Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Kochduell und Weinbegleitung: Christina Fischer

05.09.2023 77 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

In der Welt der Gastronomie gibt es nur wenige, die die Kunst der Weinbegleitung so meisterhaft beherrschen wie der Gast der heutigen Folge: Christina Fischer. Als renommierte Sommelière und leidenschaftliche Genießerin führt sie Michael und Tobias in wichtige Grundlagen bei der Kombination von Wein und Essen ein. Zudem teilt Christina mit den beiden Anekdoten aus ihrer Arbeit mit Restaurant-Gästen und in der TV-Show „Koch-Duell“. Ferner erklärt sie, was mit dem Begriff Umami gemeint ist und ob Schokolade wirklich gut zu Wein passt.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Manche Zuhörerinnen und Zuhörer erinnern sich noch daran. Beim TV-Format „Kochduell" traten Amateure im Team mit Profiköchen gegeneinander an, um aus nur wenigen Zutaten ein kreatives Gericht zu zaubern. Christina Fischer gab damals die Sommelière, die ebenfalls ganz spontan eine passende Weinbegleitung zu dem Essen empfehlen musste, mit durchschlagendem Erfolg. Die Sendung avancierte zu einem echten Quotenhit. Michael und ich haben mit Christina in der heutigen Folge also die perfekte Ansprechpartnerin getroffen, um über die Kombination von Wein und Essen, den Beruf des Sommeliers, Weinkarten und andere gastronomische Insights zu sprechen, inklusive konkreter Tipps zu optimalen Weinbegleitungen. Begleiten solltet ihr unbedingt auch Bei Anruf Wein. Bitte schnell den Podcast abonnieren und ihn auch bewerten. Wir freuen uns drauf. Also bleibt mal dran. Wir fangen direkt an! Christina, schön dich zu sehen und vor allem dich auch hier an einem ganz besonderen Ort zu sehen. Du kannst ja vielleicht direkt mal als Einstieg loslegen und beschreiben, weil das können ja unsere Hörerinnen und Hörer nicht sehen, wo wir hier sind.
Christina
00:01:24
Unter Tage.
Tobias
00:01:24
Ja, unter Tage, ne?
Christina
00:01:26
Also unter der Erde, um genau zu sein. Und wir befinden uns in der Kölner wineBANK, die wirklich in einem alten Gewölbekeller positioniert ist, der früher auch von einem Weingut gebaut worden ist für die Weinlagerung, die Weine wurden damals noch fassweise verkauft, und heute gehört es eben zur wineBANK-Kette und man kann sich hier gut einmieten. Man kann sich ein Fach mieten, kann seine Weine einstellen und ist dann sofort im Club Member und kann die Räumlichkeiten hier nutzen.
Tobias
00:01:58
Ja, das ist wirklich beeindruckend und parallel zu der Folge wird es davon mit Sicherheit auch auf den Social-Media-Kanälen von Weinfreunde ein paar Fotos geben. Ja, aber jetzt erstmal zu dir, Christina. Wir sprechen ja heute über Wein in der Gastronomie und damit auch über Wein und Essen, also Essensbegleitung. Und jetzt möchte ich einfach mal so ein paar Stichworte zu dir raushauen, damit die Hörerinnen und Hörer einen kleinen Eindruck von dir gewinnen. Ich sag nur Fischers Weingenuss und Tafelfreuden war ein Restaurant in Köln. Und da ging es insbesondere eben auch um die Kombination von Wein und Essen. Dann hast du etwas, das nennt sich Genusswerkstatt. Die wurde bereits ausgezeichnet als Weinschule des Jahres. Außerdem hast du auch schon Auszeichnungen bekommen vom Decanter Magazin, vom Wine Spectator, Gault & Millau, VDP und vielen anderen. Außerdem hast du sozusagen nebenbei noch das Diploma vom WSET gemacht, also dich auch tatsächlich noch in Sachen Wein weiter fortgebildet. Ja, und die meisten kennen dich auch sozusagen vom Äußeren her aus dem Fernsehen, denn du warst lange Zeit als Sommelière bei dem TV-Format Kochduell mit dabei. Und ja, das haben, glaube ich, alle, zumindest aus einer gewissen Generation, immer noch so vor Augen. Also herzlich willkommen Bei Anruf Wein und sehr, sehr schön, dass das geklappt hat.
Christina
00:03:24
Vielen Dank, lieber Tobias.
Michael
00:03:26
Ja, das war jetzt eine lange Vorstellung mit fast allen Titeln. Mich würde jetzt mal interessieren: Wie stellst du dich denn selber vor?
Christina
00:03:35
Ja, ich meine, das sieht man. Ich habe ein Faible für Food und Wein, das ist klar erkennbar. Ich bin, glaube ich, sehr genussaffin. Mein erster Job war auch in der Gastronomie. Mein Vater wollte mir kein Auto kaufen und keinen Führerschein bezahlen, da musste ich jobben. Und das habe ich natürlich dann in Essen, im Ruhrgebiet, das hört ihr so ein bisschen an meinem Akzent, wenn ich Kirche und gerne sage, kommt das klar raus. Also habe ich mich dort beworben und habe angefangen zu jobben und habe in meiner Schul- und Ausbildungszeit eine Menge gastronomischer Betriebe kennengelernt, mich dann dazu entschlossen, eine Ausbildung im Interconti Düsseldorf zu machen. Das hat mich wiederum nach London gebracht, wo ich dieses Hobby Wein und Speisen vertieft habe. Ich glaube, wir haben unsere gesamten Tip, also die Trinkgelder, versüffelt und verfuttert und haben eben die englische Küche bzw. Die ganzen guten Restaurants in London kennengelernt, die nämlich überhaupt nicht so schlecht sind, wie das allgemein so gesagt wird. Irgendwann bin ich dann zurück nach Köln gekommen und habe dann natürlich all die Gedanken, die ich aufgesogen habe in den ganzen Lehr- und Wanderjahren, die wollte ich verwirklichen. Und dann kam dieses Restaurant. So ist es dann dazu gekommen, dass ich an der ganzen Geschichte hängengeblieben bin.
Michael
00:04:52
Okay, aber deinen ersten Kontakt verdankst du dann quasi dem Vater, der den Führerschein nicht bezahlen wollte. Ist das richtig?
Christina
00:04:59
Ne, er hat mich erst schlau angefüttert mit einem Gläschen Riesling, und zwar einer Spätlese, wenn ich recht erinnere. Also unsere Glasserie damals war relativ einfach im Gegensatz zu heute. Die hatten kleine Sherrygläser und die wurden bei uns zu Hause als Kindergläser gehandelt. Und dann durfte man so ein Fingerhütchen Spätlese, also ein Wein mit wenig Alkoholgehalt und hoher Restsüße, da konnte dann man mal die Zunge reinhalten und konnte probieren. Und dann war ich auch beruhigt. Aber in der Tat wurde bei uns zu Hause immer gut gegessen und getrunken und vor allen Dingen saßen alle am Tisch. Und das war dieses Miteinander mit Essen und Trinken und dieses Vergnügliche und das Kulinarische war eben hoch aufgehängt und das hat mich bis heute nicht verlassen.
Tobias
00:05:41
Ja, das erinnert mich jetzt spontan an unsere Bordeauxfolgen mit Weinfreund Cedric. Der hat nämlich was ganz Ähnliches erzählt. Der ist in Bordeaux groß geworden und da war das, glaube ich, auch so mit schon mal so Wein in so kleinen Miniportionen. Das ist dann schon eine Sozialisierung, die hat man in Deutschland mit dem Thema Wein nicht so häufig. Aber wir müssen ja jetzt, bevor wir so richtig einsteigen, erst mal das ganze Thema Kochduell sozusagen aus dem Weg räumen, weil das interessiert Hörerinnen und Hörer bestimmt. Da musst du uns unbedingt was zu erzählen. Also zum einen: Wie bist du da eigentlich heran gekommen? Und hat dich das sozusagen bis heute in irgendeiner Form geprägt?
Christina
00:06:22
Ja, das hat es ganz sicher. Also ich habe dort moderieren oder sprechen gelernt und das hat sicherlich immer noch Schwierigkeiten. Ein guter Sprecher würde sagen, du musst verschiedene Dinge anders machen. Aber nichtsdestotrotz bin ich dort ins kalte Wasser geworfen worden. Und hingekommen bin ich eigentlich durch Markus del Monego. Ich glaube, Master of Wine, sehr bekannt, der sagt: „Du, ich habe da ein Casting, hast du nicht Lust mitzugehen? Und wir machen das gemeinsam". Und ich glaube, er war ziemlich sicher, dass er dann das machen würde. Es wurden damals alle wichtigen Sommeliers in Deutschland gecastet. Und ich hatte schon mal gehört, was ein Casting ist, aber aufgeregt war ich dann doch und mit dem Markus war ich sowieso aufgeregt und habe auch gedacht okay, Chance habe ich sowieso nicht, weil Markus ist das wandelnde Weinlexikon. Der ist einfach großartig in seinem Wissen. Und da habe ich mir überlegt: Was mache ich? Und dann habe ich mir gedacht, ich nehme jetzt einfach mal die Weine aus dem Restaurant mit, die wir ausschenken und mit denen ich schon gute Erfahrungen gemacht habe am Tisch mit den Gästen, wo ich weiß, dass die einfach auch Anklang finden. Und gesagt, getan. Ich habe die Flaschen eingepackt, auch Magnumflaschen, habe die aufgezogen und habe also einfach die Situation am Tisch nachgespielt und habe meine Weine verkauft, die natürlich nicht bezahlt wurden. Aber ich habe gelacht, das war mit Lachen, und ich bin halt in der Zeit groß geworden, als die Sommelierie ein bisschen weniger mit Lachen zu tun hatte, wo man eher streng oder wo es eher streng im Restaurant zuging. Und das war nie so ganz meins. Also ich habe eigentlich immer ganz gerne gelacht beim Arbeiten.
Tobias
00:07:58
Das ist gut. Gerade beim Thema Wein genau das, was du sagst. Es geht ja doch immer noch einigen Leuten ab und machen sich irgendwie zu viele Gedanken darüber.
Christina
00:08:08
Ja, und es menschelt ja auch, also auch im Restaurant. Und man hat doch gleich eine ganz andere Ebene, wenn man sich in die Augen schaut und irgendwo Freundlichkeit und Spirit rüberbringt. Und das kommt dann auf der anderen Seite auch wieder zurück und dann ist das auch einen Dreh viel einfacher. So, und schwupp-wupp hatte ich den Job und ich war baff. Dann habe ich das im Restaurant kundgetan und die Leute haben gesagt, j, Frau Fischer, wie soll denn das jetzt funktionieren? Ich habe gesagt, kein Problem, ich gehe da hin, ich mach das. Und dann, abends komme ich ins Restaurant. Also wir hatten damals mittags und abends geöffnet. Das ging dann folgendermaßen ab: Es wurde in Staffeln gedreht. Ich hatte keinen Plan, wie das funktioniert. Ich war also de facto ab sofort 4 Wochen von morgens 11 oder halb 11 bis abends um 19 Uhr in diesem Studio und bin dann ins Restaurant und habe die zweite Schicht gemacht. Und am nächsten Morgen ging das Ganze von vorne los. Das Ganze habe ich, ich glaube, 2 Staffeln oder 3 geschafft. Und dann habe ich gesagt, ich kann nicht mehr Leute, das geht nicht mehr.
Tobias
00:09:07
Gastronomie als solches ist ja schon eine Riesenherausforderung, was das Zeitliche angeht. Und dann noch in Verbindung mit einer Fernsehshow? Oh Gott.
Christina
00:09:14
Ja, klar. Und dann haben wir, kam der Hendrik dazu, der Hendrik Thoma, und das war natürlich die zweite Auflockerung. Es war wunderbar, mit dem das zusammen zu machen. Und das Ganze gestaltete sich so, dass praktisch die Köche irgendwann ihre Taschen ausgepackt haben und gesehen haben, was sie kochen müssen, und wir uns dann überlegt haben, was wir dazu, welchen Wein wir dazu servieren.
Tobias
00:09:36
Ja, das ist noch mal gut zu sagen, denn nicht jeder kennt ja das Format, ist schon eine ganze Zeit lang her und das war also tatsächlich echt. Also ihr habt dann wirklich auf Basis dieser Zutaten überlegt, was könnte jetzt irgendwie bei der nächsten Sendung passen?
Christina
00:09:51
Ja, nicht ich, sondern der Koch hat mit dem Kandidaten überlegt. Ich stand daneben und habe meine Öhrchen gespitzt und habe dann gefragt: Kommt da Schärfe rein oder passiert irgendwas? Und dann müsst ihr euch vorstellen, hatten wir einen Weinschrank im Hintergrund für Rotwein, einen für Weißwein und dann musste man ganz schnell nach hinten gehen. Man hatte 20 Minuten Zeit, sich vorzubereiten, den Wein auszusuchen. Und da musste man dann lesen im Jancis Robinson, im Oxford Dictionary, weil es gab kein Internet zu der Zeit. Also es musste rasend schnell gehen. Wie hoch ist das Anbaugebiet? Wie viel Flaschen? Usw., Usw, wenn man irgendwas Schlaues von sich geben wollte.
Tobias
00:10:26
Das heißt, die Weine hast du da auch nicht reingestellt in den Schrank, sondern das war dann schon.
Christina
00:10:29
Doch.
Tobias
00:10:29
Das schon?
Christina
00:10:30
Das war meine Voraussetzung für die Zusage zu dieser Sendung. Die haben dann hinterher versucht, das auch zu ändern, aber das geht halt nicht. Du musst schon sicher sein mit den Weinen, die du hast.
Michael
00:10:38
Man braucht die richtigen Verbündeten im Regal.
Christina
00:10:40
Ja, genau, völlig richtig. Und die Verbündeten sind ganz wichtig. Und insofern war das dann eine Riesengaudi und die Köche haben sich hinterher einen Spaß draus gemacht. Also der Alex Herrmann zum Beispiel und der Frank Buchholz haben eine Chilischote hochgehalten und haben gesagt: „Christina, jetzt kriegst du Chili rein!" und dann ist mir das Herz gebummert und da musste ich mich, irgendwie musste ich mich noch mal umorientieren. Also so Sachen gab es öfter. Viel Spaß, viel Freude, viele einfache Weine. Ich habe erkannt, als Sommelière, die manchmal so ein bisschen auf dem High-End-Weg sind, dass es auch ganz wichtig ist, einfache Weine vorzustellen. Und das ist die Quintessenz.
Tobias
00:11:18
Hausgebrauch sozusagen, genau. Und du hattest mir, wir waren ja gemeinsam auf Weinreise auf Kreta vor nicht allzu langer Zeit, da haben wir da auch schon drüber gesprochen. Du hast mir erzählt, du wirst auch immer noch auf der Straße erkannt.
Christina
00:11:29
Ja.
Tobias
00:11:30
Das ist ja verrückt, oder?
Christina
00:11:32
Ja, eigentlich schon, aber wahrscheinlich wegen des Gesichtes, aber nicht irgendwie wegen meines Gesamtaussehens. Das wäre jetzt vielleicht nicht mehr ganz so fernsehaffin. Das ist ja alles schon ein paar Jahrzehnte her. Also wir haben, wie auch immer, es war ein Riesenspaß. Und für mich war das halt auch cool mit den Köchen und das mitzukriegen, wie die das machen, dass die sich in einigen Minuten entscheiden müssen, was sie kochen. Und dann unterschied sich auch sehr genau, wer wirklich kochen kann und wer einfach nur was zusammen mischt. Und ich glaube, bei den Sommeliers war das ähnlich. Man musste also richtig gute Weine aussuchen. Man musste zudem auch noch wortgewandt sein. Also das war schon ein gutes Training und hat mir gezeigt, dass es eigentlich auch eine andere Welt gibt neben der Gastronomie und die man aber gut verbinden kann.
Michael
00:12:19
Ja gut, ich würde dich gerne jetzt auch mal aus dem Fernsehstudio führen und hineingehen in die gehobene Gastronomie. Da kommt dann eine Dame oder ein Herr an meinen Tisch und stellt sich vor, ich bin die Sommelière der Sommelier. Manchmal kriege ich da sogar vielleicht ein bisschen Angst. Was macht diese Person mit mir?
Christina
00:12:38
Wenn ich darf, würde ich jetzt gerne mal was sagen. Also diesen Begriff Sommelière, also die weibliche Form des Sommeliers, gibt es nur in Deutschland. In keinem anderen Land wird das benutzt. Also ich werde mit Sommelier sehr zufrieden, weil dann brechen wir uns nicht alle die Zunge. Und der Sommelier ist der Weinkellner oder die Weinkellnerin, in Anführungszeichen. Ich kann es kaum erwarten, ich lasse schon die Gläser klingen. Und das ist eigentlich jemand, der auf die Gäste zugeht und erst mal so ein bisschen eruiert: Was wollen denn meine Gäste? Also für mich war es immer wichtig, eine Vertrauensebene herzustellen, also eine Basis, auf der man auf Augenhöhe miteinander sprechen kann, und zu erfahren, was mögen die denn gerne trinken. Und umgekehrt, das habt ihr ja auch schon erlebt, gibt es viele Gäste, die gar nicht so genau wissen, was sie, die wissen vielleicht schon, was sie mögen, wenn sie es verkosten dürfen, aber sie können es nicht in Worte fassen. Und dann haben wir also angefangen, mit 2 Weinflaschen an einen Tisch zu gehen, haben zum Beispiel 2 verschiedene Weine ausgeschenkt, und dann haben wir gemerkt, worauf die Leute reagieren. Auch das ist ein Lernprozess. Also zurückkommend auf eure Frage: Der Sommelier ist eigentlich jemand, der den Gast aktiv unterstützen soll, den Wein zu finden, mit dem er an diesem Abend oder sie oder die Familie glücklich und zufrieden ist.
Tobias
00:14:00
Und dann ist das ja auch eine gewisse Vermittlertätigkeit zwischen Küche und dem Gast. Also ein Sommelier muss ja dann wahrscheinlich auch im Austausch stehen oder sehr eng sogar zusammenarbeiten wahrscheinlich, mit der Küche, mit dem Head Chef sozusagen und muss dann irgendwie versuchen, das, was ihr gemeinsam überlegt habt, dann auch dem Gast irgendwie näherzubringen. Oder war das gar nicht so eng miteinander verwoben, als du das gemacht hast?
Christina
00:14:26
Doch, das ist genau der Punkt. Und man hat ja immer Lehrmeister in seinem Leben. Und einer davon war ein Weinhändler, Tony van den Broeke. Der hat irgendwann zu mir gesagt: „Christina, ein Servicemitarbeiter oder ein Sommelier muss Geschichten erzählen können und er muss Produktkenntnis haben". Und die Produktkenntnis bezieht sich auch auf die Lebensmittel, weil wenn man nicht weiß, wie die Lebensmittel ticken, kann man auch keine richtige Weinempfehlung abgeben. Und es macht keinen Sinn, jetzt irgendwie einen Natural Wine oder einen Orange Wine, weil das gerade unter den Sommeliers en vogue ist, vorzustellen und dann fallen einem die Gäste vom Stuhl, in Ohnmacht, weil sie gar nicht damit gerechnet haben, dass es solche Weingeschmäcker gibt. Das ist nicht der Punkt. Sondern eigentlich geht es ja darum, dass man wirklich mit der Küche zusammenarbeitet, rausfindet, was passiert da, was kochen die und dann den Wein dazu aussucht. Optimal wäre, man hat den Wein und die Köche würden dazu kochen, weil der Wein lässt sich de facto nicht mehr verändern. Der ist abgefüllt, der reift nur noch. Der Koch kann an kleinen Schräubchen drehen, der kann Dinge verändern. Aber so funktioniert das nicht, weil ein Restaurant besteht aus zwei Teams. Früher hat man gesagt aus der schwarzen und der weißen Brigade. Die schwarze ist der Service und die weiße Brigade sind die Köche. Die sind heute eher schwarz gekleidet. Das sind zwei verschiedene Teams, die irgendwie zusammenkommen müssen. Und deswegen kommuniziert der Sommelier mit dem Küchenchef, aber der Küchenchef legt oder die Mannschaft in der Küche legt in der Regel fest, was gekocht wird. Und dann muss man flexibel sein als Sommelier und muss seine Weine dazu platzieren können. Also muss man lernen, warum passt was wozu?
Michael
00:16:09
Ich komme noch mal auf die Gäste zurück. Also ich stelle mir vor, da gibt es so einige, die quasi schon in Ehrfurcht erstarren, wenn jetzt diese Person kommt mit diesem vielen tollen Wissen, von dem du gesprochen hast. Ich kann mir auch vorstellen, dass es so ganz andere Typen gibt, die dann eher so ein bisschen mit ihrem eigenen Wissen protzen. Was sind dir denn die liebsten Gäste?
Christina
00:16:29
Ja, also eigentlich sind es Leute, die sich einlassen, wenn ich ihnen den Weg öffne. Aber ich glaube, dass es menschelt in der Situation. Die Frage ist: Wie öffnest du die Tür und wie lässt du die Leute auf dich zukommen? Also ich bin jetzt nicht oder ich war auch nie der Sommelier, der sein Rieslingwissen unglaublich heraushängen lässt und das immer serviert. Also ich hatte solche Mitarbeiter, da wurde ich hinterher gebeten von den Gästen, dass wir bitte diesen Sommelier nicht mehr an ihren Tisch lassen, weil sie wollen keinen Riesling trinken, komme was wolle. Also noch mal zurück. Ich denke, es geht darum, den Korridor zu öffnen und dass man dann auf Leute trifft, die einem erzählen, was sie zu Hause für Schätze haben oder dass sie in ihrem Keller den alten Mosel Riesling haben von 1957, aber nicht wissen, wie der Winzer heißt. Dann kann man auch keine Aussage treffen und man hört dann zu und man denkt sich seinen Teil. Und ich glaube, eine kleine Anekdote ist, dass irgendwann ich einen Wein ausgeschenkt habe im Restaurant, bei zwei Damen am Tisch, und wir haben nett geschwätzt und ich habe nicht richtig aufgepasst. Und da ist wohl ein Kork Bröckchen in das Glas reingekommen und ich habe das nicht gesehen, bin weggegangen vom Tisch und dann hat sie mich zurückgerufen und hat gesagt: „Ja, der Wein hat Kork". Dann habe ich gesagt: „Ach, stimmt, Sie haben recht". Dann habe ich einen Löffel geholt auf einem kleinen Tablett, habe mit dem sauberen Löffel diesen Kork aus dem Glas entfernt, und damit war für mich das Thema gegessen. Ja, Pustekuchen. Dann wurden Servicemitarbeiter hinter meinem Rücken rangeholt und wurden gesagt der Wein hat Kork. Sie möchten, dass das verändert wird und dann haben wir den Wein einfach ausgetauscht. Und auch das habe ich gelernt im Laufe der Jahre, warum soll man Leute mit etwas sitzen lassen, was sie nicht mögen oder von dem sie überzeugt sind, dass es fehlerhaft ist? Der Abend wäre versaut und das mache ich einfach nicht mehr. Oder ich selbst habe es auch damals nicht mehr gemacht. Hat ein bisschen gedauert, bis ich begriffen habe, aber.
Tobias
00:18:23
Aber da muss ich mal kurz einhaken. Thema Ehrfurcht. Ich kenne das eigentlich eher so, dass die Leute extrem gehemmt sind, wenn sie das Gefühl haben, mit dem Wein könnte etwas nicht stimmen. Also ich saß schon in großen Gesellschaften, auch mit Leuten, die wirklich was von Wein verstehen, und es wurde ein Wein serviert, der hatte ganz eindeutig Kork und es hat sich keiner getraut. Ja, wenn dann jemand sagt: „Ich glaube, mit dem stimmt was nicht", schließen sich natürlich plötzlich alle an, aber deswegen noch mal der Punkt, den Michael eben auch gemacht hat. Gibt es auch so Berührungsängste, wo man dann irgendwie erst versuchen muss, die so ein bisschen aufzulösen, die Leute ein bisschen zu beruhigen?
Christina
00:19:04
Natürlich gibt es die, Tobias, klar. Und das Thema ist, dass man es vielleicht feinfühlig aufnehmen sollte, dass man aber im Restaurant, wo der normale Service läuft, zu einer bestimmten Zeit, weil viel Stress ist, weil es voll ist, das nicht unbedingt mitbekommt, das kann schon sein. Und dass die Leute Hemmungen haben, ja, das gibt es. Aber ich habe halt immer versucht irgendwo, man merkt das ja, die fangen an rumzurutschen, die fangen an zu tuscheln. Also irgendwie gibt es dann schon eine eindeutige Situation, außer der Gastgeber ist einfach ruhig, weil er der Einzige ist, der was merkt. Aber dann in der Regel geht er irgendwann zur Toilette oder irgendwohin und kommt dann rum und sagt Entschuldigung, hm hm hm, da muss man reagieren, wie es gerade kommt.
Michael
00:19:45
Okay, das heißt, du näherst dich dem Tisch. Siehst du dann schon aus der Ferne, wer eigentlich der Ansprechpartner für dich ist, wenn du an einen Vierertisch kommst, zum Beispiel? Und vor allen Dingen, wie viel Zeit brauchst du, um im Gespräch so ein bisschen diesen Weintypus einzuschätzen, der jetzt da am Tisch sitzt?
Christina
00:20:03
Das merkt man schon. Das merkt man einfach an der Mimik, an der Gestik, wer wie anspricht, wer plötzlich ein bisschen größer wird. Also ich habe immer gesagt, dass der gastronomische Beruf, speziell im Service, ist es eigentlich schon ein Psychologiestudium, weil du musst Fremdsprachen sprechen, du musst die Leute einschätzen können, also du musst schon irgendwo so ein bisschen eine Antenne haben für Menschen, und ja. Also eigentlich ist der Kunde König, das mal als Unterschrift. Das ist auch so. Es gibt vielleicht Könige, die sich nicht immer so benehmen, das könnte man festhalten. Aber dann muss man sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Es macht halt keinen Sinn, eine Diskussion anzufangen im Restaurant. Man verliert langfristig gesehen. Zufriedenheit wird immer weniger weitergegeben als Unzufriedenheit. Und insofern muss man einfach versuchen, dass man da eine, ja, dass man einfach ein bisschen Ruhe reinbringt in die ganze Geschichte. Weil wir können, ich meine, ein Punkt ist vielleicht auch, man muss das Vertrauen schon bekommen, weil ich habe ja oder ich hätte gerne, dass der Gast mir das Vertrauen gibt, ihm einen Wein zu empfehlen. Das tut er nur, wenn er merkt, dass ich Produktkenntnis habe und wenn er das Gefühl hat, dass er mir vertrauen kann. Weil in der heutigen Zeit und in Deutschland sind die Weinpreise sehr hoch kalkuliert und die Weine sind teuer. Und wenn man einen Wein sich verkaufen lässt für 100 € oder für 150 und ist damit hinterher nicht zufrieden, dann ist man einfach schlecht gelaunt. Kann ich total verstehen.
Tobias
00:21:28
Absolut. Ja, gutes Stichwort. Weine in der Gastronomie sind immer deutlich teurer, als würde ich sie im Geschäft kaufen. Und der Sommelier hat ja auch die Aufgabe, sage ich mal, die Weine für den restauranteigenen Weinkeller einzukaufen. Und da geht es ja dann mitunter um richtig viel Geld, ja. Ist das nicht auch eine Verantwortung, die einem teilweise vielleicht ein bisschen über den Kopf wächst? Oder behält man da immer kühlen Kopf? Weil ich sage mal, du kannst ja auch die Weine, die jetzt unbedingt mal weg müssen, die kannst du ja jetzt auch einem Gast nicht empfehlen, nur weil der Wein jetzt irgendwie weg muss.
Christina
00:22:04
Nein, aber es ist wichtig, seine Weine zu kennen. Und dazu gehört, dass der Sommelier möglichst viele Weine möglichst jeden Tag verkosten muss. Und das kann er nur, wenn er möglichst viele Flaschen öffnet, das heißt, möglichst viele Gäste ihm vertrauen und er die Weine verkaufen kann. Und was den Weinkeller angeht, ist es natürlich ein großes Vertrauen und ich denke, dass der Chef, ist ja meistens der Chefkoch, sehr genau darauf achtet, was dort eingekauft wird und sich schon auch genau anschaut, was der junge Mensch tut, weil er sieht ja die Rechnungen, die dann reinflattern. Und das ist eine große Verantwortung, weil manchmal junge Leute in dieser Position sind, die betriebswirtschaftlich noch nicht so viel Erfahrung haben, dass sie das umsetzen können. Manche Weine muss man früh kaufen, die muss man weglegen, von anderen bekommt man nur 2, von anderen muss man 36 nehmen. Also es gibt ganz verschiedene Dinge und das ist sehr schwierig für einen Restaurant, das umzusetzen. Und dazu gehört, dass der Sommelier eigentlich sehr genau Bescheid weiß, also auch strikte Ordnung in seinem Keller hält. Das ist Grundvoraussetzung. Und dass es eine Inventur gibt und dass der Chef die kennt und weiß, welche Werte in seinem Keller liegen. Ja, und das Zweite, was du zuletzt angesprochen hast, er kann jetzt nicht Weine verkaufen, die lange im Keller liegen. Doch, auch das ist eine Möglichkeit, beinhaltet aber, dass der Sommelier mit dem Chef vorher spricht und sagt, also mit Chef meine ich jetzt den Küchenchef, und sagt so und so, ich habe den und den Wein, der, ich denke, so und so schmeckt und dazu brauche ich das Gericht, damit ich den aktiv verkaufen kann. Das ist möglich. Und das ist dann die Kür der ganzen Geschichte, aber auch die Kür, dass man diese Weine im Kopf hat, dass man sie wiederfindet. Also ihr kennt wahrscheinlich die Winzer, die ihre Weine in palettenweise vergessen und dann taucht hinterher irgendwas Tolles auf. Ja, im besten Fall ist das so, aber es gab auch schon andere Dinge und so ist jeder gute Weinkeller nicht davor gefeit, dass manche Dinge überlagert werden. Und diese Balance zu halten ist echt extrem schwer im Tagesgeschäft. Weil wenn man einfach mal denkt, früher, heute ist es ja mehr im Schichtsystem, aber früher musste man mittags und abends arbeiten. Das alleine sind ja schon zehn Stunden. Also wir reden jetzt gar nicht über Vorbereitungszeit oder Aufräumen oder so was.
Michael
00:24:20
Ja, für mich ist es ja eigentlich ein glückseliger Umstand, wenn es so jemanden gibt wie einen Sommelier, der an den Tisch kommt und mir hilft. Der kennt die ganzen Weine, die da sind, er hat seine Empfehlungen. Ich komme jetzt aber ins Restaurant und muss mich alleine mit der Weinkarte auseinandersetzen. Hast du da bestimmte Tipps, auf die man mal ganz schnell achten soll, so als Kennerin der Materie?
Christina
00:24:42
Ich glaube, dass das nicht so ganz einfach ist. Die Weinkarte muss einmal gut sortiert sein, das finde ich ganz wichtig, und die muss sowohl normale Gäste ansprechen, also da muss was drauf sein, dass die Lust bekommen, es muss Interesse wecken, aber sie muss auch Freaks befriedigen, diese Karte. Also sie muss aktuell sein - Ausrufezeichen - nicht diese Durchgestrichen-Stempel oder Ausgetrunken-Stempel.
Michael
00:25:04
Oder gar kein Jahrgang drauf.
Christina
00:25:06
Genau, zum Beispiel. Ganz furchtbar. Und auch vielleicht nicht Beschreibungen, die so viertelseitenweise sind, dass man keine Übersichtlichkeit mehr hat, sondern man muss ein Interesse wecken. Und für normale Gäste, die freuen sich halt, wenn sie ein offenes Weinangebot haben, weil dann können sie ein Glas verkosten oder können ein Glas trinken. Wenn es ihnen nicht schmeckt, können sie das nächste nehmen. Das ist eigentlich so die, ich sage mal, so das Patt und die ganz gute Situation. Und dann kann die Karte klassisch aufgebaut sein, also nach Farben und nach Anbauregionen. Sie kann aber auch avantgardistisch aufgebaut sein, nach Weintypen. Also ich würde Weine sowieso in Typen unterteilen. Also Beispiel ist die Henne Weinbar, die machen das in 3 Typen. Die haben einmal klassisch, die haben die Freakshow und die haben Icon. Und ich glaube, jeder weiß, was ihn da erwartet. Und wenn ich jetzt nicht sehr erfahren bin, dann bin ich eher bei klassisch oder bei Einsteiger. Und wenn ich die fetten Dinger trinken möchte, dann bin ich bei Icon, ist ja klar.
Tobias
00:26:05
Ja, da haben wir jetzt schon handfeste Tipps für die Junggastronomen.
Michael
00:26:09
Genau.
Christina
00:26:10
Ja, ich finde halt, der Kunde muss zügig fündig werden. Man kann, also es ist ja selbst, das kennt ihr wahrscheinlich auch. Man kommt in ein Restaurant und sieht die Weinkarte, die ist 3 cm dick und dann bin ich erstmal aus der Konversation für eine halbe Stunde verschwunden, weil das muss ich lesen. Ich muss wissen, was da draufsteht und, also man braucht einfach da ein bisschen Übersicht. Und last but not least denke ich, dass eine vernünftige Preisgestaltung einfach das A und O ist, also dass man das nicht machen sollte allgemein, wie es in Deutschland oft gehandhabt wird, mal 3 oder mal 4, manchmal sogar mal 5. Ja, das lässt das Trinkvergnügen sterben. Und ich bin der Meinung, dass eine vernünftige Kalkulation, wie es in Italien und Spanien gehandhabt wird, dass man damit viel weiter kommen würde, weil die Leute nämlich dann 2 Flaschen trinken würden.
Tobias
00:27:02
Ja, genau. Und vor allem glaube ich, dass dann auch niemand, sage ich mal aus Verlegenheit, dann doch irgendwie den offenen Grauburgunder wählt. Weil ich finde, das ist immer irgendwie das prägnanteste Zeichen dafür, ich bin irgendwie überfordert mit der Weinkarte, ich kann mich nicht entscheiden, also nehme ich mal Grauburgunder und später vielleicht zum Fleisch noch ein Primitivo und dann ist irgendwie gut.
Michael
00:27:21
So Pi mal Daumen: Wie viele Weinkarten hast du denn schon erstellt oder überarbeitet oder verantwortet?
Christina
00:27:28
Also sagen wir mal, ich glaube über Hunderte, viele Hunderte, Weil ich bin auch in der Jury vom DWI für einen Wettbewerb ausgezeichnete Wein Gastronomie und das ist ganz.
Tobias
00:27:38
Deutsches Weininstitut.
Christina
00:27:39
Deutsches Weininstitut, ganz genau, muss man sagen, DWI. Und das ist ganz interessant, weil man sieht die Karten und man sieht die verschiedenen Ansätze und da wird auch ein Preis ausgeschrieben. Also das ist für die Gastronomen eine handfeste Unterstützung, kriegen auch ein kleines Video. Aber die Karten sind so was von unterschiedlich, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und manchmal muss man einfach schmunzeln, wenn man das sieht. Und auch das ist, glaube ich, schon ein Problem in Deutschland. Und was jetzt vielleicht so ein kleiner Ausweg wird, dass wir immer mehr Weinbars bekommen. Also, dass Wein trinken so ein bisschen lockerer für junge Leute wird und dass da auch Sommeliers sind, die sich auf den Tresen stützen und sagen: „Du, pass mal auf, wenn du mal Bock hast, was auszuprobieren, dann probier doch mal das" . Und dann gibt es ein Schlückchen eingeschenkt und das nimmt einfach die Hemmung. Also Wein muss, muss einfach normaler werden und man muss es verkosten, weil wenn man es nicht, wenn man nicht weiß, wie es schmeckt, kann man sich schlecht entscheiden. Und dann sind wir bei diesem Pinot Grigio.
Tobias
00:28:36
Ja, ja, genau.
Christina
00:28:37
Dann macht der Sommelierberuf wirklich gar keinen Spaß.
Tobias
00:28:40
Ne, genau. Okay, wir tauchen jetzt vielleicht mal ein bisschen tiefer in das ganze Thema Wein als Essensbegleiter ein, absolute Spezialdisziplin von dir. Und jetzt kommen zwei Namen ins Spiel, die du schon genannt hast, nämlich Alex Hermann und Markus del Monego. Denn Alex Herrmann sagte mir im Podcast mit ihm, er weiß von Markus del Monego, es gibt ein ganz, ganz sicheren Tipp zum Rotwein als Begleitung, nämlich Selleriepüree. Ja, das würde immer funktionieren. Und ich muss ja ganz ehrlich sagen, ich bin da oft auch überfordert und vertraue da immer so auf so eine Bauchentscheidung, was ich dann eigentlich für einen Wein reiche, wenn ich selber mal gekocht habe oder auch Leute zu Hause bewirte. Aber auch da sind wir wieder an dem Punkt: Viele Weintrinker sind damit so ein bisschen überfordert und wissen vielleicht noch, na ja, Hühnchen und Weißwein und Fisch usw., das passt alles gut zusammen. Gibt es irgendwie so ein paar praktische Tipps, die du uns nennen kannst, wenn es jetzt irgendwie darum geht, sich diesem Thema überhaupt als, sage ich mal, Anfänger zu nähern, worauf man da achten sollte?
Christina
00:29:49
Ja, das ist vergleichbar mit einem großen Wollknäuel, wo man jetzt den Anfang nicht findet, oder mit dem Gartenschlauch. Ist genau das gleiche Thema. Ich glaube, man muss einfach Stück für Stück anfangen. Und vielleicht fangen wir jetzt mal mit diesem Selleriepüree an. Das ist relativ einfach zu erklären, weil Sellerie ist ein Wurzelgemüse. Und Kartoffeln in Selleriepüree sind immer ein bisschen Kartoffeln, sind auch Kartoffeln drin, weil es ist Stärke, es ist ein bisschen Butter drin, zur Bindung, Fett und es ist Salz drin. Und Wurzelgemüse sind für Rotweine die absolute, beruhigende Brücke. Also, wenn Rotweine Knirsch haben oder ein bisschen zu aggressive Gerbstoffe, dann kann man, oder auch Säure, gerade im Burgunderbereich, dann kann man halt mit Sellerie die Sache absolut nivellieren und grad plattpürieren.
Tobias
00:30:40
Jetzt kriegen wir das mal erklärt, ne?
Christina
00:30:41
Ja, das muss man auch erklären, weil dann versteht man es auch und dann behält man es auch. Das finde ich immer den Punkt.
Tobias
00:30:47
Absolut.
Christina
00:30:47
Also mein Anfang war, dass ich schon verstanden habe, dass bestimmte Dinge zueinander passen. Aber ich wusste ehrlich gesagt nicht, warum. So und Regel Weißwein zu Fisch und Geflügel, Rotwein zu kurz gebratenem Fleisch. Ja, das kann ich auch widerlegen. Also, wenn man jetzt ein gebratenes Steinbuttfilet mit einer Rotweinschalotten-Soße servieren, dann habe ich das Thema, dass ich eine Rotweinschalotten-Soße habe. Und wenn ich dazu einen leichten, zarten Weißburgunder serviere, dann zerfällt der Weißburgunder in all seine Einzelteile. Umgekehrt, ein Rinderfilet mit Steinpilzrahm, so einer richtig schönen, rahmigen, leckeren Pilzsoße, dazu ein Rotwein mit Gerbstoffen.
Tobias
00:31:31
Auch nicht so, ne?
Christina
00:31:32
Auch nicht so. Passt nicht so gut. Warum? Weil es alte Helle sind. Könnte man in Übersetzung an Frischkäse denken, an Joghurt, Quark. Also das ist ein bisschen schwierig und insofern kommt es wirklich drauf an, was die geschmacksgebenden Parameter sind, also die Intensität der Kräuter oder der Gewürze, Schärfe, Kühle, also Minzigkeit ist eher kühl, Schärfe ist Chili, zum Beispiel. Das findet beispielsweise nicht auf der Zunge statt, sondern auf dem sogenannten Trigeminusnerv, das ist der Nerv, der hinten im Rachen verläuft und der diese kühlenden Elemente und die scharfen Elemente wahrnimmt und der auch die Adstringenz beim Rotwein wahrnimmt, also das Austapezierende, was lange am Gaumen bleibt.
Tobias
00:32:20
Gilt da auch die Regelung bei scharfem Essen eigentlich, dass der Wein möglichst wenig Alkohol haben sollte und dadurch auch, sage ich mal, restsüße Weine ganz gut passen? Oder ist das auch wieder so eine Geschichte, die ich mir einfach falsch gemerkt habe?
Christina
00:32:32
Das sind zwei Aussagen in deinem Satz. Mit dem Alkohol bin ich nicht so ganz sicher, weil ich in London erlebt habe, in indischen Restaurants, dass das ziemlich gut funktioniert, bei manchen Gerichten, sogar mit Curryschärfe, aber Süße wiederum mit Schärfe harmoniert, bis zu einem gewissen Punkt. Irgendwann, wenn die Schärfe zu hoch ist, also ich glaube, die Schärfe misst man in einer Höhe bis 10 oder so was, und das ist der Moment, wo mir wahrscheinlich die Zunge abfallen würde. Spätestens aber da kann man auch meines Erachtens nichts anderes mehr wahrnehmen. Auch da kann das, also Pedro Ximenez mit 280 Gramm Zucker oder so was vielleicht, aber das, selbst das, das schmeckt dann einfach nicht mehr.
Tobias
00:33:16
Es gibt ja auch diesen Scoville-Level. Das ist, der geht, glaube ich, bis ein paar Millionen, irgendwie.
Christina
00:33:22
Ja, ja, genau. Ja, und ich habe jetzt, weil irgendwie hat mich dieses Thema angefixt und ich habe gedacht, so, jetzt reden wir die ganze Zeit. Ich würde jetzt gerne mit euch ein bisschen spielen und ich habe was mitgebracht.
Tobias
00:33:37
Ich habe da mal was vorbereitet.
Christina
00:33:38
Ja, genau, ich habe da mal was vorbereitet. Und jetzt auch noch mal, vielleicht um diesen Kreis zu schließen. Wir reden über Gefühle und wir reden über die Sinne. Und Hören ist ja bekanntlich einer der Sinne. Und wir müssen jetzt versuchen, das wäre jetzt so mein Spielchen, was ich gerne mit euch machen würde, dass wir versuchen, das, was wir schmecken, einfach auch kundzutun, dass wir gemeinsam darüber reden.
Michael
00:33:59
Sehr gerne.
Christina
00:34:00
Und dazu würde ich euch einfach mal gleich einen Wein einschenken. Und bevor wir das tun, würde ich noch mal auf die Grundgeschmacksarten zurückkommen, die süß, sauer, salzig, Bitterkeit, umami hat vielleicht auch der eine oder andere schon gehört, und Fett gehört mittlerweile auch dazu. Also wir reden mittlerweile über 6 Grundgeschmacksarten, nicht mehr nur 4, und wir versuchen das mal jetzt im wahrsten Sinne wortwörtlich zu vermitteln, was wir damit meinen und fangen mit dem Fett an. Und das kann sich, glaube ich, auch jeder vorstellen. Also, wenn man über Grundgeschmacksarten spricht, dann hat das damit zu tun, dass man diese 6 Grundgeschmacksarten zu jeder Zeit schmecken kann. Die Aromen, die werden durch die Nase wahrgenommen und werden weitergeleitet. Das ist so ein bisschen wie bei Otto Walkes Kleinhirn an Großhirn, und zwar man kaut, ich sage jetzt mal, ein Obst oder eine Zitrone und das geht durch den hinteren Rachenbereich nach oben, geht ins Hirn und dort ist eine Art Bibliothek, die wir alle haben. Und dort sagt dann dein Hirn, das ist jetzt Zitrone oder es sagt, das ist Yuzu oder das ist Orange oder Mandarine oder was auch immer. Und das erwirbt man sich als Mensch im Laufe der Jahre logischerweise.
Tobias
00:35:23
Ja, baut so einen Katalog auf.
Christina
00:35:25
Genau. Und wenn man die Aromen außen vor lässt, das passiert zum Beispiel, wenn man Grippe hat, dann ist der, ist die Nase verstopft. Kann man auch schön nachmachen, indem man sich die Nase zuhält. So, und dann sind diese 6 Grundgeschmacksarten einfach immer noch da. Und das Fett ist erklärbar, das ist immer spürbar, weil es kleidet den Gaumen aus. Und wenn ihr eine fette Hühnerbrühe oder eine fette Rinderbrühe esst oder ein Stück Butter esst, habt ihr diesen Fett, diese Fetttapete am Gaumen, so. Und Umami, glaube ich, kann man sich auch ganz gut vorstellen, das ist ein altes Küchengeheimnis, das hat ein Chemiker, der Ikeda Kikunae 1908 schon erfunden, also herausgefunden, das gibt es schon ziemlich lange und im Grunde handelt es sich dabei um freie Glutaminsäure. Und das ist nichts anderes als ein geschmacksverstärkendes Salz. Und das gab es natürlich auch, wie immer, in der Küchenchemie als künstlichen Bestandteil. Aber wir reden jetzt einfach mal über das natürliche Glutamat und das ist in vielen Lebensmitteln. Und wenn man über europäische Lebensmittel sprechen, ist das zum einen in Parmesan ganz hoch, ungefähr um die 1.200 mg, und in Tomatenmark, zum Beispiel, konzentriertes Tomatenmark. Und dann wird es schon so langsam knapp in den europäischen Gebieten. Man muss dann mehr nach Asien schauen. Und ein gutes Beispiel sind die Algen.
Tobias
00:36:55
Weil Japan, da gibt es ja so einen richtigen Umami-Kult.
Christina
00:36:58
Also die Nori-Algen haben also 1.000 mg, und Kombu-Algen, aus denen man gemeinsam mit Bonitoflocken Dashi kocht, die haben sogar 2.000 mg und und das ist natürlich dann echt geschmacksverstärkend. Und was ist das? So haben wir den ersten Trick. Am besten, ihr trinkt gerade mal ein Schlückchen Wasser. Dann habe ich euch mal Nori-Algen mitgebracht. Also einfach nimmt jeder eine und legt die auf die Zunge. Lässt so ein bisschen, lässt so ein bisschen den Speichel darüber laufen. Und das zeigt genau das, was Umami macht. Du hast plötzlich, ah, ich sag es jetzt nicht, ihr sagt es mir genau, was passiert.
Michael
00:37:46
Ich habe fast so eine, Entschuldigung, ist fast so eine Teeassoziation, also.
Tobias
00:37:52
Ja, aber nicht im Sinne von Gerbstoff, sondern, also mich erinnert das ja auch, auch wenn das jetzt so nicht so das populäre Beispiel ist, aber mich erinnert das eben auch so ein bisschen an Maggi, weil da, glaube ich, halt eben das Künstliche drin ist, das Mononatriumglutamat, was man jetzt eigentlich nicht so will. Aber für mich ist das irgendwie so die Essenz von so einer Wahrnehmung, dass etwas herzhaft ist, ja, und ja, ansonsten fehlt mir da jetzt tatsächlich auch das Vokabular, weil ich kann ja nicht sagen, es ist salzig oder es ist irgendwie sauer, weil das ist es.
Michael
00:38:28
Fast so was wie eine leichte Würze, die dann aber wieder so wegschwimmt.
Christina
00:38:31
Genau. Und man hat plötzlich das Gefühl, dass man was im Mund hat. Und wir haben ja de facto, ich habe euch jetzt ein kleines Stückchen Alge gegeben, also weniger als eigentlich ein Nori Maki hat, also ein Sushi Maki hat, und dennoch schmeckt man das sehr extrem.
Tobias
00:38:44
Es ist mundfüllend.
Christina
00:38:46
Es ist mundfüllend und das macht das aus. Und beispielsweise auch eine Rinderbrühe macht das gleiche. Es gibt bestimmte Lebensmittel, die wirklich viel Umami haben und Umami ist immer positiv für Wein. Und jetzt habe ich euch auch einen Wein mitgebracht. Den ersten, denn wir steigen jetzt richtig voll ein.
Michael
00:39:03
Das hält auch an.
Tobias
00:39:03
Mhm, das hält an, ja.
Christina
00:39:04
Ja, es hält lange an, also ganz wichtig, die asiatischen Küchen, die arbeiten eigentlich sehr viel mit Umami, weil sie natürlich auch kein Salz benutzen zum Würzen. Und mit dem Umami machen sie die Balance. Und wir trinken einen Vinho Verde.
Michael
00:39:22
Ja, sehr gut.
Christina
00:39:24
Ihr werdet mich wahrscheinlich gleich steinigen. Das ist ja ein relativ einfaches Produkt. Das gibt es in großen Supermärkten, und.
Michael
00:39:32
Passiert noch ein bisschen.
Christina
00:39:33
Ja, und es ist ein sehr ordentlich gemachter Vinho Verde, der sauber ist, der sich trinken lässt.
Tobias
00:39:44
Schon mal probieren oder erst noch auf deine Anweisung warten? Okay.
Christina
00:39:52
Was man jetzt hört, ist dieses leichte Gurgeln am Gaumen. Das macht man. Man zieht Luft an den Gaumen, damit sich die Aromen gut verteilen. Und ihr merkt jetzt schon, dass eigentlich das Umami, was noch auf der Zunge lag, eine ganze Menge mit dem Wein gemacht hat. Also der Wein ist eigentlich viel einfacher.
Michael
00:40:12
Er kriegt ungeheure Fülle.
Tobias
00:40:14
Fülle und ich glaube auch so, die Frucht wird ein bisschen rausgekehrt. Mhm, gar nicht schlecht.
Christina
00:40:21
So, und wir machen jetzt noch einen zweiten Trick.
Michael
00:40:23
Das ist aber auch ein Unterschied jetzt zwischen Riechen und Schmecken, wenn du jetzt von der Frucht geredet hast. Hier ist so ein bisschen.
Tobias
00:40:30
Genau, das eine ist so.
Michael
00:40:31
Der ist an der Nase noch zurückhaltender und dann hast du ihn und sagst du: oh, hat aber doch eine ganze Menge.
Christina
00:40:36
Das finde ich, hast du jetzt total gut beschrieben, weil die Nase wird auch immer zurückhaltend bleiben, weil der ganze Wein zurückhaltend ist. Und das ist ein Wein, den man einfach am besten am Strand trinkt und die Flipflops anhat, die Zehen in den Sand bohren kann und am besten noch ein bisschen Tintenfisch mit ein paar Kräutern drin und usw. So, und wir fangen jetzt mal an. Wir stellen uns vor, wir kochen jetzt den Tintenfisch und ihr habt doch bestimmt alle mal Tequila getrunken in eurem Leben. Dann kennt ihr das Spiel.
Tobias
00:41:04
Ja, zu viel schon in meinem Leben.
Christina
00:41:05
Zu viel? Nein, ihr braucht nicht viel. Ihr braucht keinen Tequila zu trinken, aber die ganze Geschichte, die vorher stattfindet, machen wir jetzt. Das heißt, wir machen ein bisschen Salz auf unserer Hand.
Tobias
00:41:15
Vorher dann anlegen. Sonst ist es nicht das authentische Gefühl.
Christina
00:41:18
Das kannst du gerne machen.
Tobias
00:41:20
Wir drehen uns kurz um.
Christina
00:41:22
So, und dann habt ihr ein Stück Zitrone und ich mache es jetzt mal hier gerade ins Licht. Dann macht ihr einfach, das ist also ein australisches Salzflocken und dann macht ihr einfach so einen Tropfen Zitrone drauf. Also ihr seht ja, das verbindet sich sehr gut mit dem Salz.
Tobias
00:41:37
Ja. Und nicht ins Auge.
Christina
00:41:40
Ja, das ist schlecht. Und dann schleckt ihr das einfach mal ab. Und ihr merkt schon beim Abschlecken, dass es total gut schmeckt.
Tobias
00:41:48
Heavy.
Christina
00:41:49
Und probiert dann den Wein noch mal.
Tobias
00:42:02
Okay. Damit wird es so ein bisschen flabberig.
Michael
00:42:06
Sorry, ich muss weg. Eliminiert.
Tobias
00:42:10
Nein, die Frische, die Säure, die der Wein jetzt hatte, ist zumindest irgendwie moderater, sage ich jetzt mal, vom Eindruck. Oder? War das jetzt der falsche Hinweis?
Christina
00:42:20
Für mich verstärkt sich, für mich verstärkt sich die Frucht. Wir haben natürlich, dass das Umami, das hat am Anfang schon wunderbar vorgelegt, aber eigentlich verstärkt sich die Frucht. Der Wein bekommt mehr Körper und er bleibt eigentlich auch länger am Gaumen. Und vielleicht hast du ein bisschen viel Zitrone jetzt gehabt.
Tobias
00:42:44
Ja, das könnte sein.
Christina
00:42:45
Also man muss im Verhältnis bleiben. Und eigentlich wollte ich euch demonstrieren, dass Salz und Zitrone ein absoluter Geschmacksverstärker sind.
Tobias
00:42:53
Okay, okay.
Christina
00:42:54
Und das gilt für alle Weine, auch für Rotweine. Ist ganz interessant. Und manchmal ist es so, wenn man eine Kombination sucht und das funktioniert nicht richtig, dass es schon mit etwas Salz und mit etwas Zitrone veränderbar ist. Also ich rede nicht von Essig, ich rede von Zitrone. Und viele Köche machen die Balance auch in ihren Saucen, ich erinnere nur mal an eine Beurre Blanc beispielsweise, und da habt ihr sehr viel Fett in der Soße, ihr habt Salz in der Soße und ihr habt natürlich ganz viel Zitronensaft in der Soße. Und erst dadurch wird diese Soße balanciert und wird ansprechend und geht eben sehr gut mit den passenden Weinen dann jeweils.
Tobias
00:43:33
Ja, also beim Thema Säure hast du ja sowieso die richtigen Ansprechpartner, weil das ist für mich persönlich schon lange klar, eigentlich das wichtigste Attribut eines Weines ist die Säure, weil die entscheidet sofort über die Güte des Weins. Und deswegen hatte ich mich jetzt, glaube ich, auch so auf diesen Säureaspekt eingeschossen, weil ich schon festgestellt habe, dadurch, dass ich hier in der Zitrone natürlich sehr viel Säure habe, dass dann der Eindruck der Säure im Wein so ein bisschen zurückgeht von der Wahrnehmung her, weil er natürlich nicht konkurrieren kann mit der Zitrone.
Michael
00:44:07
Für mich ist es auch viel fülliger geworden. Also den Eindruck, den du gerade beschrieben hast, ja.
Tobias
00:44:14
Das ist spannend.
Christina
00:44:14
Und dann gibt es das Thema Bitterkeit. Das kann man zum Beispiel sehr gut mit Süße kombinieren auch wieder. Auf die Idee kommt man vielleicht gar nicht so sehr, aber ein gutes Beispiel ist, viele Köche oder auch viele Mütter machen Zucker in Spargelwasser.
Tobias
00:44:30
Ja, stimmt.
Christina
00:44:31
Was für den Wein hinterher tödlich sein kann, also für die Weinbegleitung, weil der Zucker dann durchkommt.
Tobias
00:44:36
Mein guter Silvaner, ja.
Christina
00:44:37
Ja, und ich habe jetzt einfach mal Taggiasca-Oliven mitgebracht. Die kommen aus Ligurien. Das sind meines Erachtens die einzigen schwarzen Oliven, die ohne Steine schmecken und sind die besten. Ich habe auch kleine Löffelchen. Und dazu habe ich euch auch noch einen Wein mitgebracht.
Tobias
00:44:55
Es wird ja immer besser.
Christina
00:44:56
Es wird immer besser, ja. Jetzt wird es auch in der Tat etwas besser. Es wird auch ein bisschen süß.
Tobias
00:45:05
Okay, ich nehme mal direkt hier so zwei von den kleinen Oliven auf den Löffel. Die sind ja.
Christina
00:45:11
Ja, es gibt ein Brot dazu, hier.
Tobias
00:45:12
Aha, sogar Brot. Ah, wunderbar. Mein Gott.
Christina
00:45:14
Dann ist es ein bisschen einfacher.
Tobias
00:45:16
Ist ja super.
Christina
00:45:19
Dann könnt ihr die Oliven drauf machen, bitte.
Tobias
00:45:21
Ich gebe mal das Brot Richtung Michael, so.
Christina
00:45:24
Wir trinken einen 2020er Riesling Kabinett, Trittenheimer Apotheke von der Eva Clüsserath.
Tobias
00:45:32
Ja, schön.
Christina
00:45:33
Und der ist jetzt 3 Jahre alt und darf ruhig noch ein bisschen reifen.
Tobias
00:45:37
Meine Olive ist weg. Gerade in den Schoß gefallen.
Christina
00:45:40
Nimm dir eine neue, Tobias.
Tobias
00:45:41
Ne, ist alles gut. Ich habe sie, ist nicht bis auf den Boden durch.
Christina
00:45:45
Und ihr müsstet vielleicht erst den Wein verkosten, wenn es geht.
Tobias
00:45:47
Erst den Wein. Okay, Das ist jetzt noch mal ein guter Hinweis.
Christina
00:45:49
Das ist mal ganz wichtig.
Tobias
00:45:53
Oh, ordentlich Schiefermineralik. Sehr würzig.
Christina
00:46:03
Sehr schiefrig, wunderbare Säure und er kommt langsam in Balance. Also meine Theorie ist ja, dass Kabi so 5 Jahre alt sein muss, bevor er so richtig schmeckt.
Tobias
00:46:14
So, und jetzt beiße ich mal rein?
Christina
00:46:16
Jetzt einfach mal reinbeißen oder am besten ganz in den Mund stecken, bevor die Oliven wieder verlorengehen.
Tobias
00:46:23
Hm. Geschafft. Mhm.
Christina
00:46:28
Gut verteilen am Gaumen.
Tobias
00:46:32
Mhm. Hm? Oh, das ist gut ! Ja. Also man liest das ja teilweise bei Weißweinen, die gerade auf gesteinsreichen Böden gewachsen sind oder die Trauben dafür, diese Mineralität, diese gewisse Salzigkeit, die so ein Weißwein dann mitbringt. Und ich finde, das wird jetzt so auf ein Podest gehoben. Keine Ahnung, ob das jetzt das ist, worum es ging, aber das Zusammenspiel ist super.
Michael
00:47:10
Ja, auch der kriegt noch mal Fülle, der unterstreicht dieses ganze Ende des Weins. Weil ich muss ehrlich zugeben, das ist, das wäre jetzt nicht ein Kandidat für meinen Lieblingswein, aber ich habe mit diesem Heizungskeller-Ambiente dann manchmal echt so meine Probleme, aber jetzt in der Kombination, fantastisch.
Christina
00:47:28
Ja, denke ich auch. Also das genau ist passiert. Also ihr habt einmal schwarze Oliven. Erstmal würde ja niemand denken, dass man schwarze Oliven zu einem Süßwein zu sich nimmt.
Tobias
00:47:38
Ja, stimmt.
Christina
00:47:39
Diese Mischung mutet an sich schon komisch an. Schwarze Oliven haben Umami, die haben Fett, weil sie in Öl liegen, das Brot hat etwas Pufferzone, weil es Stärke hat. Und es hat natürlich auch wieder Salz.
Tobias
00:47:55
Ja, ja.
Christina
00:47:55
Ja, ganz wichtig. Und dann merkt ihr die Salzigkeit, die hinten noch dran ist, die fast, wie wir über manche Weine sprechen, die salzig sind, das so einen ganz langen Caudalie erzeugt, also einen ganz langen Geschmacksnachgang, das lange am Gaumen bleibt. Und ich finde es super, super genial.
Tobias
00:48:14
Das erinnert mich jetzt von der Kombination so ein bisschen an diese italienische Caponata. Da ist ja eine Olive und dann auch noch Rosinen oder Sultaninen drin. Das ist ja, geht da eine ähnliche Verbindung ein. Das ist spannend.
Christina
00:48:25
Ja, absolut. Und das sind jetzt hier einfach nur einzelne Lebensmittel, aber wenn man zum Beispiel, du hattest mich ja vorhin gefragt, wo fange ich an bei diesem Wollknäuel und wie geht es weiter? Also, wenn man weiß um die Reaktion der einzelnen Lebensmittel, dann kann man sich so langsam vorantasten. Jetzt vielleicht nicht im Zwei-Sterne-Restaurant, weil man da gar nicht weiß, wie der Koch das tolle Essen zusammengesetzt hat. Aber zu Hause kann man halt anfangen und wenn man Spaß dran hat, macht das ganz viel aus. Ja, also ihr könnt jetzt beispielsweise die Oliven mal alleine mit dem Wein verkosten, dann geht es nicht ganz so gut. Das Brot ist schon wichtig, weil das vielleicht im Moment noch etwas zu viel Fett ist für den Wein, weil der noch sehr jung ist mit 3 Jahren, der müsste vielleicht noch ein bisschen reifen, aber.
Tobias
00:49:10
Wobei der jetzt wirklich auch schon toll ist.
Christina
00:49:11
Wunderbar, Ganz, ganz großartig.
Tobias
00:49:14
Klasse, dass du hier direkt Sachen mitbringst, wir hier sogar noch ein Gläschen Wein zusammen schlürfen. Das ist ja, das ist ja, das ist ja super. Hast du noch mehr?
Christina
00:49:23
Ja, ich habe auch noch mehr, aber Stück für Stück, Leute.
Tobias
00:49:25
Okay, alles klar.
Michael
00:49:28
Mal dazwischen gefragt. Jetzt sind wir ja schon eigentlich in der praktischen Übung, aber muss ich jetzt an was Besonderes denken, wenn es um vegetarische oder vegane Speisen geht, in Richtung Weinbegleitung?
Christina
00:49:41
Hm, eigentlich nicht. Vielleicht das Wissen um Gemüse ist ganz wichtig. Und Gemüse, ich hatte es vorhin schon mal kurz gesagt, das ist immer sehr gut für Brückenbildung. Also sprechen wir über Cabernet Sauvignon beispielsweise, dann reden wir über rote Paprika. Was ganz wunderbar ist, sind die grünen Bratpaprika, also nicht die giftgrünen deutschen Paprika, die unreifen, sondern eigentlich geröstete Paprika, Rosmarin, auch die Pimentos aus Italien, ah, aus Spanien, Entschuldigung, kann man wunderbar kombinieren, Spinat mit gebratenem Fleisch. Also, wenn man merkt, dass der Wein alleine.
Tobias
00:50:17
Oder ohne gebratenem Fleisch halt eben, ne? Beim Thema vegetarisch.
Christina
00:50:20
Ach so, wir waren vegetarisch. Okay, ohne gebratenem Fleisch okay, dann nehme ich das zurück. Aber dann müssen es vielleicht noch ein paar Zwiebeln sein, irgendwie Röstnoten. Man kann ja auch, oder man kann Selleriestücke, kann man pochieren, kann sie hinterher anbraten und kann es so benutzen. Also man kann mit den verschiedensten Gemüsen wunderbare Brücken bauen und auch Frische erzeugen.
Tobias
00:50:44
Und eine Sache muss ich da jetzt wirklich noch mal fragen, und das sehe ich hier, ich sage jetzt mal, glücklicherweise nicht auf dem Tisch, aber dieses ganze Thema Schokolade und Wein, also mich persönlich hat das irgendwann nur noch genervt und ich hatte auch irgendwie so gewisse Vorurteile, weil ich irgendwie mir immer nur dachte, ja, das soll jetzt irgendwie so was sein. Sag mal, so eine, ich sag mal 76-%-Schokolade mit Rotwein. Ist das wirklich so eine Killerkombination?
Christina
00:51:12
Ich finde diese Frage extrem cool, weil ich kann dieses Schokolade und Weinthema, also Herr Schell macht das großartig in Stuttgart, das ist ein Chocolatier, der wirklich sich viel Mühe gibt und der auch tolle Kombinationen herstellt. Ich hoffe, der hört jetzt nicht zu, aber eigentlich, echt Leute, Schokolade ist was Süßes. 76 % vielleicht nicht ganz so süß, aber immer noch süß. Und es ist so, dass, wenn ich was Süßes esse, es meistens am Ende eines Menüs. Und die Rotweine trinke ich in der Regel in der Mitte zum Fleisch oder zum Fisch. Und ich finde es schon gut, bestimmte Weine mit Schokolade zu kombinieren, wie Portwein oder Banyuls, die extrem dafür gemacht sind, die sich dann toll entfalten, die, also Banyuls, glaube ich, zwischen 50 und 125 g Restzucker hat und Portwein, also Vintage Port Late Bottled um die 80 g Restzucker. Und das sind tolle Kombinationen. Also man kann vielleicht übergreifend sagen, um den Schulterschluss zu ziehen, je geringer der Kakaogehalt, desto leichter muss der Wein sein, desto mehr Zusatzaromastoffe müssen drin sein. Also Milchschokolade, 30 % mit ein bisschen Salzanteil, das geht mit einem halbtrockenen Riesling wunderbar, wenn das einer möchte. Wenn man zu Spätburgunder oder Pinot Noir Schokolade essen möchte, dann bin ich bei ca. 50 %, 60 % Kakaoanteil. Und der Portwein oder der Banyuls, das geht dann wirklich erst bei diesen 76 % los, wo viele Rotweine und viele normale trockene Weine einfach schlapp machen.
Michael
00:52:49
Ja, für mich ist Schokolade eigentlich so ein Weinstopper. Wenn ich dann Schokolade esse, dann verliere ich fast die Lust auf Wein. Das macht mir das Ganze irgendwie so zu. Aber das mit dem Portwein kann ich gut nachvollziehen. Und mein Tipp ist ja eigentlich: Schokolade und Brandy. Das ist eine Nummer.
Tobias
00:53:07
Okay, da kommen jetzt wieder die Spirituosen. Das musst du entschuldigen. Der Michael versucht hier immer wieder so Spirituosen-Thema irgendwie aufs, äh.
Christina
00:53:16
Ist ein eigener Podcast.
Tobias
00:53:17
Genau.
Christina
00:53:18
Geht aber bestimmt gut.
Michael
00:53:20
Okay, jetzt haben wir hier einige Kombinationen erklärt bekommen und du warst auch immer wieder bemüht, uns zu erklären, woran es liegt. Gibt es überhaupt irgendwelche No-Gos dann in der Kombination von Essen und Wein? Oder findet man immer den richtigen Partner?
Christina
00:53:37
Sagen wir so, es gibt schon No-Gos. Essig und Zucker sind echt wirklich Feinde des Weins und richtig scharfe Zwiebeln auch, kann man sagen. Aber, wenn ich jetzt diese scharfen Zwiebeln schneide, viel dabei Tränen vergieße, sie anbrate, dann gehen sie dann doch wieder irgendwie mit Wein. Aber ihr könnt euch vielleicht vorstellen, eine Barbecue, es gibt ja Unmengen von tollen Barbecuesoßen, die alle wunderbare Labels haben. Aber ich behaupte, dass 98 % von denen die Weine töten, weil einfach als erste Bestandteile Essig und Zucker draufsteht. Und das ist dann der einfachste Essig. Und es ist, Zucker ist einfach süß. Und ich hatte vorhin gesagt, Spargelwasser mit Zucker ist auch ein No-Go für mich. Das funktioniert einfach nicht. Also das wären jetzt so die, ja, die hauptsächlichen Feinde des Weins. Aber ein guter Koch baut zum Beispiel auch Bitterkeit ein. Früher hat man ja gesagt hat, Artischocken wären schwierig, aber das ist eigentlich nicht mehr so, also vor allem, wenn wir über Orange-Weine sprechen, dann sind Bitterstoffe extrem gut. Und ihr habt gerade gemerkt, wie die bitteren Oliven wunderbar mit dem Kabinett harmoniert haben.
Tobias
00:54:44
Absolut. Aber Stichwort Orange-Wein unterstreicht ja auch noch mal das Repertoire der Weine selbst. Hat ja nun auch zugenommen und auch, sage ich mal, die Beliebtheit von so Exoten und das macht das Thema ja automatisch vielfältiger, weil man dann auch auf der Weinseite einfach eine andere Auswahl hat. Aber wie ist das so? Du hast ja gerade schon angedeutet, Schokolade ist dann mit dem Portwein wirklich gut. Kannst du dich an Erlebnisse erinnern, wo du wirklich positiv überrascht warst von einem Wine Food Pairing, weil du dachtest, das hätte ich überhaupt nicht erwartet, dass das so gut funktioniert?
Christina
00:55:22
Ja, das gibt es immer wieder. Das ist wirklich großartig. Und wenn das dann trifft, ist es sehr schön. Das ist aber immer schwer nachvollziehbar für andere Leute oder für unsere Zuhörer. Weil, wenn ich jetzt erzähle, dass ich neulich bei Daniel Gottschlich im Ox & Klee war und dass er ein Gericht gemacht hat, eine Kombi aus pochierten Austern, aus Schweinebauch, sous-vide, was weiß ich wie viel 1.000 Stunden und dann hinterher angebraten mit einem hellen Sud, also mit einem eher fischigen Sud. Und da waren kleine, rohe, grüne Apfelstücke drin, die in Zitrone mariniert waren. Ich glaube, dir gehen, Tobias, ich sehe es schon, die Haare hoch, alleine bei dem, was ich sage.
Tobias
00:56:05
Du hast mich bei den Austern schon verloren.
Christina
00:56:06
Ja, aber das war so eine tolle Kombi. Das war einfach, das ist, dazu gab es einen Champagner, einen Pinot-Noir-Champagner, der so ein bisschen kräftiger war, wo ein Teil der Grundweine im Holz gelegen hat. Und das war unglaublich. Okay, das ist natürlich ein unglaubliches Erlebnis, aber vielleicht arbeitet man erst mal an den Kombinationen, die jeder nachvollziehen kann. Und da, glaube ich, sind so die klassischen Kombis, die ja in der Regel am meisten aus Frankreich kommen, sind da gut transportierbar. Jeder kennt Coq au Vin. Warum gibt es Coq au Vin? Weil die Winzerfrau im Burgund sonntags in den Keller gegangen ist? Nee, Quatsch. Sie ist in Stall gegangen, hat das Huhn geholt. Oder vielleicht ist sie vorher in den Keller gegangen und hat die Flasche Wein geholt?
Tobias
00:56:52
Weiß man nicht genau.
Christina
00:56:52
Auf jeden Fall kam das Huhn mit dem Wein zusammen und das ist sicherlich auch ein Grund, also nicht mit dem Wein, sondern mit dem Burgunder, also sprich Pinot Noir, ein Wein mit Säure. Und das ist ein Grund, warum natürlich in diesen Gebieten die Weine zu den jeweiligen Speisen passen. Siehe Ziegenkäse und Sancerre, tolles Beispiel. Siehe Munsterkäse und Gewürztraminer. Unschlagbar. Oder Boeuf Bourguignon, sind wir wieder beim Pinot Noir, ist auf jeder Ebene. Jeder Pinot-Noir-Typ ist dazu einsetzbar. Und das sind so Freundschaften, so Wein-Freundschaften, Wein-Speisen-Freundschaften, die jeder erst mal nachmachen kann und dann versteht er auch, warum. Also es gibt auch eine Regel: Geschmortes passt eher zu Burgundern, Kurzgebratenes eher zu Bordeaux. Stimmt auch. Also unter Bordeaux verstehe ich auch Bordelaiser Cuvées aus der ganzen Welt. Und dann hat man dieses, Stück für Stück erarbeitet man diese Kombis, man hangelt sich so weiter und heute sind wir bei einer Sache, da habe ich auch noch was mitgebracht, auch einen ganz interessanten Wein. Müsst ihr vielleicht einmal jetzt euer Weinglas kurz mit Wasser spülen, weil es wird wieder trocken.
Tobias
00:58:02
Und als kleines Zwischengeplänkel, was du gerade erzählt hast, finde ich super spannend, weil das ist ja auch schon ein wirklich handfester Tipp, dass man eigentlich, wenn man sich mit einer Speise beschäftigt, sich damit beschäftigt, was wird denn zu dieser Speise in der Region gereicht? Dann kann man sich es ja relativ einfach machen. Du hast es gesagt, Boeuf Bourguignon, da liegt es natürlich auf der Hand. Aber es sind natürlich auch andere Sachen, gerade wenn es so regionale Spezialitäten sind, klar, da gibt es irgendeinen speziellen Wein, der da traditionell zu serviert wird. Und damit macht man sich ja das Leben eigentlich schon recht einfach.
Christina
00:58:42
Ja, total. Ich denke, in Frankreich ist das super easy. Aber was machst du in Rheinhessen?
Tobias
00:58:48
Ja, ich habe jetzt tatsächlich auch eher an das europäische Ausland gedacht. Bin ich ganz ehrlich.
Christina
00:58:52
Selbst in Italien ist es einfacher, aber da sind wir total auf dem Vormarsch. Und deswegen habe ich hier eine Scheurebe aus Rheinhessen mitgebracht.
Tobias
00:58:59
Ach, was für eine Überleitung!
Christina
00:59:00
Was für eine Überleitung. Und zwar vom Weingut Gysler, Alexander Gysler, den ich auch seit Jahren schon begleite, weil der, der macht, finde ich, so ganz feine Weine, hat sich super entwickelt in den letzten Jahren. Und diese Scheurebe ist leise. Also es gibt auch laute Scheureben. Zur Übersetzung: „laut" bedeutet, sie springt aus dem Glas mit den ganzen Aromen. Der Scheurebe attestiert man rote Johannisbeeren und so ein bisschen was Blättriges, was Grünes. Und das ist für mich sehr, sehr fein. Das ist der Gutswein, also sein, nennt sich Morgentau. Ist ein bisschen reduktiv und hat es echt in sich. Und eigentlich, wenn man den Morgen verkostet, ist der wirklich noch eine Spur besser, weil das ist ein Schraubverschluss. Und die Schraubverschlüsse sind natürlich für uns alle super gut, weil man sie nur aufdrehen muss. Aber sie machen, dass der Wein am ersten Tag, wenn er so qualitativ hochwertig ist wie dieser Wein, dass sie ein bisschen verschlossen sind. Und dann darf man nicht den Fehler machen, das sofort auszusüffeln. Man muss ein bisschen Geduld mitbringen.
Tobias
01:00:05
Ja, und Luft mitbringen. Genau, und was du gerade sagtest, „reduktiv", muss man vielleicht auch kurz erklären, bezeichnet eine Art von Wine Making, wo möglichst wenig Sauerstoff in dem Prozess irgendwie eine Rolle spielt. Und dann hat man häufig, gerade wenn man die, unter Schraubverschluss gerade geöffnet hat, so ein bisschen so einen Eindruck von, ja, wenn man so ein Streichholz anzündet und das wieder löscht. Aber das ist auch so ein Faktor, der verfliegt ja dann nach einer Zeit, ne?
Christina
01:00:33
Ich sehe schon, ihr seid super erfahren mit der Erklärung, nur mit Worten, weil ich habe gedacht, ich bringe jetzt die Lebensmittel mit und verwirre euch ein bisschen. Aber ich kann euch gar nicht so aufs Glatteis führen. Ist total cool.
Tobias
01:00:44
Ich hoffe, ich habe jetzt nichts gespoilert.
Christina
01:00:45
Nein, das ist total klasse. So, also Scheurebe von der leiseren Art, aber vielleicht das Deutsche Weininstitut und ein bestimmter Lehrer, dessen Namen ich jetzt nicht sage, hat vor gefühlten 100 Jahren im Seminar gesagt, das sind die sogenannten Bukett-Rebsorten. Und dazu gehört natürlich auch der Sauvignon Blanc, den es damals in Deutschland noch nicht gab. Also der war zumindest noch nicht auf dem Markt, man durfte ihn noch nicht anbauen.
Tobias
01:01:10
Da haben wir doch schon mal eine Folge drüber gemacht, ne? Die Bukett-Rebsorten, alles klar.
Christina
01:01:12
Genau, kam erst später. Aber Scheurebe gab es natürlich und es gab natürlich auch Muskateller. So, und alle diese Rebsorten, die ich gerade genannt habe, haben eins gemeinsam: Die passen immer zu grünen Kräutern und zu grünem Gemüse.
Tobias
01:01:26
Okay, ja, weil die das auch so ein bisschen mitbringen, ne? Absolut.
Christina
01:01:31
„Gleich und gleich gesellt sich gerne" wäre die Überschrift. Und ich habe hier eine ziemlich kleine Portion, weil heute Morgen die Cecilia, meine Freundin, da dran war und die hat das fast leergegessen. Ihr müsst euch alle mal, das ist meine, das ist meine Geheimsoße, die ich gerne mache zu gebratenem Fisch oder gebratenem Fleisch. Die besteht aus Petersilie, aus Basilikum, aus Koriander, aus diesen schwarzen Oliven, kleingehackt aus ein paar Sardellenfilets, aus Kapern und schwarzem Pfeffer. Und Salz und Zitrone.
Tobias
01:02:05
Salz, boha. Da spielen ja jetzt richtig viele Komponenten, weil ich glaube, bei dem Fisch spielt Umami dann auch wieder eine Rolle.
Christina
01:02:15
Also eine Soße, die sehr geschmacksintensiv ist, wo man denkt, das zerhaut jetzt den Wein. Probiert es mal!
Tobias
01:02:25
Hm. Oh, das ist sehr gut. Ne, das ist einfach, das leistet, kann ich jetzt nicht anders beschreiben, tatsächlich einen Beitrag. Also, das würde ich gar nicht mal so sagen, verändert den Wein jetzt irgendwie komplett, aber die Kombination ist einfach extrem stimmig.
Michael
01:02:47
Ich finde, er kriegt auch nochmal mehr Finesse für mich, einfach durch diese Basis.
Tobias
01:02:52
Und du hast gerade gesagt, das sind jetzt viele intensive Kräuter und Zutaten usw. Trotzdem finde ich aber, dieses Thema Feinheit zieht sich da durch. Also das ist jetzt nichts, was irgendwie den Gaumen zu sehr belegt, wie wenn wir jetzt irgendwie auf einer Knoblauchzehe gekaut hätten, sondern es hat immer noch eine gewisse Feinheit, bei der man sich auch vorstellen kann, die überlagert den Wein nicht, sondern geht so eine Harmonie ein.
Christina
01:03:18
Ja, absolut. Und man kann das vielleicht in dem Fall mit einem Lautstärkeregler vergleichen. Das dreht den Wein einfach ein bisschen lauter. Aber nicht im Sinne von.
Tobias
01:03:26
Das nenne ich hier von Podcasten.
Christina
01:03:28
Aber nicht im Sinne von unangenehm, sondern man hat jetzt Lust, den nächsten Schluck zu nehmen. Und man hat Lust, den Löffel wieder in die Soße zu stecken und wieder weiter zu essen. Und das ist eigentlich optimal. Und das glaube ich, kann jeder Mensch feststellen, egal, welches Weinwissen der besitzt.
Tobias
01:03:43
Ja, also das finde ich, hast du jetzt hier absolut bewiesen, mit diesen kleinen Tröpfchen, mit diesen kleinen Kostproben. Nicht nur, dass Wein und Speise, dass das halt tatsächlich etwas ist, was funktioniert, wenn man es richtig anstellt, sondern auch vor allem, dass das wirklich Spaß macht, damit zu experimentieren. Und ich glaube, dazu gehört ja auch, hast du jetzt dankenswerterweise nicht gemacht, aber auch mal eine Kombination auszuprobieren, wo man merkt, okay, das funktioniert jetzt wirklich gar nicht, das ist genauso lehrreich.
Christina
01:04:13
Aber die können wir erzählen, Tobias, die können wir erzählen.
Tobias
01:04:16
Ja, komm, nenn mal ein Beispiel.
Christina
01:04:18
Wir reden über einen jungen Bordeaux, der vielleicht so 2, 3 Jahre alt ist, kein Premier Grand Cru, irgendwas im unteren Bereich. Also ihr spürt, ihr habt diese dunklen Waldfrüchte, ihr habt die Säure, den Gerbstoff, der so ein bisschen die Zunge belegt.
Tobias
01:04:32
Ja, alles noch so ein bisschen unharmonisch.
Christina
01:04:34
Und es ist alles so ein bisschen rau, unharmonisch. Und dann taucht ihr den Löffel in einen Becher mit Quark.
Tobias
01:04:41
Okay, uh.
Christina
01:04:41
Und ihr probiert den Quark und trinkt dann den Wein dazu. Und jetzt verabschiede ich mich. Wer das einmal erlebt hat, also man kann auch, man kann auch einen jungen Ziegenkäse nehmen. Ist genau das Gleiche in Grün. Also der wird nie wieder sagen, dass man zu Rotwein nur Käse, dass man zu Rotwein immer Käse essen muss. Es kommt dann schon darauf an, welcher Käse es ist.
Tobias
01:05:02
Ja, ja, also ich habe auch mal so eine Erfahrung gemacht, das war irgendwie, ich glaube, das war ein Fisch, der aber eingelegt war in Öl. Und das in Kombination mit Rotwein. Ich weiß nicht mehr, welcher es war, aber da hatte ich ein unwahrscheinliches Gefühl von einem metallischen Eindruck im Mund. Ja, das war auch fürchterlich. Aber ich glaube, diese Erfahrung muss man ja machen, um überhaupt zu verstehen, okay, das funktioniert jetzt nicht, das merke ich mir, sprachst du ja vorhin schon von dem Katalog. Ich finde, das ist da genau das Gleiche. Und ja, dann so zusammenzusitzen wie wir heute und dann vielleicht mit so kleinen Häppchen und einfach probieren.
Michael
01:05:42
Es ist ja letztendlich ein sinnliches Vermögen. Man kann irgendwie viel erzählen, das eine vergesse ich wieder, aber ich glaube, wenn man es selber ausprobiert und erfährt, dann merkt man sich das eigentlich ganz gut.
Tobias
01:05:54
Ja, genau.
Christina
01:05:54
Ja, auch zurückkommend auf die Gäste im Restaurant. Ich glaube, jeder kann beschreiben, was er schmeckt. Aber beim Wein ist das immer so ein Universum, wo man nicht genau Bescheid weiß. Und wenn man Beispiele macht, also praktische Beispiele, schmeckbare Beispiele, dann würden das die Leute auch eher behalten und es würde mehr Spaß machen.
Tobias
01:06:13
Ja, ja, wie eigentlich in vielen Bereichen, wo man was dazulernen möchte. Die Praxis ist das, die einem eigentlich am meisten weiterhelfen kann.
Michael
01:06:23
Ja, aber gibt es bei uns ja leider nicht. Es gibt ja keine Schule des Schmeckens. Also, wenn an Grundschulen, weiterführende Schulen, da spielt Schmecken gar keine Rolle. Und überleg mal, wie wichtig das ist. Auch jetzt im Sinne von gesunde Ernährung, aussuchen, was du einkaufst und so was.
Tobias
01:06:38
Weil wir aber natürlich auch generell nicht so sozialisiert werden, also wenn du davon sprichst, wie das schon in deiner Kindheit eine Rolle gespielt hat, das ist nicht bei vielen, gerade in Deutschland, nicht bei vielen Familien so. Da spielt Essen, Genuss ja insgesamt nicht so eine große Rolle wie etwa in Frankreich. Und ich glaube, das ist eine Geschichte, da kann man wirklich früh mit anfangen. Also Michael weiß das, ich halte meinen Kindern auch regelmäßig irgendwie das Weinglas unter die Nase. Ne, nicht weil ich.
Christina
01:07:07
Hast du Zalto Kindergläser, oder?
Tobias
01:07:09
Ja, genau, mit extra kurzem Stiel!
Christina
01:07:13
Spülmaschinen-freundlich.
Tobias
01:07:16
Also einfach nur, ich will die nicht zum Weintrinken ausbilden, aber einfach darüber nachzudenken, ja, wie riechen Dinge, wie unterscheiden die sich auch, dass es auch Konzentration braucht, um überhaupt darüber sprechen zu können. Nicht einfach irgendwie so riechen. Ja, riecht nach Weintrauben. So hat es, meine Jüngste hat es erst mal so versucht, um sich es einfach zu machen. Habe ich gesagt: nee, nee, das erfordert dann schon eine gewisse Aufmerksamkeit. Und ja, die ist so ein bisschen vernachlässigt, finde ich, in Deutschland. Und umso mehr gilt, wenn man dann den Kinderschuhen entwachsen ist, dass man sich halt vielleicht ganz, ganz bewusst damit auseinandersetzt, sofern man Lust darauf hat.
Christina
01:07:58
Absolut.
Michael
01:08:00
Ja. Und überleg mal, wer kennt denn heute noch den Originalgeschmack von Erdbeeren? Also ich meine jetzt nicht diese Wassererdbeeren, die ich günstig erstehen kann. Und das kannst du ja auf ganz viele Produkte einfach beziehen. Da fordere ich immer auf, mach erst mal diese Übung und dann schauen wir weiter mit den Aromen, die ich später wiederfinde. Wie soll ich das sonst erkennen?
Christina
01:08:20
Hey, Leute, das ist der nächste Podcast. Ich sag's euch.
Tobias
01:08:24
Teil 2.
Michael
01:08:25
Ja, wunderbar. Jetzt haben wir unsere Verkostungs- und Probierrunde hinter uns, würde ich mal sagen. Wir haben aber zum Schluss noch so einen kleinen Nachtisch. Ja, also es geht darum, wir stellen dann immer gerne Fragen, ganz kurz, ganz knapp, die man auch bitte genauso kurz und knapp und möglichst spontan beantwortet. Ist ganz einfach. Ich fange jetzt einfach mal an. Gastronomin des Jahres, Sommelier des Jahres, Best of Award of Excellence. Welcher Titel schmeichelt dir eigentlich am meisten?
Christina
01:08:56
Also im Grunde hat jede Erwähnung dazu beigetragen, mir zu zeigen, dass ich mich auf dem für mich richtigen Weg befinde.
Michael
01:09:05
Okay, jetzt haben wir ja eben schon mal über die Weinkeller von Restaurants gesprochen. Deiner Einschätzung nach, welches ist das Restaurant mit dem besten Weinkeller in Europa?
Christina
01:09:15
Ja, das ist eine unfaire Frage, weil das kommt auf die Präferenz des Weintrinkers an. Also in manchen Ländern ist der Rieslinganteil höher, in anderen ist der Champagneranteil höher. Ja, wie auch immer. Aber ich glaube, ich habe 2 Restaurants im Kopf, die ich gerne nennen würde. Einmal die Henne Weinbar hier in Köln mit diesen 3 wunderbaren klassischen, Freakshow- und Icon-Weinen. Ein Laden, der jeden Tag rappelvoll ist. Ich muss da ein klein bisschen ausholen, weil das heißt, die verkaufen viel Wein. Und das heißt, der Sommelier und die Mannschaft probieren viel Wein. Die wissen, wovon sie reden. Und eine großartige Küche in kleinen Portionen. Und das Zweite, was mich total geflasht hat, sind die Noble Rot-Betriebe in London. Einfach die, die diese Tiefgründigkeit haben, es steht natürlich auch ein Handel dahinter. Aber das ist Wein, Essen und Populärkultur. Also das ist schon großes, großes Kino. Und ja, finde ich beide klasse.
Tobias
01:10:17
Jetzt bist du ja so eine gestandene Weinpersönlichkeit, weißt eigentlich genau, wie der Hase läuft. Aber, wenn du jetzt selber ins Restaurant gehst, verlässt du dich dann gerne auch einfach mal auf die Empfehlung des Sommeliers, weil du dich überraschen lassen willst? Oder hast du da eigentlich so dann deine eigene Karte im Kopf?
Christina
01:10:38
Nee, habe ich eigentlich gar nicht. Also ich habe, ich versuche, sagen wir mal so, ich bin schon misstrauisch. Ich glaube, das ist man, wenn man 20 Jahre lang ein Restaurant geführt hat. Ich versuche den Weg zum Sommelier zu finden und ich kann dann nicht umhin zu sagen, dass ich den so ein bisschen prüfe, wie weit das mit seinem Wissen ist, und ob der auch versteht, ob er auch versteht, was ich gerne hätte. Das ist mir halt wichtig, weil ich möchte dann schon gerne auch einen Wein trinken, den ich gerne hätte. Und wenn ich das Gefühl habe, dass er das begreift oder dass er das umsetzen kann und auch Spaß dran hat, dann lasse ich ihn, weil dann habe ich die Erfahrung gemacht in der Vergangenheit, dass ich großartige Entdeckungen gemacht habe. Die Weinwelt ist so groß geworden, die dreht sich immer weiter. Und wenn man nicht, wenn man das nicht macht, lernt man nicht dazu.
Tobias
01:11:26
Sehr schön. Dann Klassiker unserer Fragerunde: der Einsame-Insel-Wein. Nur, um die Grundvoraussetzung klar zu machen, das müssen wir ja mittlerweile immer so erklären: Du hast eine einsame Insel mit bestens klimatisierten, unterirdischen Keller. Es darf aber tatsächlich nur ein Wein sein eines Jahrgangs, davon meinetwegen 2.000 Flaschen, ganz egal. Welcher Wein wäre das?
Christina
01:11:55
Das ist meine Antwort. Ganz kurz: blöde Frage.
Tobias
01:11:59
Das gilt nicht!
Christina
01:12:01
Doch!
Tobias
01:12:04
Blöde Frage. Château, Château-Abfüllung. Na komm, so ein Herzenswein. So ein Wein, der dich vielleicht.
Christina
01:12:12
Das geht nicht. Weil Wein, das ändert sich. Im Herbst bin ich eher auf Rot. Manchmal habe ich Lust auf scharf geschnittene, messerscharf geschnittene Rieslinge. Dann möchte ich gerne reife, schmelzige Große Gewächse. Dann habe ich was aus dem, Elegantes aus dem Burgund, was elegantes Komplexes. Dann möchte ich Pinot Noir vom Feinsten. Und mal bin ich auf einem Bordeaux-Cuvée-Trip.
Tobias
01:12:34
Okay, dann, ich frage jetzt mal anders. Ich verstehe schon. Hat dich ein Wein schon mal zum Weinen gebracht? Also einfach, weil der dich so berührt hat?
Christina
01:12:45
Nö.
Tobias
01:12:45
Nö? Okay, gut, ja.
Michael
01:12:48
War ein Versuch wert.
Tobias
01:12:48
Ja, war einen Versuch wert. Mich auch nicht, muss ich jetzt zugeben.
Christina
01:12:51
Ja, aber mal ganz ehrlich, es gibt so viele Weinerlebnisse und es gibt so viele Weinerlebnisse, die man in einer Reihe, die deshalb auch so gut sind, weil man sie mit tollen Leuten gemeinsam macht und weil man sie vielleicht auch mit einem tollen Essen gemeinsam hat. Und ich wüsste jetzt gar nicht, was ich da oben rausstellen sollte oder möchte, oder. Ich würde allen anderen Sachen ungerecht werden und deswegen bleibe ich bei der Antwort: blöde Frage.
Tobias
01:13:13
Okay, alles klar.
Michael
01:13:15
Akzeptiert.
Tobias
01:13:17
So, ja, wir kommen zum Ende unseres Podcasts. Es hat unwahrscheinlich viel Spaß gemacht, vor allem auch jetzt wegen der praktischen Tipps, die wir mit auf den Weg bekommen haben. Aber ja, du bist ja viel unterwegs, hast viele Projekte immer wieder auf dem Tisch. Deswegen, wir räumen dir jetzt gerne noch mal ein paar Minuten oder so lange, wie du möchtest, dafür ein zu erzählen, was gerade bei dir so im Leben aktuell los ist, und ja, wovon du vielleicht auch gerne den Hörerinnen und Hörern berichten möchtest.
Christina
01:13:47
Wow. Finde ich sehr nett, aber wo fange ich an, wo höre ich auf? Also alles, was mit Wein und Speisen zu tun hat, interessiert mich eigentlich brennend. Und dort weiter zu lernen finde ich auch ganz gut. Das heißt, ich versuche eigentlich mich auch selber weiterzubilden. Deswegen bin ich auch ein bisschen im Ehrenamt tätig, was die Alumni-Vereinigung der WSET-Leute angeht und der Weinakademiker, die übrigens Weinakademiker heißen, weil sie an der Weinakademie Österreich graduiert haben. Also das ist der Hintergrund. Das hat nichts mit akademischer Ausbildung zu tun, aber es hat was mit Struktur zu tun.
Tobias
01:14:25
Aber Master of Wine ist für dich jetzt so hobbymäßig vielleicht noch?
Christina
01:14:30
Ne, das kann man nicht.
Tobias
01:14:31
Noch eine Herausforderungen? Weil dürftest du ja jetzt theoretisch, ne?
Christina
01:14:35
Ja, aber man kann das nicht hobbymäßig machen. Das ist ein Commitment, was extrem ist. Ich habe 2 Jahre in England gelebt. Ich glaube, ich würde die englische Denke verstehen. Ich weiß aber nicht, ob ich mit allen Dingen einverstanden wäre und ich weiß auch nicht, ob ich wirklich noch mich so zusammenreißen könnte und das über mein Leben stellen könnte.
Tobias
01:14:59
Aber reizvoll ist es wahrscheinlich trotzdem, oder?
Christina
01:15:02
Nein, es ist für mich nicht mehr reizvoll. Ich habe damit abgeschlossen, weil ich richtig gute Kollegen habe straucheln sehen. Es gehört eine große Portion Struktur und Strategiedenken, strategisches Denken dazu. Man muss wissen, warum man das macht. Man muss es beruflich auch noch nutzen, sonst lohnt sich der finanzielle Aufwand einfach nicht. Und ich glaube, ich muss mir nichts mehr selber beweisen, also das. Ich bin gerne in dem Thema unterwegs, aber ich bin jetzt nicht mehr in der ersten Reihe und ich mache den Platz dann eigentlich auch ganz gerne frei für andere Leute, weil das ist ein stetiger Wechsel. Die kommen und gehen und deswegen weiß ich, dass ich das kräftemäßig nicht mehr schaffe. Also das ist, kriege ich nicht hin.
Tobias
01:15:48
Ja, muss man vielleicht jetzt auch noch mal sagen, die Podcastfolge dazu gab es, glaube ich, noch nicht. Master of Wine ist eigentlich so der, ja, der bedeutendste Titel. Da gibt es auch nicht so wahnsinnig viele Menschen auf der Welt, in Deutschland sowieso nicht. Und ja, gilt für viele eigentlich als so das größte Ziel, was man haben kann. Aber wie du schon sagtest, man nimmt sich eigentlich komplett aus seinem Berufsleben, wenn es denn schon existiert, eigentlich raus, muss sich dem zu 100 % widmen. Und das macht natürlich nur Sinn, wenn man wirklich vor Augen hat, was einem das dann auch bringt.
Christina
01:16:22
Auch aus der Familie, aus allem. Also du musst wirklich abschalten. Also ich bin eher so der kreative Part. Ich bin, also Struktur musste ich lernen in meinem Leben. Das ist was, was mir ein bisschen abgegangen ist. Ich mache das mit meiner kreativen Art oftmals wett und wenn ich das andere, ich brauche einfach zu viel Zeit dafür. Und deswegen muss man irgendwann, glaube ich, ist man in der Lage, klar zu erkennen, was man leisten kann und was man nicht leisten kann.
Michael
01:16:45
Was für ein tolles und weises Schlusswort. Und ich bin da ganz bei dir, so mit der Struktur habe ich es dann auch nicht immer so. Kreativ bin ich und deshalb fällt mir jetzt sofort ein wir freuen uns darauf, wenn es das nächste Mal wieder heißt.
Christina
01:17:00
Bei Anruf.
Michael
01:17:01
Wein.