Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Markus Schneider: sein nächster Schritt

22.02.2022 27 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Ellerstadt in der Pfalz war das Ziel von Michael und Tobias für die Aufnahme dieser sehr persönlichen Podcast-Folge. Ein Gespräch mit Kultwinzer Markus Schneider über die Notwendigkeit, am vergangenen Erfolg zu zweifeln, um neuen zu erleben. Eine große Ehre für die beiden Podcaster obendrein, schließlich sind sie die ersten, denen Markus die neuen Schneider-Weine ins Glas schenkt. Was anders wird und was wirklich wichtig ist, verrät Markus Schneider exklusiv für „Bei Anruf Wein“ – inklusive eines Gänsehautmoments.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:10
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Ursprung und Steinsatz, Black Print und Tohuwabohu. Das sind nur einige der klangvollen Namen von Weinen aus dem Hause Markus Schneider. Wie kaum ein anderer hat der Pfälzer aus Ellerstadt die deutsche Weinwelt geprägt, vor allem durch seine Rotweine. Hauptanlass unseres Besuchs bei ihm: Trotz des großen Erfolgs erfindet der Winzer sich und seine Weine derzeit neu. Im folgenden Gespräch möchten Michael und ich die Beweggründe dafür herausfinden und in unserer spontanen Fragerunde zeigt sich Marcus Schneider auch von einer emotionalen Seite. Also bleibt mal dran. Wir fangen direkt an! Ja, wir sind zwar jetzt schon, glaube ich, knapp 2 Stunden hier, Markus. Das können jetzt unsere Hörerinnen und Hörer nicht wissen, aber deswegen jetzt noch mal ganz offiziell: Hallo!
Markus
00:01:07
Schön, dass ihr da seid, hallo.
Tobias
00:01:09
Ja, vielen Dank, dass wir hier sein dürfen. Der Podcast heißt ja Bei Anruf Wein. Wir haben, im Dezember haben wir mal telefoniert und du hast erzählt, du bist gerade in einem Prozess, in dem du dich ein stückweit neu erfindest. Was war da die Motivation? Was hat dich da getrieben zu sagen, ich mache jetzt mal irgendwie alles anders?
Markus
00:01:30
Ja, also ich glaube, da gibt es auch keinen Ursprung, den man jetzt benennen kann, das ist es jetzt gewesen. Ich glaube, wir sind an einem Punkt angekommen, wo dann das auch möglich war. Du kannst nicht, wenn du in einem Prozess bist, der den ganzen Tag dich fordert, im Aufbau bist, das Weingut hat viel Zeit gekostet und Schweiß auch, ja. Und in diesem Prozess umstellen, Dinge neu machen ist schwierig. Also wir haben über Jahre da so in kleinen Versuchen unsere Ideen umgesetzt im Keller, wirklich im nur 200-, 300-Liter-Bereich, um einfach zu schauen, ist es der richtige Weg. Und dann haben wir beschlossen mit Finale Jahrgang 2020, Weiß, Rot schon etwas früher, haben wir gesagt, so, das ist es jetzt, das ist, das sind wir und das ist das neue Weingut. Wir machen vieles anders, was wir vorher nicht unbedingt falsch gemacht haben, nur anders, haben uns gelöst aus vielen Ecken. Da musst du erst mal raus, wie beim Boxen. Du musst erstmal aus der Ecke raus. Ob es besser ist, weiß man manchmal nicht. Aber wir sind heute sehr, sehr glücklich und das Ergebnis ist fantastisch.
Michael
00:02:40
Aber trotzdem muss ich doch an der Stelle noch mal nachhaken. Ich rekapituliere das jetzt: fast 100 Hektar hat das Weingut. 95 habe ich im Kopf.
Markus
00:02:48
Ja, knapp Anfang 90, ja.
Michael
00:02:50
Anfang 90. 1 Million Flaschen im Jahr werden gemacht.
Markus
00:02:54
Das wird so nicht mehr ganz stimmen. Es ist immer noch viel, ja klar. Wir werden. Wir werden kleiner, ne?
Michael
00:02:59
Ihr werdet ein bisschen kleiner, aber ihr seid ungeheuer erfolgreich. Und wenn man erfolgreich ist, dann freut man sich doch erst mal über seinen Erfolg. Bei dir läuft das jetzt anders und du sagst: nein, der Erfolg ist Anlass, noch mal anders vorzugehen, anders darüber nachzudenken. Das muss man ein bisschen erklären, oder?
Markus
00:03:16
Ich glaube, das ist, also ich habe das alles mit meinem Freund Dirk Niepoort durchgekaut. Vor 3, 4 Jahren, als ich ihn besucht habe, da haben wir lange abends darüber gesprochen, hat er gesagt, das ist eigentlich sehr intelligent. Und wenn wir jetzt diese 95 Hektar aufgreifen, dann schlage ich die Brücke ins Bordeaux, gehen wir ins Pauillac. Château Latour hat die gleiche Rebfläche wie wir, 94 Hektar. Château Latour hat sich komplett neu aufgestellt. Das ist, für viele ist Château Latour ganz weit weg, ja, weil auch ich habe davon, wenn überhaupt, sehr wenige Flaschen im Keller. Aber sie haben sich gelöst von den Négociants. Sie bringen nicht mehr die Weine in Subskription raus. Sie stellen ihr ganzes Wissen, was über Jahrhunderte angeeignet worden ist, stellen sie um. Und dann habe ich mich gefragt: Warum machen die das? Sie machen das ja, um den nächsten Schritt zu gehen. Und genau deswegen haben wir das bei uns auch gemacht, den nächsten Schritt zu gehen. Der nächste Schritt, der wurde von mir oft verlangt. Da gab es das Weingut 7, 8 Jahre, habe ich gesagt, lasst doch jetzt erst mal das laufen und dann geht es weiter. Du kannst nicht von heute auf morgen alles umstellen. Dazu gehört viel, auch der finanzielle Background, der muss stimmen, dass du ein Stück weit unabhängig bist, dir natürlich dann auch, wie wir jetzt sagen, 30 % weniger wird produziert. Nicht das, was die Natur vorgibt, sondern das, was wir vorgeben. Das musst du dir auch erst mal leisten können. Und du musst selbst auch so weit sein vom Kopf. Ich bin es heute. Ich bin jetzt 46. Das kannst du mit 26 noch nicht sein. Das dauert eine gewisse Zeit. Und dann das Team, das Drumherum und die Weinberge müssen stimmen. Wir haben viel jung gepflanzt und jetzt kommen die Weinberge in ein Alter, die ganz anders Leistung bringen können und da mitmachen, was ich von ihnen verlange.
Michael
00:04:59
Heißt, du hast eigentlich vorgearbeitet, klammheimlich die ganze Zeit, und die Motivation, hast du gesagt, ist der nächste Schritt, den nächsten Schritt machen. Das heißt, noch besser werden?
Markus
00:05:09
Ja, ja, ja, auf jeden Fall. Immer besser werden, jeden Tag. Das Schöne ist, beim Fußballer ist irgendwann mit 35 Feierabend. Ich sage, der Winzer wird erst richtig gut, wenn er viel getrunken hat, viel probiert hat, viel gesehen hat, sich viele Gedanken gemacht hat, der Kopf frei ist. Und so ist es jetzt bei mir. Also das ist jetzt ein großer Schritt. Es kann sein, dass irgendwann der nächste große Schritt kommt.
Michael
00:05:31
Entscheidet denn auch die internationale Weinkritik darüber, ob man erfolgreich ist oder nicht? Also braucht man viele Punkte oder viele verkaufte Flaschen. Was ist wichtiger?
Markus
00:05:41
Viele gute Flaschen!
Michael
00:05:42
Gute Antwort.
Markus
00:05:43
Ich freue mich da natürlich, wenn wir, wenn wir da gewürdigt werden, und wir sind ja jetzt auch ausgezeichnet worden. Das ist ein Lob auch für mein Team. Die brauchen das natürlich auch. Also ich bin kritikfähig, ich nehme es auch auf, wenn jemand sagt, so und so. Es geht ja nicht immer nur um Wein, manchmal auch im privaten Bereich, dass man sagt, du hörst nicht zu und das ist ein Riesenproblem. Also das nehme ich auf, heute besser als früher, und versuche mich dann da auch zu ändern. Aber ich behaupte jetzt mal, Markus Schneider sein Leben geht auch ohne weiter. Aber es ist ja eine schöne Anerkennung für das, was wir leisten.
Tobias
00:06:20
Aber noch mal zu diesem Thema Motivation. Wir haben so ein bisschen mal recherchiert. Sowohl 2011 als auch jetzt 2021, hast du in einem Interview immer von so einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren gesprochen, in dem sich eigentlich Dinge erst wirklich verändern können. Deswegen jetzt auch noch mal zu diesem Thema, du erfindest dich neu. War das jetzt mehr oder weniger so ein spontanerer Entschluss? Also so, dass du sagtest, das habe ich dann plötzlich realisiert? Oder hast du sozusagen schon vor 20 Jahren irgendwie gedacht, das mache ich dann, aber auch erst dann?
Markus
00:06:54
Also, wenn es um mein Weingut geht, dann ist das eins meiner Kinder und da gibt es keine spontanen Entschlüsse. Also spontan entscheide ich vielleicht heute Abend, wir bleiben nicht zu Hause, sondern wir gehen essen. Aber so was entscheidet man nicht spontan, das geht nicht. Das ist auch gegen meine Natur. Da ist viel organisiert und vorgeplant. Das war wirklich ein Prozess. Es war nicht so, dass ich unzufrieden war mit der ganzen Zeit. Ist ja auch sehr erfolgreich. Das muss man ja auch mal sehen. Ich habe nur gemerkt, dass wir die Möglichkeit haben, den nächsten Schritt zu gehen. Und auch das Team wollte natürlich auch sehen, wie geht es weiter. Die haben mitgezogen. Das war dann noch viel Arbeit, viele Inspirationen, die da reingeflossen sind. Wir sind viel gereist, haben wahnsinnig viele Flaschen geöffnet und das gehört eben auch dazu. Der Koch geht essen. Was macht er, wenn er nicht in der Küche steht? Er geht essen. Oder er liegt auf der Couch oder sonst irgendwas. Aber in erster Linie geht er essen und wir gehen trinken.
Tobias
00:07:47
Aber bist du jetzt mit der neuen Stilistik näher dran an dir selbst und deinen eigenen Präferenzen? Oder hat sich das über die letzten Jahre eben durch so viele probierte Flaschen einfach mit verändert? Also das heißt, warst du immer sozusagen ehrlich bei dir mit den Weinen und der Stilistik?
Markus
00:08:04
Zu 1.000 %, bin ich auch heute noch. Nur, der Mensch verändert sich. Manche werden komisch, viele werden im Alter, man sagt ja, der wird weiser, der wird ruhiger, der wird seriöser. Und so ist es dann auch bei mir. Das eigene Trinkverhalten ändert sich. Wir müssen ein bisschen leichter werden, die Weine. Wir haben jetzt auch die Möglichkeit, ihnen mehr Zeit zu geben. Das Projekt, was wir jetzt da angefangen haben, erfordert wahnsinnig viel Zeit. Zeit in der Flasche, Zeit im Fass. Die großen Weißweine von 2020, die habe ich sonst immer schon verkauft gehabt. Heute liegen die noch auf der zweiten Hefe im Fass. Voll, kalt, gepflegt. Und es wird jetzt irgendwann abgefüllt. Aber vor 2023 im Sommer oder im Herbst kommen die nicht auf den Markt. Und das braucht Zeit. Es braucht natürlich auch das Verständnis vom Kunden. Und irgendwann haben wir gesagt So, jetzt wird es gemacht.
Michael
00:08:54
Das ist eine gute Überleitung. Ich habe mir jetzt schon Sorgen gemacht um die große Markus-Schneider-Fangemeinde. Kriegen die jetzt andere Weine und sitzen plötzlich in Sylt in der Sansibar und sagen: Den kenne ich gar nicht mehr so. Ist das ein anderer Wein? Ist das ein Schock für die? Oder ist das fast sogar ein Erziehungsauftrag?
Markus
00:09:12
Ich glaube, es ist nichts von beidem, weil ich maße mir nicht an, die Leute erziehen zu wollen, sondern sie sind ja mit uns gewachsen. Und wir haben ja vor 3 Jahren eigentlich damit begonnen, aber nie die ganze Kollektion umgestellt und sukzessive. Und ich habe gemerkt, wie die Leute darauf reagieren. Ich bin ja auch nicht draußen und habe gesagt, wir haben jetzt alles komplett umgedreht. Nein, wir haben das sukzessive klein, Klein, klein auch rausgegeben, um natürlich auch zu sehen, wie reagieren unsere Kunden, wie reagieren Sommeliers, wie reagieren die Händler und wie reagieren wir selbst? Wie zeigt sich der Wein nach vielen Monaten oder vielleicht sogar 2, 3 Jahren? Und ich glaube, wir machen hier das Fass zu groß auf. Das ist ein Entwicklungsprozess von jedem Weingut. Wir reden jetzt nur darüber.
Michael
00:09:57
Ich komme noch mal zurück auf deinen Wunsch und auf die gefühlte Notwendigkeit, sich zu verändern. Den nächsten Schritt zu machen. Wir haben ja jetzt gerade von dir eine sehr lange Führung hier bekommen, viel gehört. Aber kannst du vielleicht kurz noch mal sagen, wie sich das denn sensorisch auswirkt und was im Keller und im Weinberg vielleicht anders gemacht wird bei diesem nächsten Schritt?
Markus
00:10:17
Na ja, wir haben ja immer schon auf die Karte Frische gesetzt. Natürlich auch da, wo Aroma gefordert ist, beim Sauvignon Blanc zum Beispiel auf Aroma, und auch das immer sehr überlegt. Sauvignon Blanc Kaitui, das ist nicht die Antwort auf Neuseeland Sauvignon Blanc, dafür ist er zu exotisch. Das ist meine Antwort auf den Stil Sauvignon Blanc, den ich am liebsten mag. Eine Kombination eben aus klassisch Europa, nehmen wir die Loire, und eben Kiwi-Style aus Neuseeland. Ich denke auch, wir haben uns zum Flaggschiff entwickelt in Sachen Sauvignon Blanc. Was ihr noch nicht wisst, vielleicht haben wir auch darüber gesprochen, ich glaube aber nicht. Wir verabschieden uns vom Riesling im Basisbereich. Es werden nur noch 2, vielleicht 3 Parzellen in der Einzellage übrig bleiben und wir reduzieren. Deswegen kann man gar nicht sagen, wir haben jetzt alles komplett. Nein, wir haben kleine Stellschrauben verändert und ich glaube, das ist ein Entwicklungsschritt, den viele mitmachen. Der Koch macht das genauso. Also zusammengefasst: Es wird ein bisschen filigraner, es wird ein bisschen feiner, und wir sind auch dann, ohne dass wir es darauf anlegen, wir sind im Zeitgeist, weil am Ende des Tages weniger Alkohol, ein bisschen mehr Frische, ein bisschen mehr Durchlässigkeit. Das ist auch das, was mir selbst Spaß macht.
Tobias
00:11:33
Okay. Ja, wir kommen jetzt mal noch zu so einem etwas anders gedachten Interviewformat und wir würden dir gerne ein paar Begriffe zurufen. Du antwortest möglichst spontan. Muss jetzt keine kurze Antwort sein, aber einfach mal, ja, um zu gucken, was kommt, sozusagen. Erster Begriff: Sweetgum.
Markus
00:11:55
Gut, ich kann ja Englisch. Sweetgum?
Tobias
00:11:59
Sagt dir das was?
Markus
00:12:00
Ich bin jetzt völlig, wenn es aus der Weinwelt kommt, kenne ich nicht, muss ich sagen.
Tobias
00:12:05
Ist die Bezeichnung für einen Baum.
Markus
00:12:07
Für einen Baum? Ist ein Amberbaum. Es ist ein Liquidambar.
Tobias
00:12:12
Ich glaube, da gibt es insbesondere einen, der dir viel bedeutet, oder?
Markus
00:12:15
Ja. Das ist der Baum direkt vor dem Haus. Der Baum sieht einfach fantastisch aus. Vor allem in der Erntezeit. Und da bin ich eben am meisten draußen. Auch im Hof, jeden Tag, und sehe ihn halt jeden Tag auch sich verändern. Er fängt grün an, mit mir, quasi in der Ernte. Es geht mit Sauvignon los und er endet dann 6 Wochen später blutfeuerrot. Und ich sehe ihn, wenn ich vom Nachbarort hier rüberfahre und schaue aufs Weingut, steht er da wie ein Bengalo. Ich bin begeistert, ja, also wunderschön. Indian Summer ist da in Nordamerika eben auch für diese, für diesen Farbtupfer mit mitverantwortlich.
Michael
00:12:51
Jetzt mal etwas Dramatisches, Stichwort: 9/11 2001.
Markus
00:12:58
Ja, das ist tragisch. Also 9/11 hat die ganze Welt verändert. Das Schicksal wollte es, dass ich eben in der Stadt bin an diesem Tag. Mein Rückflug wäre gewesen, auch an dem Tag, New-York-Zeit 16:00. Und am Morgen dann sind eben die Flugzeuge da eingeschlagen. Und ich muss sagen, das hat mich, ich selbst war nicht betroffen, ich war in keiner Sekunde in Gefahr, aber es hat mich ein Stück weit geprägt. Das ist jetzt 20, 21 Jahre her. Da warst du natürlich ganz anders unterwegs. Da waren Dinge wichtig, die danach gar nicht mehr so wichtig waren.
Tobias
00:13:33
FCK?
Markus
00:13:35
Ja, da würde ich jetzt gerne Zeitreise machen.
Michael
00:13:40
Mehr als 20 Jahre.
Markus
00:13:42
In die 90er-Jahre oder sogar in die hart umkämpften 80er-Jahre. Die haben mich geprägt als Fußballfan. Ich muss jetzt sagen, ich habe zum ersten Mal Gänsehaut heute, weil ihr mit dem FCK um die Ecke kommt. Meine große Liebe außerhalb der Familie, außerhalb vom Wein ist tatsächlich mein Fußballverein, ja.
Michael
00:14:02
Das muss ich jetzt kurz erklären. Im Hintergrund von dir hängt jetzt ein Trikot mit einer Unterschrift aus einem Champions League-Finale. Wie ist das richtig?
Markus
00:14:10
Das Trikot von Mo Salah und Jürgen Klopp hat es signiert. Und das hängt neben der Karte von dem Finale. Das FCK-Trikot ist tatsächlich in Arbeit. Ich muss dazu sagen, ich hatte, 1991 war für mich der größte Erfolg von dem Verein, als wir in Köln Deutscher Meister wurden, zum Ersten Mal in der Neuzeit und ich da mit 15 Jahren stand und mitgefeiert habe. Aber ich konnte mir damals schlichtweg kein Trikot leisten. Also es ist wirklich wahr, so was gab es bei uns nicht. Das war eine Ausgabe, die war einfach zu teuer. Es wurde kein Trikot gekauft. Heute, jedes Jahr gibt es ein neues Trikot und jedes Jahr wollen die Kinder ein neues Trikot. Bei mir hieß es damals einfach Nein. Ich habe aber die Karte, die liegt tatsächlich hier, nach dem Interview zeige ich sie euch, die liegt da hinten. Meine Eintrittskarte vom 1991er Meisterschaftsspiel. Und ich habe jetzt ein Trikot gefunden aus dem Spiel, sogar ein Matchtrikot von Bernhard Winkler, der damals auch getroffen hat. Und das wird hier eingerahmt und kommt an die Wand. Ist in Arbeit, dauert ein bisschen.
Michael
00:15:15
Jürgen Klopp wäre eigentlich unsere nächste Frage gewesen, wenn wir schon nach Liverpool gucken.
Markus
00:15:19
Ja, ein toller Typ. In allen Stationen hat er sich seine Art bewahrt. Finde ich gut. Auch einer, der mit verstaubten Dingern und, das hat man ja schon immer so gemacht, sehr wenig anfangen kann. Jemand, der seine Meinung sagt, der auch heute in der Position ist. Er hat was gewonnen, er hat was vorzuweisen, er ist in der Position und kann einfach mal sagen: „Sag mal, das ist eine Scheißfrage?" oder: „Was wollt ihr denn damit?" und sich dann auch mal auch mit dem FA, mit dem Verband anlegt und sagt, also Leute, da spiele ich jetzt überhaupt nicht mit. Allein deswegen bewundere ich ihn schon und finde ihn toll und werde jetzt im Mai das letzte Heimspiel auch sehen. Gegen Tottenham an der Anfield Road, das letzte Heimspiel der Saison. Und hoffe natürlich, dass er dann vielleicht noch auf dem Weg zur Meisterschaftskurs ist. Mal schauen.
Tobias
00:16:06
Schafsbock Daniel.
Markus
00:16:09
Ja, das ist der Anführer der Schafherde im Leiwener Weinberg. Ein Quessantschaf, das ist die kleinste Schafrasse Europas, die es nicht schafft, selbst wenn sie akrobatisch sind, an die Trauben zu kommen im Weinberg, und die ganze Begrünung aber radikal, radikal kleinhalten. Und ja, der Daniel hat die Gruppe im Griff, sagen wir mal so.
Tobias
00:16:35
Weil das müssen wir ja jetzt den Hörerinnen und Hörern kurz erklären, weil wir haben jetzt gerade über die Mosel gesprochen, wir sind ja hier in der Pfalz. Sag vielleicht kurz ein paar Worte, weil da gibt es ja auch einen menschlichen Daniel, oder?
Markus
00:16:45
Ja, da gibt es einen menschlichen Daniel. Es gibt auch ein Schaf, was Markus heißt. Der Daniel Niepoort ist mittlerweile für Niepoort zuständig und lebt wieder in Portugal, hat aber einige Jahre eben auch an der Mosel gelebt und das dortige Projekt betreut und hat den Weinberg, den ich in Leuven gekauft habe, in Top-Zustand gebracht. Und ich wollte immer einen Weinberg an der Mosel haben. Ich wollte immer mal einen Riesling an der Mosel machen, aber das geht nur mit Weinberg, und habe da die perfekten Partner dafür gefunden. Wobei ich sagen muss, dass ich gerade darüber nachdenke, eventuell das Projekt sein zu lassen. Einfach aus Zeit- und Energiegründen. Corona hat viel verändert, positiv wie negativ. Bei mir ist es so, ich habe gemerkt, dass ich mich um Dinge vielleicht mehr kümmern muss, habe meine Reisen stark reduziert, bin hier viel im Weingut. Das ist meine Wiege und da führen wir gerade Gespräche, was wir machen können alternativ.
Michael
00:17:46
Ich muss noch mal auf unsere tierischen Freunde zurückkommen. Es gibt hier auch einen Camillus.
Markus
00:17:50
Ja, der führt bei uns das Regiment. Das ist unser Kater. Also auf meinem Handy sind natürlich Kinder, meine Frau, ich als Bilder. Und bevor Flaschen kommen, kommt der Kater. Also es ist Wahnsinn, wird von allen abgöttisch geliebt. Unser Sohn ist jetzt seit einer Woche Skilaufen mit der Schule und er ruft eigentlich nur an und fragt, wie es dem Kater geht und warum wir kein Bild schicken usw. Es ist Wahnsinn. Ich hätte es nie gedacht. Ich war nie der große Katzenfreund. Und dann hat meine Frau gesagt, so, demnächst haben wir eine Katze, nur dass du Bescheid weißt. Dann waren es 2, weil sie nur als Geschwisterpaar abgegeben worden sind. Und die haben es, glaube ich, bei uns ganz gut getroffen.
Tobias
00:18:30
Ja. Katzenallergiker, sage ich nur. Aber gut, anderes Thema. Wir werden noch ein bisschen privater: Mama.
Markus
00:18:38
Ja, die Mama. Das habt ihr ja vorhin gemerkt. Die Mama hat angerufen, da lasse ich alles stehen, gehe sofort ans Telefon. Ja, ich schreibe ja manchmal unter meine Posts, das ist das Einzige, was ich wirklich in diesem ganzen Social-Media-Ding gern mache bei Instagram: Mama, mir geht es gut. Das habe ich ihr immer, habe ich auch aus New York ihr mitgeteilt. Wir haben alle nur eine Mama. Die Mama ist wichtig und mir blutet immer das Herz, wenn ich woanders mitbekomme, dass kein Verhältnis da ist oder so. Das gibt es. Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich glaube, mich würde das umbringen. Ja, Mama, auch eine große Liebe.
Michael
00:19:15
Wir nennen jetzt mal ein anderes Weingut. Dr. Bürklin-Wolf.
Markus
00:19:19
Ja, jetzt kommt die nächste große Liebe. Mein Ausbildungsbetrieb, ohne den ich nicht da wäre, wo ich heute bin, weil ich glaube, den Einstieg nicht so perfekt hinbekommen hätte in den Beruf überhaupt. Ich hätte vielleicht aufgehört, wenn ich woanders gewesen wäre. Bürklin-Wolf, ganz fester Platz in meinem Herzen, in meinem Weinkeller und auch nach wie vor ein enger und sehr freundschaftlicher Kontakt.
Tobias
00:19:45
Südafrika.
Markus
00:19:47
Meine zweite Heimat, meine zweite Heimat. Und mit mit Danie habe ich da einen Partner vor Ort, der heute zu einem meiner allerengsten Freunden zählt. Ganz fantastische Menschen, ein wunderschönes Land mit allen Problemen, die da sind. Wir versuchen da auch in unseren Möglichkeiten, die wir haben, zu helfen, was zu verändern. Wenn irgendwo Not am Mann ist und ich bekomme es mit, wird auch investiert in soziale Geschichten. Ja, ganz toller Platz zum Weinmachen und ich freue mich, war jetzt 2 Jahre nicht da, Corona-bedingt. Entweder waren wir im Lockdown oder die im Lockdown durch die gegensätzliche Jahreszeiten. Jetzt ist es geplant, im April zu fliegen mit der Familie. Ich nehme sie alle mit und jetzt drücken wir natürlich die Daumen, dass es funktioniert.
Michael
00:20:35
Wer wird Millionär?
Markus
00:20:38
Ja, da hat der Günther Jauch, da hat er damals einen vom Stapel gelassen, bzw. einer der Kandidaten. Wir kannten uns damals noch nicht. Später haben wir uns kennengelernt, weil er eben auch Winzer ist oder damals werden wollte. Und da hat er mich nach Potsdam eingeladen. Und als wir uns gesehen haben, hat er gesagt, das war damals was, ne? Ich konnte ihn gar nicht stoppen. Er wollte unbedingt über das Weingut erzählen. Das war eine tolle Sache. Das sind so Geschenke, die man gemacht bekommt. Das kannst du nicht erzwingen, das kannst du nicht initiieren, das passiert einfach.
Tobias
00:21:09
Jetzt sind die Zuhörerinnen und Zuhörer sehr gespannt, weil wir haben noch nicht verraten, was überhaupt passiert ist.
Markus
00:21:14
Ja, es war ein Kandidat da, der um viel Geld irgendwann gespielt hat. Am Anfang war das so Einstieg, langsam, und wir haben es geguckt an dem Abend, oder meine Frau hat es geguckt, ich habe gelesen, und dann hat sie gesagt: „Schau mal da, das ist ja ein netter Mann, der ist witzig". Und irgendwann habe ich dann mein Buch weggelegt und habe reingeguckt in den Fernseher und gesagt: Mensch, ja, der ist supersympathisch. Und er hat sich da so ein bisschen hingezockt. Manche wissen ja, sind 100 % überzeugt und er hat auch alle Joker gebraucht und hat dann tatsächlich diese 100, was sind es, 125.000, glaube ich, hat er tatsächlich gewonnen, ist dann ausgestiegen, vernünftigerweise. Und dann waren natürlich alle gespannt, weil er vorher alle Fragen abgelehnt hat. Für was ist denn jetzt der Gewinn gedacht? Und dann hat Günther Jauch dann eben diese Frage gestellt. „ Na, jetzt sagen Sie mal, für was ist es denn?" und da sagt er: „Ich fahre zu Markus Schneider in die Pfalz, nach Ellerstadt und gehe erst mal ganz groß einkaufen". Da war natürlich Höhe, paar Tage später kam per Post, es kamen in der Nacht noch E-Mails, unser Server ist abgeschmiert. Es war wahnsinnig viel los. Da bin ich ein Glückskind. Ich glaube, das hat irgendwas dann, vielleicht habe ich mir es ein Stück weit verdient, dass es auch mal so was dann gut ausgeht für einen.
Tobias
00:22:36
Ja, das so zu sehen ist, glaube ich, gesund. Hast du ihn dann noch kennengelernt?
Markus
00:22:39
Ja, ja, ich habe ihn kennengelernt. Wir haben uns seitdem auch ein paarmal gesehen und Günther Jauch dann eben auch später durch diese Weingeschichte. Und Günther sehe ich dann auch jetzt noch häufiger. Wir haben es nicht immer davon, aber immer mal wieder kommen wir darauf zu sprechen, ja.
Tobias
00:22:54
Du hast sie eben schon genannt, Caro.
Markus
00:22:57
Jetzt sind wir bei der ganz großen Liebe. Ja, meine Frau, die ich in Berlin im Schlosshotel Grunewald bei einer Küchenparty kennengelernt habe. Sie war da für Weingut Robert Weil aus Kiedrich und ich eben für mein Haus. Sie hat mir gleich gefallen, von Anfang an. Ich glaube, sie hat es auch gemerkt, hat aber so gemacht, als wenn sie es nicht merkt. Und dann habe ich mich ein bisschen bemüht und von meiner besten Seite gezeigt. Ja, jetzt sind wir ein Paar seit 2004 im Frühling. Läuft gut, mal gut, mal schlecht. Wie das bei allen so ist. Das haben wir. Aber das ist, jetzt haben wir wieder Entwicklung. Menschen entwickeln sich, uns geht es gerade wunderbar. Auch Corona hat dann auch das jetzt wieder mir gezeigt, ich konnte von heute auf morgen nicht mehr reisen. Nicht nur weniger, sondern gar nicht mehr. Ich war zu Hause und da habe ich gemerkt, was ich eigentlich auch teilweise verpasst habe, auch bei den Kindern. Und mich ins Flugzeug zu bekommen oder zu irgendeiner Veranstaltung, das wird schwierig.
Tobias
00:23:58
Einsamer-Insel-Wein.
Markus
00:24:01
Oh Jesus. Das ist eine Frage, die muss ich ablehnen, weil ich darf nur einen - wenn wir jetzt den Rahmen anders stecken, ich bin 2 Tage auf einer einsamen Insel und kann mir 6 Weine aussuchen, dann können wir drüber reden. Aber mit einer Flasche, die werde ich dann nicht öffnen. Oder ich, das funktioniert so nicht.
Tobias
00:24:19
Aber nehmen wir mal an, eine Flasche. Aber davon irgendwie so ordentlich Nachschub.
Markus
00:24:25
Es gibt einen Klimaschrank oder Keller auf der Insel.
Tobias
00:24:28
Natürlich, natürlich. Unterirdischer Keller.
Markus
00:24:30
Wow, das ist megaschwer.
Tobias
00:24:31
Nur voll mit der einen Flasche.
Markus
00:24:33
Jetzt kommen wir zum nächsten Problem: Einen Wein zu benennen, das ist unmöglich. Dafür gibt es viel zu viele Weine, an denen mein Herz hängt. Und es müssen nicht wahnsinnig teure Weine sein. Das können auch ganz kleine Alltagsweine sein. Ganz schwer.
Tobias
00:24:47
Dann machen wir es mal andersrum: Was war jetzt die letzte Flasche, die dich total weggeflasht hat?
Markus
00:24:52
Boah.
Tobias
00:24:54
Auch schwer.
Markus
00:24:56
Nein, nein, nein, nein, nein. Das war. Ich muss sagen, das war vorgestern. Ja, frei raus, war vorgestern in Berlin bei meinem Freund Martin Pelz. In seinem Weinladen hat er mir eine Flasche Palmer Weiß geöffnet. Die war jetzt nicht so spektakulär gut, weil sie so gut wie nicht zu bekommen ist. Ich habe vorher schon den einen oder anderen Palmer Weiß getrunken. Es war ein Erlebnis. Es ist so, so gut. Wir hatten vorher andere Weißweine. Und das ist eine Kombination aus Sauvignon Blanc, Semillon, Muscadet und noch mal eine Rebsorte, die ich vergessen habe, die aber superselten ist und ungewöhnlich für die Region dort. Es war perfekt kombiniert, es war fantastisch. Also das ist so das, was mich jetzt in, sagen wir, den letzten 3 Tagen wahnsinnig geflasht hat. Ich habe den Wein sogar im Keller, habe sie nicht geöffnet, meine 2 Flaschen, die ich bekommen habe und, toller Wein.
Tobias
00:25:57
Cool. Herzlichen Dank für die Zeit und für die Zeit, die du dir vor allem auch für uns genommen hast. Es war eine große Ehre, dass wir jetzt, wie du sagtest, die Ersten gewesen sind, die hier deine neuen Weine verkosten durften. Super, vielen, lieben Dank.
Markus
00:26:13
Toll, dass ihr da wart. Danke.
Tobias
00:26:15
Und vielleicht hörst auch du dann zu, wenn es beim nächsten Mal wieder heißt: Bei Anruf.
Markus
00:26:21
Wein.