Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Der VDP: Club der besten Weingüter?

02.11.2021 25 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wenn Tobias wie ein Immobilienmakler nur an Lage, Lage, Lage denkt, und Michael sich ganz ehrfürchtig gibt, wird es ernst „Bei Anruf Wein“. Immerhin sprechen die beiden in dieser Folge über den Verband Deutscher Prädikatsweingüter, den Gralshüter der heimischen Weinkultur und exklusivem Club einiger der besten Weingüter der Nation. Eine Folge über lange Namen auf dem Etikett, die vier Qualitätsstufen des VDP und französische Vorbilder, die den Puls höher schlagen lassen.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:10
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter, kurz VDP genannt, ist ein renommierter Zusammenschluss von deutschen Weingütern, darunter einige der allerbesten des Landes. Heute möchten euch Michael und ich den VDP etwas näher vorstellen, erläutern, ob die Weine mit dem Traubenadler tatsächlich besser sind als die ohne, und wie man die unterschiedlichen Qualitätsstufen schon auf den ersten Blick erkennen kann. Außerdem klären wir die Frage, was der VDP eigentlich mit den französischen Bezeichnungen Premier Cru und Grand Cru zu tun hat. Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:00:58
Tag auch, Herr Weinlakai.
Tobias
00:01:00
Guten Tag.
Michael
00:01:01
Wusstest du eigentlich, dass wir gerade jetzt 16 Folgen alt werden?
Tobias
00:01:06
16 Folgen? Wow. Ja, stimmt, hast recht. Ja, das ist ja wirklich schnell gegangen. Aber was ist jetzt an so einer Zahl 16 so besonders? Da haben wir irgendwie das eigentliche Jubiläum schon verpasst. Weil von dir hätte ich ja irgendwie so eine Schnapszahl erwartet.
Michael
00:01:22
Na klar, immer in dieselbe Ecke. Nee, mal im Ernst: Ab 16 Jahren darf man in Deutschland ja Wein ganz legal käuflich erwerben und öffentlich konsumieren. Kurzum, jetzt aus unserer Perspektive gedacht: Das ist der Anfang aller Dinge. Ohne Wein kaufen gibt es kein Wein genießen, es gibt keine Weinfreunde, kein Bei Anruf Wein, kein Tobias und kein Michael.
Tobias
00:01:46
UiuiuiUiui, jetzt bist du aber ganz schön melodramatisch gestimmt. Was ist denn los mit dir?
Michael
00:01:52
Ja, nicht melodramatisch, aber ehrfürchtig. Denn wir reden doch heute über den VDP, den Verband Deutscher Prädikatsweingüter, quasi den Gralshüter deutscher Weinkultur. Zumindest, wenn man dem Selbstverständnis des Verbandes folgt.
Tobias
00:02:09
Ja, aber ich glaube, so habe ich das auf deren Website noch nie gelesen. Ja, verstehe aber natürlich, was du meinst. Also könnte auch sagen: Traubenadler lügen nicht. Und du kannst auch nicht bestreiten, dass mit dem VDP-Emblem ein echter Qualitätsnachweis verbunden ist. Das gilt sowohl im Ausland als auch, denke ich mal, schon bei vielen Weinfreunden hier in Deutschland.
Michael
00:02:31
Ja, ich glaube ja manchmal, Es liegt auch ein wenig daran, dass man mit den klassischen Qualitätsstufen deutscher Art, also dieser ganzen Oechslegrad-Orgie, über die wir ja schon gesprochen haben, so seine liebe Mühe hat, ja es einfach zu verstehen. Dagegen ist diese 4-stufige Qualitätspyramide, 4 Stufen des VDP, schnell zu verstehen. Und sie ist auch noch nahe dran an den großen namhaften Beispielen aus dem Burgund und aus dem Bordelais. Also bei allem Respekt jetzt gegenüber einem Kabinett oder einer Auslese.
Tobias
00:03:03
Ja, ja, und das fällt ja auch trotz VDP nicht weg. Aber das ist schon richtig, das bringt so ein bisschen, ja, eine klarere Ordnung rein und dadurch eben auch für Weinfreunde irgendwie ein klareres Verständnis, was man eigentlich erwarten kann. Und das ist das große Verdienst des VDP, absolut. Denn er hat es eigentlich vollbracht, dass die genaue Lage, die Herkunft des Weines zu einer Qualitätsaussage wird. Und das ist dann wirklich wie im Burgund oder auch im Bordeaux. Und die Bezeichnung der VDP-Weine, die erinnern dann auch teils wortwörtlich daran. Erste Lage, Premier Cru, Große Lage, Grand Cru. Ja, da klingelt es doch, oder?
Michael
00:03:44
Ja, ding-dong, ding-dong. Und man nennt es ja auch das romanische Prinzip, weil es eigentlich in allen Ländern diese Herkunft so vorgegeben ist als das eigentliche Qualitätsmerkmal. Aber jetzt noch mal hier.
Tobias
00:03:55
Nicht einfach irgendwie der Zucker und der Oechslegrad. Genau. Entschuldigung.
Michael
00:04:00
Aber jetzt noch mal systematischer werden, bitte hier. Ja, also zurück zu unseren 4 Ding-Dong Ding-Dong Qualitätsstufen. Also der VDP kennt den Gutswein, Ortswein, Erste Lage und Große Lage, respektive Großes Gewächs. Wenn wir jetzt Quartett spielen würden, so wie früher auf der Straße Kinderzeiten, da hat man ja immer so verschiedene Kategorien und Kennziffern abgefragt. Was wären denn jetzt hier bei diesen 4 Qualitätsstufen die Kennziffern, die mir helfen zu unterscheide, was ist gut, was ist schlecht?
Tobias
00:04:30
Ja, das hört sich natürlich jetzt erst mal ein bisschen technisch an, wenn du die Frage stellst. Aber wir lassen das jetzt erst mal mit der Lage außen vor, denn es gibt beispielsweise auch Unterschiede im Ertrag. Das ist ja auch immer so ein Qualitätskriterium. Bei einer großen Lage dürfen es maximal 50 Hektoliter pro Hektar sein, die daraus entstehen. Ja, das ist relativ wenig. Das heißt, da muss wirklich hochqualitatives Lesegut zum Einsatz kommen. Und bei der Ersten Lage sind es dann noch 60 Hektoliter, beim Ortswein immerhin auch nur 75 Hektoliter Most pro Hektar Rebfläche. Ja, also das sind wirklich jetzt noch mal Sachen, das ist völlig unabhängig von irgendeiner Herkunft oder Lage. Hier geht es ganz klar um Mengenbeschränkungen. Und ich glaube, das ist ja gerade in einem Weinland wie Deutschland eine sehr gute Sache, weil da haben wir nicht so eine gute Vergangenheit, was so die Qualität gegen Quantität angeht.
Michael
00:05:26
Ja, aber jetzt noch mal zurück: Wie hast du es so schön gesagt? 75 Hektoliter Most pro Hektar Rebfläche für den Ortswein. Also ich finde jetzt, das hört sich technisch an und nicht das, was ich gesagt habe. Denn übersetzen wir das Ganze doch mal jetzt, ne? Also je besser die Lage, desto weniger Ertrag, desto rarer ist natürlich dann auch der Wein, aber desto besser und konzentrierter und gesünder eben auch das Traubengut. So, jetzt ist aber noch zu ergänzen, dass der VDP dann auch bestimmte Rebsorten nur zulässt bzw. die quasi vorschreibt. Dann fällt mir noch ein, der VDP regelt aber auch so was wie die Lese per Hand als verpflichtend. Sprich, auch da wird noch mal im Detail auf Qualität geachtet. Jetzt kommen wir doch zu den Lagen, oder habe ich was vergessen?
Tobias
00:06:17
Ja, nein, absolut. Können wir jetzt gerne drüber sprechen. Ich finde das noch mal gut, was du gesagt hast. Dass nur für die Region typische Rebsorten eingesetzt werden. Also darauf achten ja andere Weinverbände ja eigentlich in der ganzen Welt auch, dass eben auch so diese Typizität der Region, des Anbaugebiets auch über die vielen Jahre und Jahrzehnte nicht verlorengehen. Aber wie gesagt, das Entscheidende sind wirklich die Lagen. Und da hat man sich beim VDP und seinen Regionalverbänden natürlich auch ordentlich was ausgedacht. Da steckt viel Arbeit und auch Akkuratesse dahinter, aber auch natürlich der Blick auf ganz alte, historische Lagenkarten. Denn wo früher schon guter Wein entstand, da entsteht heute natürlich auch noch wirklich guter Wein. Denn so viel muss ja allen Zuhörerinnen und Zuhörern klar sein, aus dieser Denke kommt der Weinbau, der traditionell immer auf Qualität setzte. Er ist dann eigentlich wie bei so einem Immobilienkauf. Alles, was zählt, ist Lage, Lage, Lage.
Michael
00:07:20
Uiuiuiui der Tobias als Immobilienmakler. Also da muss ich jetzt irgendwie meine Fantasie noch ein wenig anstacheln. Aber vielleicht übersetzen wir jetzt doch mal dieses abstrakte Wort Lage. Was heißt das eigentlich, Lage? Also zum einen, glaube ich, definiert sie sich natürlich durch einen besonders guten, für den Weinbau guten Boden. Aber dann gibt es ja auch so was wie die Ausrichtung der Rebflächen zur Sonne, kriegen sie mehr oder weniger Sonne ab. Oder es gibt auch so was wie Landschaftsmerkmale, die vor kalten Winden schützen. Ich denke da an Berge. Oder es gibt ja sogar Flüsse, die sogar die Temperatur noch mal modifizieren oder moderieren. Bei Lage spielt also das Zauberwort Mikroklima auch wieder eine große Rolle.
Tobias
00:08:06
Ja, total. Also was du gerade sagstest. Weinlagen in der Nähe von einem Fluss, das ist überall zu finden, weil dieser Fluss, wie gerade von dir ja schon angerissen, temperaturausgleichend wirkt. Das heißt, durch den Fluss wird es im Sommer nicht zu heiß, aber halt eben auch im Winter nicht zu kalt. Es wirkt teilweise sogar frostvermeidend. Von daher alles richtig. Umso mehr interessiert jetzt doch, was man zu diesen 4 Qualitätsstufen des VDP eigentlich sagen kann. Beginnen wir doch mal mit dem Einstieg, der Basis. Und du bist ja hier unser Basisdemokrat, deswegen fang doch mal an.
Michael
00:08:43
Ah ja, ja, ja, die Basisarbeit. Okay, fangen wir an! Also, beim VDP-Gutswein, Stufe 1 der Qualitätspyramide, da steht jetzt dieser Lagencharakter, über den wir gesprochen haben, noch gar nicht so im Vordergrund. Das sind letztendlich Lagen, die sämtlich im Besitz des Weinguts sind. Das ist die Definition.
Tobias
00:09:02
Jawoll.
Michael
00:09:03
Also die verarbeiten kein Traubenmaterial von anderen Erzeugern, es gibt nur den eigenen Stoff. Das ist dann beim VDP-Ortswein schon etwas anders. Da geht es um Lagen, die typisch sind für diese Ortschaft, für die Gemeinde, in der das Weingut sitzt. Da kommen dann auch wieder die Karten ins Spiel. Da geht es nämlich um diese streng festgelegten Ortsgemarkungen, von denen man da spricht.
Tobias
00:09:27
Ja, genau. Also man kann dann eigentlich sagen, VDP-Gutswein drückt vor allem die Stilistik, den Charakter des Weinguts aus. Und Ortswein ist dann schon ein bisschen näher auch an der Charakteristik beispielsweise des Bodens in halt eben einer spezifischen Ortsgemarkung. Wenn ich das jetzt mal so fortsetze mit der VDP Ersten Lage, dann ist das jetzt schon wirklich eine, ja, eine spezifische, klar definierte Weinlage, die eben so eine hohe Güte, so ein gutes Mikroklima, so einen hervorragenden Boden aufweist, dass sie eben vom VDP als Erste Lage auch klassifiziert wurde. Und da sollte man dann auch schon in den Weinen, ja, so eine gewisse Eigenheit und Güte eben auch spüren. So, eigentlich dem gleichen Prinzip folgend kommt dann noch darüber die VDP Große Lage, nur dass das dann noch mal wirklich die Crème de la Crème der deutschen Weinlagen sind, was Ausrichtung angeht, was Boden angeht etc. Das ist dann wirklich das Beste, was sich in deutschen Anbaugebieten finden lässt. Und da gibt es auch wirklich große Fans von Weinen aus ganz spezifischen Großen Lagen, weil die einfach einen ganz eigenen Charakter herüberbringen.
Michael
00:10:47
Okay, jetzt habe ich verstanden, es wird immer spezifischer und es wird immer besser, wenn man sich der Spitze nähert. Was lese ich aber auf dem Etikett? Wie übersetzt sich das auf dem Etikett?
Tobias
00:10:56
Oh ja, das ist ja tatsächlich so ein Ding. Das Lesen von deutschen Weinetiketten ist eine große Herausforderung. Im Ausland natürlich noch viel mehr als bei uns. Aber wir nähern uns der Sache jetzt erst mal so. Auf jeder Flasche eines VDP-Weinguts findet sich der Traubenadler, und zwar am Flaschenhals, meistens ist er auf der Kapsel aufgebracht. Und ja, da findet man eben dieses etwas aus der Zeit gefallene Flattertier, das bei mir eigentlich so ein bisschen komische Assoziationen auslöst.
Michael
00:11:29
Ja, aber es ist ja mittlerweile schon besser geworden, das sei ja noch, ich sage jetzt mal etwas altertümlicher zuvor aus.
Tobias
00:11:36
Aber egal. Jetzt gebe ich dir erst mal die volle Dröhnung in Sachen Etikettenkunde.
Michael
00:11:40
Ja, bitte, leg los!
Tobias
00:11:41
Ja, bei einem guten Wein ist es noch total einfach, weil da finde ich auf dem Etikett meist einfach Rebsorte, Geschmack und Jahrgang. Also zum Beispiel Grauburgunder trocken 2020. Ja, der Zusatz Gutswein, den finde ich meistens sogar erst auf dem Rückenetikett. Aber ich weiß ja schon allein durch den Traubenadler, dass es ein VDP-Wein ist. So ein Ortswein könnte dann beispielsweise heißen: Ihringer Spätburgunder trocken 2016, weil er eben behaupten darf, aus dem Weinort Ihringen im schönen Kaiserstuhl zu kommen. Ja, du erinnerst dich ja sowieso auch an so was wie ein Villages-Wein an der Côtes du Rhône von uns ja auch liebgewonnen. Und da gibt es ja dann auch noch mal die, die dann auch noch die Ortsbezeichnungen mit auf dem Etikett führen dürfen. Ja, das ist total vergleichbar jetzt mit so einem VDP-Ortswein. So, eine Erste Lage, die stammt ja, wie wir gerade schon gehört haben, aus einer konkreten Einzellage, die vom VDP auch als Erste Lage eingestuft wurde. Dann nehmen wir mal Würzburger Stein Silvaner Erste Lage trocken, weiß ich, 2019. Dabei ist eben Würzburger Stein eine Erste Lage. Das ist so klassifiziert und das ist auch eine tolle Lage direkt oberhalb des Mains gelegen, eben bei Würzburg. Und dann kommen eben die noch meist etwas kleineren und vor allem besseren Lagen als die Spitze der Qualitätspyramide, zum Beispiel der Kanzemer Altenberg Große Lage Riesling Auslese 2018. Ja, da verstehst du jetzt, was die Schwierigkeit dann auch gerade von Nicht-Deutschsprechenden irgendwie bedeutet. Aber es lässt sich relativ einfach dechiffrieren. Also der Ort Kanzem, die Lage Altenberg, ja, die Einstufung des VDP als Große Lage, dann die Rebsorte natürlich und in dem Fall noch die klassische Qualitätsstufe des Prädikatsweines Auslese. Und der Jahrgang natürlich auch. Ist doch eigentlich klar, oder?
Michael
00:13:52
Ja, ja, wenn man das so erklärt bekommt, alles schön und gut. Mich erinnert das so ein bisschen an meinen alten Lateinunterricht in der Schule, als man vor einem Satz saß und von hinten anfangen musste, um zu verstehen, was vorne beginnt. Aber egal, Du hast jetzt eben aber eine süße Große Lage vorgestellt. Es ging ja um eine Auslese. Aber aus einer Großen Lage stammen doch auch die Großen Gewächse.
Tobias
00:14:15
Ja, das ist ein superwichtiger Punkt, denn da habe ich mich am Anfang auch ziemlich schwer mit getan, dass jetzt endlich mal zu verstehen. Aber das Große Gewächs, auch GG genannt, ist einfach ein Wein aus Großer Lage, der immer trocken ausgebaut werden muss. Also das heißt, diese ganzen Riesling GGs, die Riesling Große Gewächse, sind alles trockene Weine. Und das gilt im Übrigen auch für trockene Weine aus Erster Lage, die heißen dann sozusagen Erstes Gewächs und man erkennt das immer ganz gut. Da gibt es nämlich ein spezielles Relief noch mal für die Flasche. Bei den GGs sind das eben zwei „G"s, die man dann oben sieht, und bei den Weinen aus Erster Lage, die trocken ausgebaut sind, ist es 1 mit einem G. Ja, und wir hatten es ja vorhin auch schon Premier Cru, Grand Cru, Erstes Gewächs, Großes Gewächs, da sind wir genau auf dieser Spur unterwegs.
Michael
00:15:15
Ja, und ich höre schon, dein Pulsschlag steigt, wenn die Begriffe dann fallen.
Tobias
00:15:21
Ja, das ist eine Kategorie, da wird es schon spannend.
Michael
00:15:24
Denke ich nämlich auch. Aber fangen wir jetzt noch mal mit der Systematik an oder mit der Historie. Diese Qualitätspyramide, diese Einteilung in Gutswein, Ortswein, Erste Lage und Große Lage gibt es eigentlich in dieser Form erst seit 2012, also noch gar nicht so lange her. Was man aber wissen muss, der Weg dahin, der hat sehr lange gedauert. Der Anfang, der Start sozusagen, ist das berühmte VDP-Manifest aus dem Jahr 1996. Und dann braucht man halt noch mal 16 Jahre, bis man endlich da ist, wo man hin will. Was man aber auch dazusagen muss, das ist jetzt auch nicht in Stein gemeißelt. Es gibt ja Veränderungen bis heute. Wie war das noch mit dem VDP-Wein aus Ersten Lagen? Was sagt mir jetzt dieser Begriff?
Tobias
00:16:13
Oh, du bist ja echt ein VDP-Kezter. Ich hatte es ja schon befürchtet, dass die Frage kommt, denn hier wird es wirklich kompliziert. Dieser neue Begriff, aus Ersten Lagen, der, glaube ich, noch nicht mal in allen Regionalverbänden des VDP überhaupt Anwendung findet, der gibt die Möglichkeit, dass man aus mehreren unterschiedlichen Ersten Lagen, und sogar ich meine auch aus Großen Lagen, Trauben erntet und die dann zu einem Wein macht. Das ging zu vorher nicht, das musst du dann als VDP-Ortswein klassifiziert werden, obgleich eben die Trauben aus diesen besseren Lagen stammten. Das darf man jetzt machen. Ich glaube, an der Mosel darf man es auf jeden Fall. Und ich finde das eigentlich gar nicht so schlecht, wenn es denn halt eben nicht schon wieder die Komplexität für den Konsumenten ja so ein bisschen erhöhen würde.
Michael
00:17:03
Ja, ja, aber das mit dem Ketzer fand ich jetzt nicht fair. Also du weißt, wie sehr mich Philipp Wittmann da überzeugt hat bei unserem Besuch, und auch unsere Riesling-Episode mit Roman Niewodniczanski von Van Volxem hat mich total abgeholt. Das sind ja nun alles VDP-Weingüter, die im Podcast schon zu hören waren. Und ich möchte jetzt mal über unsere Erkundungen, unsere gemeinsamen Erkundungen im Glas gar nicht sprechen. Da weißt du, da hat es den einen oder anderen Sturm der Begeisterung bei mir gegeben.
Tobias
00:17:33
Ja.
Michael
00:17:34
Und überhaupt, selbst das deutsche Weingesetz besinnt sich ja mittlerweile wieder auf den Begriff der Lage und gibt ja somit dem VDP, ich sage jetzt mal, zurecht recht.
Tobias
00:17:46
Ja, also dafür hat der VDP ja wirklich jahrelang gekämpft. Das dauert zwar jetzt, glaube ich, noch ein paar Jahre, bis das zur Umsetzung kommt, aber das ist wirklich eine klasse Sache, damit wir jetzt eben der Herkunft mehr Respekt zollen. Ja, es gäbe ja, glaube ich, noch sehr viel über den VDP zu sagen. Zum Beispiel vermisse ich, dass du noch überhaupt nichts zur Geschichte erzählt hast. Was ist denn da los?
Michael
00:18:09
Langsam. Ich, ich bin vorbereitet. Ich bin vorbereitet. Ich, ich kann da jetzt so einen kleinen historischen Werdegang liefern vom lieben VDP, der ja eigentlich in den Anfängen Verband Deutscher Naturweinversteigerer hieß. Dann kommt aber das deutsche Weingesetz von 1971 und da wird dann der Begriff Naturwein verboten und man brauchte dann einfach einen neuen Namen. Und so ist dann mit einem Zwischenschritt eigentlich der VDP entstanden. Das kann ich ein bisschen mehr ausführen. Oder relativ aktuell, es gibt ja neue Klassifikationen zu Sekt, den VDP-Sekt und den VDP-Sekt Prestige.
Tobias
00:18:45
Ja, aber mal ganz ehrlich, du kommst ja jetzt hier in einen richtigen Redefluss, aber das zeigt mir eigentlich, da müssen wir noch mal eine separate Folge drüber machen, weil so was wie Naturweinversteigerer. Das hat mich jetzt schon wieder auf die Idee gebracht, der VDP macht ja auch Jahr für Jahr Versteigerungen, beispielsweise im Kloster Eberbach, mit ganz besonderen Flaschen von VDP-Mitgliedern. Teilweise ganz alte Jahrgänge, aber auch teilweise sehr aktuelle, wo Tausende von Euros auch über die Ladentheke oder die Auktionstheke quasi gehen. Und was du auch gesagt hast mit dem Sekt, VDP-Sekt, VDP-Sekt Prestige, eigentlich ein für mich schon überfälliger Schritt, auch das zu klassifizieren.
Michael
00:19:25
Allerdings, ja.
Tobias
00:19:26
Immerhin sind wir ja in Deutschland nach wie vor Schaumwein-Weltmeister, was den Konsum angeht. Aber ja, andere Folge. Ich habe allerdings trotzdem noch eine Frage, und zwar: Wie werde ich eigentlich VDP-Mitglied? Also jetzt nicht ich persönlich, aber wie funktioniert das denn als Weingut?
Michael
00:19:47
Das fände ich aber toll, wenn du VDP-Mitglied wärst. Dann würde ich dich immer besuchen, ja.
Tobias
00:19:51
Ja, vielleicht schaffe ich das ja so ehrenhalber oder so.
Michael
00:19:54
Mensch, das müssen wir dem VDP direkt mal vorschlagen. VDP-Mitglied HC. Das hat doch Klang.
Tobias
00:20:00
Ja, genau, och, das wäre schön.
Michael
00:20:02
Aber zurück zu deiner Frage. Also meiner Kenntnis nach kann man gar nicht viel selbst tun, um Mitglied zu werden im VDP, sondern man muss empfohlen werden. Das heißt, ein bestehendes Mitglied muss den Vorschlag machen, der Tobias wird jetzt VDP-Mitglied. Ich glaube aber auch, es spielt dann noch eine Rolle, wie viele VDP-Mitglieder es jetzt schon da in der Gegend gibt. Schließlich achtet man sehr darauf, dass man so ein exklusiver Club bleibt. Und nur mal, um die Zahl zu nennen, ich weiß sie nicht ganz genau, aber ungefähr 200 Weingüter sind es, die sich im VDP zusammengetan haben.
Tobias
00:20:41
Ja, genau. Ich glaube, es sind sogar ein paar mehr mittlerweile geworden. Es werden ja Jahr für Jahr eben auch neue Mitglieder aufgenommen. Ich weiß gar nicht, ob auch mal ein Mitglied rausfliegt. Wahrscheinlich schon, aber das kriegen wir wahrscheinlich nicht so wirklich dann mit. Darüber spricht man dann wahrscheinlich nicht so gerne. Aber wichtiger ist ja jetzt ohnehin, dass wir über die aus unserer Sicht wichtigen Dinge gesprochen haben, nämlich über die Lagenphilosophie des VDP.
Michael
00:21:08
Und wir haben die Etiketten erklärt. Das war mir noch mal sehr wichtig.
Tobias
00:21:11
Ja, das stimmt, das stimmt. Und noch mal beim Stichwort Etiketten, so für dich persönlich jetzt: Sind VDP-Weine für dich eigentlich die besseren Weine? Also ist der Traubenadler für dich persönlich jetzt ein Qualitätsversprechen?
Michael
00:21:26
Nein und ja. Also er ist ein Qualitätsversprechen, auch eines, das ich ernst nehme. Aber es ist nicht automatisch der bessere Wein. Es gibt auch andere sehr gute Weine ohne Adler. Und tatsächlich, wenn du mich so persönlich fragst, mir sind ja dann eigentlich fast die Ortsweine die liebsten, die sind so der Einstieg. Und wir haben ja eben gelernt, das Terrain, der Boden, die Lage wird immer feiner, immer besser. Und dann kann man sich so gepflegt nach oben vorwagen.
Tobias
00:21:54
Ja, das stimmt. Das sind häufig Weine mit einem guten Preis-Genuss-Verhältnis. Gilt, finde ich, für einige Gutsweine auch, weil gerade Weingüter, die wirklich so ganz, ganz hochwertige Sachen machen, die können eigentlich gar keinen schlechten Wein machen, allein weil die wirklich über so ein gutes Traubenmaterial verfügen. Und genau auch, was du gesagt hast. Also es gibt ja nun mal auch Ortsweine, das sind dann zwar keine VDP-Ortsweine, aber es gibt natürlich auch was Ähnliches von Nicht-VDP-Mitgliedern, genauso wie die ja teilweise auch Parzellen in Weinbergen haben, die vom VDP klassifiziert sind. Sie dürfen es nur halt nicht aufs Etikett schreiben. Also da lohnt es sich dann teilweise auch wirklich etwas genauer hinzuschauen. Und, ne, für mich...
Michael
00:22:40
Ja, das kann man übrigens sehr gut, das Hinschauen. Entschuldigung, wenn ich dich da unterbreche. Auf der Webseite vom VDP gibt es da einen ganz tollen Link, wo man sich sozusagen die ganzen Karten dieser Lagen sehr genau angucken kann.
Tobias
00:22:53
Oh ja, das heißt, glaube ich, Weinberg online. Also, wenn man das googelt VDP Weinberg online, das ist wirklich toll gemacht, also wirklich so alles kartographiert und da schauen wir ganz häufig drauf, um uns Infos zu holen zu spezifischen Lagen. Und vielleicht nur ein Nachtrag noch zum Schluss. Für mich VDP-Weingut auch erst mal irgendwie so ein klares Qualitätsversprechen und ich finde, VDP-Weingut dann auch noch in Kombination mit einer Bio- oder biodynamischen Zertifizierung setzt noch mal einen drauf, wir hatten das Beispiel Wittmann ja schon, genau da ist das so, und das bietet dann einfach auch Weininteressierten eine gewisse Orientierungshilfe. So, jetzt machen wir aber wirklich mal die VDP-Biege sozusagen, und danken allen Zuhörerinnen und Zuhörern, dass sie heute mit dabei waren. Wir hoffen natürlich wie immer, dass es euch genauso viel Spaß gemacht hat wie uns beiden hier. Bei Fragen oder Rückmeldungen zum Podcast oder dieser Folge schreibt uns doch bitte am besten an podcast@weinfreunde.de.
Michael
00:23:58
Ja, und nicht nur das. Ich freue mich auch, wenn ihr Likes, Abos, Daumen hoch und alles anklickt, was uns da hilft und wie immer es auch heißen mag. Und wie Tobias schon gesagt hat, schreibt uns einfach an podcast@weinfreunde.de. Wir sind auf jeden Fall bald wieder für euch da, wenn es wie gewohnt heißt.
Tobias
00:24:18
Bei Anruf.
Michael
00:24:19
Wein.