In dieser Folge von Bei Anruf Wein widmen sich Tobias und Michael der Weinerzeugung – von den Trauben, über den daraus gewonnenen Most und dem Gärprozess bis zur Reife im Holzfass. Die beiden erklären, was Maischestandzeit bedeutet, wie sich Rosé und Rotwein in ihrer Herstellung unterscheiden, was sich hinter der malolaktischen Gärung verbirgt und welche Rolle Technik, Erfahrung und Intuition im Weinkeller spielen. Eine Folge voller Grundlagenwissen und spannender Details rund ums Weinmachen.
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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken
Transkript
Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias.Willkommen Bei Anruf Wein. In 105 Folgen haben Michael und ich bereits über Wein
gesprochen,doch war die Herstellung von Rot-, Weiß-
und Roséweinen noch nie das zentrale Thema im Podcast.Das ändert sich heute, denn wir sprechen darüber,
wie aus Trauben Wein entsteht und was Winzerinnen und Winzer auf diesem Wegalles im Auge behalten müssen. Maische,
Edelstahltanks, malolaktische Gärung und viele andere Begriffe lernt ihr gleichkennen. Wenn ihr also schon immer mal wissen wolltet,
wie Wein entsteht, bleibt unbedingt dran.Und wenn ihr noch mehr von Michael und mir hören möchtet,
inklusive dem Verkosten von Weinempfehlungen,dann braucht ihr nur ein Kundenkonto bei weinfreunde.de.Denn hier wartet das Bonusprogramm Weinfreunde+ mit unserem Hörgenuss auf euch.Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:05
Wunderbar. Tobias, wie schön, dass du pünktlich in der Leitung bist.Ich freue mich nämlich heute sehr auf diese neue und 106.Folge von Bei Anruf Wein. Und keine Sorge,
liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, heute befinden wir uns auf gewohnt seriösemTerrain. Oder auch Terroir. Heute gehen wir wieder ganz normal,
die Weinerzähler.
Tobias
00:01:29
Ja, Weinerzähler, das gefällt mir. Ja, du spielst natürlich auf die vergangene
Folge an,da ging es zwar auch um Wein, aber um einen,
den es ja eigentlich gar nicht gibt.Denn die ganze Geschichte mit dem Soberaner,
der nicht-alkoholischen Gärung und dem alkoholfreien Naturwein war natürlichQuatsch. Ja, leider, muss man eigentlich sagen.Aber es war halt eben so, unser Podcast-Dienstag fiel zufällig auf den 1.April und ja, die Gelegenheit konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen.Es hat einen Riesenspaß gemacht.
Michael
00:02:01
Auf jeden Fall Spaß gemacht. Zumal ja diese ganze Story,
sich jetzt auszudenken und in unser Bei Anruf Wein-Format zu bringen,zugeschaltetem Studiogast inklusive, muss man ja auch noch mal sagen,
ja, das war schon lustig.Und also auch noch mal an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Professor
Dr.Lubenstein und...
Tobias
00:02:24
Ich richte es ihm aus.
Michael
00:02:25
...die Reaktionen von euch da draußen auf Insta,
Facebook oder auf den Podcastplattformen vor allen Dingen.Ja, die haben auch Spaß gemacht. Ja, früher oder später flog der
Soberaner-Schwindel zwar auf,aber übel genommen hat uns das eben keiner.Sehr schön.
Tobias
00:02:41
Nee, überhaupt nicht. Es fanden halt manche einfach schade,
dass es den Soberaner nicht wirklich gibt,denn so ein alkoholfreier Wein, der aber trotzdem wie ein normaler Wein
schmeckt,ja, das wäre es schon gewesen. Aber du sagtest ja eben früher oder später.Das habe ich noch mal recherchiert. Erst im Jahr 2031 fällt der 1.April wieder auf einen Dienstag. Und da bin ich mir noch nicht mal sicher,
ob das dann ein Dienstag ist,der in unseren Zwei-Wochen-Rhythmus des Podcastserscheinen passt.Aber da könnte ich mir vorstellen, da geht dann wieder was.Aber na gut, das ist auch noch ein bisschen weit hin.Ja, jetzt muss ich mal ganz elegant auf unser heutiges Thema überleiten,
denn ja,das bringt uns wieder so richtig down to earth.Ja, nämlich in den Weinberg und vor allem auch in den Keller.Ja, und dabei ist es mal wieder eine Überraschung für mich,
dass wir das Thema noch nie so wirklich im Podcast hatten.Denn es geht um ein wirklich essentielles Thema,
ohne das es unseren Podcast gar nicht gäbe,denn wir sprechen heute darüber: Wie wird Wein eigentlich gemacht?Also wie wird aus Traubensaft genau das,
was uns so gut gefällt: Wein.Und ja, mit Alkohol.
Michael
00:04:01
Okay, also einschränkend muss man ja sagen,
wir haben immer wieder mal über Weinerzeugung oder zumindest einzelne Stationender Weinerzeugung hier im Podcast gesprochen.Also...
Tobias
00:04:11
Ja, gut, das stimmt.
Michael
00:04:12
...zuletzt zum Beispiel in der Folge über den Ursprung des Weins.Ja, einer meiner Lieblingsfolgen.
Tobias
00:04:17
Absolut.
Michael
00:04:18
Da haben wir sogar die vorgeschichtliche Sesshaftwerdung von Menschen mit diesem
Prozess begründet.Also du weißt noch, diese Geschichte mit dem im Lederbeutel vergorenen Most.Und auch jetzt ein bisschen sachlicher,
auch wenn wir Schaumweine und Rosé, Eiswein oder,was noch, so was wie Fassreife zum Thema hatten,
da sind wir immer wieder genau in diesen Prozess Weinerzeugung eingestiegen.
Tobias
00:04:44
Das stimmt.
Michael
00:04:44
Also ganz so unbescholten sind wir nicht.Aber heute wollen wir es eben mal systematisch angehen,
so von Anfang an.Und deshalb die Frage: Wo fangen wir denn an,
Tobias?
Tobias
00:04:56
Ja, ich würde jetzt mal sagen, am Anfang steht der Most,
also der Saft der Trauben.Also da müssen wir jetzt gar nicht mehr über Weinbergsarbeit und Ernteprozesse
und all das sprechen.Nein, wir sprechen jetzt schon über so eine Art Starterset für den Wein,
eben den Most .Und gleich, welcher Farbe und egal, ob prickelnd oder nicht,
das macht jetzt erst mal keinen Unterschied.Und ja, gut, genau genommen ist es dann halt eben aber nicht nur der Saft der
Trauben,sondern eben auch die Schalen und die Kerne.Die sind für das Weinmachen auch durchaus wichtig.Da geht es dann beispielsweise um Farbe,
siehe Schale, aber auch um Geschmack, siehe Schale und Kerne,muss man dann schon wieder sagen. Also deswegen sagen wir vielleicht besser:
Am Anfang sind die Trauben.Ja, und das führen wir jetzt einfach noch mal etwas genauer aus.
Michael
00:05:48
Genau. Denn direkt nach diesem Starterset,
der Trauben, wie du es genannt hast,kommen wir ja auch schon direkt zum Handwerk der Weinerzeugung,
also zum Faktor Mensch.Ganz einfach gesprochen, irgendeiner muss die Trauben schließlich pressen,
um den Saft zu gewinnen.Ja, mit so einem Lederbeutel voll Wein kommt man nicht so weit wie in unserer
Geschichte.Und an diesem Punkt sind dann eben auch die Schalen noch einmal wichtig.Deshalb war das gut, die ganze Traube zählt.Denn auf diesen Schalen leben genau jene Hefen,
die am Ende die alkoholische Gärung in Gang setzen.Das geht selbstverständlich auch mit zugesetzten Hefen,
also „künstlichen" Hefen,in Anführungszeichen.
Tobias
00:06:30
Reinzuchthefen.
Michael
00:06:31
Durchaus nicht unüblich heutzutage, aber naturnahes Weinmachen entscheidet sich
für die natürlichen Weinbergshefen und diesogenannte spontane Gärung. Was für ein schönes Wort,
ne?Bei dieser spontanen Gärung bestimmen nämlich die Hefen selbst,
wann es mit der alkoholischen Gärung losgeht und wie sie jetzt verläuft.
Tobias
00:06:55
Ja, und wird Wein in größerem Stil oder sogar industriell hergestellt,
dann möchte man sich natürlich nicht so gerne auf die natürlichen Hefenverlassen. Und da kommen dann gerne Reinzuchthefen ins Spiel. Aber gut,
man kann eben diesen Prozess dennoch etwas steuern,ihm eine gewisse Richtung geben, auch, sage ich mal,
bei völlig naturnah arbeitenden Winzern,nämlich über die Temperatur. Ja, denn was ganz klar ist,
ist, dass bei warmen Temperaturen die alkoholische Gärung schneller verläuft.Und die Sache ist ja eben, die Gärung selber erzeugt ja auch Wärme,
und dann kann so eine Gärung sehr schnell über das Ziel hinausschießen,dann verläuft die zu schnell und das Ergebnis ist eben weniger gut.Und deshalb sind die temperaturkontrollierten Edelstahltanks,
die eigentlich mittlerweile in allen Kellereien weltweit eingesetzt werden,für das Weinmachen so hilfreich. Wir waren ja schon viel unterwegs,
Michael, und ich weiß nicht,wie viel Hunderte, also ich denke eher Tausende Edelstahltanks wir schon zu
Gesicht bekommen haben .
Michael
00:07:59
In allen Größen, aber immer mit diesen markierten,
geschliffenen Mustern.Du weißt, was ich meine.
Tobias
00:08:04
Ja, allerdings. Aber genau, die sind unwahrscheinlich hilfreich.Und so bekommen dann die Kellerratten, ja,
so nennen sie sich ja gerne die Frauen und Männer,die sich um das eigentliche Weinmachen kümmern,
den ganzen Vorgang überhaupt erst unter,ja, da ist er wieder, unter Kontrolle eben.Aber na ja, wir sind jetzt damit eigentlich auch schon bei der alkoholischen
Gärung und ich muss aber vorher noch mal zu Most zurück.Genauer gesagt zu der sogenannten Maische,
also dem Most, dem Saft inklusive der Traubenschalen und manchmal sogar auch mitTeilen der Stiele. Denn an dieser Stelle geht es um ganz,
ganz viel beim Weinmachen.Das ist bei der Weinerzeugung ja geradezu eine Gelenkstelle.Denn was hier passiert, hat dann eben auch Einfluss auf die Farbe,
ihre Intensität,aber auch auf den Körper des Weins. Und letzten Endes muss man auch sagen,
hier scheiden sich auch die Wege von Weißwein,Rosé und Rotwein.
Michael
00:09:04
Genau, denn das muss man an der Stelle jetzt mal dazu sagen.Beim Weißwein werden im Prinzip die Trauben nur abgepresst.Da geht es wirklich nur um den reinen Most,
ohne Zeit mit den Schalen jetzt.
Tobias
00:09:19
Auf jeden Fall in den allermeisten Fällen.
Michael
00:09:21
Ja, ja, ja. Und von den Farbstoffen, die sich selbstverständlich auch in den
Schalen von weißen Rebsorten befinden,das vergisst man ja zu schnell, denke nur mal an unseren Grauburgunder und den
Podcast,den wir darüber gemacht haben, das war im allerersten Jahr sogar,
aber da ist es halt eben so,wenn der so ein bisschen Maischestandzeit bekommt,
dann geht er schon fast als Rosé durch.Also eben, weil da Farbe in den Schalen ist.Also Maischestandzeit, das meint eben genau die Zeit,
in der die Schalen auf den Saft einwirken können,also Farbstoffe, Geschmacksstoffe, aber eben auch Gerbstoffe abgeben.Und so kann man sich auch eben diesen angesagten Orangewein erklären.Ja, das ist ein Wein aus weißen Trauben,
der aber entgegen dem üblichen Brauch bei Weißwein,eben eine gewisse Zeit im Kontakt mit den Schalen verbracht hat.Also wenn du so willst, ist das eine Art Weißwein,
der wie ein Rotwein hergestellt wird .Und das bringt ihm die Farbe ein, die sich eben doch deutlich von Weißwein
unterscheidet und,ja, ich sage mal eher orange- oder bernsteinfarben,
Amber, wie man so schön sagt,oder eben beim Grauburgunder auch mit so einer leicht rötlichen Schale schon
fast Rosé auswirkt.
Tobias
00:10:42
Ja, genau das finde ich jetzt auch ein gutes Thema.Lass uns also mal bei dieser Farbenlehre beim Weinmachen bleiben.Für mich ist jetzt mal Rosé das Stichwort.Der wird eben nahezu ausnahmslos aus roten Rebsorten erzeugt.Nur ganz selten ist es erlaubt, sozusagen Rot-
und Weißwein zu mischen.Das denken ja die meisten, dass Rosé immer so gemacht wird.Aber hier geht es auch um die Kombination aus Rebsorte und Maischestandzeit,
also dem Kontakt mit den Schalen und dieDauer, die bestimmt dann, sage ich mal,
den Rosé-Ton vom hellen Rosa bis zu satten Lachsfarben.Teilweise wird der auch relativ schnell einfach nur abgepresst.Da kommt dann nur ganz wenig Farbstoff in den Wein rein.Andere Rosés, die werden so, da sagt man doch,
irgendwie so ausgeblutet.Da geht es dann schon um wirklich etwas,
genau, um etwas mehr Rosaton.Die können dann schon ordentlich kräftig sein.Aber ansonsten kann man eigentlich sagen,
beim Erzeugen von Rosé bemisst sich die Maischestandzeit normalerweise inStunden. Das ist also ein sehr kurzer Prozess.Ganz anders natürlich bei Rotweinen. Da sprechen wir dann von Tagen und
teilweise auch 2,3, sogar 4 Wochen. Ja, und da ist natürlich klar,
dass wir über eine viel, viel intensivere Farbe,aber auch Aromatik sprechen. Das ist ganz klar.Schale und Most, da findet wirklich ein extremer Austausch statt.Zudem, wenn wir jetzt noch mal an die alkoholische Gärung denken,
jetzt sind wir wieder bei dem Schritt,bildet sich außerdem oben auf der Maische der sogenannte Tresterhut,
und der besteht aus Schalen und Fruchtfleischanteilen.Und mit diesem Tresterhut lässt sich dann sozusagen auch noch mal arbeiten.Also das Stichwort heißt Extraktion. Also man entzieht den Schalen und Kernen so
viel wie möglich.Da kann man also bei einem Rotwein sehr,
sehr gut variieren, welchen Charakter,welche Stilistik man auch haben möchte.
Michael
00:12:48
Ja, also so eine sehr traditionelle Technik für diese Extraktion ist das
Untertauchen des Tresterhuts zurück in den Most sozusagen.Also es wird per Hand gemacht mit ganz speziellen Werkzeugen.Das bedeutet aber auch einerseits braucht es richtig viel Kraft,
um das zu tun.Das ist nicht ganz so einfach. Und andererseits braucht es aber auch größte
Vorsicht,denn beim Aufbrechen des Tresterhuts, der das Ganze ja quasi dicht abdeckt,
entweicht eben Kohlendioxid.Ja, also siehe alkoholische Gärung, das ist ganz normal.Und dann kann man ganz schnell das Bewusstsein verlieren,
wenn man das einatmet,dieses Gas. Ja, also das ist auch gerade deshalb ja so gefährlich,
weil du das Kohlendioxid eben nicht riechen kannst.Du merkst es gar nicht. Und ja, da hat es schon einige Unfälle und sogar Unfälle
größeren Ausmaßes gegeben.Und ja, ich sage jetzt mal für alle, die ihr Angeberwissen jetzt erweitern
wollen,auf Französisch heißt dieses Untertauchen des Tresterhuts Pigeage.
Tobias
00:13:56
Ja, und da muss man natürlich dazu sagen,
diese CO2-Unfälle, die sind sehr, sehr selten und werden auch immer seltener,weil es da mittlerweile so Warnsysteme gibt,
die das automatisch erkennen.Ist also nicht ein allzu gefährlicher Job,
Winzer zu werden.Aber ich mache mal mit dem Angeberwissen direkt weiter und nenne die Remontage.Ja, das ist wiederum das französische Wort für das,
was wir als Umpumpen kennen.Hört sich auf Deutsch schon wieder viel,
viel schlichter an.Und für diese Remontage entnimmt man unten im Fass oder eben Edelstahltank Most
und den lässt man dann obenwieder über den Tresterhut laufen, um diesen dann wieder einzuweichen und so den
immer wiederkehrenden Austauschprozess zwischen Schale und Saft zuintensivieren. Umso mehr, wenn sich dann der Winemaker dazu entscheidet,
seine Trauben vielleicht gar nicht zu entrappen,also die Stiele einfach dran zu lassen. Dieses ganze Stielgerüst,
das nennt man dann Whole-Bunch-Vinifikation.Und da muss man jetzt nicht besonders phantasievoll sein,
um sich vorstellen zu können,daraus entstehen dann wirklich sehr, sehr kraftvolle Rotweine.Und ich glaube, beim Weißwein, da lässt man das mal eher sein.Wobei in Georgien, in den Amphoren, ich glaube,
da kamen die auch einfach komplett rein,die weißen Trauben, ne?
Michael
00:15:19
Ja, teils-teils, soweit ich weiß, da gibt es auch einen Unterschied.Aber du hast recht, das ist dann schon ein wichtiges Stilmittel beim Weinmachen.Und deshalb lohnt es sich auch immer mal bei so einer Weinbeschreibung
hineinzuschauen,steht darüber etwas, wie dieser Wein hergestellt wurde?Ihr merkt ja, es gibt unterschiedliche Effekte.Und wenn ich jetzt noch mal auf deine Remontage,
auf das Umpumpen zurückkommen darf,ich habe noch was im Angebot. Also die Délestage.Ja, die macht das Gleiche, aber quasi im ganz großen Maßstab.Es wird nämlich der komplette Most aus dem Gärbehälter abgezogen,
also alles an Saft.Und damit sinkt dann natürlich dieser Tresterhut zu Boden.Und genau auf diesen, wenn er dann unten liegt,
am Boden sozusagen, wird der Most wieder draufgegeben,damit er wieder langsam nach oben wandern kann.Allerdings ist dieses Verfahren, ich sage mal,
mit Vorsicht und Fingerspitzengefühl anzuwenden,denn zu viel Extraktion ist ja auch nicht gut.Also dann wird es eben zu kräftig und zu stark und vielleicht auch zu bitter,
denn die Gerbstoffe in den Traubenkernen,die wirken dann eben auch auf den Most ein.Aber jetzt lassen wir mal das beiseite. Wir lassen auch mal diese ganzen Dinge
wie das sogenannte Abziehen weg,bei dem der eigentlich schon fertige Wein von allen Feststoffen und Heferesten
getrennt wird,die es noch von der alkoholischen Gärung gibt.Und geht es jetzt um Weine, die ganz jung ins Glas gehören,
ja, steht nach dem Abziehen und so ein bisschen Beruhigung des Weinsauch schon das Abfüllen in Flaschen an. Ja,
also damit ist dann der neue Weinjahrgang erstmals verfügbar.
Tobias
00:17:10
Ja, und das gilt natürlich nur für Weine,
die keine weitere Reife im Fass und oder,sage ich mal, auf der Flasche erfahren. Muss man ja auch dazu sagen,
denn die bleiben ja erst mal im Keller,um ausgebaut zu werden, so nennt man das ja.Und es ist ja auch unbestreitbar, dass beispielsweise die Reife im Holzfass
spürbaren Einfluss noch auf den Geschmack von Wein nimmt.Aber auch so Dinge wie Lagerfähigkeit sind natürlich ein großes Thema,
wenn es um Holzausbau geht.Und ja, da kann ich natürlich nur auf unsere Folgen zur Lagerfähigkeit und zum
Holzeinsatz bei der Reife von Wein verweisen.Das haben wir an anderer Stelle schon mal sehr detailliert hier im Podcast
besprochen.Da könnt ihr - nein, da solltet ihr unbedingt reinhören,
selbst wenn es ein 2.Mal oder ein 3. Mal ist, denn diese Folgen passen einfach jetzt sehr,
sehr gut zusammen.Da gehen wir dann erst so, wie sagt man schön,
Full Circle, ja.Und außerdem, du hast natürlich recht, Michael,
einiges vom Prozess des Weinmachens haben wir ebenfalls schon angesprochen imBei Anruf Wein-Podcast. Aber gut, wo machen wir jetzt weiter?Ja genau, wir waren jetzt bei der Reife stehen geblieben. Also ja,
dieser Wein,in der Mehrzahl Rotwein, kommt selbstverständlich erst dann in den Verkauf,
wenn er seine Reife im Fass und auch auf der Flasche durchlaufen hat.So läuft das ja dann auch meist bei den Spitzenweinen aus Bordeaux und Burgund,
oder denk auch an Spanien,Rioja, Ribera del Duero mit Crianza Reserva oder Toskana und Piemont mit
Riserva.Da ist ja dann dieses Thema Fassreife auch vorgeschrieben,
das wie lange das dann gut...
Michael
00:18:54
Ja, ist schon gut, Herr Weinlakei, du musst jetzt nicht gleich den Connaisseur
oder Weinnerd hier raushängen lassen.Wir wissen, was du meinst . Und wir halten jetzt noch mal kurz und knapp fest.Weinerzeugung, Pressen, eventuell Maischestandzeit,
alkoholische Gärung, und eigentlich ist der Wein fertig.Also ganz grob formuliert.
Tobias
00:19:16
Ja, ja, sehr grob natürlich mal wieder von dir formuliert,
denn es gibt natürlich schon noch so ein paar Finessen,die Weinmacherinnen und Kellermeister auf Lager haben,
um den Wein dann geschmacklich zu verändern oder anzupassen oder in ihrerStilistik in irgendeiner Form auszuprägen.Da muss man jetzt noch mal ein wichtiges Stichwort nennen,
nämlich die malolaktische Gärung,auch BSA für biologischer Säureabbau genannt.Das wird vornehmlich bei der Rotweinerzeugung eingesetzt,
oder eigentlich wird es immer bei der Rotweinerzeugung eingesetzt.Und das muss man kurz erklären, was da passiert,
was die BSA bewirkt.Warum heißt es biologischer Säureabbau? Weil die Säure im Wein erst mal vor
allem aus Apfelsäure besteht.Und das kann man sich ganz gut vorstellen. Die ist dann eher so spitz und
intensiv im Wein.Denk mal an einen schönen frischen Riesling,
dann merkst du das sehr, sehr gut.Bei einem Rotwein ist das natürlich nicht immer sehr erwünscht.Das kennt man halt einfach anders bei Rotweinen,
zumindest bei den meisten.Und deswegen wird die malotaktische Gärung eingesetzt,
um die Apfelsäure dann in die weichere Milchsäure umzuwandeln.Deswegen malolaktisch. Und das gibt dem Wein dann so ein bisschen mehr Fülle,
Geschmeidigkeit und aber halt eben auch so eine etwas sanftere Säure.Kann man sich ja bei Milchsäure vielleicht durch Joghurt oder Käse auch ganz gut
vorstellen.Bei Weißwein kommt dann BSA seltener zum Einsatz,
weil die sollen meistens frisch und elegant und schlank sein.Aber wenn du mal an so einen etwas dickeren,
volleren Chardonnay aus Kalifornien denkst,ja, da kommt dann diese malolaktische Gärung doch auch ganz gern zum Einsatz.Und dann wirken die auch so richtig cremig und laktisch.Ich mag das ja auch ganz gerne, zumindest wenn noch ein bisschen Säure übrig
geblieben ist.
Michael
00:21:12
Ja, ich denke jetzt wieder an Professor Dr.Lubenstein. Ich weiß auch nicht warum, aber egal. Also bei Weißweinen,
du hast es gesagt,eher nicht mit einer malolaktischen Gärung.Ja, aber die haben ja andere Möglichkeiten.Also da lässt man den Wein zum Beispiel schon mal länger auf der Hefe reifen,
wie es so schön heißt.„Sur Lie" steht dann zum Beispiel immer auf den Flaschen des von mir so
verehrten Muscadet Sevre et Maine.Ja, also gemeint ist damit, dass man die nach der alkoholischen Gärung
abgestorbenen Hefen eben im Wein belässt und eben dieseHefen auf den Wein einwirken lässt. Ja,
die Weine wirken dann auch cremiger oder zeigen das dann vor,was man so Schmelz im Allgemeinen nennt.Und ganz wichtig: Bei der Erzeugung von Schaumweinen spielt dieses Einwirken der
Hefe eine ganz,ganz wichtige Rolle. Ja, also bei der traditionellen Flaschengärung wird die
Hefe nämlich erst beim Degorgieren des Schaumweins entfernt,also ganz zum Schluss.
Tobias
00:22:16
Ja, das ist eine super Ergänzung. Wir haben natürlich auch eine Champagnerfolge
schon oder eine Schaumweinfolge im Podcast.Da erzählen wir ausführlicher natürlich auch von dem Thema Hefe.Und ja, deswegen auch eine schöne Ergänzung,
weil nur mal so nebenbei, ich hatte kürzlich einen Silvaner im Glas,der 7 Jahre auf der Feinhefe im Holzfass reifte.Für Weißwein durchaus ungewöhnlich. Und da der Wein von einem VDP-Weingut
stammt,nämlich Schäffer in Franken, stammte die Hefe sogar von den Großen
Gewächs-Weinen.Die hat man dann, sage ich mal, in das Fass für diesen speziellen Silvaner noch
hinzugefügt.Da geht es dann halt eben auch um Komplexität.Du hast gesagt Schmelz usw., alles richtig.Aber es ist halt eben auch noch mal so ein Beitrag zur aromatischen Komplexität
und Vielschichtigkeit.Ja, das war wirklich ein tolles Ding. Aber,
liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, damit ihr das jetzt mal richtig einordnen könnt,sowohl die malolaktische Gärung als auch die Reife auf der Hefe finden nach der
alkoholischen Gärung statt,das muss man mal dazusagen.
Michael
00:23:27
Ja, ja, ja, auf die du eben gar nicht so richtig eingegangen bist,
sie quasi ganz klein gehalten.Dabei ist die alkoholische Gärung, ich sage jetzt mal,
ganz essenziell für die Wesensart Wein.
Tobias
00:23:41
Ja, ja, ich bin immer noch bei der nicht-alkoholischen Gärung,
ich gebe es zu. Und war ja klar,dass du damit jetzt noch mal um die Ecke kommst mit der alkoholischen Gärung.Aber du hast leider recht, muss ich sagen.Allein zum Thema Alkohol im Wein inklusive alkoholische Gärung gibt es,
muss ich jetzt schon wieder sagen,schon eine Bei Anruf Wein-Folge von uns,
kann man sich also auch noch mal alles en détail anhören.Aber eine Kurzversion von, ich sage jetzt mal,
maximal 30 Sekunden sei dir gestattet.Also Michael, die Zeit läuft für deine alkoholische Gärung.
Michael
00:24:14
Die alkoholische Gärung ist das Wunder,
bei dem Hefen den Zucker im Most in Alkohol,Kohlendioxid und Wärme umwandeln. Die alkoholische Gärung macht den Saft zum
Wein.Ja, sie ist ein Wunder, weil sie etwas schafft,
das zuvor einfach nicht da ist.Und mit dem Alkohol kreiert sie einen Geschmacksträger und ein Rauschmittel
gleichermaßen,was seit jeher kontrovers diskutiert wird.Da halte ich mich jetzt mal raus. Und ja,
Konservierungsmittel ist sie auch noch dazu.Also basta und Prosit!
Tobias
00:24:50
Böööp! Ja, naja, okay, also bist du ungefähr im Zeitlimit geblieben.Man hätte es natürlich jetzt noch ein bisschen sachlicher,
weniger leidenschaftlicher formulieren können.Außerdem habe ich natürlich jetzt den Hinweis noch mal auf unsere
nicht-alkoholische Gärung und den Soberaner vermisst,aber na gut. Wir schauen uns mal unsere Checkliste an,
denn ich glaube, wir haben ja zur Weinerzeugung jetzt alles zusammen,oder?
Michael
00:25:15
Na . Also eigentlich muss man sagen, wir haben jetzt ganz viel Standardarbeit
geschlabbert,die auf die Weinmacherinnen und Winzer da zukommt.Also das Abziehen der Schalen oder auch der Grobhefe,
weiß ich nicht, das Klären und das Stabilisieren.Aber das führt vielleicht auch zu weit an dieser Stelle.Aber eine Arbeit im Weinkeller wäre mir jetzt noch wichtig.Also eine, die den Faktor Mensch und das Handwerk Weinmachen noch einmal
wunderbar veranschaulicht.Also Tobias, ich rede über das Verschneiden,
das Vermählen.Also sage uns doch bitte noch etwas über Cuvée und Assemblage.Weil für mich persönlich ist das jetzt so die ganz hohe Kunst des Weinmachens.
Tobias
00:26:03
Ja, ja, ich höre schon, hier schwingt bei dir wieder viel Begeisterung mit.Mit Recht, natürlich. Denn wenn wir über Weine aus dem Bordeaux,
über einen Châteauneuf-du-Pape oder auch einen klassischen Wein aus der Riojasprechen, geht es eigentlich immer um diese ominöse Assemblage oder auch Cuvée.Ja, die Begriffe kann man fast bedeutungsgleich verwenden.Vom Champagner mal ganz zu schweigen, wo die Non-Vintage Cuvées die
Aushängeschilder der großen Champagnerhäuser sind.Aber gemeint ist damit halt immer das Zusammenführen.So ganz emotionslos gesprochen . Ich sage extra nicht verschneiden,
weil sich das noch schrecklicher anhört.Aber es ist eben das Zusammenführen von verschiedenen Weinen,
Rebsorten oder auch einfach Lagen,und im Fall von Champagner sogar ganz häufig eben von Jahrgängen,
um eben immer so den Hausstil gewährleisten zu können.Und ja, dafür ist wirklich viel Gespür für diese neuen Weine notwendig,
damit natürlich auch viel Erfahrung,um das wirklich richtig gut zu machen. Vor allem,
weil du ja überlegen musst, die Aufgabe ist in jedem Jahr dann auch wieder eineneue.
Michael
00:27:16
Ja, und jedes Jahr aufs Neue. Und in Zeiten des Klimawandels ja allemal.Also das betrifft jetzt einerseits das Timing,
also reifen die Trauben schneller oder langsamer als gewohnt,aber eben auch die Qualität und die Quantität der Trauben.Was bringt dieses Jahr gerade, wie ist es gelaufen?Und ja, nicht zu vergessen, dass die Winzerinnen und Winzer ja auch im Keller
gern mal was Neues ausprobieren und so ein wenig experimentieren,um ihre Weine noch besser zu machen. Oder aus dem vergangenen Jahr jetzt etwas
ganz Wichtiges gelernt haben,sodass sie es mit diesem neuen Jahrgang eben anders und besser machen wollen.Und diese Dynamik der Kellerratten, wenn du so willst,
des Weinmachens im Keller,die dürfen wir jetzt einfach nicht unterschätzen,
wenn wir über das Weinmachen reden.
Tobias
00:28:10
Ja, allerdings. Und es hat ja auch etwas mit der technischen Ausrüstung im
Keller zu tun.Was für eine Art Weinpresse benutzt man?Was für Behältnisse kommen da zum Einsatz?Da gibt es ja eine Riesen-Bandbreite, auch preislich sozusagen -
ich habe ja vorhin schon von den temperaturkontrollierten Edelstahltanksgesprochen - und da zählen dann auch Kleinigkeiten.Also zum Beispiel die einfache Frage, wie der Wein während der Erzeugung im
Keller bewegt wird.Also Pumpen heißt eigentlich die Standardantwort,
zumindest früher.Aber jetzt gerade bei Neubauten von Kellereien setzen viele Weingüter und auch
Genossenschaften auf Schwerkraft,also natürliche Schwerkraft. Da fließt dann der halbfertige oder auch schon
fertige Wein ohne mechanisches Zutun vom einen ins andere Gefäß oder Gebinde.Und diese schonende Behandlung kommt dann der Güte des Weins noch zusätzlich
zugute.
Michael
00:29:05
Ach so, ja, Tobias, also bei dem Stichwort „schonende Behandlung" muss ich jetzt
aber ganz am Ende der Folge doch noch mal mit einem etwasunangenehmen Thema um die Ecke kommen, der sogenannten Weinkorrektur.Ja, so heißt das offiziell. Es ist nämlich ebenfalls gängige Praxis und auch
völlig legal nach Weinrecht,einen Wein, beispielsweise in Bezug auf Säuregehalt oder oder Zuckergehalt,
einzustellen.Ja, wie so einen Patienten . Nee, also dabei richten sich die Winzerinnen und
Winzer natürlich in erster Linie nach dem Markt.Also was gefällt? Warum verändere ich jetzt meinen Wein ?Und was bei denen einfach aktuell richtig gut ankommt.Und dann werden Weine eben entsäuert oder ihnen Säure hinzugefügt oder auch
nachsüßen ist ja in einem gewissen Rahmenerlaubt. Und ja, dann müsste man eigentlich noch so von Stabilisatoren,
Enzymen und der ganzen Gesellschaft reden.Und ja, aber das fassen wir jetzt einfach nur mal ganz kurz,
ne?
Tobias
00:30:18
Ja, genau. Es ist trotzdem natürlich ein guter Punkt.Und vielleicht muss man in dem Zusammenhang mal auf diese neue
Deklarationspflicht der Zutaten im Wein hinweisen.Hat vielleicht der eine oder andere schon gesehen. Auf dem Rückenetikett ist
jetzt immer so ein QR-Code drauf,den kann man mit dem Handy scannen und schon weiß man eigentlich,
woran man ist.Also da kann man dann wirklich erfahren,
was dem Wein noch hinzugefügt wurde.Und wenn wirklich, das ist auch wichtig,
nur Trauben drin sind, was man ja eigentlich erwarten sollte,dann entfällt sogar die Pflicht, die Zutaten auszuweisen.Denn, dass im Wein Trauben sind, dürfte dann wohl doch jeder wissen,
denke ich mal.Aber gut, damit sollte...
Michael
00:30:59
Kein QR-Code ist ein gutes Zeichen.
Tobias
00:31:01
Ja, eigentlich schon. Es sei denn, es ist ein Jahrgang vor...
Michael
00:31:06
Gegen die Regel.
Tobias
00:31:06
Ja, genau. Also, bevor die Regelung feststand,
musste es natürlich noch nicht deklariert werden.Aber was damit komplett feststeht, ist,
das Thema lässt sich noch viel, viel weiter fassen.Also ich sage nur Stichwort Folge 2. Ja,
aber ich denke, für heute sollte es genügen.Einen ersten Überblick konnten wir sicherlich geben und deswegen ist jetzt unser
Einführungskurs Weinmachen abgeschlossen .Und jetzt können wir eigentlich direkt zu unserem gewohnten Schnelldurchgang zum
Schluss überleiten.Michael, fängst du mal an?
Michael
00:31:38
Ja, gerne doch. Am Anfang ist die Traube mit Fruchtfleisch,
Schale und Kernen.Sie ist das Starterset für die Weinerzeugung.
Tobias
00:31:48
Die Trauben werden gepresst und anschließend der Saft abgezogen,
wie beim Weißwein,oder der Most verbringt mehr Zeit gemeinsam mit den Schalen und den Kernen.
Michael
00:31:57
Durch diese gemeinsame Zeit, Maischestandzeit genannt,
wird ein Rosé zum Rosé und ein Rotwein zum Rotwein.
Tobias
00:32:05
Aber erst die alkoholische Gärung macht den Saft zu Wein.Dabei wandeln Hefen den Zucker im Most in Alkohol,
Wärme und Kohlendioxid um.
Michael
00:32:13
Anschließend stehen die besonderen Kunstgriffe wie die malolaktische Gärung oder
die Reife auf der Hefe an.
Tobias
00:32:20
Und zum Schluss entscheidet sich, ob der Wein ausgebaut wird und weitere Zeit im
Fass und auf der Flasche reift -oder auch nicht.
Michael
00:32:27
Und nachdem der Wein vielleicht noch etwas Korrektur erfahren hat,
geht es dann nur noch um eines:den Wein genießen.
Tobias
00:32:36
Tja, da kennst du dich aus. Ja, das ist ja klar.
Michael
00:32:41
Ja, ich übe auch.
Tobias
00:32:41
Aber ich hoffe, auch unsere Zuhörerinnen und Zuhörer haben diese Podcastfolge
wieder genossen und freuen sich genauso darauf wie du und ich,wenn es das nächste Mal wieder heißt.