Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Wein & Holz: Barrique, Eiche und Co.

10.01.2023 31 min Weinfreunde.de

Zusammenfassung & Show Notes

Wein und Holz kann ein echtes Traumpaar abgeben. Ganz so, wie unsere Bei-Anruf-Wein-Moderatoren Michael und Tobias. Die beiden erörtern in dieser Folge, warum Wein in Holzfässern ausgebaut wird und wieso diese Reifezeit als qualitätssteigernd verstanden wird. Dabei kommt Michael nicht umhin, (mehrfach) darauf hinzuweisen, dass auch Spirituosen vom Ausbau in Holzfässern profitieren. Es gibt mal wieder viel zu lernen und trotz des Themas begibt man sich mit dem Hören dieser Podcast-Folge keineswegs auf den Holzweg.


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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken

Transkript

Michael
00:00:02
Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. Michael und ich begrüßen das Jahr 2023 mit einer holzgeschwängerten Podcastfolge. Die aufwendige Reife von Wein in Holzfässern ist die mit Abstand bekannteste und beliebteste Veredelung von Rot- und Weißwein. Warum das so ist und welche Unterschiede es in Sachen Holzausbau gibt, versuchen Michael und ich heute möglichst anschaulich aufzuklären. Das macht uns im Übrigen noch mehr Spaß, wenn wir eure Rückmeldungen zum Podcast erhalten. Also bitte bewertet und folgt doch dem Bei Anruf Wein-Podcast. Michael und ich sagen Danke! Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:00:58
Oh, mein so wertgeschätzter Tobias. Hallo, hallo, mein Lieber.
Tobias
00:01:02
Hallo.
Michael
00:01:03
Herzlich willkommen zur ersten Podcastfolge im neuen Jahr 2023. Und na ja, gewünscht haben wir uns ja schon alles, aber es wird ein ereignisreiches Jahr an dieser Stelle. Nicht nur, weil wir unseren 2. Geburtstag feiern, sondern auch, weil die 50. Folge von Bei Anruf Wein ansteht.
Tobias
00:01:23
Oh ja.
Michael
00:01:23
Also zudem, will ich ja nicht vergessen, zudem haben wir uns ein paar tolle Themen ausgedacht und interessante Gäste eingeladen.
Tobias
00:01:31
Ja, allerdings, Michael. Und ja, verraten wollen wir darüber jetzt vielleicht noch nicht allzu viel. Es soll ja spannend bleiben. Aber verraten kann ich, dass wir uns beide heute sozusagen freiwillig auf den Holzweg begeben und mal grundsätzlich klären möchten, was es mit der Reife im Barrique oder in einem anderen Holzfass auf sich hat. Ja, womit fangen wir da denn jetzt am besten an?
Michael
00:01:58
Puh, ja, ich glaube am besten mit dem, was das Holzfass mit einem Wein oder auch mit einer Spirituose, das möchte ich ja, ist mir persönlich wichtig, an dieser Stelle noch mal ergänzen. Also was das Holzfass mit einem Wein ja überhaupt macht. Was passiert da im Fass? Was geht da ab?
Tobias
00:02:17
Ja, also da muss man natürlich ein bisschen ausholen. Tut mir jetzt auch schon ein bisschen leid, dass das jetzt etwas ausführlicher wird. Aber ja, vielleicht, um es erstmal einfach zusammenzufassen, lässt sich sagen, dass ein Holzfass eigentlich so eine Art Gegenteil eines Edelstahltanks ist. Ja, wir waren ja schon in vielen Weinkellern auf vielen Weingütern zu Gast. Und ja, da findet man 2 Dinge eigentlich überall, nämlich zum einen die Edelstahltanks und zum anderen eben Holzfässer. Man muss sagen, der große Unterschied zwischen Edelstahl und Holz ist das Thema Luftdurchlässigkeit. Ja, also ein Fass ist wegen des Naturmaterials Holz ja nicht komplett dicht. Durch die Holzporen gelangt immer etwas Sauerstoff an den Wein und dadurch reift der Wein schneller und legt bereits im Fass eine gewisse Entwicklung hin. Also genau das, was halt eben in so einem hermetisch abgeriegelten Edelstahltank gar nicht gehen würde. So, und diesen Sauerstoffaustausch, den nennt man auch Mikrooxidation. Ein Begriff, den wir auch schon in unserer Folge gelernt haben, als es um Naturkorken in der Weinflasche ging. Du erinnerst dich bestimmt daran. Und ja, Holzfässer haben dann aber auch noch weitere Einflüsse auf den Wein, auf den Inhalt. Und am anschaulichsten ist vielleicht das Beispiel der Gerbstoffe, der Tannine. Also das ist das, was dieses raue Gefühl auf der Zunge macht. Und die sitzen ja in den Schalen und Kernen der Trauben. Und diese Gerbstoffe, das kennt bestimmt auch jeder Weintrinker, die können gerade am Anfang, wenn der Wein noch etwas jung ist, recht ruppig sein und geradezu gaumenbetäubend wirken, sodass man eigentlich gar nichts mehr von dem Wein mitbekommt. Und diese Tannine, die werden eigentlich durch die Zeit im Fass, durch die Reife so ein bisschen ja wie abgeschmirgelt. Sie verlieren so ihre bitteren Spitzen und betten sich besser in das aromatische Gesamtgefüge ein. Ja, und als Folge wird der Wein dann runder, ausgewogener, da sind wir dann auch wieder gerne bei meinem Lieblingsbegriff eleganter. Und ja, wer jetzt bei dem Thema Tannin sagt ja, aber Moment mal, da war doch auch noch irgendwas anderes bei Stichwort Tannin und Holz. Richtig, es ist nämlich sozusagen nur die halbe Wahrheit, dass quasi der Wein die Tannine mitbringt, denn die Fässer selber, also das Holz, ja, bringt auch noch mal Tannine mit ein. Die nennt man dann auch Holztannine. Ja, und das ist jetzt zwar ein relativ spitzfindiges Detail, aber es ist tatsächlich eben so, dass auch Holzfässer selber noch Tannine an den Wein abgeben können. Ja, und dann vielleicht jetzt wirklich der wichtigste Effekt von Holzfässern oder auch, sage ich mal, der Effekt, den die meisten Weinfreunde auch nachvollziehen können: Im Gegensatz zum Edelstahltank, was ja völlig neutral ist, gibt Holz auch Aroma an den Wein ab. Also denk nur an die ganz typischen, die man dem Holzfass zuordnen kann. Vanille, aber auch so Röst- und Schokoladennoten, die man im Wein findet. Man könnte das auch auf eine Formel bringen und sagen, allgemein rückt die Holzreife den Wein, und ja, deine Spirituosen natürlich auch, enger zusammen. Ja, er gewinnt an Balance und Eleganz gleichermaßen und zudem sorgt die Holzreife für eine längere, sagen wir mal, also zumindest lebensmitteltechnisch längere Haltbarkeit des Weins, eben auch wegen der genannten Holztannine. Das wirkt konservierend.
Michael
00:06:06
Ja, danke, Tobias. Das war es also mit dem Prozess innerhalb des Fasses. Das war jetzt ein bisschen langatmig. Ich kann aber natürlich zu all dem, was du gesagt hast, nur sagen, völlig d'accord, bin ich bei dir. Allein es war so ein Detail, das hat mich stutzen lassen, da sprachst du von den Schalen und Kern der Trauben. Wäre da nicht Beeren richtiger gewesen?
Tobias
00:06:28
Ach, also das weiß ich jetzt nicht. Da verweigere ich jetzt die Aussage.
Michael
00:06:33
Lassen wir das jetzt mal beiseite. Mir ist jetzt eines noch mal wichtig. Pass auf. Fass ist er jetzt nicht immer gleich Fass. Also ich meine, es gibt unterschiedliche Fassungsvermögen, die Art des Holzes ist wichtig, dann gibt es ja auch noch so was wie den Toastgrad, ja. Und jedes Fass hat auch noch mal eine Weinhistorie. Ich nenne das jetzt einfach mal so. Das sind alles Faktoren, die so ein Winzer oder eine Winzerin einfach im Blick haben muss, wenn sie oder er über die Reife der Weine im Fass entscheidet. Also welches Fass braucht jetzt dieser Wein? Und ein Ding ist einfach der reinen Physik der Materie geschuldet. Ich meine damit das Verhältnis von Volumen zu Umfang. Wenn man das, ich weiß gar nicht, ob das richtig ist, aber ja, doch, ich glaube, das stimmt. Volumen zu Umfang, so. Oder ich formuliere mal locker: Wie viel Holz drumherum gibt es für den Wein innen drin? Diesen Effekt der Fassgröße kann man sich ganz einfach merken, auch als Nichtphysiker, ja. Je kleiner das Fass, desto größer der Einfluss des Holzes.
Tobias
00:07:42
Ja, genau. Und das sind so Merksätze, die finde ich gut. Da lege ich jetzt auch noch mal einen drauf. Ja, je neuer das Holzfass ist, ja, desto größer ist der Effekt, ist sein Einfluss auf den Wein. Ist ja auch eigentlich ganz logisch. Kann man sich gut vorstellen, so ein Holzfass verbraucht bei dem Austausch mit dem Wein in gewissem Sinne ja seine Aromen. Das heißt natürlich auch, die sogenannte Erstbelegung bekommt mehr Holz ab als die Zweitbelegung usw. Also man liest ja teilweise von Drittbelegungen, der Wein gelangte als Viertbelegung in das Fass usw. Ja, also das machen sich die Weinmacher sehr, sehr gern zunutze, indem sie eben dadurch auch so ein bisschen den Holzeinfluss dosieren können. Das heißt, sie nehmen bereits genutzte Fässer, insbesondere eben dann für Rebsorten und Weine, den so viel Fasseinfluss gar nicht gut steht. Oder diese Fässer kommen in Kombination mit neuen Fässern zum Einsatz. Gibt es ja auch, um die Kraft des frischen Holzes so ein bisschen, ja, ich sag mal, zu moderieren. Also es ist dann fast schon wie eine Cuvée aus unterschiedlich beschaffenen Fässern. Oder ein Teil kommt sogar dann nur aus dem Edelstahltank und bringt dann mehr Frucht und Ursprünglichkeit mit. Also das ist, glaube ich, so das, was man dann auch gemeinhin als Holzmanagement bezeichnet.
Michael
00:08:59
Ja, und nimm es mir übel. Ich war fast ein bisschen abwesend jetzt, aber ich muss schon wieder an Spirituosen denken, sorry. Ja, nur ein Beispiel. Nur ein Beispiel, bitte. Also so ein Bourbon Fass aus amerikanischer Weißeiche, ja? Per Vorschrift darf das nur einmal mit Whisky befüllt werden. Danach ist das für den Bourbon-Erzeuger, vorausgesetzt, er will Bourbon machen, nutzlos. Das aber sehen die Kollegen von diesen Bourbon-Erzeuger in der ganzen Spirituosenwelt absolut anders. Diese Fässer sind sehr, sehr begehrt. Also ganz konkret: Ganz, ganz viele schottische Whiskys oder auch Rums reifen in diesen ehemaligen oder Ex-Bourbonfässern. Ja, noch beliebter sind aber so Fässer wie Sherryfässer, Portwein, Madeira, ja, also dass darin etwas gelagert wurde mit einem größeren Eigengeschmack. Denn in diesem Falle will man nicht das Holz schmecken lassen, sondern man sucht eher die Restaromen dieser Vorbelegung, darf man das so sagen, dieser Vorbelegung einzufangen. Noch mal konkret: So ein Single Malt aus Schottland lässt sich in einem, sagen wir mal, ex Olorosofass ja einfach etwas mehr Frucht einhauchen und gewinnt zudem ja dann auch noch an Vielschichtigkeit, an Komplexität.
Tobias
00:10:20
Ja, also vielen Dank. Auch, wenn das jetzt so ein Ablenkungsmanöver war. Ich glaube, der Podcast wird sich ja auch noch mal irgendwann dem Thema Spirituosen widmen, ja. Aber ja, vielen Dank erstmal dafür, mein Hochprozenter. Aber jetzt lass uns doch bitte mal beim Wein und den Holzfässern bleiben. Also das mit der mehrfachen Belegung eines Fasses, das haben wir jetzt geklärt. Das heißt aber auch, dass Weine, die ein neues Fass belegen, in jedem Jahrgang auch eine Investition in Fässer nach sich ziehen. Also das darfst du nicht vergessen, denn erinnere dich beispielsweise mal an meinen Besuch bei Protos. Ja, du erinnerst dich an unsere Ribera del Duero-Folge, ist noch nicht so lange her, die haben da rund 17.000 Holzfässer im Keller. Ja, und da hat mir der Ansprechpartner ja verraten, jedes Jahr wird 1/4 dieser Fässer komplett erneuert. Und das kostet dann richtig Geld. Aber mal so richtig, denn ob die Barriques jetzt aus amerikanischer Weißeiche oder französischer Eiche sind, das ist dann relativ wurscht, denn die von wirklich hoher Qualität kosten dann auch ganz gerne mal über 1.000 € pro Fass. Und ja, da muss man jetzt nicht Rechenkünstler sein, um herauszufinden, dass das dann schon ordentlich Kohle ist. Ja, pro Jahr wohlgemerkt. Aber wir müssen jetzt vielleicht auch mal ganz konkret über das Holz sprechen, aus dem die Fässer gemacht werden. Ich glaube, wir haben jetzt schon ein paarmal das Wort Eiche oder du hast auch Weißeiche gesagt, jetzt müssen wir da vielleicht noch mal etwas genauer drauf eingehen.
Michael
00:11:58
Ja, ja. Und eigentlich es ist auch eine Kunst, überhaupt diese Fässer zu machen und alles, was da noch nachher folgt. Aber du hast recht. Also 2 Holzarten hatten wir, glaube ich, jetzt schon genannt. Einerseits die amerikanische Weißeiche, die taucht auch bei den Bourbonfässern auf, und andererseits die europäische Traubeneiche. Fässer aus der amerikanischen Eiche, die geben, sage ich mal, schneller oder mehr ihre Aromen an den Wein ab. Zudem erkennt man das oft an so einer Art Kokosnote. Also, wenn er Kokos im Wein auftaucht, ist das eher ein Indiz für amerikanisches Holz. Bei den Fässern aus der französischen Eiche läuft dieser Reifeprozess etwas gemächlicher ab. Das liegt daran, dass das Holz dichter ist, sage ich mal, enger zusammengerückt ist. Und daher ändert sich auch so ein bisschen der Ton der Reife. Bei französischem Holz denkt man eher so an Vanille. Das wäre so meine Assoziation zumindest, ja. So, wenn wir jetzt noch mal an die Merksätze denken, wollen wir jetzt mal einen machen, der könnte lauten, warte mal, wie sagen wir das denn am besten? Amerikanische Eiche hat einen stärkeren Einfluss auf den Wein als französische Eiche. Kann man das so allgemein formulieren? Ja, ne?
Tobias
00:13:17
Ja, ich denke schon.
Michael
00:13:18
Aber Achtung, nicht zu vergessen: Wir sind ja auch schon auf Fässer aus Kastanie und sogar Akazie gestoßen.
Tobias
00:13:25
Ja, ja, absolut. Also beispielsweise ja am Douro, als wir uns auch mit Portwein beschäftigt haben. Die Holzsorten sind dann meiner Wahrnehmung nach noch mal eine Spur intensiver. Ja, also ich glaube, das ist auch mit ein Grund dafür, dass die meisten Weinfässer aus Eiche sind. Hier lässt sich nämlich der aromatische Einfluss relativ gut dosieren. Ja, also Akazie ist total, sage ich mal, dominant und du merkst sofort irgendwie, uiuiui, was ist denn jetzt damit irgendwie los? Und ich glaube, Eiche hat einfach irgendwie so eine Einflussnahme, die nicht zu extrem ist und die sich eben im Rahmen dieses schon genannten Holzmanagements gut dosieren lässt, was man dann eben als Winzer oder Winzerin gut im Griff hat. Aber lass uns in dem Zusammenhang noch mal schnell etwas ergänzen. Wir müssen nämlich auch über das Toasten der Fässer reden. Ja, hört sich erst mal seltsam an, aber gemeint ist das Anbrennen, dass das, ich sage mal, Flambieren oder ja, eben halt Toasten der Innenseite des Fasses. Und das kann ganz unterschiedlich stark ausfallen. Und da gibt es dann auch so Gradangaben für das Toasten, die, oh ja, also das findet man im Übrigen auch auf den Fässern selber. Das lässt sich also auch von außen erkennen mit Abkürzungen. Und die stehen dann eben für beispielsweise Light Toast, Medium Toast und Heavy Toast. Das wird dann abgekürzt eben mit entweder LT, MT oder HT. Und da gibt es dann sogar noch mal so Zwischenstufen. Ich glaube, die werden doch dann auch mit einem Plus oder sowas noch mal gekennzeichnet. Also das heißt, schon der Fassbauer kann darauf Einfluss nehmen bzw. sich danach richten, wie der Winzer das halt am liebsten hätte. Ja, und ja, man kann sich natürlich dann auch vorstellen, diese unterschiedliche Toaststufe, die lässt sich geschmacklich natürlich in den Weinen oft wiederfinden und da haben wir dann wieder was zu merken. So Vanille Töne, die sprechen eher für leicht getoastete Fässer, zumindest, wenn es eben französische sind. Und die Fässer, die stärker getoastet sind, die bringen dann auch mehr, sage ich mal, dunklere Aromen, wie, ich sag mal Schokolade oder was man ja auch teilweise findet ist so Kaffeenoten oder was Ledriges. Da kann man schon dann davon ausgehen, dass die Fässer zum einen wahrscheinlich neu waren und zum anderen eben einen relativ intensiven Toastgrad haben.
Michael
00:16:02
Ja, aber auch das, was du jetzt wieder beschrieben hast. Einerseits diese Vanille, dann andererseits Schokoladiges. Ja, ich will dich nicht ärgern, ich werde jetzt wieder zum Wein-Abweichler, aber genau das sind die Aromen, die man dann auch bei Spirituosen findet, wenn die in diesen Fässern waren. Also das ist letztendlich ein durchaus vergleichbarer Effekt. Und dieses Mal habe ich aber eher dann so, ich sage mal, so einen gereiften Rumpf vor Augen, weil die haben dann ganz oft das komplette Spektrum parat, von Vanille bis Mokka, von, ich sage mal, Trockenfrüchten bis Schokolade und, ey, das ist richtig großes Kino.
Tobias
00:16:41
Ja, ja, aber auf der anderen Seite machst du damit ja auch deutlich, deine tollen Spirituosen, die sind ja praktisch auf das Fass angewiesen. Also die würden wahrscheinlich einfach nach gar nichts schmecken oder nur nach Alkohol oder so was. Und das ist natürlich bei Wein völlig anders. Ja, da wirkt das Fass oder die Zeit im Fass ergänzend und hebt besondere Stärken noch mal hervor. Und naja, egal. Also lass uns jetzt noch mal auf die Fassgrößen zurückkommen, weil da gibt es auch wiederum so ein paar Begriffe, die man kennen sollte. Also wahrscheinlich der geläufigste Begriff ist ja das französische Barriquefass. Ja, und das gibt es gleich in 2 Ausführungen, das weiß kaum jemand. Also das Barrique, was im Bordeaux hergestellt wird, das wird doch da auch hergestellt, oder? Ja, ja. Also das Barrique. Bitte?
Michael
00:17:33
Ne, ne. Das wird da nicht hergestellt.
Tobias
00:17:34
Ne?
Michael
00:17:35
Die sind doch immer aus Allier-Eiche oder sonstiger Eiche, Limousin oder sonst was. Ist in der Nähe, aber.
Tobias
00:17:40
Ach so, stimmt, ja, richtig. Ja, ja, das stimmt. Also beispielsweise das Barrique, was im Bordeaux eingesetzt wird, das fasst genau 225 Liter und ist damit ja eben ein eher kleines Holzfass. Und ja, weil Bordeaux und Burgund sich ja irgendwie in allen Bereichen nicht so wirklich grün sind, muss natürlich hier auch ein Unterschied bestehen. Und deswegen ist das Fassungsvermögen eines Barriquefasses im Burgund 3 Liter größer, also das heißt, 228 Liter passen hier rein. Ja, und dann in Deutschland kennen wir natürlich auch noch mal andere Fassgrößen. Da ist vielleicht das Stückfass dem ein oder anderen ein Begriff, das fasst immerhin 1.200 Liter. Also da ist dann der aromatische Einfluss des Holzes nicht mehr so groß. Und ja, dann gibt es natürlich auch noch dazu passend das sogenannte Halbstückfass, was dann konsequenterweise 600 Liter fasst, oder eben auch das Fuderfass mit 1.000 Litern. Das sind dann schon so, ja, ich sag mal, Fässer, die auch historisch schon eine große Bedeutung haben, weil es sie einfach schon ewig gibt.
Michael
00:18:52
Ja, ja. Aber jetzt noch mal, was du gerade gesagt hast. Da dürfen wir ja mit Cédric gar nicht drüber sprechen. Ja, das Fass im Burgund hat 3 Liter mehr als das in Bordeaux? Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Gut, lassen wir das jetzt mal weg. Eins nur so historisch betrachtet, weil das sind jetzt alte Begriffe, mit dem Fuder- und dem Stückfass, du hast es genannt, da muss man sagen, die Zahlen, die du genannt hast, die gelten jetzt für heute. Früher war das dann etwas abweichend, teilweise auch nach Regionen unterschiedlich. So ungefähr kann man sich aber daran halten. So, also Stückfass war nicht immer gleich Stückfass, heißt hier die Regel. Aber um jetzt mal das, was du jetzt schön aufgeführt hast, ins Französische, dann doch wieder für Cédric jetzt an der Stelle, zu übersetzen, also da gibt es zum Beispiel im Französischen noch das Tonneau, das fasst 500 Liter, und das doppelte ist dann der Foudre ja, mit 1.000 Litern und erinnert klar jetzt an den deutschen Fuder, oder? Foudre, Fuder, also da sind wir nicht weit weg. Gut.
Tobias
00:19:53
Ja, und sogar das gleiche Fassungsvermögen.
Michael
00:19:55
Ja, ja, ja, eben deshalb. Also das ist übernommen. Und dann gibt es sogar noch so was wie ein Pendant zu deinem Halbstückfass und zu deinem Stückfass, das ist nämlich das Demi-Muid und das Muid. Alles klar, Bien sur?
Tobias
00:20:10
Ja, ja, natürlich. Du musstest jetzt natürlich wieder mal mit deinen Französischkenntnissen angeben, aber bei unserem Thema muss das ja eigentlich auch sein, das stimmt schon. Wenn das Barriquefass eben Barriquefass heißt, dann wird der Frankreichbezug mehr als deutlich. Aber lass uns jetzt vielleicht mal über die Regionen reden, die für ihre holzgereiften Rotweine besonders bekannt sind. Das ist ja auch relativ einfach zu benennen, und wir hatten ja schon 2 Regionen gerade genannt. Das ist die 1. Reihe überhaupt, nämlich von Bordeaux bis Burgund, aber dann auch Italien, Toskana bis Piemont und dann natürlich aus deinem verehrten Spanien muss man Rioja und eben auch Ribera del Duero nennen. Ja, damit möchte ich jetzt natürlich allen anderen Weinregionen kein Unrecht tun, denn natürlich wird mittlerweile ja praktisch in jedem Anbaugebiet auch mit Holzfässern gearbeitet. Aber es ist schon auffällig, dass die wirklich großen Namen in der Rotweinwelt allesamt mit fassgereiften Weinen ihr Renommee erarbeitet haben. Stellt sich jetzt natürlich die Frage: Ist die Reife im Fass generell ein Qualitätskriterium für Wein, also genauer für Rotwein?
Michael
00:21:26
Qualitätskriterium ja, dass der dann immer besser ist, Fragezeichen. Aber sagen wir mal so, also zumindest in meinem allerdings sehr geliebten Spanien, ist das teilweise so. Diese Begriffe wie Crianza, Reserva, Gran Reserva gelten als Qualitätsbezeichnungen. Und das Einzige, was sie unterscheidet ist: Wie viel Zeit haben diese Weine im Holzfass bzw. auf der Flasche verbracht und sind dort gereift? Also noch mal ein Beispiel: Gran Reserva reift mindestens 5 Jahre und davon mindestens 2 im Barrique. Ja, das ist dann schon ein Pfund. Also in dem Fall kannst du wirklich ganz offiziell sagen: je länger im Fass, desto besser.
Tobias
00:22:12
Ja, ja, und ich glaube, das haben wir ja auch schon in der Ribera del Duero-Folge ein bisschen erklärt. Das Barrique ist hier das Fass, das sogar per Regularien regiert. Also es muss so sein. Es darf dann auch keine andere Größe sein, sonst dürfte sich der Wein tatsächlich gar nicht Crianza oder Reserva nennen. Wir kennen das ja auch aus Italien mit den Riserva-Weinen oder genauer, im Chianti Classico gibt es ja mittlerweile auch die sogenannten Gran Selezione- Weine. Ich muss ja ganz ehrlich sagen, ich bin da so ein bisschen kritisch, wenn man jetzt, sage ich mal, ja, Qualität versucht, an solchen Dingen einfach festzumachen. Also das kennt man ja aus leidvoller Erfahrung auch aus Deutschland. Also Prädikatsweine wurden ja, sage ich mal, in ihre Qualitätsstufen einfach nur auf Basis des Zuckergehalts der Trauben einsortiert.
Michael
00:23:04
Oh, gewagter Vergleich jetzt, ja.
Tobias
00:23:06
Ja, natürlich. Und der hinkt natürlich auch ein bisschen. Aber da will ich einfach nur mit sagen, man kann einfach, sage ich mal, nicht durch Holzreife, ja, ganz sorglos auf die Qualität eines Weines schließen. Insbesondere, weil ich glaube, dass es mittlerweile ja auch einen gewissen Trend gibt, der eigentlich sagt, zu sehr holzgeschwängerte Weine ist gar nicht mehr so das, was man möchte, weil einfach dann die Identität des eigentlichen Weines vielleicht ein bisschen zu kurz kommt. Aber auf der anderen Seite, und das hattest du ja auch schon eben erklärt, ja, die wirklich großen Weine dieser Welt waren allesamt im Fass.
Michael
00:23:46
Und man muss aus deutscher Perspektive ja an dieser Stelle sagen, es bringt manchmal auch einen echten Schub, mit dem Fass zu arbeiten. Du hast das eben ja so schön erklärt. In gewissen Regionen ist das Barriquefass vorgeschrieben. Ist es nicht im Barrique, kriegst du einfach die ganzen Bezeichnungen nicht. So, jetzt gibt es in Deutschland aber einen Fall, da hat jemand mit Barrique angefangen, also der hat eigentlich genau das gemacht, und hat trotzdem total Ärger bekommen. Ja, Weingut Friedrich Becker aus der Pfalz, die haben damit angefangen, ihren Spätburgunder ins Fass zu tun. Ja, und genau wie die großen Kollegen im Burgund, Pinot Noir als Stichwort, eben ins Barriquefass. Ja, und alle haben aufgeschrien und das geht gar nicht. Und guck dir das heute mal an, da kräht kein Hahn mehr nach. Ganz im Gegenteil. Das ist quasi Standard bei Spätburgundern aus Deutschland geworden, die gewisse Ambitionen vertreten, sage ich mal.
Tobias
00:24:45
Ja, und jetzt, wo du Spätburgunder sagst, also Pinot Noir sozusagen, das finde ich, ist jetzt noch mal ein ganz gutes Stichwort, denn das haben wir noch gar nicht erörtert. Denn die Rebsorte, ja, die entscheidet ja auch durchaus darüber, wie stark das Holz Einfluss nehmen kann. Und da kann ich jetzt vielleicht auch noch mal so eine Art Schnellmerkerformel präsentieren, kann eigentlich sagen, je kräftiger und strukturvoller der Wein schon von Natur aus ist, desto weniger lässt er sich eigentlich durch Holz aromatisch beeindrucken. Also ein Cabernet Sauvignon beispielsweise, ein kräftiger, strukturvoller Wein, ja, der lässt sich selbst von einem kleinen Fass mit neuem Holz nicht so wirklich beeindrucken. Also zumindest, wenn man es jetzt vergleichen würde mit einem, ja, eher filigranen, feingliedrigen Spätburgunder. Der würde durch so ein neues Holzfass deutlich mehr beeinflusst werden. Wenn man dann neues Holz benutzt, muss man wirklich gucken, dass man den Wein nicht zu lange drin lässt. Und ja, da muss man sich natürlich als Winzer und als Winzerin dann auch erst mal so ein bisschen ranpirschen. Und ja, da gab es auch einfach am Anfang, als dann so das losging mit dem Nutzen der Holzfässer bei Spätburgunder in Deutschland, ja viele Exemplare, wo ich so sage, na ja, da haben sie es dann vielleicht mit den Holzfässern etwas übertrieben. Da war dann so der Vanilleeinfluss, ja, doch schon sehr, sehr extrem. Und das finde ich persönlich dann immer sehr, sehr schade, weil dann von dem eigentlichen Wein kaum mehr was übrigbleibt. Aber ich sage mal, gerade bei den Spätburgundern, mittlerweile haben das die meisten Winzer absolut im Griff. Denn nicht ohne Grund besitzen deutsche Spätburgunder ja mittlerweile auch international wirklich einen exzellenten Ruf und gelten dann auch, ja, so ein bisschen als die günstigeren Burgunder, denn Premier Cru, Grand Cru aus dem Burgund, ja, konnte man noch nie wirklich bezahlen. Mittlerweile ist es eigentlich ja fast unbezahlbar geworden. Und da lohnt durchaus mal der Blick in deutsche Lande. Auch, wenn man natürlich sagen muss, dass die wirklich hochwertigen Weine von dem von dir gerade angesprochenen Weingut Friedrich Becker jetzt auch nicht so wirklich günstig sind. Aber eben ein Weingut, du hast es gerade schon beschrieben, was diese ganze Entwicklung des Einsatzes von Holzfässern bei Wein überhaupt erst angekurbelt hat.
Michael
00:27:17
Ja, ganz genau. Schon richtig feierliche Worte. Obwohl, muss ich noch mal kurz Einspruch einlegen, auf Friedrich Becker, da lasse ich nichts draufkommen. Gut, Tobias, aber andererseits hat das Feierliche jetzt auch schon so ein bisschen wie Abschlusspirouette geklungen, finde ich. An der Stelle, da fällt jedoch immer noch mal was ein, was du zuvor vergessen hast. Also ich frage jetzt mal ganz offensiv: Was haben wir da heute im Angebot?
Tobias
00:27:42
Ja, also ich muss dich jetzt leider negativ überraschen. Es sind sogar direkt 2 Dinge.
Michael
00:27:46
Nein!
Tobias
00:27:47
Wir haben jetzt immer schön Bezug genommen auf Rotwein im Barriquefass, Rotwein im Holzfass usw. Natürlich wird auch Weißwein im Holzfass ausgebaut. Das passiert seltener, aber es gibt natürlich auch Rebsorten, die sich dafür anbieten. Und wir waren ja jetzt auch gerade schon sozusagen gedanklich in Burgund, also ein wirklich hochwertiger weißer Burgund, ein Chardonnay. Ja, der gewinnt auch ordentlich, wenn er im Holzfass war. In Deutschland, klar, gibt es natürlich auch gerade bei den Burgunderrebsorten einige Beispiele, wo das auch wunderbar funktioniert. Aber es ist eben nicht ganz so gebräuchlich wie bei den Rotweinen. So, das war der Punkt 1. Das andere, da bin ich jetzt gerade erst spontan draufgekommen, du weißt ja, ich bin nicht nur Weinfan, sondern auch gewissermaßen Grillnerd. Das kam, glaube ich, hier im Podcast auch schon mal zur Sprache. Und da finde ich, gibt es was ganz Tolles, denn ich smoke bzw. räuchere ja auch ganz gerne mit dem Grill bzw. dem Smoker. Und da gibt es Holzchips, die man zum Räuchern benutzt. Die werden aus ausrangierten Weinfässern gemacht, Rotweinfässer. Ja, das gibt wirklich einen aromatischen Einfluss. Wenn das so anfängt zu kokeln, dann kann man dieses Fruchtige vom Wein wirklich erschnüffeln. Und das ist doch mal eine super Zweitverwertung. Total nachhaltig.
Michael
00:29:16
Super, ja, ja, ganz toll. Aber na ja. Zum einen haben wir jetzt erstmal deiner Vergesslichkeit genüge getan und ich frage mich jetzt auch noch mal: Was wäre denn jetzt einfach mit deinen Smokerchips aus Spirituosenfässern? Aber egal, lassen wir das jetzt mal weg. Weiter im Programm, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Mir war es wieder ein großer Spaß heute, für euch das Fass mal aufzumachen. Sorry, Tobias, den Kalauer konnte ich mir nicht verkneifen. Ne, also hat mir total Spaß gemacht, diese Folge. Ich hoffe, es geht euch genauso.
Tobias
00:29:50
Ja, jetzt warte, warte, warte. Ja, Also, bevor du jetzt wieder in die Bei Anruf Wein-Kurve abbiegst, du hast nichts mehr mit irgendwie Fass und Spirituosen, was du vielleicht vergessen hast? Ja, jetzt komm, enttäusche mich nicht, mein Cognac-Kollege.
Michael
00:30:05
Cognac? Ja. Guter Tipp. Pass auf, wenn du mich so fragst. Keine Spirituose, aber Folgendes: sagt dir Pineau des Charentes was?
Tobias
00:30:15
Nein.
Michael
00:30:15
Nein? Pass auf. Der entstand nämlich quasi rein aus Versehen. Und zwar Folgendes, da war ein Fass, das lag da, stand da, und da war noch ein Rest von Brand drinnen, richtiger Traubenbrand. Ja, und dann hat einer das nicht gemerkt und hat einfach Traubenmost da draufgegossen. Ja, man hat das Fass jetzt wie alle anderen behandelt und irgendwie in die Ecke gestellt und nach einer Zeit wieder aufgemacht und ein wunderbares Getränk war mehr auf dieser Welt. Also ich sage jetzt mal so ein bisschen poetisch das Fass gebärt geradezu eine neue Köstlichkeit.
Tobias
00:30:54
Uiuiui, ja, also.
Michael
00:30:57
Also, wenn das auch eine Bedueutung ist zu unserem Thema heute, dann, ne?
Tobias
00:30:59
Ja, das lass ich jetzt vielleicht mal einfach so stehen. Also jetzt freue hoffentlich nicht nur ich mich umso mehr darauf, wenn es dann beim nächsten Mal wieder heißt.
Michael
00:31:10
Bei Anruf.
Tobias
00:31:11
Wein.