Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Biodynamie: esoterischer Hokuspokus?

03.08.2021 36 min

Zusammenfassung & Show Notes

Bereits Ende der 1980er Jahre entscheidet sich das Weingut Wittmann für den biologischen Weinbau. 2004 macht Philipp Wittmann den nächsten Schritt und bewirtschaftet seitdem nach biodynamischen Grundsätzen. Für den Podcast fragt Tobias nach den Beweggründen, und ob „Biodyn“ nicht doch viel esoterischer Hokuspokus sei. Ein Teil des Interviews findet in dem legendären Weinberg Morstein statt – vom VDP als Große Lage klassifiziert und Ursprung einiger der besten Rieslinge der Welt. 

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast. Hallo liebe Weinfreunde, nicht erschrecken. Nein, hier spricht jetzt nicht der liebe Tobias, sondern der noch viel liebere Michael. Und zwar gibt es einen Grund für diesen kleinen Rollentausch. Ihr wisst ja, wir sind gerade mit einer Doppelfolge über Bio und Biodynamie im Weinbau beschäftigt und ich hoffe, ihr habt alle die letzte Folge gehört, wo ich mit Christoph Hothum vom Weingut Hothum in Rheinhessen gesprochen habe und er uns erklärt hat, was Bio tatsächlich bedeutet. Da durfte der Tobias gar nichts sagen, musste schweigen. Aber er durfte das Kabel tragen. Nun denn, heute übernehme ich diese tragende Rolle und Tobias gibt den Interviewer. Er trifft sich mit Philipp Wittmann vom VDP und biodynamischen Vorzeigeweingut Wittmann in Westhofen. Und er hat sich in eine der besten Lagen Deutschlands begeben, um für euch vor Ort herauszufinden, was es denn mit dieser so oft als esoterisch geschmähten Biodynamie auf sich hat. Also bleibt jetzt mal dran. Es fängt jetzt gleich an!
Tobias
00:01:35
So, jetzt sind wir schon angekommen beim Weingut Wittmann in Westhofen. Und da ist Philipp Wittmann schon auf dem Weg zu uns. Hey Philipp, hi!
Philipp
00:01:43
Halli hallo.
Tobias
00:01:44
Vielen Dank, dass du Zeit für uns gefunden hast. Und ich übernehme ja jetzt den Interview-Part hier bei dir. Ja, bei einem Weingut, was sich auch schon relativ lang dem biodynamischen Weinbau gewidmet hat. Erklär uns doch am besten mal, was sind so die Kernunterschiede zu einem normalen Bio-Weingut?
Philipp
00:02:07
Also zunächst mal ist es natürlich so, dass die Grundlage für den biodynamischen Weinbau auch den Bioanbau mit berücksichtigt. Das sind die Basics, das sind die Essentials, um eben so naturnah wie möglich zu arbeiten, den Boden zu respektieren, eben entsprechend die Versorgung der Nährstoffe auf natürliche Art und Weise zu gewährleisten usw. Im Biodyn-Bereich kommt eine, ja, eine Facette dazu, nämlich der Einfluss von kosmischen Kräften auf das Pflanzenwachstum, auf all das, was auf der Erde so stattfindet und der Wunsch des Winzers oder des Landwirts, diese Kräfte positiv zu berücksichtigen und für sich zu nutzen, um eben den bestmöglichen Erfolg dann im Anbau zu erreichen. Für uns Winzer bedeutet das, bestmögliche Früchte zu erzeugen. Und um das vielleicht direkt vorwegzunehmen, mein persönlicher Blick darauf ist der, bestmögliche Früchte sind reife, gesunde Trauben. Und die erreiche ich mit einer idealen und ausgeglichenen Wachstumsbalance im Weinberg. Und hier ist der Ansatz dann eben, dass biodynamischer Anbau uns noch weiter bringt als ausschließlich der Bio-Anbau.
Tobias
00:03:17
Du hast jetzt gerade das Stichwort kosmisch gebracht. Das finde ich jetzt schon irgendwie, das hört sich schon so leicht esoterisch angehaucht an. Erklär das mal ein bisschen näher, weil es gab ja dann anscheinend auch einen Grund dafür, dass du gesagt hast, also Bio schön und gut, das reicht uns jetzt irgendwie nicht, und bist ja dann, ich glaube, ihr seid auch Ende der 80er schon Bio geworden und 2004 dann den Schritt in Richtung biodynamisch. Ja, kosmisch. Hokuspokus, oder was ist das?
Philipp
00:03:47
Ich finde, es hört sich mehr nach Raumschiff Enterprise an, oder? So abgespaced. Nein, es ist ja ganz einfach. Nachweislich ist es ja so, dass es eben diese Kräfteeinflüsse eben gibt auf die Erde und in Bezug auf Schwerkraft und die entsprechenden Stellungen von Mond und Gestirnen. Also Stichwort Ebbe und Flut, jedem hinlänglich bekannt, wie das funktioniert. Also das heißt, diese Kräfteeinflüsse auf die Planeten, die gegenseitige Wirkung, die existiert. Man weiß auch, dass das Pflanzenwachstum ein Stück weit beeinflusst ist von diesen Kräften. Und die Frage ist jetzt nur: Wie kann ich diese Kräfte greifen? Wie kann ich das wirklich als praktizierender Landwirt für mich nutzen? Und da gibt es natürlich eine ganze Reihe von Ansätzen. Und da bin ich tatsächlich eher nicht auf der zu abgespaceten Variante und nicht esoterisch unterwegs, sondern ich gehe da ganz pragmatisch mit um. Es ist ja leider Gottes so, dass im biodynamischen Anbau nicht alles nachweislich fundiert wissenschaftlich hinterlegt ist. Teile ja, aber eben auch einige entscheidende Teile nicht. Und dann bleibt zu Beginn gar nichts anderes übrig, als das ein Stück weit zu akzeptieren, dass etwas passiert, dass man eben hier auch Dinge vor allem über lange Zeitraum nachvollziehen kann. Und man muss sich darauf einlassen. Und genau das haben wir 2004 getan. Ich muss dazusagen, mein Vater, der das Weingut auf Bio-Anbau umgestellt hat Ende der 80er-Jahre, hat sich schon auch in den 90er-Jahren mit einigen Facetten des biodynamischen Anbaus beschäftigt. Also vor allem ein ganz zentrales Thema der eigene Kompost, der letztendlich die Vitalität des Bodens und die Gesundheit des Bodens enorm beeinflusst, war ein Thema, was für uns schon immer sehr wichtig war. Und insofern gab es so einen gewissen Erfahrungsschatz. Aber als wir damals dann auf Biodyn umgestellt haben oder diesen nächsten Schritt gegangen sind, war es schon viel Neuland. Auch viel Ausprobieren. Auch dieses, sich darauf einlassen, auf etwas Neues und nicht immer alles sofort zu verstehen, warum diese Dinge sich so entwickeln, das war schon erst mal spannend. Heute muss ich gestehen, dass jetzt von dem Verständnis der Prozessabläufe ich nicht wirklich viel weiter bin, aber von der praktischen Seite her das Wissen habe, dass Dinge funktionieren und am Ende zum Ergebnis führen. Und damit lebt sich eigentlich ganz gut.
Tobias
00:06:15
Okay, aber was war denn jetzt wirklich der Beweggrund zu sagen, wir machen noch diesen Schritt? Ihr wart bio, Ihr seid seit 1999 Mitglied im VDP. Ihr habt einige der besten Weinlagen in ganz Deutschland, in Rheinhessen sowieso. Was ist dann der Impuls zu sagen, das reicht uns jetzt nicht? Wird da jetzt nur an die Weinqualität gedacht? Wird da an den Boden gedacht oder auch ein bisschen an das Preisschild auf der Weinflasche?
Philipp
00:06:42
Nein, ich glaube, das kommt ganz zum Schluss als Ergebnis von einem gewissen Streben nach Qualität, nach Herkunft, nach Charakter. Wir haben ganz einfach mit dem Thema Klimawandel schon seit 2 Dekaden zu tun. Der Jahrgang 2003 ist vielen in Erinnerung als das erste knallheiße Jahr, extrem trockener Sommer. Und plötzlich hatten wir Bedingungen hier im Rheintal, wo wir es gewohnt sind, Ende September unter kühlen Bedingungen Trauben zu lesen. Stattdessen war es dann 2003 so, es war Anfang September und es war noch knallheiß und man hat sich schon die Frage gestellt, okay, was kann ich tun? Wie kann ich diesen extremen Witterungsverhältnissen entgegenwirken? Wie schaffe ich es, dass die Rebe noch vitaler, widerstandsfähiger und ausgeglichener reagiert auf diese Phänomene? Und ich weiß heute, dass diese Facette des biodynamischen Anbaus auf der Suche nach der besseren Vitalität und der ausgeglicheneren Wachstum der Rebe, dass das uns hilft, hier Fortschritte zu machen. Das heißt, am Ende ist mein Ziel, ganz praktisch gesagt, ich möchte länger gesunde Trauben am Stock hängen lassen können, um sie zum idealen Zeitpunkt zu ernten. Und hier hilft mir der biodynamische Anbau. Das heißt, es ist eine echte Qualitätsfrage und eine Antwort, eine der Antworten auf das, was man Klimawandel im Allgemeinen in der Landwirtschaft nennt.
Tobias
00:08:05
2 Aspekte fand ich jetzt besonders interessant, nämlich biodynamischer Weinbau und das Thema Klimawandel, dass das tatsächlich darauf auch einen gewissen Einfluss hat, wie du dann im Weinberg arbeitest. Und dann würde mich jetzt natürlich auch interessieren, was heißt das denn jetzt konkret im Weinberg? Was sind das für Mittelchen und irgendwelche Dinge, die ihr da machen müsst im Vergleich zu einem normalen Bio-Winzer? Und da würde ich jetzt eigentlich vorschlagen, gehen wir mal direkt vor Ort und stellen uns vielleicht mal in einen Weinberg, oder?
Philipp
00:08:38
Das ist eine super Idee, da sieht man am meisten, auf jeden Fall.
Tobias
00:08:40
Alles klar, dann machen wir das doch jetzt mal. Ja, Philipp, jetzt sind wir hier schon angekommen. Jetzt müssen wir erstmal was zu dem Weinberg sagen, zu dem du uns jetzt gefahren hast, weil das ist nicht irgendeiner. Wo stehen wir denn hier?
Philipp
00:08:56
Ja, wir sind jetzt hier mitten im Morstein, im Westhofener Morstein. Vielleicht die beste Lage in unserem Weingut. Der Morstein liegt auf 200 Höhenmeter etwa, bzw. zieht sogar hoch bis auf 280 Höhenmeter. Also es gibt auch noch kühlere Bereiche des Morsteins. Wir sind hier wunderschön im Weitblick Richtung Odenwald auf der anderen Rheinseite, den Pfälzerwald im Westen, der Donnersberg, der für uns nicht unwesentlich, weil er doch so ein bisschen das Wetter mit beeinflusst. Wir liegen oft so ein bisschen im Regenschatten des Donnersbergs. Ja, man merkt, hier ist so ein bisschen frischer, kühler Westwind. Das ist ganz normal im Morstein, das lässt auch die Vegetation etwas länger laufen. Die Trauben eben halt auch länger ausreifen am Stock. Und der Boden hier ist insofern besonders, weil er sehr felsig ist. Das sind also große Kalksteinfelsen im Untergrund und es ist ein schwerer Oberboden, ein Tonmergel, ein ganz schwerer Tonboden, der auch eher ein kalter Boden ist, das Wasser sehr gut hält und aber auch so ein bisschen die Kühle. Und das bedeutet am Ende, dass auch die Säure in den Trauben tatsächlich ein bisschen länger gehalten wird, was durchaus von Vorteil ist.
Tobias
00:09:59
Ja, Wahnsinn. Also sagt es jetzt wahrscheinlich eure beste Lage. Man kann ja irgendwie sagen, als VDP Große Lage klassifiziert, sicherlich auch eine der besten Weinberglagen in ganz Deutschland. Hat ja wirklich einen Namen wie ein Donnerhall. Vielleicht gehen wir jetzt mal runter, weil ich kann mir jetzt irgendwie kaum vorstellen, wie man irgendwie so eine gute Lage wie Morstein jetzt durch biodynamischen Weinbau noch besser machen kann.
Philipp
00:10:26
Ach, am Ende ist es, glaube ich, so, dass die Bewirtschaftung eines Weinbergs essenziell ist. Und ob das jetzt biodyn ist, ob das Bio ist oder ob da jemand gar nicht zertifiziert ist, aber sehr naturorientiert arbeitet, ist am Ende die eine Frage. Die andere Frage ist halt einfach: Wie bewirtschafte ich? Wie gehe ich mit dem Boden um? Wie wie ernst nehme ich das Thema? Und wie intensiv mache ich das? Also es ist, die Rebe ist eine Kulturpflanze und nur mit sehr, sehr viel handwerklicher Arbeit lässt sich eine hohe Qualität eben auch am Schluss erreichen. Und da gibt es natürlich ein bisschen den Wettbewerb der Systeme von mir aus, wenn man es ganz pauschal bespricht, sprich konventionell, naturnah, Bio, biodyn. Am Ende geht es aber tatsächlich um den Winzer selbst, wie und wo legt er Hand an und was macht er draus?
Tobias
00:11:12
Ja, alles klar. So, jetzt schauen wir hier schon in so eine Rebzeile rein. Haben wir eben beim Kollegen Hothum auch schon gesehen. Das sieht jetzt alles andere als kahl aus, da wächst ordentlich was, ne?
Philipp
00:11:26
Ja, natürlich ist es zum einen so, wir haben einen durchaus bisher relativ regenreiches Spätfrühjahr und Frühsommer erlebt. Wir sind aber dankbar drum. Die letzten Jahre waren tendenziell eher trocken und das Auffüllen der Wasservorräte im Untergrund ist auf jeden Fall gut. Dementsprechend wachsen die Begrünungen dieses Jahr sehr schön. Wir freuen uns, wenn wir hier eine hohe Diversität haben. Verschiedene Pflanzen, Gräser, vor allem auch blühende Pflanzen, die eben auch die Insekten anziehen. Also wir möchten sowohl Flora und Fauna möglichst divers hier haben. Wie gesagt, es ist am Ende trotzdem eine Monokultur im Weinbau und dementsprechend versuchen wir das so ein bisschen zu durchbrechen. Aber jetzt auch nicht völlig bekloppt, sondern wir bewirtschaften vornehmlich einen Weinberg und wollen Trauben erzeugen. Und es gibt immer dann so der Bereich, man kann das natürlich dann noch extremer betreiben, aber für mich ist so ein Punkt, wo ich irgendwann sage, okay, Ziel nicht aus den Augen verlieren. Es geht am Ende um die Traubenproduktion und nicht darum, dass ich jetzt die schönste Begrünung Deutschlands in meinem Weinberg stehen habe.
Tobias
00:12:28
Und jetzt mal ganz konkret besprochen. Bio okay, aber was sind jetzt hier Maßnahmen, die du als biodynamischer Winzer durchführst?
Philipp
00:12:36
Also wir haben eine eigene Kompostherstellung, die wesentlich ist, die einfach unheimlich viel Vitalität und auch Dauerhumusaufbau im Boden verursacht. Und das hilft eben sehr, um das Wachstum der Rebe zu balancieren. Das ist ein essentieller Teil. Dann gibt es natürlich im biodynamischen Bereich auch die Präparate. Und da gibt es die 2 wichtigsten und wesentlichsten Präparate. Das ist einmal der Hornmist und zum Zweiten das Hornkiesel, der Hornmist, das ist, ja, stofflich relativ einfach erklärt. Das ist Kuhmist, der eben in Hörner gestopft wird und eben entsprechend dann über eine geraume Zeit dann auch in der Erde aus reift, vergraben und dann eben im Frühjahr ausgebracht wird in den Weinbergen, um eben das Pflanzenwachstum, das Wurzelwachstum anzuregen. Und den Hornmist bringt man eben dann auch kurz vor dem Vollmond aus, zu einer Zeit, in dem die Kräfte sehr stark Richtung Kosmos strahlen, also der Wunsch alles Wachstums nach oben geht. Also das ist immer in der Zeit vorm Vollmond so, dass man einfach merkt, dass einfach die Power, die aus der Erde rausgeht, Richtung Kosmos deutlich stärker ist. Und in dieser Zeit macht es einfach Sinn, den Impuls auch zu geben, hier Hornmist als Information, als Wachstumsanreger für die Rebe, für die Wurzeln, einfach um letztendlich diese, diese kleine Stellschraube zu drehen und die Rebe zu unterstützen, dabei das zu tun, was sie sowieso tun will.
Tobias
00:14:03
Okay, aber jetzt muss ich doch noch mal nachhaken. Wir sprechen jetzt da von Kuhmist. Der kommt dann in irgendwelche hohlen Hörner. Und die Hörner, die werden dann wiederum vergraben und irgendwann werden die wieder ausgebuddelt und dann wird der Inhalt der Hörner auf die Weinberge gepackt. Ja, das ist aber jetzt schon, hui.
Philipp
00:14:25
Es wird noch schöner, weil natürlich dieser Hornmist nicht einfach ausgebracht wird, sondern der wird in Wasser dynamisiert. Das heißt also, man bringt nur ein paar ganz wenige Hornmist-Kugeln auf mehreren 100 Liter Wasser eben ein. Die werden eben dann auch eingerührt, und zwar mit einem sehr rhythmischen Rühren, um eben letztendlich einen richtigen Kegel ins Wasser reinzubekommen, dass also das Wasser durchdrungen ist, und dann wird es ausgebracht. Also es ist tatsächlich vom stofflichen Aspekt, dass ein Mist das Wachstum anregt, relativ weit entfernt. Ja, aber das Schöne ist, es funktioniert.
Tobias
00:15:04
Okay, wenn du sagst es funktioniert und du, ich habe jetzt so eine Vorstellung, du stehst dann da, rührend und vielleicht auch singend, irgendwie mit so einem Mantra und bereitest das irgendwie zu.
Philipp
00:15:19
Aber da gibt es natürlich ganz unterschiedliche Ansichten. Es gibt die Kollegen, die sagen, man muss unbedingt von Hand rühren, um die Energie des Menschen auch wieder noch zu übertragen. Ich gebe offen zu, wir haben eine Maschine, die das für uns erledigt.
Tobias
00:15:32
Okay, also so weit gehst du dann doch nicht. Okay, dann lösche ich das Bild, was ich jetzt gerade hatte, wieder aus dem Gedächtnis. Aber wenn du sagst, es funktioniert: Gib mir mal ein konkretes Beispiel.
Philipp
00:15:44
Na ja, es ist schon so, gerade dieses Jahr war es extrem. Es war relativ kühl, es war ein ungemütliches Frühjahr und ich habe noch nie erlebt, dass die Reben so spät ausgetrieben sind, wie das dieses Jahr der Fall war. Ja, in so den alten Zeiten, 80er-Jahre und vorher war das des Öfteren der Fall. Jetzt waren wir tatsächlich mal wieder wirklich spät. Wenn ich die Möglichkeit habe, auch wenn es so eine kleine Stellschraube ist, die Reben dazu zu bringen, dass er mal ein bisschen in die Pötte kommt, dass das jetzt endlich mal wächst, ja, dann muss ich die für mich nutzen. Und deshalb ist das einfach ein Tool, was in dem Fall wertvoll ist. Und das ist das, was mich daran interessiert.
Tobias
00:16:21
Okay, also das heißt, das hat dann tatsächlich auch diesen Effekt, das ist jetzt nicht irgendwie, dass du dir das irgendwie einbildest, weil du daran glaubst, sondern das ist wirklich nachweislich so?
Philipp
00:16:32
Es gibt Forschungsarbeiten über all diese Themen. Und es ist tatsächlich so, dass wir uns hier in einem Rahmen bewegen, der nicht immer nachweislich ist, der aber, glaube ich, über sehr langfristige Beobachtungen sich dann doch auch immer bestätigt. Und wir machen jetzt biodynamischen Anbau seit über 15 Jahren. Und ich sage mal, wir kennen den Unterschied. Und ich glaube auch, dass in dem Gesamtkontext unserer Arbeit wir letztendlich auch gerade durch die Biodynamie Entwicklung genommen haben.
Tobias
00:17:03
Okay, und jetzt mal Hand aufs Herz, so in den ersten Jahren, kamst du dir da teilweise auch bei so gewissen Praktiken ein bisschen seltsam vor?
Philipp
00:17:12
Ja, heute noch. Also ich bin keiner, der da den Esoteriker gibt und ich möchte auch gar nicht so hoch hängen. Für mich ist es gar nicht so wichtig, über biodyn permanent zu reden. Ich rede gerne über die Frage: Wie bauen wir im Weinberg an und wie bauen wir aus? Ich mag dieses ganze Marketinggerede um den biodynamischen Anbau eigentlich gar nicht so sehr. Ich würde mir den Schuh aber gerne anziehen, dass wir, glaube ich, ein ganz guter Handwerker sind. Also so mit „wir" meine ich meine Familie und mein Team im Weingut, die gemeinsam an dem Thema arbeiten. Und in der praktischen Erfahrung haben wir damit sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht, diesen Weg zu gehen.
Tobias
00:17:48
Okay, und jetzt musst du mir noch eine Frage beantworten: Wo kommt der Kuhdünger her?
Philipp
00:17:54
Ja, da gibt es natürlich vielfältige Möglichkeiten. Die Idealform nach der reinen Lehre wäre natürlich, dass wir eigene Kühe hätten, um eben wirklich so eine Kreislaufwirtschaft zu haben, so wie das früher üblich war. Das war so das Idealbild. Ich muss gestehen, das hat auch einen Charme, wenn man die Zeit, die Möglichkeiten und die Flächen dazu hat, tatsächlich so zu denken. Ich bewundere auch die seltenen Höfe, die das wirklich auch echt haben. In unserem Fall ist es so, dass wir den Kuhmist eben über Kollegen bekommen bzw. auch teilweise auch schon Hornmist fertig hergestellt gekauft haben. Das ist im Systemvergleich ganz interessant. Es wird im Biobereich insgesamt sehr viel kooperiert, auch unter den Betrieben, sodass also die Präparateherstellung oft gemeinsam gemacht wird, dass man eben sich gemeinsam die Materialien besorgt und eben zusammenarbeitet. Da herrscht ein sehr großer Austausch. Bei uns ist es zum Beispiel so, wir arbeiten sehr eng zusammen mit dem Weingut Christmann in der Pfalz und mit dem Weingut Rebholz in der Südpfalz und stimmen uns auch die Prozesse sehr intensiv miteinander ab und haben da auch einen sehr schönen Erfahrungsaustausch.
Tobias
00:18:57
Okay, super. Also das war jetzt wirklich noch mal ein guter Überblick. Das reicht mir jetzt an der Stelle natürlich noch nicht, weil wir sind jetzt schon irgendwie so ein bisschen näher an den eigentlichen Wein schon rangegangen. Vielleicht schauen wir uns jetzt noch mal bei dir im Keller um und dann können wir vielleicht wirklich noch etwas konkreter zu dem Einfluss auf den Wein sprechen.
Philipp
00:19:19
Na klar, sehr gerne. Machen wir.
Tobias
00:19:21
Super. So, jetzt stehen wir hier schon im Keller, Philipp. Aber ich muss jetzt trotzdem noch mal zurückkommen auf den Morstein. Ich war jetzt durch diese große Lage und diese Superlative jetzt echt irgendwie ein bisschen erinnerungsschwach, Denn eigentlich wollten wir noch über das Thema Klimawandel sprechen. Wie ist da so deine Zukunftsprognose?
Philipp
00:19:48
Wir können, glaube ich, handwerklich noch sehr viel tun im Weinberg. Also wir können über die Frage Höhe der Laubwand, Beschattung der Trauben und auch der Standortwahl, also wir haben vorhin darüber gesprochen, dass der Morstein bis auf 280 Höhenmeter geht. Früher ist da oben auf der Höhe kein Riesling reif geworden. Heute geht es so langsam los, dass man auch dort seriöse Weine herstellen kann. Noch keine Grand Crus, aber durchaus gute Gutsweine. In heißen Jahren kann das ein wunderbarer Kick im Cuvée sein, dass man eben auch ein bisschen was hat, was ein bisschen kühler und frischer in der Säure ist. Das heißt, wir haben hier noch durchaus Ausweichmöglichkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten im handwerklichen Sinne, aber eben auch in der Standortwahl. Und ich glaube, das wird uns die nächsten 20, 30 Jahre durchaus auch helfen. Aber ohne Frage, Klimawandel ist eine Katastrophe und je schneller und je weiter das voranschreitet, umso eher bekommen natürlich auch wir unsere Probleme. Im Moment sehe ich noch viele Tools, an denen wir arbeiten können. Und am Ende hofft man natürlich auch, dass die Wissenschaft und Technik Dinge entwickelt, die uns ganz langfristig die Idee eines natürlichen Weinbaus erhalten lässt.
Tobias
00:20:58
Und meinst du, dass sich die Reben ein Stück weit auch an diese neue Situation anpassen, also dass die selber, in Anführungszeichen, lernfähig sind und mit dieser, mit diesem neuen Klima in unseren Breitengraden sich irgendwie arrangieren?
Philipp
00:21:12
Na ja, es gibt ja das, was man Evolution nennt. Und die Frage ist nur, wie schnell sich eine Pflanze auf eine neue Situation einstellen kann. Je schneller die Geschwindigkeit, umso problematischer vermutlich. Wir werden sehen.
Tobias
00:21:25
Ob die hinterherkommt, okay. Ja, jetzt richte ich meinen Blick hier in den Keller. Sieht richtig altehrwürdig aus. Und ich sehe vor allem sehr, sehr große Holzfässer. Also ich habe schon sehr viele 225 Liter fassende Eichenholzbarriques in meinem Leben gesehen. Aber das sind ja hier sehr große und ich glaube teils auch sehr alte Fässer, oder?
Philipp
00:21:46
Das ist korrekt und das ist eben hier im Rheintal die traditionelle Art, Wein auszubauen, eben im Stückfass, im Halbstückfass und im Doppelstückfass. Das sind die gängigen Größen, also 600, 1.200, 2.400 Liter oder aber auch 3.000er-Fässer. Und in einem guten Keller sind solche Fässer durchaus auch in der Lage, mal älter als 100 Jahre alt zu werden. Es ist natürlich wichtig, dass man eine sehr, sehr intensive und gute Pflege der Fässer betreibt. Holz ist ein natürlicher Werkstoff und in dem Moment, wo sich Mikroorganismen einschleichen, ist es rum. Das schmeckt man sofort im Wein und es ist vorbei. Also insofern, auch hier gilt Reinheit und intensive Pflege als oberstes Gebot.
Tobias
00:22:31
Okay, aber jetzt so ein 100 Jahre altes Holzfass, also wirklich aromatischen Einfluss kann das ja auf den Wein nicht nehmen, oder?
Philipp
00:22:39
Wir wollen ja auch keinen Einfluss vom Holz unmittelbar in den Weinen haben. Wir glauben, dass die Mikrooxidation, die der Wein eben über die feinen Poren des Holzes hat über den Lagerzeitraum, der wesentliche Einfluss ist für die Weine. Der Wein gewöhnt sich in einem sehr frühen Stadium schon an das Medium Sauerstoff in sehr dosierter Art und Weise und das hilft sicherlich auch für die Langlebigkeit der Weine. Gleichzeitig ist es so, dass ein Wein, der spontan mit natürlichen Hefen im Holzfass vergärt, sicherlich weniger von diesen aufregenden primären Fruchtaromen hat, die wir heute im modernen industriellen Wein finden. Dieses Obstsalat-Aromen-Thema wird es aus dem Holzfass mit natürlicher Gärung so nicht geben. Und das ist uns aber auch ganz sympathisch, weil darum geht es uns ja auch nicht.
Tobias
00:23:33
Das war jetzt ein gutes Stichwort, spontane Gärung. Ja, viele Winzer machen das ja einfach durch die Zugabe von Hefe, um das Ganze auch möglichst kontrolliert zu haben, um auch sicherzustellen, dass der Gärprozess überhaupt anläuft. Ihr entscheidet euch jetzt grundsätzlich für eine, für den spontanen Start des Gärprozesses?
Philipp
00:23:55
Ja, das ist letztendlich die Tradition im Weinbau. Und am Ende ist es halt so, getreu dem Motto, man kann auch Wein aus Trauben machen. Es gibt eben traubeneigene Hefen. Wenn ich dann im Weinberg schonend arbeite, dann erhalte ich diese Hefen auch und bringen sie mit dem Most in den Keller. Und diese Hefen tun das, was sie seit Jahrtausenden können: Sie verwandeln Zucker in Alkohol. Das ist ein natürlicher Prozess, hochgradig spannend, hochsensibel, risikoreich, ohne Frage. Aber bei gutem Handling und bei sehr exaktem Arbeiten und vor allem bei perfekten Lesematerial, Traubenmaterial durchaus eine interessante Variante, um einen sehr herkunftsbetonten Wein zu erzeugen.
Tobias
00:24:37
Okay, also das heißt, herkunftsbetont heißt dann nicht Fruchtsalat. Aber was heißt das dann? Also wie würdest du, ich sage jetzt mal, aromatische Unterschiede beschreiben?
Philipp
00:24:47
Also um auf den Fruchtsalat noch mal einzugehen, ich habe da überhaupt nichts gegen junge, konsumfreudige Weine, die einfach nach viel schmecken. Alles wunderbar. Darf es alles gerne geben. Wir suchen eben aber nach was etwas anderem. Uns geht es um die Herkunft. Das heißt, ich möchte gerne haben, dass man wirklich nachvollziehen kann, wo sind diese Trauben gewachsen? Und bei uns hier im südlichen Rheinhessen, im Wonnegau ist es eben so, dass der Kalksteinboden das wesentliche Element ist. Und ich glaube schon, dass man in unseren Weinen so eine zart-kühle, salzige Art am Gaumen einfach immer wieder findet. Und das kommt eben vom Boden. Das ist die Bodenprägung. Das Klima ist zu schmecken, ganz klar. Wie reif, wie intensiv ist ein Wein? Welche Säure hat er? Und natürlich ist die Handschrift des Winzers zu finden. Ob er eben im Edelstahl ausbaut, ob er im großen Holzfass ausbaut und was er mit den Trauben anstellt, bevor er sie gekeltert, bevor es ins Fass kommt. Da gibt es ewig viele Tools und wir versuchen, uns so weit wie möglich zurückzunehmen, um eben den Weinberg sprechen zu lassen, arbeiten aber halt megaexakt und genau und detailliert, um das große Ziel der Eigenständigkeit der Weine zu erreichen.
Tobias
00:25:56
Okay, und hier im Weinkeller, jetzt noch mal in Bezug auf wirklich biodynamische Praktiken, musst du hier auch irgendwelche Ursuppen anmischen, oder was sind jetzt hier so biodynamische Tätigkeiten, die ausgeführt werden?
Philipp
00:26:09
Also hier passiert es eher mal, dass die Stereoanlage laut aufgedreht ist. Nein, es ist am Ende so, was wir hier machen, ist ganz traditioneller Weinbau, der sich orientiert an der Idee: Wo kommen die Trauben her? Jeder Weinberg wird separat ausgebaut. Es entsteht erst mal ein Riesenpuzzle im Keller im Herbst, weil einfach jede Parzelle, jede Einzelselektion, es wird bei uns logischerweise auch alles von Hand geerntet, wird alles erst mal getrennt. Und dieses Riesenpuzzle ist megaspannend, weil ich später am Fass wieder Rückschlüsse auf den Weinberg ziehen kann. Das ist also letztendlich, das gehört zusammen. Also es ist nicht Weinberg und Keller, 2 getrennte Themen. Das ist ein Thema und wir versuchen es eben auch dadurch zusammenzubringen, dass wir eben diesen Rückschluss bis kurz vor der Abfüllung, wenn dann eben eine Cuvée gemacht wird, einfach pro Fläche auch haben. Ja, ich sage mal, es ist natürlich so, dass im Biobereich gewisse Grundvoraussetzungen geschaffen werden müssen, dass man auf Schönungsmittel und technische Details im Einsatz in der Kellerwirtschaft verzichtet. Hier wird nicht gezaubert, hier wird einfach was entstehen lassen und sehr, sehr intensiv begleitet.
Tobias
00:27:16
Und Stichwort, das hatten wir ja eben auch schon bei dem Winzerkollegen, Stichwort Schwefel. Ist ja auch so ein Buzzword. Die Leute vermuten dahinter irgendwas fürchterlich Schreckliches und Kopfschmerzen können ja nur daher rühren und nicht davon, dass man irgendwie zu viel Wein getrunken hat. Gibt es da denn auch strengere Regelungen, wenn man biodynamisch ist als nur Bio, in Anführungszeichen?
Philipp
00:27:41
Also es gibt natürlich die niedrigeren Grenzwerte der Schwefelwerte. Ansonsten ist mir jetzt nicht bekannt, dass zwischen biodyn und Bio da noch ein Unterschied existiert. Ich sage mal so, Schwefel ist ein Naturstoff, der letztendlich zur Konservierung eingesetzt wird. Und die Mengen, die wir verwenden, die sind niedriger als in einem normalen Kohl von Natur aus eben enthalten sind. Und insofern ist das ein Thema, was für uns keine Relevanz hat in dem Sinne, dass es ein Negativum ist, sondern es ist für uns einfach ein klassisches Arbeiten, um Weine zu erzeugen, die auch haltbar sind, die lang haltbar sind. Ich verwende überhaupt keinen Schwefel vor der Gärung. Da ist es heute so, das ist auch so ein bisschen ein modernes Tool, dass man schon im Most schwefelt, um mehr Frucht und aber auch eventuell ein bisschen schöne Hefige Reduktionsnoten zu erhalten. Das ist nicht mein Thema. Ich möchte das eigentlich nicht. Wir versuchen exakt und penibel zu arbeiten mit perfekten Trauben, dann brauche ich auch zu diesem Zeitpunkt nicht die Hilfe einer Konservierung oder eines Antioxidantiums oder eine Reduktion und dementsprechend keinen Einsatz von Schwefel vor der Gärung. Und nach der Gärung ganz zart, minimal, um einfach zu stabilisieren und dann bei der Abfüllung noch mal das exakte Einstellen auf einen Wert, der so niedrig wie möglich ist, aber eben bedingt, dass die Weine auch lang haltbar sind.
Tobias
00:29:01
Okay, nur kurz noch deine Meinung zum ganzen Thema Naturwein, Orange Wine. Also jetzt tatsächlich so diesem Trend. Auf solche Dinge wie Schwefel wirklich bewusst komplett zu verzichten, findest du sowas auch spannend?
Philipp
00:29:15
Ich finde es hochgradig spannend. Das ist wie immer. Es muss irgendwann auch was Neues geben. Es braucht immer wieder auch Pode, Antipode. Und letztendlich ist es schön, dass es den Naturwein in seiner Ausformung im Moment gibt. Ich halte es für eine wichtige Entwicklung, denn am Ende hilft das, die Sinne zu schärfen für das, was man tut. Und es gibt im Naturweinbereich natürlich auch diese Grunddiskussion: Was ist denn jetzt überhaupt Naturwein? Ist Naturwein ein Wein, der keinen Schwefel hat? Ist Naturwein ein Wein, der auf der Maische vergärt, aus den Schalen vergärt? Oder ist Naturwein eher einer, der eben ganz andere Prozesse im Weinberg durchlaufen hat und da eben seine Natürlichkeit her hat und eher traditionell in seiner Machart ist? Kann man lange darüber diskutieren. Ich selbst mache auch so ein Natural-Wein, einfach um zu lernen, um immer neu zu verstehen. Ich finde die Ansätze teilweise genial. Es gibt auch Weine, die ich sehr, sehr schätze, die komplett ohne Schwefel auskommen. Es gibt aber auch jede Menge Beispiele, die ich eher schrecklich finde. Und was ich halt nicht mag in der Diskussion, wenn, was man so teilweise erlebt, dass konventionelle Winzer Trauben mit der Maschine ernten, dann auf den Schalen vergären und nicht Schwefel und sagen, jetzt habe ich einen Orange Wine. Dann sage ich: Herzlichen Glückwunsch, also das ist dann halt dann doch am Thema vorbei. Und dann kommt noch ein buntes Etikett drauf und das war's dann. Also die Weinwelt ist bunt, soll bunt bleiben, aber ich finde, seriös sollte es halt auch sein.
Tobias
00:30:38
Super, Das hört sich nach einem sehr guten Schlusswort hier im Keller an! Ich weiß jetzt nicht, ob es dein Zeitplan noch zulässt, aber man sagt ja so schön, die Wahrheit liegt im Glas. Also noch ein Schluck gemeinsam zu probieren, wäre klasse.
Philipp
00:30:51
Das bekommen wir hin.
Tobias
00:30:53
Super. So geht das. Wunder der Technik in einem Podcast. Schon sitze ich vor einem mit Wein gefülltem Glas. Philipp, sag mal, was hast du uns hier eingeschenkt?
Philipp
00:31:08
Das ist unser Kalkstein Riesling, blutjung, Jahrgang 2020, aber eigentlich auch schon in dem 1. Jahr, weil dann doch auch hier die Rieslingfrucht durchaus strahlt. Und ja, so ein richtig fast kreidiges, salziges Finish in dem Wein zu finden, ist, was eben von den Westhofener Weinbergsböden geprägt ist. Und ein, glaube ich, sehr hochwertiger Riesling, der auch in der Jugend schon Spaß macht.
Tobias
00:31:33
Würdest du den Wein jetzt als so eine Art Visitenkarte des Weinguts beschreiben oder was gefällt dir besonders an dem?
Philipp
00:31:41
Ja klar, also ich habe jetzt den Kalkstein Riesling zur Verkostung ausgewählt, weil er eben tatsächlich das Herkunftsthema schon so intensiv spielt. Und auch typisch Wittmann-Handschrift eher kühl, eher finessenreich. Keine Weine, die jetzt wahnsinnig laut und aufregend sind, sondern eher zunächst mal ruhig und sehr klar daherkommen. Und das passt irgendwie oder gehört auch so ein bisschen zu uns. Und ja, am Ende spricht dann auch hier der Weinberg, nämlich das Salzige, das Kreidige am Gaumen. Das ist das, was die Herkunft ausmacht. Und das erfreut mich am meisten, auch wenn ich Wein trinke. Danach suche ich und deshalb ist mir das auch immer wichtig, dass die Weine möglichst trocken sind, weil hier mehr Restsüße im Wein ist, umso weniger sind diese Nuancen dann auch wahrzunehmen.
Tobias
00:32:27
Also kreidig und, ich sage mal, wirklich vollständig trocken hört sich jetzt erst mal, finde ich, ja, eigentlich etwas weniger zugänglich an, als der Wein sich dann präsentiert. Also ich finde, der trinkt sich ja wunderbar, hat auch eine schöne Frucht. Klasse.
Philipp
00:32:44
Ja, und das ist genau das Schöne am Kalkstein Riesling, an einem Wein, der letztendlich auch tatsächlich mit einer reifen Traubenfrucht daherkommt. Und diese Kombination macht es dann aus. Der Wein ist nicht karg und tut weh am Gaumen, sondern der Wein ist auch charmant. Der Wein hat tatsächlich auch eine unheimlich angenehme, mundfüllende Mitte und hat was Saftiges und was Animierendes. Und das kann halt der Riesling. Riesling ist einfach eine coole Rebsorte. Das muss ja auch mal gesagt werden.
Tobias
00:33:11
Ich wollte es gerade sagen, das muss ja auch mal gesagt werden, wenn wir schon mal hier sind. Ja, super, klasse. Und das ist jetzt, ja, ist ja einfach, in Anführungszeichen, nur ein guter Wein. Das heißt, wenn wir über Preis-Genuss-Verhältnis sprechen, sind wir ja richtig gut dabei.
Philipp
00:33:27
So würde ich das auch sehen.
Tobias
00:33:28
Ja, ich kann nur sagen: Danke, Philipp, danke für deine Zeit, für deine wirklich anschaulichen Erläuterungen sowohl im Weinberg als auch im Keller zum Thema biodynamischer Weinbau. Herzlichen Dank. Und ja bis bald.
Philipp
00:33:43
Danke. Mir hat's Spaß gemacht. Ciao!
Tobias
00:33:44
Super. Ciao.
Michael
00:33:49
Hallo Tobias. Und, gut zu Hause angekommen?
Tobias
00:33:51
Jo, bestens.
Michael
00:33:52
Mensch, das war ja echt eine Nummer. Ich fand das ja total interessant.
Tobias
00:33:56
Tja, allerdings.
Michael
00:33:57
Ich habe zwar immer nur das blöde Mikrophon hinterherschleppen dürfen. Aber Philipp Wittmann hat mich echt beeindruckt. Also total überlegt, souverän, lässig dabei, weitsichtig. Die Weine, darüber kann man wirklich nicht streiten, meiner Meinung nach. Tolle Erfahrung, wirklich toll, dass das geklappt hat.
Tobias
00:34:18
Ja, absolut. Da bin ich total bei dir. Und ja, du hast dich so als Tonmann jetzt wirklich profilieren können. Also Mikrofonkabel irgendwie tragen. Das ist ja voll dein Ding. Da hast du, glaube ich, noch eine echt große Zukunft. Nein, aber im Ernst, das hat wirklich ungeheuer Spaß gemacht, direkt mit Winzern zu sprechen. Und man muss ja auch zugeben, bei Hothum war ich ja dein Kabelträger und da durch die Weinberge zu laufen, jetzt schon mal so erste Fassproben auch ins Glas zu bekommen. Da merkt man erstmal, was man so die ganze Zeit vermisst hat. Und man merkt halt eben auch, nur mit dir telefonieren macht irgendwie auch nicht glücklich.
Michael
00:34:58
Okay, angekommen mit dem Kabel und dem Glücklich. Aber apropos glücklich: Falls einer unserer Zuhörerinnen oder Zuhörer noch nicht ganz glücklich ist mit dem, was wir hier im Podcast besprechen, gar kein Problem. Bitte meldet euch, schickt uns eine Mail an podcast@weinfreunde.de und ihr kommt mit auf die Liste. Denn ihr wisst ja, kleiner Tipp am Rande, wenn ihr euer Thema ganz hoch einranken wollt, beginnt das Mail bitte mit „Lieber Michael", das behandle ich bevorzugt. Also in diesem Sinne freue ich mich, wenn es beim nächsten Mal wieder heißt: Bei Anruf.
Tobias
00:35:39
Wein.