Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Chardonnay: auf der ganzen Welt zuhause

11.06.2024 29 min

Zusammenfassung & Show Notes

Chardonnay ist eine der meist angebauten Rebsorten der Welt und die Weine können sich stark unterscheiden – von frischen Exemplaren aus dem Stahltank bis zu körperreichen Weißweinen aus dem kleinen Eichenholz-Barrique. Michael und Tobias widmen sich der Rebsorte mit 360-Grad-Blick: von den Ursprüngen des Chardonnay bis zu aktuellen Zahlen und Fakten. Dabei darf auch der ABC-Trinker nicht fehlen.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Bevor es heute losgeht, ist eure Stimme gefragt, liebe Hörerinnen und Hörer.
Michael
00:00:05
Genau. Wir möchten eure Meinung zum Podcast einsammeln und das geht ganz einfach.
Tobias
00:00:09
Richtig. In den Shownotes, also dem Text unter dieser Folge, findet ihr den Link, der zu unserer Umfrage führt.
Michael
00:00:15
Es sind auch nur wenige Fragen, versprochen. Wenn ihr die beantwortet, wäre das ganz wunderbar.
Tobias
00:00:19
Ja bitte macht mit. Wir erheben auch gar keine Daten von euch. Alles ist ganz anonym.
Michael
00:00:24
Ja, im Gegensatz zu der Folge, die jetzt kommt. Da geben wir uns wie gewohnt sehr offenherzig.
Michael & Tobias
00:00:30
Bitte, bitte, danke!
Michael
00:00:31
Ja. Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:41
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Chardonnay ist die weltweit meistangebaute Rebsorte, wenn es um Weißweine in Spitzenqualität geht. Gleichzeitig ist sie für viele Weinfreunde eine Art Antithese eines Rieslings. Das allerdings ist nur dann richtig, wenn es sich um einen körperreichen Chardonnay mit moderater Säure handelt. Und das ist keineswegs immer der Fall, denn die Rebsorte ist vielseitiger, als manch einer vermuten mag. Stichwort Cool Climate. Findet ihr den Bei Anruf Wein-Podcast eigentlich auch cool? Dann lasst es uns doch bitte durch eine Rezension auf den einschlägigen Podcast-Plattformen wissen. Michael und ich lesen so was immer sehr, sehr gerne. Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:30
Hallo, mein Chardonnay Dad Tobias. Oder gibt es eigentlich nur Chardonnay Moms? Na ja, aber egal.
Tobias
00:01:36
Ich glaube schon.
Michael
00:01:37
Ich will ja auch gar nicht ärgern.
Tobias
00:01:38
Ne, bitte nicht.
Michael
00:01:39
Ich freue mich tatsächlich auf jedes einzelne Podcastgespräch mit dir.
Tobias
00:01:43
Ach, das ist aber lieb.
Michael
00:01:44
Natürlich nicht nur wegen dir, pardon, aber auch. Ja, ja. Gerade bei unserem heutigen Thema, dem Chardonnay, da bekomme ich glatt wieder Lust, eine kleine Chanson vorzutragen. Irgendwas von Georges Brassens oder Charles Aznavour, oder?
Tobias
00:01:59
Ja, nee, nee, lass du mal lieber. Vor allem, weil du ja mit der Chardonnay Mom oder eben dem Dad eigentlich auf ein Phänomen in den USA hinweist und nicht in Frankreich. Das muss man ja vielleicht erklären, denn so werden Mütter genannt, so ein bisschen ketzerisch, die sich gerne schon tagsüber ein Gläschen Chardonnay gönnen. Ja, quasi als Rezept gegen den alltäglichen Mutterstress. Ja, also heutzutage müsste es ja dann eigentlich auch Chardonnay Dads geben, sonst wäre das ja irgendwie ein bisschen komisch. Aber damit wollen wir uns jetzt gar nicht aufhalten. Ich sage jetzt mal zurück nach Frankreich, denn da fällt mir sowieso noch ein anderer Name ein. Ja, nicht der von irgendeinem Chansonsänger, sondern der Name Victor Pulliat. Ich hoffe, das habe ich jetzt wieder einigermaßen unfallfrei ausgesprochen. Du erinnerst dich nämlich vielleicht, wir haben schon in unserer Podcastfolge über Weißburgunder alias Pinot Blanc berichtet, dass man die Rebsorte lange mit Chardonnay gleichgesetzt hat. Doch eben jener Victor Pulliat, die beiden Reben 1868 erstmals unterschieden hat.
Michael
00:03:04
Ah ja, lange Rede, kurzer Sinn. Also nicht singen, schon verstanden. Und kein Chardonnay Dad. Nun, pass auf, dann kümmere ich mich jetzt mal um die ampelographischen Familienverhältnisse.
Tobias
00:03:17
Ach, ich habe es befürchtet.
Michael
00:03:18
Im weiteren Sinne zählt der Chardonnay zum Burgunderclan. Kann man mal so sagen. Und seinen Doppelgänger, den Weißburgunder, den hast du ja eben schon genannt, wobei der Weißburgunder keine Kreuzung aus zwei Elternreben ist, sondern eine Mutation des Grauburgunders. Also hat der Grauburgunder an sich selbst rumgefummelt, wenn man das so sagen darf. Der Chardonnay, ja, hat eine ganz andere Abstammung. Er ist wirklich eine Kreuzung aus zwei Rebsorten.
Tobias
00:03:50
Eine Kreuzung, ja. Ganz andere Abstammung, na ja. Weil wenn du bedenkst, dass der Grauburgunder alias Pinot Gris selbst ja eine Mutation ist, nämlich eine des Spätburgunders alias Pinot Noir, ja, und eben dieser Spätburgunder ein Elternteil des Chardonnays ist, ja, da rückt die Familie doch schon wieder ziemlich nah zusammen. Ist aber auch wirklich kompliziert. Ich muss nur sagen, wer regelmäßig Bei Anruf Wein hört, der weiß längst, dass die Verwandtschaftsverhältnisse der Reben nichts ist, was man jetzt mit menschlichen Maßstäben beurteilen sollte. Also ich sage jetzt mal Mutation, wilde Kreuzung, bewusst herbeigeführte Kreuzung naher Verwandter. Also die Weinreben, die sind eben sehr fruchtbar und sozusagen offen für alles. Und ja, das glaube ich, darf man dann wiederum so sagen.
Michael
00:04:41
Ach ja, aber Tobias, in diesen woken Zeiten, ich sage jetzt mal, alles geschenkt, ne?
Tobias
00:04:46
Jawoll.
Michael
00:04:46
Dabei kommt ja jetzt der Chardonnay zumindest aus klar geordneten Verhältnissen. Das heißt, wir können die Elternkreuzung nach entsprechender DNA-Analyse namentlich benennen. Ist ja auch nicht immer der Fall. Und Chardonnay ist also eine Kreuzung aus Gouais Blanc, im deutschen Sprachraum weißer Heunisch genannt.
Tobias
00:05:06
Ah, das habe ich schon mal gehört.
Michael
00:05:07
Und eben, wie von dir schon gesagt, Pinot Noir, also Spätburgunder. Und ich sage es jetzt für alle anderen an dieser Stelle explizit: Niemand muss sich schämen, wenn er von der Rebsorte weißer Heunisch jetzt gerade zum ersten Mal gehört hat.
Tobias
00:05:22
Tja, und ich Angeber habe gerade gesagt, dass ich schon mal davon gehört habe. Aber gut, wir lassen das jetzt einfach mal mit der Abstammungslehre. Das hilft jetzt sowieso nicht so wirklich weiter, denn wir wollen uns ja über die besonderen Qualitäten des Chardonnays unterhalten und darüber nachdenken. Und es geht außerdem darum, was die Rebsorte ins Glas zaubert, was sie kann, sozusagen, und weniger darum, wo sie herkommt und von wem sie abstammt. Komisch, woran erinnert mich das jetzt gerade?
Michael
00:05:53
Tobias, Politik wollten wir doch an dieser Stelle außen vor lassen. Bitte, bitte!
Tobias
00:05:58
Ja, das stimmt.
Michael
00:05:59
Aber pass auf, ich baue dir eine Brücke, ja? Wie wäre es, wenn du uns etwas über die weltumspannende Internationale des Chardonnay erzählst? Schließlich kennen wir die Rebsorte sowohl aus der Alten als auch der Neuen Weinwelt und in unterschiedlichen Stilistiken, das sicherlich, klar, ja. Aber nicht umsonst ist Chardonnay immerhin die zweitmeistangebaute weiße Rebsorte im weltweiten Maßstab, um das mal konkret zu machen. Also nehme die Rebfläche des Weinlands Deutschland mal 2, dann hast du in etwa, was der Chardonnay weltweit ausmacht. Also für Zahlenfreaks, wir reden über irgendetwas von 210.000 Hektar plus ein paar Hektar mehr oder weniger.
Tobias
00:06:44
Das ist schon echt ordentlich. Und jetzt fragen sich vielleicht einige ganz automatisch, Moment mal, was ist aber denn die meistangebaute weiße Rebsorte? Weil wir es ja gerade gesagt. Chardonnay ist nur die zweitmeistangebaute weiße Rebsorte - ah, was für ein Satz. Das müssen wir jetzt noch schnell verraten, so Angeberwissen-mäßig. Das ist nämlich die spanische Rebsorte Airén. Spricht man das aus? Airén oder Airén?
Michael
00:07:08
Airén, mhm.
Tobias
00:07:09
Genau, und die liegt noch vor Chardonnay. Das aber auch nur, das muss man direkt einschränkend dazu sagen, weil diese eher neutral schmeckende Rebsorte als Grundwein für die Destillation sehr beliebt ist, eben wegen dieser Geschmacksneutralität. Ja, und da kann man sich jetzt schon vorstellen, tolle Weine entstehen daraus eben nicht, weil so neutral im Geschmack ist jetzt nicht so die beste Werbung. Und ja, dieses „noch" vor Chardonnay in Sachen Rebfläche muss man außerdem dreimal unterstreichen, denn da habe ich auch mal in die Statistik geschaut. Die Rebfläche von Airén ist schon sehr, sehr lange sehr, sehr stark rückläufig. Aber gut, wir switchen mal zurück zum Chardonnay. Oder sagt man eigentlich Chardonnay? Also ich glaube, wir hatten jetzt schon gerade beides, aber auch das ist egal. Also Heimat Nummer 1 der Rebsorte ist nach wie vor das Mutterland Frankreich, wo Chardonnay natürlich im Burgund, aber auch beispielsweise im Languedoc und nicht zu vergessen auch in der Champagne eine unwahrscheinlich große Rolle spielt. Und ja, dann folgen mit den USA, hauptsächlich natürlich Kalifornien, aber auch Australien bereits neue Weinländer, wo Chardonnay ganz oben steht. Dann erst erscheint Italien und mit Chile nochmals eine Neue-Weinwelt-Destination in den Top 5. Ja, jetzt ist natürlich die Frage: Deutschland, hä? Keine Ahnung? Wo stehen wir denn da im Rebflächen-Ranking? Ja, weißt du das?
Michael
00:08:34
Nee, du, tut mir leid, muss ich auch passen. Aber ich habe zwar vorher noch mal in die Statistik des Deutschen Weininstituts geschaut, um zumindest die Zahlen, die aktuellen, für Deutschland zu haben. Und da heißt es, Chardonnay ist auf Platz 6 bei den weißen Rebsorten in Deutschland, das entspricht ein wenig mehr als 2.700 Hektar. Das ist jetzt nicht viel, ja, kann man so sagen. Aber immerhin das 10-fache des Wertes von 1995, als der Chardonnay erstmals im Deutschen Rebsortenspiegel auftaucht. Vorher gibt es hier noch gar nicht in der Statistik. Ja, und innerhalb unserer Anbaugebiete geben beim Chardonnay Rheinhessen und die Pfalz den Ton an. Und was man noch hervorheben muss: Die Rebsorte ist einfach im Kommen in Deutschland. Der prozentuale Zuwachs, der spricht für sich, und das seit Jahren. Wobei ich glaube, daran hat der Klimawandel sicherlich auch seinen Verdienst. Oder ist das übertrieben?
Tobias
00:09:36
Ne, ich glaube nicht, dass das übertrieben ist. Und ist ja auch mein Lieblingsthema. Also mal ganz sachlich gesprochen, Chardonnay zählt zu den Rebsorten, die eher spät reifen, also bei allem Cool Climate genügend Zeit und Wärme benötigen, um perfekt auszureifen, ohne dabei die wichtige Säure zu verlieren. Und ja, das mit dem Ausreifen, das hat halt früher in Deutschland noch nicht so gut funktioniert, denn Säure hat Chardonnay im Vergleich zu anderen weißen Rebsorten eher wenig. Und perfekt ausreifen heißt, am Ende ordentlich Fruchtaromen, aber auch ordentliche Struktur und Alkohol und natürlich auch reife Kerne, damit es keine Bitternoten gibt. Wir haben schon mal über phenolische Reife gesprochen. Und ja, das war vor 30 Jahren in Deutschland noch nicht so wirklich denkbar. Und mittlerweile gibt das Klima das her. Und ich sage mal, auch dieses ganze Thema Struktur, Alkohol, wie viel Säure ist da noch drin usw. hilft dann auch beim sozusagen stilistischen Unterscheiden von verschiedenen Chardonnays, wenn wir in Richtung Neuer Weinwelt und auch Alter Weinwelt blicken. Also ist so ein bisschen warme Weinregion gegen eben dieses Cool Climate. Das spiegelt der Chardonnay wunderbar wider.
Michael
00:10:45
Ja, du sprichst jetzt so beiläufig von Fruchtaromen und wir haben noch gar nichts zu den typischen Aromen eines Chardonnay gesagt.
Tobias
00:10:53
Ja, das ist richtig.
Michael
00:10:54
Also meine häufigste Assoziationen sind da reife Birnen, aber auch gelber Apfel und Sternfrucht. Das wird so allgemein der Rebsorte zugeschrieben, denke ich. Und wenn es sich so um richtig reife Exemplare aus der Sonne handelt, ja, also dieses Warm Climate, von dem wir gerade gesprochen haben, dann finden sich ja da auch eher so tropische Anklänge. Also so was wie Ananas, sage ich jetzt mal.
Tobias
00:11:18
Ananas ganz häufig, ja.
Michael
00:11:19
Und ja. War der Chardonnay im Holz, passiert ja auch gern mal im Burgund oder in Kalifornien, dann duftet er zudem nach Vanille, zumindest wenn er dann auch in neuen Barriquefässern gewesen ist.
Tobias
00:11:32
Ja, stimmt. Und dann muss man vielleicht auch noch mal so dazu sagen, beim Chardonnay wird gerne auch der biologische Säureabbau durchgeführt, zumindest teilweise. Hört sich jetzt erstmal so ein bisschen kompliziert an, aber das ist diese sogenannte malolaktische Gärung und bei der wird diese recht spitze Apfelsäure, oder Äpfelsäure heißt ja eigentlich, in Milchsäure umgewandelt und das ergibt dann so ein etwas cremigeres Mundgefühl und sogar tatsächlich auch so leicht buttrige Aromen. Also das wird bei Rotwein grundsätzlich gemacht, bei Weißwein aber halt eben selten, weil man ja eigentlich die Frische erhalten will. Aber dem Chardonnay steht das unwahrscheinlich gut. Wieder Stichwort Burgund, aber auch Kalifornien, da gibt es eben auch durchaus, ich sage jetzt mal, fettere Chardonnay, um jetzt bei den buttrigen Aromen zu bleiben. Und das mag ich manchmal auch richtig gerne. Insbesondere dann, wenn die Säure halt nicht ganz weg ist, sondern schon noch ein bisschen dasteht. Und ja, da kann man eigentlich so die ganze Bandbreite in Sachen Weißwein irgendwie erfahren. Wenn man sich dann irgendwie so ein Glas schlanken, sehr säurebetonten Riesling danebenstellt, das ist ein Gegenpol und aber beides wirklich richtig gut.
Michael
00:12:46
Ja, super. Ich glaube, da sind wir jetzt endlich auf der Spur des Chardonnay. Ja, also wir haben seine Aromatik beschrieben und die erwähnten Unterschiede beweisen das Potenzial der Rebsorte, in ganz unterschiedlichen Weinregionen richtig große Weine hervorzubringen. Ja, nicht nur wegen der unterschiedlichen Klimata und Lagen, sondern auch, weil er bei ganz verschiedenen Stilen der Weinerzeugung mitspielt. Ich sage das jetzt mal so technisch. Also es geht ja fruchtbetont und nur im Edelstahl ausgebaut, ja, also schlank, frisch, und es geht aber auch mit viel Zeit auf der Hefe und Reife im Holzfass. Also wir hatten das eben schon, das etwas Fettere. Und da muss man einfach sagen, Chardonnay, also der hat einfach beides drauf.
Tobias
00:13:33
Ja, das sehe ich absolut auch so. Vor allem auch, weil er, glaube ich, unterschiedliche Bodeneigenschaften sehr gut widerspiegelt. Und dann kann der Winzer so ein bisschen entscheiden, in welche Richtung geht er. Wenn er von einem sehr steinigen, mineralischen Boden kommt, wird er den wahrscheinlich eher nicht ins Holzfass packen. Zumindest wenn es ein Winzer ist, der mir gefällt. Und wenn man sowieso schon etwas fetteren, reichhaltigeren Untergrund hat, dann will man vielleicht daraus halt eben auch einen Chardonnay machen, der das zum Ausdruck bringt. Also insofern bin ich völlig bei dir. Es ist ein absoluter Alleskönner unter den weißen Rebsorten. Und ja, wir haben es jetzt schon mehrfach gesagt, ob lange Zeit auf der Hefe und und Bâtonnage, also auch noch mal dieses Aufrühren der Hefe, inklusive dann auch noch der Reife im Barrique, sprich Burgunder oder Slash-Kalifornien-Style mit Schmelz und spürbaren Tanninen, bis zum leichtfüßigeren Chardonnay, der explizit seine Frucht und Frische in den Vordergrund rückt. Und das durchaus hochklassig. Also denk nur, wir hatten ja schon Burgund, aber denk einfach mal an die dort gelegene Appellation Chablis. Das sind wirklich sehr, sehr säurebetonte, tolle Essensweine. Und ja, das zeigt wirklich das weite Spektrum von Geschmacksbildern. Und wie eben schon gesagt, der Stil des Weinmachens wird dann letztlich natürlich vom Winzer entschieden und das hat dann halt eben auch einen Rieseneinfluss auf den fertigen Wein. Und ja, ich glaube, diese Bandbreite, die haben einfach auch nicht alle Rebsorten zu bieten und erklärt für mich auf jeden Fall, warum Chardonnay eben weltweit so beliebt ist.
Michael
00:15:10
Ja, du hast es jetzt angesprochen. Burgund und Chablis, ich liebe Chablis. Aber da stellt sich ja immer dieselbe Frage: Wie weit will ich jetzt eigentlich mein Portemonnaie öffnen, um die Weine zu bezahlen? Deshalb lass uns doch mal über Alternativen an dieser Stelle nachdenken. Also mir fällt da tatsächlich das Languedoc ein, wo man auch viel Chardonnay findet und der für mich so ein bisschen zwischen Neuer Welt und dem traditionellen Burgund steht. Ja, so von der Stilistik. Wir haben bei weinfreunde.de im Shop einen Wein, den Jardin des Charmes, so heißt der ja aus dem Languedoc. Und genau gesagt, so glaube ich, Coteaux de Béziers heißt das Anbaugebiet. Aber egal, lass mal weg.
Tobias
00:15:53
Hat man noch nicht viel gehört, ne?
Michael
00:15:53
Was mir wichtig ist, also der setzt einfach auf Frucht und auf Frische, hat kein Holzfass gesehen, und ja, die Fruchtaromen, die sind schon so ein bisschen fülliger und wärmer als bei einem eher eleganten Chablis. Klar, ja. Und für mich geht er auch schon eher in Richtung Australien, wo es vergleichbare Weine gibt mit einem Touch weniger Frische und mehr gelbem Steinobst wie Pfirsich. Ja, das ist so das Prägende für mich.
Tobias
00:16:20
Ja, das ist ganz, ganz spannend, dieser Vergleich. Und Südfrankreich ist ja auch durchaus warm, deswegen kann ich die Parallele zu Australien nachvollziehen. Ich finde, deutsche Chardonnay stehen dann tatsächlich dem Burgund oder teilweise sogar dem Chablis noch ein Stück näher. Ja, also da würde ich jedem auch raten, sich einfach mal unterschiedliche Chardonnay nach Hause zu holen und mal so einen Selbstversuch zu machen. Aber ich muss jetzt noch mal sagen, ich glaube, das Thema auch mit den unterschiedlichen Stilistiken ist letztlich sogar noch ein bisschen komplexer. Und wenn man dann so eine Probe zu Hause vielleicht mit anderen Weinfreunden macht, dann lohnt es sich natürlich auch, einen Chardonnay aus Kalifornien dazu zu nehmen, unbedingt auch einen aus der österreichischen Steiermark. Kennen nicht sehr viele. Da heißt der Chardonnay übrigens Morillon, also hat auch da ein eigenes Synonym. Und ja, so lässt sich dann wirklich so diese Formel Klima mal Lage mal Weinstil dann wirklich extrem gut erfahren. Ja, und am Ende des Tages reichen dann natürlich auch Rebsorte und Region nicht mehr aus, sondern dann sollte man sich auch bei den entsprechenden Weinen informieren. Was ist das eigentlich für ein Weingut? Was ist das für ein Winzer? Was versucht er eigentlich auch für eine Philosophie auszudrücken?
Michael
00:17:35
Okay, also du meinst ausprobieren, ja? Heißt es dann am Ende.
Tobias
00:17:39
Ja, unbedingt!
Michael
00:17:40
Damit kann ich mich total anfreunden. Ja, ist ein super Weg, dem Chardonnay auf die Schliche zu kommen. Und jetzt an dieser Stelle mal, ich bin da seit Jahren auch ganz aufrichtig bemüht und ernsthaft bei der Sache und probiere mich da durch. Nee, aber jetzt mal Spaß beiseite. Du musst doch zugeben, dass Chardonnay in den meisten Fällen fülliger daherkommt als beispielsweise ein Riesling. Und so ein bisschen Generalisierung ist ja jetzt vielleicht auch an dieser Stelle möglich, ja?
Tobias
00:18:09
Ja, ja, das stimmt.
Michael
00:18:10
Okay, aber du hast es gerade ja schon angesprochen und ich will noch mal darauf zurückkommen. Was hältst du denn jetzt eigentlich von Chardonnay aus Deutschland? Also Pfalz, Rheinhessen vornehmlich. Darüber haben wir ja schon gerade gesprochen. Monsieur Weinlakai, leg mal los!
Tobias
00:18:25
Ja, puh. Wo soll ich da überhaupt anfangen? Wir haben ja vorhin schon was zu der Rebfläche gesagt. Das ist nicht viel, aber es ist halt eben auch nicht wenig. Da lässt sich durchaus in Deutschland auch was entdecken. Ja, also ich sage mal so, wir können direkt einen Stopp machen bei Friedrich Becker in Schweigen in der Pfalz, da waren wir ja zu Besuch, und der widmet sich Chardonnay aus voller Überzeugung, genauso wie dem Weißburgunder im Übrigen. Und der macht einen Chardonnay, der wirklich von so burgundischer Finesse gekennzeichnet ist und hat dafür auch super Voraussetzungen. Kalkgeprägte Böden und dann weiß er auch genau, wie er mit dem Wein im Keller arbeitet. Ja, also wenn man sich da jetzt direkt so am obersten Regal in Deutschland orientieren will, dann kann man mal dem Weingut Friedrich Becker einen Besuch abstatten. Und wenn es nur im weinfreunde.de-Shop ist. Aber ganz ehrlich, so muss man es ja nicht machen. Man kann ja auch mit unkomplizierten Weinen anfangen, die dann so ein bisschen auch die Fruchtaromen, also die typische Frucht Stilistik von Chardonnay auch vorführt, und da darf dann ein bisschen Frische drin sein und ja, einfach so eine trinkfreudige Version von einem Chardonnay ist vielleicht sogar der bessere Weg, die Rebsorte überhaupt erst mal kennenzulernen.
Michael
00:19:42
Ja, kann ich nur unterstreichen und vor allen Dingen: macht ja Spaß. Und bei dieser Art Chardonnay denke ich sofort an unseren Besuch bei Georg Fogt in Rheinhessen. Ja, der macht nämlich genau so einen Chardonnay und da kann man prima mit einsteigen. Aber nun gut, ich wollte ja gar nicht unterbrechen. Also noch einmal jetzt ganz konkret für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, Daumen hoch für Chardonnay Deutschland, richtig?
Tobias
00:20:06
Ja, auf jeden Fall. Und vielleicht müssen wir das jetzt noch mal unterstreichen. Wenn man noch nicht so Erfahrung hat mit der Rebsorte oder sie jetzt nach dieser Folge noch näher kennenlernen möchte, fangt doch ruhig mal im eigenen Land an. Da gibt es einfach genügend wirklich tolle Sachen zu entdecken und da kann man sich auch sozusagen auch nach oben trinken, denn mittlerweile gibt es eben auch Erste Lagen und Große Lagen nach VDP-Statuten, in denen Chardonnay angebaut werden darf. Also sprich, es gibt auch Chardonnay Großes Gewächs oder eben Erstes Gewächs, denn, wir haben ja immerhin so eine 30-jährige Historie mit der Rebsorte in Deutschland, und logischerweise hat sich da auch so jemand wie der VDP mittlerweile bewegt und anerkannt, dass die Rebsorte hier wirklich richtig gut funktioniert, sage ich jetzt mal so ganz flapsig. Und da geht auch noch was und da wird auch noch mehr kommen, da bin ich mir ganz sicher. Da können wir ganz bequem drauf warten.
Michael
00:21:07
Okay, Klimawandel hin, Klimawandel her. Ich habe gedacht, dein Stichwort, aber pass auf, jetzt haben wir ja schon diese große Vielfalt von Chardonnay angesprochen. Auch die große Auswahl bei der Herkunft, bei der Heimat des Weins. Neue Welt, Alte Welt, das sollte man doch jetzt glauben, Chardonnayweine kann man nur mögen. Also jeder seinen Stil, aber Chardonnay kann man wirklich nur mögen. Aber es gibt ja noch die ABC-Trinker oder ABC Drinker, ja, also Weinliebhaber, die anything but Chardonnay, also alles außer Chardonnay in ihr Glas lassen. Finde ich jetzt etwas mutwillig, geradezu uneinsichtig, oder wie siehst du das?
Tobias
00:21:51
Ja, ja, ja klar, das kenne ich natürlich auch diese Bezeichnung. Aber man muss das jetzt in den richtigen Zusammenhang bringen. Das ist sozusagen so eine Art ABC-Diss, ja, und der bezieht sich eigentlich auf so eine ganz bestimmte Art von Chardonnay, die insbesondere so in den 1980er-Jahren in den USA in Mode gekommen ist. Und dabei handelt es sich eben um Weine mit sehr deutlicher Neuholzprägung. Also dieses ganze Thema mit diesen Holzchips, ja, das wurde auch immer in Zusammenhang mit diesen kalifornischen Chardonnays gebracht. Und da stehen eben sehr stark Vanille- und Karamelltöne irgendwie im Vordergrund, die überdecken die ganze Aromatik. Und ja, die waren zwar sehr schön cremig und aromatisch im Mund, blieben dann aber letztlich total eindimensional, gerade wenn man dann jetzt an so einen Rieslingtrinker denkt, der muss so Weine einfach nur langweilig finden. Die hatten eben überhaupt keine Säure mehr, null Spannung, keine Frische und dann auch häufig noch irgendwie sehr viel Alkohol. Das ist aber jetzt schon 40 Jahre her und hat klar so ein bisschen auch das Image der kalifornischen Chardonnays beschädigt. Aber das muss man jetzt auch noch mal ganz klar sagen: Heute gehören kalifornische Chardonnays nicht selten zu dem Besten, was die Rebsorte überhaupt zu bieten hat. Die haben einfach eine superlange Erfahrung mit der Rebsorte und sie passt eben auch klimatisch dort super hin. Denk nur mal an Napa Valley. Also da gibt es Chardonnays, die sind wirklich zum Niederknien, teilweise auch absolute Kultweine, die sich dann nicht nur in Sachen Qualität, sondern auch in Sachen Preis kaum vom Burgund noch unterscheiden.
Michael
00:23:37
Ah ja, da war es wieder mit dem Portemonnaie, die Sache. Ja okay, pass auf, aber der Zusammenhang zwischen ABC-Trinkern und Chardonnay Moms kommt mir jetzt nur ganz zufällig in den Sinn, oder? Okay, pass auf, das muss man ja an dieser Stelle noch mal betonen, müssten diese konsequenten ABC-Trinker auch die Finger vom Champagner lassen?
Tobias
00:24:00
Ja, das stimmt.
Michael
00:24:01
Denn ohne Chardonnay, jetzt als Blanc de Blancs bei den weißen Champagnern oder als Teil einer Assemblage für einen Rosé-Champagner, ohne Chardonnay sind diese Schaumweine gar nicht denkbar. Und da sage ich dann nur zu den ABC-Trinkern: ja, selber schuld.
Tobias
00:24:18
Ja, absolut. Also das mit dem Champagner ist ein guter Punkt. Im Übrigen nicht nur bei Blanc de Blancs oder Rosé-Champagner, sondern auch, sage ich mal, die ganz klassische Cuvée eines Champagners ist immer Chardonnay, Pinot Noir, Pinot Meunier. Ist also absolut nicht wegzudenken. Aber es gilt ja so oder so, jede oder jeder nach seiner ganz eigenen Wein-Fasson, kann jeder glücklich werden. Gerade das ist ja auch das, sage ich mal, Inspirierende und Faszinierende an der großen, weiten Weinwelt. Es gibt so viel Gutes, dass man sich erst gar nicht streiten sollte, was jetzt das Beste ist. Wie gesagt, die Geschmäcker sind verschieden. Aber Wein hält eigentlich immer eine Antwort parat. Und selbst, wenn es der holzgeschwängerte Chardonnay ohne Säure ist.
Michael
00:25:04
Okay, also ich sage jetzt einfach mal: Weintrinker aller Länder, vereinigt euch. Oder so ähnlich zumindest.
Tobias
00:25:10
Oder auch nicht, ja.
Michael
00:25:12
Ja. Noch einmal kurz zurück zum Thema. Über die Rebsorte Chardonnay haben wir jetzt doch eigentlich das Wichtigste zusammengetragen, oder? Fällt dir, lieber Tobias, an dieser Stelle wie immer noch etwas ein, das unbedingt im Podcast Erwähnung finden sollte?
Tobias
00:25:28
Ja, weiß ich nicht. Also klar könnten wir jetzt noch eine Stunde weitersprechen über Chardonnay. Also wir haben jetzt sehr wenig bis gar nichts über Chardonnay aus Australien erzählt und beim kalifornischen Chardonnay hatte ich jetzt noch so ein bisschen Ehrrettung versucht. Aber auch in Südamerika gibt es ja ganz, ganz tolle Sachen. In Chile oder auch was beispielsweise in Patagonien entsteht mit Chardonnay, aber auch Pinot. Hui, das ist wirklich super. Aber ich bin jetzt völlig fein damit, was wir zusammengetragen haben und vielleicht jetzt zum Schluss, wie gewohnt, einfach noch mal eine kleine Zusammenfassung. Fang doch mal an, Michael.
Michael
00:26:08
Einen Moment noch, bitte. Einen Moment noch. Also, dieses Mal möchte ich...
Tobias
00:26:11
Was, jetzt du?
Michael
00:26:12
...nämlich etwas ergänzen, ja?
Tobias
00:26:13
Oh nein.
Michael
00:26:14
Nichts zum Chardonnay, das ist ja mal dein Job, sondern etwas zum Podcast. Ganz herzlich grüßen möchte ich nämlich die liebe Kerstin - sie weiß schon, dass sie jetzt gemeint ist -, um ihr noch ein Dankeschön zu sagen für das große Lob auf Insta. Also das ging bei mir runter wie ein spannungsvoller Chablis mit ganz viel Zug. Danke, Danke.
Tobias
00:26:36
Oh ja, auch vielen Dank von meiner Seite. Sie hat ein Foto gepostet aus ihrem Auto, und zwar von dem Display, auf dem gerade eine Folge von Bei Anruf Wein läuft und hat das mit einem großen Lob verbunden. Das ist wirklich super. Ja, und ihr dürft alle Kerstin nacheifern, das wäre sogar sehr, sehr freundlich, und Bei Anruf Wein zumindest Likes und gute Bewertungen auf den entsprechenden Plattformen hinterlassen. Das wäre einfach allerliebst von euch. Ja, aber jetzt mal endlich zu unseren Chardonnay-Merkpunkten zum Schluss. Ah, siehst du? Und jetzt habe ich auch mal Chardonnay gesagt, Aber legst du jetzt mal los, Michael.
Michael
00:27:12
Ja, das kriegen wir heute nicht mehr hin. Also gern, Chardonnay - besser, ja? - ist die weltweit zweitmeistangebaute weiße Rebsorte und sowohl in der Alten wie der Neuen Weinwelt zu finden.
Tobias
00:27:25
Ja, und Chardonnay übersetzt Lage und Klima besonders gut und ist darüber für ganz unterschiedliche Stile der Weinerzeugung geeignet. Von fruchtig-frisch bis im Holz ausgebaut und lange gereift.
Michael
00:27:37
Das Mutterland ist Frankreich mit dem Burgund, der Champagne, aber auch dem Languedoc. Und Chardonnay aus dem kalifornischen Napa Valley ist für viele Kult. Doch auch in Deutschland zählt der Chardonnay zu den Aufsteigern unter den weißen Rebsorten.
Tobias
00:27:52
In Deutschland tun sich insbesondere die Pfalz und Rheinhessen in Sachen Chardonnay hervor. Und auch bei uns finden sich Chardonnay in unterschiedlicher Ausprägung.
Michael
00:28:01
Wunderbar. Also jetzt darf ich mich wieder freuen, bis es wieder heißt und so, sind wir an der Stelle?
Tobias
00:28:06
Ja, ja. Tu dir keinen Zwang an und lass deiner Freude freien Lauf, sage ich mal.
Michael
00:28:11
Okay. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich freue mich ungeheuer, wenn es schon bald wieder heißt.
Tobias
00:28:20
Bei Anruf.
Michael
00:28:21
Wein.
Tobias
00:28:25
Ja.