Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

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Gin und weg: Ausflug in die Spirituosen-Welt

21.03.2023 29 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Michael setzt die Spirituosen-Quote durch und Tobias will mehr über Gin erfahren. Dieses Mal geht es im Podcast um den landauf, landab gerühmten und beliebten Gin. Welche Arten und Qualitäten es beim Gin gibt, und warum manche Spirituose zwar Gin im Namen trägt, aber kein Gin ist; Tobias will es wissen. Ein „Bei Anruf Wein“-Ausflug in die Welt der Spirituosen. Hoffentlich nicht nur zu Michaels Freude. Was haltet ihr von weiteren Folgen über Spirituosen? Schreibt es uns bitte: podcast@weinfreunde.de

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:10
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Eigentlich widmet sich unser Podcast dem Thema Wein. Uneigentlich finden Michael und ich auch Spirituosen spannend. Daher wagen wir uns heute an ein Thema heran, das mit Wein nichts zu tun hat, aber dennoch absolut im Trend liegt: Gin. Michael ist ein echter Spirituosenexperte und ich werde heute einfach mal die wissbegierige Nervensäge geben. Um herauszufinden, ob euch ein weinfreies Thema wie Gin mit seinen Botanicals und regionalen Ausprägungen auch gefällt, schreibt uns doch gerne eine E-Mail, podcast@weinfreunde.de. Ansonsten bewertet bitte den Bei Anruf Wein-Podcast und folgt ihm auch. Jetzt aber viel Wissenswertes zur angesagten Wacholder-Spirituose von Michael und mir. Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:12
Hallo, mein allerliebster Tobias. Schön, dich heute pünktlich in der Leitung zu haben. Du weißt wahrscheinlich gar nicht, wie sehr ich mich auf die heutige Folge freue. Das erste Mal, dass wir beide im Podcast über eine Spirituose und keinen Weinstil, keine Rebsorte, kein Anbaugebiet, keinen Winzer sprechen. Tja, vielen Dank für diese Gelegenheit, Tobias.
Tobias
00:01:36
Gelegenheit schon, Ja, gerne, gerne. Aber Michael, es ist ja doch eine Gelegenheit, die du ja quasi mutwillig heraufbeschworen hast. Das muss man vielleicht mal den Zuhörerinnen und Zuhörern vorab kurz erklären. Du hast mich nämlich an eine uralte Abmachung kürzlich erinnert, die wahrscheinlich gar keine Gültigkeit mehr hat, wenn man sich das mal genau anschaut. Und hast mich, na ja, nicht damit genötigt, aber schon bedrängt, ja, dir diese Podcastfolge für eine Spirituose zu überlassen.
Michael
00:02:09
Eieiei, Tobias, also heute machst du die Dramaqueen. Also egal.
Tobias
00:02:14
Also, bitteschön.
Michael
00:02:14
Tatsächlich, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ist es so, dass du, Tobias, mir ganz am Anfang von Bei Anruf Wein einmal zugesichert hast, zugesichert hast, dass wir spätestens dann eine Folge über Spirituosen machen, wenn wir 50 Folgen über ein Weinthema gemacht hätten. Und dass hier heute, mein Lieber, ist Folge Nummer 52 des Podcast Ich bin einfach dran. Ja und immerhin durftest du ja sogar die Spirituose aussuchen, um die es heute geht.
Tobias
00:02:48
Ach, jetzt muss ich mich hier auch noch dankbar zeigen, oder was? Ja, danke, danke. Ja, und es ist dann der Gin geworden, weil ich darüber irgendwie doch zu wenig weiß, diese Spirituose aber ja seit ein paar Jahren ein absolutes Trendthema ist, also selbst für eingefleischte Weintrinker. Und ja, du hast mir immer gesagt, Gin ist eigentlich ganz einfach, aber mir schwirren da doch zu viele Begriffe irgendwie beim Thema Gin im Kopf umher. Und ja, dann würde ich auch für diese Folge mal sagen, kommen die Fragen von mir und du darfst quasi den Spiritus Rector geben. Ja, also das macht ihr doch jetzt bestimmt richtig Spaß, oder?
Michael
00:03:29
Ja, ja, ja, ja, ja. Mir auf jeden Fall. Aber besser wäre es ja noch, wenn es auch den Zuhörerinnen und Zuhörern genauso erginge. Ja, also, was denkt ihr? Seid ihr mit diesem Exkurs in die Spirituosenwelt glücklich? Also, bitte schreibt es uns, podcast@weinfreunde.de heißt die Mailadresse oder auf Facebook und Insta kommentieren, so wie immer. So, aber das Ganze bitte reichlich und sehr wohlmeinend für mich und meine Spirituosen. Ich will nicht wieder 50 Podcastfolgen lang warten.
Tobias
00:04:04
Ja, also von mir an der Stelle jetzt kein Kommentar, weil ich meine, wir sind eigentlich ja ein Wein-Podcast, wie auch unser Name verrät, und jetzt plötzlich Spirituosen. Aber na ja, jetzt lass uns endlich mal zum Gin kommen. Ja, also wir fangen mal so an: Gibt es eigentlich so etwas wie unterschiedliche Qualitätsstufen beim Gin, so wie wir das eben aus der Weinwelt kennen? Denn ich erinnere mich, du hast mir das schon mal erklärt, das mit dem simplen Gin und dem destillierten Gin und was das mit einem London Dry Gin zu tun hat. Aber beim besten Willen, das bekomme ich irgendwie nicht mehr richtig zusammen.
Michael
00:04:42
Okay, also fangen wir mal an. Die einfachste Formel für einen Gin lautet eigentlich Neutralalkohol plus Wacholder plus Botanicals. Ja, also, und dabei gibt es jetzt 2 Wege, wie die Aromen des Wacholders und der anderen Botanicals in den Gin finden, ja.
Tobias
00:05:01
Ja, aber stopp jetzt mal. Also Botanicals Ja, den Begriff sagst du jetzt einfach so dahin. Ja, den muss man doch noch mal etwas genauer erklären, oder?
Michael
00:05:10
Ja, ruhig, mein Brauner. Also, dazu kommen wir noch, ja? Damit du jetzt hier keine Schnappatmung bekommst aber vielleicht eines schon mal vorab. Botanicals, das sind die Aromen eines Gins. Ja, das können Früchte, Kräuter, Wurzeln und vieles mehr sein, je nachdem, welche Art von Gin es ist. Das Wichtigste ist jedoch der Wacholder, also quasi das Ur- und Hauptbotanicals des Gins. Ja, aber noch mal zurück zu meinen Basics, ja? Der von dir simple Gin genannte entsteht, indem die Botanicals, also diese Aromastoffe pflanzlicher Art, einfach im Alkohol eingeweicht, oder präziser formuliert, mazeriert werden. Anschließend wird nur noch gefiltert und fertig ist der einfache Gin. Das ist wie so ein Tee, Tee-Prinzip, kann man sich da merken. Die unkomplizierteste Herstellung. Ja, und das hat dazu geführt zum Beispiel, dass während der Prohibition und in Zeiten, wo Alkohol sehr teuer besteuert wurde, man zu den sogenannten Bathtub Gins gekommen ist. Also Gins, die tatsächlich auf dieser Art in einer Badewanne entstanden sind.
Tobias
00:06:20
Das ist ja nicht schlecht. Also ich habe da noch so ein 80-Liter-Aquarium, glaube ich, im Keller. Ja, ist zwar eine Nummer kleiner als eine Badewanne, aber ist ja vielleicht schon mal ein Anfang. Aber ja. Nein, im Ernst. In so mancher Gründergeschichte einer neuen Gin-Marke taucht das mit der Badewanne ja immer wieder auf. Das habe ich schon mal gelesen. Also mehrfach schon. Also das scheint so das richtige Format für die erste Produktentwicklung zu sein. Beim destillierten Gin geht das dann, glaube ich, aber nicht so einfach. Für diese Qualität muss nämlich dann dieser aromatisierte Neutralalkohol, über den wir ja gerade schon gesprochen haben, noch einmal gebrannt werden. Einfach weil, glaube ich, dann das Ergebnis deutlich, ich sag mal, finessenreicher und runder wird, oder?
Michael
00:07:06
Hast du dir gut gemerkt. Kein Einwand. Dann an dieser Stelle eben, wir haben über den einfachen Gin gesprochen, jetzt reden wir über den destillierten Gin, das ist natürlich aufwendiger, jetzt noch einmal zu brennen. Ja, obgleich, man muss sagen, so Aufwand beim Gin ist jetzt mal relativ. Wenn du das vergleichst mit der Herstellung von Whisky, Rum oder Cognac, ist eine ganz andere Nummer. Zum Beispiel, Gin reift in der Regel auch nicht nach der Destillation in irgendwelchen speziellen Holzfässern. Der ruht nach dem Brennen kurz aus, ja, sackt so ein bisschen ab und ist fertig für die Flaschenabfüllung. Das geht also recht schnell, wenn man mal im Spirituosenmaßstab denkt.
Tobias
00:07:47
Okay, das kann ich mir jetzt ganz gut merken. Wenn der dann noch mal destilliert wird, dann reicht meine Badewanne quasi nicht mehr aus. Aber wo du gerade Whisky sagst, ne, das überrascht dich jetzt natürlich, dass ich davon ein bisschen Ahnung habe. Aber bei Neugründungen von Whiskybrennereien ist es oft ein Gin, der als Erstes verkauft wird, und eben noch kein Whisky, denn Gin macht man und kann ihn dann sofort an die Frau oder an den Mann bringen. Dagegen muss zum Beispiel so ein Whisky aus Schottland mindestens 3 Jahre im Fass reifen, bevor er überhaupt Scotch Whisky genannt werden darf. Also so kommt also frühestens im 4. Jahr Geld in die Kasse der Destillerie. Und ja, da freut man sich über den Ginverkauf, der einen dann die Jahre vorher vielleicht vor dem Bankrott bewahrt.
Michael
00:08:38
Ja, ja, Respekt. Toby Walker. Ja, Respekt. Aber zurück zum Gin. Du hast ja vorhin noch den London Dry Gin genannt. Ja, das ist jetzt nicht so wie in der Weinwelt, so eine Art Herkunftsbezeichnis, also Gin, der aus London kommt, sondern ein Name für einen besonderen, eher klassisch ausgelegten Stil mit gewissen Qualitätsansprüchen. Ja, also ein London Gin kommt also nicht zwangsläufig aus London, sondern er folgt halt einen bestimmten Qualitäts- und Geschmacksmuster. Das Dry da drinnen heißt dann nur, dass er noch weniger Süßmittel enthält, nämlich 0,1 g pro Liter, wenn ich das richtig im Kopf habe, ja. Und deshalb gibt es dieses Adjektiv, diese Beschreibung Dry, auch für einen Gin, der nicht aus London kommt und trotzdem destilliert ist. Und das ist dann ein Dry Gin.
Tobias
00:09:32
Hui, ja, jetzt wird es schon wieder speziell. Ja, also ich muss jetzt endlich mal mit dir über Botanicals sprechen, weil das ist ja irgendwie so das Buzzword, was man in Verbindung mit Gin immer wieder hört. Also wir haben ja schon gelernt, Wacholder ist sozusagen wichtigster Bestandteil der Botanicals. Und ja, es muss anscheinend einfach nach Wacholder schmecken, sonst ist es einfach gar kein Gin. Aber bei den anderen Botanicals sind doch den Geschmacksnerven ja eigentlich überhaupt keine Grenzen gesetzt. Also ich lese da ganz, ganz häufig in Beschreibungen Koriander, Angelikawurzel, Kardamom und natürlich die Zesten der ganzen Zitrusfrüchte. Das ist doch eigentlich auch schon fast so eine Art Standard, oder?
Michael
00:10:18
Ja, ja, reden wir über Botanicals, kann man sagen, der Wacholder ist das Standbein eines Gins und die anderen Botanicals geben eher das Spielbein ab.
Tobias
00:10:28
Oh, das ist gut gesagt.
Michael
00:10:29
Also, so sind sie denn auch, die üblichen Verdächtigen, wenn es darum geht, dem Gin eine besondere Note zu geben, einen eigenen Touch zu geben, der heraussticht, ein Botanicals zu haben, was man deutlich schmeckt und die anderen eben nicht vorweisen können. Also man kann sich also mit den Botanicals von anderen Gins abgrenzen. Das setzt sich dann im sogenannten Storytelling dieser Gin-Marken ja gerne fort. Da wird dann immer erklärt, warum es jetzt gerade diese Botanicals sind. Da ist dann beliebt, zum Beispiel, das vererbte Rezept, dann gibt es auch die große Reise, die über Orte führt, wo man die Botanicals quasi einsammelt, wie in einem Videospiel. Aber immer geht es darum zu erklären: Warum sind es jetzt gerade diese Botanicals?
Tobias
00:11:17
Ja, Erklären von Botanicals finde ich jetzt ein gutes Stichwort, weil wir sollten ja zumindest mal so ein paar Beispiele geben. Also ich lege mal einen vor, weil das habe ich mir nämlich behalten. Denn einer der Gins, der wirklich dafür gesorgt hat, dass jetzt hier in Deutschland so ein großer Gin-Hype überhaupt existiert, ist ja dieser Monkey 47. Ja, und dieser Gin, der stammt ja witzigerweise trotz des Namens aus dem Schwarzwald. Und diese Zahl 47, die beschreibt einfach nur die Anzahl der dafür verwendeten Botanicals. Ja, da kann ich dir jetzt keine nennen, aber ich finde alleine irgendwie 47 verschiedene doch eine ziemlich beeindruckende Zahl, oder?
Michael
00:12:01
Ja, ja, aber da gibt es ja noch andere. Wie gesagt, es geht um die Botanicals, um so eine Spitze an Geschmack noch mal zu bringen. Deshalb denkt doch auch mal an Gunpowder Tee, überhaupt an Tee, an Yuzu, so eine alternative Zitrusfrucht aus Asien, aber auch an Zitronengras, Tonkabohne, Pfeffer, Zimt, sogar Algen und Seetang weiß ich, dass es das gibt, Weißdorn, Salbei. Ich glaube, das kann man jetzt fast gar nicht aufzählen, was da alles vorhanden ist.
Tobias
00:12:35
Ja, das ist Wahnsinn. Und teilweise sind diese Botanicals ja dann auch namensgebend. Also ich glaube, Tonka Gin habe ich tatsächlich schon mal gelesen, auch genauso wie mit dem Gunpowder. Aber sag mal, sind Botanicals nicht auch etwas, um Regionalität zu transportieren? Also was ist quasi typisch für die Eifel, für die Küste oder sogar eine Stadt wie München, Hamburg und Berlin? Ja, also ich glaube diese Stadt-Gins, ja, die gibt es mittlerweile in absolut großer Zahl in Deutschland. Ich hatte jetzt kürzlich sogar einen Ruhr-Gin in der Ruhrpott Edition in der Hand. Ja, also wahrscheinlich so mit leichter Kohlenote oder so, also da weiß ich dann auch nie so ganz genau, was ich davon halten soll. Aber ja, was hältst du eigentlich von diesen wahnsinnig vielen Regioabfüllungen?
Michael
00:13:26
Hm, sagen wir mal so, also im Prinzip finde ich das gut, weil der Gin, wir haben ja eben erklärt, wie der so entsteht, der bietet sich ja jetzt geradezu an für so eine Regionalisierung. Was ist das Besondere an Pflanzen in deiner Region, was dann mit dem Wacholder harmonisiert? Finde ich erst mal gut. Jetzt in dieser real existierenden Gin-Realität mit einem Mindestalkoholgehalt von 37,5 % Alkoholvolumen, und ich glaube, es sind mittlerweile rund 1.000 Gins, verschiedene Gins, die man in Deutschland irgendwo kaufen kann. Ja, darunter sind natürlich auch jede Menge Langeweiler und ich, sage mal, Enttäuschungen. Und deshalb nenne ich die jetzt auch mittlerweile so für mich persönlich nur noch diese Stadt-Land-Fluss-Gins. Ja, also das geht mir mittlerweile doch manchmal ein bisschen zu weit.
Tobias
00:14:19
Okay, verstehe. Also es macht quasi nicht immer Gin. Ja, nein? Okay, nein, wir wollten ja eigentlich gar keine Kalauer mehr bringen. Sorry, aber manchmal geht es nicht anders. Also ich nerve jetzt sowieso lieber noch mal mit so 2 Gin-Begriffen, die ich kenne, aber nicht so genau weiß, was es ist. Also was sind eigentlich Slow Gin und Spice Gin? Ja, also das eine kenne ich von früher, das andere ist gerade ungeheuer angesagt, oder?
Michael
00:14:49
Angesagt, allerdings, allerdings. Aber ich muss dich da ein wenig enttäuschen, denn weder der Slow Gin noch der Spice Gin sind im strengen Sinne der Europäischen Spirituosenverordnung ein richtiger Gin. Du hast es vorhin selbst angesprochen. Ein Gin muss zuallererst nach Wacholder schmecken. Ja, und genau das trifft bei deinen Beispielen eben nicht zu. Also der Slow Gin ist eigentlich eher ein Schlehenlikör auf Gin-Basis, auch mit entsprechender Süße. Und ein Spiced Gin, das ist ein zusätzlich aromatisierter Gin, nicht so, wie wir das über die Botanicals grade gelernt haben, und der dann eben in erster Linie nicht mehr nach Wacholder schmeckt, sondern eben nach diesen Zutaten, die zum Aromatisieren genutzt werden. Und damit verliert er das Recht, Gin zu sein.
Tobias
00:15:45
Also Europäische Spirituosenverordnung, verstehe. Jetzt packst du den Spirituosenkontrolleur aus, oder wie? Ja, also, Slow und Spiced und was weiß ich, stört mich eigentlich gar nicht, denn ich habe ja schon einen klassischen Gin Tonic ins Glas bekommen, der mit einem Spiced Gin zubereitet wurde. Ja, und das war irgendwie noch mal exotischer und war für mich wirklich eine tolle Alternative zum normalen Gin Tonic.
Michael
00:16:14
Das kann ich gut nachvollziehen. Das verstehe ich. Ja, ja, ja. Ich persönlich bin und bleibe, ja, liegt vielleicht auch an meinem Alter, lieber Tobias, sag es ruhig. Ne, ich bin und bleibe eigentlich Fan des klassischen London Gins oder sogar London Dry Gin. Ja, denn da ist kein großer Chichi. Da geht es um Frische, diese feine Würze, diesen Wacholder, der deutlich zu spüren ist, diese zitrischen Noten, die meistens dazu kommen, das ist für mich auch noch wichtig. Und dann basta, reicht mir. Ja, also London Dry Gin ist für mich erste Wahl und das gilt für den Gin Tonic als auch die einschlägigen Gin-Cocktails.
Tobias
00:16:52
Ah, Gin-Cocktails. Cocktails, gutes Stichwort. Ja, für mich war nämlich eigentlich Gin bzw. Gin Tonic ein und dasselbe. Weil das ist ja keine Spirituose, die man sich pur im Glas gönnt, oder weiß ich da wieder nicht wirklich Bescheid?
Michael
00:17:10
Ne, gutes Gespür hast du da tatsächlich. Wir haben ja eben auch von der schnellen, einfachen Spirituose Gin gesprochen. Mittlerweile gibt es tatsächlich auch fassgelagerten Gin. Ja, der führt dann oft auf dem Etikett noch das schöne Wort Reserve. Ja, also er ist noch mal im Fass zurückgehalten worden. Ja, aber offen gesprochen, ich bin da ein bisschen skeptisch, denn, wenn du jetzt mich fragst, wenn du Wacholder mit Fassreife haben willst, dann geh doch lieber hin und kauf dir einen schönen fassgelagerten Oude Genever aus Holland oder aus Belgien. Aber okay, das ist jetzt nur mal off the record. Ja, psst, zählt nicht.
Tobias
00:17:53
Ja, ja. Das sagst du jetzt wahrscheinlich nur so, weil ihr keinen Genever im Weinfreunde Sortiment habt. Ja, aber wenn du jetzt Genever sagst, meine ich mich daran zu erinnern, dass Gin wegen Genever überhaupt Gin heißt. Oder habe ich da doch wieder nur so einen durch meinen zu großen Weinkonsum ausgelösten Fiebertraum gehabt?
Michael
00:18:14
Nein, nein, nein, nein, Alles richtig. Ich dachte zwar, du träumst sonst immer nur von mir, aber egal. Ne, ne, also Genever, in dem Wort Geneva oder Genever ja erkennt man ja noch das lateinische Wort Juniper. Und Juniper ist nichts anderes als der lateinische Begriff für den Wacholder, also Wacholder, Juniper zu Genever und von Genever kommen wir dann zu Gin. So, und wie kam das? Irgendwie englische Soldaten waren auf dem europäischen Festland und haben dort, sagen wir mal, bei der Ausübung ihres Berufes dann auch diese Spirituose kennen und lieben gelernt. So wurde der zuerst in England bekannt, aber später ist es so, dass ein Holländer König von England wurde und tatsächlich auch seinen Gin, seinen Genever mitgebracht hat. Und da war dann kein Halten mehr in der Begeisterung bis heute.
Tobias
00:19:10
Wow, das ist interessant. Und letztlich ist ja so ein Wacholderschnaps wie so ein Steinhäger oder so was, auch eine Art Gin oder Genever oder so was, oder?
Michael
00:19:21
Wacholderschnaps? Oh, wie respektlos. Schäme dich! Ich schäme mich für dich. Also, dieser Steinhäger ist eine Wacholderspirituose, ja, also ein.
Tobias
00:19:33
Sage ich doch.
Michael
00:19:34
Ja, Schnaps, aber gut. Und er ist sogar eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Die dürfen nämlich eben nur aus Steinhagen kommen. Das ist ein Dorf, was es gibt. Und das sind dann die Steinhäger in der Kruke übrigens, in diesem Tonstein.
Tobias
00:19:49
Ja, ja, ja, stimmt. Steingut.
Michael
00:19:51
Steingut, ja, aber es gibt in Deutschland natürlich auch noch andere Wacholderbrände, die stark, stark an Gin erinnern und die man gerne mal als Gin-Alternative probieren kann.
Tobias
00:20:03
Meine Güte, also du hast ja das Spirituosenwissen tatsächlich gepachtet. Ja, mir wird das jetzt schon wieder alles ein bisschen zu viel. Aber pass auf. Ich habe natürlich noch mehr Fragen. Also ihr habt im Weinfreunde-Shop ja mittlerweile eine ordentliche Auswahl an Gin und ja, auch Spiced Gin. Das ist nun mal so by the way. Und da habe ich vorhin noch mal reingeschaut und bin auf eine Bezeichnung gestoßen, mit der ich wieder mal nichts anfangen konnte. Lieber Michael, was ist denn ein Navy Strength Gin? Ja, das hat dann wahrscheinlich irgendwie einfach mehr Alkohol wegen Strength, oder? Oder vielleicht verwechsle ich es jetzt auch wieder mit einem Rum, oder? Da gibt es doch auch Navy Strength, oder? Ich blicke nicht mehr durch.
Michael
00:20:46
Ach Tobias, es gibt doch keine dummen Fragen, das weißt du. Erst recht nicht beim Gin, mittlerweile. Und Navy Strength, ja, geht auf einen besonderen, wie sagt man heute, so Eignungstest der englischen Marine zurück. Die Idee dahinter ist ganz einfach. Lädt ein Schiff starken Alkohol, der später auf See vor der Ausgabe verdünnt wird, bedeutet dies weniger Fracht, sprich geringeres Gewicht für das Schiff. Klarer Vorteil. Außerdem ist der starke Alkohol, der hochprozentige Alkohol, besser haltbar. Der verdirbt nicht. Ja, aber um das zu überprüfen, vermischte man Schießpulver mit Gin und zündete es an. Wenn jetzt diese Mixtur brannte, dann hatte sie den Navy Proof, also das ist ein anderer Begriff, dafür bestanden und hatte die notwendige Strength. Jetzt, um das mal präziser auszudrücken, bei Gin sind das mindestens 57 % Alkoholvolumen, die erforderlich sind, um diesen Effekt zu erzeugen.
Tobias
00:21:51
Okay, 57 % Alkoholvolumen, eieiei, und Navy Strength und Navy Proof. Ja, aber ich glaube, das ist tatsächlich auch so wie beim Rum. Ja, jetzt habe ich mir mal meine Frage selbst beantwortet. Geht also mittlerweile auch beim Thema Spirituosen. Ich bin stolz auf mich. Nein, du hast sie ja einfach ignoriert. Aber lassen wir das jetzt mal. Ja, also beim Rum geht es ja ebenfalls um die Navy und den Seetransport und Alkoholstärke und diese Mischung zum Anzünden, verstanden, okay. Ja, Da fällt dir jetzt wohl auch nichts mehr ein, du Leichtmatrose.
Michael
00:22:28
Oh, Captain, my Captain. Nein, ja, Navy Strength Gin. Du hast es gesagt, Navy Proof. Ach so, manchmal wird er auch als Plymouth Gin bezeichnet, wegen des berühmten, bekannten, großen Marinestützpunkts in der Stadt.
Tobias
00:22:43
Oh Gott, oh Gott. Jetzt beenden wir das Thema bitte mal. Ja, Also, auf jeden Fall das zum Thema Strength und Proof und Plymouth und ja, wie auch immer. Also ich glaube, dass wir jetzt schon einiges über Gin zusammengetragen haben. Und da ist ja auch noch der Beitrag im Weinfreunde-Magazin. Die wichtigsten Dinge über Gin findet ihr dort noch mal sehr schön zusammengefasst, finde ich. Aber wir müssen jetzt noch mal ein bisschen für den Gin-Genuss als solches werben. Bei all deiner Expertise, lieber Michael, ja, das war jetzt alles etwas leblos und so ein bisschen lehrmeisterhaft. Jetzt gib dir doch noch mal einen Ruck und werbe für den, ja, für den eigentlichen Genuss.
Michael
00:23:25
Einen Ruck, klar. So unter uns, ich sage nur: Valencia. Und erinnere dich jetzt mal an unsere unglaublich intensive Rotweinnacht dort bei einer Weintour. Ja, da kamen wir in einem, ich möchte mal sagen, etwas strapaziertem Zustand zurück ins Hotel. Und dieser letzte Gin Tonic an der Bar, ganz ehrlich, Tobias, der hat uns wieder zurück ins Leben geführt.
Tobias
00:23:51
Oh ja, ja. Ja, wirklich! Ja, also das war besser als jedes, wie sagt man noch, Kontrabier nach einer Weinprobe. Aber Scherz beiseite. Tatsächlich tut ein Gin Tonic nach schweren Rotwein gut. Ja, er macht den Mund wieder richtig schön frisch, das Tonic Water tut sein Übriges. Also für mich wirklich so ein echter Pellet Cleanser. Und um genau so einen Moment hat es sich, glaube ich, damals gehandelt. Wobei, so einen ähnlichen hatten wir auch mal in der Toskana, oder? Ne, pass auf, das war Montpellier. Ja, also na ja, aber das lassen wir jetzt mal lieber, weil man muss ja dann doch auch mal sagen, Gin Tonic hin oder her, man sollte das doch in möglichst kleiner Dosis genießen. Ja, aber lassen wir das jetzt mal. Eins noch, wenn wir jetzt in dieser Folge schon die Rollen getauscht haben, gibt es da noch etwas, lieber Michael, was du vergessen hast und uns nicht vorenthalten möchtest?
Michael
00:24:52
Ja, Tobias. Danke, wie aufmerksam. Ja, den lieben Zuhörerinnen und Zuhörern möchte ich natürlich den Cocktail nicht vorenthalten, ja, der auch dich ja vom immer nur Gin Tonic so erfolgreich abgebracht hat. Der Cocktail hat zudem einen wunderschönen Namen. Der heißt Last Word. Passt doch jetzt. Wir sind so am Ende der Sendung.
Tobias
00:25:16
Das stimmt.
Michael
00:25:17
Wir müssen jetzt mal zum Ende kommen. Wir haben schon so viel erzählt oder wenn es von mir aus geht, gerne können wir auch noch länger ein bisschen über andere Spirituosen plauschen.
Tobias
00:25:27
Nee, jetzt in dieser Folge erst mal nicht. Also wir warten lieber mal ab, was die Zuhörerinnen und Zuhörer überhaupt zu dieser Folge sagen. Ja, nur wenn du jetzt von Last Word und Cocktail erzählst, dann brauchen wir jetzt aber doch bitte noch das Rezept.
Michael
00:25:42
Ach so, eigentlich ganz einfach, hört sich kompliziert an. Also zu jeweils gleichen Teilen London Dry Gin, Chartreuse Verte, Maraschino und Limettensaft einfach auf Eis in den Shaker, ordentlich schütteln und sofort ins Glas abseihen. Ja, ganz einfach gemacht und hat ungeheuer Wow!
Tobias
00:26:03
Ja, also das muss ich wirklich auch sagen, dieses Säuerliche des Limettensaft und dann dieses Kirschige durch Maraschino, da stehe ich ja sowieso ein bisschen drauf, wunderbar. Jetzt hast du aber wieder London Dry Gin gesagt und jetzt mich doch wiederum zu einer Schlussfrage gebracht. Ja, also schon komisch, dass ich immer das letzte Wort haben muss, aber egal. Vorhin hast du gesagt, London Dry Gin muss nicht aus London kommen. Okay, habe ich verstanden. Dann aber auch Dry Gin als quasi weitere Variante genannt. Wo ist denn dann jetzt der Unterschied zwischen London Dry Gin und Dry Gin, wenn der London Dry Gin gar nicht aus London kommen muss.
Michael
00:26:43
Im London.
Tobias
00:26:44
Hä?
Michael
00:26:44
Nein, Quatsch. Also, jetzt willst du es aber ganz genau wissen. Also, okay. London Gin ist ein gewisses klassisches Geschmacksbild von Gin. Ja, eher einfach auf die Basics orientiert, aber das in einer besonders schönen Qualität. Um das mal klar zu machen: Da dürfen nur natürliche Botanicals, wirklich natürliche Zutaten verwendet werden und die Zugabe von Aromen oder Essenzen und Zucker ist absolut verboten. Ja, das ist dann schon mal ein Unterschied zum anderen normalen, destillierten Gin. Noch einer ist, dass die Ausbeute beim Herstellen, also Ausbeute heißt, was kommt bei diesem ganzen Herstellungsprozess raus, deutlich geringer ist. Das heißt, die dürfen brennen bis zu einem Grad von maximal 70 % Alkoholvolumen. Beim destillierten Gin ohne das London sind dagegen 96 % erlaubt. Das heißt, aus dem eingesetzten Material bekommst du nachher mehr fertige Spirituosen. Das macht ihn dann halt etwas günstiger. Aber man kann das jetzt mal ganz einfach formulieren: London Gin ist schon die Oberklasse beim Gin. Reicht das?
Tobias
00:28:06
Ja, das finde ich jetzt wirklich hilfreich. Also kann man sich ja dann merken, dass London als Bezeichnung wirklich so eine Art Qualitätsmerkmal darstellt und dass Dry ja dann wiederum Aufschluss darüber gibt, wie viel Restzuckergehalt quasi in dem Gin enthalten ist. Also herzlichen Dank. Ja, jetzt ist mein Wissensdurst tatsächlich erstmal gestillt. Ja, und daher bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, dass ich mich darauf freue, wenn es beim nächsten Mal wieder mit aller Berechtigung und Selbstverständlichkeit heißt.
Michael
00:28:39
Ich habe verstanden, warum ich jetzt diesen Part übernehmen muss. Aber so ist es halt. Bei Anruf.
Tobias
00:28:45
Wein.