BauertothePeople (B2P) - Der Podcast hinter den Kulissen von deinem Essen Cover

BauertothePeople (B2P)

Wilhelm Geiger
Since 08/2020 233 Episoden

B2P120 - Brüssel Calling - Der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler

Von einem der auszog und jemand zu werden. Dann ging er wieder heim.

08.06.2025 164 min

Video zur Episode

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Zusammenfassung & Show Notes

Grias Eich!

In dieser Ausgabe des BauertothePeople-Podcasts war der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler zu Gast bei mir im Wiener Podcast-Studio. Wer einen Podcast über Landwirtschaft, Lebensmittel und Gesellschaft macht und damit vor allem das Ziel verfolgt, diese Welt mit jeder Folge ein bissl besser zu verstehen, kommt um den Franz ohnehin nicht herum. Und seit ihn der Josef Riegler in unserem Gespräch gleich mehrfach erwähnt – Link dazu natürlich in den Shownotes – ja, ihn sogar damals in die Politik geholt hat, da wusste ich: Jetzt ist es Zeit, ihn auch in den Podcast einzuladen oder zumindest den Versuch zu wagen. Und siehe da, auf einmal war er da, der Herr Kommissar.

Ja, der Einfluss seiner Arbeit ist bis heute spürbar, und seine Stimme, mit der er trotz seiner alpinen Herkunft nie hinter dem Berg gehalten hat, ist immer wieder deutlich hörbar. Zum Zeitpunkt der Aufnahme blickt Franz Fischler bereits seinem 80. Geburtstag entgegen und somit auf ein langes und ereignisreiches Leben zurück. In seine Amtszeiten als österreichischer Landwirtschaftsminister und späterer EU-Kommissar für Landwirtschaft und Fischerei fielen politische Weichenstellungen, die Österreich und auch Europa wesentlich geprägt und verändert haben. Die Zeit vor, während und vor allem auch nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 war auch die Zeit Franz Fischlers. Mit der nach ihm benannten “Fischler-Reform” hat er die EU-Agrarpolitik maßgeblich mitgeprägt, was dem Europäer Fischler viel Beifall, aber auch Kritik vor allem aus seiner Heimat eingebracht hat. Natürlich sprechen wir auch darüber. In seine Amtszeit fällt auch die Gründung der AMA (Agrarmarkt Austria), und wenn ihr euch vielleicht schon mal gefragt habt, woher die Erzählung vom “Feinkostladen Österreich” stammt, die hat uns auch der Franz aufgetischt.

In dieser Folge haben wir über viele Aspekte gesprochen, manche etwas ausführlicher, manche nur gestreift, und sicher gäbe es noch viel zu fragen. Und klar, ist uns am Ende wieder ein bissl die Zeit ausgegangen. Jo mei …

Was dieses Gespräch aber neben all den Fakten für mich und hoffentlich auch für euch besonders wertvoll macht, ist die Zusammenschau des Menschen Franz Fischler – seine Persönlichkeit, seine Wünsche und Ambitionen sowie die politischen Rollen und Aufgaben, denen er sich auf seine ganz individuelle Art gestellt hat. Nach der Folge war mir dann auch klar, wie sehr der Mensch sein Amt prägt und nicht nur umgekehrt. Ob man nun zufrieden ist mit dem, was geschah, oder nicht – das muss ohnehin jeder für sich selbst entscheiden. Einer guten Diskussion ist der Tiroler Alpha noch nie aus dem Weg gegangen. Und wenn man bei der einen oder anderen Stelle das schelmische Blitzen in Franz’ Augen sieht, dann glaube ich sogar, er geht aktiv auf diese Diskussionen zu.

Lieber Franz, danke für deine Zeit, und euch viel Freude beim Reinhören – und auf unserem YouTube-Kanal auch beim Reinschauen.

INFOS ZUR FOLGE
Franz Fischler auf Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Fischler
Buch: Die Kraft der Mitte (Franz Fischler)
https://www.beneventopublishing.com/ecowing/produkt/die-kraft-der-mitte-2
B2P116 – Die Ökosoziale Marktwirtschaft – Josef Riegler
https://www.bauertothepeople.at/podcast/222

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„Leit hoits zamm“ – Haindling
*thx an Jürgen Buchner

„Power to the People“ – Junior Kelly
*thx and Michael Lechleitner @ Irievibrations Records

 … und ein bisserl selbst gesungen 😊
*thx to me, my voice und eure Schmerzschwelle 

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Viel Spaß beim Reinhören und Entdecken!

Transkript

Franz
00:00:00
Im Kern ist es darum gegangen, den Bauern einen gewissen Mindestpreis zu garantieren, weil nachher wird es attraktiv, Landwirtschaft zu betreiben. Aber das hat natürlich dann zur Konsequenz gehabt, dass man die heimische Landwirtschaft gegenüber außen abschirmen musste, weil sonst hätten ja Länder, die billiger produzieren, Österreich überschwemmt mit Nahrungsmitteln. Wenn ich qualitativ hochwertige Käse produzieren kann oder Joghurt oder derartige Produkte, dann kann ich damit am Markt resieren. Und um das in einer vereinfachten Form auszudrücken, habe ich dann den Saga erfunden. Also Österreich soll die Ambition haben, der Feinkostladen Europas zu werden.
Willy
00:01:00
Das kommt wirklich direkt von dir.
Franz
00:01:02
Und in der Zeit habe ich da praktisch ein Jahr lang als 14-Jähriger die Landwirtschaft geführt. Jeden Tag um sechs in der Früh aufstehen, Kühe melken, dann ins Gymnasium gehen. Dann nach Hause, dann aufs Feld gehen, heuen oder was sonst halt angefangen ist, dann wieder melken am Abend.
Willy
00:01:22
Zweimal am Tag, ja?
Franz
00:01:24
Zwei Mal am Tag muss man kein melken. Und dann hätte ich es halt nur eine Aufgabe machen. Das habe ich dann manchmal ausgefalten lassen. Wenn ich da in eins der Regale hineingreife, dann sollte mir schon klar sein, dass je nachdem, aus welchem Regal ich ein Produkt herausnehme, rausnehme, ich dann eben genau diese Zusatzleistungen nicht bei mir zu Hause, sondern irgendwo anders fördere, wenn ich kein österreichisches Produkt nehme.
Willy
00:01:54
Ja, das ist klar, dass du das weißt, aber ist das nicht zu Hilfe verlangt vom Konsumenten?
Franz
00:01:57
Ich glaube, man sollte den Konsumenten nicht für blöd halten.
Music
00:02:03
Music
Willy
00:02:10
Bower to the people. Der Podcast für Perspektiven rund um Essen, Menschen und Landwirtschaft. Weil nur durchs Reden kommen die Leute.
Music
00:02:20
Music
Willy
00:02:26
Grüß euch. Ja, in dieser Ausgabe des Bauer to the People Podcast, da war der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler zu Gast bei mir im Wiener Podcaststudio. Ja, und wer einen Podcast über Landwirtschaft, Lebensmittel und Gesellschaft macht und damit vor allem das Ziel verfolgt, eben diese Welt mit jeder Folge vielleicht ein bisschen besser zum Verstehen, der kommt um den Franz Fischler ohnehin nicht herum. Ja, und seit ihn der Josef Riegler in unserem gemeinsamen Gespräch gleich mehrfach erwähnt hat, und den Link zu dem Gespräch, den findet ihr natürlich auch in den Shownotes, ja, ihn sogar damals in die Politik geholt hat, ja, da habe ich dann gewusst, jetzt ist es Zeit, ihn auch mal in den Bauer-to-the-People-Podcast zu holen, ihn einzuladen oder zumindest den Versuch zu wagen. Und siehe da, auf einmal war er da, der Herr Kommissar. Ja, der Einfluss seiner Arbeit, der ist bis heute spürbar. Spürbar und seine Stimme, mit der er trotz seiner alpinen Herkunft nie hinter dem Berg gehalten hat, die ist auch nach wie vor deutlich hörbar. Zum Zeitpunkt der Aufnahme, da blickt der Franz bereits seinem 80. Geburtstag entgegen und somit auf ein langes und auch ein ereignisreiches Leben zurück. In seine Amtszeiten als österreichischer Landwirtschaftsminister und späterer EU-Kommissar für Landwirtschaft und Fischerei, er hat auf vielen politischen Weichenstellungen, die Österreich, aber auch Europa wesentlich geprägt und verändert haben. Die Zeit vor, während und vor allem auch nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, das war auch die Zeit Franz Fischlers. Mit der nach ihm benannten Fischler-Reform hat er die EU-Agrarpolitik maßgeblich mitgeprägt, was dem Europäer Fischler viel Beifall, ihm aber auch viel Kritik vor allem aus seiner Heimat eingebracht hat. Natürlich sprechen wir auch über diese Zeit. In seine Amtszeit, da fällt aber auch die Gründung der AMA, der Agrarmarkt Austria. Und wenn ihr euch vielleicht schon mal gefragt habt, woher diese Erzählung vom Feinkostladen Österreich stammt, ja, die hat uns auch der Franz aufgetischt. In dieser Folge haben wir über viele Aspekte gesprochen. Manches etwas ausführlicher, manches nur gestreift. Und sicher gäbe es noch viele, viele Fragen, die zu stellen wären. Und klar, am Ende ist uns auch wieder ein bisschen die Zeit ausgegangen. Ja, mei. Was dieses Gespräch aber neben all den Fakten für mich persönlich und hoffentlich auch für euch besonders wertvoll macht, das ist diese Zusammenschau des Menschen Franz Fischler, seine Persönlichkeit, seine Wünsche und Ambitionen, sowie die politischen Rollen und Aufgaben, denen er sich dann auf seine ganz individuelle Art und Weise gestellt hat. Nach der Folge, da war mir dann zumindest klar, wie sehr der Mensch auch sein Amt prägt und nicht nur das Amt den Menschen. Ob man nun zufrieden ist mit dem, was geschah oder auch nicht, es muss ohnehin jeder von euch für sich selbst entscheiden. Einer guten Diskussion ist der Tiroler Alpha definitiv noch nie aus dem Weg gegangen. Und wenn ihr bei uns auf dem YouTube-Kanal ganz genau hinschaut, bei der einen oder anderen Stelle, da sieht man beim Franz dieses schelmische Blitzen in seinen Augen. Daher glaube ich sogar, er würde auf diese Diskussionen sogar aktiv zugehen. Lieber Franz, vielen Dank für deine Zeit und euch jetzt viel Freude beim Reinhören. Und ich habe es schon gesagt, bei unserem YouTube-Kanal auch beim Reinschauen. Muss ich mich fürchten? Nein, noch nicht, oder?
Franz
00:06:03
Müssen nicht.
Willy
00:06:05
Ich schaue es ihm in die Augen wieder. Dann starte ich mit einer Einleitung, oder?
Franz
00:06:11
Bitte.
Willy
00:06:11
Lieber Franz Fischler, müssen wir wieder mehr pfeifen lernen. Ganz ehrlich.
Franz
00:06:17
Das ist je nachdem, wie man Pfeifen versteht.
Willy
00:06:21
Ich habe es in einem Buch gelesen.
Franz
00:06:23
Man kann also ja auf etwas pfeifen, das heißt also sich nicht um etwas scheren, das ist auch mehr Pfeifen lernen oder tatsächlich Pfeifen im Sinne von Whistling, wie die Engländer sagen oder muss man wieder mehr zuhören können, was die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Willy
00:06:47
Also Pfeifen lernen und zuhören können wahrscheinlich. Ja, beides. Hinhören lernen. Es gibt, glaube ich, in der Geschichte der österreichischen Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg vermutlich keine Person, die mit dem, was wir heute als österreichische Landwirtschaft kennen, so verknüpft ist wie du. Du warst dabei beim EU-Beitritt, du warst davor schon dabei, du hast da maßgeblich mitgearbeitet und hast dann die erste Phase, die wichtige Phase nach dem EU-Beitritt maßgeblich mitgearbeitet. Es gibt sogar Reformen, die nach dir benannt ist. Und ich würde das gerne heute in mehreren Schritten aufbauen, das Gespräch biografisch. Wir fangen bei dir ganz vorne an und schauen uns dann die Geschichte Österreichs, der EU, in Verwindung mit deiner Person an, wenn das für die in Ordnung ist. Ich hoffe, das ist in Ordnung, sonst haben wir jetzt ein Problem.
Franz
00:07:34
Na, legen wir los.
Willy
00:07:37
Ich habe zwar dein Geburtsdatum schon herausgefunden. Du gehst demnächst auf dem 80er-Zug. Ist das möglich?
Franz
00:07:45
Ja, im nächsten Jahr werde ich 80.
Willy
00:07:47
Wahnsinn. Wird groß gefeiert?
Franz
00:07:49
Das ist abzuwarten. Da ist noch nichts entschieden. Das ist ja noch mehr so ein Jahrzeit.
Willy
00:07:55
Du bist dafür bekannt, dass du deine Dinge sehr, sehr akribisch planst. Das wird dir ja nachgesagt.
Franz
00:08:00
Ja, aber wenn es ums Geburtstagsfeiern geht, dann lasse ich mich feiern.
Willy
00:08:04
Das müssen andere machen.
Franz
00:08:04
Das sollen andere für mich planen.
Willy
00:08:06
In welcher Familie bist du damals in Tirol? Darf man schon vorweg schicken. In welcher Familie, in welcher Leben, in welcher Zeit bist du da reingeboren worden?
Franz
00:08:15
Naja, ich bin also ein Jahr nach dem Kriegsende geboren, also 1946. Ich bin dann in einer kleinen Landwirtschaft aufgewachsen, die allerdings meine Großeltern betrieben haben, nicht meine Eltern. Und nachdem wir also viele Geschwister waren, ich habe insgesamt fünf Brüder gehabt, Ja, war diese kleine Landwirtschaft ganz einfach nicht ausreichend, um zwei Familien zu ernähren. Daher war mein Vater nie in der Landwirtschaft, er hat immer einen anderen Beruf ausgeübt, aber wir sind auf dem Bauernhof von meinen Großeltern aufgewachsen. Und auf diese Weise bin ich natürlich schon sehr früh mit der Landwirtschaft vertraut geworden. Wobei, damit man sich da keine falschen Vorstellungen hat, also unsere Landwirtschaft hat im Wesentlichen aus drei bis vier Kühen bestanden, plus ein bis zwei Ochsen als Zugtiere, plus 30 Hennen und zwei Schweine. Und dann haben wir allerdings, weil wir dort, wo ich zu Hause bin, in Absam, das ist von der Sonne her eine sehr günstige Lage, daher haben wir also auch so an die 100 Obstbäume gehabt. Das war ein wichtiges Nebeneinkommen für meine Großmutter. Und ja, da haben wir natürlich als Kinder mitgearbeitet, das ist eh klar. Und dann bin ich ins Gymnasium gegangen. Das war nicht weit weg, da konnte man in 20 Minuten zu Fuß hingehen. Und das war ein humanistisches Gymnasium in Hall, das von den Franziskanern betrieben wurde. Also wir haben außer dem Tonprofessor und dem Mathematikprofessor nur ein paar Triss gehabt in der Schule. War natürlich eine reine Bubenschule, humanistisches Gymnasium.
Willy
00:10:27
Die Stuka war es, gell?
Franz
00:10:29
Ja, das heißt in Hall so, die Stuka. Aber die Sache war dann die, dass ich in die vierte Klasse im Gymnasium gewesen bin, dass mein Großvater dann krank worden und dann nach einem Dreivierteljahr auch gestorben. Und in der Zeit habe ich da praktisch ein Jahr lang als 14-Jähriger die Landwirtschaft geführt, was also nicht ganz einfach war. Jeden Tag um sechs in der Früh aufstehen, Kühe melken, dann ins Gymnasium gehen, dann nach Hause, dann aufs Feld gehen, heilen oder was sonst halt angefangen ist, dann wieder melken am Abend.
Willy
00:11:10
Zweimal am Tag, ja? Das hat man gelernt schon.
Franz
00:11:12
Zweimal am Tag muss man Kühe melken. und dann hätte ich noch eine Aufgabe machen. Das habe ich dann manchmal ausfallen lassen. Und das ist dann immer öfter geworden, was also dann am Ende dazu geführt hat, dass ich diese Klasse dann wiederholt habe.
Willy
00:11:29
Ist das Jahr dann besser picken geblieben wie die anderen?
Franz
00:11:32
Naja, man hat sich da damals eigentlich nicht wahnsinnig viel gedacht dabei.
Willy
00:11:41
Wie war der Kindheit so? Es gibt ja in deinem Buch, du hast ja deine zwei Biografien, die Kraft der Mitte und die Erinnerungen. Da habe ich ja beide den Vorbereiten natürlich gelesen.
Franz
00:11:52
Na sehr gut, sehr gut.
Willy
00:11:54
Was wir dann unterschreiben, die werden wir dann noch verlosen. Was war das? Wie kann ich mir das vorstellen? War das eine glückliche Kindheit? Weil es war ja die Nachkriegszeit. Es war ja alles hin, oder?
Franz
00:12:04
Also bei uns im Dorf, da hat es keinen bombeneinschlag gegeben. Da war nichts hin. Das war nicht so wie in der Stadt in Innsbruck oder in den Hall. Es ist sehr viel bombardiert worden. Also so gesehen haben wir da keinerlei Not oder irgendwas gelitten. Noch dazu auf dem Bauernhof. Also so viel, wie man zum Essen braucht, ist da immer da. Das ist ja klar. Also so gesehen ist uns eigentlich da nicht viel abgegangen. Was wir weniger gehabt haben, ist also, dass wir auf Urlaub gefahren wären oder sowas, das habe ich nie gekannt, sondern der Urlaub war am Feld draußen. Aber sonst ist also meine Kindheit sehr, also wir waren da, da hat es dann in den verschiedenen Dorfteilen, hat es dann Banden gegeben, die dann miteinander gekämpft haben und dergleichen mehr also das war richtig lustig und wie
Willy
00:13:07
Hat eure bande geheißen.
Franz
00:13:08
Das war die fischler bande ja wirklich ja ja klar abgesehen davon ist es war nämlich so dass ich der älteste war der sechs brüder und daher war ich so quasi der kommandant und ja Man musste sich natürlich auch ein bisschen zu helfen wissen, also ich habe schon als Pupp, als Zehnjähriger alle möglichen Nebengeschäfte betrieben, wo das eine oder andere Geld verdient werden konnte. Das hat beim Ministrieren angefangen und später habe ich da alle möglichen Aktivitäten, Obstbäume gepflegt und für ein paar Bauern die Küche ausgeweist und solche Dinge. Also jedenfalls habe ich mir da, Sparsam war ich auch, habe ich mir da mit der Zeit so viel Geld zusammengespart, dass ich, wie ich 16 war und in die sechste Klasse des Gymnasiums gegangen bin, habe ich mir ein Moped leisten können. Ich war daher der stolze erste Besitzer eines Mopeds im Gymnasium in Hall und noch dazu war das ein zweisitziges Moped. Was also dem Patris vielleicht nicht so gefallen hat.
Willy
00:14:31
Wenn man dir in die Augen schaut, dann bist du nicht damals stolz drauf gewesen, dann bist du heute noch stolz drauf.
Franz
00:14:36
Ja, das war so.
Willy
00:14:39
Und du hast vorher gesagt, du warst ja bei der Fischlerbande. Es waren aber nicht nur Fischlers in der Bande.
Franz
00:14:46
Ja, zum Großteil schon.
Willy
00:14:47
Schon wirklich, das war eine Familienbande.
Franz
00:14:49
Aber nur zwei, drei Nachbar-Buben. Habt ihr ein paar rekrutiert, oder? So zehn waren wir halt.
Willy
00:14:54
Wo hat sich das bei dir ausentwickelt? Weil wenn man sich deine Bücher durchliest, man kriegt ja das Gefühl, du bist nicht ganz unselbstbewusst und du hast dich selber ein paar Mal im Buch als Alpha beschrieben. Du warst der Alpha, der Chef. Woher kommt das?
Franz
00:15:11
Und wie ist man der Alpha? Das entwickelt sich eigentlich in dem Zusammenhang in einer großen Familie automatisch. Unter den Brüdern ist automatisch dann einer ein Alpha-Tier.
Willy
00:15:21
Warum warst du das du?
Franz
00:15:22
Ja, weil der Älteste war.
Willy
00:15:23
Weil der Älteste. Die Rolle ist dir quasi zugefallen. Du musstest Alpha werden.
Franz
00:15:27
Nein, ich musste sie nicht erkämpfen.
Willy
00:15:29
Okay, was macht ein Alpha aus? Außer, dass er der Älteste ist?
Franz
00:15:33
Ja, ein Alpha-Typen ist also derjenige, der halt in einer Bande oder in einer Gruppe gewissermaßen der Leithammel ist, der also vorangeht, aufgrund dessen natürlich auch da und da dann als erster die Hiebe von den anderen abbekommt. Das ist der Nachteil der ganzen Geschichte. Also Alpha zu sein hat nicht nur Vorteile, das möchte ich schon betonen, aber das ist mir irgendwie dann mit der Zeit auf dem Leib geschrieben gewesen und ich habe also dann auch in meinem späteren Leben immer dazu tendiert, Leitungsfunktionen innezuhaben. Ja, das war, also ich war ja dann in Wien, habe Landwirtschaft studiert, da habe ich nebenbei, war ich dann da in der katholischen Hochschulgemeinde und da war ich dann ein Jahr lang der Vorsitzende von Österreich in dieser Organisation, dann nach dem Studium war ich Assistent auf der BOKU, also als Assistent hat man keine Leitfunktion, nur dazu war ich der einzige Assistent. Aber da habe ich meine Dissertation gemacht und dann auch bin ich dann nach Tirol zurückgegangen in die Landwirtschaftskammer und dort war ich dann nach fünf Jahren der Direktor dieser Kammer. Also die Tiroler Kammer war damals eine Einrichtung mit ungefähr 270 Mitarbeitern, also war schon eine einigermaßen signifikante Einrichtung. Und deshalb die zweite Sache, die ich also in meinem Leben lang irgendwie, ist mir das immer zugefallen, das waren Reformen. Also mein Vorgänger in der Landwirtschaftskammer, der war nicht nur Kammerdirektor, sondern gleichzeitig auch Nationalrat, worunter natürlich der innere Zusammenhalt der Kammer gelitten hat, weil der nicht oder selten da war. Und ich habe also gesagt, naja, da muss man jetzt das Ganze wieder konsolidieren und muss man also auch Reformen machen und muss also die Kammer auch modernisieren, nicht nur die Landwirtschaften und das ist dann ganz gut gelungen, was also dann zur Folge gehabt hat, dass ich eigentlich keinen Grund gehabt habe, in Wirklichkeit, wie ich vom Vizekanzler Riegler gefragt worden bin, ob ich bereit wäre, Landwirtschaftsminister zu sein, habe ich gesagt, das muss ich mir gut überlegen, weil ich habe da eigentlich keinen Grund mehr gefällt, da kann man sehr gut. Dann hat er gesagt, überlegen kann schon, aber morgen muss ich es wissen. So kommen in der ÖVP die Minister zustande.
Willy
00:18:23
Ich habe schon oft gehört, dass die Entscheidungszeiträume nicht oft sehr sonderlich lang sind. Ja, das stimmt.
Franz
00:18:29
Und dann bin ich Minister geworden. Na gut, da ist man dann sowieso eine Leitfigur. Weil wenn man das als Minister nicht ist, dann ist man sowieso am falschen Platz. Und dann noch stärker war das in Brüssel. Die zehn Jahre in Brüssel. Aber ich habe danach einige Leitfunktionen inne gehabt und habe heute noch welche. Also danach war ja dann eine Zeit lang der Präsident... Der ökosozialen Landwirtschaft bzw. Wirtschaft und dann Präsident des Europäischen Forms Alpbach und jetzt bin ich noch Präsident des Instituts für höhere Studien.
Willy
00:19:12
Mehrfach Präsident quasi. Ist dir das wirklich zugefallen oder vor wem hast du das?
Franz
00:19:18
Eines kann ich sagen, ich habe mich nie in meinem ganzen Leben nicht um einen dieser Jobs beworben.
Willy
00:19:25
Hast du nie beworben? Bei einem Lebenslauf geschrieben, gibt es einen Lebenslauf von dir?
Franz
00:19:29
Einen Lebenslauf gibt es auch.
Willy
00:19:30
Anrechtschrieben für die, was ich weiß.
Franz
00:19:31
Sogar Kurzfassungen und Langfassungen, das gibt es alles. Aber ich habe mich nicht, nie um eine solche Funktion beworben. Daher habe ich auch nie einen Lebenslauf gebraucht, um mich irgendwo ein Bewerbungsschreiben abzugeben. Sondern es war sogar so, also wie gesagt, wie ich Minister geworden bin, Das war eine Initiative, die vom Riegler ausgegangen ist, weil damals haben die Steirer in der ÖVP sehr stark den Ton angegeben und die waren mit dem Bundesparteiobmann Mock nicht mehr zufrieden. Und die wollten den Mock absageln und statt ihm den Riegler auf die Fahnen heben, was sie dann auch gemacht haben. Und der Riegler hat mich dann kontaktiert aus dem Grund, weil er gesagt hat, also wenn ich Parteiobmann machen will und das übernehme, dann kann ich nicht gleichzeitig Landwirtschaftsminister sein, weil das einfach zu arbeitsaufwendig ist. Und das hat dann zur Folge gehabt, dass am selben Tag vier neue Minister angelobt wurden vom Bundespräsidenten, nämlich der Schüssel als Wirtschaftsminister, dann der Busseck als Wissenschaftsminister, ich als Landwirtschaftsminister und der Riegler hat also eine neue Ministerfunktion und Vizekanzlerfunktion erhalten. Und dann ist also zwei Tage vor, dass entschieden wurde, endgültig, ist dann noch ein Protest aus Oberösterreich gekommen. Die Oberösterreicher haben sich benachteiligt gefühlt, weil sie keine Minister mehr hatten. Und dann hat man im letzten Moment eine junge, hübsche, blonde Dame aus dem Talon gezogen, die dann Staatssekretärin geworden ist im Wirtschaftsministerium. Und das war die Maria Fekter. Ja, so ist es entstanden und im Übrigen ist es auch dann später so gewesen, wie es um die Frage gegangen ist, wer soll der erste EU-Kommissar sein aus Österreich? Da ist folgende Geschichte dann gewesen. Ich habe natürlich die Leute durch die Beitrittsverhandlungen in Brüssel alle sehr gut gekannt, klarerweise. Und ich war dann auch so etwas wie, wenn man so will, der Klassensprecher der Kandidatenländer in der Agrarpolitik. Weil ja die Schweden und die Finnen und damals waren die Norweger auch dabei, die haben ja ganz ähnliche Interessen gehabt.
Willy
00:22:18
Du warst schon wieder der Kommandant.
Franz
00:22:19
Ja, das hat sich so ergeben. Und dann hat der Vorgänger des Präsidenten Santa, der dann zu meiner Zeit mein erster Präsident war, der Vorgänger aus Luxemburg, der war Agrarkommissar. Und der hat einen Kabinettschef gehabt, ebenfalls ein Luxemburger und den habe ich sehr, sehr gut gekannt und der war auch sehr gut und ist heute noch, also jetzt ist er in Pension, aber der hat eine Karriere gemacht in der Kommission und der ist dem Jacques Santa empfohlen worden, dass ihn der Santa, wenn er Präsident wird, übernehmen soll und in seinem Kabinett beschäftigen. Und von dem ist es dann eigentlich ausgegangen, weil da war die Frage, wer soll Agrarkommissar werden, weil das war immer früher noch heikler als heutzutage.
Willy
00:23:24
Noch heikler?
Franz
00:23:25
Ja, das war früher deswegen noch heikler, weil es für die agrarpolitischen Gesetze ein eigenes Gesetzgebungsverfahren gegeben hat. Also nicht das normale Verfahren, das ja so funktioniert, dass die Kommission einen Vorschlag macht und dann müssen diesem Vorschlag sowohl das Parlament als auch der Minister zustimmen. Das war in der Landwirtschaft anders, weil das Parlament nicht an der Entscheidung beteiligt war. Das heißt also, man hat alles nur mit den Ministern der Mitgliedstaaten ausmachen müssen und zusätzlich war zu der Zeit das Agrarpudget alleine mehr als die Hälfte des gesamten EU-Budgets. Also insofern war das eine eher mächtige Position. Und wie gesagt, wie dann der Spruch reif geworden ist, dass also der Santa neuer Kommissionspräsident wird und wie man dann sich umgeschaut hat nach einem Agrarkommissar, hat dieser Kabinettschef, den ich sehr gut gekannt habe, dem Santa aufmerksam gemacht und hat gesagt, Er glaubt, dass wenn man da mich bestellen würde, dass das eine gute Lösung wäre. Naja. Also, das hat dann dazu geführt, dass bei einem Kongress, das hat da früher alle Jahre einen Kongress der konservativen Parteien in der Europäischen Union gegeben, und damals war der Busseck ÖVP-Parteiobmann, und bei einem dieser Kongresse hat dann der Santa den Busseck darauf angeredet und hat gesagt, Also bitte, wenn ihr Österreicher den Fischler nach Brüssel schickt, dann bin ich bereit, euch das Agrarportfolio zu geben. Also das war dann die auch nicht ganz einfache Aufgabe des Bussegg, mit dem Bundeskanzler Franitzky auszuverhandeln, dass der Franitzky dem zustimmt.
Willy
00:25:36
Der Latzina war quasi die Alternative gewesen.
Franz
00:25:38
Der Latina war eine mögliche Alternative, absolut, aber der hat es ziemlich zu erkennen gegeben, dass er eigentlich nicht will, von Wien nicht weggehen wollte. Und sonst haben die Sozialisten damals auch keine große Auswahl an Kandidaten gehabt. Also letztendlich hat dann der Vanitzky dieser Lösung zugestimmt.
Willy
00:26:00
So bist du dann nach Brüssel gekommen, quasi zur EU, ist ja nicht nur Brüssel. Vor wem hast du diese Zielstrebigkeit? Ist das was von der Oma? Kannst du das irgendjemandem zuschreiben? Und was hat dich besonders auszeichnet? Du hast ja oft gesagt, es war viel zu leicht für dich. Die Uni war dann zu leicht. Bei der Schule bist du eigentlich auch gut durchgekommen.
Franz
00:26:25
Ohne was zu lernen?
Willy
00:26:27
Schon, oder?
Franz
00:26:28
Das stimmt schon, dass ich mich da immer relativ leicht getan habe. Ich habe also tatsächlich das Landwirtschaftsstudium zur damaligen Zeit als zu leicht empfunden. Ich hätte mir erwartet, dass man da mehr lernen muss, weil an sich ist ja dieses Landwirtschaftsstudium, so wie es damals war, ein sehr interessantes Studium, weil es ein ungeheuer vielfältiges Studium ist. Man muss zuerst einmal im ersten Studienabschnitt praktisch nur Grundlagenfächer lernen, also Mathematik, Geologie, Bodenkunde, Chemie sehr viel, Physik und so weiter. Und dann im zweiten Studienabschnitt, da sind dann die eigentlichen agrarischen Fächer wie Tierproduktion, Pflanzenproduktion und so weiter. Und im dritten Abschnitt ist dann noch die ökonomische Seite und die rechtliche Seite. Also es hat drei Abschnitte gegeben und das war in Summe eine runde Geschichte und man konnte wirklich viel lernen. Aber, naja, also ich hätte gedacht, man muss da mehr in die Tiefe gehen, weil nur irgendein Skriptum auswendig lernen, das macht auch keinen Sinn. Daher habe ich also bald einmal während des Studiums das dann organisiert für mich, sodass das funktioniert hat. Die Organisation hat darin bestanden, dass ich einmal geschaut habe, welche meiner Kolleginnen, weil bei den Herren habe ich gar nicht geschaut, weil die meistens eine unlöserliche Schrift haben. Also bei den Kolleginnen habe ich geschaut, welche eine schöne Handschrift hat. Und dann habe ich mit denen einen Deal gemacht und habe gesagt, Also pass auf, wenn diese Vorlesung vorbei ist, nachher borgst du mir deine Mitschrift und ich lerne das dann und du auch. Und wenn du irgendwo was findest, wo du dir unsicher bist oder nicht mehr auskennst, dann kommst du zu mir, nachher arbeiten wir das gemeinsam. So haben wir das immer gemacht.
Willy
00:28:49
Das hat funktioniert.
Franz
00:28:50
Hat immer bestens funktioniert, ja, ja. Also ohne Schwierigkeiten, außer dass hier und da der Professor gesagt hat, also weil ich zur Prüfung gekommen bin, also Sie sind mir noch nie in der Vorlesung aufgefallen.
Willy
00:29:03
Aber Stoff hat passt, nicht?
Franz
00:29:04
Ja, ja, das hat absolut passt.
Willy
00:29:06
Okay. Und was ist da besonders leicht gefallen? Was bist du für ein Schüler gewesen? Wie kann ich mir den Franz Fischl vorstellen in der Schule?
Franz
00:29:14
Also in der Schule ist das noch einfach gewesen. Also interessanter war es dann im Studium. Weil ich habe 67 zu studieren angefangen und 68 war ja das berühmte Revolutionsjahr.
Willy
00:29:31
Du hast genau eingefallen.
Franz
00:29:32
Auch in Wien. Und das heißt, das waren Zeiten, wo man also nicht sehr früh aufgestanden ist. Also früh aufstehen war schon 10 Vormittag. Normalerweise eher noch später.
Willy
00:29:47
Ja, wir haben aber studiert.
Franz
00:29:49
Und dafür ist man aber noch unterwegs gewesen, bis mindestens zwei in der Früh.
Willy
00:29:55
Zur Arbeit hat man natürlich bis zwei in.
Franz
00:29:56
Der Früh studiert. Nein, da ist sehr viel diskutiert worden, auch sehr viel gestritten worden, hat es sehr viele Auseinandersetzungen gegeben, hat es damals auch sehr gute Kabarets gegeben in Wien, politische Kabarets, wo man eine Grundlage nachher gehabt hat zum Diskutieren. Dann hat man mit der Zeit auch einzelne Leute kennengelernt. Ich habe zum Beispiel den HC Artmann gekannt, oder auch einige von diesen Wiener, wir haben immer gesagt, die Wiener fantastischen Kapitalisten, also die Wiener fantastischen Mäler. Und ich habe also da in Künstlerkreisen wirklich einige Leute ganz gut gekannt,
Willy
00:30:46
Wie hast du dich kennengelernt?
Franz
00:30:48
Mehr oder weniger zufällig.
Willy
00:30:50
Also keine Strategie dahinter?
Franz
00:30:53
Nein, hinter allem ist da keine Strategie gewesen, da ist sehr viel auch Zufall gewesen. Und wie das Studium fertig war, das war dann schon mein Interesse, weil ich gesagt habe, man muss sich in einem Bereich vertiefen und das ist der Grund gewesen, warum ich mich entschlossen habe, eine Dissertation zu machen. Und das hat noch ganz gut funktioniert. Und dann war das aber zur damaligen Zeit so, dass die Ausstattung, vor allem mit technischen Hilfsmitteln auf der BOKUS, sehr, sehr schlecht war. Also wir haben einen Computer gehabt, der ist dann wenige Jahre später ins Technische Museum gekommen. Wirklich schon so schlimm. Wir haben also auch von den modernen Techniken, die da gerade begonnen haben, also dass man zum Beispiel fotogrammetrische Aufnahmen nicht mehr analog, sondern digital macht und ähnliches. Das ist ja in der Zeit entstanden und da hat auf der BOKU jegliche Ausstattung dafür gefällt. Wobei ich dazu sagen muss, es waren auch die anderen österreichischen Hochschulen nicht als Wunder, wie sie ausgestattet. Das Lustigste war, ich habe ja meine Tiss zu einem Thema geschrieben, was darum gegangen ist, die verschiedenen Informationssysteme, die Information liefern über die Landnutzung, über das Eigentum, also der Kataster über die Bodenqualität und so weiter, dass man das miteinander verschränkt und daraus dann eben qualifiziertere Aussagen möglichst automatisch ableiten könnte. Da war ja ein bisschen der Zeit voraus, Die technische Seite hat dann nicht so recht funktioniert. Aber eines haben wir dann zustande gebracht, da ist nämlich gerade ein neuer Professor aus Deutschland, an die TU Wien gekommen, Professor für Fotogrammetrie, gewisser Herr Professor Graus, der war also international bekannt und der hat eigentlich dann auf der TU angefangen, solche digitalen Informationssysteme zu entwickeln. Und da war dann mein Interesse, weil ich habe ein Forschungsprojekt für das Landwirtschaftsministerium gemacht, Wie kann man das anstellen, dass man automatisch aus Luftaufnahmen Ausrechnen und darstellen kann, wo die Flächen ein Eben sind oder eine bestimmte Hangneigung haben. Weil das waren ja die Hangneigungen, da hat es Grenzen gegeben und nach diesen Grenzen, wenn einer drunter oder drüber gefallen ist, hat es eine unterschiedliche Höhe für die Förderung gegeben. Und das haben wir dann versucht. Und dann hat sich herausgestellt, dass der Computer auf der TU das auch nicht können hat. Er hat das nicht rechnen können, er hat nicht die Kapazität gehabt dafür. Schlussendlich ist es dann in Stuttgart, auf der Universität in Stuttgart gerechnet worden. Aber das waren die ersten derartigen Karten, die es überhaupt gegeben hat, die diese Information beinhaltet haben. Also so gesehen war das dann auch ganz spannend.
Willy
00:34:38
Das war ja schon visionär quasi. Was alles mit GPS und mit Satelliten halt relativ gut geht. Heute kann das.
Franz
00:34:43
Bei neuer Taschenrechner besser.
Willy
00:34:46
Jedes Gerät, das da heute herumsteht, das kann das wahrscheinlich nebenbei rechnen.
Franz
00:34:49
Das ist also anders geworden. Naja, aber dann eben in der Landwirtschaftskammer, da war ich also zunächst einmal die ersten Jahre zuständig für alles Mögliche, weil ich als Assistent des Direktors eingestellt worden bin. Und nachdem der aber selten da war, habe ich eigentlich nachher gewissermaßen bald einmal angefangen.
Willy
00:35:15
Operativ warst du schon Direktor quasi, oder?
Franz
00:35:17
Ja, ja, ich war der geschäftsführende Direktor sozusagen.
Willy
00:35:22
Warst du nicht überfordert oder so mit dem Ding, da fahren wir so viele Leute?
Franz
00:35:25
Nein, überhaupt nicht, nein.
Willy
00:35:27
Du hast gesagt, das erste Mal sind ja Selbstzweifel irgendwann einmal in eine Kommission gekommen. Wie gibt es das?
Franz
00:35:32
Damit habe ich nie ein Problem gehabt.
Willy
00:35:34
Ja, das liest man auch so ein bisschen raus. Wie geht das? Das ist das, was mich so ein bisschen interessiert. Das hast du einfach nie gehabt, oder wie?
Franz
00:35:42
Nein, das Problem habe ich nie gehabt, sondern ich habe immer ganz pragmatisch gesagt, na ja, einer muss anschaffen, weil wenn nicht angeschafft wird, dann passiert nichts. So einfach ist das gewesen. In der Im Ministerium war das dann so, das Ministerium ist natürlich ein Riesenapparat, also damals sind allein in der Zentrale in Wien über 600 Leute gewesen und insgesamt haben zum Ministerium, je nachdem ob man die Bundesvorstelle dazugezählt hat oder nicht, entweder fast 5000 oder 7000 Leute dazugehört. Also das ist schon ein ganzer Grund. Aber die waren natürlich die sogenannten nachgeordneten Dienststellen, das waren verschiedene Bundesanstalten und so weiter. Also die hat man höchstens alle zwei Jahre einmal besucht, also mehr ist da nicht passiert. Das war dann anders in Brüssel. Du hast noch mehr. Und da sind auch die Mechanismen ganz andere. Naja, in Brüssel habe ich in der ersten Periode war ja nur für die Landwirtschaft zuständig, nur also das sind 700 Beamte und in der zweiten Periode war ich zusätzlich für die Fischerei zuständig das heißt da habe ich dann in Summe fast 1000 Beamte gehabt
Willy
00:37:06
Wir sind irgendwie so im Zusammenhang auch mit deiner Person wie du so, wie du zwei Sachen erinnern mich, das erste war dieses Erlebnis, das du beschrieben hast mit deiner Oma glaube ich am Markt du warst noch jung, du wirst ja quasi sie hucken hat lassen mit zwei Enten und weil sie irgendwas holen hat müssen und sie dann zurückkommen ist.
Franz
00:37:26
Da war ich im Kindergartenalter, da war ich vier oder fünf Jahre alt.
Willy
00:37:30
Vier oder fünf?
Franz
00:37:31
Ja, so ungefähr. Vier oder fünf.
Willy
00:37:34
Du und zwei Enten am Markt in Hall.
Franz
00:37:38
Meine Großmutter, die ist eben, weil ich, wie ich vorhin erzählt habe, immer, weil die Großmutter immer eben auch sich ums Obst gekümmert hat, ist man dann im Herbst, wenn die Äpfel reif waren, hat man die also am Marktinhalt teilweise verkauft. Teilweise haben wir Stammkundschaften gehabt, die uns das
Willy
00:38:01
Also Obst heißt wirklich Obst, nicht Schnopps?
Franz
00:38:04
Nein, nein, Obst. Nein, Tafelobst.
Willy
00:38:08
Kann ja Schnopps auch sein.
Franz
00:38:10
Wobei allerdings bei diesen früheren Anbauweisen und früheren Obstkulturen hat man ja praktisch nur jetzt das zweite Jahr einen vollen Ertrag hat. Da hat es diese sogenannte Alternanz gegeben. Alternanz heißt das, dass es ein Jahr einen guten Ertrag gibt und ein Jahr einen weniger guten.
Willy
00:38:33
Waren das andere Kulturen damals noch?
Franz
00:38:35
Ja, das war ein riesiger Obstbaum. Der größte Apfelbaum, den wir gekauft haben, das war ein Bosskopf. Wenn er voll tragen hat, 600 Kilo Äpfel.
Willy
00:38:51
Also nicht so, wie wir es heute kennen, alle gleich, das.
Franz
00:38:53
Waren so richtig urige Bäume.
Willy
00:38:57
Und zwei Enten habt ihr irgendwann gehabt.
Franz
00:38:59
Nein, die Enten. Die Oma hat immer Geflügel gehabt. Und da waren gerade zwei Enten und da hat sie gefunden, die kann sie eigentlich verkaufen. Und die haben wir da mitgenommen in einen kleinen Käfig und sie ist dann irgendwas einkaufen gegangen und hat gesagt, also ich soll mich da auf die Kisten draufsetzen und warten, bis sie wieder kommt. Und es hat aber nicht lange gedauert, nachher sein, das war damals noch Besatzungszeit und wir in Tirol waren ja in der französischen Besatzungszone und da sind bald einmal zwei Damen vorbeigekommen und haben also diese Enten da gesehen. Und das waren zwei Französinnen, haben kein Wort Deutsch können und jetzt haben die da mit Händen und Füßen mich gefragt, ob sie ihnen da die Enten verkauft. Ich habe keine Ahnung gehabt, was man da verlangen kann. Nichts. Da sind die umgebenden Bayern, denen ist das auch aufgefallen. Also gut, gemeinsam haben wir nachher die zwei Anden verkauft und wie meine Großmutter zurückgekommen ist, war ihr erster Blick auf diesen Käfig, die Anden sind nicht mehr da.
Willy
00:40:15
Du warst noch da, wo die Anden waren weg.
Franz
00:40:18
Und bevor sie zum Schimpfen angefangen hat, habe ich gesagt, Oma, ich habe die verkauft, schau, das Geld habe ich gekriegt. Dann hat sie große Augen gemacht, weil sie gesehen hat, also sie hätte noch halb so viel verlangt für die Anden, wie ich gekriegt habe.
Willy
00:40:31
In einem anderen Zusammenhang, da warst du dann später mal auf einer Reise durch Persien, glaube ich, hast du gesagt, Preisverhandeln ist deine große Leidenschaft, oder? Ich hasse Preisverhandeln. Was ist das Schöne am Preisverhandeln?
Franz
00:40:48
Also, wenn man im Orient über Preis verhandelt, ist das Schöne, dass das ja ein Spiel ist. Ich meine, das dauert zwar ewig,
Willy
00:40:59
Du hast es durchgeschaut, oder wie?
Franz
00:41:00
Man muss sich einmal Zeit nehmen. Also angenommen, was weiß ich, wenn wir da in Isfahan waren, da hat es einen großen wo man so wunderschöne verzinkte Platten kaufen hat können. Und die Leute dort, die haben selber einen Spaß am Handeln. Die wollen handeln. Die sind eher finster, wenn einer sagt, wie viel kostet es und das zahlt dann Geld.
Willy
00:41:29
Aber sie schauen dir gleich bis an, wenn du sagst, das ist zu viel.
Franz
00:41:32
Obwohl sie da wahrscheinlich nachher doppelt so viel Geld kassieren, als sie eigentlich wollen. Also daher muss man das bei dem Spiel mitspielen. Das kann also dann eben sehr lange dauern. Einmal war ich dann schon in Brüssel als Kommissar und wie zum ersten Mal am Wochenende meine Frau nach Brüssel gekommen ist, dann sind wir da spazieren gegangen am Sonntag in der Früh und da gibt es also in Brüssel jeden Sonntag am Vormittag am Saplon, heißt der Platz, einen Kunstmarkt. Und das ist auch gleichzeitig so ein Kunstzentrum. Also das sind rundherum Galerien, wo man Bilder kaufen kann und alles Mögliche. Und also ich schildere das, weil das wirklich lustig war. Und Ich habe mich immer schon auch ein bisschen für Ikonen interessiert. Und da haben wir da entdeckt, da gibt es ein Ikonengeschäft.
Willy
00:42:40
Erklär kurz, was eine Ikone ist, für alle, die es nicht wissen.
Franz
00:42:42
Eine Ikone ist also ein religiöses Bild, ein Gemälde in der Regel, wobei es dort dann eben unterschiedliche Ikonen gibt, in erster Linie nach der Herkunft. Also es gibt russisch-orthodoxe Ikonen, serbisch-orthodoxe, griechisch-orthodoxe und so weiter. Und diese Ikonenmalerei geht angeblich nach dem orthodoxen Glaubensverständnis sogar zurück auf den Evangelisten Lukas. Und der Lukas hat angeblich, so geht die Story, angeblich die Mutter Gottes, wie sie noch gelebt hat, gemalt und hat ihr dann die Ikone gezeigt, ob sie findet, dass sie da richtig getroffen worden ist. Das ist angeblich die älteste Ikone, die entstanden ist. Aber das hat eine lange Geschichte und da gibt es verschiedene Malschulen, gibt es also auch ungeheuer wertvolle Ikonen, die zig Millionen kosten. Jedenfalls habe ich mich umgesehen in diesem Geschäft und dann hat sich herausgestellt, dass der Inhaber dieses Ladens das war ein Libanese und der war einmal der Kabinettschef des libanesischen Präsidenten. Und ich habe mich halt da nachher vorgestellt, weil er mich gefragt hat, wer ich bin und so. Und dann hat er sich herausgestellt, dass er den früheren Präsidenten Waldheim sehr gut gekannt hat. So, dann war einmal der erste Akt, statt über die Ikone zu reden oder eine Ikone zu kaufen, hat er erklärt, ich muss jetzt da mich hinsetzen und warten, weil er muss jetzt dem Herrn Waldheim einen Brief schreiben und den muss ich dann mitnehmen. Adresse dann. Hat er da Fotoalmen gehabt, hat er mir da seine ganze Verwandtschaft erklärt und dass seine Tochter einen Prinzen geheiratet hat und was weiß ich. Also das hat schon mal eine Stunde dauert. Und dann irgendwann sind wir nachher so quasi zum Geschäft gekommen und dann hat er gesagt, ja...
Willy
00:45:14
Aber das war schon Teil der Verhandlung, gell?
Franz
00:45:15
Ja, ja, ja. Da hat er dann gesagt, ich habe ihn gefragt, was die Ikone da kostet und was die kostet, man darf ja nicht gleich sagen, welche man gerne kaufen möchte. Das ist wahrscheinlich ja. Und dann hat er mir das erklärt und dann habe ich gesagt, naja, aber das ist jetzt kein Preis unter Brüdern. Dann hat er gesagt, was ich bereit bin zu zahlen. dann habe ich da für eine Ikone gesagt, was ich da bereit bin zu zahlen das war natürlich weniger als die Hälfte von dem, was er gesagt hat und dann hat das gehört auch zum Spiel dazu dann hat er also erklärt ob ich jetzt nicht nur ihn ausrauben will, sondern seine ganze Familie vernichten wenn er einmal zu diesem Preis die Ikone verkaufen würde und so weiter und so weiter und so ist das halt dahingegangen und am Schluss habe ich dann aber ungefähr zu dem Preis Kauf, den ich genannt habe. Die Ikone habe ich heute noch und nur hat sie hinterher, das ist auch noch vielleicht ganz lustig zu erzählen, hinterher hat sie nämlich noch Folgendes herausgestellt. Eines schönen Tages hat die Polizei von Brüssel bei uns im Büro angerufen, ich war nicht da, nur meine Sekretärin, die haben gesagt, die Sekretärin sollen mich fragen, ob ich eine Ikone besitze und wenn ja, dann soll ich die abmessen und ihnen die Maße durchgeben und ihnen auch sagen, was da drauf ist auf dem Bild. Also die Ikone, das war eine Ikone des Heiligen Nikolaus. Naja, da habe ich gesagt, ja, wie man das Secretärin das mitgeteilt hat, da habe ich gesagt, ja gut, das will ich machen. Dann haben wir diese Daten der Polizei geschickt, dann haben die sich wieder gemeldet und haben erklärt, ja, diese Ikone ist vor drei Jahren, ich weiß nicht wo, gestohlen worden. Aber ich musste die Ikone nicht mehr zurückgeben, weil ich ein Echtheitszertifikat gehabt habe und daher ein Recht gehabt habe, diese Ikone gehabt habe.
Willy
00:47:34
Ein Echtheitszertifikat, sollst du sagen? Ein Echtheitszertifikat, ja. Du hast es gehalten dürfen. Du hast es heute noch.
Franz
00:47:40
Den habe ich heute noch, ja. Das ist aber wirklich eine sehr wertvolle Ikone, wie sie nach hinten herausgestellt hat.
Willy
00:47:49
Weil wir gerade beim Thema Ikonen sind, du warst ja damals in der Tiroler Landwirtschaftskammer auch speziell während Tschernobyl, du bist ja auch schon fast zu sowas geworden wie zu einer Ikone. Ich kenne so eine Geschichte, wo du auch schon mit fast höheren Fähigkeiten eine Strahlmessung gemacht hast.
Franz
00:48:10
Oder? Das hat er ja einen anderen Hintergrund gehabt. Das ist deshalb zustande gekommen, weil... Wir haben, wie der Unfall im Atomkraftwerk in Tschernobyl gewesen ist, haben wir in Tirol es in Zusammenarbeit mit dem Institut für Radiochemie binnen kürzester Zeit geschafft und wir haben also die Logistik dafür entwickelt. Also wir haben das jedenfalls zustande gebracht, dass jeder Milchtankwagen, wenn der in eine Molkerei gekommen ist, dann ist eine Probe gezogen worden. Die Probe ist mit Eilboten sozusagen nach Innsbruck gebracht worden, ans Radiochemische Institut. Und jedenfalls haben wir das möglich gemacht, dass man die Belastung der Milch in diesem Tankwagen gewusst hat, bevor man sie verarbeitet hat bzw. in einen Lager-Tank eingefüllt hat.
Willy
00:49:16
Mit anderen Zangen gemischt. Das heißt, du hast es auf der Charge genau drauf gehabt.
Franz
00:49:18
Bevor sie vermischt worden ist. Und daher haben wir keinen von jedem Tank, von jeder Charge, sagen, die Belastung, und haben dann können entscheiden, wofür diese Milch jetzt verwendet werden soll. Und das ist so weit gegangen, dass wir dann binnen zwei Wochen haben wir ganz Österreich mit Kindermilch versorgt, weil wir die einzigen waren, die aufgrund dieser Trennung sagen haben können, die Kindermilch ist garantiert nicht belastet.
Willy
00:49:51
Aber das System hat es vorher nicht gegeben, das war zu dem Zeitpunkt eigentlich. Wie habt ihr das geschafft, so auf die Gachen?
Franz
00:49:59
Naja, das war ein Glücksfall, genau genommen, weil da war ein Chemiker an der Uni, der hat ein Verfahren entwickelt gehabt eine größere Menge von Proben untersuchen hat können. Also die haben am Tag bis zu 500 Proben untersuchen können. Und das hat das übrige Österreicher nicht können.
Willy
00:50:33
Und dann habt ihr zufällig kennt oder auf den habt ihr zufällig geschaut, weil die Frage ist immer, wie kommen die Leute zusammen?
Franz
00:50:37
Nein, auf den sind wir zugegangen. Wir haben halt angerufen bei der Uni, ob es da jemanden gibt, der da Proben untersuchen kann.
Willy
00:50:43
Okay, also ihr habt es aktisch danach gesucht.
Franz
00:50:45
Es steht ganz einfach.
Willy
00:50:47
Einfach ist immer, wenn man weiß, wie es geht, nicht?
Franz
00:50:49
Naja, und dann war das so, dass wir gesagt haben, okay, weil das war so ein Rasterverfahren, und da hat man gleichzeitig eine gewisse Zahl von Proben behandelt. Und da haben wir gesagt, also okay, die wir nicht brauchen für die Milch und so, also da sind wir bereit, dass Innsbrucker Hausfrauen oder wer immer will, aus ihrem Garten Gemüse oder sonst was bringen können und das untersuchen lassen können.
Willy
00:51:23
Das kuchen wir da schon langsam deine magische Geschichte.
Franz
00:51:25
Und dann haben sich also da einige Hausfrauen immer wieder eingefunden und eine, die ist dann schon lästig geworden, weil sie jeden dritten Tag mit denselben Erdbeeren daherkommen, wir sollen die untersuchen und dann habe ich gesagt zu ihr, schauen Sie, geben Sie mal die Herde Erdbeeren, ich brauche da nur die Hand drauf halten, ich spüre das, wie viel Becquerel diese Erdbeeren haben, ja. Der war ganz hin und weg, dass das möglich ist, dass ich das kann. Der war so dankbar und ist mit den Erdbeinen wieder gegangen. Und dann ist sie aber nie mehr gekommen.
Willy
00:52:07
Wie wichtig war, ich habe es auch ein paar Mal gelesen. Du hast schon magische Fähigkeiten, fast übersinnliche Fähigkeiten. Du schreibst immer wieder von deinem Glauben.
Franz
00:52:14
Das wollen wir jetzt da nicht übertreiben.
Willy
00:52:17
Schauen wir mal, was mir so geht. Aber wie wichtig war Glauben für dich? Was hat der für eine Rolle gespielt, dass er die auch durchs Leben getragen hat?
Franz
00:52:24
Naja, meine Familie, also ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen, das ist keine Frage, und ich habe schon erzählt, dass ich auch ein Ministrant war, und wie das halt am Land draußen ist, da ist man dann bei der Jungschau, und später dann eben, wie ich studiert habe, war ich in der katholischen Hochschulgemeinde in Wien, Das war damals recht spannend, weil da waren also sehr intellektuelle Priester dort. Also einer davon war der berühmte, den Wienern ist ja heute noch bekannt, Otto Mauer. Der war Ton-Prediger in St. Stephan und gleichzeitig war der ein ziemlich großer Kunstkenner und hat also auch eine Galerie aufgebaut, die es heute noch gibt, die Galerie Next St. Stephan. Und der zweite, das war ein gewisser Prälat Strobl, der war also auch, die sind eigentlich aus der Neulandbewegung, die es bis zum Krieg gegeben hat.
Willy
00:53:33
Neuland.
Franz
00:53:33
Neuland hat die geheißen, gekommen. und diese Neulandbewegung, das war eben sehr katholisch und die haben während des Krieges haben die sogar, das war in der Peterskirche am Petersplatz in der Innenstadt, haben sie da eine Art Katakombenkirche betrieben. Und mit diesen Leuten war das natürlich interessant zu diskutieren Und da haben auch viele andere Intellektuelle angezogen, also zum Beispiel der Professor Tuppi oder der Professor Schubert oder der... Und einige Schriftsteller oder eben der HC Artmann, also da waren viele Intellektuelle dort.
Willy
00:54:28
Aber das war über diese Verbindungen auch.
Franz
00:54:30
Das war natürlich für uns junge spannend.
Willy
00:54:32
Da hat sie auch in Kontakt gekommen. War das für die wichtig, also du sagst Kunst, Intellektuelle, die Freude am Diskutieren.
Franz
00:54:39
Was mich interessiert hat, war die Diskussion, die Auseinandersetzung. Dass man also sozusagen... Handeln. Nein, dass die Welt, also vor allem die geistige Welt, eben nicht so eine Schmalspurwelt ist, wie das traditionell empfunden worden ist, sondern dass da ungeheure Denkräume...
Willy
00:55:00
Beschreib das einmal, das ist nämlich, glaube ich, sehr, sehr wichtig. Wo hast du das erkannt? Wo ist dir da der Knopf aufgegangen? Oder war dir immer schon offen?
Franz
00:55:07
Nein, also das ist nicht eine Frage des Knopfaufgehens, sondern das ist eine Frage des Interesses einfach. Und dann kommt das von selber. Beim Reden kommen die Leute zusammen. Das ist halt immer so.
Willy
00:55:23
Schauen wir uns vielleicht jetzt einmal ein bisschen die Zeit, die Landwirtschaft. Weil du hast ja Landwirtschaft geprägt und Podcast ist ja auch über Landwirtschaft. Und ich glaube, du kannst es relativ gut erklären, wie sich Europa, speziell auch Österreich, entwickelt hat. Du hast die Nachkriegslandwirtschaft schon ein bisschen beschrieben. Es war eine Subsistenzwirtschaft. Jeder hat einen Großteil für sich selbst bewirtschaftet. Das ist wenig gehandelt worden. Was war das für Landwirtschaft und wie hat sich die auch entwickelt zur Nachkriegszeit?
Franz
00:55:51
Da muss man ein bisschen genauer sein. Danke. Also die Sache im Nachkriegsösterreich war das zunächst einmal so, dass es ja darum gegangen ist, die Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Das hat aber nicht nur auf Österreich zugetroffen, sondern auf ganz Europa. Nach dem Krieg, unmittelbar nach dem Krieg, war Europa der größte Nahrungsmittel-Importeur der Welt. Wir konnten uns selber nicht ernähren. Und um die Produktion anzukurbeln, hat man dann sogenannte Marktordnungen geschaffen, für die wichtigsten, nicht für alles, aber für die wichtigsten Produkte. Also das ist Getreide, das ist dann auch Zucker gewesen, das ist Milch und Milchprodukte und Rindfleisch. Und dann hat es noch einen Weinmarkt.
Willy
00:56:56
Rindfleisch, Schwein noch gar nicht.
Franz
00:56:58
Für das Schweinefleisch hat es nie eine Markdown gegeben, auch nicht fürs Geflügel. Und Da wurden dann verschiedene Einrichtungen geschaffen, aber im Kern ist es darum gegangen, den Bauern einen gewissen Mindestpreis zu garantieren, weil nachher wird es attraktiv, Landwirtschaft zu betreiben. Aber das hat natürlich dann zur Konsequenz gehabt, dass man die heimische Landwirtschaft gegenüber außen abschirmen musste, weil sonst hätten ja Länder, die billiger produzieren, Österreich überschwemmt mit Nahrungsmitteln. Also das musste man verhindern. Und dann ist aber mit der Zeit, und das ist sowohl auf der europäischen Ebene als auch in Österreich der Fall gewesen, mit der Zeit ist es, und zwar in relativ kurzer Zeit, ist es dann gelungen, die Selbstversorgung herzustellen, aber dann hat man nicht mehr gewusst, wie man die Maschine stoppen soll. Ich habe mich gefragt,
Willy
00:58:02
In welcher Zeitraum das jetzt so ist, wo man gesagt hat, okay, wir brauchen eine Selbstversorgung und dann hier, wir haben eine Selbstversorgung.
Franz
00:58:07
Also wir reden jetzt da von Ende der 50er Jahre bis herauf in die 70er Jahre. Aber man hat dann nicht gewusst, wie man diese Maschine stoppen soll und dann ist eine Motz-Überproduktion entstanden. Da hat es dann also die kritischen Stellungnahmen auf der europäischen Ebene gegeben. Da ist dann von den Getreidebergen und Milchsäden und so weiter die Rede gewesen. Und dann hat man aber, muss ich sagen, in Europa wesentlich länger gebraucht, bis man sich zu Gegenmaßnahmen durchringen konnte, um das besser zu steuern. Das hat Österreich früher begonnen. Also zum Beispiel haben wir früher als die Europäische Union eine Kontingentierung bei der Milchproduktion eingeführt. Oder es hat also auch Programme gegeben im Getreideanbau oder bei den Zuckerrüben, dass das nicht ausartet.
Willy
00:59:07
Dass man die Mengen wieder begrenzt.
Franz
00:59:09
Ja, weil das Problem ist ja das, wenn ich mehr produziere, als ich selber verbrauche und den Bauern aber einen relativ hohen Preis bezahle, nachher muss ich, wie ich vorhin gesagt habe, einerseits die heimischen Bauern vor Importen schützen durch Zölle oder zollähnliche Maßnahmen. Auf der anderen Seite aber wenn ich zu viel produziere und wenn ich das im Ausland verkaufen will, dann muss ich die Differenz vom höheren Inlandspreis auf den niedrigeren Auslandspreis irgendwie überbrücken und die Lösung waren Exportsubventionen aber das Ganze ist natürlich ein ziemlich teures Spiel und auf der europäischen Ebene, also in der Europäischen Union da hat Da hat zeitweise in diesen Jahren, da hat es ja nur sechs Mitgliedstaaten zunächst einmal gegeben, aber da wurden allein für die Einlagerungsmaßnahmen, weil man geglaubt hat, wenn man so Getreide zum Beispiel einlagert, da hat es ja auch diese Alternanz gegeben, dass es dann nächstes Jahr weniger gute Ernte gibt und da kann man das wieder auslagern. Das hat aber alles bald einmal nicht mehr funktioniert und zusätzlich eben die Exportsubventionen, also diese beiden Dinge zusammen haben eine Zeit lang 80% des gesamten EU-Budgets verbraucht.
Willy
01:00:48
Weil ich habe es erst gefördert, dass es produziert wird und dann nochmal gefördert, dass ich es weiterbringe.
Franz
01:00:54
Nein, direkte Förderung für die Produktion hat es keine gebraucht, sondern da war nur die Preisgarantie, das hat ja gereicht.
Willy
01:01:01
Ja, ja, die Preise hast halt mehr oder weniger.
Franz
01:01:04
Aber das hat budgetär nichts gekostet.
Willy
01:01:05
Aber es war natürlich.
Franz
01:01:06
Also das haben müssen die Konsumenten zahlen.
Willy
01:01:08
Ja, genau. Es ist nämlich für das Verständnis, weil ich war auch landwirtschaftsfremd und dann hört man natürlich von Förderungen in der Landwirtschaft, man hört von Butter, Butterseen oder Butterbergen und Milchseen etc. Und irgendwie kann man damit nichts anfangen. Wenn man jetzt aber versteht, dass quasi die Landwirtschaft nach dem Krieg einfach am Boden war und es hat Anreize gebraucht, dass die Landwirte und Landwirte wieder produzieren. Und es waren einfach diese gesicherten Preise.
Franz
01:01:33
Da kommt noch ein politischer Faktor hinzu. Man darf ja nicht vergessen, in Schon in den 50er Jahren, wie die erste Gemeinschaft, die EWG, gegründet worden ist, das war ja schon zu einer Zeit, wo es bereits den Kalten Krieg gegeben hat. Und da war das Risiko, also jetzt neben der Versorgungssicherheit, die Frage, wenn wir uns nicht selber ernähren können, dann ist das Risiko, dass wir zwischen den beiden großen Kräften, also damals auf der einen Seite die USA, auf der anderen Seite die Sowjetunion, dass wir da irgendwo zerrieben werden. Dem wollte man vorbeugen.
Willy
01:02:20
Genau, erstens mal den Aufbau und generell zu verstehen, warum hat es einfach diese Förderung ursprünglich überhaupt einmal gebraucht, warum hat es überhaupt Landwirtschaftsförderung gebraucht. Die erste Förderung war quasi produktionsgekoppelt. Das ist ja dann wichtig zum Verständnis, was danach kommt. dass man quasi direkt die Produktion gefördert hat und die einfach hochgefahren hat. Dann hat das funktioniert, dann ist man in die Überproduktion gekommen, weil es zu gut funktioniert hat, weil es wieder gepasst hat und dann hat man das wieder nicht von Heide auf Heide losgelegt.
Franz
01:02:48
Das war eine Situation wie beim Zäuberlehrlein.
Willy
01:02:52
Wo waren denn diese Berge eigentlich? Das hat mich einer gefragt in der Vorbereitung, wo sind diese Butters Seen und Milchseen und so?
Franz
01:02:58
Das ist eben eingelagert worden. Da hat es eigene Lager gegeben.
Willy
01:03:05
Hast du den mal gesehen?
Franz
01:03:05
Da haben Firmen, also der hat es ja praktisch in jedem EU-Stadt gegeben.
Willy
01:03:09
Wie stell dir mir sowas vor?
Franz
01:03:10
Das ist ja ganz einfach. Da hat es also zum Beispiel eine Molkerei, zu der Molkerei ein Lager dazugebaut. Und die Produkte, die sie dort eingelagert haben, die Lagerkosten, die hat die Gemeinschaftskasse gezahlt.
Willy
01:03:26
So war das. Der hat einfach eine Halle gebaut und einfach das auf... Und ist das einfach Butter? War das gefroren? oder was hat man mit dem?
Franz
01:03:34
In Butter hat man eingefroren.
Willy
01:03:35
Hat man eingefroren? Milch?
Franz
01:03:38
Dann hat man Milchpulver eingelagert. Also das kann man ja lagern. Das ist ja lagerfähig. Das Getreide kann man sowieso lagern. Nur kann man das nicht ewig lagern. Das heißt also, was man sieht beim Getreide, das muss ich normalerweise noch drei, maximal vier Jahre wieder auslagern. Also daher hat man dann einfach das Alte ausgelagert und auf den Markt gebracht und die frische Ernte eingelagert. Aber das Ganze ist dann eben immer stärker eskaliert, weil also vom Mengengerüst her kein Gleichgewicht mehr erzielt werden konnte. Und daher sind diese Berge immer größer geworden. Stockplaner.
Willy
01:04:29
Und dann hat man was machen müssen, dann sind eben die Quoten Ja.
Franz
01:04:33
Dann ist also Folgendes passiert, ja Dann hat es eine internationale Initiative gegeben, mit dem Ziel, dass man im internationalen Handel, und zwar jetzt nicht nur in der Landwirtschaft, sondern insgesamt, dass man im internationalen Handel ein Regelsystem einführt, an das sich alle halten müssen. Und dadurch ist dann zunächst einmal Europa mehr oder weniger am Pranger gestanden, weil der Rest der Welt hat gesagt, also das was ihr Europäer da macht, diese Art und Weise, wie ihr das handhabt, und wenn ihr nicht mehr wisst, wohin mit euren Produkten, dann schickt ihr es uns. Also das geht so nicht. Wenn ihr ein Abkommen wollt, wo es also für den gesamten Handel eine Regelung gibt, dann müsst ihr mal zuerst euer agrarisches Haus in Ordnung bringen. So hat das begonnen.
Willy
01:05:40
Welcher Zeitraum war das?
Franz
01:05:41
Das war Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre. Und da hat es dann sogar einen Gipfel gegeben in Brüssel. Da war die ganze Welt versammelt, da waren wir auch dabei, obwohl wir damals ja, weil wir waren ja auch Mitglied beim GATT, das ist das internationale Tariffs and Trade. Also aus dem heraus ist ja später dann die WTO gebildet worden. Und wie gesagt, damals haben diese GATT-Verhandlungen zu einer Blockade geführt. Der Gipfel, der da in Brüssel durchgeführt worden ist, ist also im Nichts geändert. Da ist man also im Unfrieden auseinandergegangen. Und man hat dann eigentlich einige Zeit überhaupt nicht mehr gewusst, wie man aus dieser Misere herauskommt, bis dann die EU mit den Amerikanern einen Deal gemacht hat für derartige Regeln. Und nachdem damals die USA und die EU in Handelsfragen eigentlich den Rest der Welt dominiert hat, ist das dann die neue Regel geworden. Und diese neue Regel hat eben beinhaltet, dass man mit diesen Garantiepreisen zurückfahren muss und mehr Marktentwicklung zulassen muss, was natürlich den Bauern alles andere als gut gefallen hat. Weil das heißt, dass die Preise nach unten gehen. Und zusätzlich hat man eben also dann auch damit verbunden, die Höhe der Zölle reduziert und auch die Exportsubventionen reduziert. Und damit aber die Bauern nicht völlig auf der Strecke bleiben, hat man also gesagt, okay, man nimmt das Geld, das man sich durch geringere Lager und geringere Exportsubventionsbeträge sport und gibt es in Form einer Direktzahlung an die Bauern. So sind die Direktzahlungen, die Flächenprämien entstanden.
Willy
01:08:11
Also die Entkoppelung dann quasi von der Produktion?
Franz
01:08:14
Das ist dann viel später gewesen. Zunächst einmal ist das Produktionsgekoppelt geblieben, aber es hat eben keinen negativen Einfluss mehr auf die Märkte gehabt. Das war die sogenannte McSherry-Reform, hat die geheißen, benannt nach dem damaligen irischen Agrarkommissar McSherry. Und das ist dann durchgezogen worden und dann diese Entkoppelung, von der du gesprochen hast, das war dann ein Bestandteil meiner Reform, die ich später dann gemacht habe.
Willy
01:08:58
Die sogenannte Fischler-Reform.
Franz
01:08:59
Das war dann die sogenannte Fischler-Reform. Und da ist es also dazu gekommen, dass wir gesagt haben, die Verbindung zwischen Produktion und Förderung ist schlecht, weil es kann keinen Sinn machen, dass der Bauer, der die höchsten Erträge hat und der am intensivsten wirtschaftet und dadurch wahrscheinlich auch am meisten die Umwelt belastet, dass der dafür die höchsten Prämien kriegt. Also daher hat man das von der Produktion abgekoppelt und hat stattdessen die Hingabe von diesen Förderungen an Auflagen gebunden, die im Wesentlichen die Erhaltung des Grundwassers und andere verschiedene Umweltauflagen waren. Also man hat das Geld nicht ohne Gegenleistung bekommen, aber die Gegenleistung hat im Wesentlichen in Umweltleistungen bestanden.
Willy
01:10:04
War das dann diese sogenannte Cross-Compliance, was dann gebunden wurde?
Franz
01:10:08
Also die Anbindung an die Umweltstandards, das ist die sogenannte Cross-Compliance, genau, das heißt so. Und auf der anderen Seite die Entkoppelung, die hat tatsächlich Decoupling geheißen.
Willy
01:10:24
Decoupling, ja. Der Weg von Österreich jetzt in die europäischen, wir haben jetzt quasi den Beitritt auf der Seite mitgenommen, ohne ihn zu nennen. Was hat sich denn für Österreich oder wie war denn diese Zeit? Du bist 89 Minister geworden?
Franz
01:10:42
Stimmt, ja. Also ich bin 89 Minister geworden, zusammen mit den drei anderen Genannten. Und es hat nur drei Monate gedauert, bis wir dann in der Regierung beschlossen haben, dass wir diesen berühmten Brief nach Brüssel schicken mit der Bitte um Aufnahme in die Europäische Union. Und das hat zur Folge gehabt, dass also der Rest meiner Ministerzeit eigentlich vorwiegend der Vorbereitung auf den EU-Beitritt gedient hat. Weil unsere österreichischen Systeme waren ja weit weg von dem, was in der EU war, Zum Teil, wie gesagt, auch Regeln, die, würde ich heute noch sagen, besser waren als die, die die EU damals gehabt hat. Das war auch der Grund, warum wir nicht so große Überschüsse gehabt haben, wie sie in der EU vorgekommen sind. Aber wir haben auch Überschüsse gehabt. Und was in Österreich schwierig war, das war, dass diese ganzen Marktordnungen, die man für das Management der wichtigsten Lebensmittel gehabt hat, also die Milchmarktordnung, die Fleischmarktordnung, die Getreidemarktordnung und so weiter, alle diese Marktordnungen, das ist alles in den Händen der Sozialpartner gewesen. Das heißt, das ist verwaltet, diese Fonds, die es da für jedes dieser Produkte gegeben hat, die wurden von den Sozialpartnern gemeinschaftlich verwaltet. Und dann kommt noch komplizierend dazu, dass in Österreich an sich die Verfassung Österreichs sieht vor, dass die Landwirtschaft eine Landesangelegenheit und nicht eine Bundesangelegenheit ist. Das heißt, damit man überhaupt ein Marktordnungsgesetz beschließen konnte, Musste man jeweils einen Verfassungsartikel in dieses Gesetz aufnehmen und das erfordert aber eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Das heißt also, das war nicht so, dass da die ÖVP schalten hat können und wollten, wie sie wollte, wie manche glauben, weil ja eben die Bauern in erster Linie ÖVP gewählt haben, sondern das war immer eine koalitionäre Angelegenheit unter Einschluss der vier Sozialpartner. Und die Gremien, die es da gegeben hat in den einzelnen Fonds und die Geschäftsführungen dieser einzelnen Fonds, die waren alle von Sozialpartnern besetzt.
Willy
01:13:39
Also damals war es zumindest noch ein bisschen einfacher wie heute, zwei Drittel mehr zusammenzubringen, heute ist das wahrscheinlich noch ein bisschen schwieriger.
Franz
01:13:45
Naja, also so einfach war es auch nicht, weil es ist zum Beispiel nie gelungen, einfach herzugehen und zu sagen, okay, Marktordnungen sind eine Bundesangelegenheit. Sondern es war immer nur die Bereitschaft, diese Veränderung auf eine begrenzte Zeit zuzugestellen. Also in der Regel auf vier Jahre ist das gemacht worden und nach vier Jahren musste das Ganze wieder neu verhandelt werden. Also auf diese Weise konnten ja auch die Nicht-Agrarier auf die Agrarier entsprechenden Druck ausüben, weil sie sagen haben können, also entweder das geht oder ansonsten stimmen wir der Verlängerung des Marktausgesetzes nicht zu. Da hat es ja zig Debatten und Demonstrationen und alles Mögliche gegeben, um dieses System zu bewahren.
Willy
01:14:38
Hast du die Zeit eigentlich genossen, weil das ist ja eine Zeit des vielen Verhandlungs und so?
Franz
01:14:42
Von Genießen kann da nicht unbedingt die Rede sein, weil diese Verhandlungen, die waren so konzipiert wie die Lohnverhandlungen. Man weiß zwar um neun Uhr am Abend schon, was rauskommt, aber man kann nicht ja sagen, man muss da mindestens bis fünf in der Früh warten, damit der Eindruck in der Öffentlichkeit ist, wie hart die miteinander gekämpft haben.
Willy
01:15:06
Aber es klingt ein bisschen wie das, wie du den Bazar beschrieben hast. Im Endeffekt weiß ich jeder, was beim Preis rauskommt, aber es gehört dazu.
Franz
01:15:13
Ist ja auch teilweise so gewesen.
Willy
01:15:15
Also ist die Sozialpartnerschaft ein bisschen so etwas wie so ein Bazar, ein freies Verhandeln am Bazar?
Franz
01:15:20
Nein, das will ich jetzt nicht so stehen lassen, aber Da sind natürlich unterschiedliche Interessen aufeinander gestoßen. Die Konsumentenvertreter in Form der Gewerkschaften oder der Arbeiterkammer haben das Interesse der Konsumenten vertreten und das Interesse der Konsumenten ist natürlich, dass die Lebensmittel möglichst preisgünstig sind. Die Bauern, das ist klar, welche Position die vertreten haben. Und die Wirtschaftskammer hat in erster Linie natürlich die Verarbeiter, weil die meisten Agrarprodukte müssen ja, damit sie überhaupt marktfähig werden, zuerst einmal verarbeitet werden. Also was weiß ich, die Milch in der Molkerei oder die Rinderhälften in den Fleischzerlegungsbetrieben und Fleischfabriken oder das Getreide in der Mühle und so weiter. Und die haben natürlich also dieses Zwischenglied in erster Linie bedient, weil da hat es gewisse Marschen gegeben, wie viel zum Beispiel ein Müller für das Malen verlangen konnte und so. Und daher war also auch von deren Seite her schon ein klares Interesse, was sie wollen. Aber die eigentliche Kunst war da immer, Gewissermaßen eine gewisse Fairness zustande zu bringen, dass also alle Beteiligten einen halbwegs vernünftigen Anteil am Kuchen bekommen können und nicht ein Teil dominiert über die anderen.
Willy
01:17:02
Zwischenfrage jetzt einfach, du bist bekannt für dich, dass du politisch einfach sehr, sehr gut verhandeln hast können und das austarieren. Was gehört da dazu oder welche Fähigkeiten braucht man da dafür, dass man zwischendurch nicht die Nerven verliert, weil es hinschmeißt?
Franz
01:17:19
Also gute Neufen braucht man schon, das ist auf jeden Fall wichtig. Das stimmt, ja. Aber das allein genügt nicht. Also man muss vor allem einmal eine Strategie und eine Taktik haben. Aber man muss die Strategie zunächst einmal für sich haben. Das heißt also, wenn ich die öffentlich mache, dann habe ich sie nicht mehr für mich.
Willy
01:17:47
Die Augen streuen wieder.
Franz
01:17:49
Dann habe ich die nicht mehr für mich, sondern man musste für sich selber wissen, wo man hinaus wollte. Weil dann kann man verhandeln. Dann weiß man von vornherein, aha, da wird es jetzt eng, da muss ich jetzt aufpassen und so weiter. Das ist einmal das eine. Das Zweite, was man braucht, ist Informationen. Also der, der sich besser auskennt, hat natürlich einen komparativen Vorteil, wie man in der Ökonomie sagt. Und dann braucht man manchmal auch Ideen und manchmal braucht man auch eben ein Sitzfleisch. Ich kann mich da gut erinnern, wir haben einmal Getreide verhandelt, das war am Tag vor von Leichnam und so um vier, halbe fünf in der Früh hat auf einmal der Minister Latziener gesagt, ich höre schon die Vogeln singen.
Willy
01:18:44
Das war sicher nicht das erste Mal und das letzte Mal, dass du so lange gesessen hast, oder?
Franz
01:18:58
Meine längste Verhandlung, die ich in Brüssel gemacht habe, der 42 Stunden gedauert mit zweimal einer halben Stunde Pause. In diesen 42 Stunden.
Willy
01:19:10
Das war im Zuge der Beitrittsverhandlungen, oder?
Franz
01:19:12
Nein, nein, nein. Gar nicht? Das war nicht bei der Beitrittsverhandlung. Das war später dann, ja.
Willy
01:19:16
Okay, ich habe mir gedacht, da habe ich auch mal etwas gelesen.
Franz
01:19:18
Nein, das ist im Zusammenhang dann gewesen mit BSE in Großbritannien.
Willy
01:19:23
Eine deiner ersten großen Herausforderungen nachher als Kommissar schon.
Franz
01:19:26
Oder? Das war 1996.
Willy
01:19:27
1996 war das dann schon. Aber jetzt schauen wir noch einmal ganz kurz auf Österreich. Das heißt, wir haben im Zuge des EU-Beitritts, da hat sich für Österreich sehr, sehr viel geändert. Die EU war einfach international eingebunden, war durch das GAT, durch die Uruguay-Runde, war ja da auch im Vorfeld, da ist es einfach um Freihandel gegangen, da ist es auch um Liberalisierung gegangen.
Franz
01:19:46
Da ist noch was im Vorfeld gewesen, das man da nicht vergessen darf, weil das ist ja heute gar nicht mehr so bekannt, anfänglich war das Interesse einiger Länder, insbesondere das Interesse Frankreichs, dass Österreich EU-Mitglied wird, alles andere als sehr groß. Und zwar deswegen, weil die Franzosen Befürchtungen gehabt haben, dass dann der deutschsprachige Block zu stark werden könnte innerhalb der EU.
Willy
01:20:24
Also immer dieses Verhältnis Deutschland-Frankreich. Immer Palance. Palance. Das habe ich auch gelesen, das Wort bei dir.
Franz
01:20:31
Und da war das dann so, dass... Bei den Beitrittsverhandlungen zunächst einmal das größte Problem beim Transitverkehr war. Und dass da die Franzosen sogar behauptet haben, dass sie in Frankreich viel mehr unter dem Transit leiden als Österreich. Sie haben zwar keine Beweise dafür gehabt, aber das haben sie einfach behauptet. Und das hat sich durch die ganzen Beitrittsverhandlungen hingezogen bis ganz zum Schluss, bis dann der Kommissionspräsident, das war damals der Herr Delors, der selber ein Franzose war, der hat also dann so quasi einen Deal mit dem französischen Präsidenten vermittelt. Das war die eine Sache. Die zweite schwierige Sache in den Schlussverhandlungen war die Landwirtschaft. Bei der Landwirtschaft war ein ganz anderes Problem, das war eine Riesenüberraschung, nicht nur für Österreich, sondern auch für die anderen Beitrittskandidaten, nämlich wie wir zu diesen Schlussverhandlungen nach Brüssel gekommen sind, dann hat uns der Kommissar für äußere Angelegenheiten, das war damals ein Holländer, der Hans van den Broek hat er geheißen, dieser Mann hat uns mitgeteilt, Also es mag schon sein, dass wir da mit dem Agrarkommissar und mit der Generaldirektion Landwirtschaft da Gespräche geführt haben, aber er fühlt sich an diese Ergebnisse, das was wir da ausgemacht haben, nicht gebunden. Und er ist der Meinung, dass das ein völlig falsches Verhandlungskonzept war, dass da die Agrarier gehabt haben innerhalb der Kommission.
Willy
01:22:24
Über die Jahre hinweg, nicht?
Franz
01:22:25
Und er ist überhaupt nicht bereit, darüber zu verhandeln. Er hat sich geweigert, das, was wir vorher drei Jahre lang verhandelt haben, überhaupt zu Ende zu verhandeln. Der Kern der Sache war der. In den Beitrittsverhandlungen vor Österreich, Schweden und Finnland, das waren die Beitrittsverhandlungen mit Spanien und Portugal.
Willy
01:22:53
Die letzte Erweiterungsrunde davor.
Franz
01:22:55
Die davorige Erweiterungsrunde. Und diese Verhandlungen damals haben ja sehr lange gedauert, da wurde zehn Jahre lang verhandelt. Und das Ergebnis war, dass man für das Hineinwachsen in das europäische agrarpolitische System eine lange Übergangszeit, insgesamt hat man da zehn Jahre Übergangszeit vereinbart. Und bei uns hat es geheißen, das ist jetzt nicht unbedingt etwas, was wir da wollen, es gibt keine Übergangszeiten, war zunächst einmal die Position. Das sind mir natürlich aus alle Wolken gefallen.
Willy
01:23:42
War das eine andere Strategie?
Franz
01:23:43
Weil man uns drei Jahre lang etwas anderes erzählt hat. Nein, das war eher, das war nicht unbedingt Strategie, das war eher eigentlich Dogmatik. Und es hat auch dann ein hoher Beamter in der Landwirtschafts-Generaldirektion zu mir gesagt, wissen Sie, bei uns schaffen jetzt die Ayatollahs an. Aber wir haben also dann binnen kürzester Zeit in einem Tag und einer Nacht habe ich da durchgearbeitet und da haben wir mit meinen Mitarbeitern, da war einer davon der Herr Rupprechter, haben wir da ein Alternativkonzept entwickelt. Und wie ich schon vorhin gesagt habe, ich war da so quasi der der Klassensprecher, der Agrarier und daher bin ich dann zu den anderen Kandidatenländern gegangen und dann haben wir da geredet und dann haben wir uns geeinigt, also okay, das ist jetzt unser Vorschlag und wir sagen alle das Gleiche. Dann ist es trotzdem gelungen, ein brauchbares Ergebnis zustande zu bringen, Allerdings war da der weiche Punkt quasi, dass wir verlangt haben, dass für diese Fördermaßnahmen, die unter dem Titel ländliche Entwicklung zusammengefasst sind, also da geht es um die Bergbauernförderung, da geht es um die Umweltförderung, da geht es um die Naturschutzförderung und und und.
Willy
01:25:26
Was dann später Säule 2 bekannt wurde.
Franz
01:25:28
Also eine ganze Serie von verschiedenen Möglichkeiten. Und da ist also die Frage gewesen, wie macht man das? Weil diese Förderungen werden nicht zu 100% aus der EU-Kasse bezahlt, sondern nur zu 50%. 50% muss der Mitgliedstaat aufbringen. Und noch dazu ist es so, die Regel funktioniert so, dass der Anteil, den der Mitgliedstaat bereit ist aufzubringen, bestimmt die Gesamthöhe der Förderung. Und nachdem aber der Finanzminister Latzina von den Sozialdemokraten war, haben die Agrarier befürchtet, wo haben wir eine Garantie, die, dass das eingehalten wird. Versprechen kann man ja viel.
Willy
01:26:23
Und dann nichts glaubt.
Franz
01:26:25
Also das war dann etwas schwierig, die Agrarvertreter davon zu überzeugen, dass man also da in diesem Fall schon dem Kanzler Wranitzki und dem Finanzminister Latzina vertrauen kann. Und das hat aber auch immer gehalten, das muss ich also sagen. Das war also eine seriöse Sache. Und das ist auch der Grund, warum heute noch Österreich und Finnland und Schweden die einzigen Länder sind in der ganzen EU, auch nach der großen Erweiterung jetzt, wo diese sogenannte zweite Säule, also diese ländliche Entwicklungsförderung in Summe höher ist, als das, was an Flächenprämien in der ersten Säule bezahlt wird.
Willy
01:27:14
Präsident. Ja. Okay, also Ausnahmestellung eigentlich. Ich habe da, wenn Sie es alles vorbereitet, Zuckerl, Tabletterl oder sowas, die heißt, die sind super, die sind speziell für Bühne.
Franz
01:27:28
Ja, das kann ich.
Willy
01:27:29
Kennst du das? Das ist grausig, das Zeug, aber das hilft, gell? Schleimzuckerl.
Franz
01:27:35
Ja.
Willy
01:27:36
Okay, was hat sich für Österreich jetzt wirklich dann geändert? Was waren die wichtigsten Punkte mit dem Beitritt und wichtige Frage, was war, wenn wir damals dagegen gestimmt hätten, aus deiner Sicht, was wäre dann, wo waren wir dann halt?
Franz
01:27:52
Also zur ersten Frage, da geht es natürlich nicht nur um die Landwirtschaft, logischerweise. Und da muss man eines erwähnen, im Bereich der übrigen Wirtschaft und insbesondere in der Industrie, da haben wir ja schon vor wir beigetreten sind, unsere Politik nach der EU ausgerichtet. Und zwar deswegen, weil es Bedenken gegeben hat, diese neuen Staaten aufzunehmen, hat man dann gewissermaßen als Alternative, so war das gedacht, vor allem von den Franzosen, den sogenannten europäischen Wirtschaftsraum erfunden. Und hat also mit den verbliebenen EFTA-Staaten über diesen europäischen Wirtschaftsraum verhandelt. Das ist ja der Grund, warum heute auch noch zum Beispiel Liechtenstein oder Norwegen Mitglieder dieses europäischen Wirtschaftsraums sind. Nur von diesem sogenannten EWR ist die Landwirtschaft ausgeklammert gewesen. Man war nicht bereit über Landwirtschaft zu verhandeln, weil da hat man gewusst, das ist ein turniger Weg.
Willy
01:29:18
Warum eigentlich?
Franz
01:29:21
Weil eben da die Systeme so unterschiedlich waren und weil ja die Industriestandards und Normen ja ohne diesen hohen Prozentsatz den EU-Normen entsprochen haben. Daher war das da wesentlich leichter. Das hat damals für Österreich der Wolfgang Schüssel verhandelt. Und dieser EWR ist ja in Kraft getreten bevor wir Mitglied in der Europäischen Union geworden sind. Also was hat sich dann aber durch den Beitritt geändert? Da hat sich natürlich eines geändert, nämlich das Grundprinzip, um das es geht beim EU-Beitritt, dass wir einen Teil unserer nationalen Souveränität an Brüssel abgetreten haben. Weil ja das Prinzip gilt, dass EU-Recht über dem nationalen Recht steht.
Willy
01:30:27
Subsidiaritätsprinzip.
Franz
01:30:29
Auf der anderen Seite haben wir aber auf diese Weise die Möglichkeit erhalten, das war ein ganz wichtiges Argument im Vorfeld des Beitritts bei der Vorbereitung auf das Referendum, nämlich wir haben gesagt, wir wollen mitreden in Europa. Und wenn man heute noch mit den Schweizern redet, dann leiden die tatsächlich darunter, dass sie ja zwar nicht mitreden können und auch nicht mitentscheiden können, aber wenn die schweizerische Industrie in die EU exportieren will, dann muss sie, wenn es um Standards geht, um Normen geht und dergleichen, dann muss sie das nachvollziehen mit schweizerischer Gesetzgebung, weil sonst kann ich es nicht exportieren. Also das ist schon ein substanzieller Nachteil. Und mit der Mitgliedschaft ist das eben völlig anders. Abgesehen davon kann man dann ja auch in den Organen mitbestimmen, also im Rat, im Parlament, in der Kommission und eigentlich muss man sagen, ist ja nach wie vor die europäische Konstruktion so, dass... Die kleineren Mitgliedstaaten verhältnismäßig ein größeres Mitspracherecht haben, trotz ihrer Kleinheit, weil es da Stimmgewichtungen gibt. Und man wollte von Anfang an verhindern, dass gewissermaßen nur die wenigen Großen die anderen dominieren.
Willy
01:32:24
Vor allem Frankreich und Deutschland.
Franz
01:32:26
Das war vor allem natürlich Frankreich und Deutschland.
Willy
01:32:31
Wir waren dann, der EU-Beitritt ist gelungen, 66,6 Prozent. Haben wir für den Beitritt gestimmt?
Franz
01:32:38
Ja, das war, also da haben wir schon ein bisschen gezittert damals.
Willy
01:32:42
Das war nicht so klar, gell?
Franz
01:32:44
1994, weil wir haben zwei Wochen vor dem Referendum haben wir noch keine eindeutigen Umfrageergebnisse gehabt, die besagt haben, dass das Referendum positiv ausgeht. Daher war die Überraschung dann tatsächlich riesengroß, wenn da 67% dafür stimmen.
Willy
01:33:06
Hast du was dann einen Ausschlag letztendlich gegeben hat? War da irgendwas? Ich kann mich da jetzt nicht erinnern.
Franz
01:33:12
Es war nicht der Einzelrein, aber die größte Wirkung, das hat man dann auch in Umfragen verifiziert, Die größte Wirkung hat erzeugt, dass der ORF insgesamt vier große Diskussionssendungen produziert hat für die wichtigsten Bereiche und Kontrollen. Die haben eine irrsinnig hohe Einschaltquote gehabt und die waren sehr gut vorbereitet und aufbereitet. Und da waren also auch die jeweils zuständigen Minister dabei und die entsprechenden Sozialpartner, sonstigen Sprecher, Interessierte und so weiter und mit Publikum. Da waren immer so 200 Leute im Publikum. Und da ist also eine irre Stimmung entstanden. Also die letzte derartige Sendung, die war die zur Landwirtschaft. Und ich habe mir gedacht, da muss man vielleicht ein bisschen helfen. Und wir haben also dann mit dem Publikum zwei Stunden vor der Sendung sozusagen die Sendung geübt. Also wenn sie applaudieren müssen, wenn sie so aufstellen müssen und sagen Bravo oder irgendwas. Das haben wir also irgendwie inszeniert vorher. Und das hat also dann sehr gut funktioniert.
Willy
01:34:56
Bist du da mit dem Plan? War das dein Plan?
Franz
01:34:59
Das war ein Plan von mir, beziehungsweise von meinem Pressechef.
Willy
01:35:05
Sehr gut, aber der hat mir dann gelesen, das hat relativ viel in den Umfragen gebracht. Das glaubst du, in einem Buch sogar irgendwo haben wir gebracht.
Franz
01:35:11
Ja, angeblich diese eine Sendung hat angeblich allein drei Prozent mehr Zustimmung gebracht.
Willy
01:35:16
Das ist schon einiges. Gut, dann waren wir dabei. Was vorher noch war, das habe ich ganz vergessen, du hast ja im Vorfeld zum EU-Beitritt hast du ja auch, zumindest in einer Zeit als Minister, die Armer quasi ins Leben gerufen. Das war ja auch.
Franz
01:35:32
Eine ja das war das
Willy
01:35:34
Hat ja was.
Franz
01:35:35
Die sache war die ja immer das ist ja eigentlich liegt es auf der hand ja ein land wie österreich Wenn wir auf den europäischen Märkten eine Chance haben wollen, dann können wir ja diese Chance nie haben, wenn wir nur Standardprodukte zu Konditionen und zu Qualitätsnormen, wie sie alle anderen auch haben, produzieren. Sondern wir müssen uns, noch dazu mit unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft und teilweise sehr viel Berglandwirtschaft, Wir müssen uns differenzieren. Und differenzieren kann ich mich im Prinzip auf zweifache Weise. Das eine ist, dass ich unter anderen Produktionsbedingungen produziere. Also zum Beispiel ist daraus der hohe Anteil an biologischen Produkten in Österreich entstanden. Wir sind heute noch sogar Weltmeister, was den Anteil der Bioprodukte anbetrifft.
Willy
01:36:51
Auch flächenmäßig? Auch flächenmäßig.
Franz
01:36:54
Wir haben praktisch ein Viertel der Landwirtschaftsfläche ist Bio. Der nächstbeste ist bei 10%. Also da haben wir schon einiges zustande gebracht und uns auch sehr bemüht und die zweite Möglichkeit die man hat ist, dass man eben keine Grundstoffe verkauft im Ausland vor allem. Das heißt also, dass ich nicht Getreide verkaufe, sondern Backwaren verkaufe.
Willy
01:37:26
Also das, was an den Börsen, also Grundstoff im Sinne des, was an den Börsen dann auch gehandelt wird, in tonnenweise in Getreide oder so weiter.
Franz
01:37:32
Also unverarbeitete Produkte könnte man auch sagen. Oder das ist genauso bei der Milch. Milch exportieren macht ja null Sinn. Aber wenn ich qualitativ hochwertige Käse produzieren kann oder auch Joghurt oder derartige Produkte, dann kann ich damit am Markt resieren. Und um das in einer vereinfachten Form auszudrücken, habe ich dann den Saga erfunden.
Willy
01:38:12
Jetzt kommt es.
Franz
01:38:13
Also Österreich soll die Ambition haben, der Feinkostladen Europas zu weibern.
Willy
01:38:19
Das kommt wirklich direkt von dir. Das hast du uns durchgefragt. Bis heute redet das herum. Jeder tut so. Die anderen sagen, ja, ist super. Die anderen sagen, ja, ist auch Blödsinn. Das kommt aus der Zeit, oder wie?
Franz
01:38:30
Das kommt aus der Zeit damals.
Willy
01:38:33
Um uns abzuheben, weil du selber gesehen hast, mit unserer klar strukturierten Landwirtschaft, die kleinen Betriebe.
Franz
01:38:38
Haben wir auch noch immer... Damit war klargestellt, wohin es geht. Ebenso klar war, dass man in der EU, wenn man in der EU eine Stelle braucht, die diese ganzen Förderungen managt. Also die Förderungsansuchen, die Kontrollen und alles, was dazu gehört. Und dazu ist also dann die AMA gegründet worden, weil die AMA besteht ja aus zwei Teilen. Der eine Teil ist dieses Förderungsmanagement und der andere Teil ist das Agrarmarketing. Damit ist die AMA dann bekannter geworden.
Willy
01:39:26
Genau, der kennt man. Die macht die Siegeln, die Werbung quasi.
Franz
01:39:28
Ich halte mir selber zugute, dass ich den Begriff armere, den habe auch ich erfunden. Ach so. Und zwar deswegen, weil ich mich geärgert habe, weil da habe ich gesagt, also was geben wir dem Kind für Namen? Und da ist ein Riesenpalaber entstanden. Jeder hat irgendwas anderes erzählt, aber keiner hat einigermaßen was Sinnvolles. Nachher habe ich gesagt, Also am gescheitesten ist, wir heißen das Agrarmarkt Austria, also AMA. Und wenn die Leute Latein können würden, dann würden sie wissen, dass das der Vokativ von Lieben ist, von Amare.
Willy
01:40:11
Das ruft auch.
Franz
01:40:13
Ich habe gesagt, auf diese Weise werden die Bauern die EU lieben lernen.
Willy
01:40:20
Also es war ja schon in Weißer voraus, da waren wir ja noch nicht dabei. Das heißt, du tust, dass ganz was wird.
Franz
01:40:27
Brauchen wir das. Der Punkt war, man darf ja nicht vergessen, das hat ja alles Reaktionszeiten. Und wenn ich warte bis zu dem Tag, wo ich dabei bin, nachher stehen quasi die Importeure schon vor der Tür und wenn ich nicht entsprechend vorbereitet bin, kann ich dem nichts entgegensetzen. Also wir müssen auch vor der Tür stehen an dem Tag, wo wir beitreten. Und deswegen haben wir das also im Vorfeld alles organisiert, damit das vom Tag 1 an tatsächlich dann laufen kann.
Willy
01:41:03
Die ganze 1 hätte aber nach hinten los, dann hätte man die Arme und alles gehabt, aber keinen Beitritt, wenn das 94 nicht funktioniert hätte.
Franz
01:41:10
Ich würde jetzt einmal behaupten, selbst wenn man nicht beigetreten wäre, wäre es sinnvoll gewesen, die Förderungsverwaltung aus dem Ministerium wegzuverlagern und genauso wäre es sinnvoll gewesen, ein Agrarmarketingkonzept zu haben.
Willy
01:41:24
Das hätte so oder so Sinn gemacht.
Franz
01:41:26
Es ist ja sogar so, das hätte auf jeden Fall Sinn gemacht und es war ja später sogar so, dass die einzelnen Bundesländer dann angefangen haben, selber solche Agrarmarketing-Einrichtungen zu schaffen, um also auch Regionalmarken pushen zu können.
Willy
01:41:43
Hat es das woanders eigentlich auch gegeben, oder waren wir mit unserer Arme da eigentlich...
Franz
01:41:46
Nein, das hat es woanders auch gegeben. Wir haben uns dort einigermaßen an das deutsche Modell gehalten, weil ja vom Vordergrund klar war, dass der deutsche Markt unser wichtigster Absatz.
Willy
01:42:03
Dieser mit Abstand.
Franz
01:42:04
Naja, also wir exportieren jetzt ziemlich viel nach Italien und wir exportieren insgesamt und das war ja und da hat sich ja dann, muss ich sagen, diese ursprüngliche dass man uns ursprünglich zu Beginn vor den Kopf gestoßen hat und gesagt hat, für euch gibt es keine Übergangszeiten das hat sich dann eigentlich ins Positive gekehrt, weil wir gezwungen waren, sofort in den Export einzusteigen und da war man dann wirklich sehr erfolgreich, muss man sagen, da muss man also auch der österreichischen Lebensmittelwirtschaft ein großes Kompliment machen, weil mittlerweile ist es so, dass die Umsätze, die aus dem Export erlöst werden, höher sind als der ganze Heimmarkt. Also als das, was in Österreich umgesetzt wird.
Willy
01:43:10
Ja, ich habe es noch gerade angeschaut, Italien zweitgrößter Importeur quasi von österreichischen landwirtschaftlichen Produkten.
Franz
01:43:19
Ja, das stimmt. Aber wir sind also auch nach Österreich liefert Italien auch sehr viel. Weil ja sehr viel Obst, Gemüse aus Italien nach Österreich kommt sehr viel Wein nach Österreich kommt, vor allem in Westösterreich und dann natürlich Olivenöl und die ganzen mediterranen Produkte Ein Zusammenhang,
Willy
01:43:45
Der was immer wieder kommt im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt weil da oft der EU-Beitritt verantwortlich gemacht wird aber wenn man sich die Zeit auch anschaut das Bauernsterben, du schreibst davon ja selber auch ein Buch, wie sehr sagst du Wo hängt der Rückgang der Betriebe auch mit dem Beitritt zusammen oder generell mit dem strukturenden Wandel der letzten Zeiten?
Franz
01:44:08
Zunächst, nach dem Beitritt, hat sich der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe sogar verlangsamt. Ist sogar weniger geworden eine Zeit lang. Dann hat es aber wieder zugenommen. Man muss also, ich meine, dieser Begriff Bauernsterben, der ist ja bewusst von den Agrarvertretern erfunden worden, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Aber man muss sich das einmal auch von einer anderen Seite her anschauen. Und zwar, wenn ich in Österreich heute einen reinen Getreidebaubetrieb hernehme. Und der, sagen wir, ist sogar überdurchschnittlich groß, hat 50 Hektar. Und dann die Frage stelle, der Bauer, der den Hof bewirtschaftet, wie viel der beschäftigt ist im Jahr. Was glauben Sie? Sechs Wochen.
Willy
01:45:22
Sechs Wochen?
Franz
01:45:24
Und wie kann ich jetzt ein System erfinden, wo jemand für sechs Wochen Arbeit im Jahr ein Durchschnittseinkommen bezieht wie ein durchschnittlicher Arbeiter. Das ist ökonomisch nicht darstellbar. Und das ist das Problem. Daher muss es eine gewisse Entwicklung geben. Es ist auch noch dazu so, das ist eher typisch sogar für die Länder, die benachteiligte Gebiete haben, also Bergbauern haben zum Beispiel und aufgrund dessen auch kleiner strukturiert sind. Ja, vorwiegend in solchen Gebieten ist eigentlich die Nehmerweibslandwirtschaft entstanden. Und die Nehmerweibslandwirtschaft, die funktioniert ja so, dass also der Bauer in Wirklichkeit einen anderen Beruf hat, nicht Bauer, und die Landwirtschaft wird nebenbei gemacht. Deswegen hast du nebenbei. Aber das heißt nicht, dass es einer solchen Familie in Bezug auf das gesamte Einkommen, das sie bezieht, schlecht deswegen gehen muss. Und da ist natürlich auch ein Vorteil in einem Stadt wie Österreich mit dem hohen Anteil an Tourismusindustrie, da gibt es also relativ mehr gute Möglichkeiten Einkommen zu kombinieren verglichen mit Regionen, wo man sozusagen in der Pampas ist. Also das ist also schon ein Vorteil und den muss man also berücksichtigen, weil Ansonsten würde die Landwirtschaft in den schwachen Regionen tatsächlich aussterben. Aber die Sicherung, die der Bauer hat, damit das nicht passiert, besteht darin, dass also vor allem gerade in den Gebirgsregionen, dass eine solche Region, wo es keine Landwirtschaft mehr gibt, die ist dann unbewohnbar längerfristig betrachtet. Und solche Dinge gibt es also in Polen zum Beispiel kann man das beobachten solche Dinge kann man auch in Portugal beobachten und in einigen anderen Regionen Europas und das ist furchtbar weil da brechen dann alle Strukturen zusammen auch die Infrastruktur und da ist also jede Attraktivität dort leben zu wollen dahin Und daher ist also das Interesse, das es Bauern gibt in ausreichender Zahl, ein Gesamtinteresse, nicht nur ein im engeren Sinn agrarisches Interesse.
Willy
01:48:24
Also es geht nicht nur um die Produktion, sondern es geht auch um die ganzen Systemdienstleistungen. Richtig. Ist es dann in dem Zusammenhang nicht auch falsch, wenn man da von Förderungen spricht? weil ich habe, ich sage es jetzt immer wieder, ich habe Folgen gemacht zum Thema Suizid, Depressionen und da ist auch ganz oft gekommen das Thema, dass sich viele... Bauern, weil der freie Bauer heißt es ja auch oft, durch diese Fremdbestimmung, durch Förderungen ja absolut unwohl fühlen und so als Bittsteller so ein bisschen vorkommen, obwohl sie eigentlich sehr viel an Leistung erbringen, die scheinbar nicht gesehen wird.
Franz
01:49:00
Das habe ich immer versucht zu verhindern, dass es zu solchen Einstellungen kommt. Ich habe immer gesagt, es gibt halt Leistungen, die der Bauer erbringt, aber die kann er nicht am Markt verkaufen und die kann er auch nicht im nächsten Laden verkaufen. Sondern das sind Leistungen, die der Öffentlichkeit, der gesamten Bevölkerung zugutekommen. Wenn es also zum Beispiel darum geht, dass unsere Schutzwälder intakt bleiben. Oder wenn es darum geht, zu verhindern, dass es zu Hangrutschungen, Überschwemmungen und so weiter kommt.
Willy
01:49:39
Dass die OMG ist zum Wandern.
Franz
01:49:41
Das sind alles Dinge, die eigentlich eine für die Volkswirtschaft wichtige Leistung darstellen. Und daher habe ich auch immer gesagt, man soll ja überhaupt nicht von Förderungen und schon gar nicht von Subventionen reden, sondern von Leistungsabgeltungen. Nachdem es eben für bestimmte Leistungen im Interesse der Öffentlichkeit zwar das öffentliche Interesse gibt, aber keinen Preis, muss man also sozusagen statt einen Markt dafür zu schaffen, von öffentlicher Seite her dafür sorgen, dass diese Leistungen bezahlt werden. Das kann ich auch bewerten, ob einer viel oder wenig solche Leistungen erbringt, also das lässt sich alles machen, das ist ja keine besondere Kunst.
Willy
01:50:30
Naja, Kostenwahrheit grundsätzlich herzustellen und die zu messen, das ist ja, Kostenwahrheit ist ein wichtiger Begriff, nur wie misst es denn? Was ist denn der Wert einer beweideten Alm für den österreichischen Gesamtwohlstand?
Franz
01:50:47
Ja, das ist ein bisschen schwierig, das stimmt schon, aber im Prinzip lässt sich auch sowas messen. Es gibt da durchaus wissenschaftliche Untersuchungen, mit denen man das belegen kann, wie viel im Schnitt, das kann ich natürlich nicht jetzt auf den Einzelfall anwenden, aber wie viel im Schnitt diese Leistung wert ist, das lässt sich schon bewerten.
Willy
01:51:07
Aber war das nicht so ein bisschen das Problem, also ich stelle immer ein bisschen provokant die Frage, ob man die Landwirtschaft nicht eigentlich aus dem Markt komplett auszunehmen, man mir seit, gerade einmal in Österreich, weil sie ja gesellschaftlich, erstens muss ich ja schauen, dass ihr das Land, wenn die Grenzen wieder zugehen sollten einmal, eines Tages, selbstversorgungsfähig bleibt. Das heißt, ich muss sowieso zu welchen Kosten auch immer schauen, dass ich gewisse Produktionen im Land habe, plus die ganzen Ökosystem, Dienstleistungen und Gesamtwohlleistungen. Hat die Landwirtschaft, speziell so eine wie die in Österreich, eigentlich am Markt klassisch überhaupt, gehört die dort überhaupt hin oder hat man die da einfach falsch Ich glaube.
Franz
01:51:45
Man sollte das nicht unterschätzen. Also ich bin wirklich davon überzeugt, dass man das subsidiär sehen sollte. Also primär sollte man schon die eigentliche klassische Agrarproduktion unter Marktgesichtspunkten sehen und auch so behandeln. Weil wenn man das nicht macht, dann ist das Risiko relativ groß, dass man wieder zurückfällt in ein System mit Überschüssen und dergleichen mehr. Also das wäre ganz, ganz schlecht. Auf der anderen Seite aber muss man, glaube ich, und das ist der zweite Punkt, man muss anerkennen, dass man über den Markt nicht davon ausgehen kann, dass der Markt alles selber regelt, sondern dass es eben darüber hinaus für bestimmte Leistungen eine über das Marktgeschehen hinausgehende Abgeltung geben muss und dafür also auch entsprechende Rechtsgrundlagen.
Willy
01:52:53
Wir springen ein bisschen vor dann, aber wir können ja dann bitte unbedingt auf die Agenda 2000 und auch um die Fischlerreform, was den auch wirklich ausgelöst hat. Aber wir sind ja quasi jetzt im Mitbewerb, im Wettbewerb, wie auch immer man das nennen will, mit Ländern wie, keine Ahnung, Irland, wo die Rindfiecher zum Beispiel das ganze Jahr draußen, ganz derige Weidehaltung. Wenn man vom Thema Tierwohl ausgeht, mir hat letztens ein Bauer gesagt, wenn man sich ehrlich ist, die Fiecher in Neuseeland haben wahrscheinlich in puncto Tierwohl, weil sie das ganze Jahr draußen sind, Tierwohl ist es besser wahrscheinlich dort. Also wir haben ja flächenmäßig, Ukraine war ja ein Riesenthema, also viertgrößter Getreideexport, da haben ja wir mit unserer Kostenstruktur in Österreich nicht einmal ansatzweise eine Chance, dass wir mitkommen. Also wie kann man da quasi auf den Markt gehen mit den Kostenstrukturen und mit diesem Vorteil.
Franz
01:53:41
Komparativen Vorteil? Das kann man eben schon, wie ja die Realität beweist, Einerseits dadurch, dass man den Heimmarkt pflegt und vor allem, und das ist vielleicht etwas, was eine Nachschärfung braucht, nämlich das Bewusstsein, dass wenn ich als Konsument in einen Supermarkt gehe und da habe ich jetzt nebeneinander verschiedene Produkte in den Regalen liegen. Und wenn ich da in eins der Regale hineingreife, dann sollte mir schon klar sein, dass ich je nachdem, aus welchem Regal ich ein Produkt herausnehme, ich dann eben genau diese Zusatzleistungen nicht bei mir zu Hause, sondern irgendwo anders fördere, wenn ich kein österreichisches Produkt nehme.
Willy
01:54:42
Ja, das ist klar, dass du das weißt, aber ist das nicht zu Hilfe verlangt vom Konsumenten?
Franz
01:54:45
Ich glaube, man sollte den Konsumenten nicht für blöd halten. Das größere Problem ist ein anderes. Das größere Problem in Bezug auf die Konsumenten ist die Tatsache, dass wenn sie Umfragen machen und die Leute fragen, ob es wichtig ist, dass die Bauern für ihre Produkte einen guten Preis bekommen, dann kriegen sie eine Zustimmungsrate von in der Größenordnung 90%. Und genau diese Befragten gehen aber dann um die Ecke in den nächsten Supermarkt und schauen, was es im Sonderangebot gibt. Und dafür, dass das nicht überhand nimmt, dafür braucht es einen gewissen Informations- und Erziehungsprozess.
Willy
01:55:31
Wie gelingt das? Was du jetzt angesprochen hast, das ist ja der Citizen-Consumer, der Bürger, die Bürgerin, die weiß, was eigentlich was richtig ist. An der Kasse entscheiden uns dann ganz oft kosteneffizient, also wie der Consumer, oder Consumer Value Gap, gibt es ja 100 Worte dafür.
Franz
01:55:49
Wie gelingt das? In erster Linie gelingt das tatsächlich nur durch Überzeugung. Und Überzeugung, das braucht natürlich einen gewissen Mitteleinsatz. Und ich plädiere immer dafür, dass das nicht nach dem Prinzip geht, jeder Bauer lobt sei wahr, sondern dass das nach dem Prinzip geht, dass Außenstehende, also Konsumenten und Leute, die in der Richtung ein Bewusstsein haben, Dass die mit eingeschaltet werden in die Werbung für die Produkte und auch, und das glaube ich ist möglich, auch die großen Supermarket-Ketten. Es ist nicht so, wie oft einmal behauptet worden wird, dass die nur gierig sind und nur auf ihren Gewinn schauen und auf sonst nichts. Und neuerdings ist es ja sogar möglich, da hat die EU in der Gesetzgebung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man, aber das müssen die Mitgliedstaaten machen und da tun sie nicht sehr viel, aber an sich die Möglichkeit besteht, Die das Wettbewerbsrecht nicht in vollem Umfang anwendet, sondern Vorsorgemaßnahmen trifft, dass jedes Glied in der Produktionskette einen fairen Anteil am gesamten Nutzen dieses Produkts, sprich am Endpreis bekommt. Diese Möglichkeit besteht bereits.
Willy
01:57:47
Das gibt es, hat das einen Namen? Oder das ist nicht im Widerspruch mit Wettbewerbsrecht?
Franz
01:57:52
Es ist schon im Widerspruch mit dem Wettbewerbsrecht, aber da hat die EU gesetzgeberisch gezielt eine Ausnahme geschaffen.
Willy
01:58:01
Also gibt es zumindest eine Möglichkeit?
Franz
01:58:03
Eine Ausnahme, ja. Aber damit das sozusagen umgesetzt werden kann, müssen die Mitgliedstaaten tätig werden.
Willy
01:58:11
Okay, also es gibt zumindest eine Möglichkeit. Ihr habt vorher gesagt, Ukraine, weil es einfach ein Riesenthema war.
Franz
01:58:18
Bei der Ukraine ist die Situation, glaube ich, in Österreich teilweise ziemlich schief dargestellt worden. Bei der Ukraine ist folgendes Problem. Natürlich ist die Ukraine ein großes Agrarland und vor allem ein Getreideproduzent, Sonnenblumenproduzent und Sojaproduzent also weniger stark sind sie in der Tierproduktion aber in der Getreideproduktion sind sie wirklich sehr stark An sich traditionell exportiert die Ukraine ihren Weizen und alle anderen Exportartikel aus dem Bereich hauptsächlich in den arabischen Raum. Und die Ukraine ist ja insgesamt der fünftgrößte Getreideexporteur der Welt. Genauer gesagt, Weizenexporteur der Welt. Und eine zweite Exportschiene gibt es in der Ukraine und da ist sie sogar die Nummer 1, nämlich wenn es um das World Food Program geht. Also wenn es darum geht, Das ist ein Programm der UNO, wo also Länder, in denen eine Hungersnot herrscht oder irgendeine Katastrophe, man dann mit Getreidelieferungen einspringen kann. Das Problem ist entstanden, wie der Ukraine-Krieg 2022 begonnen hat, weil da haben die Russen die Schwarzmeier-Häfen, von denen ja weg das Getreide exportiert wird, alle vermint.
Willy
02:00:10
Odessa glaube ich hauptsächlich.
Franz
02:00:12
Nicht nur Odessa, da gibt es eine ganze Reihe von Häfen. Aber die haben die alle vermint und da ist kein Schiff mehr hinein und keins mehr herausgekommen. Und dann ist aber im Herbst die neue Getreideernte da gewesen was tut man jetzt mit dem Getreide und wie der Krieg begonnen hat, war das Getreide ja schon angebaut, also da hat man nicht einmal in der Richtung was machen können Und dann haben die Ukrainer angefangen zu versuchen Getreide auf dem Landweg außer Landes zu bringen. Das hat den Nachteil, dass es erstens viel teurer ist, zweitens kann man keine großen Mengen transportieren, weil das sind ja hunderttausende Lastautos, die man da brauchen würde. Also das hat einerseits schlecht funktioniert, aber zunächst einmal fährt man natürlich möglichst nicht weit. Also wo sind sie hingefahren? Nach Polen. Sie haben es gefahren mit dem Getreide und haben das in Polen eingelagert oder verkauft. Und dann haben die polnischen Getreidehändler den polnischen Bauern gesagt, wie dann danach die polnische Getreideernte angestanden ist. Also entweder ihr seid mit dem und dem Preis zufrieden, also zu dem Preis, zu dem sie das Getreide vorher der Ukraine abkauft haben oder sonst kaufen kannst.
Willy
02:01:45
Und damit waren sie schon im EU-Markt quasi, nicht?
Franz
02:01:47
Damit waren sie einerseits am EU-Markt, aber andererseits haben die polnischen Getreidehändler teilweise die polnischen Bauern erpresst. Also entweder ihr akzeptiert unsere Preisbedingungen oder sonst holen wir uns weiter Getreide aus der Ukraine.
Willy
02:02:08
Der Markt hat das gemacht, was der Markt tut, nicht?
Franz
02:02:09
Das hat sich aber dann schnell einmal geändert, die ganze Situation, und zwar deshalb, weil ja neben dem arabischen Raum der wichtigste Abnehmer von ukrainischen Weizen China ist. China importiert ziemlich viel Weizen und durch diese Blockade der Russen ist auch auf den Börsen, auf den Getreidebörsen der Preis gestiegen und da hat der Xi Jinping zu seinem Freund Putin gesagt mein lieber Freund, das mit dem Familien dort ist last du gefälligst weil wir wollen Getreide zu den bisherigen Bedingungen kaufen und Und seither, ohne dass da viel in der Öffentlichkeit geredet wurde, sind der Getreidehandel, die Schiffe fahren aus und ein wie vor dem Krieg. Die Verminerei ist vorbei. Und auf diese Weise hat sich also auch der Export beruhigt. Jetzt ist die Frage, wenn angenommen die Ukraine Mitglied in der EU würde, Das muss man natürlich schon ausverhandeln aber man kann also davon ausgehen dass in den Verhandlungen es möglich sein sollte die Ukraine zu verpflichten dass sie ihre traditionellen Exportmärkte weiter bedient und nicht sagt so, jetzt schicken wir alles nach Deutschland oder so wohin. Das ist also sicher möglich und Das müsste man ja auch wenn man die Ukraine tatsächlich aufnehmen würde, da sind wir ja zur Zeit weit weg davon, aber angenommen das wäre tatsächlich der Fall, dann müsste man da wirklich Regelungen treffen, die anders sind. Abgesehen davon, dass ja bei der Größe der ukrainischen Landwirte die Notwendigkeit von Flächenprämien zum Beispiel überhaupt nicht besteht. Also ich habe einen Freund, der hat eine Landwirtschaft in der Ukraine, der hat 6000 Hektar. Der größte österreichische Getreidebetrieb, das ist also die lichtensteinische Gutverwaltung, die haben 2000 Hektar. Also da sieht man schon welche. Und der mit den 6000 Hektar ist alles andere als der Größte, der ist ein mittlerer Bereich.
Willy
02:05:00
Also andere Dimensionen.
Franz
02:05:02
Das sind einfach andere Dimensionen. Und daher muss man also, glaube ich, im Falle eines Beitritts da auch maßgeschneiderte Konzepte entwickeln, wie man mit dieser Situation umgehen möchte.
Willy
02:05:15
Das heißt, es ist quasi ein Markt, wenn es jetzt einmal sehr vereinfacht, sagt, es gibt Verhandlungen innerhalb der EU, dass wir uns gegenseitig also gewisse Strukturen so abfedern, dass wir miteinander arbeiten, dann haben wir eine gewisse Förderstruktur. Also grundsätzlich Landwirtschaft, so wie sie ist, also von der topografischen Gegebenheit, es ist einfach kein klassischer Markt.
Franz
02:05:38
Das ist zur Zeit immer noch ein Schwachpunkt, auch innerhalb der EU, weil, da muss ich ja so zugeben, dass eine wichtige Sache ist mir als Kommissar nicht gelungen. Das habe ich damals schon vorgeschlagen. Es ist aber bis heute nicht gelungen. Und zwar muss man, wenn man fair sein will gegenüber den Bauern, dann kann ich nicht an 10 Hektar Bauern gleich behandeln wie an 1000 Hektar Bauern. Also das heißt, da gibt es die Economy of Scale, wie man das so schön nennt, und ab einer gewissen Größe einer Landwirtschaft gibt es überhaupt keinen Grund, diesen Bauern noch zusätzlich Direktzahlungen zu geben. Also die Briten haben das zum Teil eingesehen, wie das UK noch Mitglied war. Da Habe ich alle Jahre von einem britischen Farmer, von einem Graufen, einen Brief gekriegt, wo er hineingeschrieben hat, er möchte endlich wissen, wer diese Trotteln in Brüssel sind, die ihm jedes Jahr eine Million Pfund schicken. Obwohl er es gar nicht braucht. Also solche Dinge hat es auch gegeben.
Willy
02:07:10
Das ist aber genau das Problem, das wir da haben. dir das erste Mal, wenn wir jetzt wieder zurückgehen, erst haben wir die Produktionsanreize gehabt mit an die Produktion gekoppelten Förderungen und entsprechenden Maßnahmen. Dann haben wir das entkoppelt, da kommen wir dann eh noch kurz drauf, wo du das vielleicht nachher erklärst, dass wir es eher dann quasi an die Fläche gebunden haben und dann sind wir draufgekommen, weil wir die Fläche jetzt nach oben skaliert haben, Betriebe, wie du ja gerade gesagt hast, mit 10.000 Hektar, die kriegen 10.000 Mal die Flächenprämie und ich kann nämlich so das Geld sagen, dann haben wir überfordert. Jetzt haben wir da wieder ein Strukturproblem. Jetzt sind wieder die kleinen Betriebe nachgelegt.
Franz
02:07:42
Nein, es muss einem klar sein, das Ganze ist ein dynamisches System und es braucht immer wieder Initiativen und Neuerungen. Und es ist ja an sich, man darf ja nicht vergessen, die Reform, die ich gemacht habe, die war im Jahr 2003. Das ist jetzt über 20 Jahre her. Und seither ist also nicht wahnsinnig viel dann auch noch geschehen. Das heißt, an sich wäre es höchst an der Zeit eine neue Zeit. Agrarreform anzugehen, vor allem auch im Lichte der Notwendigkeit, dass ja in der Zwischenzeit der Klimawandel viel stärker wirksam geworden ist und dass es also auch ganz andere Aufgaben zum Teil gibt für die Landwirtschaft, wie zum Beispiel Kohlenstoff senken zu haben. Das heißt, das ist auch nicht sehr bekannt, aber die Böden sind die größten Speicher von CO2, die es am Land gibt.
Willy
02:09:07
Wir wissen auch ganz viele Menschen nicht, dass das auch ausreichend ist.
Franz
02:09:09
Das wissen viele Leute nicht. Und wo wird dieser Kohlenstoff oder dieses CO2 gespeichert? Im Humus. Das heißt, wenn die Böden einen höheren Humusgehalt haben, dann habe ich automatisch mehr Kohlenstoff im Boden gespeichert. Und da muss man wissen, dass zurzeit im Durchschnitt in den Industriestaaten der Humusgehalt in den Ackerböden nur 50% dessen beträgt, was dem natürlichen Zustand entsprechen würde. Das heißt, da ist also eine große Möglichkeit, das aufzustocken.
Willy
02:09:48
Was ist der natürliche Zustand? Ist das der Zustand vor Industrialisierung oder was ist der natürliche Zustand?
Franz
02:09:55
Wenn der Boden unbehandelt ist. Also wenn ich da nicht jedes Jahr mit dem Pflug sozusagen den Boden umhöre.
Willy
02:10:05
Das ist das Potenzial des Bodens mehr oder weniger, pro Einheit.
Franz
02:10:07
Nein, das ist das, was sich entwickelt, wenn ich praktisch nur die Natur arbeiten lasse. Also das ist der Humusgehalt, den ich in Böden finde, in natürlichen Waldböden oder im Urwald oder so.
Willy
02:10:22
Das heißt, man geht davon aus, mit einer landwirtschaftlichen Tätigkeit ist das immer unter dem Optimum, aber wir müssen schauen, dass wir möglichst nahe mit unserer Landwirtschaft an dieses Optimum herankommen.
Franz
02:10:31
So ist es.
Willy
02:10:32
Und wie kann man das abbilden?
Franz
02:10:33
Das geht schon, da gibt es auch Beispiele, da gibt es auch bei uns in Österreich Beispiele dafür, da gibt es zum Beispiel in der Steiermark, das nennt sich Ökoregion Keindorf, das ist da im Bezirk Hartberg, die sind da sehr erfolgreich und die können nachweisen, dass es gelingt, zusätzlich pro Hektar und Jahr 10 Tonnen CO2 zu speichern. Jetzt, wenn ich mir das aber multipliziere, wenn ich da 100.000 Hektar habe, dann habe ich schon eine Million Tonnen, was ich also nur da speichern kann. Und 10.000 Hektar, das sind fünf Gemeinden.
Willy
02:11:20
Es ist jetzt natürlich schwer vernünftig, was du sagst, aber ich habe jetzt auch deine Bücher gelesen und an ganz viel Stellen war es so, in den Verhandlungen ist es darum gegangen, den Chirac hast du es ja oft erwähnt, was will er in seinem eigenen Land erreichen? Das waren keine wissenschaftlichen Entscheidungen, du hast vorher selber von Dogmatik teilweise geredet, Das waren rein politische Entscheidungen und die sind teilweise sehr, sehr kurzfristig gewesen. Nämlich, was ist in meiner Amtszeit, was ist in der nächsten Wahl. Das ist ja gerade das Dilemma, in dem wir drin sind. Das, was du beschreibst, ist ja auch vernünftig und langfristig gedacht.
Franz
02:11:51
So funktioniert Politik. Naja, aber das ist nicht nur langfristig. Also da in dieser Region, die haben das zustande gebracht, Es gibt ja auf der europäischen Ebene den sogenannten Zertifikatshandel. Das heißt, das CO2, das man abbaut oder speichert, da kriegt man dafür Zertifikate und die sind handelbar. Und theoretisch wäre es an sich das Ideale, wenn in dieses europäische Zertifikatshandelssystem auch die Humus-Anreicherung einbezogen würde, weil nachher läuft es praktisch marktwirtschaftlich.
Willy
02:12:41
Stich in Kostenwahrheit. Warum haben wir es nicht drinnen?
Franz
02:12:44
Warum haben wir das nicht drinnen? Weil diese Diskussion eigentlich ziemlich neu ist. Aber die Leute dort in der Region Keindorf, die machen genau das, allerdings auf freiwilliger Basis. Also die haben Partner, Industriefirmen, die ihnen diese Zertifikate abkaufen.
Willy
02:13:09
Wie kommen solche Dinge dann tatsächlich in die Politik? Weil du sagst, es ist relativ neu, Meadows hat auch in den 70er Jahren den Bericht an den Club of Rome geschrieben. Das war dann, damals war es neu, bis wir es dann geglaubt haben, war es 30, 40 Jahre später und bis heutzutage nicht.
Franz
02:13:25
Naja, also das ist ja ein gutes Beispiel. Also häufig kommen solche Dinge dann in die Politik, wenn sie zunächst einmal erforscht werden. Wenn es zunächst einmal ein Wissen über diese Dinge gibt und dass man verstehen lernt, wie solche Dinge überhaupt funktionieren können. Dass man auch verstehen lernt, wie man das organisieren könnte, damit daraus eine allgemeine Anwendung entstehen kann und dergleichen mehr. Das ist sehr häufig eigentlich der Einstieg. Also es ist eher selten, dass die Politik aus sich heraus raus, weil sie einen Gnadenstoß von oben bekommen hat, dass dann solche Dinge beginnt. Also die Einführungsphasen sind meistens außerhalb der Politik, aber wenn das also dann einigermaßen vielversprechend ist, dann springt die Politik auf, gewissermaßen. Gut wäre halt nur, wenn sie nicht zu lange wartet mit dem Aufsprechen.
Willy
02:14:32
Ist das nicht so generell, jetzt natürlich, entschuldige die Kritik, man hört es einfach immer, ist das nicht generell so ein bisschen ein Problem, was uns Europäer momentan vorgewerfen haben, dass wir zwar sehr, sehr edel sind in unseren philosophischen und intellektuellen Diskussionen, aber in der Entscheidung nicht vorankommen, weil wir uns da ein bisschen im Weg stellen?
Franz
02:14:48
Das ist eine der Schwächen, die wir Europäer zurzeit haben. Keine Frage.
Willy
02:14:54
Punkt. Aber siehst du da eine Möglichkeit.
Franz
02:14:57
Irgendwie darauf rauszukommen, absehbarer Zukunft? Das ist nicht so ganz einfach. Weil... Damit politisch was weitergeht, braucht es nicht nur die Einsicht, braucht es nicht nur das Erkennen von Lösungsmöglichkeiten, sondern da braucht es auch dann couragierte Leute, die das vorantreiben. Rückblickend betrachtet muss man sagen, die Europäische Union wäre wahrscheinlich überhaupt nicht zustande gekommen, wenn nicht in der Anfangsphase einige wirklich begnadete Politiker das in die Hand genommen hätten und da Anfang der 50er Jahre, wo ja die heutige EU oder die Vorläuferorganisation der heutigen EU entstanden ist, wenn die damals nicht gesagt haben, hätten, also wir müssen gewisse Dinge künftig gemeinschaftlich machen, weil sonst ist das Risiko, dass es in Europa wieder einen Krieg gibt, viel zu groß. Solche Leute, das muss man schon sagen, die fehlen momentan zu einem gewissen Grad und die kann sich nicht jeder selber zu Hause schnitzen. Also da ist man auf eine gewisse Entwicklung angewiesen und das dauert halt. Das braucht Zeit, das hat dann also auch mit unserem Bildungssystem zu tun, das hat mit unserer Kommunikation, das hat mit vielen Dingen zu tun, mit gesellschaftlicher Entwicklung, mit Wertvorstellungen und, und, und. Und diese Dinge zu beeinflussen ist alles andere als einfach.
Willy
02:16:54
Förder uns dafür nicht ein bisschen die Vergangenheit, weil du sagst, Die Idee in Chamonix etc. Aus den 50er Jahren, das ist ja vor dem Hintergrund eines nicht allzu langen damals hergewesenen Weltkrieges gewesen und man hat gewusst, das ist wichtig. Heutzutage fällt uns so ein bisschen die Verlangenheit dazu.
Franz
02:17:13
Man braucht ja nicht nur sozusagen das Hirn, sondern man braucht auch das Herz. Das heißt, man braucht Motivation, man braucht also Emotion, nur dann, wenn die Emotionen mit dem Verstand oder mit dem, was also an Erkenntnis vorhanden ist, zusammenkommen, nur dann entsteht eine Dynamik. Und es braucht eine Dynamik, wenn etwas Neues entstehen soll. Und das ist also sicher damals... Da braucht es Treiber sozusagen, die diese Dynamik unterstützen. Und das war damals sicher, dass es geheißen hat, nie wieder Krieg in Europa. Und vor allem also nie wieder Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Das war die Antriebskraft. Und die zweite Antriebskraft für die Gründung der Gemeinschaft war, dass man gesagt hat, also wenn es da jetzt diese zwei starken Pole gibt, die USA und quasi die freie Welt, die hinter den USA steht, und die kommunistische Welt, die hinter Russland bzw. Der Sowjetunion steht, wo steht da dann Europa? Und da hat man tatsächlich Angst gehabt, dass man da zwischen zwei Blöcken zerquetscht wird. Aber dann auch, und das ist ja schon wichtig zu erkennen, dass dann auch die handelnden Personen gesagt haben, wir müssen das anders organisieren als in der Vergangenheit. Das ist ja vielleicht zu wenig bekannt. An sich hat es ja Bestrebungen, eine Gemeinschaft zu bilden, ja schon nach dem Ersten Weltkrieg gegeben. Da wurde daher der Völkerbund gegründet. Und er hatte eigentlich das gleiche Ziel gehabt. Nur, die haben also jahrzehntelang darüber diskutiert, was eigentlich das richtige Modell für so eine Gemeinschaft wäre. Also Stichwort, soll das ein Bundesstaat werden oder soll das ein Staatenbund werden? Da haben sie ewig darüber diskutiert und herausgekommen ist nichts und dann ist der Zweite Weltkrieg gekommen und dann ist das sowieso alles blockiert.
Willy
02:19:49
Da haben wir es auch lange diskutiert.
Franz
02:19:50
Aber das muss man wissen, dass der Jean Monnet, der hat eine wichtige Funktion gehabt in diesem Völkerbund. Und der hat aus diesem Misserfolg heraus gesagt, und der hat das dann dem französischen Präsidenten auf den Schreibtisch gelegt, oder dann dem Schumann, dem Außenminister, der hat gesagt, Man muss aufhören mit dieser Modelldiskussion und was da richtig oder weniger richtig ist, sondern man muss ein konkretes Projekt angehen. Und was ist das konkrete Projekt? Ja, wenn wir verhindern wollen, dass es in Europa wieder Krieg gibt, ist es am naheliegendsten, dass man hergeht und sagt, die wichtigsten Materialien, die zum Kriegsführen in der damaligen Zeit notwendig waren, also in erster Linie Stahl, mit denen man Kanonen und Panzer bauen kann, wenn man das gemeinschaftlich verwaltet, dann kann eigentlich nicht mehr unkontrolliert irgendwo eine große Menge von Stahl entstehen, aus denen man dann Waffen baut.
Willy
02:21:08
Deswegen die EGKS, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl.
Franz
02:21:11
Und deswegen war die logische Konsequenz zu sagen, okay, dann verwaltet man gemeinsam die Kohle und den Stahl. Und daher war das der erste Vertrag, den man gemacht hat. Der zweite Vertrag übrigens war dann im Lichte von Hiroshima und Nagasaki, hat man gesagt, naja, aber diese Materialien sind ja noch viel gefährlicher.
Willy
02:21:35
Da sind nur welche dazukommen.
Franz
02:21:36
Daher ist also dann als zweiter Vertrag entstanden der Atomvertrag. Über die Frage der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Und dann hat man gesagt, naja, aber außerhalb dieses, also dann hat man noch dazu, das muss man vielleicht auch einfügen, weil das wird heute kaum mehr gesehen, nämlich man hat gesagt, wir müssen uns aber auch gemeinsam verteidigen können. Nur da ist man nie auf einen grünen Zweig gekommen bis heute nicht und zu Beginn vor allem deshalb nicht, weil der damalige französische Präsident de Gaulle das immer alles blockiert hat dann ist man aber auch drauf gekommen auf eine Sache über die man zur Zeit wieder diskutiert nämlich die Ein gutes Mittel, um Frieden zu erhalten, ist Wohlstand. Also wenn wir den Wohlstand fördern, dann ist es gleichzeitig ein Beitrag zur Erhaltung des Friedens. Das ist also dann in der Konsequenz die Politik gewesen, die man begonnen hat für verschiedene Sektoren. Und natürlich, wenn es um Wohlstand geht, das Erste, was man braucht, ist also was zum Essen. Daher ist die erste sektorale Politik, die in der EU entstanden ist, die Agrarpolitik gewesen, die also dann ja auch als Modell für viele andere Politiken hergehalten hat und funktioniert hat. Nur bei der Agrarpolitik, da hat man dann gesagt, das ist nämlich die andere Debatte, die wir ja gerade zur Zeit auch wieder in ganz Europa führen, nämlich diese Debatte über die Einstimmigkeit. Man muss wissen, dass der Vertrag zur Gründung der Gemeinschaft ein völkerrechtlicher Vertrag ist. Und im Völkerrecht, da gilt das sogenannte Konsensualprinzip. Das heißt, da gibt es keine Mehrheiten und keine Abstimmungen, sondern es müssen alle zustimmen.
Willy
02:24:04
Das ist ein völkerrechtliches Grundprinzip?
Franz
02:24:06
Das ist ein völkerrechtliches Prinzip.
Willy
02:24:10
Da gibt es keine Mehrheiten in dem Sinne dann.
Franz
02:24:12
Nein, nur gibt es die Möglichkeit, dass man einstimmig beschließt, dass ab jetzt für einen bestimmten Bereich machen wir keine Einstimmigkeit mehr. Und bei der Agrarpolitik ist das zum ersten Mal angewendet worden, und zwar deswegen, weil die anderen fünf damaligen Mitgliedstaaten gesagt haben, wenn wir da die Einstimmigkeit erhalten, nachher müssen wir alle nach der französischen Pfeife tanzen, weil die in der Landwirtschaft haben damals das Geschehen total die Franzosen dominiert. Also da wird es nachher viel verständlicher, wieso da solche Dinge nach wie vor vorhanden sind. Aber gerade jetzt ist also eben der Zeitpunkt gekommen, angesichts vor allem auch dessen, was durch den Aggressionskrieg von Putin angerichtet worden ist. Angesichts dessen, was der Herr Trump jetzt alles macht und angesichts der Weltlage und der Entwicklung auf der Welt ist jetzt also wirklich der Zeitpunkt gekommen, wo man intensiv daran arbeiten muss, dass man in einigen Punkten zumindest um substanzielle Schritte weiterkommt. Also ein Weiter-wie-bisher, das kann man vergessen.
Willy
02:25:38
Aber schimmert diese Vergangenheit, die wir eigentlich überwunden haben, hier zum Horizont schon stark genug, sodass wir Emotion auch wieder aufbringen, um diese Reformbereitschaft wieder herzustellen, die in den 50er Jahren schon da war? Oder ist der Leidensdruck, das, was potenziell da kommt, einfach nur nicht stark genug da? Weil die Emotion ist es, die man braucht, nicht?
Franz
02:25:58
Das Wissen haben wir. Das Zweitere ist richtig. Es ist leider so, es ist die Ambition nicht ausreichend, dass du wirklich in absehbarer Zeit etwas Substantielles weitergeht. Aber die Verhältnisse können sich ja sehr schnell verschlechtern und dann müsste man zumindestens für den Zeitpunkt gerüstet sein und müsste eine klare Vorstellung haben darüber, was man eigentlich machen möchte. Und diese klare Vorstellung ist derzeit auch nicht im notwendigen Ausmaß.
Willy
02:26:37
Aber wir müssen aus der Einstimmigkeit raus.
Franz
02:26:39
Naja, das ist ja nur eine Sache. Es geht also nicht nur um die Frage der Einstimmigkeit, das ist sicher eine wichtige Sache. Da bin ich übrigens der Meinung, dass man das quasi portionieren sollte. Naja, weil es ist ja so, zum Beispiel die... Die Handelspolitik ist ja ursprünglich auch ein Teil der Außenpolitik und die war genauso dem Einstimmigkeitsprinzip unterworfen. Nur ist es durch geschickte Verhandlungen gelungen, für die Außenhandelspolitik von der Einstimmigkeit wegzugehen. Und wenn man das also jetzt klug weiterführen würde, dann muss man eben auch Bereiche suchen, wo das auch möglich ist. Wenn man nur hergeht und sagt, die Einstimmigkeit wird abgeschafft, nachher reden wir darüber noch 20.
Willy
02:27:35
Das ist jetzt die kluge Strategie beim Verhandeln ein bisschen. Das Ganze so aufzuteilen, das ist schon, also nicht einfach pauschal über das zu reden und sagen, ich will das und dann gibt es wieder für und wieder gegen, sondern immer schauen, wo ich Mehrheiten finde und das so fließend zu machen.
Franz
02:27:49
So funktioniert Politik.
Willy
02:27:51
Wirklich?
Franz
02:27:53
Oder sollte sie funktionieren? zu ernähren.
Willy
02:27:56
Jetzt schauen wir noch einen Druck zu dem eigentlichen, wo du Namensgeber bist. Du bist Namensgeber von so viel, aber das trägt sogar deinen Namen. Du schaust schon auf die Uhr. Du hast ihn.
Franz
02:28:07
Ja, ich schaue bald sieben.
Willy
02:28:09
Ja, ja, schon.
Franz
02:28:10
Ich habe um sieben einen Termin.
Willy
02:28:12
Du hast um sieben einen Termin. Das ist aber gut. Ich glaube, du hast keinen Termin mehr heute. Oh ja. Wirklich? Ich darf mir solche bekannten Leute nicht einladen und dann glauben, sie haben keinen Termin mehr. Jetzt aber sage ich noch einmal bitte die Fischler-Reform. Das ist im Prinzip die Art der Landwirtschaft, in der wir heute leben. Was hat die damals ausgelöst? Was sind die Bestandteile? Weil die sind, glaube ich, jetzt auch ganz, ganz wichtig. Und was müssen wir jetzt ändern? Du hast das vorhin schon angereitet. Was müssen wir jetzt ändern? Was ist der nächste Reformschritt? Aber erst einmal die Landwirtschaft, in der wir leben.
Franz
02:28:45
Die Reformen, die ich gemacht habe, die sind ja in zwei Schritten erfolgt. Im ersten Schritt war es möglich, dass man das, was man ländliche Entwicklung nennt, wir haben das ohne Tisch schon angesprochen, also die Bergbahnförderung, Umweltförderung, alle diese Dinge, dass man die künftig, so angereichert hat, dass das ein substanzieller Bestand der Politik geworden ist und nicht nur ein Anhängsel. Also ich habe immer gesagt, weil da von der zweiten Säule die Rede war, ja, habe ich gesagt, da bin ich voll dafür, aber es muss eine Säule sein und nicht ein Zahnstocher. Der zweite Schritt war der, den wir ohne das schon diskutiert haben, Nämlich die sogenannte Entkoppelung. Das war der zweite Schritt. Der Nachteil oder die Schwäche war, dass es eben nicht gelungen ist, ein degressives Modell einzuführen, dass also größere Betriebe je Flächeneinheit weniger Förderung erhalten als kleine Betriebe. Der nächste Schritt müsste sein, erstens genau diesen Fehler auszumerzen, Was aber in der Zwischenzeit viel schwieriger geworden ist, weil durch die große Erweiterung sind ja viele Länder dazugekommen zur EU, die groß agrarische Strukturen haben. Wie Tschechien oder Slowakei, Polen teilweise, nicht zur Gänze, aber die baltischen Staaten und so weiter. Also eine richtige, kleinstrukturierte Landwirtschaft haben eigentlich nur Slowenien und Kroatien. Also das ist etwas, was geschehen muss. Das Zweite ist, glaube ich, wichtig, dass man... Die Konsequenzen zieht, was alles notwendig ist, um vernünftig dem Klimawandel begegnen zu können. Das ist ganz entscheidend, weil da spielt die Landwirtschaft eine zweifache Rolle. Zum einen ist sie aufgrund dessen, dass sie ja unter freiem Himmel in der Regel produziert, der am härtesten betroffene Wirtschaftssektor vom Klimawandel. Aber zum anderen Teil ist die Landwirtschaft auch ein signifikanter Verursacher des Klimawandels. Und mit beiden diesen Themen muss man umgehen und für beides muss man entsprechende Konzepte entwickeln. Und wenn das gelingt, dann ist man schon sehr viel weiter. Aber was, glaube ich, in weiterer Folge notwendig wäre, das ist etwas, was nicht mehr die EU für sich alleine machen kann, sondern es würde neue Initiativen brauchen, gerade angesichts dessen, was also der Herr Trump zurzeit macht, im Bereich des internationalen Handels. Also im Bereich der WTO im Wesentlichen. Man hat in den letzten 15, 20 Jahren die WTO ziemlich vernachlässigt. Und das rächt sich jetzt. Und daher wäre es da wichtig, dass man also eine neue Welthandelsrunde zustande brächte, nachdem ja die letzte in einem Flop geendet hat. Das letzte war die sogenannte Doha-Runde, die ja so um die Jahrtausendwende herum gestartet worden ist, aber die nie zu Ende geführt wurde.
Willy
02:32:43
Im Sand verlaufen war es nicht.
Franz
02:32:45
Versandet. Aber das ist ja, das heißt ja nicht, dass deswegen gute Regeln oder bessere Regeln für die Weltwirtschaft und für den Welthandel nicht weiterhin wichtig werden.
Willy
02:33:00
Aber ich habe es mit Josef Riegler eher besprochen, verlieren wir, ich habe den Eindruck, wir verlieren, wir haben so eine regelbasierte Weltordnung gehabt, wo wir uns quasi auf große Institutionen, glaube ich, gehört vielleicht auch dazu dann unterm Strich, die großen Institutionen haben irgendwie wir an Macht verloren, wir glauben nicht mehr an sie, weil in die UN musst du glauben, in den Glauben musst du glauben, dass er wirksam wird. Und wir merken, dass immer mehr Staaten ja auch aussteigen.
Franz
02:33:24
Ich würde mal sagen, also erstens die UNO, die hat noch einen viel größeren Reformbedarf, weil da ist ja 30 Jahre lang nichts passiert in der UNO. Also da ist es Das ist völlig richtig, da muss man eingreifen, aber da ist also auch die Schwäche vorhanden, dass in der UNO mit wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel dem Sicherheitsrat, nach wie vor dieses Einstimmigkeitsprinzip gilt. Das ist ja nicht nur eine Erfindung der EU, sondern das gilt noch viel stärker in der UNO. Viele Dinge, die die UNO beschließt, die klingen zwar schön, wie zum Beispiel die SDGs, aber das sind nur Zielsetzungen. Und das Nicht-Umsetzen ist völlig sanktionsfrei. Also ob da ein Staat was macht oder nicht macht, ist eigentlich...
Willy
02:34:26
Das ist ja im Prinzip, da muss man nicht mehr dran glauben.
Franz
02:34:28
Passiert da nichts. Das ist eigentlich ein großer Mangel. Und das müsste geändert werden. Deswegen sage ich, in der UNO werden Reformen noch dringlicher als in der EU.
Willy
02:34:40
Weil wir gerade bei diesen großen Dimensionen sind, was in dem Kontext immer wieder kommt, Merkursur, nächstes Ding, wir haben jetzt vorher über die Ukraine ein bisschen geredet, jetzt reden wir wieder über internationale Partnerschaften, die Angst besteht, auch hier wieder, dass wir Sozialdumping, Lohndumping, niedrige Preise, Kosten, Vorteile wieder importieren. Wie stehst du dazu?
Franz
02:35:05
Da muss man also unterscheiden zwischen dem, was da an Angstmacherei betrieben wird und dem, was Fakten sind. Ich glaube, auf die Dauer lässt sich ein Mercosur-Abkommen wirklich nicht aufhalten. Ein solches Abkommen wird kommen. Und daher wäre es also von Seiten der Agrarvertretungen wahrscheinlich klüger, wenn sie sich mehr damit beschäftigen würden, unter welchen Bedingungen sie bereit sind, einem solchen Abkommen zuzustimmen und weniger einfach Nein zu sagen, was sie derzeit ja tun.
Willy
02:35:46
Letzte Frage, dann die kurzen Abschlussfragen, weil ich sehe schon, du hast jetzt das zweite Mal auf die Uhr geschaut und du hast recht, du musst zum Termin. Das Erste, was mich eine Bäuerin gefragt hat, macht es heutzutage aus deiner Sicht noch Sinn in Österreich mit einem Betrieb mit zwölf Kühen oder so, 57.000 Euro, sagt es jetzt einfach Hausnummer, in einen großen Stall zu investieren und der Landwirtschaft treu zu bleiben oder ist das ein bisschen ein Auslaufmodell?
Franz
02:36:09
Also da ist jetzt die konkrete Frage, was heißt es, in einen großen Stall investieren?
Willy
02:36:17
Sie schreibt hier wohl...
Franz
02:36:19
Besteht die Möglichkeit, Dass man mehr Kühe dann halten kann, weil nachher kann also ein größerer Stall Sinn machen. Weil sie weiterhin nur zwölf Kühe halten will, dann braucht es ja keinen großen Stall.
Willy
02:36:32
Dann kann man umbauen aber in einen neuen Stall.
Franz
02:36:35
Ja, das kann man aber mit relativ einfachen Mitteln machen. Einen einfachen Stall so umbauen, dass er den jetzigen Haltungsvorschriften entspricht. Das ist nicht so schwierig. Das Wichtigste dabei ist ja, dass es ein EU-Gesetz gibt, das besagt, dass die Anbindehaltung nicht mehr erlaubt ist. Das heißt, ich kann also die Kühe nicht mehr anketten, sondern ich muss also entweder einen Boxenlaufstall machen oder eine andere Form der Stallhaltung. Da gibt es in der Zwischenzeit sogar Selbstbausysteme, völlig aus Holz. Also da gibt es alles Mögliche, da ist ein bisschen Fantasie und Erkundigung notwendig.
Willy
02:37:19
Werde zum Selbstbauer.
Franz
02:37:21
Ja, ja, ja.
Willy
02:37:24
Schön. Abschlussfragen. In einer utopischen Welt, und das ist natürlich gerade an dir die Frage ganz wichtig, wenn du wirklich alles ändern könntest, was würdest du in einer utopischen Welt an unserem Lebensmittelsystem ändern?
Franz
02:37:39
Also das ist, muss ich sagen, eine ziemlich unsinnige Frage, weil diese Frage darauf hinausläuft, naja, es gibt ja in der gemeinsamen Geschichte der Menschheit, gibt es ja die Utopie, was im Idealfall sein sollte im Bereich Ernährung. Das ist ja die schöne Geschichte von einer Welt, wo man nur da liegt und einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegt. Also das ist Schlaraffenland. Aber das ist halt nicht sehr realistisch, das ist wirklich nur utopisch.
Willy
02:38:32
Das ist wirklich utopisch, ja. Auf deiner Bucketlist, ganz ganz oben, was steht da? Auf deiner Bucketliste, auf der Liste von Dingen, die du unbedingt noch machen möchtest?
Franz
02:38:43
Da steht nicht mehr viel, weil ich werde nächstes Jahr 80 Jahre und da werde ich hauptsächlich mich auf eine wichtige Aufgabe zurückziehen und das ist Opa sein.
Willy
02:38:57
Opa sein?
Franz
02:38:58
Ja, weil ich habe fünf Enkelinien, da gibt es viel Beschäftigung.
Willy
02:39:02
Die muss ich unbedingt einstellen. Dieser Bart, ist der einfach Franz Fischler normal? Wie ich immer gesagt habe, du wirkst wie ein lieber Bär, habe ich gehört. Was Väterliches und sowas. War das Strategie aber ein bisschen oder bist das einfach du?
Franz
02:39:17
Nein, da ist keinerlei Strategie. Ich habe einen Vollbart seit ich
Willy
02:39:21
16 Jahre alt bin. Seit 16 Jahre alt bist. Ich habe bis heute nur einen Schnatzer, es wird nicht.
Franz
02:39:27
Und darüber hinaus ist das also manchmal ganz lustig, weil ich gehe so alle drei bis vier Wochen zum Friseur und sage, Runderneuerung. Also da wird der Bart geschnitten und werden die Haare geschnitten. Und danach, wenn ich dann so Leute treffe, nachher heißt es meistens, du bist aber jetzt schlanker geworden.
Willy
02:39:51
Schlanker, das ist schön, oder? So leicht ein bisschen abnehmen. Wenn du eines Tages irgendwann einmal diese Welt wirklich endgültig hinter dir lässt. Wofür soll man sich an dich erinnern?
Franz
02:40:02
Wofür man sich erinnern soll? Naja, ich würde sagen schon, dass da einer war, der versucht hat, auf europäischer Ebene das Leben für die bayerischen Familien besser zu machen.
Willy
02:40:25
Österreicher oder Europäer?
Franz
02:40:26
Europäer.
Willy
02:40:28
Jetzt habe ich auch mal so eine Frage gestellt. Zum Abschluss ein Zitat, ein Spruch oder irgendwas, was so wichtig ist, mit dem du uns jetzt nach Hause schickst und dich zum nächsten Termin entlässt.
Franz
02:40:39
Ach, mit den Sprüchen, das ist so eine Sache. Also ich habe ja, wie ich in die Politik eingestiegen bin, habe ich drei Vorbilder genannt für mich, die mich leiten sollen. Das eine war der frühere legendäre Landeshauptmann von Tirol-Wallnöfer, der andere war der Bruno Kreisky und der dritte, der ist weniger bekannt, das war ein gewisser Herr Zinzinatus, heißt er. Das war ein Römer, der wie Rom in einer großen Krise war und die Gefahr bestanden hat, dass das Römische Reich zugrunde geht. Da hat er den geholt und der hat dann die Sache in die Hand genommen und hat also dann die Aggressoren gegen Rom besiegt. Und wie das vorbei war, hat er gesagt, und nun kehre ich wieder zu meinem Pflug zurück. Also die Fähigkeit, sich zwar für die Öffentlichkeit einzusetzen, aber dann auch die Gnade zu haben, nicht den Wichtigtuer zu spielen und jemandem, der glaubt, ohne ihn geht es nicht, sondern wieder einfach sich ins Private zurückziehen. Das ist mein Verständnis einer politischen Funktion.
Willy
02:42:03
Und du bist ja auch nach Absam in Tirol zurückgekehrt, nach deiner großen Reise nach Europa.
Franz
02:42:09
Und da gibt es sogar ein Bild dazu, das der Paul Flora gemacht hat, eine Zeichnung, wo ich dargestellt bin und hinter mir diesen berühmten weißen Stier namens Europa mit der Halbgöttin Europa im Sattel sozusagen hinter mir herziehe. Und darunter hat der Flora geschrieben, ein Tiroler kehrt heim mit Europa.
Willy
02:42:39
Ist schon fast eine Ikone dann, oder? Ja. Lieber Franz Wieschler, vielen Dank für deine Zeit und viel Glück für den nächsten Termin. Ich hoffe, du kommst nicht zu spät.
Franz
02:42:48
Na, aber... Eben, ich bin müde.
Music
02:42:50
Music

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