Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Blanc de Noirs: weißer Wein aus dunklen Trauben

22.07.2025 24 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge von Bei Anruf Wein sprechen Tobias und Michael über einen Weinstil, der auf dem Etikett oft für Verwirrung sorgt – den Blanc de Noirs. Wörtlich übersetzt heißt das „Weißer aus Schwarzen“, also weiß gekelterter Wein aus dunklen Trauben. Wie das funktioniert, was es geschmacklich bringt, warum gerade Spätburgunder für diese Vinifikation prädestiniert ist und weshalb Blanc de Noirs in der Champagne eine lange Tradition besitzt – das alles klären die beiden in gewohnter Plauderlaune.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Blanc de Noirs – das klingt erst mal nach Widerspruch. Ein weißer Wein aus dunklen Trauben? Und doch ist genau das möglich. Was in der Champagne längst Tradition hat, findet sich mittlerweile auch immer häufiger bei Stillwein. Vor allem in Deutschland, wo Spätburgunder als Blanc de Noirs eine ganz neue Facette zeigt. Michael und ich sprechen in dieser Folge über Herkunft und Technik, über Sensorik, Gesetzgebung und nicht zuletzt darüber, warum Blanc de Noirs mehr ist als nur ein Zwischending von Rotwein und Rosé. Und „mehr" ist ein gutes Stichwort. Mehr Bewertungen auf den Podcast-Plattformen und mehr Stimmen bei unserer Umfrage, die ihr in den Shownotes findet, würden uns riesig freuen. Danke! Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:03
Einen wunderschönen guten Tag, Tobias.
Tobias
00:01:06
Ja, grüße dich.
Michael
00:01:06
Weiter geht es mit unserem Podcast. Doch bevor wir jetzt in die heutige Farbenlehre direkt einsteigen, muss ich dir doch an dieser Stelle auch noch einmal gratulieren.
Tobias
00:01:17
Oh, vielen Dank!
Michael
00:01:17
Also eigentlich wollte ich jetzt sogar ein kleines Ständchen improvisieren...
Tobias
00:01:21
Uiuiui!
Michael
00:01:21
...aber na ja, du stehst ja nicht so auf meine Gesangseinlagen. Aber deshalb jetzt ganz locker und von Herzen: Herzlichen Glückwunsch zu der erfolgreich bestandenen Prüfung zum WSET Certified Educator!
Tobias
00:01:35
Ja, danke schön.
Michael
00:01:35
Der Titel alleine ist ja schon ein Statement. Erkläre doch mal den Zuhörerinnen und Zuhörern, was sich dahinter verbirgt.
Tobias
00:01:42
Ja, also ich muss jetzt direkt mal zweimal Danke sagen. Zum einen natürlich für deinen Glückwunsch. Vielen Dank. Zum anderen aber auch Danke dafür, dass du dir das Ständchen verkniffen hast. Sehr rücksichtsvoll und zum von dir so hochgehaltenen Titel. Also WSET steht für „Wine and Spirit Education Trust. Das ist der sicherlich renommierteste, aber auch international größte Anbieter von Aus- und Fortbildungen in Sachen Weinwissen. Ich glaube, die sind in 70 Ländern unterwegs. Und einige kennen bestimmt diese vier WSET-Level, die es gibt. In die gliedert sich sozusagen die Ausbildung. Da bin ich bei Level 3 angelangt und nun habe ich mich also zum Lehrer, zum Educator ausbilden lassen und habe damit die Berechtigung, Weinfreunden das Wissen von Level 1 und Level 2 beibringen zu dürfen. Das war schon ein ziemlicher Ritt, diese Ausbildung, aber eine wirklich tolle Erfahrung. Und ja, die Bezeichnung, die ich jetzt eben tragen darf, ist WSET Certified Educator. Ja, und was ich damit in Zukunft so vorhabe, das müssen wir jetzt nicht erklären. Wenn der ein oder andere Interesse daran hat, dann kann aber auf weinlakai.de/akademie schauen. Da bekommt man ein paar mehr Infos.
Michael
00:03:02
Na ja, also ich glaube, wir hoffen alle, dass etwas von deinem weinpädagogischen Eifer auch auf Bei Anruf Wein abstrahlt. Also ich meine, in Erklären von Wein üben wir uns schon länger. Das ist hier heute übrigens die 113. Folge des Podcasts. Aber wenn jetzt auch noch höhere Weihen dazukommen, umso besser. Vielleicht kannst du ja sogar deinen zukünftigen Auszubildenden unseren Podcast zum kurzweiligen Vertiefen und Wiederholen des Lernstoff empfehlen.
Tobias
00:03:33
Na ja, ein bisschen muss ich dich jetzt bremsen. Wir fangen jetzt nicht nach jeder Folge mit Hausaufgaben oder gar einer Prüfung an. Ja, das bleibt hier weiterhin genauso locker wie gewohnt. Ja, aber du kannst es dir denken. Unsere Podcast-Plaudereien haben mir tatsächlich bei der eigenen Ausbildung geholfen. Geht dir sicherlich auch so. Wie gesagt, ein wenig sind wir im Wein-Erklären ja jetzt schon geübt, nach so vielen Folgen, nach den Jahren, die wir das jetzt schon machen. Aber jetzt mal genug davon, denn wir haben heute noch ein richtiges Thema, sozusagen. Blanc de Noirs steht auf dem Stundenplan, um jetzt noch mal dabei zu bleiben. Aber Michael, mach du jetzt mal den Einstieg, ja?
Michael
00:04:14
Muss ich mich jetzt eigentlich bei dir immer mit Fingerschnipsen melden, Herr Educator?
Tobias
00:04:17
Finde ich gar nicht so schlecht. Aber mach jetzt einfach mal!
Michael
00:04:21
Ja, ja, also egal. Also Blanc de Noirs, wie unschwer zu hören, ja, ist es ein französischsprachiger Begriff, der übersetzt so viel heißt wie „Weißer aus Dunklen" oder „aus Schwarzen". Und gemeint ist damit weißer Wein aus dunklen Trauben. Und ja, da darf man sich jetzt erst mal ganz erstaunt fragen: hä? Ja, denn das klingt ja zunächst mal vollkommen unlogisch. Aber wenn man weiß, dass fast alle roten Rebsorten helles Fruchtfleisch haben und die Farbe nur in den Schalen sitzt, dann macht das wieder Sinn. Also man muss den Blanc de Noirs trotz der roten Trauben dann einfach wie einen Weißwein herstellen. Also einfach direkt die Trauben pressen. Im Prinzip geht das mit allen dunkelschaligen Rebsorten. Ausgenommen sind nur die sogenannten Färbertrauben oder noch mal auf Französisch Teinturier. Die haben nämlich nicht nur eine dunkle Haut, sondern besitzen auch dunkles Fruchtfleisch, sodass schon beim sanftesten Pressen Farbstoffe in den Most gelangen. Und da kann dann gar kein Weißwein, oder sprich Blanc de Noirs mehr bei rauskommen. Aber das sind nur ganz wenige Sorten, die namentlich kaum jemand kennt. Ich sage nur Alicante Bouschet oder Cinsault.
Tobias
00:05:39
Ja, ja, und ich kenne die natürlich. Aber ich bin jetzt natürlich auch Certified Educator.
Michael
00:05:45
Ja, ja, ja.
Tobias
00:05:46
Aber genau, das mit den Farbstoffen in der Schale der Beeren, das ist eben der entscheidende Punkt. Das muss man sich merken. Und deswegen ist es dann auch noch mal einfacher, einen Weißwein aus roten Rebsorten herzustellen, wenn man welche nimmt, die eine eher dünne Haut aufweisen. Also ich nehme jetzt mal den Spätburgunder bzw. Pinot Noir als Beispiel, denn der ist quasi so eine Art Natural Born Blanc de Noirs, denn der ist eben so dünnschalig, dass da, ja selbst, wenn man jetzt sich ein bisschen zu lange Zeit beim pressen lässt, sehr wenig Risiko besteht. Bei so Reben wie Mourvèdre, also Monastrell heißt der ja in Spanien, oder einem spanischen Tempranillo mit ihren dicken Schalen, oder ich glaube, Cabernet Sauvignon hat ja auch recht dicke Schalen, da muss man dann schon ordentlich flott sein. Aber das habe ich jetzt auch so noch nicht gefunden. Also einen Tempranillo Blanc de Noirs. Cabernet Sauvignon, glaube ich, habe ich tatsächlich schon mal einen gefunden. Aber wenn man sich jetzt noch mal auf Deutschland bezieht, dann ist das eigentlich fast immer Spätburgunder. Und der wird dann eben weiß gekeltert. Ja, so wird diese Vinifizierung bei uns dann auch manchmal genannt, also ganz schlicht und ergreifend beschrieben, was dieser Prozess ist.
Michael
00:07:01
Okay. Ja, bei Pinot Noir fällt mir jetzt direkt natürlich noch der Pinot Meunier aus der Champagne ein, also ebenfalls eine rote Rebsorte, übrigens mit dem Pinot Noir verwandt. Also genauer, ich glaube, es ist eine natürliche Mutation des Pinot Noir.
Tobias
00:07:17
Ja, wie so viele.
Michael
00:07:17
Denn soweit ich das auf dem Schirm habe, verdanken wir die Idee mit dem Blanc de Noirs dem Champagner. Daher vielleicht ein schneller Grundkurs in Sachen Champagnerherstellung an dieser Stelle. Die meisten Champagner sind Cuvées aus weißem Chardonnay und rotem Pinot Noir und Pinot Meunier, beide jedoch weiß geklettert, also Blanc de Noirs. Um nun eine Abweichung von dieser Norm direkt zu kennzeichnen, heißt Champagner, der ausschließlich aus roten Rebsorten gewonnen wird, aber weiß geklettert ist, eben Blanc de Noirs. Also ich weiß gar nicht genau, wie sehr das früher auch schon bei Stillweinen praktiziert wurde. Also in meiner Wahrnehmung hat das aber gerade erst in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Und ein paar dieser deutschen Blanc de Noirs, gerade aus Spätburgunder, findet ihr auch in unserem Shop. Nur mal so am Rande.
Tobias
00:08:15
Ja, das hoffe ich doch, denn diesen Weinstil muss man unbedingt mal probieren, zumal er sich auch ganz toll als Essensbegleiter macht. Dazu vielleicht gleich noch mal was. Und auch gut, dass du eben mit deinem Beispiel von Pinot Noir und Meunier gesagt hast, dass ein Blanc de Noirs auch aus mehreren roten Rebsorten bestehen kann. Warum auch nicht? Aber das kann man ja einfach noch mal dazu sagen. Das heißt also nicht, dass Blanc de Noirs immer nur aus einer roten Rebsorte gemacht wird. Beim Stichwort Champagner und der von dir erwähnten Differenzierung von der Norm sozusagen, erlaube mir dann jetzt bitte auch noch einen Satz zum Blanc de Blancs. Da reicht es nicht, eine ganze Folge darüber zu machen, was die Infos angeht. Also Blanc de Blancs, dem weißen Wein aus weißen, hellen Trauben, klingt ja erstmal ein bisschen merkwürdig, aber diesen Begriff findet man auch auf Champagnerflaschen. Ja, und hättest du jetzt gerade nicht erklärt, dass in den meisten Champagnern eben auch rote Rebsorten zum Einsatz kommen, dann würde man ja denken, das ist ja eine Selbstverständlichkeit, dass der Champagner nur aus weißen Rebsorten gemacht wird. Aber es ist halt eben tatsächlich bei Champagner sogar auch eine Besonderheit. Blanc de Noirs wie auch Blanc de Blancs ist eher die Ausnahme. Und wann das genau jetzt vom Schaumwein auf den Stillwein übergeschwappt ist, sozusagen, das weiß ich jetzt auch nicht. Das müsste man mal recherchieren, wenn man es überhaupt so genau rausbekommt. Aber vielleicht weiß das ja auch einer der Zuhörerinnen und Zuhörer unseres Podcasts. Dann würde ich das auf jeden Fall sehr gerne mal erfahren. Gerne per E-Mail an podcast@weinfreunde.de zum Beispiel. Nur mal so am Rande.
Michael
00:09:53
Ja, und wenn du es dann weißt, bitte unbedingt auch im Podcast erzählen. Versprochen?
Tobias
00:09:58
Ja, ja klar.
Michael
00:09:59
Also ich glaube, erklärt haben wir jetzt ausgiebig, was ein Blanc de Noirs ist. Jetzt lass uns doch mal darüber reden, warum man das überhaupt macht. Also ganz konkret: Was unterscheidet einen Blanc de Noirs sensorisch, also sprich geschmacklich, von einem normalen Weißwein? Oder noch einfacher: Was hat ein Blanc de Noirs zu bieten, was ein Weißwein herkömmlicher Machart eben nicht liefern kann?
Tobias
00:10:26
Also zum einen reden wir auf jeden Fall über ein anderes Aromenspektrum, denn selbst, wenn die Farbstoffe der Trauben außen vorgelassen werden, die typischen Aromen der Rebsorte, also zum Beispiel das Kirschige beim Spätburgunder, die sind durchaus noch im Rennen, allerdings natürlich sehr, sehr subtil. Denn klar, es ist ein Weißwein und auch in seiner Aromatik findet man dann eben weniger Kirsche oder generell auch Beerenaromen. Dafür dann natürlich Aromen, die man in einem Rotwein nie finden würde. Also was wie grüner Apfel, aber auch Zitrusnoten und teilweise, wenn ein bisschen Reife auch eine Rolle gespielt hat bei den Trauben, gelbes Steinobst. Und das alles eben häufig mit etwas mehr Intensität als bei einem normalen Weißwein. Das ist so Punkt 1. Punkt 2, der Most aus den dunklen Trauben bringt auch etwas mehr Struktur, also Körper in den Wein. Und das ist halt eben das, was ich eben schon mit der Empfehlung eines Blanc de Noirs als Essensbegleiter meinte. Da ähnelt er dann irgendwie so ein bisschen dem Rosé, da hat er ein bisschen mehr Struktur und ist dadurch ein recht vielseitiger Essensbegleiter. Ja, zusammenfassend kann man eigentlich sagen, es sind eigenständige Weine, fast so eine eigenständige Kategorie mit dann eben auch ganz eigenen Talenten.
Michael
00:11:46
Okay, jetzt gibt es aber neben dem sensorischen ja auch noch zum Beispiel wirtschaftliche Überlegung, die mit dem Blanc de Noirs zu tun haben könnten. Muss man ja auch mal sagen. Oder ich fange das jetzt mal andersrum an. Was für eine Möglichkeit hat eine Winzerin oder ein Winzer, wenn sie oder er einfach nicht mehr so viel Rotwein wie früher verkauft, in den Weinbergen nun aber mal Portugieser oder Spätburgunder oder was auch immer steht? Das bekommt man ja nicht von heute auf morgen verändert. Möglichkeit Nummer 1 ist natürlich, aus den roten Rebsorten Rosé zu machen. Dessen Beliebtheit nimmt seit Jahren ebenfalls deutlich zu. Und neben hausgemachten Rosé-Regionen wie der Provence oder Tavel an der Rhône findest du jetzt auch Rosé in fast allen klassischen Rotweinregionen. Möglichkeit 2 ist halt der Blanc de Noirs, wenn auch in deutlich geringerem Maße.
Tobias
00:12:38
Ja, genau. Und ich komme jetzt noch mal auf den Mourvèdre und Tempranillo von eben zurück, und Vergleichbares kann man halt eben auch von Merlot und Cabernet Sauvignon, hatte ich ja auch schon erwähnt, sagen. Rosé, ja, das bekommt man gut hin. Aber ein Blanc de Noirs, das ist nicht nur schwieriger, sondern ist eben auch ein ganzes Stück weiter von der, ja, von der Tradition dieser Rebsorten entfernt. Ein Blanc de Noirs aus der Rioja oder der Bordeaux da, ja, da braucht man jetzt schon ein bisschen Phantasie. Vor allem, da gibt es ja auch Weißwein. Und da gibt es, gerade wenn du an Bordeaux denkst, auch sehr populäre Weißweine. Da kommt erst gar nicht jemand großartig auf die Idee. Wobei, wenn wir jetzt hören Bordeaux, da wird eigentlich viel zu viel angebaut, ja, dann wäre das doch vielleicht auch mal eine Idee, da mehr Weißwein auch zu machen aus den roten Trauben.
Michael
00:13:26
Ja, ja. So viel zur Fantasie. Da bist du schon auf der richtigen Spur, denn die findet sich allüberall. Also ich weiß zum Beispiel, dass in spanischen Weinverbänden bereits darüber nachgedacht wird, diesen Blanc de Noirs-Kniff im größeren Maßstab zu betreiben, eben weil man dort viel mehr Rotwein landesweit betrachtet erzeugt, als man aktuell verkaufen kann. Ich meine, so Edel-Appellation wie Rioja oder Priorat oder Ribera del Duero, da mag man dann vielleicht müde lächeln über diese Idee. Aber es gibt auch Regionen, die viel Rotwein mit deutlich geringerem Renommee anbieten. Ich drücke das jetzt mal so vorsichtig aus. Ja, und die kämen sicherlich als Erste ins Grübeln. Doch das ist jetzt alles Zukunftsmusik, aber ich will es mal an dieser Stelle genannt haben. Wirtschaftliche Überlegungen gibt es eben auch.
Tobias
00:14:16
Ach Michael, mein Edelspanier und Mann mit Weitblick! Obgleich ich mir gar nicht sicher bin, ob ich das überhaupt will. Ein Blanc de Noirs aus der La Mancha. Und dann ist da natürlich auch noch die Frage, ob bei sowas überhaupt das Weinrecht mitspielt. Das darf man ja auch nie außer Acht lassen. Weißt du eigentlich, wie das in der EU oder in Deutschland jetzt geregelt ist? Kann man das Label Blanc de Noirs einfach so verwenden oder gibt es da wieder irgendwelche strengen Richtlinien?
Michael
00:14:45
Na ja, also auf der EU-Ebene, die sonst vieles aussagt hier über unsere Appellation, ist hinsichtlich des Blanc de Noirs eigentlich gar nichts geregelt. Das hat man dann freundlich den nationalen - Achtung - Weinregulierungsbehörden, was für ein tolles Wort, überlassen. Und in Deutschland ist das jetzt seit 2021 der Fall. In jenem Jahr tritt nämlich das 10. Gesetz zur Änderung des Weingesetzes in Kraft, so heißt das, das sich erstmals mit dem Blanc de Noirs - mit S am Ende des Noirs, wird man meistens so geschrieben, oder auch ohne es am Ende - auseinandersetzen.
Tobias
00:15:20
Das ist falsch.
Michael
00:15:21
Ja, das finde ich auch. Sind ja mehrere. Aber egal, ob es jetzt um Wein oder Perlwein, Schaumwein oder auch Likörwein geht, vorgeschrieben ist jetzt in Deutschland, dass es sich jeweils um einen Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung handelt, sprich um einen Wein aus der Pfalz, aus Rheinhessen oder Baden und so, der aus frischen - also da wurde ich auch hellhörig, als ich das so las - Rotweintrauben wie ein Weißwein gekentert wird und eben auch dessen helle Farbe aufweist. So, das ist jetzt alles zum Weingesetz dazu.
Tobias
00:15:55
Ja, sehr gut. Ich weiß jetzt Bescheid und ich hoffe, die Zuhörerinnen und Zuhörer auch. Auch, wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob das jetzt so ein Wissen ist, was man sich unbedingt merken muss. Aber gut, vielen Dank für diese kleine rechtliche Belehrung. Ist zwar wirklich nicht mein Lieblingsthema in der Weinwelt, aber die Rolle der Weinregulierungsbehörden ist natürlich nicht zu unterschätzen. Die sprechen bei jedem Wein quasi ein Wörtchen mit, also wirklich bei jeder einzelnen Flasche. Und was haben wir da schon für komische Geschichten von den Weingütern gehört, ja? Also sagen wir mal so, die Winzer und die prüfenden und genehmigenden Behörden sind nicht immer ein Herz und eine Seele. Mehr sagen wir dazu jetzt mal lieber nicht.
Michael
00:16:38
Ne, und ich glaube, das ist schon fast ein Thema für eine eigene Folge. Also das mit den Vorschriften und deren Durchsetzung, da geht es ja zum Beispiel ganz oft um Namen und Bezeichnungen, die auf dem Etikett zu finden sind. Aber es gibt auch grenzüberschreitende Diskussionspunkte, wie wir in der Pfalz gelernt haben. Aber nun denn, das führt hier vielleicht zu weit. Ich notiere mir das mal auf unserem Ideenzettel. Oder ist das eine zu trockene Materie? Was meint ihr? Schreibt uns doch einfach mal, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, nicht, dass wir jetzt eine Folge machen, die ihr am Ende gar nicht hören wollt.
Tobias
00:17:09
Nein, das wollen wir nämlich auf keinen Fall. Aber noch mal zurück jetzt zum Blanc de Noirs. Da gibt es nämlich noch einen Rest zu erzählen. Ja, also dazu müssen wir noch mal in den Keller, wo die Rotweintrauben sanft und vorsichtig gepresst werden. Das haben wir ja jetzt schon gelernt, damit kein Farbstoff aus den Schalen in den Most übergeht. Doch was geschieht eigentlich mit den roten Traubenschalen, die dann am Ende zurückbleiben? Ja, also in diesem Trester, da ist ja sogar noch ein bisschen Saft drin, das ist ja jetzt eigentlich was relativ Kostbares. Das kann man jetzt ja nicht einfach wegschmeißen, oder?
Michael
00:17:45
Ne, ne, ne. Also ich wäre ja für einen Tresterbrand, also...
Tobias
00:17:48
Das war ja wieder klar.
Michael
00:17:48
...einfach vergären und anschließend destillieren. Ja, womit wir endlich mal wieder bei meinen heißgeliebten Spirituosen wären, bei denen aber ansonsten nach meiner Kenntnis der Begriff oder die Idee eines Blanc de Noirs gar keine Rolle spielt. Dafür der Trester natürlich umso mehr. Also wenn ich an dieser Stelle nur ganz kurz etwas zu Grappa oder Mark sagen darf, oder auch...
Tobias
00:18:11
Nee, nee, nee, das darfst du eben nicht! Weil gerade in dieser Folge bleiben wir unbedingt beim Wein und eben dem Trester aus der Blanc de Noirs-Erzeugung. Ja, und genau, da ist noch sogar ein bisschen Saft drin. Vor allem verfügt er aber eben noch über die ganzen Farbstoffe. Logisch, denn die wollen wir ja nun mal nicht beim Blanc de Noirs. Und was man auch nicht vergessen darf: In den Schalen stecken auch Aromastoffe. Außerdem natürlich Gerbstoffe, also Tannine. Und das sind alles Eigenschaften, die man in einem Rotwein gut gebrauchen kann. Ja, um es kurz zu machen: Man kann über diesen Trester den für Rotwein gepressten Most laufen lassen und ihn gemeinsam mit dem frischen Most einmaischen und dann vergären, um dem Rotwein, so ist es jetzt vielleicht ein bisschen einfacher ausgedrückt, um dem Rotwein, der dann entsteht, noch mehr Farbe, noch mehr Körper und Intensität mitzugeben. Also man pimpt den dann eigentlich durch diese Schalenreste auf. Das ist so ein bisschen das, was man aus Italien mit den Ripasso-Weinen kennt, Valpolicella und Amarone Trester usw. Separate Folge. Aber genau, man kann den Wein so eben ein bisschen aufpimpen und die roten Trauben landen dann schließlich doch irgendwie noch in einem roten Wein. Nur, wie soll ich sagen, anders als geplant, sozusagen.
Michael
00:19:32
Ja, okay. Apropos anders als geplant. Ich habe jetzt noch mal eine Frage speziell an den WSET Certified Educator. Wir haben ja von weiß gekälterten Trauben gesprochen. Beim Blanc de Noirs in Österreich wird er auch „Weißgepresster" genannt oder auch schön „Gleichgepresster". Finde ich auch super. Aber ich will mal beim „Weiß" bleiben. Was hat dieses „Weiß" denn im „Weißherbst" zu suchen, der ganz klar unter die Rosé-Weine fällt und eben kein Blanc de Noirs ist?
Tobias
00:20:02
Ja, das ist in der Tat eine gute Frage. Da habe ich mich auch sehr, sehr lange immer wieder vertan und war verunsichert, musste es immer wieder nachgucken. Aber es ist so auch eigentlich relativ einfach zu merken. Auch der Weißherbst wird aus roten Trauben letztlich weiß geklettert. Allerdings gibt es dann doch meist noch eine kurze Maischestandzeit, also Kontakt zwischen Most und Schalen. Die dauert nur wenige Stunden und dadurch bekommt er dann eben doch noch so einen Hauch rosa Farbe. Das mag jetzt ein bisschen verwirrend sein mit dem Weiß im Namen. Deswegen hat mich das auch immer wieder so durcheinander gebracht. Denn tatsächlich - Achtung - ist der Weißherbst dann eben am Ende ein Rosé. Ja, also ich finde, das hört sich jetzt so ein bisschen nach Angeberwissen für die nächste Party an, aber es ist eine klare Unterscheidung eben zwischen diesen beiden Macharten. Ja, und überhaupt gibt es zum Rosé natürlich auch eine eigene Podcastfolge. Hätten wir vorhin schon sagen können. Das war sowieso, glaube ich, eine der ersten Folgen, die wir überhaupt aufgenommen haben.
Michael
00:21:09
Allerdings, allerdings. Unbedingt mal reinhören, wenn man unsere ersten Schritte irgendwie mal erleben will. Aber Tobias, ich glaube, jetzt haben wir auch genug mit dem Blanc de Noirs. So richtig fällt mir nichts mehr ein. So richtig viel gibt es dazu auch nicht zu erzählen, außer: Ihr müsst das einfach mal probieren.
Tobias
00:21:27
Das stimmt.
Michael
00:21:27
Und am besten. Das wäre jetzt mein Tipp, einen Spätburgunder und einen Blanc de Noirs aus Spätburgunder vom selben Weingut. Das ist dann gerade in Sachen Aromatik ein ganz spannendes Ding, diese Verschiebung der Aromen, von denen du gerade gesprochen hast.
Tobias
00:21:43
Ja, das stimmt. Und darf ich an dieser Stelle ein paar Namen nennen und noch mal auf unseren Shop verweisen? Ja, Shop ja. Namen nennen? Nein. Ja, also ich glaube, in den Shownotes ist sowieso immer was verlinkt. Also insofern alles kein Problem. Und ja, ich mache das jetzt nämlich dann auch nicht noch ausführlicher. Ich sage nur, ich kann den Zuhörerinnen und Zuhörern unbedingt auch mal ein Blanc de Noirs Champagner ans Herz legen. Vielleicht kann man den dann auch vergleichen mit einem regulären, mit roten und weißen Rebsorten, alles aber sozusagen weiß vinifiziert. Ja, und dann gibt es natürlich auch noch Blanc de Blancs Champagner. Und damit das vielleicht nicht zu teuer wird, dann kann man auch gerne mal an die Loire schauen. Beim Crémant gibt es auch Blanc de Noirs, das ist dann ja wahrscheinlich Cabernet Franc, vielleicht auch ein bisschen Pinot, und Blanc de Blancs heißt da dann, glaube ich, Chenin Blanc. Aber wie gesagt, in der Champagne liegt ja sozusagen der Ursprung dieses Produktionsverfahren. Da lohnt es sich also auf jeden Fall, mal hinzuschauen.
Michael
00:22:47
Ja, und das wollen wir auf keinen Fall vergessen und die Champagne hochhalten. Ich weiß, wie wichtig dir das ist. Aber damit ihr, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, das Wichtigste aus der heutigen Folge nicht vergesst, kommt jetzt hier unsere kurze Liste mit den Merkpunkten für den Hausgebrauch. Tobias, leg los!
Tobias
00:23:06
Blanc de Noirs ist ein weißer Wein oder Schaumwein aus roten Trauben. Der Begriff selbst kommt aus dem Französischen.
Michael
00:23:13
Im Deutschen spricht man von weiß gekelterten roten Trauben oder einfach vom Weißgekelterten, in Österreich auch vom Weißgepressten.
Tobias
00:23:22
Der Trick daran: Nur der helle, weiße Saft wird abgepresst, die Farbstoffe aus den Schalen bleiben außen vor.
Michael
00:23:29
Ursprünglich kennt man den Blanc de Noirs vom berühmten Champagner, wo die Methode zur Erzeugung weißer Schaumweine über eine lange Tradition verfügt.
Tobias
00:23:38
Funfact am Rande: Der Trester aus der Blanc de Noirs-Erzeugung kommt oft den Rotweinen des Weinguts zugute und gibt ihnen eine Extraportion Körper, Farbe und Dichte.
Michael
00:23:48
Man könnte aber auch einen Tresterbrand daraus machen, aber das nur mal so am Rande und natürlich ganz außerhalb unserer offiziellen Kurzfassung.
Tobias
00:23:57
Ja, ja, ja. Du schon wieder, ne? Ja, aber selbst deine wiederaufkommenden Spirituosengelüste können mir die Vorfreude natürlich nicht darauf nehmen, dass es schon in zwei Wochen wieder heißt.
Michael
00:24:09
Bei Anruf.
Tobias
00:24:12
Wein.