Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

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Geschwister im Weinberg: Meyer-Näkel

16.09.2025 65 min

Zusammenfassung & Show Notes

Über Geschwister im Weinberg haben Tobias und Michael mit Meike und Dörte Näkel vom VDP-Weingut Meyer-Näkel an der Ahr gesprochen. Die beiden Schwestern zählen zu den profiliertesten Winzerinnen Deutschlands und wurden von VINUM als „Winzerinnen des Jahres“ ausgezeichnet. Im Gespräch berichten Meike und Dörte, wie sie das Familienweingut nach der Flutkatastrophe 2021 weiterentwickelt haben und welche Rolle ihre unterschiedlichen Stärken im Alltag spielen. Es geht aber auch um die Geschichte ihres Vaters Werner Näkel, internationale Projekte in Südafrika und Portugal sowie die große Rolle des Spätburgunders an der Ahr. Eine Folge, die zeigt, wie viel Stärke und Leidenschaft in einem Geschwisterpaar stecken und warum man manche Wege besser zu zweit geht.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Heute geht es bei uns um Geschwister im Weinberg. Und kaum jemand verkörpert dieses Thema so gut wie die Schwestern Meike und Dörte Näkel vom VDP-Weingut Meyer Näkel an der Ahr. Gemeinsam haben sie nicht nur ein Familienerbe übernommen, das ihr Vater Werner maßgeblich geprägt hat, sondern auch eine ganz eigene Handschrift entwickelt. Michael und ich sprechen mit den beiden über das Miteinander als Schwestern, über Aufgabenteilung und Entscheidungswege, über Kindheit, Kellerarbeit und die großen Herausforderungen der Region Ahr. Gar keine Herausforderung ist es für euch, Bei Anruf Wein zu abonnieren und eine Bewertung zu hinterlassen. Außerdem macht doch bitte bei unserer Umfrage in den Shownotes mit. Und zu guter Letzt schaut mal auf Weinlakai.de nach meinen Weinseminaren und WSET-Ausbildung. Also bleibt mal dran. Wir fangen direkt an! Ja, liebe Meike, liebe Dörte, ich begrüße euch ganz herzlich Bei Anruf Wein. Schön, dass wir euch besuchen durften. Und heute sind wir ja mit dem Thema „Geschwister im Weinberg" unterwegs und freuen uns natürlich ganz besonders, euch beide dafür gewinnen zu können.
Meike
00:01:22
Wir freuen uns auch sehr über die Einladung, dabei sein zu dürfen.
Michael
00:01:25
Ja, unser Thema heißt heute Geschwister im Weinberg. Bevor wir da einsteigen, geben wir doch vielleicht mal unseren Zuhörerinnen und Zuhörern die Gelegenheit, so ein bisschen mehr über euch zu erfahren. Für die, die es noch nötig haben. Sag doch bitte mal was über euer Weingut und wie lange es euch gibt und was eure Besonderheiten sind.
Meike
00:01:49
Wir sind ein Familienweingut in der 5. Generation. Wir sind an der Ahr. Die Ahr ist ja eines der kleinsten und nördlichsten Anbaugebiete und im Prinzip schon seit vielen Jahrhunderten auf Rotwein spezialisiert und ganz im Besonderen eben auch auf Spätburgunder. Und diese Kombination, so weit im Norden in den Schiefer-Steillagen des Ahrtals Spätburgunder anzubauen, das ist eine ganz große Besonderheit für die Region. Und mit der identifizieren wir uns ja auch sehr.
Tobias
00:02:23
Und ich habe es ja gerade schon gesagt wir waren ja auch schon bei Burggarten. Für die, die vielleicht in eine ältere Folge mal reinhören wollen, wir haben also schon über das Anbaugebiet Ahr auch berichtet. Jetzt ist es so bei euch beiden, wenn man in die Weinpresse schaut oder auch in die Social-Media-Kanäle, ihr seid eigentlich immer zu zweit zu sehen. Also dieses Schwesternpaar wird irgendwie sehr, sehr aktiv gespielt. Ist das auch was, was, sage ich mal, manchmal so ein bisschen euch auf den Keks geht, dass ihr immer so als „die Schwestern" gesehen wird, weil die eigene Identität ein bisschen flöten geht? Oder nehmt ihr das gar nicht so wahr?
Meike
00:03:03
Ich vermute, dass wir das verursachen, indem wir die Bilder so rausgeben oder indem wir selber auch, ja, ich sag mal, unsere Social Media, die bestücken wir ja selbst, unsere Website usw. Und wir identifizieren uns ja auch als Geschwister. Also uns gibt es ja. Also keine von uns beiden erinnert sich daran, in ihrem Leben mal ohne die andere gewesen zu sein. Also dementsprechend ist es selbstverständlich für uns und deswegen glaube ich auch nicht, also ich weiß jetzt nicht, was du, Dörte, dazu sagst, ob du da jetzt dich nicht mit identifizierst, aber ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit, dass es eben einfach so ist und dass wir halt diese Gelegenheit auch leben im Weingut, dass wir das zusammen machen können, und die Chance dafür gekriegt haben.
Dörte
00:03:48
Genau. Ich denke auch, dass wir das auch einfach als ganz großen Vorteil sehen und das Weingut eben auch zusammen führen. Das heißt ja nicht, dass wir 24 Stunden zusammen sind, also gar nicht. Also unsere Freizeit verbringen wir dann doch gerne getrennt. Da hat dann jeder seine eigene Identität oder mit der eigenen Familie oder den eigenen Kindern. Aber im Weingut oder in diesem, in dieser Arbeitswelt, da sind wir eben zusammen.
Michael
00:04:12
So, jetzt habt ihr ja wahrscheinlich auch - jeder hat so seine Stärken, seine Schwächen. Fangen wir mal mit den Stärken an, das ist immer sympathischer. Da heißt es immer, du bist so eher so aus dem Bauch heraus. Und da heißt es immer, du musst immer ganz exakt sein. Stimmt das? Wo trifft sich das? Oder ist das einfach nur so dahergesagt, um so eine kleine Unterscheidung zu haben?
Dörte
00:04:34
Ja, ich finde, man kann ja immer die Stärken des anderen besser als die eigenen beurteilen. Aber nee, ist schon richtig. Also wir sind komplett unterschiedlich. Deswegen auch das, was ich gerade eben gesagt habe, dass wir unsere Freizeit auch unterschiedlich verbringen, neben dem Wein auch unterschiedliche Interessen haben. Und das war schon immer so, also seit wir Kinder sind. Wir haben auch ganz anders in der Schule unseren Alltag oder unsere, wie der Einzelne eben in der Schule war. Und meine Schwester, wie du es ja gerade schon so schön gesagt hast, das trifft auch völlig zu, also bei meiner Schwester ist immer alles hundertprozentig und ganz genau und auch gut durchdacht. Bei mir halt nicht so. Also über die eigenen Schwächen darf man dann ja auch sprechen. Bei mir halt nicht so, ich entscheide halt viel aus dem Bauch raus oder viel spontan oder eben glaube ich, bin ich mit meinen Entscheidungen schneller. Und da ist aber ganz toll, wenn man eben jemanden hat, der diese Entscheidungen vielleicht für einen mit noch mal durchdenkt, ob das denn wirklich so eine gute Entscheidung ist, irgendwas zu machen.
Meike
00:05:40
Ja, und umgekehrt kann ich das dann wieder als Stärke darstellen. Also manchmal verheddere ich mich dann in Gedankengängen, im Abwägen Für und Wider und weiß gar nicht, habe ich jetzt mehr Pluspunkte und Minuspunkte auf die einzelnen Seiten gestellt. Und dann ist es halt super hilfreich, wenn es um irgendein Thema geht, um irgendeine Entscheidung, die zu treffen ist, wo ich selber gar nicht weiterkomme in meinem Kopf, ist es dann toll, wenn man dem anderen das darstellt und der sagt: klar, natürlich, so und so, richtig. Und dann im Prinzip die Entscheidung damit zum Beispiel fertig gemacht wird. Oder es gibt ja auch manchmal Fälle, da muss man eigentlich gar keine Entscheidung treffen oder man muss es gar nicht erst durchdenken. Es reicht, wenn man das aus der Intuition raus hat. Also ich habe jetzt gar kein direktes Beispiel, aber so diese Kombination aus beidem hat uns schon oft geholfen und dann auch das Leben leichter gemacht, tatsächlich. Also da versuchen wir tatsächlich aus den unterschiedlichen Charakterzügen zu schöpfen. Und so unterschiedlich wie wir äußerlich sind, so unterschiedlich sind wir dann tatsächlich auch innerlich.
Tobias
00:06:44
Okay. Und wenn man jetzt mal so an Zuständigkeiten denkt, ist ja ganz klassisch immer in einem Weingut Keller und Weinberg, Wie seid ihr da unterwegs und, sage ich mal, bringt ihr da auch genau diese beschriebenen Stärken dann auch entsprechend ein? Oder ist das auch was, was ihr gemeinsam macht?
Dörte
00:07:04
Also ich glaube, es ist auch einfach da wieder ein ganz großer Vorteil, dass wir zu zweit sind. Das hat unser Vater auch immer gesagt, seht das als Vorteil, weil er war irgendwie halt immer alleine, mit jeder Entscheidung auch. Und dass du immer jemanden hast als Backup. So, du kannst auch mal krank sein oder einfach, dass man Entscheidungen auch mit jemandem besprechen kann. Wir sind ja jetzt kein riesiger Betrieb, also haben jetzt nicht eben diese ganzen, dann gibt nicht noch eine Marketingabteilung und noch eine Abteilung dafür. Aber natürlich muss man das ja irgendwie einteilen, was bei uns dann auch einfach so passiert ist, indem man in einen Betrieb kommt, der schon ja läuft, wenn man sich nach der Ausbildung entscheidet, in den Betrieb zu kommen, und dann findet man irgendwo seine seine Stellen, was eben noch zu machen ist oder übernimmt vom Vater. Und meine Schwester ist ja schon 2005 in den Betrieb gekommen. Bei mir war es 2008, also noch mal 3 Jahre später. Und in dem Familienbetrieb, also wie unser Vater gesagt hat, jeder muss im Grunde so einen Einblick in alles haben und auch so ein bisschen den Überblick über alles und wir besprechen auch alles zusammen. Aber natürlich sind da trotzdem so ein bisschen Einteilungen bei uns, die so gewachsen sind. Meine Schwester macht ja den ganzen Keller quasi. Ich bin nur im Herbst - also was heißt „nur", aber nur im Herbst dabei. Ich sage immer, wenn die letzte Presse gelaufen ist, dann ziehe ich meine Gummistiefel wieder aus und widme mich dann der anderen Arbeit. Und wir haben ein ganz, ganz tolles Team, die das alles mit uns stemmen. Also das muss man auch immer ganz klar sagen. Ja, willst du noch irgendwas zufügen?
Meike
00:08:41
Ja, wobei man aber ja auch sagen muss, dass unsere Kellerarbeit sich ja fast auf den Herbst beschränkt, da wir ja, ich sag mal, Low Intervention oder Low Tech oder wie auch immer man das auf Neudeutsch formulieren möchte. Also wenn der Wein einmal vergoren ist und in den Fässern liegt, passiert damit ja auch nichts mehr. Also dementsprechend ist dann ja die Arbeit auch getan. Und das Nächste, was wir dann machen, das ist im Prinzip das Probieren der Weine. Das machen wir dann wieder zusammen. Aber ich sage mal, die ganze Logistik zwischendrin, weiß nicht, Fässer füllen, die leer machen usw. So diese paar Handgriffe, die dann da zwischendrin sind, die sind dann eben nicht mehr auf der Seite von meiner Schwester, sondern auf meiner. So als Beispiel jetzt nur. Die wichtigste Arbeit ist dann ja schon gemeinsam auch gemacht. Das Wichtigste sind ja die Entscheidungen da drum und das ist dann dasselbe wie jetzt mit Vinothekgestaltung Verkauf. Die Dörte macht viel die Exportkunden beispielsweise auch, wo ich dann jetzt, ich sage mal, den Rundblick übers Jahr gar nicht habe. Aber wenn es jetzt nötig ist, da hinzufahren, dann kriege ich das auch hin. Genauso ist das auch umgekehrt. Wir sind halt, wir haben dann halt diese Verantwortungsbereiche, wo wir gesagt haben, derjenige, die ist dafür zuständig, dass alles zeitlich läuft und gemacht wird. Aber wir können uns auch jederzeit austauschen. Und das ist halt auch tatsächlich wichtig für uns.
Tobias
00:10:05
Ja, absolut. Und wenn man an den Weinberg denkt, wer von euch ist mehr Landwirtin?
Meike
00:10:11
Ja, sagen wir mal so, das wäre jetzt auch mein Bereich. Wobei, ich sage mal, das Gros unserer Mitarbeiter ja auch im Außenbetrieb zuständig ist. Und davon sind einige auch schon seit 20 Jahren dabei. Also da schöpfen wir tatsächlich auch aus der Erfahrung von einem tollen Team, die bei uns auch schon die Ausbildung gemacht haben oder ein Teil der Ausbildung gemacht haben. Also es ist auch eine tolle Sache. Mit Maschinen fahren bin ich jetzt auch nicht so der Größte. Dafür haben wir tatsächlich unsere Jungs, die das machen. Aber auch da jetzt so ein bisschen da auch diese Logistik, wer ist wann in welchem Weinberg und macht was? Das wäre dann auch wieder im Groben mein Verantwortungsbereich.
Tobias
00:10:50
Und wenn es mal Diskussionen zwischen euch beiden gibt, wie läuft das und lässt sich das irgendwie auch vergleichen mit vielleicht Diskussionen, die es mit eurem Vater gegeben hat?
Meike
00:11:05
Also ich glaube, wir sind ziemlich diplomatisch in unserer Familie. Tatsächlich alle, ja. Das ist so ein Grundzug, Grundzug-Charaktereigenschaft, dass man versucht, es harmonisch zu halten und Sachen auszudiskutieren. Also bei uns wurde nie gebrüllt, geschimpft oder sonst irgendwas.
Michael
00:11:28
Kein Türen-Knallen, kein Schreien, kein Drama.
Dörte
00:11:30
Weder im Weingut noch zu Hause, also.
Meike
00:11:32
Genau. Es ist immer so, dass halt versucht wurde, die Sachen irgendwie konstruktiv zu lösen. Und das hat uns unsere ganze Kindheit begleitet und das hat uns dann begleitet, als wir in das Weingut reingewachsen sind, als unser Vater im Prinzip noch federführend war und eine nach der anderen halt so langsam dazukam und versucht hat, ihren Platz zu finden und die Aufgaben zu übernehmen. Und auch da war es jetzt nicht so, wenn man eine neue Idee hatte, so nach dem Motto, das ist zwar totaler Mist, aber so, probieren. So nach dem Motto, ja, dann probieren wir das mal im Kleinen aus, dann haben wir das ausprobiert, dann war das Mist. Dann hat er gesagt, es war mir klar, dass das Mist war, aber ich wollte es euch machen lassen. Ja, also so, so. Das ist jetzt, das ist tatsächlich toll. Das war ein ganz toller, langsamer, schleichender Übergang, den wir da hatten. Wir haben viel aus der Erfahrung von unserem Vater geschöpft. Und ich glaube, so gehen wir auch miteinander um. Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, aber wir versuchen es dann harmonisch und, ich sage mal, diplomatisch und konstruktiv zu lösen, anstatt die Energie da reinzuverschwenden, dass wir da, keine Ahnung, einen Familienstreit anfangen müssen.
Michael
00:12:40
Ja, du hast jetzt von deinem Vater oder von eurem Vater gesprochen. Die Familientradition reicht ja länger zurück. Das ist ja auch eine gewisse Verantwortung, die man dann führt. Gerade jetzt auch in so schwierigen Zeiten, die ja auch hinter euch habt. Da frage ich mich, es gibt so ein Interview, da habt ihr gesagt, da ist es eigentlich ein Glück, eine Schwester an der Seite zu haben, weil man das eben teilen kann. Und das strahlt ja jetzt irgendwie aus. Ich bin nur so ein bisschen enttäuscht. Es ist kein Streit zwischen den Schwestern? Ich meine, gerade die Person, die man gut kennt, mit denen kann man ja eigentlich auch gut streiten.
Dörte
00:13:11
Das haben wir wahrscheinlich als Kinder schon alles ausgetragen.
Meike
00:13:14
Alles schon erledigt. Ja, ich glaube, da konnten wir auch nicht gut im Auto hinten nebeneinandersitzen.
Dörte
00:13:21
Ne, ne. Also als Kinder haben wir tatsächlich viel gestritten. Viel. Weil wir halt so unterschiedlich sind, also.
Michael
00:13:26
Ich glaube, das beruhigt jetzt viele Eltern.
Dörte
00:13:28
Ja, aber, also ich glaube, das ist, oder vielleicht rede ich mir das nur ein, weil meine Kinder auch so unterschiedlich sind, aber es ist, glaube ich, gut, dass man als Kind dann so einen Gegenpart hat, wo man sich vielleicht auch einfach abreagieren kann oder wo man vielleicht auch lernt, dass man Rücksicht nehmen muss. Oder wie gesagt, wir waren als Kinder schon so. Nachmittags hat meine Schwester dann vielleicht am Schreibtisch gesessen und Hausaufgaben gemacht und ich habe irgendwas Lautes gemacht. So, dass man dann natürlich, dass das dann einen Streit gibt wie bei allen Geschwistern. Und ich glaube, das haben wir einfach als Kind alles schon erledigt und wissen jetzt, wie der andere tickt.
Meike
00:14:02
Und ich wollte damit jetzt auch nicht irgendein falsches Korn säen, dass bei uns zu Hause es nie laut war, sich nie gestritten wurde oder die Eltern mal brüllen mussten, dass jetzt nicht. Ich habe das eher so auf diese spätere Zeit bezogen, wenn man, ich sag mal, ein bisschen ältere Kinder ist, wenn man auch so, ich sag mal so, Richtung Ende der Teenagerzeit gesteuert ist, wo man dann einfach gesagt hat, man kann Sachen auch konstruktiv lösen. Es gibt keinen Grund mehr, dass man sich dann noch, ich sag mal, mit dem Teddybär abwirft oder, weiß ich nicht, irgendwelche anderen blöden Sachen macht, was man so als Kind, als echte Kinder macht. Ne, da wollte ich jetzt keinen falschen Eindruck erwecken.
Tobias
00:14:44
Michael hat nach so einer Hollywoodstory eigentlich...
Michael
00:14:46
Ja, ich habe irgendwas gesucht.
Tobias
00:14:47
Genau, gesucht, irgendwie schlimmer Streit und ganz autoritärer Vater usw. Aber ist ja wunderbar, dass es nicht so ist.
Michael
00:14:55
Dann kehren wir doch noch mal in die Kindheit zurück. Dörte, ich glaube, bei dir heißt es, dir war schon von Anfang an klar: Winzerin, das will ich werden. Relativ früh.
Dörte
00:15:05
Ja, soweit man das eben in dem Alter sagen kann. Also ich habe wahrscheinlich wie ganz, ganz viele Töchter oder Söhne auch, die gesagt haben, ich will unbedingt das werden, was der Papa ist. Und ja, das habe ich so weiter gezogen bis zum Abitur. Ob mir da jetzt wirklich so bewusst war, auf was für einen Beruf ich mich da einlasse oder die Entscheidung. Aber ich habe das dann nach dem Abitur tatsächlich gemacht, habe eine Lehre gemacht, eine Winzerlehre, weil unser Vater dann auch gesagt hat, gut, wenn du das machen möchtest, dann aber eben vorher mit Lehre, dass man eben alles von der Pike auf lernt. Und ja, so ist das dann.
Tobias
00:15:43
Das finde ich im Übrigen spannend. Du sagst jetzt, du hast dann ein Praktikum gemacht. Wir wissen auch wo, nämlich bei Heger, ne? Am Kaiserstuhl.
Dörte
00:15:51
Nein.
Tobias
00:15:51
Nein?
Dörte
00:15:51
Ne, jetzt habt ihr uns verwechselt. Jetzt habt ihr uns verwechselt, genau.
Tobias
00:15:54
Ah, das war die Meike?
Dörte
00:15:54
Ja.
Tobias
00:15:55
Okay. Nein, das ist ja, das ist jetzt total ärgerlich deswegen, weil wir ja bei Rebecca Heger wiederum erfahren haben, dass sie ein Praktikum bei euch, bei Meyer-Näkel gemacht haben.
Meike
00:16:06
Das stimmt ja auch, aber nur war ich bei Heger, nicht die Dörte.
Tobias
00:16:08
Du warst bei Heger, ah. Das haben wir dann einfach falsch recherchiert. Das ist natürlich, aber gibt es da so eine Verbindung zwischen den beiden Weingütern, oder?
Dörte
00:16:17
Ja, unser Vater hat uns dann tatsächlich eben zu seinen Freunden geschickt, wo er wusste, die machen tollen Wein, also da gibt es was zu lernen, und mit denen er ja dann auch befreundet war. Und bei mir war das dann die Familie Knipser, also zum Werner Knipser bin ich nach dem Abitur gegangen, habe da 2 Jahre Lehre gemacht und, genau, die Meike war bei Hegers.
Meike
00:16:39
Genau. Ich war beim Weingut Dr. Heger und ich war beim Weingut Fürst. Also einmal Baden, einmal Franken. Und das ist, was wir mit der Rebecca Heger dann gemacht haben, das war im Prinzip die, da haben wir im Prinzip so eine Art Tauschhandel dann aufgenommen.
Tobias
00:16:54
Ja, Schüleraustausch.
Meike
00:16:55
Ja, so ähnlich. Also als ich da war in, also das war 1999, da war die Rebecca dann 5.
Tobias
00:17:02
Oh, okay.
Meike
00:17:02
Und ich erinnere mich noch lebhaft, wie wir abgefüllt haben und die dann als ganz kleines Mädchen irgendwo dazwischen rumgelaufen ist und als dann von ihr oder bzw. auch ihrem Vater die Anfrage kam, ob sie die Ausbildung dann bei uns machen kann, haben wir - also erstens wertschätzen wir sie sowieso und das war dann natürlich eine tolle Sache, dass man auch mal wieder was zurückgeben kann. Und wir haben dann schon mal so ein bisschen uns in die Hand versprochen, also wir haben ja auch Kinder, ne, dass wir vielleicht dann auch mal wieder eins nach unten schicken, nach Baden. Wer weiß, mal schauen. Ja, aber es ist insgesamt schon toll gewesen, dass wir die Möglichkeit hatten. Das ist ja noch nicht so alt das Thema, dass man die Kinder tatsächlich in andere Weingüter, in andere Regionen schickt. Also wenn man jetzt in die Generation von unserem Opa schaut, da wäre das niemals möglich gewesen. Da hat man einfach im eigenen Betrieb gelernt und nicht irgendwo anders, völlig unüblich. Und man hat sich auch nicht ausgetauscht, also gar nicht. Und dann die Generation von unserem Vater, die haben dann gesagt, wir wollen die deutsche Weinqualität, wir wollen den deutschen Wein nach vorne bringen. Und die haben sich, es waren mit die Ersten, mit diese erste Generation, die sich zusammengetan haben und haben sich ausgetauscht. Die haben darüber gesprochen, wie kommt man weiter, was kann man machen? Und letztendlich hat das darin gegipfelt, dass die Kinder ausgetauscht wurden, in Anführungszeichen, also dass man da eben zu einer Lehre hingehen konnte. Und das ist natürlich schon was ganz, ganz Tolles und eine super Entwicklung, wo ich denke oder wo wir denken, dass das den deutschen Weinbau wirklich nach vorne gebracht hat, dass die Leute einfach offener geworden sind in der Zeit.
Tobias
00:18:40
Absolut. Und toll, dass das heute so selbstverständlich geworden ist. Heute ist ja eher das größere Problem, die Kinder wollen gar nicht mehr ausgetauscht werden, weil sie vielleicht gar kein Interesse daran haben, das elterliche Unternehmen weiterzuführen. Also das sind zumindest die Geschichten, die wir ganz, ganz häufig hören.
Michael
00:18:55
Ja, und die Parallele zu Heger hat uns einfach gefallen. Das ist ja eine sehr analoge Familiensituation. Es gibt einen Vater mit einem gewissen Namen, und es kommen zwei Töchter hinterher. Okay, jetzt in unterschiedlichem Alter, sage ich jetzt mal, aber die die Nachfolge antreten. War ja früher auch nicht so selbstverständlich, dass es dann die Töchter sind. Und dann auch noch beide. Es gibt ja auch Fälle, wo man dann sagt, es reicht nicht für zwei. Es kann nur einer das Weingut übernehmen.
Tobias
00:19:21
Das ist dann meistens der der älteste Sohn, traditionell. Ist ja heute teilweise noch so.
Michael
00:19:26
Aber so was gab es bei euch nie, die Überlegung, dass eine sagt: „Och, ich gehe lieber ins Ausland"? Der Vater hat ja auch Spuren in die weite Welt gesetzt. Das wäre ja auch eine Möglichkeit gewesen, seinem Weg zu folgen. War für euch also immer klar, wir bleiben hier zusammen und führen das so fort?
Meike
00:19:42
Ja, im Prinzip ja. Oder? Oder hast du mal was anderes ausgedacht, wovon ich noch nichts weiß.
Tobias
00:19:48
Jetzt lüften wir Geheimnisse.
Meike
00:19:50
Wahrheit oder Pflicht? Oder wie? Geisterspiel?
Tobias
00:19:52
Investigativer Journalismus.
Dörte
00:19:55
Wir waren ja tatsächlich beide zum Lernen woanders. Wir hatten auch immer die Freiheit, also unser Vater hat immer gesagt, wenn er noch mal sich was wünschen könnte, wäre er gerne Winzer Anfang 20 und würde gerne die Welt bereisen und lernen, weil es in seiner Zeit halt nicht möglich war. Und deswegen hat er uns immer von Anfang an ermutigt und hat gesagt, macht gerne noch irgendwo einen Herbst oder geht noch irgendwo hin. Aber irgendwann war dann einfach so dieses, dass man gerne auch nach Hause wollte. Also, und ich denke, es gibt auch genug zu tun für 2 hier.
Meike
00:20:29
Und was man ja sagen muss, wir haben uns ja auch nach und nach vergrößert. Also, als unser Vater den Betrieb Anfang der 80er übernommen hat, waren es 1,5 Hektar. Ja, und heute sind wir bei, also heute sind wir bei Anfang 20, also sind jetzt knapp 22 Hektar bei 23 im Ertrag und in der Mitte. Also als ich in den Betrieb reingekommen bin oder mich für die Ausbildung entschieden habe, waren wir etwa bei 9 oder 10 Hektar. Also wir haben ja die Fläche schon vergrößert. Also das passt ja schon. Und er hat auch viele, sagen wir mal Entscheidungen davon abhängig gemacht, wo dann investiert wurde, als klar war, wir gehen beide in den Betrieb. So, also es ist jetzt nicht so ganz, dass man sagt, ja, der Betrieb, der ist jetzt noch ganz genauso wie vor vor 40 oder 50 Jahren. Der hat sich schon weiterentwickelt, hat sich vergrößert. Und ich meine, das wiederum spielt ja auch wieder, ich sage mal, in den Zahn der Zeit. Es ist ja nicht nur in der Landwirtschaft so, es ist ja auch im Weinbau so, dass die Betriebe eher größer werden, also mehr Hektar bearbeiten, von der Logistik dann eben anders und wirtschaftlicher arbeiten können, als dass es diese kleinen und Kleinstbetriebe gibt. Das sind ja eher die, die dann das Problem haben, vielleicht keinen Nachfolger zu haben oder eben einfach zu verschwinden, weil es einfach von der Menge her, von der Fläche von irgendwas eben nicht reicht.
Michael
00:21:48
Und dann noch bei so einer Topografie mit den Steilhängen. Das macht es ja nicht unbedingt einfacher.
Tobias
00:21:53
Ja, genau. Und würdet ihr sagen, wir hatten ja vorhin schon ein paar Beispiele genanntes gibt ja logischerweise noch andere Geschwister, Geschwisterpaare oder sogar noch mehr, die Weingüter führen. Hat das für euch eine besondere Dynamik, wenn Geschwister ein Weingut führen oder hat das gewisse Vorteile? Wie würdet ihr das beschreiben? Habt ihr da schon mal drüber nachgedacht?
Meike
00:22:20
Also man würde sich jetzt natürlich arg aus dem Fenster lehnen, wenn man sagt, das würde jetzt bei Geschwistern, wäre dann die Betriebsführung so und so oder so und so. Man muss ja sehen, viele Weingüter werden ja auch von Paaren geführt. Das sind dann ja auch zwei. Und in unserem Fall sind wir eben zwei Geschwister. Unsere Männer verdienen auf andere Weise ihr Brot. Sagen wir mal, Dörtes Mann ist Fotograf und meiner ist auch Winzer, aber er hat schon sein eigenes Weingut, was er mit seinem Bruder wiederum führt. Dementsprechend muss man das vielleicht auch ein bisschen, ich sag mal, auch der Zeit anpassen, diese Aussagen. Früher war das dann traditionell Mann und Frau, heute sind es vielleicht eben Geschwister. Manchmal sind sie auch 3 Geschwister. Und auch daraus kann man schöpfen. Also ich glaube schon, dass man da auch sowohl Vor- als auch Nachteile reinbuchen, verbuchen kann. Also sowohl meine beliebte Plus- und Minusseite, also für die Plusseite ist natürlich, man hat viele Familienmitglieder einfach dabei. Das ist ja immer hilfreich, weil die identifizieren sich ja mit dem Betrieb. Man hat gegebenenfalls auch den gleichen Nachnamen, man kann sich gegenüber Kunden oder Mitarbeitern, man ist halt ein bisschen austauschbar. Also entweder ist die eine oder die andere da, klar. Aber ob das jetzt, es gibt ja auch Cousins, die führen Weingüter zusammen. Es spielt halt diese Familientradition weiter. Aber ob das jetzt bei Geschwistern unterschiedlicherer ist als bei Paaren, weiß ich jetzt nicht. Das könnte ich jetzt noch nicht mal sagen.
Michael
00:23:55
Aber eure Mitarbeiter können euch beide fragen, wenn es um Entscheidungen geht. Gibt es da so was wie, früher hatte man das bei Mama und Papa. Das eine frage ich lieber die Mama und das andere frag ich lieber den Papa. Also merkt ihr das? Werdet ihr unterschiedlich adressiert?
Dörte
00:24:10
Nee, das glaube ich jetzt tatsächlich nicht.
Meike
00:24:12
Nee, das glaube ich auch nicht. Könnte halt nur sein, dass, wenn wir jetzt beide da stehen und es wäre jetzt irgendein Belang zu Themen...
Dörte
00:24:19
Also zu Themen, das ist schon unterschiedlich, dass dann Sachen eher die Meike gefragt werden, weil ich dann vielleicht tatsächlich auch die Meike noch mal rückfragen würde, weil wir ja eben gesagt haben, es gibt so ein bisschen diese Schwerpunkte oder dass jemand eben die Zuständigkeit für was hat und auch die Verantwortung für irgendwas trägt. Und das heißt nicht, dass man das jetzt nicht alleine entscheiden könnte oder sich das nicht zutrauen würde, aber das ist vielleicht auch so ein bisschen diese Diplomatie, dass man da dem anderen nicht mit reinmischt, sondern einfach ganz klar sagt, nee, so sollen wir das so und so machen oder meinst du lieber anders? Und dann ist das auch völlig in Ordnung. Also da ist vielleicht aber auch, weil wir Frauen sind, ich weiß es nicht. Also da muss jetzt keiner von uns, der dann meint, wenn er jetzt nicht die Entscheidung getroffen hätte, dann würde ihm da ein Zacken aus der Krone fallen, aber ja.
Meike
00:25:13
Ich glaube, bei uns muss sich keiner profilieren gegenüber dem anderen oder gegenüber anderen Menschen oder nach außen. Das, finde ich, haben wir abgelegt, konnte man auch gut ablegen und ist auch nicht hilfreich, wenn man so das Gefühl hat, man müsste da irgendwie besser sein oder anders sein.
Dörte
00:25:33
Ja, und es ist ja auch einfach ein Vorteil, dass man jemanden hat, wo man auch einfach gerade noch mal was besprechen kann, auch wenn man das im Kopf vielleicht schon selber entschieden hat, wir machen das so und so. Aber dann ist es ganz oft, dass ich dann auch rüber gehe und sage hier, das und das, sollen wir das so machen? Und dann hat sie vielleicht ein gutes Argument, das für was anderes spricht. Oder sie sagt, es ist gut oder sie durchdenkt das dann noch mal und sagt nachher, ne, super, machen wir es so. Und ich kann dann sagen Puh! Gott sei Dank hat das noch mal jemand wirklich durchgerechnet, ob das auch so passt.
Michael
00:26:04
Also 33 Pluspunkte, 27 minus nur, also machen.
Tobias
00:26:11
Ja, lasst uns jetzt vielleicht auch noch mal ein bisschen über euren Vater sprechen, Werner Näkel. Ich habe euch beide jetzt wirklich so verstanden, als wäre er ja eigentlich wirklich auch ein Mentor für euch beide gewesen, der euch an die Hand genommen hat und das auch wirklich mit wenig Druck versucht hat, euch näherzubringen. Jetzt war er auch gleichzeitig international unterwegs. Südafrika und im Dourotal, Gran Canaria, glaube ich, haben wir auch noch gefunden als Spur. Was ist so das aus eurer Sicht, was euch am meisten an seinem Weg eigentlich beeindruckt?
Dörte
00:26:49
Also ich glaube, dass, oder was ich auch immer sage, wenn jemand sagt, ach, das ist ja toll, und beide Geschwister im Weingut und da freut sich der Papa aber. Ja, freut er sich, aber ich glaube, das Richtige, was er gemacht hat, ist, uns keinen Druck aufzubauen, also was du ja auch gerade schon gesagt hast, sondern wirklich reine, freie Entscheidung. Und ich glaube, er war vielleicht auch selber ein bisschen überrascht, dass er 2 Töchter hat und die das dann beide machen, weil das aus dieser Zeit kommend ja auch noch nicht so selbstverständlich war. Genau, und meine Antwort ist dann einfach, ja, also dieses Vorleben, das mit so viel Freude und mit so einem Herz zu machen. Und ich glaube, es ist egal, was die Eltern machen, aber wenn man das so vorgelebt bekommt, dass das Spaß macht, dann war das auch, glaube ich, eine einfache Entscheidung, weil man da, in den meisten Winzerfamilien geht es ja viel um Wein oder man ist dann auch am Wochenende schon mal in den Weinbergen unterwegs oder fährt in Weinbaugebiete sich was angucken im Urlaub. Und so ist man in dieser Welt aufgewachsen und hat das einfach als was ganz Tolles mitbekommen. Und...
Meike
00:27:51
...ja, und er hat uns im Prinzip mit seiner Entscheidung, damals in den Weinbau rein zu gehen, hat er uns im Prinzip schon gezeigt, dass man, wenn man da, ich sag mal, motiviert ist, eine Idee hat und irgendwas unbedingt machen möchte, dass man das dann auch einfach tun kann. Also dass man, wenn man da viel Energie reinsteckt, dass dann auch ein positives Ergebnis rauskommen kann. Weil wenn man jetzt mal zurückschaut Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre, war erstens der deutsche Weinbau ziemlich am Boden.
Michael
00:28:22
Das stimmt.
Meike
00:28:23
Und gleichermaßen die Reputation der Ahr-Weine. Die waren noch ein bisschen tiefer am Boden. Wir waren ja Masseneinzugsgebiet mit Massenproduktion an Weinen. Da hatte überhaupt nichts mit einer hohen Qualität zu tun, geschweige denn mit dem Spätburgunder an und für sich, dass der irgendwie herausgestellt wurde. Und in die Zeit ist ja seine Berufsentscheidung gefallen und es gab gar keinen Grund, diesen Betrieb von unseren Großeltern, wo man dann jetzt gesagt hätte, boah, das muss man jetzt weiterführen, weil das ist ja schon ein großer Betrieb, das war winzig klein. Und er hat natürlich auf Nummer sicher erstmal auf Lehramt studiert und hat sich dann während des Studiums im Prinzip auch durch die Krankheit von unserem Opa, der dann auch nicht mehr so belastbar war, schon in den Betrieb immer vorher auch schon mit eingebracht, hat dann aber irgendwann ja auch die Entscheidung getroffen, das mit diesem Weingut zu machen. In so einer Zeit, die völlig verrückt war für deutschen Spätburgunder. Das kannte gar keiner. Keiner. Die Ahr hatte einen schlechten Ruf, insgesamt stand es um den ganzen deutschen Weinbau ja nicht so gut. Und er hat einfach die Idee gehabt, so im Prinzip die Vision, wir haben hier Spätburgunder und das ist eine fantastische Rebsorte. Wir haben hier diese Kombination mit dem Schiefer in den Steillagen und da kann man was draus machen. Und er hat dann halt sein ganzes Leben dafür geackert, dass er da Reputation aufbaut, dass er Bekanntheitsgrad aufbaut, dass er die Qualitäten nach oben zieht. Und das ist natürlich auch immer so was, wo man dann, weiß nicht, das hat uns natürlich auch so in den letzten Jahren immer geholfen, dass man weiß, wenn man das wirklich will, dann schafft man das auch. Und das ist auch so was, was er quasi bis in die letzte Zelle uns vorgelebt hat und was uns natürlich auch antreibt bei dem Ganzen.
Michael
00:30:08
Dieses Verhältnis von euch zu eurem Vater, ist das etwas, was ihr jetzt auch weitergibt an eure Kinder? Also bringt ihr denen auch den Weinbau so auf dieselbe sanfte Art und Weise näher, wie das euer Vater gemacht hat? Oder hat sich die Situation geändert?
Dörte
00:30:27
Ja, ich glaube, da kann ich jetzt, ich denke, für dich auch mitsprechen. Also keins der Kinder muss hier irgendwas machen.
Meike
00:30:35
Also sagen wir mal, Dörtes Kinder sind wahrscheinlich eh noch ein bisschen zu klein. Also Dörtes Größte ist so alt wie meine Kleinste, die sind ja noch in der Grundschule. Also da ist es ja dann eh, ich sag mal, um eine Arbeit in einem Familienbetrieb anders noch bestellt. Meine beiden Älteren sind schon ein bisschen älter und natürlich versucht man denen immer so ein bisschen die Arbeit auch näherzubringen. Was passiert denn jetzt im Weingut? Aber die müssen nicht in jeder freien Minute mitarbeiten. So, und das ist bei uns genau dasselbe gewesen. Wenn es mal nötig ist, dann kann man sie einspannen. Aber so wurden wir ja im Prinzip auch, ich sage mal - wie sagt man denn da? - an der langen Leine gehalten? Oder wie sagt man das denn dann so? Und je älter wir wurden, umso mehr wurde natürlich schon auch immer eingefordert, aber war für uns dann aber auch irgendwie so selbstverständlich, dass man das dann auch tut. Also dass man, man wurde mal ein bisschen so mit der Nase drauf gestoßen. Am Wochenende brauchen wir Hilfe, ne? Und dann hat man das mit 16, 17, 18 dann auch gerne gemacht. Also ich glaube, unsere Kinder kommen jetzt erst in den Bereich, deswegen können wir die Frage noch gar nicht vollumfänglich beantworten.
Michael
00:31:48
Ich hatte schon spekuliert, ihr wisst schon, dass es in Zukunft Cousins und Cousinen gibt oder sowas, die dann das Weingut führen.
Meike
00:31:55
Das, die Frage, die können wir so, glaube ich, auch, kann ich auch für uns beide beantworten. Also es ist völlig ergebnisoffen.
Dörte
00:32:01
Ich glaube, das ist uns auch, also wahrscheinlich hätte unser Vater genau das Gleiche gesagt. Natürlich also würden wir uns freuen, wenn es irgendeiner macht. Aber wenn nicht, ist es auch völlig in Ordnung.
Meike
00:32:15
Ja, und man kann keinen zwingen. Das ist ein Beruf, der ist, vielleicht ist das Wort „Berufung" jetzt an der falschen Stelle, aber man muss doch so viel Input leisten und auch, das ist halt kein keine 5-Tage-Woche mit einer begrenzten Anzahl an Stunden. Ich glaube, wenn man da jemanden zwingt oder überredet oder wenn das einer nicht aus der freien Entscheidung macht, dann ist er da auch nicht gut und dann ist das auch nicht das Leben, was derjenige führen will. Also ich glaube, da muss man sich wirklich einfach selbstständig für entscheiden, dass das der Weg ist, den man gehen möchte.
Tobias
00:32:50
Okay, dann lasst uns doch jetzt mal so im nächsten Teil sozusagen ein bisschen über konkreten Wein sprechen bzw. auch über Rebsorten. Allerdings versuche ich euch jetzt mal irgendwie ganz bewusst ein bisschen aus der Fassung zu bringen. Dörte, wenn deine Schwester eine Rebsorte wäre, was wäre sie für eine?
Dörte
00:33:11
Da kann man ja jetzt nur Spätburgunder sagen, oder?
Tobias
00:33:15
Dann brauche ich jetzt eine Begründung.
Dörte
00:33:19
Oh Gott. Oh.
Michael
00:33:25
Du kannst ja auch schon mal überlegen. Die Folgefrage ist ja jetzt dann auch klar.
Dörte
00:33:30
Oh Gott! Nee, nee.
Meike
00:33:31
Ist, glaube ich, zu schwierig.
Dörte
00:33:33
Ja, das ist...
Tobias
00:33:33
Spätburgunder, du kannst doch jetzt irgendwas mit Leichtfüßigkeit, Anmut und so.
Meike
00:33:39
Na dann sind wir auf jeden Fall beide Spätburgunder, weil wir ja manchmal auch so ein bisschen Diva-Sachen haben. Also ich mag den Kaffee nicht zu kalt, die Dörte mag den nicht zu heiß. Also, dass wir den gleichen Kaffee zur gleichen Zeit trinken, ist völlig unmöglich.
Dörte
00:33:52
Ich sage ja, wir sind halt sehr unterschiedlich. Sehr.
Meike
00:33:56
Hmm, das ist...
Tobias
00:33:58
Okay. Also, es ist Spätburgunder. Es muss dann ja eigentlich auch Spätburgunder sein, hier an der Ahr. Aber das passt ja.
Michael
00:34:04
Frühburgunder hätten wir ja auch noch.
Tobias
00:34:05
Ja, stimmt, Hätten wir auch noch.
Dörte
00:34:06
Ja, aber Spätburgunder ist so eine tolle Rebsorte und wir sind ja auch beide so.
Meike
00:34:12
Ja, und der ist ja gleichzeitig auch noch so vielfältig.
Dörte
00:34:14
Ja eben, eben.
Meike
00:34:15
Ach, schwierig, schwierig.
Tobias
00:34:16
Und vielschichtig, kann ja auch sein und kann auch gut reifen. Und ja, eigentlich kann man sie schon suchen, wenn es darum geht.
Michael
00:34:23
Uns müsst ihr nicht überzeugen. Aber, wenn wir jetzt mal an die Zuhörerinnen und Zuhörer denken und an euer Weingut, welches wäre denn der Wein, den ihr so als Einstieg in eure Spätburgunder-Herrlichkeit empfindet?
Dörte
00:34:38
Das kann ich jetzt tatsächlich einfach beantworten. Das wäre für mich definitiv der Spätburgunder Gutswein, weil ich finde Gutsweine eine ganz, ganz wichtige Kategorie, weil es so ein bisschen das zeigt, was das Weingut macht, wo es hin will, was in unseren Augen auch so ein bisschen die Region schon zeigen soll. Und Gutswein ist ganz vielschichtig einsetzbar. Das heißt, ob ich das, zu welchem Essen ich das servieren kann, das kann man auch einfach mal so trinken, das ich sage immer. Im Sommer darf man auch einen Spätburgunder Gutswein mal ein bisschen runterkühlen und das zum Grillabend nehmen. Und trotzdem bringt er eine tolle Eleganz mit, eine tolle Fruchtigkeit, eine Mineralität. Also so ein bisschen das Paket, was wir eigentlich mit unseren Spätburgundern zeigen wollen. Und ja, Gutswein ist wie eine Visitenkarte. Das ist das, wo ja auch die meisten Leute anfangen, ein Weingut kennenzulernen. Also das ist das, was man in der Gastronomie eben vielleicht auch mal im offenen Ausschank findet, was bezahlbar ist. Und ich finde, das muss sitzen und das muss gut sein, damit derjenige dann auch sagt, oh, das ist klasse, jetzt gehen wir vielleicht mal eine Kategorie höher oder das finde ich gut. Und wir selber trinken auch ganz gerne Gutsweine von Kollegen und einfach so, weil das eben ganz, ganz tolle Alltagsweine auch sein können.
Tobias
00:36:07
Man spricht ja immer gerne vom Preis-Genuss-Verhältnis und da punkten ja Gutsweine doch meistens, weil der Aufwand, so einen Wein herzustellen, das machen sich ja viele auch nicht klar, so viel kleiner ist der gar nicht, als jetzt irgendwie einen Erste-Lage- oder Große-Lage-Wein zu machen. Aber trotzdem jetzt mal, wenn wir jetzt mal so in Richtung der höheren Kategorie schauen. Meike, wenn du dich jetzt vorbereiten müsstest auf ein Blind Tasting von großen Pinot Noirs und Spätburgundern und du jetzt wirklich sicherstellen willst, da richtig gut zu punkten oder blind vor allem die Leute dann auch positiv zu überraschen, welchen Wein würdest du mitnehmen?
Meike
00:36:47
Wenn ich mir jetzt wirklich nur genau einen auswählen darf, dann wäre es unser Pfarrwingert Spätburgunder aus der Großen Lage hier in Dernau, weil der heraussticht. Also der ist tatsächlich sehr polarisierend teilweise auch, weil er eben auf einem extrem kargen Schieferboden in der extremen Steillage gewachsen ist und so völlig eigenständig und dadurch sehr charaktervoll auch ist, weil er einfach diese Mineralität, dieses Erdige, bisschen Stahlige in Kombination mit einer supertollen Frucht immer zeigt und auch diese ganze, ich sag mal, Tanninstruktur so vom Schiefer geprägt ist, dass, wenn da nämlich jetzt in der Blindprobe steht, und da geht es ja oft darum, einen Peak zu haben, und das hat er dann definitiv und das hat er auch durch die Jahrgänge durch. Also der hat einen sehr, sehr starken Charakter, sehr starkes Terroir, was jedes Jahr wiederkommt. Und deswegen wäre es dann in dem Fall wahrscheinlich der, damit ich in der Blindprobe auch möglichst glänze mit dem Wein.
Tobias
00:37:51
Auffalle. Und jetzt haben wir 2025. Welchen Jahrgang würdest du dir da jetzt schnappen? Wer ist jetzt, welcher ist jetzt so in dem korrekten Trinkfenster, dass er besonders glänzt?
Meike
00:38:02
Also was jetzt im Moment glänzt, was aber auch noch ein bisschen jünger ist, aber das ist einfach dem Jahrgang geschuldet, dass es eben jetzt 2022. Ist ja eigentlich noch aktuell auch, aber das ist eben einfach so ein Jahrgang, der sich super schon am Anfang gleich entwickelt hat. Also die Weine, alle 22er, und ich glaube auch fast in ganz Deutschland. Die strahlen ziemlich, ne? Also gerade zumindest bei den Roten, bei den Pinots. Das ist so durch die Bank, im Prinzip. Und ansonsten, wenn wir in etwas ältere Jahrgänge reinschauen, da ist halt, das sind halt diese ganzen kühlen Jahrgänge die, die sich jetzt ganz toll präsentieren, wenn die so ein bisschen Alter haben, so was wie 2008 beispielsweise, wo sehr lange gebraucht hat, jetzt aber wirklich ganz, ganz fantastisch sich zeigt.
Tobias
00:38:52
Schön.
Michael
00:38:53
Ich möchte dann doch einmal, zumindest einmal nur auf das Jahr 2021 zu sprechen kommen und da jetzt gar nicht groß auf die Flutkatastrophe eingehen. Was mich beeindruckt hat in einem Interview, ich glaube, du hast es gesagt, Meike, hast du mal gesagt: „Trotz Katastrophe verfolgen wir unseren Qualitätsanspruch". Und da habe ich mich dann gefragt: Wo nimmt man dann nach so einer Erfahrung diese Entschlossenheit her? Und was bedeutet das konkret, wenn der Betrieb jetzt nicht gerade in Bestzustand ist?
Meike
00:39:21
Also sagen wir mal so, in 2021, in der Flut ist uns ja alles weggeschwommen. Also wir haben unser ganzes Inventar, alles, was in den Gebäuden drin war, Warenbestände, also abgefüllte Weine. Es ist ja so viel zerstört worden und es war ziemlich schnell klar, dass das einzige Kapital, was wir haben, gerade draußen hängt und wächst. Also Juli 21, dass wir da im Prinzip auf der Zielgeraden für den Herbst waren. Und da war für uns klar, da müssen wir uns jetzt darauf fokussieren und das möglichst gut und gesund in den Keller reinbringen, koste es an Energie, was es wolle, um eben damit wieder neues Startkapital eben einfach aufzubauen. Zum einen das, und zum anderen haben wir den Anspruch immer. Also wir wollten jetzt nicht anfangen, in so einem Jahr mit der Qualität zu schlampen, in Anführungszeichen. Also da wollten wir jetzt keine Abstriche machen und wollten, wie in jedem Jahr, das möglichst Beste rausholen. Also das ist im Prinzip das, was dahintersteckt. Zum einen die wirtschaftliche Notwendigkeit, das Wissen darum, dass man ja eh gerade im Moment gar nichts anderes hat, also war es jetzt noch wichtiger, dass wir das gut in den Keller rein bekommen. Und zum anderen aber auch gerade in so einer, ich sage mal, Stresssituation, die einen dann auch so emotional fordert, war das eher was ganz Tolles, dass man, also wir haben das oft gesagt, wir haben so viel, wir haben geräumt, wir haben Schlamm geschleppt, wir haben Sachen gemacht, mit denen wir uns überhaupt nicht auskennen. Wir waren so k. o., als der Herbst 21 angefangen hat. Aber es war so toll, dass wir was machen konnten, wo wir Ahnung von haben. Also wir haben...
Dörte
00:41:00
Genau. Das haben ganz viele hier bei uns auch gesagt, die dann einfach gesagt haben, das ist so toll, dass wir jetzt wieder das machen, was wir können, also wofür wir eigentlich hier sind. Und bis zu dem Flut-Zeitpunkt sahen unsere Weinberge ja auch toll aus. Und das sind ja da schon Monate gewesen, wo ganz viel Arbeit reingesteckt worden ist. Dann, mit dem Flut-Zeitpunkt haben uns ja auch andere noch mitgeholfen, eben das Kapital draußen so zu erhalten und. Wir hatten ja ganz, ganz tolles Lesegut draußen hängen und da musste man einfach die Chance ergreifen, da auch was richtig Tolles draus zu machen.
Meike
00:41:42
Richtig. Und das war tatsächlich so emotional beruhigend, ne? Nicht berührend, sondern tatsächlich beruhigend, dass man einfach wieder in seinem Alltag drin gesteckt hat, nachdem man wochenlang, monatelang gefühlt, ja, mit Sachen beschäftigt war, mit denen man sich eigentlich gar nicht beschäftigen wollte, aber zwangsläufig musste.
Michael
00:42:02
Ja, ich muss da aber trotzdem noch an den Punkt zurück. Ihr hattet ja dann nichts mehr. Ihr hattet keinen Platz so richtig, wo der Wein hin sollte. Was war mit der Presse? Was war mit den Fässern? Da gab es ja jede Menge Unterstützung, auch von Kollegen. Wie war das Gefühl, dass man so eine Hilfe bekommt?
Dörte
00:42:19
Ja, ohne diese ganze Unterstützung, das muss man auch ganz deutlich sagen, hätten wir das auch gar nicht geschafft. Also wir haben, meine Schwester hat es ja gerade schon gesagt, es war ja im Grunde eigentlich alles weg und das heißt, innerhalb von ganz, ganz kurzer Zeit musste das ja alles wieder einigermaßen hergestellt sein. Oder auch, wir hatten noch nicht mal einen Eimer. Gar nichts. Keine Schere, keinen Eimer. Also überhaupt nichts. Kein Gefährt. Und da haben wir einfach diese wahnsinnige, wahnsinnige Hilfe bekommen aus, ja, nicht nur aus der Winzerschaft, die natürlich besonders hervorgehoben. Aber hier im ganzen Tal haben wir ja ganz, ganz viel Hilfe bekommen. Und bei uns waren es eben besonders auch noch mal die Winzer. Und dieses Logistische bis zum Herbst, das waren ja vom Flut-Zeitpunkt bis zum Erntezeitpunkt, das war ja nicht viel Zeit. Und da...
Meike
00:43:18
7 Wochen.
Dörte
00:43:19
Genau. Und da, deswegen habe ich eben gerade noch mal gesagt, die Winzer da hervorzuheben, die ja gesehen haben, was jetzt zählt. Also dass das jetzt mal gerade das Wichtigste ist, dass wir ernten können. Und da hat uns Meikes Mann, der Markus Klumpp, ganz viel geholfen und hat das quasi alles organisiert mit diesen ganzen Hilfen und auch, was wir alles - also du hast ja gerade gesagt: eine Presse. Wir hatten keine Presse, kein gar nichts. Und das zu organisieren, das abzutelefonieren und wir haben, von ganz vielen Kollegen haben wir Sachen geliehen bekommen, geschenkt bekommen, von den Herstellern Pressen hergestellt bekommen, also Leihgaben. Aber diese ganze Organisation, das alles zum Zeitpunkt X alles hier zu haben und alles funktionstüchtig, inklusive Strom, Wasser, das war eine riesige logistische Meisterleistung.
Tobias
00:44:15
Ja, und ich kann mir noch nicht mal entfernt vorstellen, vor allem, was das ja auch psychisch mit einem macht. Wir haben gelesen, eines eurer Fässer, was sich verabschiedet hat, wurde irgendwo bei Nijmegen, glaube ich, gefunden. Wenn man so was dann auch hört, wird einem ja wahrscheinlich das ganze Ausmaß dann auch noch mal überdeutlich. Ihr habt aber ja dann letztlich auch so ein bisschen aus der Not eine Tugend gemacht. Ihr habt ja dieses „Nine Lost Barrels"-Projekt sozusagen dann auch euch überlegt. Wo nimmt man dann diese Kraft her, mit so Ideen dann auch noch um die Ecke zu kommen?
Dörte
00:44:54
Also das war, die haben uns eigentlich immer so ein bisschen Kraft gegeben, weil es tatsächlich in diesen ersten Tagen nach der Flut, also wir haben ja gesehen, es ist alles weg, es ist alles kaputt, und dann kamen so diese ersten Nachrichten oder Anrufe, dass jemanden ein Fass von uns gefunden hat, was auch tatsächlich noch völlig intakt, noch geschlossen ist. Und das, also alle waren hier im Grunde im 24-Stunden-Einsatz. Jeder hat geräumt und es war ja hier wie ein, also es war ein Krisengebiet, nicht wie ein Krisengebiet, sondern es war ein Krisengebiet. Und dann waren das so wirklich ganz, ganz tolle Nachrichten, dass da eben doch irgendwo ein Fass noch existiert. Und dann haben wir im Grunde immer alles stehen und liegen gelassen und haben uns irgendwelche, vom Bagger bis zu irgendeinem Gefährt, man muss sich vorstellen, es waren ja auch die Straßen kaputt, Man kam gar nicht so schnell von einem Ort zum anderen. Aber im Grunde alles, alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eben dieses Fass da zu holen, zu bergen und zu retten. Und das waren wirklich immer so Highlights für uns, weil das irgendwie so ein bisschen das letzte Überbleibsel von vor der Flut war.
Tobias
00:46:05
Wie so ein Erinnerungsstück schon fast.
Meike
00:46:08
Genau. Ja, und dann war halt, ja, okay, was machen wir jetzt damit? Also dann haben wir die erstmal in Sicherheit gebracht, dann kam unser eigener Herbst und dann waren wir so, weiß ich, im Winter haben wir dann überlegt, was machen wir denn jetzt damit? So, und dann haben wir rausgefunden, dass wir die zuordnen konnten, dass wir die, ich sag mal jetzt, das analog geschriebene Kellerbuch haben wir gefunden im Schlamm. Das konnte man zuordnen. Wir haben die kompletten Daten aus der Lese 2020, war ja 2020er-Jahrgang. Wir haben alles noch gehabt, jedes Fass. Es war alles komplett rück- und nachvollziehbar.
Tobias
00:46:39
Sehr gut.
Meike
00:46:40
Zum Glück schreiben wir das immer so genau auf.
Tobias
00:46:45
Warum kam jetzt der Blick von Meike in Richtung Dörte? Das war jetzt gut.
Meike
00:46:49
Ja, und dementsprechend, ja, zum Glück schreiben wir auch nichts mehr mit Kreide auf, sondern mit wasserfesten Stiften. Und dementsprechend war halt alles genau nachvollziehbar und wiederzufinden. Wobei die Dörte ja fast noch, wo ich dich losgeschickt habe, dass du dieses Buch retten muss, das war auch schon in der Flutnacht auch eine Geschichte, die man am besten nicht erzählt. Aber zumindest hatten wir, wir hatten tatsächlich dann alle Daten und dann haben wir uns überlegt: Was machen wir denn damit? Und da ist dann aber auch tatsächlich, muss man wieder sagen, haben wir auch wieder viele Helfer hier gehabt, viele Menschen, die mit hier waren. Man hat das mal jemandem erzählt und dann, so kommt das natürlich dann auch, dass dann jemand gesagt hat, hey, da müssen wir doch was, muss man was Extra draus machen? So, und dann denkt man, ja, da müssen wir was. So, und es ist jetzt nicht, dass nur...
Dörte
00:47:37
Das war ja auch was ganz Besonderes, auch für jeden, der bei uns arbeitet. Also jeder hat es, die waren wie so ein, als hätten sie einen Heiligenschein, standen die eben bei uns hinten im Keller und so, jeder war da ganz andächtig, dass das eben so diese letzten Fässer sind. Man muss sich einfach vorstellen, auch jeder, der bei uns arbeitet, da hat ja jeder so viel Arbeit, so viel Herzblut reingesteckt über ein ganzes Winzerjahr. Also was das für eine Arbeit im Weinberg darstellt und dass das dann so von einer Sekunde auf die andere weg ist und dann eben nur noch so ein minikleiner Rest davon übrig ist. Allein das hat es für uns schon zu etwas ganz Besonderem gemacht. Und wir haben die Weine dann eben probiert und haben auch da ganz schnell entschieden, weil wir ja eben die gute Dokumentation hatten und die so zuordnen konnten und jedes Fass ja auch irgendwo klar bis zum Lesezeitpunkt seine eigene Geschichte hat, also was ja dokumentiert in dem Ordner war, aber auch danach, da hatte jedes Fass ja so seine eigene Geschichte, wo es eben angespült wurde, wo es, wer es gefunden hat.
Meike
00:48:41
Wer es geholt hat, auf welche Art und Weise das geholt hat.
Dörte
00:48:44
Das haben wir eben für jedes Fass komplett dokumentiert, deswegen. Und auch jedes Fass hat so einzigartig geschmeckt. Also da sind zum Beispiel ja auch verschiedene Pfarrwingert-Fässer dabei. Die wären natürlich sonst, ohne Flut wären die zusammengekommen. Aber wir haben uns dann, da haben wir auch lange überlegt, die trotzdem einzeln zu lassen. Einfach, um diese Einzigartigkeit jedes Fasses zu zeigen.
Meike
00:49:08
Und welcher Wein kann schon von sich behaupten, dass ein Stück des Terroirs jetzt während der Flut entstanden ist? Also dieses Wort Terroir ist ja immer so groß. Ist ja nicht nur der Boden. Es sind so viele Kleinigkeiten, die da mit reinspielen. Da ist der Mensch, der da mit Einfluss drauf nimmt und der Mitgestalter des Terroirs eines Weines ist. Und das war dann für uns so besonders, dass wir gesagt haben, die müssen einzeln ausgebaut werden. Das war so im Prinzip diese erste Idee, wir können die nicht einfach alle zusammenpumpen und sagen, das ist jetzt hier der Flutwein. Und so kam dann halt diese Idee der Lost Barrels mit den 9 Fässern, die auch quasi ja mit den Koordinaten markiert sind, wo sie gefunden wurden, die die Geschichte erzählen. Das sind aber auch so wertvolle Flutgeschichten, die wir haben, wie diese Fässer wieder zu uns kamen, dass wir damit irgendwo auch uns, ich sag mal so, so ein Andenken gebastelt haben dafür natürlich auch, dass wir das einfach so mit in die Zukunft nehmen. Und Wein ist ja so schön langlebig, Gott sei Dank, dass man den auch einfach ja jetzt über Generationen aufheben kann.
Tobias
00:50:12
Gerade, wenn es dann auch noch Pfarrwingert war. Das war natürlich dann auch noch...
Meike
00:50:15
Es waren witzigerweise nur Lagenweine, als hätten die sich abgesprochen. Also wir hatten ja bis zum Gutswein noch alles da liegen. Wir hatten ja nichts abgefüllt, nur ein paar Weißweine, das bisschen, was wir an Weißwein machen. Und das war auch noch so ein Zufall, dass es halt nur Lagenfässer waren.
Tobias
00:50:28
Die hatten irgendwie einen größeren Überlebenswillen.
Meike
00:50:30
Wir wissen es nicht, wir wissen es nicht. Es ist superverrückt und es waren nur Lagenweine. Ja, und dementsprechend wollten wir natürlich auch was draus machen.
Michael
00:50:39
Und wir hoffen ja, dass es so was nie wieder geben wird, also dass zur Historie des Weins zählt, das er ein paar Kilometer im Wasser geschwommen ist und dort und dort - wollen wir nicht. Also so viel Terroir braucht es dann auch nicht jedes Jahr.
Tobias
00:50:52
Genau.
Michael
00:50:53
Wenn wir jetzt schon so schön über Wein reden, eben habt ihr über den Kaffee gesprochen, dass ihr eigentlich nicht zur selben Zeit Kaffee trinken könnt, weil die eine mag es eher kühler und die andere eher etwas wärmer oder heißer. Wie sieht das denn bei Wein aus? Ihr habt schon denselben Weingeschmack, dieselben Weinvorlieben?
Meike
00:51:10
Bei Spätburgunder zum Glück. Bei anderen Rebsorten können wir jetzt so ein bisschen darüber diskutieren. Aber bei Spätburgunder tatsächlich. Also da sind wir uns auch mit dem Weintyp, mit dem Wein, wie wir ihn uns für uns in unserem Weingut, in unserer Region vorstellen, komplett d'accord. Also da soll es den Schiefer, die Kühle der Eifel, das soll es alles widerspiegeln. Aber bei anderen Rebsorten kannst du gerne ein paar Worte zu sagen.
Dörte
00:51:38
Die will ich aber nicht nennen, weil wir wollen jetzt kein, ich möchte jetzt keinen...
Tobias
00:51:42
Aber jetzt wird es doch spannend. Also an der Ahr nur über Spätburgunder zu sprechen, also das wird ja irgendwann auch ein bisschen langweilig. Und wenn es dann jetzt auch noch irgendwie so ein bisschen unterschiedliche Auffassungen gibt, dann müsst ihr uns da jetzt schon ein bisschen einweihen, bitte.
Meike
00:51:56
Ja, also ich mag zum Beispiel süße Rieslinge, die Dörte findet das total fies.
Dörte
00:52:00
Ja. Also ja, genau, da bin ich ein bisschen speziell. Was die Meike vielleicht beim Kaffee ist, bin ich da in diesem, aber genau. Also Restsüße, also dieser ganze Kabinett-Trend, den kann ich leider gar nicht mitmachen. Ich kann das probieren. Ich glaube, ich kann es auch ganz gut bewerten. Aber Trinken ist, ne.
Tobias
00:52:23
Muss nicht sein.
Dörte
00:52:24
Das gleiche ist leider mit Chardonnay. Ja, also auch da, ich probiere es auch gerne, aber ja, das ist nicht so meine Rebsorte.
Tobias
00:52:36
Da muss ich jetzt mal direkt versuchen, Dörte auf meine Seite zu bringen, weil ich habe ja so ein massives Problem damit, was in Deutschland noch als trockener Wein verkauft werden darf bei Weißweinen. Geht dir das ähnlich? Also es dürfen ja 9 Gramm Restzucker sein, sofern noch 7 Gramm Säure drin sind. Aber selbst, wenn weniger Säure drin ist, ist das für mein Verständnis, ich gucke immer schon nach dem Alkoholgehalt und wenn ich sehe trocken, hat aber 12 %, dann denke ich schon immer, ah, ne, ich glaube der ist mir zu süß. Geht dir das ähnlich?
Dörte
00:53:05
Ja, wobei es da auch ein bisschen auf die Säure drauf ankommt. Also das mache ich tatsächlich auch. Das habe ich meinem Mann auch direkt am Anfang beigebracht. Wenn du in den Keller gehst und für mich eine Flasche Wein suchst, guck bitte auf den Alkohol bei den Weißen, weil süß möchte ich nicht. Aber es kommt so ein bisschen auf die Säure drauf an. Also manchmal bin ich auch tatsächlich überrascht, wenn ich bei Kollegen was probiere, gerade so an der Mosel oder an der Nahe, wenn ich was richtig toll finde und die dann nachher sagen, ja, aber Ätschibätschi, hat so und so viel Gramm Restzucker. Aber wenn die Säure, wenn das passt, wenn dieses Gesamtbild stimmt, dann finde ich es okay.
Tobias
00:53:43
Weil dann macht es ja auch das, warum wir diese Regelungen in Deutschland ja überhaupt haben, dann funktioniert das. Ich finde nur leider, dass es häufig halt eben nicht wirklich funktioniert. Und ja, ich wünsche mir eigentlich schon fast so was wie noch mal eine Kategorie Supertrocken oder sowas. Also extra-extra dry, aber im wirklichen Sinne, dass man dann sagt okay, 3 Gramm und weniger ist noch mal irgendwie so eine extra Kategorie.
Meike
00:54:09
Ein Kollege, der nennt das doch dann Bone Dry.
Tobias
00:54:12
Ja, genau. Richtig. Genau.
Meike
00:54:14
Knochentrocken.
Tobias
00:54:15
Genau. Da finde ich, das wäre die Kategorie. Ja, aber das ist so, das ist so mein eigenes Schicksal. Ich wollte es jetzt nur gerade noch mal erwähnt haben.
Meike
00:54:22
Ich glaube, bei Wein hat jeder sein Schicksal zu tragen.
Tobias
00:54:24
Ja, genau. Aber wir bleiben noch mal bei dem Thema Weinvorlieben. Weil, das ist jetzt so eine Standardfrage, die muss es in dem Podcast geben. Wir wollen über den Inselwein, über den Einsame-Insel-Wein sprechen. Und das muss ich immer so ein bisschen erklären, weil sonst kommen auf jeden Fall Rückfragen. Also ihr seid auf einer einsamen Insel. Diese einsame Insel ist unterkellert. Perfekte Klimabedingungen für die Lagerung von Wein. Da dürfen auch meinetwegen 6.000 Flaschen liegen, völlig egal. Es darf nur tatsächlich nur ein Wein sein, ein Jahrgang, davon aber sozusagen unendlicher Vorrat. Und ihr könnt euch schon...
Meike
00:55:05
Also nur eine einzige Sorte?
Tobias
00:55:06
Ganz genau. Ihr könnt euch schon denken, die Frage stellen wir euch natürlich beide. Muss natürlich nicht von euch sein. Ihr habt da freie Auswahl. Ganz egal.
Meike
00:55:15
Es soll jetzt sogar ein ganz spezieller Wein sein?
Tobias
00:55:17
Ja, wenn es geht, das wäre gut.
Michael
00:55:18
Die ganze Weinwelt steht euch offen. Geld spielt keine Rolle.
Tobias
00:55:22
Genau. Das ist auch völlig egal.
Michael
00:55:22
Alles bestens eingerichtet.
Tobias
00:55:24
Genau, ja.
Meike
00:55:24
Ich glaube, das ist viel zu langweilig, wenn man Tausende von Flaschen von einem Wein hat.
Tobias
00:55:27
Ja, das ist, das mag sein, aber leider geht es nicht anders. Sorry.
Meike
00:55:34
Also, sagen wir mal so, wenn es. Wenn ich den Wein ja dann draußen trinken will und da wären eher kühlere Temperaturen, würde ich jetzt von der Rebsorte her tatsächlich auch wirklich einfach wieder den Spätburgunder auspacken. Weil das, finde ich, kann man, da trinkt man sich nicht satt dran. Zumindest nicht an dem, der mir jetzt gerade im Kopf herumschwirrt. Sollte es ein eher tropisches, heißes Klima auf der einsamen Insel sein, dann würde ich tatsächlich auch zu Spätburgunder tendieren, aber dann in der Schaumwein-Variante als Sekt oder Champagner. Weil ich nämlich den Pinot auch in der quasi versekteten Version toll finde. Also die Blanc-de-Noirs-Geschichten ziehe ich dann da auch den Blanc-de-Blancs-Geschichten vor, oft auch wirklich einzeln ausgebaut. Aber da jetzt einen einzelnen zu finden jeweils, das fällt mir so schwierig, weil beides so viel Vielfalt bietet. Also da muss ich jetzt mal kurz in mich gehen.
Tobias
00:56:32
Aber beim Stillwein hattest du doch gerade gesagt, hast du schon, eine Idee, oder?
Meike
00:56:37
Ja, von der Typizität her, dass es eben einer ist, der diese Trinkleichtigkeit auch bietet, der Spannung hat, der Säure-Spannung hat. Ja, Bei den paar Tausend Flaschen trinke ich auch eine Sekunde dran. Sollte ja vielleicht auch ein bisschen lagerfähig sein.
Tobias
00:56:52
Ja, ja.
Meike
00:56:53
Also dann auch noch mal so eher so dieser kühlere Spätburgunder-Typ, der zwar reif ist, aber trotzdem diese Spannung eben mit sich bringt. Aber boah, also Dörte kann ja jetzt mal gerade was sagen, währenddessen überlege ich mir. welcher genau das ist.
Tobias
00:57:07
Die wartet schon die ganze Zeit drauf, da endlich loszulegen.
Dörte
00:57:09
Ich finde die Frage tatsächlich fast genauso schwer, als müsste ich jetzt sagen, welches meiner Kinder ich am liebsten habe. Also das ist so, das ist wirklich so schwer zu beantworten. Natürlich schießen einem direkt auch Flaschen in den Kopf, die man vielleicht so in letzter Zeit getrunken hat oder in den letzten 2, 3 Jahren. Oder jeder Weintrinker hat ja irgendwie so Aha-Momente mit irgendwelchen Sachen, die er getrunken hat oder die er vielleicht auch immer bestellt, wenn er sie mal irgendwo bekommt. Aber ich finde es wirklich schwierig. Dazu muss ich sagen, dass ich mich sowieso nie entscheiden kann.
Meike
00:57:44
Das war beim Eis-Bestellen früher schon schwierig.
Dörte
00:57:46
Unser Papa hat immer gesagt: „Ich gehe mit der Dörte nicht mehr an die Eisdiele, die steht eine Stunde davor". Und die Vorgabe war immer von der Mama, sie darf aber nur eine Sorte oder ein Bällchen. Und dann muss ich mich da zwischen 30 entscheiden. Das konnte. Das konnte ich noch nie. Und das jetzt bei Wein, wo es ja weitaus mehr als 30 verschiedene gibt. Das finde ich wirklich schwierig.
Tobias
00:58:06
Also es geht euch da im Übrigen so wie natürlich fast allen anderen, denen wir die Frage stellen. Der Einzige, glaube ich, der es wie aus der Pistole geschossen hat, war Andreas Rings. Der hatte, glaube ich, der hat sofort irgendwie, glaube ich, gesagt, 1999er La Tâche von Romanée-Conti oder so was. Ich glaube, das war der. Ich meine, gut, das ist auch eine relativ sichere Bank, da macht man nichts falsch.
Meike
00:58:25
Da hätte ich auch gern ein paar 1.000 Flaschen von.
Dörte
00:58:27
Wollte ich gerade sagen.
Michael
00:58:29
Ich weiß nicht, wer es war, einer erzählte auch: „Ne, ich nehme Burgunder, natürlich ein Pinot und relativ jung, weil ich möchte dann über die Jahre sehen, wie der sich entwickelt".
Tobias
00:58:38
Ja, ich glaube, das war so. Und 99 ist ja auch für Romanée-Conti, das ist ja noch ganz, ganz jung, ich wollte gerade sagen. Also insofern, wenn ihr jetzt - also okay, gut ist ja schon mal zu hören, Pinot Noir, gewisse leichtfüßige Stilistik natürlich, also dann könnt ihr ja auch eigentlich was aus dem eigenen Keller mitnehmen. Das ist dann relativ einfach. Aber so in eine andere Richtung wie Bordeaux jetzt beispielsweise, also jetzt mal von der Einsamen-Insel-Frage mal abgesehen. Ist das irgendwie eine Region oder eine Weinstilistik, die euch auch anspricht? Oder seid ihr, sage ich mal, so Spätburgunder-fokussiert, dass das eigentlich gar nicht sein muss?
Dörte
00:59:22
Ne, das nicht. Also gut, ich bin ja relativ speziell, was die Rebsorten angeht, aber wenn ich jetzt so quasi meine Zweit-Lieblingsrebsorte neben dem Spätburgunder, den es ja in allen Varianten, also was die Meike eben auch schon gesagt hat, als Champagner, dann würde ich, für mich persönlich, tatsächlich zum Riesling tendieren. Das wäre dann so meine zweite Wahl.
Tobias
00:59:47
Aber Restsüße dann, ne?
Dörte
00:59:48
Na ja, klar. Weil ja, ich finde, der Riesling hat das gleiche Spannende, was der Spätburgunder auch hat, weil er eben diese Vielschichtigkeit hat, weil das eine Rebsorte ist, die, wie der Spätburgunder, das Terroir so, so toll zeigen kann. Also da machen Blindproben so Spaß. Also das, was wir auch mit dem Team schon mal machen. Wenn man, ob jetzt Spätburgunder oder Riesling, da kann man ja wirklich was erraten, also von der Herkunft. Also das spiegelt eben wider, wo der Wein herkommt. Und aus jeder Region ist er ja wirklich tatsächlich richtig unterschiedlich. Und das macht das Spannende aus. Und das ist meines Erachtens deswegen genauso wie beim Spätburgunder eine Rebsorte, an der man sich nicht so satt trinken kann, weil sie so so eine Vielschichtigkeit, Unterschiedlichkeit hat.
Meike
01:00:32
Wenn wir über das Thema Bordeaux da gerade jetzt noch mal zu aufmachen. Ist jetzt nicht so, dass ich oder wir uns, also ich kenne mich jetzt da nicht bombenmäßig aus, also ich bin da jetzt nicht treffsicher bei allem. Wenn ich jetzt was blind auf dem Tisch hätte, würde mir das schon sehr, sehr schwerfallen, das jetzt direkt jemandem zuzuordnen. Dafür probiere ich es und trinke ich zu wenig. Aber wenn, dann sind es eher solche super gereiften Sachen aus Jahren, die noch nicht so üppig mit dem Alkohol waren, wo früher gelesen wurde, wo entspannte 12, 12,5 Volumenprozent drauf sind, die man vielleicht auch vor 10 Jahren noch gar nicht trinken konnte, weil sie da noch nichts waren. Also wenn, dann Bordeaux, dann diese gereiften Typen, die halt moderater sind, die einfach diese Reife brauchen. Also das finde ich dann schon toll. Also gereifte Bordeauxs, ist schon was Schönes.
Tobias
01:01:26
Hört sich so nach 1982 an.
Meike
01:01:28
Ja, sowas zum Beispiel, genau.
Tobias
01:01:30
Irgendwie Mouton oder Pichon Comtesse oder so.
Meike
01:01:32
Genau richtig, richtig. Also das aus diesen Jahren, aus diesen kühleren Jahren gereift, das ist schon was ganz Fantastisches. Also das ist schon schön. Wie gesagt, ohne dass ich jetzt sagen könnte, dass ich da jetzt treffsicher bin in der Blindverkostung, wo man, sagt man, im Burgund schon nicht, da ist man auch nicht jetzt komplett treffsicher, aber da hat man zumindest einfach mehr probiert, man hat sich mehr Erfahrung einfach aufgebaut, weil es natürlich aber auch die Sorte ist, um die es sich bei uns dreht. Und alles, was wir probieren, macht uns schlauer am Ende des Tages. Um rauszufinden, wieso, weshalb, warum ist denn jetzt ein Wein so? Also das ist dann vielleicht auch natürlich, dass wir da mehr probiert haben als jetzt aus den anderen französischen weltberühmten Regionen. Und auch die Champagnerprobiererei, die bringt uns ja auch weiter. Also auch das ist ja so was, wo wir selber auch so ein bisschen dran arbeiten. Wir sind, seit 2019 arbeiten wir halt so nach der echten Champagnermethode, mit dem Pressen, wo wir einfach so ein bisschen gesagt haben, wir wollen sehr viel ernsthafter auch im Sekt werden, also ab dem Jahrgang 19, und die liegen jetzt auch noch, weil wir gesagt haben, wenn wir die rausbringen, sollen die halt die optimale Reife haben.
Tobias
01:02:41
Und ihr versektet auch selber?
Meike
01:02:43
Im Prinzip ja. Also wir haben schon jemanden, der uns im Lohn das dann degorgiert und auch mit in die Flasche bringt. Aber das ist dasselbe wie bei der Abfüllung auch. Auch hier haben wir einen Lohnfüller, der mit seiner Maschine kommt, weil wir gesagt haben, die Menge ist jetzt noch nicht so groß, dann brauchen wir es noch nicht in alles zu investieren. Genau.
Michael
01:03:01
Wann bekommen wir denn den Sekt dann zu probieren?
Meike
01:03:04
Also das ist jetzt geplant, dass der Ende des Jahres rauskommt. Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an den Etiketten.
Michael
01:03:10
Hochdruck ist gut.
Meike
01:03:11
Ja, genau. Also immer wenn wir mal Zeit haben.
Tobias
01:03:15
Und ist das dann auch direkt so ein VDP-klassifizierter Sekt? Gibt es das auch?
Meike
01:03:19
Also wir würden ihn mit Sicherheit mal zu der Verkostung schicken. Ja, so ein VDP-Sekt ist es auf jeden Fall. Ja, und wir haben ja die Unterscheidung zwischen dem Sekt und Sekt Prestige und das muss ja dann das Panel entscheiden, ob das auch passt.
Tobias
01:03:34
Aber die Anforderungen für Prestige hätte er durch die Hefestandzeit und so weiter?
Meike
01:03:38
Ja, die hat er, natürlich. Ganz genau, ganz genau.
Tobias
01:03:40
Das ist ja spannend. Das werden wir mal im Auge behalten.
Michael
01:03:42
Das ist genau dokumentiert.
Meike
01:03:42
Ja.
Tobias
01:03:46
Ja, jetzt haben wir sogar noch mal kurz über Bordeaux gesprochen, aber natürlich war hier das Leitthema der Spätburgunder, so wie es sein soll bei Weingut Meyer-Näkel. Meike, Dörte, herzlichen Dank für das Gespräch, für eure Offenheit und ich glaube, wir sind dem Thema Geschwister im Weinberg auch wirklich auf die Spur gekommen, sozusagen. Vielen Dank.
Meike
01:04:08
Uns hat es Riesenspaß gemacht. Danke auch.
Dörte
01:04:10
Vielen Dank.
Michael
01:04:11
Ja, und ich kann mir ja keinen besseren Grund als dieses Gespräch vorstellen, sich ungeheuer darauf zu freuen, wenn es das nächste Mal wieder heißt.
Meike
01:04:19
Bei Anruf.
Dörte
01:04:22
Wein.