Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Syrah und Shiraz: Zwillinge, Teamplayer, Solokünstler

12.11.2024 28 min

Zusammenfassung & Show Notes

Tobias ist ein großer Fan von Syrah, den er vor vielen Jahren als australischen Shiraz kennen und lieben gelernt hat. Michael weiß das und ist gerne bei einer Folge über die rote Rebsorte dabei – nicht zuletzt, da Syrah in seinen hochgeschätzten Rhône-Cuvées eine große Rolle spielt. Aber die beiden widmen sich nicht nur den genüsslichen Reizen, sie gehen auch der Entstehung der beiden Namensvarianten der Rebsorte auf den Grund. Syrah oder Shiraz – Hauptsache Bei Anruf Wein!

+++ SYRAH UND SHIRAZ BEI WEINFREUNDE.DE +++
>> SYRAH AUS FRANKREICH
>> SYRAH AUS SPANIEN
>> SYRAH AUS DEUTSCHLAND
>> SHIRAZ AUS AUSTRALIEN
>> SYRAH UND SHIRAZ AUS SÜDAFRIKA
>> SYRAH UND SHIRAZ AUS ARGENTINIEN, CHILE UND DEN USA

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Die Rebsorte Syrah, die auch als Shiraz bekannt ist, ist schon lange ein persönlicher Favorit von mir. Michael weiß das und hat seinerseits einiges zu dem Thema zusammengetragen. Beispielsweise, dass die unterschiedliche Namensgebung Syrah und Shiraz bereits darauf hinweist, dass Weine der Rebsorte meist in zwei sehr verschiedenen Stilistiken daherkommen. Und wenn du wissen möchtest, ob Frankreich, Persien oder ein Schotte etwas mit dem Ursprung von Syrah zu tun hat, dann hast du die freie Auswahl. Apropos Auswahl: Danke, dass du dich für Bei Anruf Wein entschieden hast. Bitte hinterlasse uns eine Bewertung für den Podcast und folge uns am besten auch. Danke! Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:02
Michael: Mein allerliebster Tobias unter den Weinfreunden. Schön, dich am Telefon zu haben.
Tobias
00:01:07
Tobias: Ja, gleichfalls.
Michael
00:01:09
Michael: Wir machen uns heute an die Folge Nummer 95 von Bei Anruf Wein. Und dieses Mal haben wir uns wieder eine Rebsorte ausgesucht. Wurde mal wieder Zeit, glaube ich. Da plaudern wir jetzt ein bisschen drüber und na ja, eigentlich hast du sie ja ausgesucht. Muss man so sagen.
Tobias
00:01:24
Tobias: Ja, aber ehrlich, das musste ja jetzt sein, denn wir haben ja schon über einige Rebsorten gesprochen. Aber meine zweitliebste Rebsorte, also nach Pinot Noir, Spätburgunder, ist ja eindeutig Syrah bzw. Shiraz, kommen wir auch gleich dazu. Daher wird es nun allerhöchste Zeit mit dieser Folge. Und zudem weiß ich ja auch, dass ich dir damit jetzt nicht wirklich weh tue, oder?
Michael
00:01:48
Michael: Nein, nein, Syrah ist prima, Syrah finde ich gut. Und eigentlich hast du dir diese Folge, sage ich jetzt mal, auch ganz persönlich verdient. Denn irgendwann vor langer, langer Zeit, habe ich mir Grenache mal als Thema im Podcast gewünscht. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst.
Tobias
00:02:06
Tobias: Stimmt.
Michael
00:02:06
Michael: Und damals hast du dann schon versucht, diese Folge zu boykottieren und mich immer mit Syrah auszukontern.
Tobias
00:02:13
Tobias: Zu boykottieren? Gar nicht wahr.
Michael
00:02:15
Michael: Ja, du erinnerst dich? Ja, ja, aber recht hast du ja. Für mich gehören die beiden Rebsorten auch irgendwie wirklich zusammen.
Tobias
00:02:21
Tobias: Ja, nicht nur für dich. Also nicht, dass wir jetzt da draußen missverstanden werden. Syrah und Grenache sind als Rebsorten zwar keineswegs verwandt, aber sie verstehen sich halt gut. So wie wir beide. Und das beweisen natürlich vor allem die Weine von der südlichen Rhône. Und ja, das haben jetzt, glaube ich, auch alle Hörerinnen und Hörer mittlerweile mitbekommen. Michael und ich haben inzwischen bestimmt die Blutgruppe Rhône positiv. Ja, das ist halt einfach so unser Ding irgendwie.
Michael
00:02:55
Michael: Oh Gott, oh Gott, wie erzähle ich das nur der Polizeikontrolle dann, nee? Aber ganz ehrlich, Châteauneuf-du-Pape oder die klassische GSM Cuvée von der südlichen Rhone, also Grenache, Syrah, Mourvèdre mit den wechselnden Anteilen in der Cuvée. Klar, das ist unser Hometurf. Tobias.
Tobias
00:03:12
Tobias: Allerdings.
Michael
00:03:13
Michael: Aber auch im Languedoc-Roussillon, unsere Folge über diese Weinregion, ist ja noch nicht ganz so alt, spielen die beiden Rebsorten auch gemeinsam eine große Rolle. Aber jetzt sind wir wieder schon so französisch.
Tobias
00:03:26
Tobias: Stimmt.
Michael
00:03:26
Michael: Rhône, Languedoc-Roussillon, das ist ja nur eine Seite des Syrah oder auch des Shiraz.
Tobias
00:03:33
Tobias: Ja, allerdings. Und darüber reden wir ja auch gleich noch, über den Shiraz aus der neuen Weinwelt sozusagen. Aber lass uns jetzt, Französisch hin oder her, trotzdem noch mal erst an der Rhône bleiben. Allerdings - Achtung - lass uns an der nördlichen Rhône bleiben, denn du hast gerade nur vom Syrah in verschiedenen Cuvées gesprochen. Also „nur" in Anführungszeichen, bitte. Aber Syrah geht eben auch reinsortig, nämlich eben an der nördlichen Rhône. Ich erinnere dich nur an solche Appellation wie Côte-Rôtie oder Hermitage oder Saint-Joseph oder Cornas, „Corna" oder wie auch immer. Ja, da ist Syrah die alleinige Nummer 1 sozusagen. Und das sind wahnsinnig tolle Weine. Da fängt mein Syrah-Herz wieder richtig an zu wummern.
Michael
00:04:21
Michael: Ja, ich höre es halt. Wie viele Beats per Minute? Aber okay, lassen wir das jetzt mal...
Tobias
00:04:25
Tobias: Mindestens 180.
Michael
00:04:26
Michael: ...ruhig bleiben erstmal. Ja, ich weiß ja auch, worauf du hinaus willst. Und es gibt halt diese beiden Grundstile, die man beim Syrah unterscheiden kann. Ich sage mal, ein Syrah aus einer kühleren Region versus einem Syrah, aus einem wärmeren oder gar heißen Anbaugebiet. Also ein eher eleganter Syrah, der sich schlanker präsentiert als so ein opulenter, schwergewichtiger Bruder, der aus vollreifen Trauben mit hohen Zuckerwerten erzeugt wird. Darauf spielst du ja an, oder?
Tobias
00:05:00
Tobias: Ja, genau. Wobei man natürlich auch noch mal hervorheben muss, dass die Rebsorte eben auch beides kann. Also der Unterschied geht ja bis in die Fruchtaromen, die sich in den beiden Syrah-Stilen zeigen. Also das kann man auf jeden Fall mal unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg geben. Also achtet auf die Weinregion, aus der euer Syrah kommt. Eher kühles Klima oder eher richtig warm? Schon habt ihr zumindest einen ersten Hinweis auf die Stilistik des Weines.
Michael
00:05:29
Michael: Ja, okay. Stilistik, erster Hinweis. Aber verlassen wir jetzt bitte mal Frankreich mit der nördlichen und der südlichen Rhône und dem Languedoc-Roussillon. Ja, in Spanien ist die Rebsorte Syrah auch außerordentlich beliebt, muss man auch mal sagen. Da wird sie ja meistens im Zusammenspiel, also als Cuvée mit anderen Reben eingesetzt. Da gibt es vom klassischen Syrah Garnacha, Grenache kann man auch sagen auf Französisch, bis zur Cuvée aus Syrah und heimischen Rebsorten. So was wie Tempranillo oder Monastrell, was wiederum Mourvèdre ist - Entschuldigung - in Frankreich. Ja, aber auch gemeinsam mit anderen internationalen Reben, sage ich jetzt mal, oder französischen Reben wie Merlot und Cabernet Sauvignon. All das findet man in Spanien, also. Aber vielleicht als Einschränkung zu dem, was wir eben gesagt haben, in Spanien ist der Syrah eher ein Teamplayer.
Tobias
00:06:27
Tobias: Ja, muchas gracias. Also ähnlich wie in Frankreich halt eher Cuvée-Partner. Und klar, ist ja logisch, dass du jetzt mit Spanien daherkommst. Und das war tatsächlich jetzt auch noch mal interessant. Aber du musst ja zugeben, ein Weinland liegt in Hinblick auf Syrah noch viel näher. Ja, dreimal darfst du raten. Deutschland natürlich! Und durchaus mit reinsortigen Syrah Weinen. Denk mal an den große Réserve Syrah von unseren Freunden, den Rings-Brüdern, oder hier den Syrah von Markus Schneider, den ich doch zwei hohen Winzern in Frankreich zum Abendessen eingeschenkt habe. Und die sind wirklich fast vom Glauben abgefallen. Den ganzen Abend über haben die mir noch zugenickt und irgendwie den Kopf geschüttelt gleichzeitig, weil sie das nicht glauben konnten. Aber Deutschland kann eben auch diese Art von Rebsorten. Ich sage jetzt mal so mit Einschränkung dank der Klimaerwärmung. Aber Syrah wird hier auch richtig reif. Aber so richtig. Aber gut, es ist jetzt, sage ich mal, von der Rebfläche in Deutschland noch ein absolut kleines Licht, das muss man sagen. Und deswegen müssen wir uns jetzt eigentlich in ein deutlich weiter entfernteres Weinland begeben, wo die Rebsorte nämlich wirklich eine sehr, sehr große Bedeutung besitzt, nicht zuletzt natürlich in Bezug auf die Gesamtrebfläche. Wir müssen also unbedingt über Australien reden, ja. Zumal es ja nach deiner Syrahtypologie, also kann reinsortig angebaut werden oder in eine Cuvée eingehen, kann aus kühleren oder wärmeren Regionen stammen, dort die reinsortige Machart, wie an der nördlichen Rhône, überwiegt. Ja, und noch etwas ganz Wichtiges: In Australien heißt der Syrah eben nicht Syrah, sondern, jetzt haben wir es endlich, Shiraz.
Michael
00:08:20
Michael: Shiraz. Ja, zwei unterschiedliche Namen, obgleich, so eine gewisse Ähnlichkeit lese ich ja, wenn ich mir die so vorstelle vor dem inneren Auge. Syrah, Shiraz, ja, ne? Aber es ist...
Tobias
00:08:33
Tobias: Das ist jetzt nicht so wie Primitivo und Zinfandel.
Michael
00:08:35
Michael: Nein, nein, nein, nein. Aber es ist eben auch eine genetisch identische Rebe. Also die sind gleich, absolut. Allerdings, wenn ich da richtig informiert bin, das geht ja dann immer so hin und her bei der Kunde von den Rebsorten, haben Syrah und Shiraz dennoch eine unterschiedliche Entstehungsgeschichte. Also da ist noch mal was anderes zufällig gekreuzt und zusammengekommen. Ich kann das jetzt an der Stelle gar nicht mehr so richtig rekonstruieren. Vielleicht später noch mal dazu, ich gucke noch mal nach. Außerdem muss ich jetzt so weit ausholen. Du weißt, also diese Ganzen...
Tobias
00:09:10
Tobias: Ne, ne. Das ist jetzt an der Stelle, ist das jetzt einfach auch noch nicht der richtige Zeitpunkt. Das machen wir noch mal später. Denn sonst verlieren wir jetzt wieder Australien aus den Augen, obwohl das so groß ist. Wenn man nämlich an den Süden des Weinlands Australien denkt, also die kühleren Regionen - Achtung südliche Erdhalbkugel, da ist das alles andersrum -, dann kommen von dort eben durchaus schlankere Shiraz-Weine, die fast mehr rote als schwarze Beerenfrüchte riechen lassen, die eben nicht so üppig sind und oftmals auch diese berühmte Pfeffernote aufweisen, die man halt eben auch von der nördlichen Rhône kennt. In den wärmeren Regionen, ja klar, da entstehen natürlich Shiraz-Weine mit mehr Körper, mit deutlich mehr Fruchtausdruck, dann auch mit, ja klar, mehr Alkohol. Und klar, ich habe gesagt reinsortig überwiegt, aber wir dürfen auch nicht vergessen, Shiraz wird auch in Australien mit anderen Rebsorten vermählt. Also ganz häufig mit Cabernet Sauvignon, weil die Rebsorte da auch ganz, ganz viel angebaut wird. Das sind dann nicht selten, ich sage jetzt mal, marmeladig kräftige Fruchtbomben, wo ich hinten auf dem Rückenetikett dann schon auch mal 17 % Alkohol entdeckt habe, wo ich dachte, dass ist vielleicht sogar gar nicht erlaubt. Aber ja, sowas fand ich früher, ich sage jetzt mal, wirklich affengeil. Ja, aber wenn ich so was jetzt im Glas habe, da bin ich eigentlich nach einem Schluck schon ja, ich sage mal, satt.
Michael
00:10:40
Michael: Du bist ja echt ein Weichei. Interessanterweise, muss man sich ja auch mal überlegen, übernimmt ja der Syrah in dieser, oder der Shiraz, besser gesagt, in dieser Cuvée mit dem Cabernet Sauvignon eher so den Part eines Merlot. Also das ist vielleicht auch noch so ein Talent dieser Rebsorte, die kann auch irgendwie andere noch mal ersetzen. Aber okay, zurück zum Syrah, und wir bleiben mal in der südlichen Hemisphäre, also auf der südlichen Halbkugel. Denn in Südafrika ist die Rebsorte nämlich gleichfalls sehr beliebt. Ja, auch dort finden sich übrigens beide Weinstile, die üppigeren, körperreicheren Syrah mit mehr Alkohol aus den heißen Weinregionen, und die schlankere Variante mit dem typischen Pfefferton, du hast es eben angesprochen, aus den kühleren Anbaugebieten. Die liegen entweder ganz hoch oder ganz nah an der kühlenden Küste, kann man jetzt auch mal so sagen an der Stelle. Dennoch noch einmal, bei der Auswahl des Syrah genau auf seine Heimat schauen, bitte merkt euch das. Cool Climate steht für die eher elegante Variante. Warme, heiße Regionen für die körperreichen Bomben, die der Tobias nicht mehr mag. Also mit expressiver Frucht, sage ich jetzt mal, aber eben auch oftmals mit ein bisschen mehr Alkohol.
Tobias
00:12:04
Tobias: Ja, genau. Und du wirst es nicht glauben, wenn wir nach Chile und Argentinien schauen, findest du gleichfalls den doppelten Stiel von Syrah, also das doppelte Lottchen sozusagen. Kalifornien, ja, im Prinzip auch. Aber dennoch - Achtung - natürlich schmecken diese Weine nicht in allen Weinländern gleich. Also diese beiden Stilausprägungen der Rebsorte, die lassen durchaus zwar Ähnlichkeiten entstehen, aber natürlich sind das keine uniformen Weine. Denn Mikroklima, Boden usw. macht natürlich noch ganz, ganz viel mit dem Wein und natürlich auch das, was der Winzer damit vorhat. Aber als ein Unterscheidungsmerkmal bei der Beurteilung taugt es dann halt eben doch irgendwie. Und das ist ja jetzt vielleicht auch noch mal ein Hinweis an die Hörerinnen und Hörer, so eine Verkostung von Syrah-Weinen, aber eben aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Stilistiken, das ist auf jeden Fall mal eine spaßige Sache. Muss man jetzt nicht unbedingt blind machen, sondern da geht es dann wirklich darum, die Rebsorte mal kennenzulernen. Also so was finde ich immer klasse.
Michael
00:13:09
Michael: Also bin ich dabei, bin ich dabei, Verkostung. Darf ich jetzt auch mal sagen, dass ich bei jeder Verkostung gerne dabei bin. Aber eines möchte ich jetzt noch mal zum Thema Stil noch mal sagen, du hast das eben so ein bisschen anklingen lassen schon, Wein wird ja von Menschenhand gemacht. Also der Winzer redet in Sachen Stil noch ein entscheidendes Wörtchen mit.
Tobias
00:13:29
Tobias: Ja, das stimmt.
Michael
00:13:29
Michael: Also das darf man nicht vergessen. Jetzt, egal über welche Region und über welches Klima wir jetzt reden. Also wie arbeitet der Winzer im Weinberg? Vor allem: Wann erntet er die Syrah-Trauben? Und auch im Keller gibt es so Stellschrauben, sage ich mal, von Maischestandzeit bis zum überhaupt Handling des Tresterhuts. Ja, und klar, natürlich die Arbeit mit dem Holz, die Reife, der Ausbau des Weines. Also genauso, wie man auf die Herkunft gucken muss, muss man eigentlich eben auch auf den Erzeuger gucken, für welchen Stil steht der?
Tobias
00:14:04
Tobias: Ja, ja, das stimmt. Das war aber jetzt auch in Sachen Fachbegriffe usw. ganz schön viel auf einmal. Also wir fangen mal im Weinberg und mit dem Lesezeitpunkt an. Also einerseits willst du natürlich vollreife Trauben ohne grünen Kerne, da die sonst Bitterstoffe in den Wein bringen. Andererseits verlierst du mit der Zeit die Säure in den Beeren, während dir der Zuckergehalt so richtig nach oben schnellt. Ohne Säure keine Frische, keine Lebendigkeit im Wein. Und viel Zucker führt eben auch zu viel Alkohol, zumindest wenn du einen trockenen Wein machen willst. Also zusammengefasst: Der Lesezeitpunkt entscheidet mit über den Stil, ganz klar. Und ja, dann führe du doch das jetzt noch mal mit dem Tresterhut-Handling aus. Ja, das muss man ja mal erklären.
Michael
00:14:54
Michael: Wirklich? Also so ein bisschen verlieren wir uns ja in so einem Thema. Wie wird Wein eigentlich gemacht? Ja, und wir sind ja heute eher mit dem Syrah-Ticket unterwegs, also. Oder pass auf, ich sage jetzt mal so, also die Syrah-Trauben, ja, die sind jetzt gepresst und die alkoholische Gärung läuft, können wir uns alle vorstellen. Was dann aber passiert, ist, dass diese Schalen der Trauben und auch teilweise die Kerne nach oben wandern und die bilden dann über dem Most den sogenannten Tresterhut, also die Kopfbedeckung der Maische, sag ich jetzt einfach mal. Jetzt muss man aber wissen, die Schalen sind ja wichtig für die Farbe und auch für einige Aromen im Wein. Und der Austausch funktioniert nur noch eingeschränkt, wenn die da obenauf schwimmen. Ja, also anders ausgedrückt: Wenn du den Tresterhut nach unten drückst oder auch ein bisschen verwirbelst, ja, dann klappt das eben deutlich besser. Also Farbe und Extrakt des Weines haben essenziell damit zu tun. Allerdings muss man bei diesem Verfahren auch so ein bisschen die Tannine, die Kerne, die die Gerbstoffe im Blick haben, wenn das zu viel wird, dann ist eben der Wein bitter. Aber Tobias, tatsächlich, das führt doch jetzt zu weit weg. Ich kann da noch viel erzählen. Also komm, bitte noch mal zurück zum Syrah alias Shiraz.
Tobias
00:16:19
Tobias: Ja, du hast recht. Aber je länger ich dir jetzt zuhöre, kommt mir eigentlich die Idee, dass wir unbedingt mal eine Folge über das Weinmachen als solches machen sollten. Also wie entsteht eigentlich so ein Wein? Vielleicht am Beispiel von Rot- und Weißwein? Oder vielleicht macht man daraus sogar zwei Folgen? Das wäre doch vielleicht was für euch, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer? Oder so eine Basic Folge. Ja, also du merkst schon, ich schreibe uns selber auf Facebook und Instagram oder auch die Mail, damit das Thema jetzt bald kommt.
Michael
00:16:53
Michael: Ja, okay. Mach mal, mach mal! Und die E-Mail, ja, richtest du bitte an podcast@weinfreunde.de, lieber Tobias. Ja, und Danke sage ich an der Stelle auch schon mal. Aber zurück noch mal, roter Faden, Syrah. Ja, erzähl uns doch mal was über die Eigenschaften der Rebe. Also, was muss man über Syrah als Pflanze wissen?
Tobias
00:17:16
Tobias: Ja, genau. Also Syrah, muss man sagen, treibt relativ spät aus. Das ist eine gute Eigenschaft, wenn man jetzt so an die Spätfröste denkt, die im Frühjahr immer so eine Gefahr darstellen. Das haben wir in den letzten Jahren in Deutschland ja auch immer wieder erlebt. Und durch dieses späte Ausreifen braucht die Rebe dann aber natürlich auch ein bisschen mehr Zeit, um dann, sage ich mal, wirklich Trauben und Beeren zu entwickeln, die dann auch komplett vollreif, wie wir das vorhin gesagt haben, sind. Ansonsten drohen eben diese Bittertöne, von denen wir auch schon gesprochen haben, durch grüne, noch nicht ganz reife Kerne. Und andererseits sagt man Syrah nach, dass die Rebsorte anfällig für Botrytis ist, also diese Edelfäule, die dann bei restsüßen Weinen durchaus gewollt ist. Ja, und dann gibt es da noch so ein paar Schädlinge, die mögen Syrah auch ganz gerne. Also ganz einfach ist die Rebe nicht. Vielleicht nicht ganz so die wahrhaft wie in Pinot Noir, aber es ist jetzt auch nicht so eine ganz einfache Rebsorte. Und ursprünglich, das muss man vielleicht dann auch noch abschließend sagen, also historisch betrachtet, eigentlich dein Thema, kommt Syrah wohl tatsächlich von der Rhône. Also wirklich eine urfranzösische Rebsorte.
Michael
00:18:35
Michael: Ja, da will ich dich jetzt mal ein bisschen ausbremsen. Das entscheiden wir später mit dem Urfranzösisch. Da haben wir so ein gewisses genetisches Dilemma der Rebsorte. Aber wir landen auch direkt bei der Geschichte von den beiden Namen, ja, also Syrah und Shiraz. Und Genetik lassen wir jetzt mal weg. Ich fange mit der Herkunft der Namen einfach mal an, die erklärt auch so eine Menge. Also Version Nummer 1. Angeblich taucht ein Vorfahre des Syrah, der Rebsorte, unter dem Namen Allobrogica schon beim römischen Historiker Plinius auf. Ein Naturforscher, der ganz viel beschrieben hat, auch ganz viel über Norditalien übrigens. So, egal, auf jeden Fall, und er sagt, das passt zu einem Keltenstamm, der in dieser Zeit früher gelebt hat. Und die heißen wie? Allobroger. Da haben wir also schon mal diesen Keltenstamm, die Region und einen Namen haben wir da schon mal zusammen. So, und denn, das muss man jetzt auch wissen, dieser Stamm, der lebte so zwischen der Rhône und dem Genfersee. Also urfranzösisch, da sind wir jetzt schon ein Stückchen näher. Ja, wir sind zumindest bei Syrah von der Rhône.
Tobias
00:19:49
Tobias: Ja, das klingt auch irgendwie logisch. Aber ich befürchte ja, wenn du jetzt Version 1 sagst, dann gibt es bestimmt noch mindestens eine zweite. Also demnach leg direkt wieder los, zumal du uns ja zu dem Shiraz bei deiner Geschichte noch gar nichts gesagt hast.
Michael
00:20:07
Michael: Nee, nee, ich habe mir auch echt Mühe gegeben, das vorher rauszufinden. Und ja, Geschichte, das ist manchmal eben auch nur Geschichten. Also jetzt langsam, Version 2. Demnach stammt die Rebsorte Syrah eben nicht von der Rhône. Also die hat da nur jemand mit hingebracht, die ist importiert worden, sozusagen. Und zwar von einem Kreuzritter namens, das weiß man angeblich dann auch, Gaspard de Stérimberg oder „Stérimber", so ungefähr Anfang des 13. Jahrhunderts passiert das. Und der hat sie von einem Kreuzzug mitgebracht ins gelobte Heilige Land, wohlwissend, dass die Rebsorte selber, also die Rebe, die er da mitbringt, ursprünglich aus der persischen Stadt Schiras kommt. Also jetzt hast du deinen Shiraz und jetzt hast du die Alternative, die ganz weit gen Osten führt.
Tobias
00:21:01
Tobias: Ja, das stimmt. Aber damit bin ich jetzt irgendwie gar nicht so happy, weil ich habe auch noch eine eigene Geschichte zum Thema Shiraz. Die wollte ich jetzt hier auch zum Besten geben und es hat dann doch eher was mit Australien zu tun, was für mich auch viel, viel logischer ist, aber gut. Ich glaube nämlich, an dem Namen Shiraz hängt auch viel, ich sag mal, Marketing. Denn klar ist auf jeden Fall, dass es ein Schotte war, der den Syrah nach Australien gebracht hat, und zwar so in den 1830er-Jahren. Das müsste dann eigentlich sogar noch vor der Reblauskatastrophe gewesen sein. Da war allen Beteiligten klar, die Rebe heißt Syrah. Das wusste man damals schon. Doch um sich jetzt abzugrenzen von Frankreich, hat man sich eben deiner, ich sage mal, Version 2 angeschlossen und die Reiseroute der Rebe quasi bis nach Australien verlängert. Und das hat ja gut funktioniert, wir haben ja darüber schon berichtet. Denn Shiraz aus Australien hat eben wirklich einen guten Ruf. Nicht nur eben diese marmeladigen Varianten, sondern denk nur mal an die Penfolds-Weine. Also ich sag mal Penfolds Grange, einen ikonischeren Shiraz gibt es ja kaum, und eben auch reinsortig. Und ja, das sind alles Weine, die ganz selbstverständlich auf allen Weinkarten der Welt zu finden sind, Shiraz aus Australien.
Michael
00:22:25
Michael: Ja, das hast du jetzt aber wirklich schön gesagt. Und stimmt, Stichwort Penfolds kann ich nur sagen, schaut doch mal in unseren Shop, da findest du das alles. Da gibt es genau diese Weine, von denen du jetzt so geschwärmt hast. Aber das Kapitel Syrah und Shiraz ist damit ja noch nicht zu Ende. Stichpunkt Familienverhältnisse der Rebsorte. Also wir müssen noch mal an die Genetik jetzt ran. Du wolltest doch für heute einen Vaterschaftstest machen, oder?
Tobias
00:22:56
Tobias: Ja, sehr, sehr witzig. Das ist gar nicht so ohne, lach da nicht. Also angeblich haben wir seit über 20 Jahren erst Klarheit. Da hat eine DNA-Analyse ergeben, dass es sich bei Syrah wohl um eine natürliche Kreuzung aus der weißen Rebsorte Mondeuse Blanche und der roten Rebsorte Dureza handelt. Diese beiden Sorten kommen tatsächlich ursprünglich aus der Region, die hier von deinem Keltenstamm besiedelt wurde. Wir sind also klar an der Rhône. Ja, ja, das stimmt schon. Aber dann habe ich noch einen Satz zur Syrah-Familie gefunden, der mich nachhaltig ja erst irritiert hat, aber dann eigentlich gefreut hat. Also pass mal auf, lese ich dir mal vor. Der Schweizer Biologe Dr. José Vouillamoz - ja, hört sich total schweizerisch an, aber egal - stellte im Jahr 2006 durch DNA-Analysen fest, dass - Achtung - Pinot Noir höchstwahrscheinlich ein Urgroßvater von Syrah ist. So, unglaublich, oder? Und jetzt wird alles klar, ja, wenn es um meine Rebsortenpräferenzen geht. Das musste eigentlich so sein.
Michael
00:24:06
Michael: Ja, Ja, okay. Nordfrankreich, verstehe schon. Aber ich stelle mir jetzt mal so vor, die Allobroger und die Burgunder, die hatten halt ein richtig gutes Verhältnis miteinander und haben sich auch ausgetauscht, so in Sachen Weinbau. Und so kommt das vielleicht, oder? Oder ähnlich. Ich weiß es ja nicht. Auf jeden Fall sind mit der Geschichte ja eigentlich für mich die Perser und der Shiraz raus. Das passt nicht zusammen.
Tobias
00:24:33
Tobias: Ja, du bist ja auch so ein alter Allobroger. Aber diese Abstammungsdramatik immer bei den Rebsorten, das ist auch ein Thema, das bekommt man einfach nicht in den Griff. Und alle, die unsere Folge über Grauburgunder oder Weißburgunder oder Spätburgunder gehört haben, wissen ja mittlerweile, dass es da vor Mutationen und natürlichen Kreuzungen nur so wimmelt. Da wird es dann schnell nicht mehr jugendfrei. Und das müssten wir dann bei der Podcastfolge kenntlich machen. Das möchten wir natürlich nicht.
Michael
00:25:01
Michael: Nein, nein, nein. Aber eigentlich gefällt mir dieses Abstimmungsthema schon. Also ich finde, das hat fast so was Politisches auf einer symbolischen Ebene. Aber lassen wir das jetzt mal weg, Politik wollten wir an dieser Stelle im Podcast ja außen vor lassen.
Tobias
00:25:18
Tobias: Sowieso.
Michael
00:25:18
Michael: Also machen wir mal ganz sachlich und faktengeprüft weiter mit unseren Merkpunkten, Tobias, also die für das praktische Weinwissen. Einverstanden?
Tobias
00:25:29
Tobias: Nee, nicht so ganz, denn ich hatte dir doch vor der Aufnahme gesagt, dass ich heute schon etwas zu der nächsten Folge sagen möchte. Einfach nur, weil es so gut passt und dann so ein Cliffhanger-Effekt irgendwie gibt. Denn im nächsten Bei Anruf Wein-Podcast geht es um das Weinland, ja, indem ich schon mal nachts bei der Syrahernte geholfen habe. Haha! Ja, ja, mehr verrate ich aber natürlich jetzt nicht, weil sonst ist es ja kein Geheimnis mehr. Na, hat da jemand denn einen Tipp, wo ich war?
Michael
00:26:04
Michael: Ich, ich!
Tobias
00:26:04
Tobias: Und überhaupt, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, schreibt gerne an podcast@weinfreunde.de und werdet nicht müde und gebt unserem Podcast auch Likes, Sternchen, positive Bewertungen und gute Kommentare. Wir wollen das. Wir brauchen das!
Michael
00:26:21
Michael: Ja, und das muss auch einfach sein. Also wir geben euch dafür jetzt an dieser Stelle noch einmal die wichtigsten Insights zum Syrah bzw. zum Shiraz. Tobias, komm, fang an!
Tobias
00:26:33
Tobias: Syrah zählt zu den edlen Reben mit internationaler Verbreitung von Frankreich über Spanien bis in die neue Weinwelt. Syrah ist immer schon da. Reimt sich sogar.
Michael
00:26:43
Michael: Der Syrah-Shiraz hat zwei Gesichter. Eines zeigt opulente Weine mit viel Frucht, Struktur und oft auch Alkohol. Das andere betont die elegante Seite und ist oft an Noten mit schwarzem Pfeffer und einem Plus an Frische erkennbar.
Tobias
00:26:59
Tobias: Die beiden Gesichter des Syrah haben viel mit seiner Herkunft zu tun. Kühlere Weinregionen stehen für schlankere Weine, wärmere und heiße für die opulenten Vertreter. Und das weltweit.
Michael
00:27:10
Michael: Aber Syrah kann ich nur solo. Die Rebsorte wird oft mit anderen Rebsorten vermählt, beim Châteauneuf-du-Pape oder der GSM-Cuvée von der Rhône ebenso wie bei Rotweinen aus Spanien oder Australien.
Tobias
00:27:23
Tobias: Und alle pikanten Details zur Abstammung des Syrah findet ihr demnächst im gepflegten Abendprogramm, sage ich jetzt mal so, und umso mehr sollten wir uns alle freuen, wenn es demnächst wieder heißt.
Michael
00:27:36
Michael: Bei Anruf.
Tobias
00:27:38
Tobias: Wein.