Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Spaniens Nr. 1: das legendäre Anbaugebiet Rioja

03.10.2023 31 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Die meisten Weinfans denken wohl zuerst an einen Rioja, wenn es um das Weinland Spanien geht. Die am Oberlauf des Ebro gelegene Region ist bekannt für ihre fassgereiften Weine aus Tempranillo. Doch es gibt noch viel mehr über das berühmte Anbaugebiet zu erfahren, wie Michael und Tobias mit der neuen Folge beweisen und damit gleichzeitig einen Hörerwunsch erfüllen. Warum es in der Rioja hoch hinaus geht, wie lange die Weine ins Holzfass wandern und was es mit einem Drahtgeflecht rund um die Flasche auf sich hat, könnt ihr hier nachhören.

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Die spanische Weinregion Rioja ist zweifelsfrei eine der bekanntesten überhaupt. Vor allem die im Fass ausgebauten Crianza-,Reserva- und Gran Reserva-Weine sind bei Weinfreunden in aller Welt beliebt. Michael ist auch so ein Rioja-Fan und ohnehin ja großer Spanienverehrer. Mir persönlich liegen weiße Rioja-Weine besonders am Herzen. Und das zeigt dann auch schon die ganze Bandbreite dieser tollen Region. Apropos am Herzen liegen: Wie toll, dass du den Bei Anruf Wein-Podcast schon abboniert und ihm auch eine Bewertung gegeben hast. Ach so, ist noch gar nicht passiert? Na, dann bitte schnell nachholen. Danke! So, jetzt wird es aber Zeit für Rioja und Michael. Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:06
Hola, Tobias, cómo estás?
Tobias
00:01:08
Bien.
Michael
00:01:09
Que bien. Hoy quiero hablarte de vinos favoritos, si? Also, lieber Tobias, wie schön, dass wir heute auf Weine aus Spanien zu sprechen kommen. Ist ehrlich gesagt schon ein Stückchen her, dass wir mit dem Podcast in meinem Lieblingsland zu Gast waren. Im vergangenen Jahr haben wir uns mal mit dem Anbaugebiet Ribera del Duero beschäftigt und deinem Solotrip dahin. Du erinnerst dich noch?
Tobias
00:01:37
Ja, ja, natürlich. Da warst du ja lange wirklich sauer, dass ich dich nicht mitgenommen habe. Aber das hat ja jetzt ein Ende. Denn einem Zuruf unserer Hörerinnen und Hörer folgend, widmen wir uns dieses Mal der Rioja. Ja, also der DOCa Rioja wohlgemerkt, also der geschützten bzw. qualifizierten Ursprungsbezeichnung. Ich versuche das jetzt auch mal Denominacón de Origen Calificada - oder so ähnlich. Und das ist gleichzeitig auch die höchste Stufe des spanischen Qualitätssystems. Also das sollte dich jetzt schon glücklich stimmen. Quasi doppelt sogar, denn wir reden ja nicht nur über ein spanisches Spitzenanbaugebiet, hast du gehört, Spitzenanbaugebiet, sondern es geht ja auch um Weine, die ganz wunderbar Kraft und Lebendigkeit mit Eleganz und Alterungspotential zusammenbringen und deshalb ja voll auf deiner Linie liegen, oder?
Michael
00:02:31
Ja, da muss ich erst mal schnaufen vor Glückseligkeit. Das hast du jetzt wirklich schön gesagt. Da sprichst du mir voll aus dem Herzen. Und ich hoffe an dieser Stelle dem Julian aus Chemnitz auch. Von ihm stammt nämlich die Anregung, uns Bei Anruf Wein mal mit der spanischen Weinregion Rioja auseinanderzusetzen. So, und ganz ehrlich gesagt, das kommt sogar schon aus dem Februar 2022.
Tobias
00:02:58
Ganz schön lange Vorlaufzeit.
Michael
00:02:59
Also ein bisschen her, aber bei uns natürlich nicht vergessen. Deshalb noch mal auch an alle anderen an dieser Stelle: Eure Kritik, euer Lob, Vorschläge für neue Folgen und alles andere rund um den Podcast schickt uns bitte unverblümt an podcast@weinfreunde.de oder kommentiert es auf den Social Media Accounts von Weinfreunde sowie den einschlägigen Podcastplattformen. Also ganz, ganz vielen Dank dafür. Aber jetzt, ich sage mal zurück zur oder in die Rioja. Also, Tobias, leg los!
Tobias
00:03:36
Ja, genau. Die Rioja, das muss man sich ja vielleicht auch mal merken. Und ich glaube, das Beste ist fast, ich erkläre erst mal, wo wir überhaupt in Spanien sind. Also ich sag mal so, so ganz grundsätzlich, beim Blick auf die Karte, wir sind auf jeden Fall im Norden Spaniens. Ja, allerdings jetzt weder so ganz oben an der Küste noch so weit westlich wie etwa unser geliebtes Galizien. Und Rioja ist damit gar nicht so weit weg von der französischen Grenze. Also man muss sich das so vorstellen, so Nordosten, sage ich jetzt mal, unterhalb des Baskenlands und direkt links, also westlich vom Anbaugebiet Navarra. Das kennt ja vielleicht auch jemand. So, und wer jetzt nicht ganz verwirrt ist, dem ist noch zu sagen: Das Klima hier ist für spanische Verhältnisse noch relativ gemäßigt. Ja, also das ist jetzt nicht wirklich Südspanien, da wird es dann ein bisschen heißer. Und wenn man Rioja sagt, dann spricht man eigentlich gleichzeitig immer über 3 Unterregionen, die fallen nicht selten so ein bisschen unter den Tisch. Ich versuche das jetzt auch wieder möglichst gut auszusprechen. Es gibt die Rioja Alta, die Rioja Alavesa und die Rioja Baja. Ja, das sind alles Bezeichnungen, die sich dann auch auf dem Etikett oder zumindest auf der Rückseite und auf dem Rückenetikett eines Rioja-Weines finden. So, und damit man sich das vielleicht ein bisschen merken kann: Die Rioja Alta und die Rioja Alavesa, die liegen im Nordwesten der Region. Ja, und das sind eigentlich Regionen, die schlängeln sich so entlang des Oberlaufs des Ebros. Also wir haben wieder einen Fluss, auch ganz, ganz typisch für eine Weinregion. Und die Rioja Baja, die liegt dagegen im Osten des Rioja-Gebiets, und das kann sich jetzt jeder natürlich vorstellen, damit verbunden sind auch unterschiedliche Böden. Aber nicht nur das, auch Mikroklima ist natürlich, je nachdem, wo ich konkret mit meinem Weinberg bin, durchaus anders. Und das schlägt eben auch auf die Stilistik des jeweiligen Riojas nieder.
Michael
00:05:46
Ja, ja, und um die Höhen der Lagen geht es ja auch. Du hattest ja schon gesagt, so gemäßigtes Klima für spanische Verhältnisse. Und das liegt vor allem an den Höhenlagen und an einem Gebirge, was das ganze Gebiet abschirmt. Und Höhenlage, ich erinnere daran, Alta, die Rioja Alta heißt auf Spanisch „hoch". Ja, und deshalb finden sich in der Rioja Alta, aber auch in der Rioja Alavesa Weinberge, die liegen mehr als 800 Meter über dem Meeresspiegel. Nur mal so zum Verständnis. Und wie wir, das müsste jetzt eigentlich dein Stichwort sein, Tobias, wie wir das in Zeiten des Klimawandels kennen, ja, auch aus anderen Weinregionen, hier erinnere dich an unsere Folge über Südtirol, da hatten wir das Thema nämlich auch, die Tendenz geht in die Höhe. Also, wo man früher bangte, ob die Trauben da perfekt reifen, weil es eben zu hoch und damit kühl war, wächst heute so Traubenmaterial heran, das hat viel Säure, das hat viel Frische. Ja, ist nicht so satt und schwer also. Und das gerade bei so einer Rebsorte wie Tempranillo, das ist perfekt, um dann mit der richtigen Reife außergewöhnliche Weine zu machen.
Tobias
00:07:02
Ja, Mensch, da sprichst du mir natürlich auch wieder aus dem Herzen. Thema Frische. Das sind ja Weine, die liegen teils sehr, sehr lange im Fass. Da kommen wir später noch mal zum Thema Holzreife. Aber da braucht es eben dann auch diese Frische. Und du nanntest jetzt auch noch mal Tempranillo. Rebsorten haben da auch einen großen Einfluss. Auch dazu vielleicht dann jetzt später, denn ich muss eigentlich erst mal das Kapitel Boden, das muss ich erst mal abschließen und noch mal kurz ergänzen. Denn was man sich merken kann, ist, dass die Böden im Rioja-Gebiet eher karg ausfallen. Also Rioja Alta und Rioja Alavessa sind das vor allem Ton und Kalkstein geprägte Böden. Und in der Rioja Baja ist es dann doch sogar richtig lehmig. Und das macht dann die Weine aus Baja tendenziell etwas fetter und weniger mineralisch, weniger klar. Das kann man sich dann doch auch richtig gut vorstellen, wenn man an den Wein denkt. Lehm und dann dadurch halt eben so ein bisschen körperreicher, ein bisschen fetter. Also nur so ganz grob. Ja, und zum Fluss, wir hatten es ja eben schon, da muss man vielleicht noch kurz ergänzen: Der Großteil der Region liegt am rechten Ufer, also flussabwärts betrachtet. Nur die Rioja Alavesa ist ausschließlich auf der anderen Seite des Ebros zu finden. Das ist dann fast schon so ein bisschen wie in unseren Bordeaux-Folgen mit rechtem und linkem Ufer.
Michael
00:08:23
Ja, erstens das, flussabwärts, du hast es gesagt. Aber in diesem Falle, da muss man auch einfach mal was zur, ich sage mal, politischen Geografie sagen. Also die rechte Seite vom Ebro zählt zu Castilla y León, ja? Hingegen die linke Seite mit der Rioja Alavesa ganz klar baskisch geprägt ist. Und dieser Unterschied ist in Spanien jetzt nicht ganz unerheblich, das muss man also mal sagen, weil selbst in diesem Gremium, das jetzt diese ganzen Regeln für die DOCa, ich habe extra nachgefragt, wie die Spanier das aussprechen, DOC, ja bestimmt, die sind nicht immer einer Meinung. Also nur mal ein kleines Beispiel dafür. Vor 2Jahren haben Winzer aus der Rioja Alavesa, also dem baskischen Teil, ja beantragt, für ihr Gebiet eine eigene DO, ein eigenes, ja, eine eigene Appellation zu bekommen. Und die sollte dann heißen Vignerons de Álava, wie die Stadt. So, dagegen lief jetzt dieser Consejo Regulador, so heißt dieses Gremium, das festlegt, was zu erfüllen ist, um überhaupt DOCa, ja, Rioja auf der Flasche zu tragen als Label. Und da lief der Sturm. Ja, und es ging am Ende vor Gericht, ja. Zwar hatte die baskische Regierung inzwischen mal genehmigt, dass man diese Bezeichnung schon verwenden könne, aber der Oberste Gerichtshof des Baskenlandes hat das dann alles wieder einkassiert. Ja, kurzum keine neue DO, die so heißt und letztendlich schuld daran sind du und ich.
Tobias
00:10:04
Wie? Was? Warum ich und du? Ja, also aus solchen Dingen halten wir uns doch komplett raus, ja, und ich wüsste auch nicht, dass ich da irgendeine Beteiligung habe. Wodurch trifft uns denn da jetzt die Schuld?
Michael
00:10:15
Ja, wir alle, Tobias. Wir alle. Du, ich, wir alle. Ja, weil in der Urteilsbegründung heißt es nämlich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch das neue Label verwirrt würden. Ja, also rein logisch wäre es ja so, dass ein und dasselbe Gebiet unter zwei Namen in der Weinwelt firmieren würde, also Rioja Alavesa und Vigneros de Álava.
Tobias
00:10:40
Ja, okay, kann ich jetzt irgendwie nachvollziehen. Also teilweise denkt man dann an eine Subregion und eine Überregion oder sonst was. Ja gut, aber ich sage mal so, das wissen wir ja jetzt mittlerweile auch von diesen Kontrollbehörden, die sind schon auch immer sehr genau und wahrscheinlich ja dann auch tatsächlich gut so, weil verwirren lassen sich Verbraucher schon genug von Wein. Das ist ja mit ein Grund, warum es unseren Podcast gibt. Aber vielleicht ist das jetzt auch der richtige Zeitpunkt, an dem wir jetzt mal über die Rebsorten in der Region sprechen. Bei Rioja denken ja eigentlich alle erstmal an Rotwein. Also deswegen jetzt mal ganz pragmatisch. Fangen wir damit auch an. Und da gilt es, sich 5 Namen zu merken, um die roten Rebsorten wirklich komplett beisammen zu haben. Wobei, ganz ehrlich gesagt, also ich glaube, 2 oder 3 tun's auch schon. Aber wir machen das natürlich, wir machen das jetzt vollständig. Als Erstes, wir hatten ihn schon genannt, du hattest ihn genannt: Tempranillo. Also im Grunde genommen die Rebsorte Spaniens. Dann aber auch, das freut uns als Südfrankreichfans, auch die rote Rebsorte Grenache Noir, die aber natürlich in Spanien ganz anders heißt, nämlich Garnacha. Und in unserer Folge über Garnacha haben wir auch schon mal klargestellt, das ist eigentlich eine spanische Rebsorte. Also von daher, Garnacha merken wir uns auch. Dann gibt es noch, und da wird es dann schon so ein bisschen außergewöhnlicher, gibt es noch Graziano, ja, und Mazuelo, das kennen wir jetzt wiederum auch aus Südfrankreich. Das ist eigentlich auch Carignan. Und ja, jetzt sind wir so ein bisschen auf der Nerdebene schon angekommen. Da gibt es dann noch Maturana Tinta. Ja, und das ist wirklich eine autochthone Rebsorte, also eine Rebsorte, die auch im Rioja-Gebiet einheimisch ist. Aber wir bleiben jetzt mal, weil wir es uns einfach machen. Erstmal bei Tempranillo, die spanische Edelrebe schlechthin. Und ja, du hast ja vorhin schon gesagt, wir haben über Ribera del Duero gesprochen und da spielt natürlich Tempranillo auch eine Rolle. Aber so ein paar Stichworte müssen wir natürlich jetzt auch noch mal so zur Charakteristik von Tempranillo sagen. Und für mich ist Tempranillo immer Kirsche. Ja, in allen Varianten. Schwarzkirsche, aber auch mal Süßkirsche. Man riecht schon häufig Waldbeeren, reife Waldbeeren, und ja, je nachdem, wie das dann auch so mit der Zeit im Holz gelaufen ist, kommen dann sehr schnell so Sekundäraromen. Ja, so nennt man die ja, so Tabak, Zedernholz. Und das so dosiert eigentlich je nach Zeit im Holz halt eben auch in Sachen Intensität. Und ich finde, das ist jetzt eine gute Überleitung, weil Reife im Holzfass, das verbinden ganz viele mit Rioja und daraus haben die auch wirklich eine Kunstform gemacht.
Michael
00:13:31
Ja, du willst hinaus auf Crianza und Co., sage ich jetzt mal. Aber einen Augenblick noch, bitte. Ja, das machen wir später.
Tobias
00:13:38
Ah, doch noch Geduld.
Michael
00:13:39
Ja, ja, ja. Ich möchte beim Thema Rebsorten noch daran erinnern, dass Rotweine aus der Rioja traditionell eigentlich auch Cuvées sind. Also verschiedene Rebsorten vermählt. Also nicht nur Tempranillo kommt zum Einsatz, sondern auch eben Mazuelo, Garnacha, Graciano spielen da echt eine Rolle. Ja, und ich glaube ja persönlich, dass dieses Cuvée-Ding, ja, das müssen wir ja hier immer wieder ansprechen, das ist ja nicht so selbstverständlich, weil wir alle in Deutschland so reinsortig sozialisiert werden. Aber dieses Cuvée-Ding, ja, das muss man mal sagen, dem verdanken wir ja ungeheuer große Weine. Ja, nicht nur aus der Rioja, letztendlich auch Champagner, das muss man auch sagen. Also egal, lassen wir das jetzt mal weg. Also, und für mich, jetzt komme ich endlich zum Punkt, Entschuldigung, und für mich stehen Cuvées im Rioja auch für so ein gewisses Bordeaux-Gen der Appellation. Ja, klingt komisch, aber Tempranillo, Edelrebe, Spanien hin und her, ne Bordeaux. Mir fällt da auch echt Bordeaux ein.
Tobias
00:14:44
Ja, das stimmt, weil wir auch gelernt haben, das Vermählen von Rebsorten ist nichts Negatives, ganz im Gegenteil. Dadurch kann man irgendwie Stärken der einzelnen Rebsorten zusammenführen. Sehr, sehr gut. Deswegen Tempranillo, ja, dominiert auch häufig Rioja-Weine, aber wird halt eben durch die genannten Rebsorten immer wieder auch ergänzt. Ja, und Bordeaux-Gene, das finde ich sowieso sehr gut ausgedrückt. Ja, und vielleicht sollten wir das mal aufklären, weil da gibt es auch so ein bisschen geschichtlichen Hintergrund. Denn als die Reblauskatastrophe im Bordeaux schon wütete, und natürlich haben wir auch schon eine Podcastfolge über die Reblaus gemacht, müsste man nachgucken, als dass da schon so weit war, da suchten die Weinhändler nach Ersatz für die Weinerzeugung. Die waren schon ziemlich verzweifelt und sie wurden dann schließlich auch in der spanischen Rioja fündig. Und ja, wenn du mal auf der Karte, guckst, ich habe vorhin gesagt, das ist nicht weit von Frankreich, das sind so 400, 450 Kilometer Entfernung zwischen Bordeaux und Rioja. Und die Reblaus, die war halt eben nicht so schnell, die war einfach zu dem Zeitpunkt noch nicht in Spanien angekommen. Was lag da also näher, da auf Spurensuche zu gehen? Das Languedoc ist quasi genauso weit vom Bordeaux entfernt und dadurch auch nicht unbedingt die einzige und erste Wahl. Aber das ist noch nicht mal alles. Ja, denn es ist nicht nur diese Cuvée-Denke, ja, sondern es ist eben auch die Reife in Barriques. Das war in Bordeaux natürlich schon absoluter Standard und daraus, glaube ich, hat sich letztlich dann auch das entwickelt, was wir eben heute als Crianza, Reserva und Gran Reserva kennen. Also diese Qualitätsstufen, die man dann an Dauer der Reife im Fass festmacht, bzw. wird ja dann auch sogar noch Reife in der Flasche drangehängt. So, aber jetzt? Jetzt sind wir wirklich da. Also jetzt müssen wir wirklich gleich mal darüber sprechen, sonst wird es komisch.
Michael
00:16:38
Ja, ja, ja, versprochen. Wirklich versprochen, Tobias, sofort danach. Aber eins muss ich jetzt noch an der Stelle ergänzen. Ja, wegen dieser Bordeaux Gene. Da gibt es nämlich noch eins, was wir erwähnen sollten. Diese wachsende Bordeaux-Nachfrage nach Rioja-Weinen hat nämlich dazu geführt, dass die Eisenbahn damals ganz massiv in diese Region verlegt wurde. Ja, und das hat wiederum dazu geführt, dass in der Nähe der Bahnhöfe nicht nur Lagerhäuser entstanden, sondern so ganze Bodegas. Also, wenn du jetzt mal nach Aro guckst, ja, das ist in der Rioja Alta, da ist das besonders greifbar. Also denke doch mal an die bekannten Bodegas Muga, die sind direkt in der Nähe vom Bahnhof. Oder auch Bodegas Roda, auch direkt in der Nähe von dieser Estación. Und ja, beide übrigens im Weinfreunde-Sortiment zu finden, aber in Logroño, ja, ein bisschen weiter unten, da sieht das eigentlich ganz genauso aus. Also da versteht der Wein genauso Bahnhof.
Tobias
00:17:45
Ja, es ist ja wirklich sagenhaft. Ja, also Rioja-Wein auf BahnCard, sozusagen. Ja, da hätte ich am liebsten die BahnCard 100, das wäre dann mal eine Wiedergutmachung für verspätete Züge und ausgefallene Klimaanlagen. Aber im Ernst, ja, wir kommen mal zurück auf die Qualitätsstufen in der Rioja. Ja, die sich auf die Reife im Fass und der Flasche beziehen. Ja, jetzt ist es soweit. Das machen wir jetzt am besten mal abwechselnd. Ja, also den Einstieg, den bilden junge Weine. Die sind dann nicht älter als 2 Jahre und die erkennt man häufig auch dann erst auf dem Rückenetikett durch die Bezeichnung Cosecha plus der Jahreszahl, also dem Jahrgang unten drunter. Und Cosecha heißt dann halt einfach „Lese". Und der Jahrgang, der dabeisteht, zeigt einfach nur an, aus welchem Jahr der Wein stammt. Ganz einfach. Und das sind in der Regel Weine, die klar ihre Frucht in den Vordergrund rücken und damit eigentlich unkomplizierte Essens- und Abendbegleiter sind. Wir machen es jetzt einfach, denn rein theoretisch, wenn jetzt einen Winzer sagt, ihm ist egal, ob das Crianza, Gran Reserva, was auch immer ist, sondern er hat einfach nur Lust darauf, einen Wein zu machen, wie er möchte, dann steht da auch immer Cosecha drauf. Deswegen ist es nicht so eine hundertprozentig verbindliche Aussage darüber, was für eine Stilistik der Wein hat. Aber das ist auf jeden Fall erstmal eine Orientierung. Und ja, was nach Cosecha kommt, das erzählst du uns jetzt hoffentlich.
Michael
00:19:15
Ja, ich fand das noch mal einen guten Hinweis zu sagen, Cosecha ist auch die Lizenz, etwas zu machen, was die höheren Qualitäten der Klassifikation eben einfordern. Ja, also da hat man mehr Freiheit, das finde ich jetzt gut. Okay, also an die Cosecha-Weine schließt sich jetzt der Crianza an, der berühmte. Ja, Crianza steht für mindestens 24 Monate Reife der Weine, davon mindestens 12, also ein ganzes Jahr, im Barriquefass. Ja, also wir sprechen hier immer nur über die Rotweine, wenn wir jetzt diese Zahlen dann nennen. Bei Weißwein und Rosados, also Roséwein, sieht, das gibt es auch, ja, sieht das so ein bisschen anders aus mit den Reifevorgaben. Lassen wir jetzt einfach mal weg.
Tobias
00:19:56
Aber die Bezeichnung gibt es da auch, ne? Nur mit anderen Zahlen.
Michael
00:19:58
Die gibt es da auch, genau. Und mir sind jetzt diese Crianzas zum Beispiel durchaus recht. Ja, also die haben jetzt schon so richtig Struktur und Format, haben schon so eine tolle Dichte und Fülle, das mag ich. Das hat auch was mit den Fässern zu tun. Alles gut, in denen sie reifte. Sind es jetzt französische oder amerikanische Barriques gewesen, lassen wir das alles mal weg. Oder durchgängige Erstbelegung oder zum Teil schon in gebrauchten Fässern ausgebaut. Lassen wir alles mal weg. Aber diese Crianza als Mittelstufe, die liegt mir doch sehr nahe am Weinherzen.
Tobias
00:20:32
Ja, das ist ein guter Hinweis. Vor allem das ist ja so auch, sage ich mal, der Einstieg in die typische Rioja Stilistik und was du jetzt so alles weglassen wolltest, ja, wird jetzt zu ausführlich, aber da kann man halt eben auch sagen, französische Fässer sind ein bisschen, ja, ein bisschen feiner als amerikanische, was die Aromatik angeht. Und klar, wenn ein Wein als Erstbelegung im Fass ist, dann wird er sehr intensiv dadurch geprägt, wenn es gebrauchte Fässer sind, zumindest zum Teil wird das alles so ein bisschen moderater und nicht ganz so druckvoll holzig. Das ist ja eigentlich auch eine Stilistik, die wir lieber mögen. Aber gut, jetzt geht es weiter in Sachen Reifedauer und vor allem auch vorgeschriebene Mindestreife. Und da sind wir schon beim Reserva. Und da ist die Mindestreife immerhin 36 Monate, sprich ganze 3 Jahre. Aber auch der Reserva muss nur 12 Monate im Barriquefass verbringen, also genauso wie der Crianza. Der muss also dann die übrige Zeit noch in der Flasche reifen, bevor er in den Verkauf gelangt. Und das bedeutet dann letztlich, wenn man einen Reserva ins Glas bekommt, dann ist das automatisch schon mal ein etwas älterer Jahrgang als Crianza und dann sind das auch schon reifere Weine. Und da gibt es dann noch mal so ein Plus an Komplexität in Sachen Aromen. Das wirkt dann häufig auch so ein bisschen wild und kräuterbetont, manchmal sogar fleischig. Ich würde fast sagen, auch immer ein bisschen maskuliner als dann nur in Crianza, und natürlich auch Fülle, Struktur, Länge. Aber, wenn es ein gut gemachter Rioja ist, dann eben auch immer noch so ein bisschen frisch. Ja, das ist dann schon wirklich großes, spanisches Weinkino. Und du merkst es ja, das spricht mich schon richtig an.
Michael
00:22:22
Da gibt es was, ja, das einem gefällt. Und es geht ja noch gereifter und noch komplexer eigentlich.
Tobias
00:22:29
Richtig.
Michael
00:22:30
Also in unserer Klassifikation fehlt uns jetzt noch der Gran Reserva. Ja, und der Sprung vom Reserva zum Gran Reserva ist tatsächlich noch mal groß. Also ein Gran Reserva aus der Rioja reift insgesamt mindestens 60 Monate, 60 Monate, ja? Und davon mindestens 24 im Fass. Ja, also da kommt so eine, ich sage mal, gravitätische Eleganz ins Glas mit so einer Dichte und Vielschichtigkeit. Ja, die kann man nur andächtig genießen, wenn es die Guten sind. Aber auch an dieser Stelle noch mal der Hinweis zum gebundenen Kapital der Bodegas, was bedeutet das, so ein Gran Reserva und 60 Monate, ja ? Da wartest du jetzt mindestens 5 Jahre, bis dass du für deine Arbeit überhaupt Geld siehst.
Tobias
00:23:21
Ja, allerdings. Und dabei vielleicht wirklich noch mal der Hinweis, wir haben es jetzt schon ein paarmal gesagt, auch bei Gran Reserva-Weinen gibt es natürlich Qualitätsunterschiede. Ich sage jetzt mal, wenn ich da einen sehe für 9,99 € beim Discounter oder sowas, ich wäre skeptisch. Ja, der hat zwar diese Mindestanforderungen erfüllt, aber ein wirklich guter Wein kann das kaum sein. Und die, die sich dem Thema wirklich ernsthaft nähern, ja, die müssen erstmal dieses Invest schultern und diese Geduld aufbringen, ja, 5 Jahre kein Geld zu verdienen, zumindest nicht mit den Gran Reserva-Weinen. Aber noch mal, wir sprechen jetzt die ganze Zeit über Rotweine, nur dass das auch für die Hörerinnen und Hörer klar wird. Die Klassifikation gibt es zwar teilweise auch für Weißweine und für Rosados, aber dann nicht in dieser langen Dauer der Fassreife oder auch Flaschenreife. Wir müssen aber trotzdem auch so ein bisschen was zu weißem Rioja noch sagen, auch was die Rebsorten angeht, denn ich mag sie wirklich sehr, sehr gerne. Man übersieht weiße Rioja-Weine natürlich auch sehr schnell, weil man immer eben auf die Rotweine fixiert ist, und selbst so ein Rosado, so ein Tempranillo Rosado aus dem Rioja-Gebiet, ja, das ist für mich auch so ein totaler Allrounder-Tipp, wenn es ums Essen geht. Also gerade, wenn es ein bisschen kräftiger zugeht, ganz, ganz toll. Und dann eben auch so ein bisschen breitschulteriger als vielleicht so ein deutscher Spätburgunder-Rosé. Da kann man wirklich einen ganzen Abend mit Tapas, mit Essen vom Grill verbringen. Das ist ganz, ganz toll. Aber wie gesagt, wir müssen zumindest jetzt auch noch mal was zu zuden weißen Rioja auch sagen, weil ja, das sind wirklich teilweise ziemliche Lieblinge von mir.
Michael
00:25:02
Ja, ja, ist auch gern unterschätzt. Das sehe ich genauso wie du. Und vielleicht bringen wir erst mal so einen kleinen Überblick über die Rebsorten, über die wir hier reden.
Tobias
00:25:11
Ja, gerne.
Michael
00:25:11
Ja, wir hatten das ja eben schon bei den roten Rebsorten. Diesmal sind es nämlich insgesamt 9 Rebsorten, die zugelassen sind von diesem Kontrollrat. Und die wichtigste und typischste ist eigentlich Viura, die andernorts in Spanien Macabeo heißt. Wieder so eine Verwirrung bei den Rebsorten. Ja, und in Frankreich ist sie als Ugni Blanc zu finden.
Tobias
00:25:35
Die hatten wir auch schon mal.
Michael
00:25:36
Ja, also nur, damit wir es jetzt mal einfach machen. 3 Namen für eine Rebsorte. Ja, und dann gibt es eben noch Garnacha Blanca, also weißen Grenache.
Tobias
00:25:46
Grenache Blanc.
Michael
00:25:47
Malvasier, Tempranillo Blanco, ja, den gibt es wirklich. Es gibt also nicht nur den roten Tempranillo. Und jetzt kommt es noch hinzu, die autochthonen Sorten Maturana Blanca und Torrontés.
Tobias
00:26:01
Da hatten wir ja schon, den Maturana hatten wir ja auch schon in der roten Version, ne?
Michael
00:26:04
Genau, also den gibt es da rot und weiß, dunkel und hell. Und das muss ich dann aber auch gestehen, Chardonnay, Sauvignon Blanc sind ebenfalls zugelassen. Und, das mag dich dann wiederum freuen, Verdejo. Kommt aus einer anderen Region, aber immerhin spanisch.
Tobias
00:26:18
Kommt eigentlich aus Rueda, genau.
Michael
00:26:21
Ja, genau. Also ich sage jetzt mal die Weißweine, das sind schon tolle Weine und mit einer überraschenden Frische. Das glaubt man gar nicht so, ne? Ja, bei uns leider nicht so bekannt wie die roten, aber ja, also ein, zwei weiße Rioja findet ihr auch im Weinfreunde-Shop.
Tobias
00:26:39
Ja, ja. Das ist auch ein guter Hinweis, weil unbedingt mal ausprobieren. Ich mag nämlich vor allem den Muga Blanco. Das ist ja auch wirklich ein gutes Haus, wir hatten es schon erwähnt, mag ich extrem gerne. Aber Moment, eigentlich hat man jetzt ja wirklich schon zu viel Werbung für den Weinfreunde-Shop, denn du hattest mit deinem Bahnhofwein ja schon das Kontingent abgegriffen sozusagen. Ja, aber so oder so, glaube ich, haben wir jetzt eigentlich schon genug für eine Podcastfolge über die Region Rioja zusammengetragen, oder siehst du das irgendwie anders? Hast du da noch was auf deiner Liste?
Michael
00:27:13
Ja, ja, allerdings. Ich habe noch eine Fachfrage für dich, pass auf, Es gibt ja in unserem Weinfreunde-Magazin die Rubrik Frag die Weinfreunde. Ja, und da tauchte folgende Frage auf. Also, lieber Tobias, was ist ein Alambrado?
Tobias
00:27:29
Alam-, Alam- was?
Michael
00:27:32
Alambrado.
Tobias
00:27:33
Alambrado? Puh.
Michael
00:27:35
Ja, das ist dieses Drahtgeflecht, das die ganze Flasche einfasst. Du weißt schon, Alambrado von el alambre, im Spanischen „der Draht". Ja, bist du jetzt auf Draht?
Tobias
00:27:47
Meine Güte, ja. Also, mein Gott, jetzt zum Schluss noch mal so, so klugscheißermäßig unterwegs zu sein. Aber natürlich, das kennt doch jeder. Und tatsächlich verbinde ich mit diesem Look auch so ein bisschen die Rioja. Allerdings nicht so in der besten Ausprägung. Wir waren ja vorhin schon mal beim Discounter, und selbstverständlich weiß ich natürlich auch, woher dieses Alhambra-Drahtgeflecht da kommt. Das, das ist nämlich, ja, das ist schon vor über 100 Jahren erfunden worden. Und du glaubst gar nicht, warum. Die Flaschen sollten dadurch nicht besser aussehen, sondern das war so eine Art Kopierschutz. Also das, was wir jetzt auf hochwertigen Weinen als, weiß ich, Hologramm oder so was finden, ja, das war damals dieses Drahtgeflecht. Denn mit dem Aufstieg der Rioja-Weine Ende des 19. Jahrhunderts, wurde das natürlich ein lukratives Geschäft, auch günstigere Weine als kostbare Rioja Tintos zu verkaufen. Und das hat die Weingüter beschäftigt. Das hat zu Problemen geführt mit so einer Art Weinfälscherring. Und um sich dagegen zu wehren, führte man eben dieses Drahtgeflecht ein.
Michael
00:29:00
Perfekte Antwort, Tobias, kann ich jetzt nur sagen. Also Alambrado, aber ansonsten, Tobias, perfekte Antwort. Und ja, eigentlich soll heute ja das Siegel der Region die Echtheit garantieren. Rioja, wir haben darüber gesprochen. Der Alambrado hat also eigentlich nur noch so eine dekorative Funktion. Aber du hast es eben selbst gesagt, die Verbindung Drahtgeflecht gleich spanischer Rioja funktioniert bei vielen Weinfans immer noch. Aber mal schauen, wie lange es dieses, ich sag mal, Ausstattungsdetail noch gibt.
Tobias
00:29:36
Ja, und ich finde diese Geschichte jetzt wirklich einen wunderbaren Ausklang, oder was meinst du? Weil.
Michael
00:29:41
Ja.
Tobias
00:29:41
Wir sollten jetzt doch mal langsam in die Schlusspirouette.
Michael
00:29:43
Gerne doch. Also liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich hoffe, diese Folge hat euch Spaß gemacht und genügend Wissenswertes zusammengetragen. Also am besten wäre es natürlich, wenn ihr jetzt richtig Lust auf einen roten oder auch weißen Rioja in eurem Glas bekommen hättet und möglichst bald einer von den beiden bei euch im Glas ist.
Tobias
00:30:07
Ja und selbst, wenn er dann nicht aus dem Weinfreunde-Shop kommt, nicht wahr? Das muss man jetzt ja auch mal so sagen, vielleicht hat der eine oder andere ja sogar ein paar Flaschen im Keller. Also ihr Lieben da draußen, habt eine schöne Zeit und vor allem guten Wein, bis es das nächste Mal wieder heißt.
Michael
00:30:22
Bei Anruf.
Tobias
00:30:24
Wein.