Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

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Flick im Rheingau: Winter im Weinberg

07.02.2023 37 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Ein Besuch beim VDP-Weingut Flick im Rheingau ist jederzeit lohnenswert. Doch Michael und Tobias besuchen Reiner Flick nicht nur wegen seiner erstklassigen Weine, sie möchten mit ihm über ein ganz besonderes Thema sprechen: den Winter im Weinberg. Wer glaubt, dass Winzerinnen und Winzer untätig die kalte Jahreszeit zum Ausruhen nutzen, liegt falsch. Sowohl im Weinberg als auch im Keller gibt es viele Aufgaben zu erledigen. Reiner erklärt den beiden, was zu tun ist, überrascht mit der Aussage, dass Riesling kein Kaktus sei und weiß darüber hinaus von einem denkwürdigen Treffen mit Reinhold Messner zu berichten. Diese Folge bildet den Auftakt einer Serie über die Jahreszeiten im Weinberg.


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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Die heutige Folge bildet den Auftakt einer Serie über die Jahreszeiten im Weinberg, jetzt beginnend mit dem Winter. Wer glaubt, dass die kalte Jahreszeit für Winzerinnen und Winzer bedeutet, mal so richtig schön auszuspannen, liegt gänzlich falsch. Das wissen Michael und ich, seitdem wir Reiner Flick vom VDP-Weingut Flick im Rheingau für diese Podcastfolge besuchen durften. Er ist hochdekorierter Rieslingspezialist und ein wahrer Weinphilosoph, wie wir feststellen durften. Und bei ihm heißt Winter im Weinberg auch gleichzeitig: Winter in Monopollagen. Bevor wir gleich mit Reiner durch die winterlichen Weinberge stapfen und auch im Keller unterwegs sind, abonniert doch bitte noch schnell den Bei Anruf Wein-Podcast und lasst auch eine Bewertung da. Danke! Also bleibt mal dran. Wir fangen direkt an! Ja, ich grüße dich, Reiner. Vielen Dank, dass wir hier sein dürfen, um mit dir über den Winter im Weinberg zu sprechen. Ehrlich gesagt, habe ich ja gedacht, hier ist gar nichts los, weil es ist ja Winter. Es wird nicht geerntet. Es hängen keine Trauben am Stock. Ich habe dich eigentlich irgendwie im verlängerten Winterurlaub vermutet, aber ich glaube, damit liege ich falsch. Erzähl uns doch mal, warum auch im Winter jede Menge zu tun ist.
Reiner
00:01:29
Na ja, man unterschätzt das immer, welche Tätigkeiten so das ganze Jahr über bei uns im Weingut auflaufen. Und es ist ein Fulltime-Job und er geht über das ganze Jahr. Und momentan sind wir dabei, uns schon auf den Jahrgang 2023 vorzubereiten und legen jetzt dafür eigentlich schon den Grundstein.
Tobias
00:01:50
Ja, aber bevor wir jetzt loslaufen in Richtung Weinkeller, gucke ich dem Michael in die Augen und dem liegen vorab noch ein paar Fragen auf dem Herzen, die wir jetzt noch mal an Reiner stellen möchten.
Michael
00:02:01
Ja, mich würde noch mal interessieren: Winter im Weinberg, ist es eigentlich besser, wenn es kalt ist oder wenn es nicht ganz so kalt ist? Was tut den Reben eigentlich gut?
Reiner
00:02:13
Ja, für mich ist der Winter dann ein Winter, wenn wir tatsächlich Frost haben, wenn es kalt ist. Es darf ruhig auch mal ein bisschen klirrend sein. Und je wärmer die Winter sind, umso früher ist der Austrieb, umso höher ist die Gefahr, dass wir mit einem Spätfrost noch Schäden bekommen. Und das ist so immer unsere große Angst dann im Frühjahr, dass es so weit kommt.
Michael
00:02:36
Muss man denn Rücksicht nehmen auf die unterschiedlichen Lagen? Und muss man vielleicht auch Rücksicht nehmen auf verschiedene Rebsorten?
Reiner
00:02:44
Na ja, also da wir ja also Rieslingwinzer sind, ist es bei uns eine relativ einfache Geschichte. Wenn du aber verschiedene Rebsorten oder viele verschiedene Rebsorten hast, dann achtet man schon ein bisschen drauf, dass man erst mit den frosthärteren Sorten beginnt. Riesling gehört dazu. Empfindlichere Sorten wie Silvaner, die schneidet man dann ein bisschen später, um gegebenenfalls dann, wenn es wirklich sehr, sehr kalt noch wäre, ein bisschen vorsichtiger zu sein, um abzusehen, was ist tatsächlich vielleicht schon durch Frost geschädigt oder nicht.
Michael
00:03:19
Wenn wir jetzt über das Schneiden im Weinberg reden, damit lege ich ja auch fest, was gibt es an Ertrag, oder zumindest teilweise lege ich das damit fest. Woher weiß ich denn das jetzt schon, was richtig ist für ein Jahr, was kommt, und wir wissen noch nicht, wie das Jahr werden wird?
Reiner
00:03:36
Ja, tendenziell gehen wir natürlich so vor, dass wir das Thema Qualität über alles stellen. Also wir wollen tolle Trauben im Herbst haben, die aromatisch sind, die gesund sind, die goldgelb sind, die ausgereift sind. Und da legt man natürlich schon mit dem Rebschnitt das erste Fundament. Aber das ist nur ein Teil. Das ganze Weinwerden ist für mich immer ein Mosaik. Das besteht aus vielen, vielen, vielen Bausteinen. Und wir legen Tag für Tag 365 Tage im Jahr diese einzelnen Bausteine, die Puzzleteilchen ein, um am Ende ein Gesamtbild eines Weines zu erhalten. Und je komplexer ein Wein ist, umso mehr Teilchen müssen wir einsetzen. Aber beim Rebschnitt legen wir tatsächlich schon ungefähr das Ertragsniveau fest. Ich kann eine lange Fruchtroute anschneiden, dann habe ich viele Augen pro Stock. Aus jedem Auge entsteht ein Trieb. An jedem Trieb hängen 2 bis 3 Trauben. Schneide ich 5 Augen mehr an, habe ich theoretisch 15 Trauben mehr an einem Stock und den entsprechenden Mehrertrag. Schneide ich eine kürzere Fruchtroute an, habe ich weniger Ertrag, aber natürlich schon vielleicht dann wiederum das Problem, dass die Trauben dann zu dick werden, wenn ich zu wenig anschneide. Das heißt, es ist immer ein Abwägen in Abhängigkeit von der Lage, in Abhängigkeit von der Rebsorte, in Abhängigkeit auch vom Alter der Rebstöcke, wie viel man anschneidet. Und als ich vor vielen Jahrzehnten auch den Beruf des Winzers von der Pike auf erlernt habe, hat mein alter Meister immer gesagt: Der Rebstock zeigt dir, wie er geschnitten werden möchte. Das heißt, man guckt sich den an und dann überlegt man was ist gut für diesen Stock? Um tatsächlich dann nahe am Optimum der Weinqualität am Ende des Herbstes zu sein.
Michael
00:05:40
Und man lernt von Jahr zu Jahr dazu, hoffe ich doch dann. Oder ist es jedes Jahr erneut eine schwierige Frage?
Reiner
00:05:46
Na ja, der Rebschnitt ist schon eigentlich eine Konstante in einem Betrieb. Also viele andere Dinge sind keine Konstante, wo man permanent entscheiden muss, mache ich das jetzt so oder mache ich das vielleicht anders? Wie schaut es mit dem Wetter aus? Wie sehen die Prognosen in den nächsten 2, 3 Wochen aus? Also muss schon oft rekapitulieren, man muss sich informieren. Also es gibt natürlich immer so ein Inner Circle, es gibt die Mitarbeiter, mit denen man sich bespricht, man man holt externe Informationen und man telefoniert auch mit guten Freunden und Kollegen, wie sie die Lage einschätzen. Und dann trifft man halt eine Entscheidung. Und ob das alles dann richtig war am Ende, das sehen wir erst, wenn wir die Trauben zu Hause haben und wenn es dann hoffentlich gut geworden ist.
Michael
00:06:32
Welche Rolle spielt denn im Winter der Boden? Muss ich da auch irgendwas tun oder lasse ich den einfach ruhen?
Reiner
00:06:38
Naja, im Winter ruht der Boden generell erstmal. Also jeder Eingriff in den Boden über den Winter, der wäre massiv mit einer Auswaschung von Nährstoffen verbunden. Das wollen wir nicht. Deswegen bereiten wir den Boden schon auf den Winter vor, indem wir ab Ende Juli eigentlich die Bodenbearbeitung einstellen, komplett einstellen, damit der Boden zur Ruhe kommt. Es wird parallel dann eine Begrünung in der Regel eingesät, dass der Boden nicht nackt den Winter verbringen muss, die unter dem Aspekt Biodiversität angelegt ist. Das heißt, wir säen 30 verschiedene Samen aus, also eine Pflanzenmischung von Klee bis Phacelia und Ringelblumen und was weiß ich was, um dann auch im Spätherbst nicht nur eine Bienenweide zu haben, sondern um beim Klee zum Beispiel noch Stickstoff zu sammeln. Also Klee sammelt mit den Wurzeln Luftstickstoff und den können wir dann im nächsten Jahr wieder quasi zur Ernährung der Reben nutzen, wenn die Begrünung gegebenenfalls rumgebrochen wird oder gemulcht wird oder gewalzt wird. Also wir bereiten den Boden auf den Winter vor. Gut ist natürlich, wenn man im Winter auch ein bisschen Frost hat. Das fördert die Bodengare. Das heißt, wenn der Boden mal so richtig durchfriert, wird er wieder schön locker und Verkrustungen platzen auf. Man kann ja mit Eis und Wasser große Felsbrocken absprengen und so ähnlich passiert das im Boden dann im Kleinen auch. Wasser friert aus und lockert den Boden im Prinzip auf. Das gibt eine gute Bodengare, das ist das, was im Winter im Boden passiert. Aber wir schauen schon, dass der Boden gut vorbereitet mit einer schönen Begrünung, mit schön gut eingedeckt, warm eingepackt in den Winter geht und starten dann im Frühjahr so ab etwa Ende März, Anfang April erst wieder mit der Bodenbearbeitung, die dann aber schon im Juli wieder endet.
Tobias
00:08:43
Wer den Bei Anruf Wein-Podcast schon ein bisschen länger verfolgt, der weiß, mein Lieblingsthema ist immer irgendwie so das Thema Klimawandel. Jetzt wissen wir ja, du hast schon jahrzehntelange Erfahrung als Winzer. Wir haben aber vorhin, da waren die Mikrofone noch nicht an, darüber gesprochen, so einen richtigen Winter, den gab es eigentlich schon seit vielen Jahren nicht mehr. Wird da nicht auch, sage ich mal, eine langjährige Erfahrung auf die Probe gestellt bei dem ganzen Thema Klimawandel und dass man sich auf so was wie wie einen ordentlichen Winter gar nicht mehr verlassen kann?
Reiner
00:09:15
Na ja, es ist ja alles irgendwie im Fluss. So, und auch Erfahrung fließt. Also ich kann auf die Vergangenheit zurückblicken, kann daraus Rückschlüsse ziehen und versuchen, sozusagen so eine Art Transformation meiner Erfahrung von der Vergangenheit in die Zukunft zu gestalten. Das ist das, was ich jeden Tag versuche, das hinzukriegen. Und klar, als ich in den Beruf gegangen bin, ich bin leider in der Lage, dass ich schon von früher reden kann. Also irgendwann ist mir das mal mit, habe ich das mit Entsetzen festgestellt, ich kann von früher erzählen. Also ich habe eine Lehre als Winzer begonnen, das war Anfang der 80er Jahre, 1981, da gab es tatsächlich noch Winter. Ich habe mir im Winter 1981, 1982 mal die Ohrläppchen in meinem Lehrbetrieb beim Rebschnitt erfroren. Damit hatte ich dann lange noch zu tun. Das war echt schmerzhaft. Na ja, und wir sehen natürlich den Klimawandel, der ist für uns, den kriegen wir jeden Tag vor Augen geführt. Der Austrieb ist mittlerweile der Reben nicht Anfang Mai, sondern der ist teilweise schon Anfang April. Der ist um 3 Wochen früher. Die Lese ist früher. Früher war die klassische Rieslinglese im Oktober, die hat sich bis November hingezogen. Mittlerweile starten wir in der Regel schon mit dem Riesling Mitte September und sind in der ersten Oktoberwoche so gut wie fertig. Das bedeutet natürlich auch massive Veränderungen. Man muss das Lesefenster, das Zeitfenster, das wird kleiner. Wir haben die zunehmende Gefahr von Spätfrösten, weil einfach alles früher austreibt. Und wir haben 3 Wochen länger Zeit, um durch Frost einen Schaden zu bekommen. Also das muss man einfach so sehen. Ja, das ist halt so, man versucht sich dann halt ein Bild zu machen und aus dem ganzen Mix der Vergangenheit und der Erwartung der Zukunft, halt für das Jahr etwas zu planen. Und am Ende hofft man, dass man nichts falsch gemacht hat.
Tobias
00:11:12
Ja, ich hatte es ja eben schon mal angesprochen, draußen regnet es in Strömen. Also tatsächlich nicht so das wirklich winterliche Gefühl. Aber Niederschlag ist ja jetzt, sage ich mal, eigentlich auch eine ziemlich gute Sache. Auch, glaube ich, wenn er im Winter fällt, weil es so ein bisschen den Boden schon rüstet mit Wasservorkommen, oder?
Reiner
00:11:31
Genau. Winterniederschläge sind für uns sehr, sehr wichtig, weil sie füllen quasi das Depot im Boden auf. Was wir natürlich auch sehen, ist, dass wir eine zunehmend ungleiche Verteilung der Niederschläge haben. Wir haben jetzt natürlich mit dem Jahrgang 2022 auch ein sehr extremes Jahr hinter uns. Wir haben über fast 12 Wochen im Sommer überhaupt keine Niederschläge gehabt und es war extrem heiß, es war extrem trocken. Trotzdem haben wir im Jahr 2022 über 600 mm Niederschlag, also bedeutet 600 Liter pro Quadratmeter Regen, die eben 2022 gefallen sind. Das ist durchaus nicht wenig für eine Weinbauregion. Also es gibt Regionen, die haben das doppelt an Niederschlag. Aber in Weinbaugegenden liegt man normalerweise zwischen 550 und 650 Liter Regen pro Jahr. Aber wir sehen natürlich auch, dass die Niederschläge mittlerweile ungleich verteilt sind. Wir haben also im Winter natürlich hohe Niederschläge. Wir haben teilweise auch dann Niederschläge, wenn wir sie nicht haben wollen, nämlich während der Weinlese und im Sommer, wenn die Pflanze wächst, haben wir keine. Und Stuart Pigott hat mal 2003, das war auch ein sehr trockenes, heißes Jahr, mal in der FAZ-Kolumne geschrieben: der Riesling ist kein Kaktus. Und das ist schon einfach so, der Riesling ist kein Kaktus. Wir brauchen ab und zu Wasser. Wir brauchen Wasser, damit das Kraftwerk der Pflanze arbeitet, nämlich das Blatt, damit Assimilate gebildet werden, damit Aromen auch gebildet werden. Es geht nicht alleine um Zucker, sondern es geht einfach um Aroma. Das ist sowieso das oberste Ziel, die Aromareife. Zucker ist sekundär. Und dazu braucht die Rebe einfach auch Wasser. Ja, das verteilt sich mittlerweile ungleich und ist nicht so schön. Ich war im Sommer im Urlaub, in Südtirol, da war es einfach ein Traum. Bei uns war alles Steppe. In Südtirol, die hatten dann ein paar Niederschläge zwischendurch, da war, es war wunderbar, da habe ich mich richtig geärgert. Ein bisschen war ich neidisch und habe mich geärgert. Und dann habe ich einen Abend bei Reinhold Messner verbracht. Das war total spannend. Wir haben uns mit dem ein bisschen unterhalten dürfen, und der hat gesagt: Die Natur ist absichtslos. Und das habe ich mir erst mal so richtig durch den Kopf gehen lassen. Tatsächlich ist die Natur absichtslos. Ja, die Winde, Niederschläge sind gut, aber die sind, kommen ohne Absicht. Ja, und wir, ja, wenn ich dann mal damit hadere, dann habe ich mir im letzten Jahr dann schon, jetzt auch in der Weinlese, im Winter, immer wieder das vom Reinhold Messner in Erinnerung gerufen: Die Natur ist absichtslos. Aber was wir halt natürlich machen, wir nehmen erheblichen Einfluss auf die Natur. Wir greifen ein, wir sind dafür verantwortlich, dass es jetzt so ist, wie es ist, weil wir über Jahrzehnte einfach zu viele fossile Brennstoffe verbrauchen, verbraucht haben. Und ja, da ist halt, das ist unsere Absicht gewesen, dass es uns gut geht. Und das sind die Folgen, die wir jetzt da natürlich sehen, dass wir schon mit dem Klimawandel eine starke Herausforderung haben.
Tobias
00:14:58
Ja, mit den nachdenklichen Worten zum Schluss haben wir jetzt, glaube ich, wirklich eine super erst mal theoretische Basis gelegt für diese Folge. Aber ja, jetzt lasst uns doch einfach mal los in Richtung Weinkeller, da ein bisschen in die Praxis eintauchen und dann hören wir uns gleich wieder.
Michael
00:15:19
Ja, ich glaube, man hört es an unserem Ton. Wir stehen jetzt hier im Fasskeller. Was passiert denn gerade jetzt hier Entscheidendes?
Reiner
00:15:27
Ja, also wir haben jetzt hier schon die ersten 2 Holzfässer geleert. Da war Weißburgunder drin. Der soll jetzt zuerst abgefüllt werden, irgendwann Mitte Februar soll es so weit sein. Und von unserem Weißburgunder waren jetzt 2 Partien hier im Holzfass drin, im sogenannten Stückfass. Ein Stückfass hat 1.200 Liter Inhalt. Hier sind die Fasstürchen jetzt noch draußen. Man kann ins Fass reingucken. Ich bin immer total geflasht von so einem Fass innen, das ist für mich wie Schiffsbodenparkett. Das ist einfach ein Traum. Und diese Holz Fässer sind aus Eiche hergestellt und die sind aus Taunus-Eiche hergestellt, die wir selbst mit dem Förster zusammen eingeschlagen haben. Also wir sind nachhaltigkeitszertifiziert schon seit 2012. Für uns ist so das Thema aus der Region, mit der Region ganz, ganz wichtig. Und da haben wir schon sehr frühzeitig angefangen, 2010, nicht das Holz für unsere Holzfässer von irgendwoher einzukaufen, sondern tatsächlich hier aus der Region zu beziehen. Hier haben wir jeden Baum selber gesehen, aus dem die Fassdauben dann hergestellt wurden. Wir sind mit unserem Küfer in den Wald gefahren und haben dann tatsächlich die einzelnen Bäume mit dem Küfer, mit dem Förster zusammen ausgewählt. Die wurden dann eingeschlagen. 2010 16 Eichen, 2013 dann noch mal 10, die wurden dann zu Fassdauben verarbeitet. Die Fassdauben müssen dann auch einige Jahre reifen und lagern, damit tatsächlich also das Gewünschte draus wird, damit es funktioniert. Also auch ein Fassholz braucht eine gewisse Reife. Und dann haben wir also im Prinzip seit 2013, 2014 angefangen, die Fässer, die wir neu dazu bekommen haben, aus eigenem Holz, also selbst geschlagenem Holz herzustellen. Mittlerweile haben wir hier 48.000 Liter Holzfasskapazität, das meiste davon in den traditionellen Stückfässern, 1.200 Liter oder Doppelstück mit 2.400 Liter haben wir hier noch, und wir haben 3.000-Liter-Fässer.
Michael
00:17:38
Was ist denn noch im Fass und wann kommt was aus dem Fass raus?
Reiner
00:17:43
Also mehrheitlich im Fass ist natürlich jetzt noch Riesling hier unten natürlich so die, eher die High-End-Premiumweine Nonnberg, Victoriaberg, die Lagenweine, die bleiben auch noch eine ganze Weile auf der Hefe liegen. Also da ist noch gar nichts passiert. Die sind hier, haben die Trauben geerntet gekeltert, dann sind.
Michael
00:18:05
Wie entscheidest du das, wie lange die jetzt noch auf der Hefe bleiben? Weil das ist ja auch maßgeblich nachher, wie der Wein sich dann stellt.
Reiner
00:18:11
Wir verkosten schon immer mal. Wir haben, ich halte auch nichts von permanentem Verkosten. Also ich bin auch so von der alten Schule, ich habe noch die alten Lehrmeister der Kellerwirtschaft als Professoren und als Ausbilder gehabt, und da hieß es immer, also die durchsoffenen oder durchzechten Weine, also wenn man ständig an so einem Fass rumprobiert, glaube ich fest, das ist nichts. Man stört den ganzen Entwicklungsprozess, man muss das Ganze in Ruhe lassen. Aber man muss natürlich immer wissen: Was passiert jetzt hier gerade? Deswegen, klar, gibt es Verkostungen, aber wir machen immer eher große, vollumfängliche Verkostungen, als ständig irgendwie an so einem Wein da rumzuzerren. Und wir haben jetzt Anfang Dezember einmal den Jahrgang komplett, jedes Fass, jeder Tank, alles was wir haben, auf den Tisch gestellt und haben es durchprobiert. Da laden wir auch uns immer noch Gäste ein. Also wir wollen nicht nur unsere eigenen Weine probieren und sagen: toll, toll, toll, sondern wir holen auch Studienfreunde und andere Kapazitäten quasi dazu und probieren durch. Und dann wird das durchaus kritisch betrachtet. Da wird jeder Wein auseinandergenommen, sensorisch. Und dann gibt es natürlich Entscheidungen wann von der Hefe runter, wie lange bleibt er von der Hefe? Aber auch hier spielt natürlich die Erfahrung eine ganz große Rolle, weil wir wissen natürlich, unser Nonnberg ist ein Wein, der lange Hefelage nicht nur verträgt, sondern er braucht das. So, und deswegen sind natürlich viele Entscheidungen schon im Kopf vorher gefallen. Die stehen schon fest und man bestätigt das letzten Endes nur. Und so ist das, wir machen jetzt dann die nächste große Verkostung, die ist am 24. Januar. Da kommt dann noch mal alles raus und auf den Tisch. Und da wird dann tatsächlich geguckt, wie sind die Weine im Hinblick auf die anstehenden Füllungen, welche zuerst, welche brauchen noch Zeit usw. Aber klar ist, je weiter oben die Weine in der Qualitätspyramide angesiedelt sind, umso länger bleiben sie hier im Holzfasskeller und umso länger bleiben sie auch auf der Hefe.
Tobias
00:20:30
Ja, ihr macht auch ein bisschen Rotwein. Ist das auch sozusagen irgendwie so die Befriedigung der Konsumentennachfrage oder gehört Spätburgunder auch unbedingt ins Rheingau?
Reiner
00:20:40
Ja, also der Spätburgunder ist ja im Rheingau schon länger nachgewiesen als der Riesling. Der Riesling ist 1435 das erste Mal in Kellerbüchern im Rheingau aufgetaucht. Der Spätburgunder bereits 1106, der kam ja mit den Benediktinern aus dem Burgund in den Rheingau. Die hatten den Spätburgunder mit im Gepäck. Also deswegen gehört natürlich Spätburgunder auch in den Rheingau und er gehört auch zu uns. Und ich glaube auch, und das ist dann natürlich die eher positive Seite der Medaille des Klimawandels, dass wir gerade auch im Bereich Rotwein mittlerweile auch die ganze Klaviatur spielen können. Und ich glaube schon, dass viele Spätburgunder aus Deutschland, die guten, die ambitionierten, es mit jedem Burgunder aus Burgund aufnehmen können. Da bin ich mir ganz sicher. Allerdings, und das sehe ich natürlich mit einem eher weinenden Auge des Erzeugers, zu einem Drittel des Preises, den man in Burgund zahlt.
Tobias
00:21:49
Ja, das ist jetzt mal eine klare Empfehlung in Richtung Spätburgunder aus dem Rheingau. Reiner Jetzt sind wir ja hier eine Etage unter dem Weinkeller, praktisch im Fasskeller. Gibt es denn noch eine Station, die jetzt hier im Winter im Keller noch eine Rolle spielt, die wir uns angucken könnten?
Reiner
00:22:06
Ja, klar. Also wir haben natürlich nicht nur Holzfässer. Wir bauen ungefähr 20 bis 25 % unserer Weine im Holzfass aus. Wir haben auch einen Edelstahlkeller, das ist aber ebenerdig. Also die Bezeichnung „Keller" ist vielleicht da ein bisschen übertrieben. Also wir haben auch Edelstahltanks. Wir haben 200.000 Liter Volumen Potenzial für den Ausbau unserer Weine im Edelstahl. Und da können wir natürlich jetzt gerne mal hingehen, mal gucken. Da wird filtriert, da wird auch abgestochen, da ist Hefe, da ist Matsche. Also Weinmachen ist manchmal auch dirty und da ist jetzt voll Action.
Tobias
00:22:47
Ja, jetzt sehe ich hier ganz viele Edelstahlfässer, wir sind angekommen. Ja, erkläre uns doch mal was, was jetzt hier im Winter die Arbeiten sind, die durchgeführt werden müssen.
Reiner
00:22:57
Na ja, also hier ist jetzt gerade der Weißburgunder aus dem Holzfasskeller angekommen. Der wurde umgelagert in einen Edelstahltank, weil es auch verschiedene Gebinde waren, in denen der Wein vergoren wurde. Jetzt kommt der, wird er quasi wiedervermählt, kommt wieder in einen Edelstahltank zusammen, wird dann vorher filtriert. Also wir versuchen halt möglichst wenig an den Weinen halt rumzudoktern, eigentlich gar nichts zu machen. Der Wein soll das alles für sich alleine machen. Einer meiner alten Lehrmeister, der Prof. Dr. Gerhard Troost, das war jemand, der hat mal die Bibel der Weintechnologie geschrieben, war Geisenheimer Institutsleiter am Institut für Kellerwirtschaft, und der hat gesagt: Die Gärung ist die Geburt des Weines. Also wir sind quasi die Hebammen, die Geburtshelfer. Wir helfen diesem Kind auf die Welt. Wir gucken, dass das wohl erzogen wird, dass das eine gute Ausbildung bekommt. Und irgendwann, wenn der Wein in die Flasche kommt und zum Kunden, dann ist die Erziehung, die wir leisten können, unsere Geburtshilfe zu Ende. Und nichts anderes machen wir hier.
Tobias
00:24:10
Ja, sehr gut. Jetzt haben wir schon jede Menge gelernt und vor allem auch feststellen müssen, untätig seid ihr tatsächlich im Winter nicht. Aber jetzt fehlt uns natürlich noch ein ganz wichtiger Punkt, nämlich: Was passiert eigentlich im Weinberg? Was passiert im Wingert? Und ja, vielleicht schwingen wir uns jetzt noch mal kurz ins Auto und du zeigst uns da noch ein bisschen mehr.
Reiner
00:24:31
Unbedingt. Hier fängt der Nonnberg an, der geht bis da hinten hin.
Tobias
00:24:44
So, das war jetzt eine wirklich kurze Fahrt und jetzt stehen wir hier im Wingert. Ja, Reiner, erzähl uns doch bitte mal, was wir hier sehen, wo wir hier sind und vor allem, was es hier wieder mal im Winter zu tun gibt. Ist ja unser Dauerthema.
Reiner
00:24:58
Ja, also hier sind wir im Nonnberg. Das ist quasi mein Hausberg, mein Lieblingsweinberg. Ein Weinberg, der 1281 erstmals urkundlich erwähnt wurde, der fast 500 Jahre lang im Besitz eines Nonnenklosters war. Deswegen heißt er auch Nonnberg, 1791 dann in die Hände des Mainzer Erzbischofs übergegangen ist. Dann kam Napoleon, Säkularisation. Und heute sind wir die Eigentümer dieses kompletten Weinbergs, deswegen ist das auch eine Monopollage, genauso wie der Hochheimer Königin Victoriaberg, der auch zu unserem Weingut gehört. Und hier kann man schön die Begrünung sehen, die Winterbegrünung. Der Weinberg ist komplett, quasi der Boden zugewachsen, wobei wir alternierend eine über die andere Reihe im Sommer offen halten, um eine Wasserkonkurrenz zur Rebe zu vermeiden. Also es ist wichtig, im Boden die sogenannten Kapillare zu brechen. Das sind so quasi feine Äderchen, die Wasser von tieferen Bodenschichten in obere Bodenschichten transportieren und da auch für eine höhere Verdunstung am Ende verantwortlich sind. Und wenn man den Boden ganz flach bearbeitet, da wird nur so ganz leicht oben in den ersten 10 Zentimeter so ein bisschen rumgerührt, dann bricht man diese Kapillare, das heißt also, dieser Wasserfluss von tieferen Bodenschichten nach oben, der ist unterbrochen, der flach bearbeitete Boden oben, der liegt dann quasi wie so eine Art Isolationsschicht oben drauf und wir erhalten in dem Unterboden, da, wo die Reben mit ihren Wurzeln zu Hause sind, mehr Bodenfeuchte. Und in den Reihen jetzt, die quasi im letzten Sommer offengehalten waren, kann man also jetzt noch so die Reste der Begrünung sehen, der verschiedenen Pflanzen, die wir da einsäen. Das sind über 30 verschiedene Pflanzen. Dazu zählen eben Phacelia, Ringelblume, Klee natürlich, Pimpernelle. Also man kann auch für seinen Sommersalat, kann man hier auch im Weinberg sich die Kräuter dazu zusammensuchen. Ja, da ist Borretsch, ist da eingesät usw. Und das ist natürlich jetzt vom letzten Frost vor Weihnachten ein bisschen abgefroren. Das, was man hier so ein bisschen müde, welk sieht, das sind Malven, die abgefroren sind. Aber das kommt alles im Frühjahr wieder und fängt dann relativ frühzeitig an zu blühen.
Tobias
00:27:21
Jetzt schauen wir doch mal vielleicht ein bisschen näher in Richtung Stock, in Richtung Reben. Logischerweise, hier hängt keine einzige Traube mehr. Dafür sieht das jetzt irgendwie alles so ein bisschen gakelig aus, so ein bisschen trocken aus. Was ist denn jetzt hier die Aufgabe an der Rebe selber im Winter?
Reiner
00:27:41
Ja, also beim Rebschnitt wollen wir jetzt hier in diesem Weinberg eine Fruchtroute anschneiden, die dann quasi die Basis bietet für den künftigen Jahrgang. Also wir haben hier diesen Rebstock, der besteht aus einem Stamm. Der Stamm ist etwa 60 bis 70 cm hoch. Das ist das sogenannte Altholz. Und aus diesem Altholz sieht man so einen etwas dünneren, so daumendicken Stängel rauswachsen, der dann in der Horizontalen gebogen ist. Der ist also flach gebogen. Und aus dieser ehemaligen Fruchtroute vom letzten Jahr kann man sehen, sind lauter neue Triebe entstanden, die quasi jetzt für das kommende Jahr Schnittholz sind, für die nächste neue Fruchtroute. Wir sprechen hier von einjährigem Holz. Also das sind die Triebe, die dieses Jahr entstanden sind. Die sind verholzt im Oktober, November und das ist so ein bisschen wie eine Weidenrute, ist so bleistiftdick, ist auch elastisch und so. Das ist das 1-jährige Holz. Das 1-jährige Holz befindet sich auf dem 2-jährigen Holz. Das 2-jährige Holz ist das, was quasi im letzten Jahr die Fruchtroute war, die wir jetzt hier so vor uns sehen. Und dieses 2-jährige Holz ist dann auf dem, kommt aus dem mehrjährigen Holz also der Teil, der eigentlich der Stamm ist. So, und wir stellen uns einfach vor, dass wir hier die Verlängerung haben zur Wurzelachse. Das heißt, wir versuchen so zu schneiden, dass das im Prinzip möglichst gerade von der Wurzel aus weitergeht. So, jetzt haben wir aber bei der Rebe ein Lianengewächs vor uns. Die Rebe ist botanisch gesehen ein Lianengewächs und ist ursprünglich in den Auenwäldern von Flussniederungen und Flussdeltas zu Hause gewesen. Also von Eurasien angefangen, also Asien angefangen, bis zu uns. Man kann noch Vitis Vinifera, Wildformen der Rebe, in den Auenwäldern des Rheines finden. Die Rebe wächst an den Stämmen der Bäume hoch und macht sich oben in der Krone der Bäume breit. So, da wir aber andere Ziele haben, haben wir hier eine sogenannte Drahtanlage. Das heißt, überall sind Pfähle und zwischen dem Pfahl ist Draht. Das ist quasi die Rankhilfe für die Rebe. In diesem Draht wächst diese Rebe dann nach oben. Die Triebe sollten sich möglichst gleichmäßig in der Laubwand verteilen, damit wir überall Luft, Licht und Sonne haben, damit die Trauben nicht auf einem Klumpen hängen, sondern sich schön in einer Rebzeile verteilen. Und was ich eigentlich noch sagen wollte, wir waren beim Lianengewächs: Die Rebe hat noch eine Besonderheit. Die hat die sogenannte apikale Dominanz.
Tobias
00:30:44
Oh Gott, Oh Gott!
Reiner
00:30:44
Oh Gott, Oh Gott, genau, die apikale Dominanz. Das heißt, die Rebe treibt an der Triebspitze bevorzugt aus. Das kommt daher, weil die Rebe ursprünglich im Wald zu Hause war und möglichst schnell nach oben wachsen musste, um sich oben im Lichtbereich der Krone der Bäume breitzumachen. So, wenn wir jetzt quasi die künftige Fruchtroute nicht in die Horizontale bringen würden, hätten wir bei der apikalen Dominanz eine Bevorzugung der oberen Spitze. Diese Fruchtroute um die Rebe würde oben ganz dolle wachsen und unten total scheiße wachsen. Ja, weil wir aber wollen, dass alle Trauben gleichmäßig versorgt werden, alle Trauben auch gleich gut sind, müssen wir diese apikale Dominanz brechen, indem wir diese Fruchtroute nachher nehmen und biegen sie in die Horizontale. Und durch dieses Biegen in der Horizontale erreichen wir, dass alle Augen auf Augenhöhe sind. Also die Augen sind alle gleichberechtigt auf einer Höhe, treiben alle gleichmäßig aus. Alle Trauben werden gleichmäßig mit Assimilaten versorgt und wir haben eine homogene Qualität. So, und das alles muss man ein bisschen im Hinterkopf behalten, wenn man Reben schneidet.
Tobias
00:32:06
Ja, gutes Stichwort, weil beim Begriff Rebschnitt bekomme ich direkt Angst, weil man kann doch bestimmt auch ganz, ganz viel falsch machen und dann sozusagen den kompletten Stock ruinieren. Am besten zeigst du uns das einfach mal!
Reiner
00:32:20
Ja, klar. Klar kann man es ruinieren.
Tobias
00:32:21
So, wie es richtig geht, meine ich!
Reiner
00:32:22
Klar kann man es ruinieren. Aber es gibt natürlich, ja, es gibt 5 Winzer, 5 Meinungen beim Rebschnitt. Aber wie gesagt, das oberste Ziel ist, den Stock zu erhalten, weil so ein Rebstock soll ja 40, 50 Jahre lang in einem Weinberg bleiben und soll vital bleiben. Und natürlich das Ertragsniveau und damit auch ein bisschen die Qualität eines jeden Jahrgangs legt man mit dem Rebschnitt fest. So, wenn wir uns jetzt hier diesen Stock anschauen, also manchmal steht man auch vor einem Stock und man denkt, das ist so verworren, was mache ich denn jetzt? Oh Gott, oh Gott. Und man darf auch nicht aus jedem Stock eine Doktorarbeit machen. Also man muss sehen, wir haben 5.000 Stöcke pro Hektar im Schnitt. Wir haben 20 Hektar. Das heißt, wir haben ganz viele Stücke zu schneiden. Und wenn ich an jedem Stock eine Stunde rumdoktore, dann werde ich nicht mehr fertig. Also das heißt, wir schauen, also bei uns schneidet eine Person ungefähr einen Hektar pro Woche. So, bei 20 Hektar sind wir im Schnitt 20 Wochen, würde einer alleine 20 Wochen schneiden. Also er kriegt natürlich ein bisschen Hilfe, aber im Schnitt dauert bei uns der Rebschnitt vom 1. Dezember an bis Ende Februar.
Tobias
00:33:35
Wow.
Reiner
00:33:35
Ja, und irgendwann muss man auch fertig werden, weil dann kommt ja der Austrieb und das geht ja schon wieder weiter. Und dann muss man vorbereitet sein und alle Arbeiten müssen fertig sein. Also, wenn man nicht unbedingt weiß, was nimmt man jetzt für eine Route, schneidet man erstmal alles weg, was einen stört und was einem nicht gefällt oder was man garantiert nicht braucht. Und dann wird irgendwann das Bild immer klarer. Also irgendwann sieht man vor sich, okay, wie soll es sein? So, wenn man jetzt also hier hergehen, schneidet man natürlich erst mal so ein bisschen die alte Fruchtroute, also das 2-jährige Holz, ein bisschen durch. So, hier hätten wir im Prinzip sogar 3 Möglichkeiten. Also hier haben wir 3 wunderschöne Fruchtrouten, 1, 2, 3. Ja, also hier schneiden wir natürlich erst mal aus der vorherigen Fruchtroute erst mal alles so ein bisschen weg, was wir garantiert nicht brauchen. Und so, wenn wird das ein bisschen klarer haben, so, hier aus dem Stamm kommt noch was raus, das schneiden wir ab, das brauchen wir nicht. Aber hier kann man sehr schön sehen, wir haben theoretisch 3 wunderbare Fruchtrouten, die könnten wir alle nehmen. Wir nehmen sozusagen die, die am nächsten zum Stamm angeordnet ist, machen einen relativ geraden Schnitt und haben jetzt hier unten drunter noch eine etwas kleinere Route. Die schneiden wir auf 2 Augen an, dann haben wir im Prinzip in jedem Fall auch nächstes Jahr, weil das muss das oberste Ziel sein, wieder ein gutes Schnittholz zu haben, haben wir im nächsten Jahr ein gutes Schnittholz, wenn aus diesem sogenannten Zapfen noch 2 Triebe rauskommen und der ist auch ganz nah am Stammkopf. Das heißt, wir haben die maximale Verlängerung zur Wurzel runter. Ja, und da wir den den Stock in einem gewissen Blatt-Frucht-Verhältnis halten wollen, also muss man schauen, dass man auch eine ausreichende Anzahl an Augen am Stock belässt. Hier haben wir auch so 2, 2,2 m² Standraum pro Stock. Da kann man davon ausgehen, dass man mit ungefähr 16 Augen qualitativ auf der absolut guten Seite ist. Wenn wir jetzt mal abzählen, was wir hier gemacht haben, wir haben hier unten an dem Zapfen 1, 2, 3 Augen, dann haben wir hier an der Fruchtroute 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12. 12 plus die 3, sind wir jetzt bei 15. Also wir hätten ein Auge mehr anschneiden können. Wäre jetzt kein Beinbruch, aber die 15 Augen, die wir jetzt hier haben, sind auch kein Beinbruch.
Michael
00:36:27
Ja, es fängt jetzt gerade schon wieder an zu nieseln und zu regnen. Aber wir haben eine Menge gelernt. Wir wissen, dass ihr nicht untätig seid im Winter. Und ja, vielen Dank für die Zeit. Ist doch ein bisschen mehr geworden, als du dir vielleicht vorgestellt hast. Ich bin jetzt ein ganzes Stückchen schlauer. Vielleicht komme ich irgendwann mal auch so ein bisschen zum Schneiden. Ich habe es eben verstanden, wie es geht. Ja, und wir beide, Tobias, wir freuen uns doch, wenn es das nächste Mal wieder heißt.
Tobias
00:36:54
Bei Anruf.
Reiner
00:36:55
Wein.