landwirtschaft zu tun hat. Also wie
soll ich mich jetzt interessieren? Und auf der
anderen Seite wird die
Verantwortung in der Debatte
immer total gern den Konsumenten
übertragen. Wir als Konsumenten
haben mit unserer Entscheidung,
was wir kaufen, die Verantwortung
dafür, wie Landwirtschaft stattzufinden
hat. Und
trifft eine Entscheidung über die Qualität
der Produkte, der Haltungsformen, wo das
kommt.
Wie würdest du diese
Verantwortung oder diese
Überverantwortung sehen und wer hat sie tatsächlich?
Ich beginne mal mit deinem ersten Punkt,
weil mir die Formulierung gut gefallen hat.
Ich stehe im Supermarktregal.
Ich stehe im Supermarktregal.
Und
spüre gar nicht
oder merke gar nicht, dass das etwas mit der Landwirtschaft
zu tun hat. Und ich glaube, vor diesem Gefühl
sind wir alle nicht gefeiert. Also das vergisst
man einfach extrem schnell. Wir kennen Hunger nur aus
dem Märchenbruch. Wir wissen,
für uns ist es gewissermaßen das
volle Supermarktregal sowas wie ein Naturgesetz.
Das ist es natürlich nicht. Aber sogar
während Corona, während Corona
hat das einfach großartig funktioniert.
Und da macht irgendjemand seinen Job prima.
Und ich bin es nicht. Weil ich gehe einfach rein
und staune dann während Corona.
Es funktioniert sogar während der schlimmsten
Krise
seit dem zweiten Weltkrieg, wie es immer geheißen hat,
sogar da. Hier ist der Supermarkt
voll. Und das ist natürlich auch etwas, was man wertschätzen muss.
Das darf man nicht vergessen. Es ist keine
Naturgesetzmäßigkeit, dass das Ding gefüllt
ist. Du hast gesagt,
man vergisst, dass das etwas mit Landwirtschaft zu tun hat.
Ich habe mal
einen Kommunikationsstabberater
der Frau Klöckner
vorgeschlagen. Das ist eine Schnapsidee.
Funktioniert wahrscheinlich nicht. Aber
bauen wir doch einen Supermarkt in Berlin.
Und
lassen wir mal alle Produkte weg,
wenn es keine deutsche Landwirtschaft gäbe.
Und mir geht das wirklich interessieren.
Ich bin gar nicht zynisch oder so etwas.
Ich habe da gar keinen Impetus.
Wie schaut dieser Supermarkt aus? Oder stellen wir uns vor,
wir bauen hier in Wien im ersten Bezirk einen Supermarkt.
Und dann alle Produkte weg,
die was mit der österreichischen Landwirtschaft zu tun haben.
Mich interessiert jetzt, wie leer ist der?
Ich weiß es schlicht nicht. Weil ich habe oft das Gefühl,
dass die Leute sich denken,
ob es in Österreich Bauern gibt oder nicht.
Das ist nicht so wichtig, weil wir importieren das Zeug ja eh.
Das heißt,
im Supermarkt vergess ich ganz, ganz schnell,
dass was mit Landwirtschaft zu tun hat.
Wir könnten so Schul-Bildungs-Supermärkte bauen,
wo wir ein bisschen Gefühl dafür kriegen.
Oder wie schaut der Supermarkt aus,
wenn wir alles auf Bio umstellen?
Was sind die Preise?
Ökonomen können jetzt beurteilen, ob das,
wie sehr auf einer Skala von 1 bis 10 das Schnapsidee ist,
inwieweit das geht, das weiß ich nicht.
Aber das, was du beschrieben hast,
nehme ich auch an mir selber wahr.
Im Supermarkt vergisst man ganz schnell,
dass da die Landwirtschaft dahinter steht.
So und jetzt, der zweite Punkt, den du angesprochen hast,
ist vielleicht noch ein wichtigerer,
als meine Schnapsidee.
Nämlich Konsumenten haben Verantwortung.
Ja, aber ich ärgere mich auch darüber,
wenn das immer so strapaziert wird.
Denn was ich dann im politischen Kreisen oft höre,
ist,
naja, die Leute könnten jetzt auch schon
mehr für Tierwohl ausgeben,
mehr für Klimaschutz im Supermarkt.
Sie tun es halt nicht,
also kann man daraus eigentlich den Schluss ziehen,
dann ist es ja noch doch nicht wichtig.
Und ich glaube, dass dieser Schluss einfach nicht stimmt.
Oder zumindest nicht bei allen Menschen stimmt.
Denn, also wir sind jetzt
im Kontext des
Consumer-Citizen-Gap, wie man das nennt.
Als Bürger sage ich mehr Tierwohl, mehr Klimaschutz
und alles großartig. Als Konsument
möchte ich dann nicht den entsprechenden Preis an der Kasse
zahlen und greife zum billigen Produkt.
Jetzt könnte ich natürlich sagen, das ist alles
moralisch schizophren. Und ich würde
immer schwer mit schizophren, weil schizophrenia
eine echte Krankheit ist. Also das ist jetzt
flapsig formuliert. Aber das ist
irgendwie doppel
scheinheilig.
Manchen Menschen ist moralisch so wichtig, dass sie
zwei davon haben.
Aber...
Wie Gott, glaube ich.
Aber das ist ja nur die eine Interpretation.
Stellen wir uns mal vor, ich bin ein Konsument
und ich kaufe ein und
ich kaufe doch nicht im luftleeren Raum ein.
Ich komme nach einem langen Arbeitstag zum Supermarkt.
Der Chef ruft mich an, meine Kinder gwenkeln.
Dann ist das Produkt nicht da,
das ich kaufen wollte. Jetzt müsste ich noch woanders
hinfahren. Das geht sich nicht aus.
Und vielleicht natürlich auch, es schaut nicht
so gut aus am Konto. In dieser Situation
kaufe ich ein. Und dann
verstehe ich auch Konsumenten,
die sagen, ich kann nicht immer wie ein
ökologischer Sollenheiliger einkaufen. Ich
scheitere. Und nicht nur das moralisch und
ethisch. Das heißt, was
machen wir denn mit Menschen, die sagen, ich würde
gern anders einkaufen und ich kriege es einfach
mit, dass ich es nicht hinkriege.
Dass ich scheitere. So, dann haben wir eine
Situation, ich würde schon sagen, dass dieser
Mensch dann aber auch nicht mit dem moralischen
Finger auf die Landwirtschaft zu zeigen braucht.
Und nicht sagen, Leute, so möchte ich meine
Landwirtschaft nicht. Das geht sich dann halt nicht aus.
Da muss ich dann die Klappe halten, finde ich.
Aber was ich dann schon als Konsument machen darf,
finde ich zu sagen, liebe Leute, ich habe
da Werte. Und ich merke,
ich scheitere dran, dass ich sie ständig
umsetze. Und wisst ihr, was wir dann
machen über Superidee? Dann ändern wir die
Rahmenbedingungen. Das nennt man Zivilisation,
das nennt man Politik. Das heißt,
wenn ich merke, dass bestimmte Werte uns
wichtig sind, aber ich schaffe es nicht,
weil der Einzelne
das so schwer umsetzen kann, dann
wünsche ich mir doch Rahmenbedingungen,
wo ich nicht mehr ständig darüber nachdenken
muss. Oder bleiben wir im Wirtshaus, nicht?
Da sitzt man zusammen und hat eine Familienfeier
und da möchte man vielleicht nicht fragen,
hey, wo ist denn das Putenschnitzel her?
Weil man nicht ständig der Party Spielverderber
sein möchte. Was meinst du mit
Rahmenbedingungen? Rahmenbedingungen,
natürlich, dass ich, ja, ganz ideal
naiv formuliert,
dass ich so einkaufen kann,
dass ich der Meinung bin, eigentlich ist
so ein Produkt, ich greife, es ist mit
meinen moralischen Wertvorstellungen
geht das konform. Würden wir dann dem
Moral wieder in ein Gesetz gießen?
Ja, natürlich, wir würden das in Gesetze gießen
oder in Regularien. Also,
das, was ich mir verlassen kann im Geschäft,
dass das, was ich kaufe, dem, was ich als
Bürger, nicht als Konsument fordere,
entspricht, oder? Ich muss mal
einen Disclaimer sagen, ich hatte gerade Corona
schon vor einiger Zeit und meine Stimme merkt
man es noch immer an, deswegen. Braucht ihr
ein Wasser? Nein, ich habe noch. Wir haben ein
Wasser. Genau, aber wir müssen dort natürlich
auch wieder fair sein, also fair, wir dürfen
dort nicht zu naiv sein. Das ist ein
Idealutopie, das wir jetzt beschreiben,
das wird nicht stattfinden. Also wenn wir die
Bedingungen heben, dann kann ich ja wieder sagen,
ich hätte noch bessere Bedingungen mir gewünscht
oder wenn wir mehr für Tierwohl machen,
vielleicht ist es schlechter für Klimaschutz,
es ist ja nicht so, dass wir da keine Zielkonflikte
haben. Wo diskutieren wir das?
Jetzt gerade ich hier mit dir und mit
dir. Ich würde schon sagen,
dass das diskutiert wird. Oder bleiben wir bei der
Bezeichnung. Das wird doch diskutiert. Das ist ein schönes
Beispiel. Ich gehe ins Wirtshaus und die
Leute, wir beobachten, die Leute
wollen nicht ständig fragen, kommt das
Fleisch denn aus Österreich?
Fußnote, nur weil es aus Österreich ist,
muss nicht alles besser sein. Aber
sagen wir mal, wir einigen uns als erstes
darauf, es wäre schön, wenn mehr Menschen Fleisch aus
Österreich konsumieren. Aber die Leute
wollen den Kellner nicht ständig nerven.
Ja gut, dann ändern wir die
Rahmenbedingungen und in dem Fall,
da muss ich ehrlich sagen, machen wir heute in der
Gastronomie eine Kennzeichnungspflicht, so dass da
dabei steht. Das kann man natürlich bei hochverarbeiteten
Produkten nicht, aber bleiben wir mal beim Schnitzel,
da muss es doch möglich sein, dass ich hinschreibe,
wo kommt dieses Tier ursprünglich
her? Wo ist gehalten worden?
Da muss ich nicht mehr die ganze Zeit fragen,
ich habe die Rahmenbedingungen geändert
und werde mehr
darauf hingewiesen, dass ich so handle, wie ich
eigentlich handeln möchte.
Simples Beispiel. Und das würde ich mir gerne mal
anschauen. Ich würde gerne mal 5 Jahre sehen,
dass wir in der Gastronomie das
nicht ändern. Vielleicht ändert sich nichts.
Vielleicht sagen die Menschen, ist mir wurscht,
ich kaufe wieder das günstige. Aber vielleicht ändert sich
was. Ich finde, das müsste mal irgendwann probieren,
aber ich weiß auch, dass es da
nämlich einen großen politischen Gegenwind
gibt gegen die Kennzeichnungspflicht.
Na bitte.
Schwierig.
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, um
wertfrei zu kommunizieren.
Du musst doch nicht wertfrei kommunizieren.
Du kriegst gleich Zuschriften, dass das eh nicht geht.
Es geht auch nicht zu 100%. Aber
natürlich geht es nur in kleinen Schritten
und nicht von heute auf morgen. Aber tatsächlich
auch mit dem
Mindset des
quasi Säulenheiligen.
Was willst du von mir? Du hast gerade gekloppt
auf den Tisch.
Gott sei Dank nicht ich.
Wenn ich mit dem Mindset
des quasi Säulenheiligen in den
Supermarkt gehe und mir
allen Facetten bewusst bin,
wie dieses Lebensmittel
hergestellt sein soll, das ich kaufen
möchte, auch dann scheitere
ich.
Oder ist die Wahrscheinlichkeit hoch?
Warum
wärst du der Meinung, ich scheitere
notwendigerweise?
Ich glaube, meine persönlichen moralischen
Ansprüche an die Produkte,
die ich kaufe, sind wirklich hoch, weil ich
wirklich weiß, wie Landwirtschaft gemacht
wird in sehr vielen Facetten.
Ich gehe in den Supermarkt, kaufe natürlich,
wenn ich den Liter Milch und die Butter,
was auch immer, brauche, das auch.
Weil es halt einfach ein Grundbedürfnis befriedigt
und das ist Hunger, Essen, Trinken.
Aber wenn ich so einkaufen will,
wie ich das wollen würde, dann scheitere
ich. Und ich würde mir wünschen, genau diese
Rahmenbedingungen, dass egal, ob ich jetzt
alles weiß,
wirklich vom Stall oder vom Feld
bis in den Supermarkt egal, oder keine Ahnung
habe, es mir wurscht ist oder ich gar nicht das
Bewusstsein dafür habe, dass ich genauso, wie du
sagst, da reingreife und es passt.
Das ist natürlich, genau,
ich habe es als Utopie beschrieben, weil
das werden wir nicht hinkriegen, weil
aber die Dynamik natürlich, wir
erleben viele Menschen, die gerne hätten, ich hätte
höhere Tierwohlstandards gerne. Saugen viele Menschen
in Umfragen, dann wäre es,
wenn wir die Tierwohlstandards überall
erhöhen können,
extrem schwierig, nicht falsch verstehen,
wenn man einen Stall, kommt er nicht aus einem
Luftleerenrahmen, muss gebaut werden.
Dann wäre das der Fall,
aber wir müssen natürlich auch sagen,
es wird ja auch Menschen in unserem Land geben, die sagen,
es mir wurscht oder mir ist Umweltschutz wichtiger
als Tierwohl. Deswegen, das nur
als Fußnote, das, was ich zuvor beschrieben
habe, ist eine utopische
Zuspitzung. Aber
in die Richtung natürlich
soll es oder kann es
oder wird es gehen müssen,
wenn wir merken, die gesellschaftlichen Wertvorstellungen
sich, die Leute kaufen
aber danach nicht ein. Oder
ich sage es nochmal anders,
ich habe dich schon wieder unterbrochen, Bianca.
Nein, das ist nicht okay.
Wenn wir, sagen wir mal
so, stellt euch vor, wir sind eine Gesellschaft,
die der Meinung ist, wir haben unbedingt,
also wir haben die moralische Verantwortung,
die Klimakrise zu bekämpfen.
Dann müsste ich als Politiker und Politikerin
nämlich anders handhaben, dann darf ich nicht
sagen, die Leute kaufen nicht danach ein
oder in Umfragen
und dann sorgen sie sich aber am Supermarkt dann halt nicht.
Sondern dann muss ich was machen.
Weil das ist doch der Witz von einer moralischen Verantwortung.
Jetzt sind wir wieder bekannt, wenn ich erkenne,
das wäre unsere moralische Pflicht,
dann darf ich nicht auf Umfragen schielen.
Das muss mir dann eigentlich wurscht sein.
Sondern dann muss ich sagen, wenn die Leute das noch nicht machen,
dann muss ich sie hinführen.
Das ist nicht irgendwie auch Politik.
So, jetzt halte ich
wirklich die Klappe.
Mir ist schlecht. Mir ist auch bockhaft mit dir.
Wie kommen wir dort hin?
Das war jetzt eine kurze Frage.
Wenn ich das wüsste, wie wir da hinkommen.
Aber, mein Gott,
ich bin jetzt niemand, der sagt,
Politik ist so ein leichtes Geschäft.
Aber ich würde mir manchmal, und das meine ich jetzt wirklich,
ich haue da jetzt auf keine Partei hin.
Und auch nicht mal auf ein bestimmtes Land.
Ich glaube nicht, dass da Österreich so viel schlimmer dran ist als andere.
Aber mehr politischen Gestaltungswillen
würde ich mir schon manchmal wünschen.
Dass jemand sagt,
hey, das ist der Wert,
der ist mir wichtig, den strebe ich als Politiker an.
Dann möchte ich jetzt umsetzen.
Und wer da nicht mitzieht,
dann möchte ich überzeugen, dass das wichtig ist.
Ich weiß.
Aber nicht immer auf Umfragen schauen
und sagen, okay, die Leute wollen das nicht,
dann machen wir es halt nicht.
Dann brauche ich eh keine Politiker mehr.
Sehr zugespitzt formuliert.
Dann mache ich Umfragen und sage, okay, ist sie nicht ausgegangen.
Ja, ein anderes Thema
oder gleiches, aber wurscht.
Ich würde jetzt sagen, gut,
um irgendeine Veränderung anzustoßen,
braucht uns jeden Teil
dieser Wertschöpfungskette irgendwie.
Wenn es jetzt aber um
Eigenverantwortung geht
und am Ende des Tages jeder von uns muss essen,
das heißt, jeder von uns ist auch irgendwo ein Konsument,
und diese
Lücke zu schließen zwischen
eigentlich will ich Tierwohl,
um bei dem Beispiel zu bleiben,
und gehe dann aber trotzdem nach dem Preis.
Wie können wir es schaffen,
da
Bewusstsein zu schaffen
und dann das, was ich
fordere als
Bürger, wie du sagst,
als Konsument an der Kasse umzusetzen
oder beim Supermarkt, egal.
Meine ehrliche Antwort ist, ich glaube,
den Consumer-Citizen-Gap
können wir gar nicht aus der Welt schaffen.
Der ist immer da.
Und das sind auch nicht die Menschen da draußen,
das sind wir alle.
Ich möchte jetzt niemand von euren Hörerinnen und Hörern beleidigen,
vielleicht sitzen da Leute da draußen,
die das tatsächlich großartig schaffen,
weil wir alle behaupten, wir alle haben Werte
und schaffen es nicht, immer danach zu leben,
und wir alle tendieren da zu sozial erwünschten Antworten
manchmal zu geben. Das ist doch so.
Sagen wir mal wieder bei Ethik, wir sollten da
nicht immer nur auf andere deuten, sondern sagen,
wir sitzen da alle im selben Boot
und sind keine Heiligen.
Und wie man diesen Consumer-Citizen-Gap
aus der Welt kriegt, ja, wenn das wer wüsste,
dann würde er da, glaube ich, nach Brüssel gehen
und sagen, liebe Leute, ich habs,
weil das Problem ist ja in allen Ländern,
zumindest in Europa,
eindeutig soziologisch, glaube ich, beschreibbar.
Ja gut, eine Möglichkeit
wäre natürlich das, jetzt sind wir wieder
bei den grellen Bildern,
bei den polemischen
Skandalbildern,
weil das natürlich schon Leute aufweckt,
dass sie hinschauen. Das muss man schon sagen.
Wenn wir gerne hätten, dass die Leute mehr so einkaufen,
wie sie wirklich, was sie sagen,
was wichtig ist, ja, dann müssen sie hinschauen
und sagen, möchte ich diese Art der Landwirtschaft,
ja oder nein? Wenn ja, dann kaufe ich das ein,
wenn nein, dann kaufe ich ein anderes Produkt.
Dazu müssen wir sie aber bringen, dass sie hinschauen.
Und jetzt haben wir schon festgestellt vorher,
es ist extrem schwierig, Menschen dazu zu bringen,
sich für Landwirtschaft zu interessieren,
weil die Menschen
haben auch andere Probleme im Leben und das Supermarktregal
ist eh voll, müssen sie nicht drüber nachdenken.
Da wird natürlich die Polemik,
muss man sagen, schon funktionieren.
Ob das gewollt ist, ob das
nicht auch konsequenzenseitig, die
nicht so geil sind,
sei dahingestellt.
Wir haben gesagt, 2,5 Millionen
Menschen regelmäßig hören.
Allein in Wien?
Allein in Wien.
Warte kurz, ja.
Du hast dieses Beispiel vorgenannt
und da falle ich jetzt ein bisschen aus der Rolle des Moderates,
sondern da habe ich jetzt eine Idee
und schon einen Wunsch und einen Vorschlag,
dieses Beispiel des Supermarkttests,
das du gesagt hast. Ich finde das,
ich weiß nicht, wie du das bezeichnen willst, weder utopisch
noch irgendwas, ich finde das extrem gut.
Ich finde das genauso
ein Testsupermarkt, weil es gibt ja in
Deutschland, wird ja auch so in
Haslow glaube ich heißt diese Stadt,
wo so ein eigenen Supermarkt betrieben wird,
wo nur neue Produkte getestet werden,
in dieser eigenen Stadt. Es gibt so einen
Supermarkt nur halt für marktfähige Produkte.
Ein
Zukunftsupermarkt, wo einfach wirklich
die Supermärkte, die haben ja
Interesse in Nachhaltigkeit und so weiter und CSR
und Entwicklung und Innovation, wo die
gemeinsam einfach auch so einen Supermarkt
betreiben als Kunstprojekt, von mir aus sollen sie es
titulieren, wirklich so einen
Supermarkt, wo was weiß ich, tierwohl
getestet wird, diese
Themen oder Kostenwahlen mal getestet
werden, solche gesellschaftlich utopischen
Themen. Ich glaube schon, dass das realistisch
ist und dass das durchaus
gesellschaftlich einen Mehrwert haben
können. Muss ich auch mal den Mann unterbrechen?
Wer bitte?
Großartig.
Das ist aber nicht die Idee,
die ich vorher als Schnappsity beschrieben
habe, also mir wäre so ein
Bildungssupermarkt, hätte ich gern, dass man reingeht und
spürt, wie ist der Supermarktregal
Verbindung zur Landwirtschaft. Also eben
was passiert, wenn in Niederösterreich keine Bauern
mehr sind? Wie ändert das überhaupt was?
Oder sind das eh alles französische,
portugiesische Produkte? Also das
wäre für mich so die Idee gewesen.
Zu testen, wie zum Beispiel
Tierwohlprodukte ankommen oder angenommen
werden, ist
eine andere Geschichte und extrem schwierig,
denn, jetzt sind wir mittendrin in
der Verkaufspsychologie de facto,
was ist einer der entscheidenden
Aspekte, wie Menschen entscheiden, was sie kaufen?
Kurz gesagt, einer der
entscheidenden Aspekte ist das, was daneben liegt.
Also sprich, wenn da ein
großartiges Tierwohlprodukt
oder Klima oder was weiß ich,
hier liegt, aber
in Sichtweite daneben, in derselben
Augenhöhe, liegt ein Produkt,
das sehr ähnlich ausschaut, aber viel günstiger
ist, dann wird es für das
hochwertigere Produkt schwierig.
Und das zeigen ja auch die Studien,
sobald wir Menschen einmal in einem
bestimmten Ort haben, dann sind sie
in der Regel sehr wohlbereit, richtig tief
in die Tasche zu greifen, ab
Hochverkauf, oder wenn sie in einem ganz
exquisiten Bio- was weiß ich
Supermarkt mal drin sind,
dann ist das ein anderes Setting.
Aber jetzt im Supermarkt liegt daneben
immer das viel günstigere
Produkt, das aber, sagen wir uns ehrlich,
auch schmeckt.
Da kriege ich meistens Haue,
aber ich bin ja der Meinung,
das wird dann immer gesagt, das ist so
viel schmackhafter und dergleichen.
Ich muss ehrlich sagen, auch die günstigen
Produkte schmecken in aller
Regel, also wirklich nicht so
viel schlechter. Also beim Essen
spielt dann natürlich ganz viel das Mentale
mit und natürlich, das ist mir nicht fremd,
das gestehe ich auch gerne zu, aber es ist doch
nicht so, dass die billigen Produkte jetzt in
Österreich oder Deutschland horrend schmecken.
Also selten, würde ich mal behaupten.
Genau, aber das ist nochmal eine andere
Geschichte, das heißt,
diese Produkte zu testen ist extrem
schwierig. Das wollte ich von mir
wahrscheinlich wieder zu schnell und zu
flapsig formuliert, man kann schon diese
radikale Ideen,
wenn es auf einmal keine Bauern
in Niederösterreich gäbe oder wenn das wegfallen
würde, was wäre dann?
Das kann man ja so 3-4 Monate
lang testen und für das ist dieser Markt da
und da kann man dann als Konsumentin noch reingehen und
schauen, was das ist. Ich finde das eine super Idee,
deswegen wollte ich das jetzt einfach nochmal
betrachten. Ja und was zahlt es für die Idee?
Man kann ja in Gemeinwohl investieren,
man muss ja nicht immer.
Aber genau bei dem,
was du gerade angesprochen hast,
sind wir dann ja wieder bei den Rahmenbedingungen, weil wenn
das neben dem neben dem neben dem neben
liegt und wir sind alle satt und leben in einer
Überflussgesellschaft und ich habe die
Wahl und es schaut eh gleich aus,
naja gut, dann nehme ich mir das billigere und
schaue nicht mehr auf den Hintergrund, aber dann
werden es doch gerade die Rahmenbedingungen, vielleicht Kostenwahrheit,
die dann dazu führen,
dass sich das irgendwie reguliert.
Also ganz genau,
ich glaube wir haben alle eine besondere
Verantwortung für Klima, das liegt
so dermaßen auf der Hand, da braucht man gar nicht
ethisch viel herum zu diskutieren.
Und da müssen wir natürlich die Leute dazu erziehen
und informieren. Aber sie müssen dann auch
im Supermarkt wissen, dass das tatsächlich jetzt
etwas mit diesem Thema Klima zu tun hat.
Also das ist ja irgendwie das Schwierige.
Und genauso,
man kann ja nicht nur, man muss ja nicht
nur Werte wie Tierwohl, Umwelt
und Klimaschutz im Kopf haben, wenn ich einkaufen
gehe. Ich kann ja auch sagen, ich hätte,
ich habe diese Wertvorstellung, dass es eine
Landwirtschaft in Österreich gibt.
Und jetzt wieder, ich rede jetzt nicht zwischen diesem
Frontkampf zwischen vegan und nicht vegan,
also auch österreichische Ackerbauern,
wie von veganen Produkten.
Also hätte ich gern, dass es in Österreich Landwirtschaft
gibt, ja oder nein?
Das ist eine Frage, die stelle ich manchmal, weil die
Leute glauben, es ist ein Naturgesetz,
das es bei uns Bauern gibt. Das ist kein
Naturgesetz. Ich weiß, das klingt
jetzt so zugespitzt, aber das ist eine Frage, die
auch ein bisschen aufrütteln kann.
Ein Vergleich, den ich immer bringe, ist die Textilindustrie.
Waldviertel.
Vor 150, 200 Jahren
wo war die Textilindustrie?
Vor allem in Deutschland natürlich. Und die Leute
haben damals gesagt, ja klar gibt es eine Textilindustrie.
Die Leute müssen doch was anziehen.
Ja, in Österreich im Waldviertel.
Textilindustrie wird es immer geben. Wo ist die
Textilindustrie heute?
Weg. Und ich sage dann immer den Satz dazu,
wie oft seht ihr nackte Menschen?
Genau. Also sprich,
man kann das natürlich schon auch anders
hinbekommen. Und deswegen
ist diese Einstiegsfrage, die ich
manchmal im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern
stelle. Wollt ihr eigentlich überhaupt
eine Landwirtschaft in Österreich? Ja oder nein?
Und es ist spannend, es gibt auch welche, die sagen,
eigentlich ist mir das wurscht.
Das ist ja auch eine Meinung. Und da kann man darüber
diskutieren. Aber ich glaube, dass es diese
Möglichkeit gibt, dass die Landwirtschaft immer weiter
zurückgeht.
Die sehen viele Menschen nicht.
Und deswegen dieser Schnapsidee mit dem
Schön ist es, wenn genau diese Positionen,
die ganz klar Nein drauf sagen,
und die anderen, die ganz klar Ja drauf sagen, auch miteinander
reden. Weil dann entsteht wirklich,
ich glaube, da in dem Spannungsverhältnis, wenn da wirklich
Dialog stattfindet und nicht nur gegenseitig die Schädel
einhauen, dann glaube ich, kann man wirklich was
lernen auch. Weil das gibt
schon Gründe meistens, warum die Leute so denken, wie sie
denken. Und wir kennen uns da noch gut. Gibt es ein spannendes
Projekt übrigens, nur dass wir es mal vielleicht genannt haben,
das Social Lab in
Deutschland. Da ist die Uni Göttingen,
die so vorgenannt worden ist, auch drin.
Das kann man googeln. Die versuchen
jetzt schon im zweiten Projektphase,
ich glaube, noch mal vier Jahre bewilligt worden,
jetzt die Untersuchung unterschiedlicher
Lebenswelten. Und das ist natürlich ein spannender
Begriff überhaupt. Es geht ja nicht nur so
um Moral versus Nicht-Moral.
Da geht es viel um Lebenswelten. Also Landwirtschaft
ist natürlich ein Lebenswirt, das ist ganz
anders, als wenn ich jetzt im 8. Bezirk in Wien
aufwache. Und die
haben natürlich wenig miteinander zu tun. Und wenn
das weiter auseinanderdriftet, wird es
natürlich spannend, sagen wir es mal so.
Aber schöner wäre es natürlich,
wenn Lebenswelten sich manchmal berühren
und sich auch irritieren
frei nach Niklas Luhmann. Das ist schon auch
spannend, wenn wir auf Lebenswelten treffen,
die so ganz anders sind als wir selber.
Das ist Irritation. Und Irritation für
ein System kann nämlich bedeuten,
dass sein System sich weiterentwickelt.
Ihre Gastgeber,
liebe Hörerinnen und Hörer, sind jetzt entweder
völlig pressen oder sehr zufrieden.
Du hast mich voll getriggert.
Weil Sie grinsen so viel.
Liebe Luhmann.
Also so diese Systemtheorie.
Ich springe darauf jetzt eh gar nicht an.
Aber mit diesen Lebenswelten
und mit diesem Thema möchte ich gerne ein bisschen
überleiten zu dem nächsten Blog, den wir haben,
nämlich
Bauernstand der Menschen.
Das eine, wir haben da die Frage,
die Bianca hat die Frage sogar schon mal gestellt
im Rahmen von irgendeiner Veranstaltung.
Wo wir uns online gesehen haben.
Oh nein, aber ich weiß noch, dass ich damit
sagte, das weiß ich nicht.
Nein, du hast gesagt, das ist eine interessante Frage.
Da musst du nach drüber nachdenken.
Und zwar haben wir damals die Frage gestellt,
weil du auch selber Lebenswelten gesagt hast.
Die Frage nach dem,
was ist denn ein Bauer?
Es ist eine total schwierige Frage.
Ich habe auch viel drüber nachgedacht.
Ich komme jetzt auch nicht drauf,
mit welchem Klischee das jetzt aus mir heraus
wieder beantworten würde.
Aber ist ein Bauer,
die Tätigkeit des Bauern,
die Funktion der Landwirtschaft,
ist die gleichzusetzen mit der
Angestellten von Unternehmen?
In der Volkswirtschaft wird es
sehr unterschieden zwischen dem
Primärsektor der Landwirtschaft,
dem sekundären Produktion,
Industrie und dem
Tierzieher, also die geistigen Arbeiten,
Dienstleistungssektor etc.
Kann ich jetzt wirklich
hergehen?
Und sagen, ein Bauer,
ein bäuerlicher Betrieb, ist ein Betrieb
im klassischen Sinne?
Oder hat einfach die Landwirtschaft, weil sie ja
ist, weil ich habe jetzt noch keinen
kennengelernt, der an einer schlechten Frisur
gestorben ist, aber einen Ernährungsmangel
glaube ich, sind schon mehr als Menschen
gestorben. Kann ich die Tätigkeit
des Bauern, die Funktion, den Wert
etc. eines des Bauern
höher ansiedeln,
zum einen, als andere
Betriebe, die jetzt, sage ich mal, nicht
lebensnotwendige Güter herstellen?
Und ist ein bäuerlicher Betrieb
einfach nur ein Betrieb, wie jeder
andere? Und ist ein Bauer
in seiner Tätigkeit jemand wie jemand
anderer in seiner Tätigkeit? Muss ich da
einfach eine Differenz ziehen?
Oder eine Unterscheidung? Jetzt nicht nach oben, nach unten, oder wie auch immer?
Der letzte Punkt vor allem, den hätte ich
jetzt gleich angesprochen, was heißt
höher und wichtiger? Das klingt
dann nämlich so, klar, ohne Essen
sterben wir. Insofern ist natürlich die
Nahrungsmittelbereitstellung schon ein
essentielles Gut in jeder Gesellschaft.
Seit es Menschen gibt, der Fall.
Aber sagen wir bitte nicht höher
oder besser, weil sonst kommen wir da so rein.
In einer Zivilisation ist auch gerade das, was
nicht notwendig ist, das Schöne. Denken wir
an Kultur. Wir sterben nicht ohne Kultur.
Aber unser Leben wäre verdammt arm.
Also deswegen
spielen wir es nicht gegenseitig
gegeneinander aus. Aber
was ist ein Bauer? Das ist natürlich eine
großartige Frage, und ich erinnere mich, Bianca,
an die Frage, die du schon mal dir gestellt hast.
Das war übrigens seine.
Ich habe bis heute keine Antwort
daran. Man kann das natürlich ganz sachlich und
nüchtern beantworten und sagen,
Landwirt, Landwirtin ist irgendwie so etwas wie
der gesellschaftliche Ort, an dem dafür gesorgt
wird, eine ausreichende Bereitstellung von
Nahrungsmitteln. So ist dann auch oft in
Landwirtschaftslexika, Bereitstellung von
Nahrungsmitteln. Aber wenn man mit
Bauern und Bäuerinnen selbst redet, kommt das
nie, ehrlich gesagt. Oder ganz selten.
Einer der ersten Punkte, der da oft kommt, ist
es hat auch oft mit Tradition zu tun.
Man macht etwas, was in aller Regel
die Familie schon lange macht. Aber was
ganz schnell kommt, ist Arbeit in
und an der Natur. Also ich arbeite
mit der Natur gewissermaßen immer irgendwelche
natürlichen Ressourcen, die ich so
einsetze, dass es für meine Zwecke passt.
Und auch viele sagen halt, ich bin
oft draußen. Also es ist keine Schreibtestätigkeit,
wobei sich das mit der Bürokratisierung
ändert.
Aufschrei.
Genau. Aber
natürlich ist der Bauer, der
Bäuerin irgendwie ein besonderer Beruf, weil
Essen einfach nicht nur eine Notwendigkeit
ist, sondern auch ein hoch emotionales
Thema. Da kann man einfach nicht sagen,
dass es mit meinem Beruf vergleichbar ist.
Ich mache nichts, was die Menschen so
emotionalisieren könnte.
Da muss ich drüber nachdenken.
Und natürlich,
sie haben mit Natur zu tun, sie haben mit
Tieren zu tun, mit Kreaturen, mit lebendigen
Geschöpfen. Das ist natürlich was anderes, als wenn
jemand mit Laptop- und Aktenordnern zu tun hat.
Das ist einfach so. Und dann
Landwirtschaft ist sichtbar.
Die meisten Berufe sind völlig unsichtbar.
Man sieht nicht,
was Leute hinter einem Bürogebäude
genau machen. Und meistens in der
komplexen Gesellschaft, die wir sind, verstehen
wir es auch nicht. Nicht, wenn meine Freunde mir
beschreiben, welche Jobs sie haben.
Du kennst den Begriff Bullshitjobs, dass man
es gehört. Ganz komplizierte Beschreibungen. Aber
de facto habe ich keine Ahnung, was die genau tun.
Facility Manager.
Da gibt es noch viel längere
Beschreibungen. Und
für die selbe Tätigkeit
meine ich damit. Projekt Manager, ja.
Genau. Und Landwirtschaft ist natürlich
auch sichtbar. Das hat etwas mit Landschaft
zu tun. Und dann sind wir gleich bei Identität
einer Region. Also insofern ist das natürlich
ein besonderer Beruf. Wenn wir
Leute fragen, wer bist du, dann erzählen
die oft, wo ist er aufgewachsen. Wenn jemand
erzählt, wo er aufgewachsen ist, dann
beschreibt er de facto landwirtschaftlich
gepflegte Landschaft. Die Gegend.
Genau. Und insofern,
also allein diese Punkte, die ich jetzt aufgezählt
habe, genügen, glaube ich, dass wir sagen
können, Bauer, Bäuerin zu sein, ist
natürlich ein besonderer Job.
Das habe ich vorher gemeint. Ich wollte gar nicht sagen,
dass das die Gegner ausspüren oder die
Hierarchisierung, sondern
es haben Bauern, da kommt dieser Gemeinwohlbegriff.
Ist der Anteil des
bäuerlichen Tuns, durch das, was du
zum Beispiel gesagt hast, diese biografischen Elemente,
diese Gestaltung der Gegend etc., was
weiß ich, was da jemand zu mir kommt.
Ist die, hat die einen
höheren Anteil quasi
an Gemeinwohl
als andere?
Und wie, wenn ja.
Das ist wirklich eine Neutrale
Wenn ja, wenn das so sein sollte,
muss man sie dann auch anders
behandeln,
steuerlich etc., kriegt dann das Thema
Förderung vielleicht einen ganz anderen Hintergrund
an, weil sie trauen nicht zum
Gemeinwohl bei. Das ist so die Frage.
Oder ist es vielleicht gar nicht so?
Ich würde sagen doch Ersteres. Also ich würde schon
sagen, und das tun wir
auch als Gesellschaft, wir behandeln die
Lebensmittelproduktion und das
Bauern-Tum oder nicht einfach nur
als ein Industriezweig unter anderem.
Und aus den genannten Gründen, würde ich mal behaupten,
tun wir auch das aus guten Gründen so und sollten
Bitte, ich sage jetzt
meiner Meinung nach schon. Inwiefern? Nur als Beispiel.
Denkt mal drüber nach,
wie viel wir über Landwirtschaft reden. Reden wir so
viel über Versicherungen? Nein, warum?
Weil in der Landwirtschaft moralische Fragen
zusammenlaufen, die uns als Gesellschaft wichtig
sind. Also ich weiß nicht, wie viele Podcasts
gibt es denn zu Versicherungen? Bleiben wir bei Versicherungen.
Also natürlich behandeln wir Landwirtschaft
besonders. Oder denkt dran, es wird
oft diskutiert, wie viele
Vertreter sitzen in einem
Mitteleuropäischen Parlament, durchschnittlich die Landwirtschaft
betreiben oder einen Background. Das sind in
aller Regel, und ich kritisiere das jetzt nicht,
man kann es aber auch kritisieren, lasst uns
darüber streiten, sind in der Regel
viel, viel mehr, als
natürlich dann tatsächlich in der
Gesamtgesellschaft Landwirte, Landwirte
tätig sind.
Aber ist es nicht genau dieser
Consumer-Citizenship-Gap, vor dem du
geredet hast vorher, ist nicht das
die Wünsche an die Landwirtschaft und das
Geden über die Landwirtschaft, steht das nicht
irgendwo in einem gewissen Widerspruch, weil
ich habe schon den Eindruck, es kommt schon viel
Kritik auch an der Landwirtschaft.
Es Bauern, sage ich jetzt einmal,
pauschal.
Und die Wünsche ist natürlich die kleinstrukturierte
österreichische Landwirtschaft, auf der anderen Seite
hört man dann immer wieder, ja die Bauern, die
waren eh nur Wachsen etc. Ist doch nicht
auch dieser Widerspruch ein bisschen da,
der was in den Consumer-Citizenship-Gap ist?
Um das aufzugreifen,
was wir glaube ich empirisch beschreiben
ist, dass die Landwirtschaft
ein schlechteres Image hat als zum Beispiel
der einzelne Landwirt, die einzelne Landwirtin.
Oder auch,
weiß nicht ob ich das sagen darf, Bauernverbände
haben ein schlechteres Image als der einzelne
Landwirt, die einzelne Landwirtin.
Jetzt kann man sagen, vielleicht machen die ungeschickte
PR oder Kommunikation, das müssen
Kommunikationsprofis beurteilen.
Ich würde sagen, aus einer soziologisch
interessierten Perspektive, dass das typisch
ist für unsere Gesellschaft. Die Menschen
haben mehr Misstrauen in
Institutionen, Vereine,
Verbände, als in
den einzelnen Menschen.
Und da ist wahrscheinlich der Faktor
kenne ich den Menschen. Genau.
Also unmittelbar oder nur mittelbar.
Es geht um Werte und Vertrauen.
Und Werte und Vertrauen funktioniert
am besten, ja ich verwende den Begriff schon auch manchmal.
Werte und Vertrauen funktioniert.
Funktionieren ist jetzt so ein kühler Begriff, aber
das ist natürlich dort relevant,
wo zwei Menschen aufeinander
treffen und miteinander reden.
Also, genau, niemand kann genau
beschreiben, wann Menschen anderen Menschen
vertrauen. Aber das persönliche Gespräch
ist das sicherlich nicht das unwichtigste.
Und die Bauern
und Bauern beschreiben das auch oft so, dass sie
durchaus Wertschätzung erfahren.
Aber die Landwirtschaft,
das landwirtschaftliche System,
das hat ein schlechtes Image.
Aber da muss man auch wieder unterscheiden. Das ist in
Deutschland ganz anders als bei uns. Oder ganz
anders, aber schon ein bisschen anders.
Aber die gemeinsame Sprache, die uns
in Deutschland haben. Ja, genau.
Das muss man schon sagen.
Und überhaupt, ich treffe auch viele Bürgerinnen
und Bürger in Österreich, die
dann die Landwirtschaft kritisieren.
Und wenn man dann ein bisschen mit ihnen ins Gespräch kommt,
kritisieren die eine Landwirtschaft,
die de facto in Österreich so kaum
stattfindet. Die zeigen dann Bilder und so.
Das sind keine Bilder aus Österreich. Muss man auch sagen.
Ich möchte jetzt nicht sagen, dass in österreichischer Landwirtschaft
alles gut ist. Und wir dürfen natürlich
eines überhaupt nie vergessen, weil wir jetzt wieder bei der
Nutztierhaltung bleiben, es gibt diese
Position, die man auch an den Tisch bringen muss,
zu sagen, hey wurscht, wie gut ihr die Nutztierhaltung
macht. Ihr erhält Tiere um sie zu
schlachten und das ist unmoralisch. Also
nicht weil wir immer so tun mit mehr Tierwohl.
Wir haben natürlich auch Menschen in Österreich, die sagen,
das ist mir grundsätzlich noch immer
zu wenig. Stichwort Käfigethik.
Das ist nur nebenbei.
Also wir müssen da ein bisschen unterscheiden zwischen Österreich und Deutschland
und überhaupt. Bianca, magst du jetzt was?
Ich glaube, dann bin ich zu früh dran,
dann kriege ich wieder einen am Deckel. Dann bist du zu früh dran.
Wie glaubt ihr eigentlich, dass das wirklich
so lange zuhören? Oder schneidet ihr das dann
in 50 Minuten zusammen? Danke für die Frage.
Ich habe darauf gewartet.
Ich möchte bitte,
wir sind uns bewusst, dass unsere Podcasts
lange sind. Wir führen auch Gespräche und keine
Interviews. Deswegen kann ich das schon einmal
ausarten. Wir haben uns dazu
etwas überlegt. Und zwar stellen
wir allen Hörerinnen und Hörern Kapitelmarken
zur Verfügung. Das ist eine Art detailliertes
Inhaltsverzeichnis, wo man dann
schauen kann, was der Herr Dürnberg in dem Fall
zu welchen Themen gesagt hat. Kann dann einfach
durchscrollen, einfach auf den Punkt, der einem gerade interessiert,
ob das jetzt hier wohl die Frage der Philosophie
oder sonst was ist, einfach reinklicken
und sich nur den Teil anhören. Bianca?
Und versuchen natürlich auch,
weil es ja heute auch um die Möglichkeiten
gegen Landwirtschaft zu kommunizieren
und das irgendwie rüberzubringen.
Ein Punkt davon waren die sozialen Medien. Über unsere
sozialen Medien das irgendwie
konsumierbar zu machen.
Sodass aber auch Diskurs entsteht.
Weil ja nicht jeder der selben
Meinung ist.
Ich empfinde unseren Podcast
als Art Rottaten, den man dann auch
später auswerten kann.
Und unsere Stärke liegt
in der Detailliertheit. In dem, dass man
wirklich nachdenken kann und darüber fragen kann.
Unsere Schwäche liegt in der Länge.
Aber mein Gott, wir arbeiten daran aus der Schwäche.
Die Schwäche liegt in der Kürze.
Aber unsere Stärke liegt dann auch
in der Auswertung.
Metadiskussion Ende.
Nächster Punkt,
wichtiger Überleitung zum Thema Tierwohl auch.
Und da kommen wir dann eher wieder
in dein praktisches
Tätigkeitsfeld. Du hast
mal gesagt, ich weiß gar nicht, wo das jetzt war,
das wichtige
Element in der Mensch-Tier-Beziehung
und hinsichtlich auch des Tierwohls
ist der Faktor Mensch.
Zum einen die erste
Frage, was meinst du damit?
Zweite Frage,
wie ist der Zusammenhang
zwischen der Größe und der Menge
der Tiere und dem Faktor Mensch
bezüglich des Tierwohls? Ich meine damit,
beim Rinderbetrieb hast du
das Verhältnis Mensch
zu Anzahl der Tiere. Ist relativ
überschaubar. 1 zu 40, 1 zu 50,
1 zu 100 von mir aus.
Beim Legenheidenbetrieb sind es dann
14.000 Tiere. Wie vereint
sich da dieser Faktor Mensch
auf das Tierwohl mit
abnimmenden Größen und der Menge der Tiere?
Wichtiger Disclaimer,
ich bin kein Veterinärmediziner, aber ich
arbeite an der Weltmeier. Ich lese die Studie
natürlich ein bisschen im Austausch mit Tierärztinnen
und Tierärzten, aber trotzdem dieser Hinweis
ist glaube ich wichtig, damit hier nicht der Eindruck entsteht,
jetzt redet der Geisteswissenschaftler über
Tierwohl, weil der Faktor gibt es dafür
Animal Welfare Sciences. Und wir haben an unserer
Weltmeier ein ganz großartiges Institut,
das sich tatsächlich mit diesen Fragen beschäftigt
und dazu braucht es keine Philosophen,
sondern dazu braucht es veterinärmedizinische
Expertise. Das ist mal,
wer jetzt nicht mehr zumachen möchte,
kann zum nächsten Kapitel vorspringen,
liebe Menschen.
Nein, aber es gibt natürlich viele Studien dazu,
wo die Frage gestellt wird, wo geht es denn
jetzt Tieren gut, welche Haltungssysteme
brauchen wir, wie muss die Fütterung sein,
wie ist denn die Belüftung im Stall,
natürlich kann man das auch ganz
runterbrechen, ist jetzt Bio besser als
konventionell etc. etc. etc.
Und all diese Studien,
das ist ein Dschungel und es ist sehr kompliziert,
gerade für Laien zu verstehen, aber ein Faktor,
der einfach immer wieder auftaucht,
in diesen Beschreibungen ist,
im Endeffekt spielt der Mensch
noch immer die maßgebliche Rolle,
der Mensch ist in dem Sinne, in dem Fall
der Tierhalter, die Tierhalterin,
hat es der Bauer drauf, hat die
Bauerin die Skills, haben sie das Auge,
haben sie das Gespür, haben sie das Interesse
am Wohlbefinden des Tiers. Das ist natürlich,
also die Ausbildung und die Sensibilität
ist de facto der wichtigste
Aspekt, wenn es darum geht,
geht es einem Tier in einem Stall
gut oder nicht. Und das ist wichtiger,
also das
würde mehr Sinn machen, zu sagen,
was heißt mehr Sinn.
Aber ich bin der Meinung, man vergisst das oft.
Man diskutiert jetzt zum Beispiel in Deutschland,
wie sollen die Ställe neu gebaut
werden, welche Förderinstrumente setzen
wir ein, damit das so und so umgebaut
wird. Das ist alles wichtig, nicht falsch verstehen.
Aber der Faktor müssen wir, wenn wir gute
Tierhaltung wollen, immer vorausgesetzt, wir sagen
Tierhaltung ist irgendwie okay und wir machen es bestmöglich,
müssen wir in die Menschen
investieren. Das klingt jetzt noch wie wenn ich ein
Parteiprogramm zitiere. Wir müssen die
Menschen unterstützen. Die müssen
ausgebildet werden, die dürfen sich nicht
allein vorkommen, die müssen
Austausch haben, die müssen
in der Ausbildung.
Ich habe gerade eine Studie gemacht unter Tierärztinnen und
Tierärztinnen, da hat jemand gesagt, also
ich treffe schon junge Bauern, die sind ökonomisch
so auf Zack, aber sie haben kein Auge fürs
Tier. Und das ist natürlich jetzt eine
Zuspitzung,
das ist anders beschreiben, aber es
ist ein schönes Wording.
Jetzt sind wir wieder dabei, Landwirtschaft,
Nutztierhaltung hat einen Umgang mit
Tieren zu tun, mit Geschöpfen, das
kriege ich in Exel-Tabellen alleine nicht runter,
da muss ich schon auch ein Auge fürs Tier haben.
Das meine ich mit, de facto geht es darum,
hat der Mensch vor Ort
Sensibilität und das Auge. Wenn man den Satz
so hört, de facto der Mensch ist das
wichtigste, denke ich als Konsument,
ich als nicht landwirtschaftlicher
Mensch, denke ich, ja das ist der,
ob der mit seinen Fischen redet, ob er hingeht,
ob er es vielleicht streichelt, etc.
Aber was du damit meinst, ist einfach,
ob ich, auch das
Technische nachhabe, ist der Stall gut
gebaut, ist der Stall gut belüftet, also alle
Faktoren, die damit zu tun haben,
dass ich meine Arbeit gut mache.
Das ist alles wichtig, bleiben wir beim
Stall, aber der beste Stall bringt mir nichts,
wenn, das mit dem Streicheln, ja gut,
kann man auch machen oder nicht, aber bleiben wir
beim Beispiel Tierbeobachtung.
Ich muss den Tieren zuschauen,
ich muss schauen, wie geht es den Tieren,
das kann ich nicht ersetzen,
ein Gespür haben und auch
Interesse dafür.
Wir müssen wissen, welches Tier wie reagiert,
wenn, was auch wie immer ist.
Und erkennen, nicht?
Aber man muss auch natürlich sagen,
also diese Studie, die ich gerade gemacht habe,
da sind Tierärztinnen und Tierärzt, die habe ich gefragt,
was ist eigentlich der größte moralische
Herausforderung in Ihrem Beruf?
Und da sagen viele, es fehlt
teilweise den Bauern an diesem Interesse
oder so, dass diese Art von Bauern gibt,
dass man dafür irgendwie
ein Gespür hat und
Interesse. Aber die sagen,
es gibt natürlich auch die anderen, und die sind wahrscheinlich sogar in der
Überzahl, die Interesse haben, die gute
Tierbeobachtung machen können.
Aber die dann
sagen, aber selbst die haben es extrem schwer,
weil der finanzielle Handlungsspielraum
von Bauern und Bauerninnen teilweise
so gering ist.
Also die haben dann so Geschichten erzählt, wie
auch die Bauern das drauf haben, sehen was
und sagen, da muss man den Tierarzt rufen,
aber nicht heute am Samstag, wir warten bis Montag,
weil wir können es uns nicht leisten.
Also ich glaube, die Leute unterschätzen oft, wie gering
der finanzielle Handlungsspielraum von Bauern und Bauerninnen ist,
manchmal. Und wo kein
finanzieller Handlungsspielraum ist,
da wird auch nicht die große Moral vom Himmel fallen.
So ehrlich sind wir, und das hat nichts damit zu tun, dass Bauern
schlechte Menschen sind, sondern auch bei uns
ist das so. Wenn kein Geld da ist,
dann braucht man nicht viel über Werte beim
Einkaufen nachdenken, dann kauft man was ein.
Okay, aber
der zweite Punkt war nochmal
etwas ganz anderes, aber
die Größe.
Aber damit hast du das eigentlich schon zum Teil
ja fast beantwortet. Die Größe sagt weniger aus,
als viele Menschen glauben.
Das hätte ich aus dem entnommen.
Das ist das Schlimme oder das Schlimme,
das ist das Problem bei der Massentierhaltung
natürlich. Ich weiß, was Menschen mit Massentierhaltung
meinen. Das ist ein Ort von Landwirtschaft,
Nutztierhaltung, die alles dem Output
unterordnet und wo das Tiernummer als Nummer
auftaucht. Aber die Wahrheit ist natürlich
auch, dass der Begriff ein bisschen unglücklich
ist, denn die Menge
an Tieren sagt nicht notwendigerweise
was aus, ob es dem Tier
schlecht geht. Beispiel,
wir können einen völlig veralteten,
sehr beschaulich ursprünglich wirkenden
Stall haben, wo fünf Kühe drin sind
und denen kann es schlechter gehen als
einem modernen Betrieb mit 300.
Das ist einfach so. Aber
das heißt natürlich nicht,
bzw. Tierärzte und Tierärztinnen, mit denen ich spreche,
sagen, das bedeutet nicht, dass wir
diese Zahlen endlos dehnen können.
Da gibt es schon irgendwo einen Kippfaktor,
wenn die Tierbeobachtung nicht mehr funktionieren kann
oder wenn das Management so schwierig wird,
dass man nicht sagen kann, immer mehr, immer mehr,
immer mehr und das ist alles kein Problem.
Und einen Aspekt haben wir da noch nicht
angesprochen, der wichtig ist.
Landwirtschaft 4.0, also Digitalisierung
in der Landwirtschaft, der natürlich
auch vor dem Stall nicht Halt macht.
Boah, das kann man jetzt natürlich
lang diskutieren. Auch dazu gibt es
nicht, genau, wir haben
keine Zeit mehr.
Auch dazu gibt es an der wetmed
hoch spannende Forschung.
Man merkt, an der wetmed passieren
viele spannende Dinge.
Und die Digitalisierung 4.0,
die versucht natürlich zum Beispiel,
wir können
zukünftig wahrscheinlich extrem viel
über das Tier wissen, messen alles,
wie oft kaut die Kuh in der Minute,
wie ist die Körpertemperatur, wie bewegt sie
sich, ich meine, es gibt alles.
Das haben wir schon gelernt, auch bei einem Betrieb,
bei dem wir waren, wo wirklich so ein
Halsband, die Kaugeschwindigkeit,
wie der Kaugeschwindigkeit der Kuh misst
und aus dem kann man ableiten, statistisch,
wie es dem Tier geht zum Beispiel.
Oder wann kommt das Kalbe?
Und dergleichen. Also das ist schon
extrem spannend und da gibt es natürlich viele
Ansätze, die genau das versuchen,
nämlich den Bauern und die Bäuerinnen dabei zu
unterstützen, mehr über das Tier zu wissen.
Und damit kann man da für die Tiergesundheit
extrem viel machen. Aber auch
hier wieder sagen die ganzen Experten
und Expertinnen, auch das
wird nicht ersetzen, dass der Bauer
Interesse
oder
gespielt hat und die Tiere
anschaut. Also auch diese ganzen
Excel-Tabellen muss ich noch immer
dahinter schauen können und der Interesse dafür
haben. Aber trotzdem spannend.
Das ist auch ähnlich zu dem, was Nigli gesagt hat,
glaube ich, den haben wir auch gefragt, ob irgendwann
einmal die Technologie den Menschen in der
Landwirtschaft komplett ersetzen wird können.
Und vor allem Technik kann versagen.
Also mit der Technik-Digitalisierung
sehr spannend. Ich bin überhaupt kein
der das radikal ablehnt, überhaupt nicht.
Ich glaube, wir können da extrem spannend und auch wir wollen
mehr Klimaschutz. Ja klar, da müssen
wir besser messen können, was sich
wie auswirkt. Das heißt, die Digitalisierung
wird einzugenannt. Hat es eh schon gemacht.
Das lässt sich nicht aufhalten.
Aber natürlich darf man dann nicht
glauben, damit sind alle Probleme gelöst.
Aber das sagt auch niemand. Also das wäre jetzt
ein Schumalarm. Es gibt halt die verschiedenen Positionen.
Es hat Licht und Schatten wie alle Dinge,
alle Technik. Vor allem ist das eine,
was man ja tatsächlich messbar
machen kann, die Tiergesundheit.
Wie geht es dem Viech? Und das andere ist, kann das Tier
so wie es lebt,
wurscht wie es ist, das tun,
oder wie es dem Tier dieser Art,
dieser Rasse entspricht.
Tiergesundheit zu messen ist
leichter als Tierwohl, würde ich jetzt mal sagen.
Und ich hoffe, dass die meisten Tierärztinnen und Tierärzte
jetzt nicht sagen würden, es ist
völliger Bullshit. Ich glaube, das kann man so
stehen lassen. Aber du hast jetzt ein
wunderbares, ich habe es jetzt wunderschön übergeleitet
in das Thema Tierwohl.
Du hast es ja schon ein paar Mal gemacht,
aber du musst es heute noch einmal machen.
Du hast ein paar Mal erklärt,
welche Zugänge, es gibt
so große Denkschulen zum
Thema Tierwohl.
Du hast es ein paar Mal erklärt. Ich würde dich bitten, dass du
noch einmal diesen Zugang aus Sicht der
Ethikphilosophie zum Thema Tierwohl nochmal erklärst.
Grundsätzlich.
Okay. Die Debatte um das Thema Tierwohl
grundsätzlich stellt die alte
tierethische Frage. Welchen moralischen
Umgang schulden wir dem Tier?
Darf ich mit dem Tier alles machen, was ich will?
Wahrscheinlich nein.
Wo ist die Grenze? Und natürlich wir erinnern uns,
was ist die Begründung?
Und natürlich in der Tierethik gibt es
verschiedene Antworten darauf, was ich mit dem
Tier machen darf oder ob ich gar nichts mit dem machen
darf. Also das wäre mir mal wichtig.
Es gibt nicht die eine Argumentation in der Tierethik,
sondern es gibt verschiedene Positionen.
Meinen Studentinnen und
Studenten bringe ich das dann meistens
in der Einführungsvorlesung sehr runtergebrochen.
Nachher nehme ich, dass ich sage,
stell uns mal vier verschiedene Positionen vor. Position
eins wäre, wir sagen, ein Tier ist ein Ding,
sein Gegenstand.
Kört dieses Tier mir, kann ich mit dem Tier
machen, was ich möchte? Das ist wie ein Buch.
Wenn das Buch mir gehört und ich schreibe da eine,
können Sie ja nicht sagen, hey Dürmberger, das ist umoralisch.
Das fände ich übergriffig von euch.
Das ist mein Buch.
Das ist natürlich eine Position,
wo glaube ich die meisten Menschen sagen, da gehe ich nicht mit.
Da regt sich mein moralisches Bauchgefühl.
Tiere sind doch keine Gegenstände.
In der Ideengeschichte finden wir natürlich
ähnliche Beschreibungen. René Descartes zum Beispiel
sagt, Tiere können keine Schmerzen empfinden.
Das sind so etwas wie Maschinen.
Da würden wir heute natürlich nicht mitgehen.
Und auch nicht nur unser Bauchgefühl
regt sich da, unsere moralische Intuition.
Sondern auch, wir haben naturwissenschaftliche
Daten, die nahelegen,
Tiere empfinden echten Schmerz.
Die dann nicht so.
Ich formuliere das deswegen so zurückhaltend,
weil streng genommen weiß ich ja nicht mal, ob ihr Schmerz
empfindet, so wie ich.
Aber jeder, der Haustiere hat und immer mal auf den Fuß
gestiegen ist, weiß, das kommt schon weit.
Alles andere ist unblossibel, sagen wir so.
Genau, da sind wir schon bei der
zweiten Position. Wir sagen, Tiere sind
leidensfähige Kreaturen.
Wenn Tiere Leid empfinden können, ist der moralische
Imperativ sehr, sehr simpel zu beschreiben.
Dann versuchen wir, Tieren Leid zu ersparen.
Also keine Tierquälerei.
Diesen Satz, sie kriegen jetzt nicht hin.
Fügetieren keinen Schmerz zu, denn es
spürt wie du den Schmerz, das
reint sich irgendwie in diesem Kinderein.
Das wäre so der klassische Gedanke.
Wir nennen das in der Philosophie manchmal
Christismus, Jeremy Bentham,
von Parthos Schmerz.
Alle Wesen, die Schmerz empfinden können,
müssen wir darauf achten,
dass wir diesen Schmerz und Leid ersparen.
Das wäre für mich der klassische
Gedanke des Tierschutzes.
Genau.
Aber wenn ich jetzt
euch die Frage stelle,
habt ihr ein gutes Leben und ihr sagt, Christian,
ihr habt keine akuten Schmerzen, dann würden wir
darüber übereinstimmen, dass das jetzt nicht
die Definition von einem guten Leben ist.
Ein gutes Leben gehört mehr dazu als
Leidensfreiheit.
Und, jetzt wird es kompliziert,
ihr könnt es auch leider empfinden und
trotzdem ein gutes Leben haben.
Das ist, muss man einfach so sagen,
wenn ihr habt mal Zahnschmerzen gehabt im Leben,
und deswegen würde man jetzt nicht gleich sagen,
also miserables Leben, habt mal Zahnschmerzen gehabt.
Aber klar, idealerweise hat man nicht akute Schmerzen,
schon gar nicht die ganze Zeit,
aber ein gutes Leben zeichnet irgendwie was anderes
und mehr aus als Leidensfreiheit.
Und dann sind wir beim Konzept des Tierwohls
ethisch betrachtet.
Ethisch betrachtet meint Tierwohl, Stufe 3,
mehr als, danke, didaktisch ganz wichtig,
dass man dann bei den Ziffern bleibt,
ethisch meint Tierwohl mehr
als bloß Tierschutz,
wir wollen nicht nur Leider sparen,
wir stellen uns die Frage,
hat dieses Schwein ein gutes Leben?
Und dazu gehört das, was Bianca
zuerst angesprochen hat, nämlich auch zum Beispiel
die weitgehende Freiheit, normale
Verhaltensmuster auszuleben.
Artgerecht. Oder tiergerecht,
wie es dann heißt, weil artgerecht
umstrittener Begriff ist, kann es überhaupt
artgerechte Haltung geben,
ist ein Problem. Kann man natürlich zurückfragen,
was heißt überhaupt artgerecht
bei einer Art, die es gar nicht gäbe
ohne uns, weil das Schwein im Stall
ist ja kein Wildsau. Also da kann man richtig
tief einsteigen, gibt es dann Menschen,
die sagen, Tiere sind eigentlich Biofakte,
also so eine Mischung aus...
Biofakte, ein neues Wort.
Ein Begriff von Nicole Karaphyllis, einer deutschen Philosophin,
die nicht auf Tiere anwendet,
aber die sagt, in unserer Welt haben wir doch ständig
mit Dingen zu tun, die weder ganz
natürlich sind, aber auch
nicht ganz artefakt. Also
denkt man an den Mais, um jetzt ganz kurz
vom Tier wegzugehen. Ich meine, der Mais
ist so nicht in der Natur vorgekommen,
sondern das ist ein Ergebnis
einer langen, langen
Züchtungsleistung der Menschheit.
Wie jede Pflanze und jedes Tier, das wir heute haben.
Genau, wie jede. Und deswegen
so eine Mischung von artefakt und
aber ein lebendiges artefakt.
Und damit natürlich wieder mehr als ein
Artefakt. Also kein Gegenstand, ganz wichtig.
Okay, das war Punkt Nummer
3, Tierwohl. Stellt dann die Frage...
Ja, da gehört mehr als
Leidensfreiheit dazu, zum Beispiel kann das Tier
ein Wohlergehen. Normales, genau.
Die Schweine wissen, dass sie neugierig sind.
Kann das Schwein sich irgendwie beschäftigen
oder wird es total monoton gehalten?
Das ist jetzt nicht klassisch das, was wir unter Schmerzen
verstehen, aber zu einem guten Leben gehört das
schon dazu. Oder triebst du auf Artgenossen?
Oder ist die ganze Zeit allein?
So, in diese Richtung. Und dann die vierte Position
wäre
jetzt ganz, ganz grob geschnitzt.
Die vierte Position wäre dann die sogenannte
Tierrechtsposition, die sagt
Tierwohl, eh nett und schön,
aber de facto bleibt das eine Käfigethik.
Weil, was macht sie da?
Ihr verschönert den Käfig, aber die Tiere werden ja noch immer im Käfig
gehalten. Und dann
sogar geschlachtet in diesem Fall. Also
Tierrechte, Beispiel Tom Reagan, der sagt
wir brauchen nicht über
Vernunftfähigkeit von Tieren zum Beispiel nachzudenken.
Es braucht nämlich keine Vernunftfähigkeit,
dass ein Wesen am Leben bleiben möchte.
Dass ein Wesen ein Leben führen möchte,
ohne dass es von jemanden
vernutzt wird. Also
geopfert, also geschlachtet.
Genau, da sind wir bei der Tierrechtsposition, die dann sagt
deswegen sollten wir Tieren
unverletzbare Grundrechte zugestehen,
wie zum Beispiel ein Recht auf Leben.
Genau, und das wäre so ganz, ganz
grob, vier tieretische Positionen.
Und was wir gesellschaftlich
sehen, ist zumindest
in den Umfragen, dass mehr und mehr Menschen sagen
ich möchte mehr Tierwohl. Das Tierschutz
nicht genügt.
Das war nochmal ein guter Einstieg
in das Thema. Trotzdem wird das
nächste Punkt dieses Thema
aufgeschrieben, diese Aussage, die man oft hört.
Du schützt das Tier, indem du
es isst.
Ich habe die Aussage noch nie gehört.
Ja, also ihr habt ja schon öfters gehört in der Diskussion.
Wenn du willst, dass es weiterhin
Schweine gibt, Hühner gibt etc.
Wir sind ja beim Thema Biofakte, was du gerade gesagt hast.
Ich kann den Begriff nicht finden, aber extrem prägend
für genau diese Frage.
Du schützt das Tier, indem du es isst,
weil es würde es ohne deinen Konsum
dieses Tier in dieser Art nicht geben.
Meine Frage, wie
kann man aus der Ethik
auf dieses Thema drauf schauen?
Und was gibt es da
für Antworten? Im Prinzip hast du dir schon welche
davon gegeben. Mir ist dieser Biofakt
Begriff gerade total interessant,
weil der das ziemlich gut
beschreibt eigentlich.
Braucht es Biofakte, ist dann die Frage.
Dieses Argument
taucht in der Tierethik auf.
Nicht in der Tierrechtsposition,
aber ich kenne es schon. Auch Peter Singer
diskutiert das übrigens.
Eines müssen wir einfach klar
am Schirm haben. Wenn wir aufhören,
Tiere zu essen,
dann gibt es die nicht mehr.
Es gibt viel weniger Tiere
auf diesem Planeten,
weil die Nutztiere werden gehalten,
damit wir sie essen.
Das heißt, die würden ja sonst nicht
im Wald vor sich hin toben und ein
fröhliches Leben haben. Jetzt könnte man
das Argument stark machen.
Nur weil wir Tiere halten wollen,
um sie zu essen oder sie zu nutzen,
hat dieses Wesen
die Möglichkeit,
positive Gefühlszustände
zu erleben.
Der Schwein hat nur deswegen die Möglichkeit,
überhaupt im Stroh zu wühlen,
weil es noch einmal gegessen wird.
Das wäre ein Argument, das hört man auch,
aber man kann natürlich
dagegen argumentieren.
Erstens kann man ganz pragmatisch
dagegen argumentieren und sagen,
schaut euch mal an, wie die allermeisten Schweine
gehalten werden. Überwiegen da überhaupt
die positiven Gefühlszustände den negativen?
Weil wenn nämlich nicht, dann ist es
vielleicht besser, dass man nicht geboren wird.
Und natürlich ganz philosophisch gesehen,
das tue ich mir extrem schwer, die Frage zu beantworten,
ist es eigentlich besser, nicht geboren zu werden,
weil ich das nicht mal mit Blick auf den
Menschen, ich meine jetzt ehrlich,
beantworten kann.
Und vielleicht, jetzt wird es noch komplizierter,
ist das für die Sau zu Sau verschieden.
Vielleicht ist es auch beim Mensch zu Mensch verschieden.
Aber das Argument gibt es.
Und es stimmt, würde ich sagen,
wenn wir aufhören, Tiere zu halten,
um sie zu essen, dann wird es viel, viel weniger
dieser Tiere geben. Die haben dann nicht die Möglichkeit,
positive Gefühlszustände zu erleben.
Aber wir müssen dann die Frage stellen,
erleben sie eigentlich jetzt gerade positive Gefühlszustände?
Oder überwiegen eh die negativen?
Und man könnte natürlich sagen,
wenn man wirklich dagegen ist,
dass Tiere halten, um sie zu töten,
dann müsste man natürlich sagen,
steigen wir irgendwann aus diesem System aus.
Ich meine, ich kenne die Debatte jetzt
zu wenig, aber ich wette,
dass wir ganz, ganz schnell, wenn wir das mit Menschen diskutieren,
beim Vergleich mit der Sklavenhalterrei
sind. Da sind wir 100%ig
gleich dort und das kann man nicht vom Tisch wischen.
Denn man hätte auch die
Sklavenhalter-Gesellschaft so natürlich
fortführen können. Aber jetzt auch wieder nicht
falsch verstehen. Nur weil man etwas vergleicht,
muss dieser Vergleich nicht stimmig sein.
Man kann natürlich sagen, ja Leute,
ihr könnt es schön vergleichen, aber Tiere sind eben keine Menschen,
deswegen ist es nicht Sklavenhalterrei. Also es bleibt
die Gretchenfrage, wie wir Tiere eigentlich
wahrnehmen, welchem moralischen Status
wir ihnen zusprechen. Mir ist dieser Begriff
Biofakt und jetzt müssen wir
dieser Begriff Biofakt schon
bis jetzt zum Nachdenken gebracht, weil
wir haben den, weil es ein
Fakt ist, also vom Artifakt,
vom Geschaffen, vom Menschen.
Nachdem wir es in die Welt gesetzt haben
als Biofakt,
sobald es da ist, müssen wir es schützen.
Kann man das so?
Jetzt ist es halt da, aber jetzt können wir es nicht mehr
rückgängig machen. Fertig. Seien Sie.
Der Nicole Karafoulis, die den Begriff
geprägt hat, ist, das muss ich nur sagen,
ist eigentlich um etwas anderes gegangen, in meiner Erinnerung.
Nämlich sie wollte darauf aufmerksam machen,
dass wir wie selbstverständlich
und die Welt, der wir begegnen,
unterteilen in Kultur und Natur.
Das ist natürlich, das ist unnatürlich.
Und das trifft natürlich überhaupt nicht
unsere Lebenswirklichkeit, weil wir leben
in einer Welt der Gleichzeitigkeit.
Das ist immer unnatürlich und natürlich.
Das schönste Beispiel, das ich gefunden habe,
für mich ist der Mais.
Wenn man sich anschaut, Bals aus Teosinte,
glaube ich aus der Urform des Maises,
wenn man diese zwei Pflanzen miteinander vergleicht,
das hat nichts miteinander zu tun.
Und dann sieht man erst, das, was Menschen
als Natur wahrnehmen, zum Beispiel ein Feld,
voller Maispflanzen,
ist natürlich eine maßgebliche,
menschliche Leistung,
Zuchtresultat, Züchtung.
Und darauf möchte, glaube ich,
Karafoulis mit diesem Begriff
der Biofakte hinaus.
So, jetzt habe ich vergessen,
du wolltest etwas anderes gerade diskutieren,
gell? Nein.
Nein, das hat schon gepasst,
dadurch, dass es einfach in die Welt
die Biofakt ist.
Es ist völlig wurscht, was du jetzt bist.
Du bist jetzt da.
Und dadurch, dass ich dich geschaffen habe,
da könnte man wahrscheinlich rüberspringen
in die künstliche Intelligenz und so weiter,
dadurch, dass ich dich geschafft habe,
bist du schützenswert.
Wichtig ist, dass wir nicht argumentieren können,
dadurch, dass wir etwas geschaffen haben,
dürfen wir damit machen, was wir wollen.
Und das, glaube ich, leuchtet auch ganz schnell ein,
wenn wir auf Kinder schauen.
Ich kann ja nicht zu meinen Kindern sagen,
ich bin es nicht.
Aber spannend ist es natürlich schon für die ganzen...
Wie gesagt, schützenswert.
Ja, schützenswert und auch für die Verhaltensforscher,
weil es nicht trivial ist,
zu verstehen, welche Bedürfnisse
hat eigentlich ein Tier,
welche Bedürfnisse, gehen wir mal weg von der Landwirtschaft,
hat ein Dackel.
Der hat doch sicherlich nicht dieselben Bedürfnisse wie ein Wolf.
Würde ich jetzt mal als Laie behaupten.
Das kann man beim Wolf Science Center anrufen
und beim Clever Dog Lab.
Also die Weltmethod für alles, Experten.
Ja, Sie merken es, ich bin es nicht.
Die Philosophen sind Experten.
Für eh alles.
Genau, damit für nix. Aber ich stehe auch dazu.
Das ist natürlich schon eine spannende Frage.
Wir dürfen nicht sagen,
jetzt kann ich mit dem Dackel machen, was ich möchte,
weil ohne mich wäre der Mensch eh nicht da.
Aber wahrscheinlich braucht der Dackel
andere Sachen als ein Wolf.
Zum Beispiel die größere Nähe zum Menschen.
Ich glaube, das tut dem Dackel ganz gut,
dem Wolf vielleicht das Wurscht.
Also diese Fragen,
das alles wird mit dem Begriff
Biofakt natürlich aufgemacht.
Danke für den Dackel. Die nächste Frage
ist nämlich auch sehr wichtig,
kriege ich oft immer gestellt,
speziell in der Diskussion mit...
Jetzt dein Hund essen.
Genau, jetzt dein Hund essen.
Du isst ja Schwein,
würdest dein Hund genauso essen.
Woher, wo,
nicht jetzt aus der rechtlichen Perspektive,
sondern aus der Sicht der Philosophie,
Ethik etc.,
wie der Unterschied zwischen dem Nutztier
und dem Haustier,
nicht begraben,
aber wie kann man auf diese
Differenz zwischen Nutztier
und Haustier, aus welchen Perspektiven
kann man drauf schauen?
Zum einen glaube ich, es ist tatsächlich in Österreich illegal,
Hunde zu essen.
Ich habe noch keinen Hundestall gesehen.
Nein, es ist sogar festgehalten,
dass wir nicht, bin mir ziemlich sicher,
dass ich das Geistig gerade vor dem Auge habe,
diesen Gesetzestext, Hunde und Katzen nicht.
Die eine Antwort wäre, glaube ich,
die sich jetzt viele denken, die ein bisschen
zum Zynismus neigen, das eine schmeckt, das andere nicht.
Aber das ist natürlich nicht die richtige Antwort,
weil man könnte ja auch Hunde
vielleicht dorthin züchten,
dass sie schmecken.
So Biofakten.
Aber natürlich, manche Tiere eignen sich wahrscheinlich
mehr für die Fleischproduktion als andere.
Das ist natürlich dann kulturgeschichtlich
einer der Gründe gewesen, warum das Schwein ausgewählt worden ist
und nicht der Hund. Ein zweiter Grund ist
sicherlich, ihr merkt, ich bin ganz in der Pragmatik,
aber wir können die Frage jetzt gerade gar nicht.
Für uns als Gesellschaft ist es so simpel.
Es geht auch nicht zum Klären, die Frage.
Wie kann man drauf schauen?
Aber mit Blick hinten natürlich auf die Geschichte
würde ich sagen,
der Schwein bot sich an und der Hund hatte andere Aufgaben.
Also der Hund eignet sich einfach
natürlich besser als Gefährte.
Und er kann auf dem Stall aufpassen.
Also gehen wir ganz zurück zu den Anfängen.
Haus und Hof. Genau, der neolithischen
Funktion.
Vorrangige Funktion.
Ich glaube, dass das natürlich mitgespielt hat.
Aber jetzt natürlich die spannende
ethische Frage ist ja nicht nur
zu verstehen, wie kam es so weit,
sondern sollen wir es jetzt machen?
Und ich glaube, die allermeisten Menschen
würden das
für sich über zwei Sachen definieren.
Geschmack und Gewohnheit.
Das, was wir essen, ist glaube ich ganz stark
kulturell geprägt.
Das kann man jetzt schlecht oder gut finden.
Aber natürlich, wir finden es
normal, dass das eine Tier am
Teller liegt. Viele Menschen, ich weiß,
viele hören auch zu und sagen, ja, ich finde es
ja eh nicht normal. Aber wenn wir da jetzt
rausschauen, gesellschaftlich,
ist das natürlich stark gewohnheitsmäßig geprägt.
Das ist so, würde ich sagen.
Aber nur,
dass wir uns nicht falsch verstehen,
wir töten ja auch Heimtiere.
In dieser Debatte wird
manchmal so getan, als würden wir nur
Stahltiere, Nutztiere töten.
Ich habe viel mit Amtstierärzten und Amtstierärztinnen
zu tun. Wir leben in einer Gesellschaft,
wo wir natürlich auch Heimtiere töten.
Und wir reden da über verschiedene Kontexte.
Euthanasie ist natürlich moralisch
ein Fall, der meistens sehr, sehr unproblematisch
empfunden wird, weil man da davon
ausgeht, dass es im Interesse des Tieres
geschieht. Nur,
nur nicht falsch verstehen,
wissen damals nicht.
Wir haben es mit Patienten zu tun,
die nicht der Sprache mächtig sind.
Aber wir euthanasieren ja zum Beispiel auch
Hunde, die aggressiv sind.
Es gibt auch Tötungsstationen,
auf die viele Hunde da sind.
Wir töten auch natürlich in anderen Kontexten.
Aber natürlich nicht
in dieser Masse.
Das war die perfekte
Überleitung zu einer
sehr, sehr wichtigen Frage.
Ist das Töten von Tieren
um sie zu essen moralisch
vertretbar?
Oder rechtfertigbar?
Ich kann natürlich zurückgehen und
ich als Mensch, der versucht,
deskriptiv zu arbeiten,
bemühe mich gar nicht um eine Antwort.
Aber da gibt es Tausende Antworten.
Wir können die ganze
Tierrechtsposition abklappern.
Ich weiß, was die Antwort ist. Die sagen natürlich nein.
Das ist genau der moralische Skandal.
Dann gibt es Philosophen und Philosophinnen,
die argumentieren, doch, das Töten
von Tieren ist moralisch rechtfertigbar.
Diese zweite Position ist jetzt auch die,
die übrigens in unserem Tierschutzgesetz drin steht.
Also da steht ja drinnen, wir argumentieren
in unserem Tierschutzgesetz de facto
pathozentrisch, würde ich mal sagen.
Das heißt, wir sagen, Tiere sind keine Gegenstände.
Sind leidensfähige Kreaturen.
Wir müssen ihnen ein gutes Leben ermöglichen.
Also bewahren wir sie vor Schmerzen
vor allem in dem Fall.
Und bei der Tötung, möglichst kein Stress.
Kein Leid verursachen.
Kann man schon pragmatisch rückfahren, geht das überhaupt?
Aber trotzdem, so argumentieren wir als Gesellschaft,
wenn wir es dabei bleiben. Das, was im Gesetz steht,
ist ein moralischer Konsens früherer Tage
oder auch ein Konsens, der noch immer da ist.
Wir müssen das Tier vor Leid bewahren.
Das betrifft auch die Schlachtung.
Deswegen darf auch nicht jeder schlachten.
Das soll jemand sein, der geschult ist.
Aber die Tötung per se,
muss man genauer sagen, die Tötung ist
verboten in Österreich bei den meisten Tieren.
Außer, also da gibt es, glaube ich,
Ausnahmen und es braucht einen vernünftigen Grund,
kurz gesagt. Und die Tötung eines Tiers
zur Nahrungsmittelproduktion, nennt man
dann auch oft schlachten, ist ein solcher
vernünftiger Grund im Tierschutzgesetz.
Das ist immer gesellschaftlich argumentieren.
Wir sagen, Tiere sind leidensfähige Kreaturen.
Ersparen wir ihnen Leid.
Aber sie haben ein defizitäres Ich-Bewusstsein,
also weniger als der Mensch.
Sie haben kein Selbstbewusstsein, keine Vernunftfähigkeit.
Sie wissen nicht um sich selbst als Individuum.
Das steckt in dieser Argumentation
meiner Interpretation nach drinnen.
Deswegen ist das Töten kein moralischer Skandal.
So würde ich die Gesetzeslage
eigentlich in allen Ländern der Welt sehen.
Wir schützen Tiere.
Aber wir dürfen sie töten, weil sie nicht
die selbe Art des Ich-Bewusstseins haben
wie ein Mensch.
Und woher kommt ...
Ja, okay, das ist quasi Ihre Erklärung.
Aber die Frage wäre, woher nehmen wir,
und da nehme ich jetzt eine Position ein,
die ich in der Diskussion mit veganen Freunden von mir oft habe,
woher nehmen wir die letzte Legitimation,
das Tier über Leben und Tod zu entscheiden als Mensch?
Wir rühmen uns ja quasi als Menschen
oft unserer kulturellen Errungenschaften.
Wir schaffen Demokratie.
Wir schaffen Studien.
Wir diskutieren über Ethik,
über Philosophie und so weiter.
Fußball, was der Teufel war.
Lauter kulturelle Errungenschaften als Menschen.
Wir rühmen uns ja deswegen,
dass gerade diese Fähigkeit die ist,
die uns ja über die Tiere stellt.
Also diese Fähigkeiten, Kultur zu schaffen,
episodisch Denkungen, was auch immer.
Wenn es dann aber darum geht,
Tiere zu töten,
verfallen wir dann oft zurück
in unsere prähistorischen Wurzeln.
Wir sagen, wir waren eh schon immer Fleischwestern.
Das haben wir eh schon immer getan.
Das ist jetzt nichts Außergewöhnliches.
Argumentieren da ja genau mit dem,
mit dem wir uns ja nicht rühmen.
Was legitimiert uns jetzt eigentlich,
und diese Frage muss ich stellen,
weil die Kunden wirklich sehr oft,
was gibt uns das Recht, das Tier letztendlich zu töten?
Ich hoffe nicht,
dass viele Menschen so argumentieren,
weil du das gerade beschrieben hast,
nämlich mit dem bloßen Verweis auf die Tradition.
Weil so könnte ich ja quasi alles rechtfertigen,
moralisch schon sagen,
na gut, früher hat es keine Frauenrechte gegeben,
machen wir weiter wie bisher.
Und ich erlebe es auch selten,
dass Leute sagen, ich esse Fleisch,
weil wir haben, wir machen das seit 2000 Jahren.
Das Argument gibt es sicher, keine Frage.
Aber ich meine, es ist einfach so eindeutig
nicht gut argumentiert.
Weil nämlich mit Blick auf die Kultur
kann man alles einfach immer so gleich lassen.
Man kann sagen, na früher hat es Sklaven geben sollte heute auch.
Ich erlebe das Argument auch ganz, ganz selten.
Ich erlebe eher, dass die Menschen so argumentieren,
wie ich es zuvor aus dem Tierschutzgesetz
entnommen habe.
Dass man sagt, ja klar, Tiere sind leidensfähig,
das erkenne ich auch vollständig an.
Und deswegen würde ich ein Tier nie quälen.
Aber ein Tier hat einfach nicht
denselben Status,
kognitiven Status wie ich.
Und vielleicht manche Tiere schon.
Und deswegen esse ich dieses Tier nicht und das andere schon.
Also wir dürfen nicht so tun,
als würde es Tiere, Tiere sein.
Insekten sind vielleicht moralisch anders zu behandeln
aus Sicht aller meisten Menschen
als Elefanten.
Das müssen wir auch noch berücksichtigen.
Also ich glaube, dass dieses Argument,
wie ich es zuvor beschrieben habe,
bei ganz, ganz vielen Menschen der Grund ist,
warum sie das moralisch
mit ihrem Gewissen vereinbaren können,
Fleisch zu konsumieren.
Woher nehmen wir uns als Mensch das Recht?
Wir machen das ja ständig.
Wir schicken Kinder in Schulen.
Ich weiß, das klingt jetzt nach
absurden Beispielen,
aber es gibt Gefängnisse.
Woher nehmen wir uns das Recht?
Das sind gesellschaftlich gewachsene Strukturen.
Und die verhandeln wir ständig neu,
würde ich sagen.
Und wir versuchen natürlich,
das immer wieder abzuklopfen und sagen,
ist das eigentlich gescheit und richtig,
was wir da tun?
Aber einen Gedanken möchte ich schon noch anbringen,
in der Ethik gibt es dann immer diese,
das ist vor allem seit dem 16., 17. Jahrhundert,
würde ich sagen,
diese Sehnsucht nach dem Kategorischen.
Wir brauchen eine glasklare Regel.
Wir müssen jetzt ein Gesetz aufstellen,
ich darf Tiere nicht töten
in dieser und dieser Situation.
Und in diesen und jenen Situationen
ist es moralisch richtig.
Und das ist völlig okay, Leute.
Wir können das machen.
In der Wahrnehmung der Ethik
ist das auch zurzeit gerade im Mittelpunkt.
Kant hat da das ganze Geschäft stark geprägt.
Wir brauchen ein Imperativ,
eine glasklare Regel.
Ist das jetzt hier in Ordnung oder nicht,
dann richten wir die Gesellschaft danach aus.
Weil wir Menschen so ticken,
wir brauchen ja diese Rahmenbedingungen,
Gesetze, was auch immer es ist,
diese Regeln.
Aber trotzdem nur als Beispiel,
in der Antike gibt es auch eine ethische Reflexion
und die ist teilweise überhaupt nicht
von diesem Unbedingtheitsanspruch nach diesen
glasklaren Regeln so geprägt,
sondern machen wir das ganz simpel,
dass wir nicht sagen,
ich möchte jetzt gar nicht
eine glasklare moralische Ableitung machen,
warum ich Tiere töten darf oder nicht töten darf.
Sondern ich überlege mir,
wer möchte ich eigentlich sein?
Das erlebe ich öfter.
Dass Menschen sagen,
ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren,
dass das passiert.
Ich möchte nicht so ein Mensch sein,
der dafür verantwortlich ist,
dass Tiere in diesen Umständen gehalten werden,
ohne eine glasklare moralische Ableitung
Mir geht es gar nicht darum,
so den moralischen Status von Tieren
jetzt genau auszuleuchten,
sondern ich möchte nicht so ein Mensch sein.
Oder ich kann es mit meinem Gewissen vereinbaren,
ich habe das lange nachgedacht,
deswegen kaufe ich so ein und nicht anders.
Also man muss nicht immer in der Ethik
diese Sehnsucht nach Gesetzen nachgehen,
sondern auch manchmal einfach sagen,
Tugendethik ganz banal runtergebrochen,
wer möchte ich eigentlich in der Mensch-Tier-Beziehung sein?
Und dann gibt es zum Beispiel
das Argument, dass die sagen,
ich bin nicht konsequent, was ich gerade mache,
aber ich möchte mich dem Schwächsten gegenüber
möglichst gut verhalten.
Und mit Unto sind vielleicht die schwächsten Mitglieder
in unserer Gemeinschaft die Tiere,
die kaum Stimmen haben im Parlament.
Kann man dann schon von einer gewissen...
Entweder die Gesellschaft bewegt sich im Kreis
oder bewegt sich gar nicht,
oder es gibt immer in der Philosophie,
in der Soziologie auch diese Vorstellungen,
dass man sich, ich glaube Hegel war da,
die Bewegung hin zum Weltkreis,
die Gesellschaft immer weiterentwickelt.
Könnte man sich, was du jetzt gerade gesagt hast,
davon ableiten, dass wir irgendwann
als kulturelle Wesen
zu dem Schluss kommen,
dass das Töten an sich
etwas ist, dem wir uns verweigern,
weil wir uns das quasi
das sich aus dem heraus ja
ergibt und das quasi
wenn man den Gedanken
weiterschwindet,
das ist jetzt eine Frage, wo du glaubst, dass die Reise hingeht,
mit 20, 30, 40, 50 Jahren,
ich weiß jetzt nicht, was da der Zeitraum ist,
vielleicht wirklich mal
zurückschauen und sagen, das war das
Zeitalter der Fleischfresser
und das aus dieser Sicht,
von vorne dann jetzt in die Gegenwart
zurückgeschaut,
wenn wir uns dann denken, was haben wir da gemacht?
Natürlich ist diese Möglichkeit gegeben,
alles andere wäre ja absurd,
wenn wir uns anschauen,
wie die Menschen der
Motsenkultur gelebt haben
oder der
Haltstädter Kultur,
wie wir jetzt leben,
das kann man gerade noch vergleichen, aber recht
viel mehr nicht.
Insofern ist das natürlich eine Möglichkeit.
Was mich da besonders fasziniert,
da bin ich noch überhaupt nicht dahinter gestiegen,
ist, inwieweit dieser Wandel
eigentlich tatsächlich moralisch
bedingt ist. Ich meine, es ist jetzt
ein bisschen eine
irre Wendung, die das Gespräch mit diesem Satz nimmt,
weil wir jetzt ganz viel über Ethik und Moral gesprochen haben,
aber
ich habe zum Beispiel mal
Norbert Elias gelesen. Das ist ein deutscher
Soziologe und ich finde das
extrem spannend, diesen Prozess der
Zivilisation. Und da fragt er sich,
was verändert sich eigentlich zwischen dem
Mittelalter und uns? Also da verändert sich ja
extrem viel und das versucht er dann zu verstehen.
Und seine Beispiele sind einfach
so wunderbar, weil er zum Beispiel sagt,
wovor graust uns?
Wovor empfinden wir ekel?
Oder was gilt als schicklich und was nicht?
Zum Beispiel wir sitzen hier an diesem Tisch,
ich könnte jetzt nicht hier
urinieren. So, jetzt geht
es aber im 15. 16. Jahrhundert
scheinbar in bestimmten
europäischen Gegenden. Und zwar
ohne als schicklich zu gehen.
Oder denken wir in der Antike, da sitzen
Leute nebeneinander, machen ein großes
Geschäft. Jetzt kommt es über die Redewendung
daher, dass die nebeneinander am Glocksessen
sind und über Business gesprochen haben.
Das würden wir heute nicht mehr machen.
Jetzt stellt man sich die Frage, was hat das mit Tierethik
zu tun? Das ist etwas, das mich total beschäftigt,
weil Norbert Elias dann sehr schön zeigen kann.
Der sagt, na, das gilt dann plötzlich
als unschicklich, aber nicht als
unmoralisch. Wir sagen das nicht, urinieren ist
unmoralisch. Nein, aber wir haben einen extra Ort
dafür. Und dann kommt
Elias auf dieses Fleischkonsum
zu sprechen. Und er sagt, da passiert
ja eigentlich ganz ähnliches. Im
15. 16. Jahrhundert, er liest dann
Kochbücher und so Knicke,
Ratgeber, wie man Gäste bewirtet.
Dann hängen den ganzen Vogel mit Federn
die ganze Sau
längs am Tisch ab und dann wird
gegessen. Und
heute sagt Elias dann so schön,
würde es bei vielen an der Tischgesellschaft,
ich weiß gar nicht, wie man das sagt,
unschöne Gefühle auslösen oder so, wenn da die ganze Sau
reinkommt. Ja, jetzt bleiben wir aber beim
Elias, da verändert sich extrem viel,
aber es ist nicht so sehr moralisch,
weil die Leute essen ja heute noch immer
Fleisch. Aber es gilt als unschicklich.
Und das ist etwas, was mich total
fasziniert, ob wir nicht, und jetzt wieder,
gar nicht nur Tierhaltung, ich würde da den
Ackerbau auch reinnehmen, ob wir als Gesellschaft
nicht manchmal das Gefühl haben,
also die Landwirtschaft ist irgendwie
nicht vornehm genug. Also jetzt kann man
den Versuch machen, das auf Instagram aufzubereiten,
aber so richtig schicke
Bilder, es ist immer so, man arbeitet,
man wird dreckig. Die noble Blässe
hat sie nicht. Genau.
Landwirtschaft ist nichts für
Instagram-Hipsterkultur, würde ich sagen.
Das ist immer eine andere
Tätigkeitsfeld. Und mit Norbert Elias,
wenn ich den jetzt weiterdenke,
würde ein Argument
sein können, zu sagen,
die Menschen hören
auf, Fleisch zu essen, aber nicht, weil sie
sagen, das ist total, definitiv
unmoralisch, sondern weil einer irgendwann
zum Grausen beginnt.
Das erinnert sich zu sehr an Sterblichkeit und
Tod, und deswegen hören sie auf.
Weil das ist so seine These, alles was uns
zu sehr an Körperlichkeit erinnert,
das verschieben wir und wollen wir nicht
mehr sehen. Übrigens, jetzt sind wir schon ganz
weit weg von eurem Thema. Nein, nein, gar nicht.
Das hat auch was mit Sexualität zu tun.
Also, genau das, was du gerade gesagt hast,
das kann man natürlich auch sagen,
dass die Leute irgendwann sagen, Wahnsinn,
die haben noch echt Sex miteinander gehabt,
so mit Körperflüssigkeiten, die sich vermischen
können und so, ist ja furchtbar. Geht alles mit
Hämmer im Kopf jetzt. Ja, genau. Also, ich weiß,
das klingt absurd, aber das ist ein
Themen-Setting, das kann man alles, finde ich,
ja nicht verstehen. Aber wie
spannend das ist, kann man es verstehen, wenn man
das liest, finde ich. So ist es mir zumindest
gegangen.
Und auch diese Perspektive auf
Essen und auf Landwirtschaft,
würde ich gerne stärker beleuchtet haben.
Muss ich nicht eh machen. Am besten irgendwer, der klüger ist.
Aber da geht es ja nicht nur um Moral,
sondern vielleicht graust
uns mal vor bestimmten Dingen,
weil es unschicklich geworden ist.
Jetzt kann man sagen, das wird unschicklich, weil es unmoralisch ist.
Aber mit Elias würde ich sagen, nein,
das stimmt eigentlich nicht. So, ich weiß,
das ist kompliziert und völlig unausgegoren.
Das ist überhaupt nicht kompliziert. Gibt es
in dieser Bewegung, die Elias da beschreibt?
Du hast ja selber gesagt, es ist eine
Beziehung zu
Entkörperlichen.
Entkörperlichen hast du gesagt.
Dann ist diese Entkörperlichung
quasi das bewegende Moment
dieser Entwicklung, weil früher haben wir quasi am Tisch
noch nebeneinander
das Geschäft verrichtet, gessen und
diskutiert und Sex gehabt, etc.
Es wird immer
entkörperlicht, wenn du das sagst.
Ist das vielleicht ein Moment,
das man sagt, okay, diese Entkörperlichung
ist ja dann, wenn ich es rüber spüle, auf das Tier,
das passt ja dann auch nicht mehr
in diesen Narrativ,
der aber eine Richtung hat.
Ja, aber genau, das Tier.
Ich mein, Elias würde wahrscheinlich sagen,
aber wenn wir jetzt Elias nehmen,
das Argument und konsequent weiterdenken,
dann würden wir nämlich schon irgendwann sagen,
klar, wir hören irgendwann auf, Tiere zu essen
und es ist in der Gesellschaft denkbar,
die sagt, boah, das war echt grauslich,
was wir gemacht haben, echtes Fleisch zu essen,
von echtes Kadaver.
Also das wäre schon denkbar natürlich.
Aber jetzt die Gegenthese, wir bewegen uns
oder zumindest sieht man einen Trend
hin in die Richtung, wo es wieder
um das geht, um dieses echte,
um das dreckige,
um das zu zeigen, wie es wirklich ist
und das finden die Leute cool.
Und um dieses, keine Ahnung, um das Lagerfeuer sitzen
und eine Sau grillen bildt
und einfach wieder
dorthin zurück, wo es sich irgendwie
ursprünglich anfühlt.
Ich meine, kurze Antwort,
das wissen die Soziologen und Soziologinnen besser,
man kann keine gesellschaftliche Dynamik beschreiben,
ohne nicht auch auf die Gegendynamik hinzuweisen.
Spannend ist natürlich, was ist der Mainstream
oder was wird der Mainstream?
Wenn ich das wüsste, würde ich an der Börse spekulieren,
aber ich hätte ja keine Kohle.
Also ich weiß es nicht,
aber es gibt natürlich Gegenthesen,
aber das Beispiel, das du gerade gebracht hast,
mit dem Spanferkel grillen, ist ein schönes
Recht. Weil sobald wir einen Spanferkel
grillen, welches Gefühl empfindet
ihr denn da?
Etwas archaisches. Jetzt sind wir im Mittelalter.
Das heißt, es ist genau so eine Brücke,
die man dann bewusst sucht. Das schon.
Aber es ist jetzt nichts Alltägliches,
sondern, wo du hinkommst, wo ein Spanferkel
gegrillt wird, weiß ich, heute
ist kein Alltag. Also mir passiert das zumindest
selten. Da habe ich sofort
so ein archaisches Gefühl, und bin
in einer Vikings-Episode oder in
einer Mittelalter-Fest. Vom Setting
her. Also würde Elias, glaube ich, sagen,
schau, und das ist genau der Grund,
weil das so aus der Zeit gefallen wirkt.
Und vielleicht wäre das, genau, also wir sollten
jetzt nicht Science-Fiction und Utopien
und Dystopien beschreiben, aber natürlich
ist das alles möglich. Zum Schluss geht es
auch immer bei uns ein bisschen um
Utopien und Dystopien, oder um
wo man glaubt, dass die Reise hingeht.
Es wäre zum Beispiel möglich,
wenn wir jetzt bei Elias und Bourdieu bleiben,
dann würden die sagen, was Leute essen
hat nicht nur mit Moral zu tun,
sondern was als schick und was als elitär empfunden wird.
Also man möchte ja nicht
was essen, wo die Leute sagen, so
abends Leute essen.
Also was der Trend ist, oder?
Oder was mich persönlich als Mensch besonders macht,
ich definiere mich ja auch über das, was ich trage,
über welches Auto ich fahre.
Abgrenzen, distinguieren, sagt man dann,
aber das ist nicht mit Reckwitz, oder mit Bourdieu sagt,
oder so. Vom Harbitus und vom
Ton her. Jetzt fahren sich die
Philosophen und die sind hier oben
unter uns, die bekannten Menschen, und die waren nicht steckartig.
Bianca, jetzt höre ich keiner mehr zu.
Danke, danke.
Jetzt haue ich auch gerne um die Ohren.
Ihr müsst euch das einmal anhören, aber wer jetzt noch dabei ist,
interessiert sich wahrscheinlich wirklich.
Bourdieu glaube ich, ist das
Beispiel, dass er sagt, schau, die Elite
möchte sich abgrenzen vom Pöbel,
und sagt, ich höre Oper.
Ich höre klassische Musik. Der Pöbel
hört Schlager und hört
Volksmusik. Und natürlich haben wir
Tendenzen. Und ich möchte jetzt nicht
Veganer und Veganerinnen bashen, bitte, wirklich nicht.
Aber es gibt natürlich schon die Tendenz,
dass man zum Beispiel sagt, ich bin
ein Schnitzlesser ist ein schönes Beispiel,
wie der Begriff Schnitzlesser im Standard Forum verwendet wird,
ist in der Regel ein
Synonym für bildungsferne
Schicht. Genau, so bilden
sich Trends, oder? Der Pöbel spielt auch inzwischen
Golf und Tennis.
Aber jetzt war doch tatsächlich der Pöbel,
den du ansprichst, immer.
Und vielleicht kann man das auch auf
die heutige Gesellschaft umlegen, immer
die Mehrheit der Menschen.
Bei Elias möchte
Die
Bei Elias ist das ja noch
Schön, dass der Philosoph heute mit den Soziologen
argumentiert. Ja, aber
Erinnern Sie euch, ich hab gesagt, ich bin der Skandiver Ethiker, das heißt, ich lese
Soziologen eigentlich, ich versteh's nicht.
Aber ich lese die natürlich lieber als
viele Philosophen.
So, wo waren wir?
Das, was der Adel macht,
färbt natürlich ab auf die Masse. Die Masse
möchte ein bisschen mitspielen, möchte ein bisschen ähnlich sein.
Das wäre
sein Argument.
Ja, es ist ja so, dass die Formel 1 immer die Impulse gibt
für die Automobilentwicklung
in den Massen. Also das hat immer schon
so diese...
Formel 1 wäre ich jetzt nicht als Beispiel gekommen.
Ja, bitte.
Aber ich finde das super.
Und das ist eh keine letzte Frage
mehr, aber was wir jetzt wirklich schön
irgendwie gesehen haben, ist,
dass alles, was wir als
Kultur beschreiben und was uns als Gesellschaft
ausmacht, sei es jetzt auch die Demokratie,
als Ding, das...
Für uns alles, als...
Ich bin 42, für mich hat es Demokratie immer schon gegeben,
für mich war immer schon...
Ich wollte gerade sagen, wie lange reden wir bitte?
Danke, danke, danke, super.
Aber für mich hat es immer genug zum Essen
gegeben, es hat immer Demokratie gegeben,
es hat immer soziale Sicherheit gegeben, für mich ist das
komplett normal. Ich hab vergessen,
dass das auch ganz anders
ging. Das heißt, letztlich
ist durch alles, was wir uns als Menschen
gearbeitet haben, was wir jetzt als kulturelle
Errungenschaft sehen, völlig relativ
und völlig veränderbar.
Also es könnte auch sein, dass wir... Oder fragil.
Sagen wir fragil? Fragil? Weil relativ klingt so,
ist was wurscht, ob wir Diktatur oder Demokratie
haben, das ist mir nicht... Könnte auch sein. Genau.
Aber mir ist es jetzt nicht wurscht, da werde ich jetzt...
Wurscht? Ach so, ja, ja. Da werde ich jetzt
normativ. Kommt drauf an, wo du an
welcher Stelle in der Diktatur da stehst, aber es
könnte genauso sein, ob du...
Dass es morgen wieder Diktatur gibt, es könnte
genauso gut sein, dass Menschen Menschen
essen, das ist theoretisch denkbar, aber wahrscheinlich
unwahrscheinlich, aber es ist zumindest
nichts, was... Es lässt
jede Moral denken, kann man so sagen. Genau.
Aber natürlich gibt es dann den Spiel, das
Philosophen, die sagen, ja, aber die Ethik dahinter
wird gleich bleiben. Also eine Ethik...
Man kann es auch anders sehen, aber man könnte natürlich
dann sagen, wenn Menschen Menschen essen,
ist die Moral deren Gesellschaft, aber die Ethik würde,
wenn es wirklich sauber nachdenkt, zu dem Grund
kommen, zu dem Conclusio kommen,
dass das unmoralisch sein müsste.
Sagen wir mal wieder
viel Ethik nachdenken über Moral.
Bianca.
Ja.
Weil gerade unser Gast
beim Nachdenken ist über die Zukunft
und also Sachen, und wir sind ein bisschen
in der Utopie drinnen, möchtest du da eventuell
eine Frage stellen?
Ja, die hätte ich allerdings.
Und zwar in einer utopischen Welt.
Was würdest du ändern
an unserem Lebensmittel-
und Landwirtschaftssystem, sagen wir in Europa,
wie es gerade ist?
Mhm.
Das Kennzeichen von Utopien
aus dramaturgischer Sicht ist ja, dass so
extrem fad ist.
Und deswegen ist wir alle viel lieber
dystopien uns anschauen auf Netflix und Amazon
Prime. Vielleicht ist meine Antwort
auch fad. Ich wünsche mir, also ich meine...
Das ist extrem schwierig.
Was ich zuvor gesagt habe, mit
Lebensmittel-Kennzeichnung wäre etwas, was ich...
Ich glaube, unsere Kinder werden uns mal auslachen
und zu sagen, ich hab's nicht gewusst, wo das herkommt.
Das gibt's doch wohl nicht.
Aber es ist natürlich kein großer utopischer Wurf,
das ich gerne zugestehe, weil mir scheint das
im Vergleich zu einer großen Utopie
tatsächlich ein machbares und realistisches
Unterfangen zu sein.
Aber Sonntagspredigt,
ich würde mir mehr Menschen wünschen,
die schon kritisch,
aber auch mal mit Fragen auf die Landwirtschaft
zugehen, zu sagen, hey, jetzt möchte ich wissen,
was ihr da macht. Weil die Wahrheit
ist, ich weiß nicht, jetzt sitzt ihr am falschen Tisch,
ihr beschäftigt euch natürlich mit diesem Thema intensiv.
Was, mit Wahrheit?
Mit Landwirtschaft.
Die Wahrheit ist doch, dass die allermeisten
Menschen, würde ich mal behaupten,
nix wissen über Landwirtschaft.
Und ich zähle mich da dazu.
Ich bin in diesem Geschäft, wo ich mit Bauern und
Bauern diskutiere.
Ja, aber das bringt ja nix. Erstens habe ich mich
wenig für Landwirtschaft interessiert, da stehe ich
gerne ein. Also ich hab Philosophie studiert,
zum Beispiel. Und ich kann
jetzt erzählen, wie es war
vor langen, langen Jahren. Ich bin ja noch
viel älter. Aber das
hat sich ja verändert.
Was, 39?
Das hat sich ja verändert. Das heißt, ich kann
ein bisschen erzählen, wie es wäre,
in meiner Kindheit. Aber das bedeutet doch
nicht, dass ich weiß, wie Landwirtschaft stattfindet.
Und, was weiß ich nicht, über den Ackerbau.
Und Ackerbau in Niederösterreich ist was anderes
als in Mecklenburg-Vorpommern, vielleicht.
Also, das wäre jetzt
meine Antwort. Mehr Menschen,
da brauche ich gar keine Politik eigentlich dazu.
Aber es wird natürlich nicht passieren.
Das muss man auch so glasklar sagen. Wir werden es
nicht schaffen, dass sich in einem Land von acht, neun
Millionen Menschen ganz, ganz viele
Menschen für Landwirtschaft
interessieren. Das wird nicht passieren. Und
man muss auch
dazu sagen, vielleicht ist das auch normal.
Wir interessieren uns ja auch nicht für alles.
Aber Landwirtschaft sind wir
wieder dabei. Deswegen, mein Wunsch
ist natürlich ein besonderes Berufsfeld. Da geht es
um unser Essen.
Du, Willi?
Du wolltest den Christian doch auch noch was fragen.
Ich weiß. Und nachdem der
Kollege Thürnberger unseren Podcast
bis jetzt noch nicht gehört hat, glaube ich, weiß
er auch nicht, was als letzte Frage kommt.
Deswegen werden wir ihn... Ich habe auch schon
den Podcast gehört, aber noch nicht so lange.
...werden wir ihn mit der letzten Frage
kalt, nicht eiskalt, aber kalt erwischen.
Und zwar in der Form, was finden
denn wir in deinem Kühlschrank?
Soll ich jetzt ein Foto schicken? Was findet
ihr in meinem Kühlschrank? Jetzt kommt natürlich
die langweilige Antwort. Foto für den Podcast ist immer gut.
In den Show Loads heißt das dann immer.
Wir finden in meinem Kühlschrank, unter anderem
zurzeit, würde ich sagen, darf ich jetzt Product Placement
machen? Also darf
ich Marken nennen? Wieso denn?
Wo steht denn, dass man das nicht darf?
Nicht, dass die Leute glauben, ich werde dafür irgendwie bezahlt, aber ich würde gerne dafür...
Nein.
Nein, es ist so...
Was finden wir in meinem Kühlschrank?
Ich wohne in Salzburg.
Mein Leben pendelt zwischen Wien und Salzburg.
Ich bin schon auch natürlich viel in Wien.
Bier an.
Mit dem was? Bier.
Also man findet, unter anderem, das würde ich jetzt
ganz fix wissen, das beste Bier Österreichs.
Soll ich es sagen?
Du kannst sicher ganz so sagen.
Es ist für mich das beste Bier Österreichs.
Tut mir leid.
Ich bin kein Salzburger, aber es ist wirklich ein super Bier.
Man findet natürlich Käse, zum Beispiel.
Meine Kinder lieben Käse. Man findet
zurzeit auch Speck. Es gibt bei uns
diese Regel, dass am Sonntag zum Frühstück
Speck und Wurst, sonst eigentlich nicht
so richtig.
Genau, wie genau soll ich noch eingehen?
So genau du willst.
Und so genau du denkst, dass es privat ist.
Genau, ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, was man genau drin
findet. Man findet extrem viele Gurken
und Tomaten.
Man kann es kurz zusammenfassen. Ich möchte nicht zuviel
Privates, weil ich auch der Meinung bin, ich bin keine
Person der Öffentlichkeit, nicht zuviel
Privates erzählen, aber ich habe es ja schon erwähnt,
ich habe Kinder. Das was in meinem Kühlschrank ist,
habe ich gerade das Gefühl, bis auf das Bier,
ist ganz stark geprägt davon,
was meine Kinder gerne essen.
Und das ist bei aller Lustigkeit
irgendwie auch, glaube ich, ganz, ganz typisch.
Wir haben verschiedene Lebensphasen.
Ich habe mit 20 Jahren ganz anders gegessen
als jetzt. Das hängt natürlich mit
meiner Familiensituation zusammen, weil ich jetzt
einfach versuche, kochen
jeden Tag. Und ich koche natürlich
idealerweise schon auch was, was die Kinder nicht total
grauslich finden.
In dieser Lebensphase bin ich jetzt gerade, mein Kühlschrank
ist stark geprägt von meinen Kindern,
bis auf das Bier.
Also, ich würde sagen,
der Kühlschrankinhalt wird
geteilt, aber das Bier
gehört mir.
Christian Dürmberger, vielen Dank für das Gespräch.
Vielen Dank. Danke schön.
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