Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Portwein: keine Rocket Science!

13.12.2022 31 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Für die einen zu angestaubt, für andere zu kompliziert, mit zu viel Süße und Alkohol obendrein. Portwein? Michael und Tobias räumen in dieser Folge mit diesen Vorurteilen auf und legen einen kleinen Portwein-Grundkurs vor. Unterstützung erhalten sie dabei von Axel Probst, dem Portwein-Experten schlechthin. Über die Mosel auf Anabolika und sensorische Offenbarungen nach 85 Jahren. Nach dieser Folge heißt es hoffentlich auch für alle Hörerinnen und Hörer: ob Tawny, Ruby, LBV oder Vintage – Hauptsache Port!


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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Bei Portwein denken viele an alte, silberhaarige Herren, die Zigarre rauchend vor einem flackernden Kamin in einem englischen Salon sitzen. Michael und ich sehen das anders. Und wir werden in dieser Folge eine Lanze für das ganz und gar nicht angestaubte Thema brechen. Für eine Art Portweingrundkurs-Podcastfolge sind wir auf eine Portweinmesse gefahren und haben mit dem deutschen Portwein-Experten schlechthin gesprochen. Der hat danach übrigens sofort den Bei Anruf Wein-Podcast abonniert und bewertet. Macht das doch bitte auch, ja? Und jetzt lasst euch in die Welt des Portweins entführen, im Übrigen eines von Michaels Lieblingsthemen. Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:05
Bom Dia, Tobias. Willkommen im portugiesischen Douro-Tal. Willkommen im rubinrot und goldbraun funkelnden Reich des Portweins. Schön, dass du da bist. Und vielleicht komm doch mit raus auf die Terrasse. Die haben hier einen wunderbaren Late Bottled Vintage.
Tobias
00:01:25
Ach ja, schön wär's. Ja, Also gerade bei den aktuellen Temperaturen in unseren Breiten. Aber man muss ja auch sagen, wenn es dieses Jahr zwar auch nicht für einen Trip nach Porto und ins schöne Douro-Tal gereicht hat, außergewöhnlichen Portwein hatten wir trotzdem im Glas, denn wir waren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, auf einer Portweinmesse unterwegs und konnten unsere theoretischen und, ja, auch praktischen Kenntnisse noch mal ein bisschen auffrischen.
Michael
00:01:54
Nein, nein, nein. Nur damit ihr das jetzt nicht falsch versteht: Wir haben nicht nur Portwein getrunken, dass ausgerechnet ich das jetzt sagen muss. Peinlich, aber egal. Ne, wir haben gearbeitet, wir haben für Bei Anruf Wein gearbeitet, recherchiert und mit dem deutschen Portweinexperten überhaupt gesprochen, nämlich mit Axel Probst. Also ich sag mal, es gibt keinen besseren, um für den Genuss von Portwein kenntnisreich zu werben.
Tobias
00:02:21
Ja, also für mich ist Axel Probst sogar einer der ganz großen Portweinkenner weltweit. Ja, er ist außerdem noch Buchautor, er ist Botschafter offiziell, ja, des Portweininstituts. Und eine noch seltenere Ehre eigentlich: Er ist Mitglied der Portweinbruderschaft. Das ist eigentlich kaum ein Ausländer außerhalb des Portweinhandels, und deren Kanzler, George Sandeman, den haben wir auch auf der Portweinmesse getroffen. Ihr könnt ja mal auf die Social-Media-Kanäle von Weinfreunde klicken. Da müsste eigentlich ein Foto von uns mit dem Kanzler der Portweinbruderschaft zu finden sein. Der trägt nämlich dann auch so ein ganz offizielles Gewand. Wie nennt man das noch? Irgendwie Ornat oder so was?
Michael
00:03:11
Ornat würde ich auch sagen, ja.
Tobias
00:03:12
Ne? Mit so einer sehr aufwendigen Halskette. Und mit diesem Kanzler George Sandeman gab es dann sogar noch eine Verkostung von Vintage Ports der Jahrgänge 1982 bis 2017. Ja, und das waren alles Portweine, die von dieser Portweinbruderschaft exklusiv gemacht wurden. Ja, die schaffen es eigentlich kaum irgendwie ans Tageslicht einer offiziellen Verkostung. Also das war schon eine ziemlich coole Erfahrung, fand ich.
Michael
00:03:43
Ja, ja, ja, aber langsam, bitte, langsam. Also, ich sehe, du gerätst ins Schwärmen. Ist mir total sympathisch. Aber traurigerweise muss man ja eines vorab sagen: Mit Portwein kennt sich kaum noch einer aus, ja? Das scheitert bei den meisten ja selbst bei wohlwollender Annäherung ans Regal ja schon an den Begriffen auf dem Etikett. Seien wir mal ehrlich. Tawny Port und Ruby Port und Vintage Port, Colheita. Also da ist schon so ein bisschen Vorwissen gefragt.
Tobias
00:04:17
Ja, und das hat natürlich auch Axel Probst erkannt, ja, wobei man ja auch sagen muss, ob bei Stillwein oder Champagner, bei dem ganzen Thema Spirituosen, da ist es ja eigentlich auch nicht anders. Also, und da haben wir ja ein O-Ton von Axel mal mitgebracht.
Axel
00:04:33
Es sind ja wirklich nur 5 bis maximal 10 Vokabeln, die man können muss, die mal hoch und runter von der Hierarchie und von der horizontalen Linie verstehen muss. Und dann kann man Port eigentlich. Also es ist keine Rocket Science, aber es ist jetzt auch, es erschließt sich einem auch nicht automatisch. Das muss schon einmal, finde ich, strukturiert erklärt werden. Aber dann glaube ich, sitzt es auch.
Tobias
00:04:53
Na gut, Michael, dann würde ich doch sagen, fangen wir mal mit den Vokabeln, wie das Axel genannt hat, fangen wir doch erst mal an. Du hast ja eben schon von Ruby Port und Tawny Port gesprochen. Und auch die Anspielung auf die Farben, die den beiden Begriffen zugrunde liegen, hatte ich ja bei dir schon ganz am Anfang aufgeschnappt. Dann erklär doch jetzt auch einfach mal den Unterschied.
Michael
00:05:16
Also fangen wir mal ganz einfach an. Wir reden jetzt nur über klassischen roten Portwein, damit das jetzt irgendwie mal klar ist. Und da muss man eigentlich 2 Dinge unterscheiden. Das eine ist dieser Ruby Port, wegen der Farbe, Rubin Port kann man das übersetzen, oder eben Tawny Ports. Und jetzt muss man sich fragen, was macht den Unterschied? Und den Unterschied macht eben nicht die Herstellung. Die werden prinzipiell genau auf dieselbe Art und Weise hergestellt. Das ist es nicht. Der Unterschied macht sich erst später bekannt. Und zwar, erstmal nach der Vinifikation landen die alle im Fass. Aber wann kommen die auf die Flasche? Das ist jetzt das entscheidende Kriterium. Und da kann man eben sagen, bei diesen Ruby Ports, ja, die kommen schnell auf die Flasche, und die Tawny Ports kommen spät auf die Flasche und verbringen ganz viel Zeit im Fass vorher. Ja, also die einen setzen dann eher auf früh auf die Flasche und dort reifen oder direkt trinkfertig sein und die anderen bleiben lange im Fass. Das sind die beiden Eselsbrücken. Also, um jetzt mal so Zahlen zu nennen, wenn ich das richtig im Kopf habe, bei so einem normalen Ruby Port, der ist nur 2, 3 Jahre im Fass und kommt dann auf die Flasche. So, Tawny Ports, das kennt man, da guckt man auf so ein Etikett und dann steht da 10, 20, 30, 40, neuerdings auch 50 Jahre, das sind Tawny Ports. Da weiß man halt, die waren diese Zeit im Fass und sind erst vor kurzem abgefüllt worden. Und ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, auf der Messe, wir haben so einen 50-jährigen Tawny getrunken. Also das war schon ein Erlebnis. Aber okay, jetzt noch mal pädagogischer, Entschuldigung, ich habe mich verloren in aller Begeisterung. Tawny Port heißt das Stichwort eher fassgereift. Ruby Ports, da heißt das Stichwort eher flaschengereift oder schnell auf die Flasche gefüllt. Und wenn man diese beiden Kategorien einmal sortiert hat im Kopf, kann man eigentlich alle anderen Begriffe dem unterordnen.
Tobias
00:07:21
Ja, super. Also die Eselsbrücke mit Flaschenreife und Fassreife finde ich hervorragend. Ja, man muss natürlich dann schon trotzdem noch mal genauer hinschauen. Du hattest es ja erwähnt mit den verschiedenen Jahreszahlen usw., aber wir können jetzt einfach mal so eine Art Vokabeltest machen. Also ich bitte dich jetzt mal mehr zum LBV oder LBV oder eben Late Bottled Vintage Port zu sagen.
Michael
00:07:48
Okay, ich bin ja alter Lateiner, du weißt das ja schon, und ich würde das jetzt mal wie so einen lateinischen Satz gerne aufschlüsseln wollen, ne? Late Bottled, da liegt die Flaschenreife ja jetzt nicht fern. Wir wissen also, er zählt zu den Ruby Ports. So, das nächste: Late. Was bedeutet jetzt dieses Late? Wenn man das mal locker sich so vorstellt, dann heißt es, dieser Portwein hat gerade noch den Absprung geschafft, ja, zu den Ruby Ports, der ist gerade noch spät auf die Flasche gekommen. Ansonsten wäre er nämlich im Fass geblieben und ein Tawny Port geworden, ja? Also haben wir schon mal Late Bottled jetzt. Vintage. Vintage ist eigentlich relativ einfach, das verstehen wir noch am ehesten. Die Trauben für diesen Portwein kommen alle aus einem Jahr. So, aber was heißt das? Das zum Beispiel ist ein indirekter Hinweis auf die Güte des Portweins. Warum? Dass man einen Portwein aus Trauben nur eines Jahres macht, ist eigentlich ungewöhnlich. Portweine werden auch jahrgangsübergreifend verschnitten. Ja, das passiert natürlich nur in besonders guten Jahren. Das heißt, so ein LBV ist immer auch ein Indikator dafür: passables Jahr am Douro.
Tobias
00:09:08
Ja, also genau so ist es, ja. Ich bin stolz auf dich. Vokabeltest mit 1+ und Sternchen usw. bestanden. Und da fällt mir jetzt im Grunde genommen noch eine 2. Eselsbrücke ein. Du hast ja gesagt, Tawny Port bis zu 50 Jahre im Fass. Ja, also bei dieser Kategorie ist die Fassreife wirklich ein absolutes Qualitätskriterium. Bei den Ruby Ports eigentlich eher nicht so, oder? Es ist eher die Flaschenreife, die dann den Unterschied macht. Und da steige ich jetzt vielleicht mal ein, indem ich das Thema Vintage Port erkläre. Also richtig gehört, ganz ohne Late Bottled. Ja, und da muss man dazusagen, Vintage Port ist eigentlich die Königsdisziplin in Sachen Portwein. Ist auch einfach noch prestigeträchtiger als Tawny Port. Die Portweinhäuser, die erklären dann einen Jahrgang zu einem Vintage-Port-Jahrgang oder halt eben auch nicht. Und die Portweinhäuser dürfen dann eben einen Vintage Port produzieren. Also logisch demnach auch, auch ein Vintage Port ist jahrgangsrein, kommt aber dann interessanterweise, und da sind wir jetzt wieder an dem Punkt, schon nach 2 bis 3 Jahren in die Flasche. Ja und ja, da kann er dann Jahrzehnte, teilweise Jahrhunderte lang weiterreifen, weil natürlich das Ausgangsmaterial, ja also der eigentliche Portwein, so eine hohe Güte hat, ja, dass diese lange Reifezeit einfach möglich ist. Und das hat dann wirklich nichts mit Fassreife zu tun, wie wir das ja eigentlich auch von normalem Wein kennen. Also denkt mal an Crianza, Reserva, Gran Reserva. Wir hatten es ja jetzt erst in der Ribera del Duero-Folge. Ja, das spielt hier tatsächlich keine große Rolle. So, und wenn man jetzt so ein Vintage Port gekauft hat, ich sage jetzt mal aus einem aktuellen Jahrgang, dann sagt man eigentlich, 20 Jahre kann man sich ohne Problem Zeit lassen, bevor man mal einen Schluck probiert. Also zumindest, wenn man den Engländern glauben darf. Die sagen nämlich, wait for it, warte mal, ich hatte mir das hier noch irgendwo aufgeschrieben, damit ich es jetzt auch richtig vorlese. Ah ja, genau hier: After 19 years, you can tell the men from the boys. Ist doch klasse, oder?
Michael
00:11:26
Ja, aber vielleicht hören wir doch an der Stelle noch einmal den Experten, der uns was zu Late Bottled Vintage und Vintage sagt. Denn Axel Probst empfiehlt ja gerade den Late Bottled Vintage, den LBV, für Portweineinsteiger. Und das macht er mit so einem gewissen Hintersinn. Und Achtung: Alle aus der Rotweinfraktion müssen jetzt genau zuhören, was er sagt.
Axel
00:11:49
Ich denke, es ist relativ einfach: Late Bottled auch wirklich, weil er leichter gebottled wird. Also wirklich, der Name ist da Programm, denn Vintage Port wird normalerweise nach 2, ganz selten nach 3 Jahren auf die Flasche gefüllt. Normalerweise ungefiltert. Das sind die ganz großen Weine, die eben bis zu 100 Jahre in der Flasche reifen können und dürfen, hoffentlich, und die dann auch wirklich eine Sensorik entwickeln, die man vielleicht noch bei ganz großen alten Burgundern oder Bordeauxs findet, aber sonst fast nirgendwo mehr auf dem Weinplaneten. Und das eben im Vergleich zu Burgund und Bordeaux für relativ erschwingliches Geld, immer noch. Und der Late Bottled Vintage ist einfach die etwas einfachere, direkt trinkbare Variante, die aber einem jungen Vintage Port häufig wenig nachsteht, sondern eben tatsächlich eine ähnliche Sensorik bietet mit etwas weniger Tannin, etwas weniger Farbstoff und durch die 4 Jahre Reifung in irgendwelchen ganz großen Fässern oder zum Teil auch in den Stahltanks, ist der Wein an sich schon etwas weiter fortgeschritten, etwas gefälliger von der Sensorik her. Deswegen wäre das eben auch mein Einstiegstipp, weil das tatsächlich, ein junger Vintage Port ist schon ein Anspruch, weil das schon, genauso wie ein junger Bordeaux, das sind sehr kräftige Weine, die sich natürlich in den Jahren, Jahrzehnten der Lagerung noch erheblich verändern. Aber der Late Bottled Vintage ist eben auch zum direkten Genuss abgefüllt worden. Und das ist halt wirklich für mich ein Wein, wenn man den aufmacht, dann ist die Flasche auch mit mehreren Leuten relativ schnell leer und dann sagt man war doch nicht so schlimm, oder?
Tobias
00:13:05
„Sofort zum Genießen vorgesehen", ja, also jetzt wird mir deine Late-Bottled-Vintage-Vorliebe irgendwie klar. Und ja, Vintage passt ja so oder so zu dir. Wobei man ja sagen muss, also die Portweinwelt meint es ja sehr, sehr gut mit dir, lieber Michael, denn du erinnerst dich bestimmt an den Colheita aus dem Jahrgang 1937. Ja, der war tatsächlich knapp, also nur knapp natürlich, älter als du sogar. Ja, und dafür noch bestens in Form. Da kann man nur sagen, geht doch.
Michael
00:13:40
Ja, ja, ja, aber bitte. Also erstens hast du davon gar keine Ahnung und zweitens, ein bisschen mehr Respekt. Also zumindest vor diesem 1937er Colheita. Und jetzt noch mal zum Vokabeltest, zum Einordnen - Achtung - war ja lange im Fass, ist also ein Tawny Port Fassreife-Kategorie. Und hat er jetzt gemeinsam mit dem Late Bottled Vintage und mit dem Vintage Port, es ist ein jahrgangsreiner Port, nur anders. Man muss sich das so vorstellen: Dieser Portwein, den wir da getrunken haben, der ist 1937 entstanden und ist dann abgewandert ins Fass. Ja, und kurz bevor er auf die Flasche gekommen ist, hat er auch nichts anderes gesehen als dieses Fass. Der war die ganze Zeit darin. Und da kann man sich vorstellen, das ist schon richtig großes Kino.
Tobias
00:14:30
Allerdings.
Michael
00:14:30
Und es hat noch einen pragmatischen Vorteil, denn die werden halt aus dem Fass genommen und dabei auch noch mal gecheckt auf ihre Qualität hin. Klar, ist ja eine Zeit lang, die die da verbracht haben. Heißt aber im Umkehrschluss, du hast überhaupt keine Scherereien mit schlechten oder schlecht gelagerten Flaschen. Der Wein ist töfte in Form und, na ja, ich würde an der Stelle formulieren, der ist irgendwie auch perfekt, um ihn sofort zu genießen.
Tobias
00:14:58
Ja und wer will denn auch noch mal 85 Jahre warten? Ja, aber jetzt lass mich noch mal schnell was zu dem Begriff Colheita sagen, denn das bedeutet ja einfach „Ernte" und bezeichnet damit beim Tawny die von dir genannte Jahrgangsreinheit. Ein Port aus einer Ernte sozusagen. So, jetzt müssen wir aber noch mal zu einem ziemlich wichtigen Thema kommen, weil das auch hier unter deutschen Weinfreundinnen und Weinfreunden immer wieder zur Sprache kommt, nämlich das Thema Alkoholgehalt. Ja, denn 20 %, da sagen dann viele, oh je, das ist aber viel, ne? Also dich schreckt das natürlich nicht, logisch. Und zudem, wenn man jetzt sich an unsere Folge erinnert „Alkohol im Wein" und wie kommt der da eigentlich rein usw., dann werden sich jetzt auch einige fragen: ja Moment mal, 20 % Alkohol und Wein? So viele Umdrehungen können eigentlich gar nicht durch die alkoholische Gärung auf natürliche Art und Weise sozusagen entstehen. Und genau, richtig. Ja, denn Portwein zählt zu den verstärkten oder auch gespriteten Weinen. Das ist irgendwie so eine Begrifflichkeit, die hört sich ein bisschen schlimm an. Ich denke immer so an Tankstelle Superplus mit 98 Oktan oder so.
Michael
00:16:20
20 Oktan bitte, 20 Oktan.
Tobias
00:16:22
Genau.
Michael
00:16:24
Ja, ich finde den Begriff auch irgendwie schwierig, aber nun denn, das ist der traditionelle Begriff eben für diese Sache. Aber gemeint ist im Kern eigentlich damit das Besondere an der Portweinerzeugung. Ja, und da spielt eben Branntwein., Sprit, gespritet, verstärkt, das spielt auf den Branntwein ein, eine ungeheure Rolle. Und der Branntwein bringt auch eigentlich die Promille ins Spiel. Es ist nicht der Wein selber, der das tut, es ist tatsächlich der Branntwein. Und aufgrund dieses Faktums gefällt mir eigentlich auch besser von einem angereicherten, also der gewinnt ja was dadurch, von einem angereicherten Wein zu sprechen und nicht von einem verstärkten Wein. Aber nun denn, ja, das nur mal so am Rande. Aber vielleicht, lieber Tobias, sag uns doch generell mal was zu der Herstellung. Wo kommt denn jetzt plötzlich dieser Branntwein her? Und vor allen Dingen: Wie schafft es ein Portwein, süße, Säure und Alkohol so ausgeglichen unter einen Hut zu bringen?
Tobias
00:17:29
Ja, das mache ich natürlich sehr gerne. Jetzt hast du sogar gerade die Frage gestellt: Wo kommt der Branntwein eigentlich her? Finde ich ziemlich interessant, denn dieser Branntwein, der kommt gar nicht aus Portugal, ne?
Michael
00:17:41
Nein, der geringere Teil, der größte Teil kommt tatsächlich aus Spanien. Aber ich warne noch mal, Branntwein, es geht tatsächlich hier eher um den Alkohol und die Wirkung des Alkohols. Es geht hier nicht um Brandy, um geschmackliche Qualitäten. Ja, das ist ganz wichtig. Aber das versteht man besser, wenn man wirklich weiß, wie macht man denn jetzt eigentlich?
Tobias
00:18:03
na ja, ja.
Michael
00:18:04
Tobias drückt sich hier nicht um die Frage.
Tobias
00:18:06
Okay, ich lege mal los. Und das versuchen wir jetzt auch so, ja, möglichst kompakt mal zu machen. Ich lasse daher weg, dass etwa round about 30 Rebsorten, durchgehend autochthone, also die, die aus dem Douro-Tal auch stammen, für die Portweinherstellung zugelassen sind. Wir vernachlässigen auch mal die unterschiedlichen Zonen des Anbaugebiets und wie beeindruckend unterschiedlich auch Bodenstruktur und Mikroklimata in der Gegend ist. Ja, also Portwein, halten wir jetzt mal fest, wird zunächst einmal ganz normal als Wein vinifiziert. Ja, also. Ja, gut.
Michael
00:18:46
Das hast du aber lange jetzt für gebraucht.
Tobias
00:18:47
Ja, ja, ja. Und vor allem muss man es schon wieder auch so ein bisschen einschränken, weil so ganz normal ist es auch nicht. Denn die romantischen Vorstellungen, die so der ein oder andere hat, die treffen tatsächlich bei der Herstellung des Portweingrundweins zu, denn die Trauben werden wirklich noch bei vielen Produzenten mit den Füßen gepresst, gestampft in so ganz großen Steinbecken, Lagares heißen die, und das machen die, weil einfach diese Pressung extrem sanft ist. Also die Beerenhaut oder die Beeren selber platzen dann nicht so ganz ungestüm auf, denn unsere Fußsohlen sind eben sehr, sehr sanft und das geht einfach deutlich schonender als mit einer herkömmlichen Presse. Aber ja, jetzt bin ich doch schon wieder irgendwie ins Detail abgedriftet. Ich hoffe, du verzeihst mir, Michael.
Michael
00:19:38
Bitte zurück, Bitte zurück!
Tobias
00:19:39
Ja, ja, nochmal: Der Portgrundwein wird wie normaler Rotwein gemacht, aber jetzt kommt's, die alkoholische Gärung, die wird dann mithilfe von Branntwein gestoppt. Ja, also die Hefen, die in dem Most eigentlich dabei sind, den Zucker aufzufressen und daraus Alkohol zu machen, die werden durch den Branntwein gekillt, sozusagen. Und Effekt ist: Die Süße bleibt erst mal erhalten. Also das heißt, der Zucker ist nicht komplett in Alkohol umgewandelt, der Branntwein stoppt diesen ganzen Prozess. Ja, und du hast eben auch noch von Säure gesprochen. Die ist eigentlich immer auch in einem sehr, sehr guten Maße noch enthalten, denn darauf wird bei der Reife der Trauben schon sehr stark geachtet. Man braucht ja auch gar nicht übermäßig reife Trauben, weil ja, für den Alkoholgehalt ist eben der Branntwein zuständig. So, habe ich jetzt noch irgendwas vergessen oder habe ich deine Frage beantwortet?
Michael
00:20:43
Ne, ne, alles bestens. Aber das war mir jetzt noch mal wichtig. Ich will ja heute hier so einen kleinen Portweingrundkurs draus machen. Wir wissen jetzt, wie der Portwein entsteht. Wir wissen, es gibt diese beiden Kategorien, Tawny und Ruby. Die einen eher fass-, die anderen eher flaschengereift. So, was fehlt uns denn jetzt noch, um den richtigen Portwein zu kaufen? Weißt du, ich war ja bemüht, es ganz einfach zu tun, und habe den Axel dann noch mal gefragt: Gibt es eigentlich irgendeinen Portweinerzeuger, den du besonders empfehlen kannst? Und wenn ja.
Tobias
00:21:16
Ja, so einen Praxistipp ne? Also das finde ich eine gute Idee, denn er hatte ja vorhin schon gesagt, Ruby Port ist eigentlich genau der richtige Einstieg für Anfänger. Und ja, das finde ich eine gute Idee.
Michael
00:21:27
So, also weil es ja auch ganz viele Hersteller gibt und ganz viele namhafte und wir wollen auch gar keinen bevorzugen, aber wir haben den Axel gefragt und was der Axel sagt, das hat Hand und Fuß. Hört einfach mal zu.
Axel
00:21:39
Ich denke, das liegt hauptsächlich daran, dass Fonseca über die Jahrzehnte eine wahnsinnige Konstanz an guten Vintage-Port-Qualitäten hat. Also ich habe das große Glück, dass ich schon eigentlich in fast allen, oder eigentlich in allen, großen Jahrgängen schon Horizontalen mitgemacht habe oder in Vertikalen die verschiedenen Jahrgänge durchgetrunken habe. Und da merkt man einfach, ich glaube, der älteste war von 1948, den wir da getrunken haben. Und wenn man sich dann so durch die Jahrzehnte trinkt, dann merkt man natürlich, wie sich die Weine stilistisch dann verändern, weil sie einfach jünger sind. Aber man erfährt eben auch eine gewisse Ähnlichkeit der Weine über die Jahrzehnte und man versteht dann auch, wenn man das ein paar Mal auch mit anderen Marken gemacht hat, dass es in vielen anderen Marken tatsächlich Bereiche gibt oder oder Zeiträume gibt, wo die Marken nicht so stark sind. Aber bei Fonseca ist es eben tatsächlich so, dass die Qualitätskonstanz über die Jahrzehnte erheblich ist. Also mir fällt kein Hersteller ein, den ich jetzt ad hoc benennen würde, der eine bessere Qualitätskonstanz halt hat. Das ist alles wirklich, wirklich gut.
Tobias
00:22:35
Und ich meine, mal ganz ernsthaft, also wir sind zwar 2 kleine Portweinlichter, aber unser Besuch am Stand von Fonseca hat ja auch für uns überhaupt keine Zweifel hinterlassen, dass da Qualität wirklich großgeschrieben wird. Aber vielleicht noch mal eine Spur grundsätzlicher und noch einmal auch aus Axels Mund. Ja, denn der hat uns auch erklärt, warum Portwein einfach für jeden mal an der Reihe sein sollte.
Axel
00:23:05
Also erste Antwort ist: Port liefert ab. Ich kenne wirklich keinen Weinliebhaber, der halt einen anständigen Portwein auf der dementsprechenden Temperatur, das möchte ich hier auch noch mal betonen, serviert bekommt. Portwein hat 20 % Alkohol +/-1 Prozent, ist normalerweise aber wirklich Strich 20, und diese 20 % überlagern jegliche Sensorik, wenn ich ihn zu warm serviere. Das heißt, ein Vintage Port wird gerne bei 16 Grad getrunken. Es gibt ja auch diesen Spruch in Deutschland Rotwein bei Zimmertemperatur. Der kommt aus der Zeit, wo wir 16 Grad hatten. Das ist wirklich ein großer Fehler, dass Portwein normalerweise falsch serviert wird. Wenn man den anständig, in einer anständigen Temperatur, eine gute Qualität trinkt, wo auch die Flasche nicht so lange offen ist. Wir haben ja tatsächlich einen Vorteil, ist es auch noch das Wort „Wein" mit drin, behandelt den bitte wie einen Wein, es ist ein Portwein. Hält ein bisschen länger in der Luft, aber trotzdem, wenn ihr den wie einen Rotwein behandelt, tut er dem Wein, gerade den Rubys, den Vintages Ports, Late Bottled Vintage Ports, auf jeden Fall, wird er dem eher gerecht. Und wenn man so was mal getrunken hat und man lässt sich auf so was ein, versteht man das. Die meisten ziehen zuerst die Augenbraue hoch, wenn es um Süßweine geht. Robert Mondavi hat mal gesagt: Ein guter Süßwein fängt süß an, hört aber trocken auf. Bei den guten Portwein ist es auch so, genauso wie bei den guten restsüßen Riesling. Wenn ich so was mal anständig serviert bekomme aus einer guten Qualität, dann bleibe ich dabei. Also jeder Weinfreund, der eben einen anständigen Portwein mal aufgemacht hat, versteht das und versteht auch die Komplexität. Und ich habe das große Glück, dass ich wirklich auch schon alte Bordeauxs und alte Burgunder getrunken habe. Die können das auch, also die können mich auch begeistern, aber leider für den 10-fachen Preis.
Michael
00:24:28
Ja, wer will diesem Mann an der Stelle widersprechen? Also ich zumindest nicht. Und jetzt nur mal so: Weihnachten steht vor der Tür. Und übrigens, das ist die letzte Folge von Bei Anruf Wein vor dem Heiligabend, ja? Ja,m jetzt kommt aber für euch so eine Art Promo-Einsatz von mir. Das müsst ihr euch jetzt antun. Ich will nur eins loswerden. Noch mal, bevor wir gen Ende segeln, ja? Portwein passt einfach in diese Weihnachtszeit. Ihr habt Zeit, ihr habt Muße, es ist das richtige Essen dazu auf dem Tisch. Also unbedingt Portwein besorgen und unbedingt Portwein probieren. Und ja, ansonsten, das Buch von Axel Probst ist natürlich auch ein tolles Weihnachtsgeschenk. Kann ich auch an der Stelle sagen. Ja, stehe ich voll dahinter. Es heißt übrigens einfach nur „Portwein". Findet man also ganz einfach im Buchhandel vor Ort. Ja, kam mir gerade so die Idee: Hättest du nicht eigentlich Lust, Tobias, mit mir zusammen so eine Art Laienbruderschaft des Portweins zu gründen? Bei den Großen können wir ja nicht mitspielen, aber vielleicht finden wir ja sogar ein paar Zuhörerinnen und Zuhörer, die da einfach dabei sein wollen.
Tobias
00:25:41
Auf jeden Fall. Das machen wir. Also Laienbruder, das klingt bei dir zwar irgendwie so wie eine Verniedlichung, aber ne, im Ernst. Also von mir auch ein klares Pro Portwein. Und ich finde sogar, mit dem Portwein-Trinken ist es so wie mit dem Grillen. Also das machen eigentlich nur Anfänger in der dafür vorgesehenen Saison. Und die, die sich mit dem Thema etwas angefreundet haben, ja, für die geht das natürlich auch das ganze Jahr. Zum Dessert, ja, aber auch zu Käse ist Portwein einfach, oder roter Portwein, muss man sagen, absolut perfekt. Und ich merke schon, das Buch, was du jetzt gerade auch noch mal erwähnt hast, das hat es dir richtig angetan, glaube ich. Denn da muss ich ja jetzt mal hier verraten, das hast du dir sogar von Axel inklusive Widmung ja unterschreiben lassen. Also bist du ein richtiger Portwein-Groupie?
Michael
00:26:38
Oh, Portwein Groupie. Ne, das ist wahre Liebe, weißt du? Und davon verstehst du einfach nichts.
Tobias
00:26:43
Na toll.
Michael
00:26:44
Aber noch mal eine Anregung für das kommende Jahr. Nicht nur für uns, sondern jetzt für alle. Silvester ist nahe, da braucht man ja neue Vorsätze und so. Wie wäre es denn mit einem Trip an den Douro nach Portugal? Und ins schöne Portweinreich. Da könnte ihr alles noch mal vor Ort genau studieren und euch erklären lassen. Der Axel übrigens, den habe ich auch danach gefragt. Der sagt uns, warum sich das lohnt. Und wenn man es nicht bis nach Portugal schafft, dann hat er sogar eine Alternative parat.
Axel
00:27:13
Wer nicht das Geld für ein Ticket ins Douro-Tal hat, der fängt einfach mal mit der Mosel an. Moseltal und das Douro-Tal haben sehr, sehr viel gemeinsam. Es ist ein ähnlicher Boden, es ist ein ähnliches Relief. Nur im Douro-Tal habe ich eigentlich die Mosel auf Anabolika. Das heißt, es ist noch mal heißer, es ist noch mal unwirtlicher, und das versteht man auch sofort. Also die Gerüche sind intensiver, die Natur ist intensiver und das muss man einfach mal gesehen haben. Und jeder, der da war, der das auch mal gesehen hat, der wird das auch sofort erkennen können. Aber es ist eine atemberaubende Landschaft. Und wenn man dann tatsächlich da auch noch ein anständiges Glas entweder Douro-Wein, die auch mittlerweile sehr gut sind, immer besser werden, oder eben auch Portwein dann im Glas hat, dann glaube ich, braucht man nicht mehr viel erklären, sondern man lässt einfach mal so den Moment wirken.
Tobias
00:27:54
Ach ja, jetzt sind wir wieder irgendwie auf der Terrasse am Douro, zu der du mich ja anfangs auf ein Glas Late Bottled Vintage Port einladen wolltest. Oder vielleicht jetzt auch noch mal an der Stelle, an heißen Tagen passt ja auch mein Lieblingsdrink absolut hervorragend, nämlich Port Tonic. Ja, also weißer Portwein mit Tonic Water, Zitronenscheiben und Eis. Ah, wunderbar. Ja, warte mal! Und wie fast immer am Schluss, fällt mir dann jetzt wieder was ein, was wir vergessen haben. Wir haben nämlich gar nicht über diese anderen Portweinvarianten gesprochen, die es noch so gibt. Aber na ja, wäre dann vielleicht auch ein bisschen zu viel geworden. Also Michael, also ich hoffe wirklich, dass wir es bald mal wieder an den Douro schaffen. Wir waren ja schon mal zusammen da, haben tolle Weine, aber auch Portwein probiert, sind da über den wunderschönen Fluss geschippert. Und ja, bei mir hat das wirklich den Eindruck hinterlassen, das ist, ja, die schönste Weinregion der Welt. Ich habe ja schon ein paar gesehen, sicherlich noch nicht alle, aber ja, fand ich toll. Und den Vergleich mit der Mosel absolut auch, ist absolut zu unterschreiben. Genau, das Wetter ist halt an der Mosel teilweise nicht so gut. Aber gut jetzt, ihr Lieben vor den Lautsprechern, unter den Kopfhörern, es wird Zeit für uns, noch einmal ganz besinnlich zu werden.
Michael
00:29:17
Genau, wir haben es ja schon gesagt. Wir hören uns nicht mehr vor Weihnachten und da wollen wir euch natürlich ein paar besinnliche und genussreiche Weihnachtstage wünschen. Von Herzen, natürlich. Habt viel Spaß, habt vor allen Dingen viel Frieden mit euren Lieben. Und falls euch alles zu viel wird, setzt euch hin, hört euch noch mal eure Lieblingsfolge Bei Anruf Wein an und alles wird besser. Und noch besser: Ihr hinterlasst dann auch eine tolle Bewertung. Das schreibe ich mir jetzt einfach mal auf meinen Wunschzettel, den ich an euch weiterreiche, ja? Ich wünsche mir ganz viele tolle Bewertungen.
Tobias
00:29:55
Ja, das finde ich gut. Und dem lieben Michael erfüllt man doch gerne seine Weihnachtswünsche, oder? Und ja, also von daher auch von meiner Seite, euch allen eine wunderschöne Weihnachtszeit und dass natürlich auch eure Wünsche in Erfüllung gehen. Wir hören uns noch einmal in diesem Jahr direkt nach Weihnachten, also auch schon mal eintragen, und dann wird es ganz sicher wieder heißen.
Michael
00:30:18
Bei Anruf.
Tobias
00:30:20
Wein.