Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Die Bordeaux-Cuvée: internationales Erfolgsrezept

14.11.2023 47 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Bereits zum vierten Mal heißen Michael und Tobias Weinfreund Cédric im „Bei Anruf Wein“ Podcast willkommen. Der gebürtige Bordelais ist gesetzter Ansprechpartner, wenn es um die prestigeträchtigste Weinregion der Welt geht. Jedoch hält diese Folge eine Überraschung parat: Die drei verlassen Frankreich und sprechen über den Exportschlager Bordeaux-Cuvée. Einige Weine außerhalb Frankreichs, die auf Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot oder Petit Verdot basieren, konnten über die Jahrzehnte sogar Ikonen-Status erlangen. Eine spannende Weltreise, mit vielen lehrreichen Insights.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Mein Freund Cédric ist ein gern gesehener Gast im Bei Anruf Wein-Podcast. Heute sprechen Michael und ich bereits das vierte Mal mit dem gebürtigen Bordelais. Allerdings verlassen wir erstmals seine Heimat und machen uns auf in die weite Weinwelt. Zumindest im übertragenen Sinne, denn wir sprechen mit Cédric über ein internationales Erfolgsrezept: die Bordeaux-Cuvée. Ob Supertoskaner, Penfolds Grange, Cape Blend oder Opus One, die typischen Rebsorten aus dem Bordeaux lassen auch außerhalb Frankreichs echte Weinlegenden entstehen. Legendär finden es Michael und ich übrigens, wenn ihr den Bei Anruf Wein-Podcast noch zahlreicher bewertet und auch den „Folgen"-Button betätigt. Danke dafür! Also bleibt mal dran. Wir fangen direkt an! Ja, Cédric, schön, dich zu sehen. Ich habe eben mal nachgeguckt, das ist jetzt tatsächlich das vierte Mal, dass wir über Bordeaux sprechen, über deine Heimat. Ich freue mich, dass du wieder für uns Zeit gefunden hast.
Cédric
00:01:13
Ja, super. Ich freue mich auch. Tatsächlich ist es einem gar nicht bewusst manchmal so, was man schon alles für Abschnitte hinter sich gebracht hat. Und die vierte Ausgabe, da kann man einfach mal sehen, wie viel es so zu einer einzelnen Weinregion zu sagen gibt, ohne das zu verkomplizieren. Aber einfach nur, um einen Einblick zu geben, wieso, weshalb, warum das eine oder andere so gemacht wurde, historisch, oder was den Unterschied zwischen den einzelnen Regionen macht. Wein ist nicht einfach, nicht gleich Wein und das trifft sowohl für Rot- wie auch für Weißwein oder auch Rosé zu.
Tobias
00:01:49
Ja, das hast du super gesagt.
Michael
00:01:50
Ja, aber wir haben ja heute auch eine internationale Ausstiegsklausel. Also wir bleiben ja heute nicht nur in der Region.
Tobias
00:01:56
Ne, also da musst du jetzt stark sein, Cédric. Wir verlassen deine Heimat, Aber wir haben halt eben was im Gepäck, nämlich das Bordeaux-Cuvée.
Cédric
00:02:06
Bei uns Assemblage genannt.
Tobias
00:02:08
Assemblage. Alles klar. Und wir begeben uns sozusagen auf Weltreise, aber müssen erst mal noch so ein paar Reisevorbereitungen treffen.
Michael
00:02:14
Ja, die Hausarbeit muss erst mal erledigt werden.
Tobias
00:02:16
Genau. Also wir müssen eigentlich erst mal darüber sprechen. Bordeaux-Cuvée hört man ja ganz häufig. Assemblage, ja, den Begriff wahrscheinlich nicht ganz so häufig. Aber wir müssen erst mal klären, was das eigentlich ist.
Cédric
00:02:28
Ja, vielleicht vorher noch mal von mir: Warum habe ich jetzt das Assemblage so betont? Nicht, um einfach so mit einem französischen Akzent anzugeben oder so, sondern einfach nur, weil dieser Begriff eigentlich woanders, speziell in Bordeaux, aber in ganz vielen anderen Weingebieten, Weinanbaugebieten der Welt, auch sehr positiv ist. Und in Deutschland, so meine Empfindung zumindest, ist der Begriff Cuvée schon teilweise negativ vorbelastet. Also das geht so in die Richtung, so ein bisschen panschen und eben spricht nicht unbedingt für Top-Qualität oder höchste Qualitätsstufe oder hochwertigste Weinzubereitung.
Tobias
00:03:12
Ja, auch dieser Begriff „Verschnitt".
Cédric
00:03:14
Ja, Verschnitt, cuvetiert oder so was. Das ist manchmal bei unseren Weinfreunden und Weinfreundinnen da draußen eben leider manchmal etwas negativ vorbelastet und dementsprechend interpretiert. Und das, worüber wir heute sprechen wollen, ist eigentlich ganz genau im Gegenteil die allerhöchste Weinmacherkunst, die damit verbunden ist.
Michael
00:03:35
Ja, man nennt es ja auch Vermählung. Da ist so viel Liebe und Leidenschaft im Spiel und das Richtige muss zusammenfinden, um was Harmonisches, Rundes am Ende dastehen zu haben. Kann man das so in der Kurzform vorab sagen?
Cédric
00:03:49
Ja, tatsächlich. Vermählung hat was mit die angenehmste Harmonie und das größte Zukunftspotenzial auch zu tun. Also das Gesamtbild, was da gesucht wird. Und wir wollen hier auch, das ist mir auch ganz wichtig, das noch mal vorweg zu sagen, es geht nicht darum zu sagen, nur so kann man wirklich große Weine machen. Und das ist eben das, was ich am Anfang sagte. In Bordeaux wird es halt von jeher tendenziell eher so gemacht. In anderen Weinanbaugebieten, speziell in Deutschland, da gibt es, das kennen wir, das sind eben normalerweise rebsortenreine Weine, sowohl bei Weißwein wie auch bei bei Rotwein, historisch die am besten klassifizierten Weine auf den jeweiligen Weingütern. Das ist halt auch eben ein bisschen so eine Philosophiefrage oder aber auch die damit zu tun hat, was ist eigentlich das Geschmacksbild, was man da anstrebt. Auch, um den Geschmack der Weintrinker zu treffen. Und, da komme ich wieder zu dir zurück, Michael, das ist wirklich eben dieses Blending, eben beispielsweise auch bei Whisky oder bei anderen Getränken, was als Verfahren, was wirklich also eine sehr, sehr hohe Kunst der Vermählung verschiedener, einzelner Weine eigentlich ist. Und das ist echt ganz hohe Kunst.
Tobias
00:05:14
Und ich finde es eigentlich auch nur logisch. Wir müssen ja nur ans Kochen denken. Ja, also auch da gibt es Rezepte. Es gibt unterschiedliche Zutaten, die man versucht zusammenzuführen und daraus dann ein besseres Ergebnis eigentlich zu schaffen.
Cédric
00:05:29
Das ist natürlich eines der Gründe. Aber Wein ist eben auch ein Naturprodukt. Das heißt, das kannst du nicht rezepturbedingt einfach so auch vermischen, vermählen, assemblieren oder was auch immer. Das haben wir, das haben wir schon geklärt. Aber es ist eben ein wirklich landwirtschaftliches Produkt. Das heißt, du hast ein Weingut von der Größe X, hast 10, 20, 40, 100 Hektar, ja, und die Bodenverhältnisse auf diesem Weingut können sehr, sehr unterschiedlich sein und auch teilweise auf dieser Rebfläche von dem jeweiligen Weingut können der Boden an der Oberfläche, der Unterboden, die Neigung Richtung Süden, eher Richtung Norden, was auch immer, und teilweise damit auch verbunden die Wind- und Sonneneinflüsse sehr, sehr unterschiedlich sein. Und das nennt man jeweils Terroir. Und eigentlich muss man wirklich sagen, auf so einem Weingut bestimmt auch das Terroir: Welche Rebsorten kannst du da überhaupt anpflanzen? Also, und das war immer eben auch historisch in Bordeaux so, dass eben solche Winzer gesehen haben, hey, auf meinem gesamtheitlichen Weinberg kann ich nicht einfach so nur Merlot oder nur Cabernet oder nur Petit Verdot anbauen, sondern damit fängt erst mal der Beruf des Winzers an. Er muss die Geologie, die Bodenverhältnisse, die Naturverhältnisse seines Weingutes kennenlernen, um zu verstehen, wo kann ich, wo muss ich welche Rebsorte überhaupt anbauen, in welchem, in welcher Reihenfolge von den Reben und usw.? Und das gibt erst mal den Startschuss für die Vermählung, dass eigentlich, die Assemblage, die beginnt eigentlich schon fast im Weinberg, kann man sagen.
Michael
00:07:12
Ja, du hast ja gerade schon gesagt Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Petit Verdot. Wir müssten noch Malbec eigentlich ergänzen und Carménère. Und mir ist auch ein Punkt noch wichtig: Jedes Jahr ist ja auch anders. Also mit so einer Cuvée hat der Winzer, hat das Weingut ja auch die Chance, so ein bisschen darauf zu reagieren, was in dem Jahr passiert ist. Vielleicht war der Ertrag diesmal etwas schlechter oder da war etwas besser. Vielleicht war das Jahr etwas zu heiß für die eine Rebsorte und für die andere genau richtig. Und die Kunst, das einzuschätzen und dann die Cuvée hinzubekommen, das ist das große Vermächtnis.
Cédric
00:07:46
Genau, wie du das sagst, die Natur, der vegetative Verlauf, die Wetterverhältnisse sind jedes Mal unterschiedlich. Dementsprechend beeinflusst das nicht nur die Erntemenge der jeweiligen Parzellen, denen jeweils unterschiedliche Rebsorten eingebaut sind, sondern auch den Reifegrad. Und auch das ist ein Punkt, wo die Natur dir fast vorgibt. Welche Rebsorte ist denn am besten geeignet? Und wenn man da auf Bordeaux in der großen Vogelperspektive drauf schauen, ja, da haben wir ja schon mal drüber gesprochen. Bordeaux ist eigentlich quasi wie dreigeteilt. Linkes Ufer, rechtes Ufer und dazwischen gibt es dieses ganz große Gebiet Entre deux mers, was zwischen den beiden großen Flüssen links sozusagen, wenn man nach Norden schaut, links die Garonne und rechts die Dordogne.
Tobias
00:08:37
Muss man auch mal in die Weißwein-Folge, die wir gemacht haben, reinhören. Gerade beim Thema Entre deux mers, Genau.
Cédric
00:08:42
Genau, richtig. Und da muss man einfach feststellen, von der Geologie her haben wir schon teilweise sehr, sehr unterschiedliche Bodenverhältnisse. Und das führt uns fast in der Geologie zurück in die Eiszeit und als die Pyrenäen betroffen von der Eiszeit schmelzen, eben die großen Eisschwemme quasi entfaltet haben mit dem Verschmelzen der großen Gletscher in den Pyrenäen, da sind diese Eis- und Erdmassen mit dem ganzen Geröll, die Flüsse, die Garonne und die Dordogne und so runter gerutscht und in Richtung Atlantik über die Mündung der Gironde Richtung Atlantik geflossen. Und das hat eben diese Erdmassen und diese Geröllmassen mitverteilt. Und da muss man sagen, wir haben links von der Garonne, speziell im Médoc, dieses berühmte Günzgeröll, also Steine, die in einem tendenziell sandigeren Boden liegen, also in einem wärmeren Boden, der weniger Wasser speichert. Und diese Steine, die laden sich über den ganzen Tag mit der Sonneneinstrahlung auch noch mal auf. Das heißt, hier kannst du Rebsorten besser anpflanzen, die sogar mehr Zeit brauchen, mehr Wärme brauchen, um zu reifen. Und dann bist du schon tendenziell mehrheitlich bei Cabernet Sauvignon und bei Petit Verdot. Und eben rechts von der Garonne und spezielle von der Dordogne, also Richtung Saint-Émilion, also da, wo Libourne, wo Saint-Émilion, Pomerol liegen, da hast du teilweise viel, viel mehr Lehm im Boden, also viel kühlere Böden, die Wasser speichern. Und das ist eben geeignet für Rebsorten, die nicht unbedingt so viel Wärme brauchen, wie Merlot, und die schneller reifen und die schneller zu ihrem Reifepotenzial, das war der Punkt, wo wir herkommen, reifen können. Und da einfach, da kannst du nicht einfach wahllos Cabernet Sauvignon pflanzen, aber du hast trotzdem in Saint-Émilion, ich glaube, dieses Beispiel hatten wir auch schon mal genommen, Bereiche entlang auch der Dordogne, die viel sandiger sind und wo auch viel Jacques Cheval Blanc zum Beispiel in der tendenziell eher in der Ebene liegenden Flächen, Weinreben, Weinberge, Entschuldigung, dann tendenziell viel mehr Cabernet Franc angepflanzt wurde. Und so entsteht von vornherein diese Vielfalt, warum ich auch sagte, die Assemblage beginnt eigentlich schon fast im Weinberg.
Michael
00:11:12
Okay, jetzt sind wir schon so ein bisschen in den Feinheiten. Vielleicht erklären wir ja am Anfang mal: Warum passen diese Rebsorten überhaupt so gut zusammen?
Tobias
00:11:20
Ja, das habe ich mir gerade auch gedacht, denn wir sprechen ja heute über auch die internationale Karriere. Und vielleicht konzentrieren wir uns, Michael, mal auf Cabernet Sauvignon und Merlot, weil es eben die zwei wichtigsten Rebsorten auch innerhalb der Bordeaux-Cuvée sind. Ja, warum genau? Warum passen die so gut zusammen?
Cédric
00:11:36
Die passen so gut zusammen, Weil die sich halt super gut ergänzen. Ja, und das sind 2 Rebsorten, muss man auch sagen, die einfach für den Longrun prädestiniert sind, das heißt, die ein sehr, sehr großes Alterungspotential mit sich bringen. Das heißt, es lohnt sich auch, diesen ganzen Aufwand zu betreiben, weil das sind Weine, die über viele Jahre auch gelagert und genossen werden können in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das ist ja das Spannendste mit dabei, ein Wein über die Jahre zu verfolgen, wie entwickelt er sich bis hin zu seinem Zenit? Und eigentlich, auch da komme ich wieder zu der Vermählung, zu dem Idealbild, ich will jetzt nicht übertreiben und von einem Kunstwerk sprechen, aber eigentlich, der Winzer versucht schon so, die perfekte Harmonie zu erreichen. Und der Cabernet ist halt ein Wein, der sehr, sehr viel Struktur, sehr viel Gerbstoffe mitbringt. Also das ist wie bei so einem Körper quasi, wenn ihr wollt, der Cabernet ist der Knochenbau, das, was das alles zusammenhält. Und Knochen alleine, auch bei einem Körper, würde nicht funktionieren, würde in sich zusammenfallen. Das heißt, du brauchst Fleisch, Muskeln, Sehnen, das, was das alles zusammenhält. Und das wäre an der Stelle vielleicht der Merlot, der einfach wirklich dann dieses Fleischige, Weiche, Samtweiche mitbringt, ja, und der sich perfekt so ergänzen kann mit dem Cabernet Sauvignon, weil eben auch Merlot nur alleine, oftmals ohne Knochenbau, bin ich wieder bei meinem Körper, auch in sich zusammenfallen würde. Das heißt, das perfekte Zusammenspiel dieser beiden Rebsorten in unterschiedlichen Verhältnissen, je nach Weingut, ist wirklich das Ziel der schönen Balance und Harmonie, die die Winzer in der Regel suchen. Und da hast du vollkommen recht, jeder Jahrgang kann von den Proportionen so ein bisschen unterschiedlich sein. Aber das ermöglicht dem Winzer wirklich, also von Jahrgang zu Jahrgang mit diesen ganzen Ingredienzen, kann man schon fast sagen, die er bekommt von den verschiedenen Parzellen, dieses ideale Gesamtbild immer wieder zu erschaffen.
Tobias
00:13:53
Jetzt haben wir ja gerade schon gesagt, Bordeaux-Cuvées gibt es eben jetzt auch in vielen anderen Ländern. Jetzt mal so eine ganz steile These: Machen die das nicht Vielleicht nur, weil Bordeaux so ein gutes Ansehen hat und die wollen, dass so ein bisschen dieser Ruhm und dieses Prestige dieser Gegend so ein bisschen abfärbt?
Cédric
00:14:13
Ja. Also, ich war nicht dabei. Das ist schon ganz, ganz lange Zeit her. Aber ich glaube, dass tatsächlich Bordeaux sehr, sehr stark auch imagemäßig davon profitiert hat, dass es eine der größten Handelshäfen von Europa war. Für Gewürze, für Salz, für Pfeffer, aber auch für Wein und aber auch für Cognac oder Ammoniak, im Übrigen, und da waren schon immer Handelsfamilien aus Irland, aus den Niederlanden, aus Dänemark in Bordeaux ansässig, die also Weine aus Bordeaux in die Welt getragen haben. Und die Menschen dort haben ja auch angefangen, Wein anzubauen, in Südafrika, in Australien und haben gemerkt, hey, das sind noch mal ganz andere Methoden. Und ich glaube, eines der besten Beispiele ist, glaube ich, so aus den 50er-Jahren, da ist der Max Schubert aus Australien als Winemaker nach Europa gegangen und hat da so ein bisschen das Know-how, das war sein Auftrag von seinem Arbeitgeber, in Barossa Valley, das Know-how so ein bisschen noch mit einzusammeln, um das da einfließen zu lassen.
Tobias
00:15:22
Aber ich unterbreche dich da jetzt ganz ungern, aber diese Länderreise, die machen wir jetzt gleich. Da sprechen wir natürlich auch über Australien und Max Schubert, weil er da ganz wichtig ist. Aber vielleicht jetzt noch mal zu den Bordeaux-Blends als solches.
Michael
00:15:38
Ja, zum Thema internationale Ausführung der Bordeaux-Cuvée muss man ja auch sagen, das ist ja jetzt nicht immer eine Eins-zu-eins-Kopie. Also man macht es nicht nur nach, sondern es ist ja meistenteils so, dass auch einheimische Rebsorten, die dann für dieses Land typisch sind, noch dazukommen. Das heißt, eigentlich ist die Bordeaux-Cuvée nicht nur eine Formel, sondern auch eine Inspiration für die Weinmacher anderswo.
Cédric
00:16:02
Ja, absolut. Also das, was ich gerade gesagt habe, das war jetzt nicht als Verdacht, dass die eins zu eins das kopieren wollten. Die haben sich erstmal natürlich inspiriert und geschaut: Was können wir mit diesen Methoden bei uns selber machen? Haben vielleicht gemerkt, dass diese Rebsorten bei sich auch nicht ideal waren und haben eher zurückgegriffen auf die Rebsorten, ich komme zurück zu dem Beispiel Australien, basierend auf Shiraz oder andere Rebsorten ideal sind. Vielleicht passt ja auch in dem einen oder anderen Beispiel, kommen wir später noch dazu, dann doch noch der Cabernet Sauvignon oder der Merlot noch mit dazu. Da gibt es viele Beispiele, nicht nur in der Neuen Welt, sondern auch in Italien, in der Toskana, von weltberühmten Weinen, wo eigentlich kein Mensch, speziell bei uns hier in Deutschland nicht, gedacht hätte, dass die seit langer Zeit diese Supertoskens mit französischen Rebsorten aus Bordeaux seit Jahrzehnten eigentlich schon gemacht werden.
Tobias
00:17:00
Genau. Das ist jetzt im Übrigen eine super Überleitung, weil jetzt können wir uns dann tatsächlich dem ersten Land außerhalb Frankreichs jetzt auch mal widmen. Genau, Toskana. Und das Interessante finde ich auch, da hat ja sehr viel Mut dazugehört, weil die durch den Anbau dieser französischen Rebsorten ja gegen die Statuten des eigenen Landes verstoßen haben. Ja, und noch heute, das wissen wir ja auch von unseren gemeinsamen Reisen, Michael, markieren eigentlich diese Bordeaux-Cuvées, diese sogenannten Supertoskaner, bei ganz, ganz vielen Weingütern auch die qualitative Spitze. Und das, obwohl sozusagen da die offiziellen Statuten sagen, nein, das darf kein DOC sein, es darf auch kein DOCG sein, sondern das ist jetzt nur noch ein Landwein, ein IGT. Und das ist schon eine Erfolgsstory. Und da gibt es ja ein paar sehr prominente Beispiele.
Cédric
00:17:50
Ja, aber noch mal, das ist, das ist, glaube ich, und das war ja eigentlich der Punkt, mit dem ich am Anfang gestartet bin, das ist ja nichts Negatives, sondern im Gegenteil, das ist nur die Suche der Winzer, der Winemaker von diesen Weingütern der Winzerfamilien, wirklich das optimale qualitative Gesamtergebnis anzustreben. Und ob der Wein dann klassifiziert ist oder eben nicht, das haben dann die Winzer für sich dann depriorisiert. Die haben gesagt, okay, dann ist er halt nur als Toskana IGT, sprich also als Landwein, das ist aber total legal, im Übrigen, das müssen wir auch noch mal betonen, dient aber einfach nur der Maximierung der reinen Qualität des Weines.
Michael
00:18:41
Jetzt muss man ja sagen, es gibt ja tatsächlich ganz prominente Beispiele, die setzen dann als Supertoskaner ausschließlich auf französische Reben. Ja, also wir hatten ja eben gesagt, es gibt 2 Modelle.
Cédric
00:18:53
Auf Rebsorten aus Bordeaux?
Michael
00:18:55
Genau, auf Rebsorten aus dem Bordeaux, pardon. Ich sage jetzt einfach mal, wenn ich an Ornellaia denke, ja, Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Petit Verdot, Keine einzige italienische Rebe dabei. Tignanello, 80 % Cabernet Sauvignon und 20 % Cabernet Franc. Ist ja schon mal wieder eine neue Mischung, sage ich jetzt mal in dem Zusammenhang.
Cédric
00:19:19
Und das schon 1978, glaube ich.
Michael
00:19:21
Genau.
Cédric
00:19:21
Hast du recherchiert, hast du mir gesagt.
Michael
00:19:23
Und dann wiederum gibt es aber auch Weingüter, die kommen dann schon noch mal mit ein bisschen Sangiovese dazu und bringen dann so eine eigene kleine Ecke rein.
Tobias
00:19:33
Italienische Prägung. Finde ich ja eigentlich auch ganz sympathisch.
Cédric
00:19:36
Aber ist ja genau das, was wir gesagt haben. Da muss jeder für sich entscheiden: Was ist das optimale Geschmacksbild, was ich hier mit meinem Weingut erreichen kann? Und wenn er eine super Lage Sangiovese hat, dann ist das auch wunderbar, wenn er die mit einbringt. Es geht gar nicht darum, jetzt immer nur eins zu eins irgendwas zu kopieren, was woanders ist. Die haben alle, alle Namen, die du gerade zitiert hast, für sich, jeweils im Laufe der Geschichte dann ihr eigenes Original erschaffen.
Tobias
00:20:05
Sassicaia haben wir auch noch nicht erwähnt, gehört auch dazu.
Cédric
00:20:08
Und darum geht es.
Michael
00:20:10
Und die variieren das ja auch von Jahr zu Jahr. Das ist nicht immer die gleiche Formel dann.
Tobias
00:20:14
Ja, absolut. So, und Toskana war jetzt wichtig, das als erstes Beispiel zu nehmen, finde ich, weil das ist noch den meisten Hörerinnen und Hörern wahrscheinlich auch geläufig. Und jetzt gehen wir ganz, ganz weit weg. Und sorry, Cédric, ich habe dich vorhin ausgebremst, aber wir gehen jetzt wirklich nach Australien, weil ich glaube, das haben ganz viele nicht auf dem Zettel. Ja, zum einen, dass da auch Bordeaux eine Rolle spielt und vor allem auch, wie lange das schon her ist. Also bitte schön.
Cédric
00:20:42
Ja, ich glaube, das ist ich habe sie einfach zitiert, weil das passte so in den Lauf der Dinge, die ich gerade darstellen wollte. Aber das ist gerade für uns in Bordeaux wirklich eines der leuchtendsten Beispiele. Das war Max Schubert, der war Winemaker im Barossa Valley. Und der war wirklich tatsächlich schon in den frühen 50ern, 1950, 1951 von seiner Winery, von seinem Arbeitgeber nach Europa geschickt worden. Und auf seinen Wegen, sage ich mal, Spanien, Frankreich. ist er in Bordeaux hängen geblieben, sage ich jetzt mal mit meinen Worten, und hat sich wirklich inspiriert. Und als er zurückkam, hat er angefangen, wirklich mit diesen Rebsorten zu spielen und aber nicht nur mit Bordeaux-Rebsorten. Natürlich war auch Shiraz dabei, also die Rebsorte, die wir in Frankreich als Syrah kennen. Also da muss man auch die Region von der Rhône honorieren, weil auch dort werden die großen Weine Châteauneuf-du-Pape usw., aber das wäre vielleicht ein nächstes Kapitel, mit zig Rebsorten gemacht, auch mit dem gleichen Hintergrund. Aber wo er eben Syrah und Cabernet Sauvignon vor allem wirklich miteinander verbunden hat, und es ist daraus eigentlich einer der weltbekanntesten Weine entstanden von Penfolds, ja, der Grange Hermitage. Und das ist, das ist wirklich eine sensationelle Geschichte, weil dieser Mann war wirklich ein Pionier. Man muss sich mal vorstellen, Anfang der 50er, er hatte eigentlich gar nicht das so als Ziel seiner Dienstreise, aber so wie er das da entdeckt hat, hat er das über Jahre, das hat ihn einfach nicht mehr losgelassen, und er hat es über Jahre immer weiter verfolgt. Und ich glaube, schon in den 60er-Jahren hatte er wirklich einen Wein von Weltruf erschaffen.
Tobias
00:22:27
Und hat auch mal Ärger gekriegt, glaube ich, von seinen Chefs, dass er das überhaupt macht.
Cédric
00:22:31
Ja, ja, also wie gesagt, ich bin jetzt kein Geschichtsspezialist, aber ich glaube, der hatte einen ganz anderen Auftrag ursprünglich, weil ich glaube, Australien war damals mehr für Weine, für die Weinherstellung von von Wein, der für so was wie Portwein oder Sherry gedacht war, für die Herstellung beauftragt. Und deswegen war er auch eigentlich in Spanien, ist aber dann doch in Bordeaux gelandet. Und das hat ihn scheinbar zumindest, das hat man in Bordeaux immer so erzählt, und wir wissen, bei Wein spielt natürlich auch das Thema Mythos auch immer eine gewisse Rolle, das ist schön. Aber tatsächlich, das ist nicht nur Mythos, sondern es ist auch Realität geworden. Und der hat das verfolgt und seine Winery wollte das auch wirklich nicht und die haben ihm das, glaube ich, irgendwann auch tatsächlich verboten. Aber er war so überzeugt davon, dass er es trotzdem, trotz Verbot weitergemacht hat. Und wie gesagt, wie ich gesagt habe, mit dem bekannten Ergebnis, dass er dann irgendwann sämtliche internationale Preise mit diesem, mit seinem neuen Wein abgeräumt hat.
Michael
00:23:31
Ja, aber es war ja jetzt nicht nur ein einfacher Geniestreich, eine Idee, sondern es hat ja auch lange gebraucht, bis er dann seine Mischungsverhältnisse, seine Art und Weise des Weinmachens dafür parat hatte. Und dann kam ja der große Erfolg. Wobei mich interessieren würde: Was haben denn da die Chefs gesagt? Die wussten ja gar nicht, dass er die ganze Zeit weitermacht und plötzlich ist das ein Riesenerfolg.
Tobias
00:23:51
Ja, und dann hat er wahrscheinlich auch ganz schnell gar keine Chefs mehr gehabt und war dann sein eigener. Wir paddeln mal ein bisschen weiter, von Australien kommt man zumindest, auch wenn es weit weg ist, auf direktem Wege an die amerikanische Westküste. Und da kann man, glaube ich, sagen, hat natürlich so der Bordeaux-Effekt auch komplett zugeschlagen, insbesondere natürlich über die Rebsorte Cabernet Sauvignon. Also noch heute sind ja, sage ich mal, die besten Rotweine aus dem Naoa Valley, Cabernet Sauvignon, häufig dann auch zu 100 %. Da war Bordeaux sicherlich auch ein Vorbild. Aber es gibt ja auch mit so einem populären Beispiel wie Opus One, gibt es ja noch mal so eine Erfolgsgeschichte, die wirklich diese beiden Regionen auch sehr, sehr eng miteinander verbindet.
Cédric
00:24:37
Ja, also es gibt natürlich nicht nur Cabernet Sauvignon, sondern auch Rebsorten von Einwanderern aus anderen Ländern. Ja, das hat auch immer, das ist auch immer das Schöne dabei. Die Einwanderung hat da immer eine Rolle mitgespielt. Zinfandel, den wir auch als Primitivo kennen, spielt auch in Kalifornien eine große Rolle. Oder andere Rebsorten. Und da ist, warum ich das erzähle, ist, das ist für mich eine besonders schöne Geschichte Opus One, weil das ist die Begegnung von zwei Männern, von zwei Familien. Und das waren Robert Mondavi, der wahrscheinlich, bin ich mir nicht sicher, aber ich glaube, einen italienischen Hintergrund hatte, und von Baron Philippe de Rothschild, der berühmt wurde, weil er das Familienweingut Mouton in Pauillac übernommen hatte, Mouton Rothschild, und zu Weltruhm geführt hatte. Und diese beiden Männer hatten die Idee, diesen Opus One gemeinsam zu kreieren. Ist die Vermählung nicht nur von Rebsorten, sondern auch von der Vision von zwei Männern. Und das ist, das ist wirklich auch eine tolle Geschichte, die auch da in dem Fall zu einem tollen Wein geführt hat.
Michael
00:25:46
Ja, und auch legendär mit hohen Preisen aufgerufen. Es gab Zeiten, da musste man den zu Hause haben und hat die leere Flasche aufbewahrt, die dann im Regal stand.
Tobias
00:25:56
Habe ich.
Michael
00:25:57
Hast du noch. Aber so eine Geschichte gibt es ja dann auch auf anderen Kontinenten genauso. Ich will jetzt mal unser Hopping weiter fortsetzen.
Tobias
00:26:06
Ja, mach mal!
Michael
00:26:07
Ja, jetzt haben wir ja eben den Pazifik durchquert. Jetzt durchqueren wir mal den Atlantik. Und ich lande in Südafrika und da gibt es das auch, dass diese klassischen französischen Reben aus dem Bordeaux genommen werden. Aber manchmal kriegen die noch so etwas Eigenwilliges dabei, nämlich die eigene Rebsorte Südafrikas: Pinotage. Und funktioniert ganz genauso.
Tobias
00:26:29
Absolut. Also da gibt es ja auch im Weinfreunde-Shop Diemersdal als ein Weingut. Und die haben ja auch so ein Cape Town Cabernet Merlot, nennt er sich, und das ist eigentlich genauso so ein Beispiel. Und wirklich gut gemacht, finde ich. Und vor allem, das muss man vielleicht an der Stelle auch dazusagen, diese Neue Welt Bordeaux-Cuvées, die sind dann auch preislich meistens ziemlich attraktiv, also insbesondere halt eben im Vergleich zu dem französischen Original, sozusagen.
Cédric
00:26:59
Ja, ja, ja, das stimmt. Und das ist auch das, was ich meinte, also dass das da auch andere Regionen eine Rolle mitgespielt haben mit Syrah oder diesem Beispiel Pinotage. Das hat natürlich auch immer was mit der Einwanderung zu tun, aber letzten Endes setzt sich dann dort vor Ort unter diesen klimatischen Bedingungen die Besonderheiten des jeweiligen Terroirs, dann doch die Rebsorten, die am besten dorthin passen. Ja, und das ist das, was ich sagte, die Assemblage beginnt im Weinberg. Und deswegen vielleicht funktioniert Syrah da, Pinotage da, Cabernet wiederum hier. Und das ist dieses Zusammenspiel dessen, was ich in der letzten, ja, das sind jetzt auch bald manchmal Südafrika, da wundert man sich, bald 300 Jahre Weinanbau, das ist fast keine Seltenheit. Und deswegen ist es nur folgerichtig, wenn die Winzer und Winzerfamilien, die da schon so eine lange Tradition haben, auch weiterhin auf ihre, nennen wir es mal, autochthonen Rebsorten setzen.
Tobias
00:28:05
Muss man vielleicht noch mal kurz auch auf eine Podcastfolge hinweisen. Wir haben nämlich schon mit Danie Steytler von Kaapzicht in Vergangenheit gesprochen. Also auch das ein tolles Weingut, natürlich auch mit Bordeaux inspirierten Weinen.
Michael
00:28:19
Ja, und er hat sogar einen Wein gemacht, der heißt Kaleidoskop. Also der fasst den Cuvée-Begriff noch mal weiter. Und da habe ich dann solche französischen Bordeauxreben wie Cabernet Sauvignon drin, ja, und Petit Verdot und Merlot, aber auch so was wie Samsó und Shiraz oder Syrah, das dann eher wieder Richtung Rhône geht, und dann wieder Pinotage. Also wenn man da einmal ins Experimentieren kommt, muss man sich fragen: Wo hört man dann eigentlich auf?
Tobias
00:28:47
Ja so, jetzt waren wir gar nicht so sehr CO2-effizient unterwegs, denn jetzt geht es schon wieder irgendwie Atlantik, in die andere Richtung. Wir bleiben aber sozusagen auf Ähnlichem.
Cédric
00:28:57
Ja, aber ihr paddelt und so, hattest du vorhin gesagt, da war ich schon, habe ich dich bewundert für.
Tobias
00:29:01
Wir bleiben auf jeden Fall auf ähnlichem Breitengrad. Breitegrad, ne, nicht Längengrad? Ja, genau. Und sind jetzt in Südamerika. Ja, und auch da muss man ganz klar sagen, spielt Cabernet Sauvignon eine große Rolle, aber eben auch Carménère. Das hatten wir vorhin schon mal angedeutet. Und ja, interessanterweise auch, sage ich mal noch mal, und damit nehme ich jetzt wieder Bezug auf die Podcastfolge über die Reblauskatastrophe. Mensch, die Referenzen, die sind heute zahlreich, aber da ist interessant, da wurden ja bereits Rebstöcke aus dem Bordeaux hingebracht, bevor die Reblaus in Europa gewütet hat, sodass, zumindest habe ich das mal gehört, es dort größere wurzelechte Rebbestände gibt, als überhaupt noch sozusagen in Frankreich in der Stammregion. Also zeigt auch wieder, die haben da auch ganz, ganz früh mit angefangen.
Cédric
00:29:50
Aber das ist, das ist auch noch mal eine geographische Besonderheit, sage ich mal. Chile, Argentinien, das ist natürlich auch von der geografischen Dimension, die Größe dieser Länder noch mal was ganz anderes. Ja, also Bordeaux liegt in Südwestfrankreich. Also nicht nur Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot sind aus Südwestfrankreich, Bordeaux, Südwestfrankreich, sondern auch Malbec ist aus Cão, speziell, das ist die Hochburg von Malbec, kurz südlich von Bordeaux, der Carménère. Der kommt auch aus Südwestfrankreich. Und das sind eben alles ehemalige Auswanderer aus Südwestfrankreich zwischen Bordeaux und dem Baskenland, die da rübergesegelt sind. Sehr, sehr CO2 und umweltfreundlich wahrscheinlich damals..
Tobias
00:30:35
Ja, hat ja auch lange gedauert, glaube ich.
Cédric
00:30:37
Und die dort gelandet sind. Und deswegen sind diese Besonderheiten der Einwanderer dageblieben, deswegen hat man komischerweise in Chile viel, viel mehr Carménère. Ja, und der Malbec ist viel mehr in Argentinien. Ja, dann hast du noch eine andere Rebsorte aus Südwestfrankreich. Jetzt Testfrage an euch: auch aus Südwestfrankreich.
Tobias
00:30:57
Tannat?
Cédric
00:30:57
Tannat, genau in Uruguay. Ja, ganz an der Südspitze. Ja, also das sind einfach so diese Zufälle durch Einwanderung, Zuwanderung von Menschen, das ist da haften geblieben, das dominiert mittlerweile da . Und dein Thema, da muss ich sagen, das ist wirklich eine faszinierende Besonderheit in Chile. Chile ist ja ein sehr, sehr langes Land. Das ist in der Nordspitze quasi bis zum Süden wie von Norwegen nach Sizilien. Das ist irre lang, ich glaube, fast 5.000 Kilometer, aber ganz, ganz schmal. Und die Besonderheit ist eben, du hast im Westen den Pazifik, im Osten vom Land, die Anden, die Berge, du hast ganz im Süden Patagonien und im Norden eine Wüste.
Tobias
00:31:46
Das heißt, es wird heiß. Das muss man auch verstehen, weil man geht ja näher in Richtung Äquator.
Cédric
00:31:50
Sehr, sehr heiß. Und das heißt, das führt dazu, dass dieses Land, Chile auf dem Kontinent Südamerika, wie eine Insel funktioniert. Geologisch. Ja, das heißt, tatsächlich ist die Reblaus nie dahingekommen, weil die kam nicht über den Pazifik, nicht über Patagonien, die Eiswüste nicht über die Hitzewüste, Sandwüste im Norden und auch nicht über die Anden. Das heißt, diese Rebstöcke, die da gepflanzt wurden, weit vor der Reblausproblematik, die sind immer noch regional da. Ja, und das, das ist wirklich also eine faszinierende Besonderheit von Chile. Und versuch mal da hin zu fliegen und nimm mal ein paar Rebstöcke aus Europa mit in deinen Reisegepäck. Die lassen dich gar nicht ins Land. Das heißt, die schützen das also wirklich, also wie ihren eigenen Augapfel, diese Besonderheit, weil das ist ein sehr, sehr sensibles ökologisches Gleichgewicht der ganzen Rebberge dort und ja, das ist ja, man sieht es, wie ich da ins Schwärmen, ins Erzählen komme. Jedes Weinland hat so seine Besonderheiten und Gründe, warum man da sich dafür so begeistern kann.
Tobias
00:33:06
Ja Michael, du hattest, glaube ich, noch 2 südamerikanische Beispiele mitgebracht, oder?
Michael
00:33:11
Ja, ich meine, 2 Namen muss man an der Stelle auf jeden Fall mal nennen. Das eine ist Montes. Ja, da gibt es einen schönen Wein mit Cabernet Sauvignon und Carménère, wie gerade angesprochen. Aber was auch interessant ist und was wieder diese Bordeaux-Cuvée-Formel ein wenig variiert. Luis Felipe Edwards, ein ganz renommierter Hersteller, und der macht eben seine Cuvée aus Syrah, Petit Syrah, was nochmal was anderes ist, und Cabernet Sauvignon.
Tobias
00:33:38
Ja, absolut. Und Monte ist, glaube ich, ist sogar in Chile und in Argentinien unterwegs. Ich glaube, in Argentinien ist sein Sohn mit Kiken dann irgendwie unterwegs. Also schon interessant, aber Leute.
Cédric
00:33:49
Das sind ja zwei Top-Winzerfamilien, die wirklich also schon, also höchstes Wein-Know-how in der Bereitung mitbringen. Und wie gesagt, das beginnt bei denen, ganz tief in deren Philosophie dieser beiden Winzerfamilien ist verankert eben der Weinanbau im Weinberg. Und da beginnt für die alles und das spürt man auch in den Weinen. Deswegen diese Besonderheiten im Mix, in der Assemblage, in den verschiedensten Weinen, die die anbieten.
Tobias
00:34:21
Ja, ja, aber ich, ich glaube ja so ein bisschen, unsere Hörerinnen und Hörer, die wundern sich die ganze Zeit, was wir so in der Weltgeschichte herumtouren. Weil worüber wir noch gar nicht gesprochen haben.
Michael
00:34:33
Über unser Zuhause.
Tobias
00:34:34
Deutschland, ja. Also wie sieht es denn aus mit Bordeauxrebsorten in Deutschland? Und da muss ich ja jetzt direkt mal wieder zu meinem Lieblingsthema Klimawandel, ja, weil ich glaube, vor 30, 40, 50 Jahren wäre das noch ein bisschen schwierig geworden mit den Bordeauxrebsorten. Insbesondere, wenn ich jetzt an Cabernet Sauvignon denke, den wirklich reif zu bekommen. Ja, mittlerweile muss man sagen, ist das nicht mehr so ein großes Problem. Und da habe ich mir jetzt mal ein Beispiel rausgesucht. Ja, da gibt es das Weingut Peth-Wetz in Rheinhessen und die haben direkt eine ganze Reihe von Weinen, die sie Bordeauxrebsorten widmen. Einmal eine Assemblage Reserve heißt die, da sind wir dann auch jetzt bei deinem korrekt gewählten Begriff, Cédric, das ist Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon und ein bisschen Petit Verdot und Malbec, hatten wir auch alles schon. Aber dann vor allem haben die auch reinsortige Sachen. Da gibt es dann auch einen reinsortigen Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und auch Merlot. Und das sind richtig, richtig kräftige Rotweine. Als ich das erste Mal im Glas hatte, also auf Deutschland, hätte ich jetzt nie im Leben getippt.
Michael
00:35:43
Ja, und auch in Deutschland gibt es wieder dieses Muster, dass man diese französischen Rebsorten nimmt und sie aber mit heimischen dann noch mal zusammenführt, vermählt, in die Cuvée einbringt. Ich bin ja ganz großer Rings-Fan. Ja, mit dem Kleinen.
Tobias
00:35:59
Waren wir übrigens auch schon.
Michael
00:36:00
Rosenkreuz. Genau, da waren wir auch schon und die sind einfach vorwiegend Merlot-gesteuert, diese Weine, haben aber auch Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc intus. Plus - Achtung - St Laurent.
Tobias
00:36:13
Ah ja. Okay. Ja, das passt zu unserer Folge über neue Rebsorten in Deutschland. Das ist ja so eine sozusagen wiederentdeckte Rebsorte. Ja, auch da funktioniert das genau nach dem gleichen Prinzip.
Cédric
00:36:24
Ich glaube, ihr sprecht eben hier von verschiedenen Weingütern. Ob das jetzt der Christian Peth ist oder die Brüder Rings, das sind unfassbar talentierte und wirklich extrem qualitätsorientierte Winzer der jungen, ich nenne es mal, junge Generation deutscher Winzer und Winzerinnen. Dazu haben wir ja auch schon was gesagt, die wirklich sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Wir waren vor kurzem mit dem Team der Weinfreunde auch im Ahrtal bei Paul Schäfer und seiner Familie mit seinen beiden Brüdern. Die beschäftigen sich ja auch jetzt im Weingut Burggarten im Ahrtal. Auch sensationell, auch mit verschiedenen Rebsorten, mit Rebsorten, die traditionell an der Ahr schon immer angepflanzt wurden, aber auch mit welchen, wie zum Beispiel Merlot, die jetzt für die neu sind. Aber das ist schon die Suche danach, dieses, was kann man damit alles machen? Wo kann man das bei uns einpflanzen?
Tobias
00:37:26
Aber auch, glaube ich, so ein Stück weit, um bei meinem Thema zu bleiben, dem Thema Klimawandel auch zu begegnen.
Cédric
00:37:31
Ja, genau. Ich wollte sagen, ich meine, einige haben es vorgemacht wie der große Knipser. Das ist das eine. Aber da muss man auch den Hut ziehen. Da gibt es auch andere Winzer wie Markus Schneider, der also für mich immer noch echt, also einer der Vorreiter ist, eben in dieser ganzen Assemblage-Thematik. Das sind alles Winzer, die können natürlich auch, die auf klassische Art und Weise super Weine machen, die rebsortenrein sind, aber eben die ihr ganzes Handwerk auch zeigen, wenn sie eben mit verschiedenen Rebsorten in einem Wein arbeiten.
Tobias
00:38:10
Markus Schneider Ursprung, also bestes Beispiel, Cabernet Sauvignon, Merlot und dann haben wir es wieder mit der einheimischen Rebsorte, Portugieser ist da auch noch drin. Und das ist ja, also kommerziell betrachtet, ein Riesenerfolg.
Cédric
00:38:23
Und das wollte ich sagen. Es haben natürlich einige Vorbilder das vorgemacht und gezeigt, was in Deutschland möglich ist, ja, um, und das war euer Punkt, auch international, was da gemacht wird, auch hier auszutesten. So Stichwort push the limits und diese Limits und da, da hast du recht, Tobias, das ist wirklich nur möglich, weil scheinbar schon das Klima sich so verändert hat, dass man da auch da mit Rebsorten mittlerweile hier arbeiten kann, wo es wahrscheinlich in den 60ern, 70ern hier noch nicht möglich war. Vor einem halben Jahrhundert, sagen wir mal.
Michael
00:39:04
Ja, und ich finde, es sind aber auch deshalb Pioniere, die von dir genannten Namen, weil man muss dem deutschen Publikum ja auch das erst mal so ein wenig schmackhaft machen. Wir haben es ganz am Anfang gesagt, hier ist man eigentlich ein Wein aus einer Rebsorte gewohnt. Ja, und jetzt fangen die an, an der Stelle zu experimentieren. Mit einem wahnsinnigen Erfolg und absolut überzeugend.
Tobias
00:39:25
Ja, absolut. Und auch da noch mal der Hinweis, mit Markus Schneider haben wir im Podcast auch schon gesprochen und auch das Weingut Burggarten im Ahrtal haben wir besucht. Jetzt machen wir einen ganz kleinen Hüpfer nach Österreich, nur einfach, um auch hier noch mal Vollständigkeit halber zu sagen, auch da natürlich ist dieser Trend angekommen. Scheiblhofer Batonnage, zitiert also mit diesem Begriff Batonnage auch direkt noch mal einen französischen Begriff. Vielleicht erklärst du den mal kurz? Da geht es irgendwie ums Rühren oder so, ne?
Cédric
00:39:58
Rühren, rühren, ja.
Michael
00:40:00
Wir werden jetzt rührig.
Cédric
00:40:02
Nein, also das ist einfach nur, in den jeweiligen Regionen hat jeder seine Methoden und das ist einfach in dem ganzen Prozess der Vinifizierung eben ein Abschnitt, wie man Wein, der im Tank ist und dann, wenn der im Barrique ist, immer weiter bearbeitet. Und Baton ist eben ein Stab und mit diesem Stab rührt man entweder in Tanks oder in Barriques und kann dabei eben noch mal die Gewinnung von Farbstoffen, von Polyphenolen aus den, zum Beispiel aus den Schalen oder die, wenn der Wein auf der Hefe liegt usw., alles noch mal weiter fördern. Diesen Austausch, diese auf natürliche Art und Weise, Anreicherung des Weins aber aus den festen Bestandteilen oder den Trubstoffen und der Hefe, ja, gewinnen. Und das erfolgt dann, indem man das immer wieder aufwirbelt mit diesem, mit diesen Stangen, mit diesen Batons.
Tobias
00:41:13
Okay, okay. Und da ist im Übrigen dann auch Blaufränkisch noch drin. Also das zieht sich komplett komplett durch.
Michael
00:41:20
Ja, ich glaube, wir müssen jetzt nicht noch mal weitere Länder abklappern. Wobei, das schaffen wir bestimmt auch. Schaffen wir denn jetzt so eine Art Resümee? Also was ist die Bordeaux-Cuvée? Ist die jetzt nur original, echt und richtig, wenn sie tatsächlich aus dem Bordelais kommt? Oder meinst du, Bordeaux-Cuvée ist ein internationales Erfolgsschema? Wie siehst du das?
Cédric
00:41:46
Wahrscheinlich wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen. Ich will jetzt nicht päpstlicher als der Papst sein, also dieses berühmte, was auch international in der Weinsprache unter Bordeaux-Blend genannt wird, da sind wahrscheinlich im klassischen Bordeaux-Blend auch die Bordeauxrebsorten ausschließlich nur enthalten. Diese Bordeaux-Flagge würde ich an der Stelle bei diesem Begriff wahrscheinlich schon hochhalten. Aber dieses Bordeaux-Blend ist schon eine Methode, die, haben wir ja gesehen, schon viele Leute aus der ganzen Welt inspiriert hat und die zu großartigen, eigenständigen Weinen geführt haben. Aber, und das hatte ich vorhin auch schon erwähnt, natürlich gibt es auch andere Regionen in der Welt, in Frankreich. Ob das jetzt eben Châteauneuf-du-Pape oder in sämtlichen Weinanbaugebieten, im Languedoc-Roussillon oder in Spanien oder in Portugal, das gab es schon immer, auch unabhängig von Bordeaux. Das heißt also, das, was ich damit sagen will, also Bordeaux sollte jetzt auch nicht unbedingt den Urheberanspruch haben, das Weinrad damit erfunden zu haben. Aber das war so ein bisschen der Ursprungspunkt von Tobias, wo er sagte, Bordeaux hat wahrscheinlich von diesem Weltruf profitiert und die Weine so in die Welt getragen. Und das wurde so sehr früh zu einem Benchmark gewissermaßen, als es noch kein Fernsehen, kein Radio und kein Internet schon lange nicht gab, sondern über diese Handelsbeziehungen in diese ganze Welt wurde Bordeaux gewissermaßen so zu einem Benchmark vielleicht für andere, die auch vielleicht ausgewandert waren aus Europa.
Tobias
00:43:33
Wichtig ist mir nur an der Stelle, und das sollten wir vielleicht auch nicht vergessen, zu sagen, wir haben die ganze Zeit schon viel über Rotweine da in dem Zusammenhang gesprochen, weil wir auch fast nur von Rotweinrebsorten gesprochen haben. Aber das Gleiche gilt im gewissen Umfang auch für Weißwein. Ja, und wenn du an Weingüter in Bordeaux denkst, die auch bei Weißwein tolle Weine, auch klassifizierte Weine produzieren, auch da ist die Vermählung der Rebsorten Sauvignon Blanc, Muscadel, Sémillon usw. Denk mal an die großen Weißweine der hohen Condrieu, wie viele Rebsorten da drin sind. Also das sind alles, glaube ich, schon Dinge, die zeigen, wie lange haben sich schon Leute - Champagne. Ja, das waren auch immer wieder Beispiele für die Vermählung von Trauben, um eben dieses Gesamtbild, und das ist auch bei Rosé, selbst in der Provence, das sind ja auch keine rebsortenreine Weine in der Regel. Also das ist so wie so ein Koch mit seinen Ingredienzen und dann hat er vielleicht noch eine Prise Salz, Pfeffer oder Estragon, das ist dann eine kleine Prise Petit Verdot oder was auch immer das ist, das ist. Also ich muss sagen, ich merke schon, also selbst, wenn das jetzt unsere letzte, weil ja auch schon vierte Bordeaux-Folge gemeinsam ist, es gibt noch Potenzial für weitere Podcastfolgen mit Cédric. Ich habe da auch schon so eine Idee. Also wie wäre es, wenn wir das nächste Mal darüber sprechen, dass sich ja auch deutsche Winzer, die Spätburgunder machen, am Burgund orientieren? Das wäre doch auch ein Thema für dich, oder?
Cédric
00:45:12
Ja, das ist natürlich für mich als Jungen aus Bordeaux diese Frage gerichtet, gilt schon fast als mehr als nur leichte Provokation. Aber, aber das Thema, das Thema ist tatsächlich.
Michael
00:45:28
Wieso krempelt er die Ärmel jetzt hoch?
Tobias
00:45:30
Ja, genau, ich muss weg.
Cédric
00:45:31
Aber tatsächlich ist dieses Thema, glaube ich, echt spannend. Und die Frage, wenn ich an so Winzer wie Fürst in Franken denke, die für mich schon fast eigenständigen Benchmarkcharakter haben, die Frage auch wirklich so spannend zu untersuchen ist: Ist das so oder ist es teilweise schon andersrum? Ja, also weil ich glaube, auch da bei unserer Fragestellung, jetzt losgelöst von Burgund und Pinot Noir und Deutschland und Frankreich, ich glaube, dass tatsächlich man in Deutschland auch mit einem sehr, sehr großen Selbstbewusstsein da an das Thema sich wirklich wenden kann, weil ich glaube auch, dass Spätburgunder schon sehr, sehr lange auf sehr, sehr, sehr hohem Niveau, ob das jetzt mein Beispiel aus Franken war oder in Baden, selbst in Teilen vom Rheingau, ja, also das, Weiß wäre dann noch mal mit Riesling. Das ist eher ein Einzelkind, der Riesling, sein verwöhntes Einzelkind, ne? Sprich, es ist eher immer als Solo-Rebsorte. In der Regel bleibt es auch dabei. Aber ich glaube, da kann man sich immer weiter mit beschäftigen, mit dieser Thematik. Und da bin ich gerne auf dieser Reise dabei. Lieber Tobias, lieber Michael.
Tobias
00:46:53
Das hört sich klasse an.
Michael
00:46:54
Schreiben wir direkt auf.
Tobias
00:46:55
Genau.
Michael
00:46:56
Und ich würde sagen, es gibt keinen besseren Zeitpunkt, als an der Stelle wieder zum Ausdruck zu bringen. Ich freue mich ungeheuer, bis es das nächste Mal wieder heißt.
Tobias
00:47:07
Bei Anruf.
Cédric
00:47:08
Wein.