Bei Anruf Wein – der Weinpodcast

Weinfreunde.de

Weinlegenden: Prestige, Punkte, Persönlichkeit

09.12.2025 43 min

Zusammenfassung & Show Notes

Tobias und Michael widmen sich Weinen, die rund um den Globus als Legenden gelten, und fragen, warum bestimmte Namen über Jahrzehnte hinweg diesen Ruf bewahren. Sie sprechen über berühmte Lagen in Burgund und Bordeaux, über ikonische Süßweine, über rebellische Supertoskaner und über moderne Klassiker aus Übersee, Spanien und Deutschland. Dabei geht es um die Faktoren, die eine Legende ausmachen: kontinuierliche Qualität, Herkunft, Kritikerpunkte, Seltenheit und starke Geschichten. Die beiden zeigen, warum manche Weine internationale Strahlkraft entwickeln, während andere trotz Exzellenz nur Eingeweihten bekannt bleiben – und wo Mythos und Realität im Glas aufeinandertreffen.

+++ WEINFREUNDE.DE +++
>> WEINE VON DER DOMAINE FAIVELEY
>> BORDEAUX GRAND CRU CLASSÉ WEINE
>> SUPERTOSKANER WEINE
>> PENFOLDS GRANGE BIN 95
>> MONDAVI&ROTHSCHILD OPUS ONE
>> VEGA SICILIA UNICO
>> RIESLING VON EGON MÜLLER

>> ÜBER WEINFREUNDE+

+++ WEINFREUNDE MAGAZIN +++
>> LEGENDÄRE LAGE SCHARZHOFBERG
>> SAUTERNES IM BORDEAUX
>> WAS IST EIN GRAND CRU?

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Produktion und Schnitt: Andreas Hagelüken


Transkript

Bei Anruf Wein. Der Weinfreunde-Podcast.
Tobias
00:00:09
Ich grüße euch, liebe Weinfreunde. Mein Name ist Tobias. Willkommen Bei Anruf Wein. In unserer heutigen Folge widmen sich Michael und ich einem Thema, das perfekt in die Vorweihnachtszeit passt - Weinlegenden und Ikonen. Jene großen Namen, die seit Jahrzehnten für Stil, Herkunft und herausragende Qualität stehen. Wir sprechen darüber, was eine Legende eigentlich ausmacht, warum manche Weine Kultstatus erreichen und andere einfach nur exzellent sind. Und wie viel Mythos im Glas überhaupt mitschwingt. Mit Blick auf den kommenden Wunschzettel reisen wir für alle Weinliebhaber vom Burgund über das Bordeaux bis nach Italien und weiter nach Übersee. Apropos Weinliebhaber: Wer noch tiefer ins Thema Wein einsteigen möchte, kann das demnächst wieder mit einem meiner WSET-Level-1-Kurse, zum Beispiel im Kölner Weinkeller. Alle Infos dazu auf Weinlakai.de. Zudem erhaltet ihr von Michael und mir im Hörgenuss konkrete Weinempfehlungen für die Feiertage auf die Ohren. Einfach mal auf weinfreunde.de nach dem Bonusprogramm WEINFREUNDE+ Ausschau halten. Und wie immer, bitte abonniert und bewertet Bei Anruf Wein auf den Podcast Plattformen. Danke! Also bleibt mal dran. Ich ruf den mal an!
Michael
00:01:26
Hallo mein lieber Tobias, da bin ich wieder, dein geschätzter Wein- und Podcast-Kumpane.
Tobias
00:01:32
Ja.
Michael
00:01:32
Weißt du eigentlich, dass wir heute, also jetzt die 123. Folge von Bei Anruf Wein angehen? Das ist jetzt zwar keine richtig runde Zahl oder Schnapszahl, aber dieses 1-2-3 finde ich trotzdem erwähnenswert. Oder was meinst du?
Tobias
00:01:48
Ja, das stimmt. Und ja, erstmal hallo Michael, hallo liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Aber 1-2-3, das bringt mich jetzt spontan auf dieses: „1-2-3, du musst dich entscheiden! Drei Felder sind frei!", oder wie war das noch?
Michael
00:02:01
Ja, ja, ja. Auf jeden Fall erinnere ich mich noch an das: Plopp - das heißt Stopp!
Tobias
00:02:07
Ja. Okay, dann mache ich jetzt auch mal direkt den Plopp, um dich dann aber direkt auch wieder einzufangen, weil ich weiß ja, wo das wieder endet, wenn man dir zu viel Leine lässt. Also daher noch mal bitte, du mein - wie hast du es gerade gesagt - Wein- und Podcast-Kumpan. Worum geht es genau in unserer heutigen Folge? Das wollen wir erklären, und zwar jetzt ein bisschen seriöser. Denn 1. Advent liegt hinter uns, man ist so langsam in die Vorweihnachtszeit und -stimmung auch eingetaucht. Da wollen wir jetzt doch mal eine wirklich richtig gute Folge abliefern.
Michael
00:02:42
Ja, und Vorweihnachtszeit ist auch wirklich ein gutes Stichwort. Hast du denn schon deinen Wunschzettel geschrieben? Ja, also da gehört nämlich mindestens einer der Namen drauf, die wir heute erwähnen. Nur mal so als Erinnerung.
Tobias
00:02:57
Ja, das ist richtig.
Michael
00:02:57
Denn, geschätzte und vorweihnachtlich gestimmte Zuhörerinnen und Zuhörer, heute geht es um sogenannte Weinlegenden, also um besonders bekannte Weine aus aller Welt, die man als Ottonormalgenießer und Ottonormalgenießerin eher selten ins Glas bekommt.
Tobias
00:03:15
Ja, sehr schön. Jetzt hast du es auf die Zielgerade geschafft und auch um die Kurve getragen, sozusagen. Weinlegenden - das ist unser Thema. Ich finde den Begriff „Legende" zwar so ein bisschen schwierig, weil wo fängt das wirklich an? Denn am Ende des Tages muss man eigentlich dann auch auf den konkreten Jahrgang schauen. Das macht dann häufig auch erst einen einzelnen Wein, einen einzelnen Jahrgang wirklich legendär. Aber wir wollen es jetzt nicht zu kompliziert machen, weil es natürlich schon gewisse Weingüter weltweit eigentlich gibt, die ja wirklich diesen legendären Ruf haben, und das auch nicht erst seit kurzer Zeit. Und deswegen finde ich dein Hinweis auf die auf die Wunschliste, auf den Wunschzettel eigentlich ziemlich gut, ziemlich richtig. Denn, günstig wird das auf keinen Fall. Also es könnte selbst so einen weihnachtlichen Wunschzettel sprengen. Da kommen also locker schon mal dreistellige Preisangaben vor. Das ist dann eigentlich schon fast günstig, denn es wird dann auch schnell vierstellig - pro Flasche wohlgemerkt. Und das ist dann natürlich tatsächlich nicht jedermanns und auch nicht jederfraus Fall.
Michael
00:04:22
Ja, so geht es mir dann auch. So ist es halt. Und um jetzt auch mal direkt ein Geständnis abzulegen am Beginn dieser Folge: Von diesen Legenden, über die wir gleich reden werden, habe ich bislang einfach nur wenige im Glas gehabt. Leider, muss man ja sagen. Denn tatsächlich, das ist nicht meine Preisklasse. Wir haben hier schon vor Kurzem eine Folge über Premiumweine gemacht und darüber, wie sich Preis und Qualität bis zu einem gewissen Punkt auch bedingen. Doch irgendwann wird dieses Preis-Genuss-Verhältnis eben irrational. Und da bin ich dann meistens raus.
Tobias
00:04:59
Ja, genau. Du sprichst unsere Folge 121 an, also 1-2-1, ist noch nicht so lange her. Die trug den Titel oder trägt den Titel „Von Billig bis Burgund". Und ja, das Thema scheint die Leute ja tatsächlich zu interessieren. Wir haben darüber ja schon gesprochen. Das war jetzt die Folge mit den allermeisten Downloads in den ersten Tagen ever, muss man sagen, in Sachen Bei Anruf Wein. Ja, das bewegt einfach die Gemüter. Man hat generell immer so das Gefühl, ja, ich muss noch mal drüber nachdenken, ob ich nicht vielleicht zu viel für meinen Weineinkauf bezahle oder vielleicht doch auch ein bisschen mehr ausgeben sollte. Und ja, da sage ich mal, überhaupt das Stichwort Burgund auf den Tisch zu legen, ist auch heute ein wunderbarer Start, um in das Thema Weinlegenden einzusteigen. Denn teuer ist es da schon mal auf jeden Fall und legendär wird es da dann auch schnell. Also deswegen lass uns doch mal über das Burgund sprechen, oder?
Michael
00:05:58
Ja, gleich. Vorab möchte ich noch was erklären. Nee, also was Allgemeineres loswerden. Es ist nämlich kein Zufall, dass du bei Weinlegenden sofort auf Frankreich kommst. Also wie bestimmt viele von uns, die jetzt da irgendwie mitgerätselt haben. Denn seit Jahrzehnten bleibt eines in den internationalen Statistiken zum Wein immer gleich: Frankreich steht stets an Platz 1, wenn es um die Preise geht, die man für Weine erzielt. Also andere Länder wie Italien oder erst recht Spanien mögen mehr Wein erzeugen. Ja, der meiste Schotter jedoch, der bleibt bei unseren Nachbarn, den Franzosen, hängen. So ist das. Und...
Tobias
00:06:40
Gute Unterscheidung, ja genau.
Michael
00:06:41
Ja, und das liegt am exzellenten Ruf gleich mehrerer Weinregionen Frankreichs. Also jetzt mal vorbildlich alphabetisch: Bordeaux, Burgund, Champagne, um nur mal so einzusteigen. Das sind eben in der Weinwelt nach wie vor richtige Schwergewichte. So, und jetzt kannst du endlich auf Romanée Conti zu sprechen kommen, was du doch die ganze Zeit schon vorhattest, ne?
Tobias
00:07:05
Na ja, ich wollte dir eigentlich die Steilvorlage in Richtung Burgund geben. Jetzt schaufelst du mir das wieder zurück. Okay, danke schön. Und ja, natürlich, wenn man über Burgund, wenn man über legendäre Weingüter spricht, dann muss der Name Romanée Conti einfach fallen. Name des Weinguts, aber auch Name einer wirklich winzigen Monopollage in Vosne-Romanée an der Côte de Nuits. Und ja, da geht dann eigentlich nichts drüber. Also das ist eine Lage, die auch im Alleinbesitz von diesem Weingut Romanée Conti sich befindet. Das heißt, auf dieser Flasche Wein steht dann auch drauf Romanée Conti, Romanée Conti, ne? Und das sind so Weine, die kosten erstens schon deutlich vierstellig, aber zum anderen sind sie dann trotzdem immer noch so rar und so begehrt, dass man, selbst wenn man das Geld hätte, großes Glück haben muss, da überhaupt ranzukommen. Es ist wirklich verrückt. Ich habe es, glaube ich, schon mal erzählt. Ich war schon mal auf einer Romanée-Conti-Probe. Das kann man sich dann mal so als Once in a lifetime-Geschichte leisten. Man muss sich ja nicht eine ganze Flasche dann dafür kaufen. Diese Flaschen werden nach so einer Probe vernichtet. Die müssen vernichtet werden. Das ist Vorgabe von dem Weingut, einfach weil die gefälscht werden könnten, andere Weine reingefüllt werden können. Also auch ein Wahnsinnsding. Und wenn wir diese Lage Romanée Conti nennen, dann lassen wir schon wieder andere legendäre Lagen eigentlich völlig zu Unrecht außen vor, nämlich so was wie La Tâche oder Richebourg. Das ist auch total legendär, selbst wenn das ja dann teilweise Lagen sind, die auch von anderen Domains genutzt werden, die da auch Parzellen haben. Aber allein Burgund-Weine aus diesen Lagen sind für sich schon legendär. Und da muss ich jetzt gerade dran denken. Ich weiß leider nicht mehr, wer es gesagt hat, aber es gibt so ein super, super cooles Zitat. „Wer einen guten Pinot Noir von der Côte de Nuits trinken will, kann das für unter 100. Wer einen großen Pinot Noir trinken will, für unter 1.000. Wer allerdings ein Pinot Noir in Perfektion trinken will, der kauft einen Romanée Conti". Ja, und das finde ich sehr schön ausgedrückt und sagt, finde ich, alles aus.
Michael
00:09:18
Klar. Und heißt ja im Umkehrschluss: Perfektion ist in Burgund unter 1.000 € nicht zu haben. Na ja, ist ja auch irgendwie eine rhetorische Frage im Burgund, und snobistisch obendrein. Lassen wir das mal, denn schließlich gibt es ja auch noch andere Weingüter im Burgund, die exzellenten Wein aus Grand Cru- und sogar aus Monopollagen machen. Ja, ich denke da nur an die Domäne Faiveley in Nuits-Saint-Georges, von der wir einige Weine auch bei uns im Shop haben, möchte ich mal sagen. Ja, darf ich hier nicht vergessen. Die haben jetzt vielleicht nicht alle Legendenstatus, so wie wir es gerade besprechen, aber das Weingut Faiveley selbst hat sicherlich Kultstatussage ich jetzt mal. Und einige Weine von hier sind auch für mich guten Gewissens bezahlbar. Auch noch mal ein wichtiger Hinweis für die Wunschliste, denn generell ist das Burgund ja klein, aber oho, was den Preis dann betrifft, aber immer noch ungeheuer angesagt. Und deshalb kann ich euch auch nur empfehlen: Hört doch noch mal in die Burgund-Folge von Bei Anruf Wein rein. Das lohnt sich allemal und kostet nichts!
Tobias
00:10:26
Ja genau. Und wo du jetzt gerade erwähnt hast, wir haben ja noch unseren kleinen Podcast „Hörgenuss" im Rahmen des Bonusprogramms von weinfreunde.de, WEINFREUNDE+. Da schaut mal bei eurem Kundenkonto vorbei auf der Weinfreunde-Seite, dann findet ihr sicherlich auch WEINFREUNDE+ und unseren Hörgenuss. Da haben wir nämlich jetzt für die Feiertage Weine ganz konkret empfohlen für alle unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Und da, und darauf will ich hinaus, habe ich mir auch einen Wein von der Domain Faiveley rausgesucht, den es bei euch im Shop gibt. La Framboisière heißt er, tatsächlich auch eine Monopollage und der ist bezahlbarer, als man denkt. Und vor allem auch ein, also ja, muss ich wirklich sagen, selbst bei diesem Preis ein enorm gutes Preis-Genuss-Verhältnis. Sollte man sich unbedingt mal in den, ne, wie hast du gesagt, auf den Wunschzettel schreiben.
Michael
00:11:20
Ja, ja, bitte.
Tobias
00:11:20
Aber ernsthaft, lass uns jetzt mal nicht so auf dem Thema Geld rumreiten. Dafür war ja eigentlich so unsere Premiumwein-Folge da. Du bist immer noch nicht so richtig im Wunschzettelmodus angekommen, muss ich jetzt einfach mal feststellen. Lass uns doch jetzt einfach mal ins Bordeaux wechseln. Also nicht, dass es da jetzt auf einmal viel günstiger wird. Ach, jetzt habe ich schon wieder den Preis erwähnt. Ne, da gibt es nämlich einfach auch noch jede Menge Weinlegenden zu bestaunen. Ja, und klar, da gibt es Namen, die hat bestimmt der ein oder andere schon gehört.
Michael
00:11:58
Ja, ja, die großen Namen. Also damit meinst du jetzt bestimmt die üblichen Verdächtigen, sage ich mal, und es kann ja jetzt sein, dass ich so ein bisschen zu viel auf dieser Geldschiene da war. Ich bin schließlich auch kein Krösus. Doch jetzt, wenn du mir das Stichwort sozusagen reinschiebst, habe ich so den Verdacht, dass du sehr auf die klassische Nomenklatura schaust. Also im Bordeaux-Fall eben auf die 5 Weingüter, die seit 1855 als Premier Grand Cru Classé eingestuft werden und eben deshalb Weinlegenden sind. Oder? Ich hoffe, du hast jetzt das Fragezeichen gehört. Also...
Tobias
00:12:37
Ja, ja.
Michael
00:12:37
...also, was ist mit Château Lafite Rothschild, Château Latour, Château Margaux, Château Mouton Rothschild und Château Haut-Brion?
Tobias
00:12:46
Ja, klar, natürlich. Du versuchst mich jetzt irgendwie so auf das konservative Gleis zu stellen. Aber natürlich müssen wir über die sprechen. Aber es gibt, um das direkt schon mal vorab loszuwerden, auch noch viele andere im Bordeaux, die legendären Status innehaben. Denk nur an Château Pétrus aus Pomerol. Ist überhaupt nicht in dieser Klassifikation. Da gibt es dann auch noch so ein Weingut, Le Pin beispielsweise, also P-I-N geschrieben, auch unwahrscheinliche Weinlegende, auch kaum bezahlbar. Aber klar, wir müssen über Premier Grand Cru Classé sprechen. Und by the way, 1855 hin oder her, das von dir erwähnte Château Mouton Rothschild wurde ja erst 1973 in diesen exklusiven Club aufgenommen. Da kann man einfach mal in unsere Bordeaux-Folge reinhören oder in die Bordeaux-Folgen, muss ich ja sagen. Ich weiß jetzt gar nicht, in welcher davon wir es erwähnen, aber die lohnen sich sowieso alle, da dröseln wir das ein bisschen auf. Also wir machen es jetzt mal an was ganz Banalem fest. Diese Weine werden ja auch Jahr für Jahr wieder von internationalen Weinkritikern neu bewertet. Die haben ja nicht einfach ihren Legendenstatus und behalten den einfach automatisch. Diese Weingüter liefern nach wie vor, ich sage jetzt mal, seit 1855 immer wieder ab. Ja, das ist einfach so! Also zumindest bei Château Lafite Rothschild und Château Haut-Brion, da waren wir ja sogar auch schon mal, wir haben ja sogar schon mal zusammen Wein verkostet. Ja, das waren jetzt zwar nicht irgendwie die Exemplare aus gereifteren Jahrgängen oder so, aber ich sag jetzt mal ganz bescheiden, schlecht war das jetzt nicht, was wir da im Glas hatten, oder?
Michael
00:14:31
Ne, da bin ich bei dir keinesfalls. Und es war aber eben nicht so ein Wein wie der Château Lafite Rothschild Premier Cru 2018 mit - Achtung - 100 Parkerpunkten und 99 Punkten von James Suckling, den man in den kommenden Jahren ja auf keinen Fall aufmachen sollte, der sollte noch schön liegen bleiben, aber der schon heute bei uns im Weinfreunde Shop 1.200 € kostet. Und...
Tobias
00:14:58
Ja, herzlichen Glückwunsch!
Michael
00:14:59
... da muss ich wieder sagen. Den hatte ich jetzt definitiv auch noch nicht im Glas. Du?
Tobias
00:15:03
Nö, hatte ich nicht. Aber jetzt muss ich tatsächlich, wie heißt das, heute so ein bisschen flexen. Weil ich habe tatsächlich von Château Lafite Rothschild noch ein Fläschchen 1996er im Keller. Ich bin mir recht sicher, dass der auch 100 Punkte hat. Und ich hatte 2 Flaschen davon und mit der war ich vor vielen Jahren bei so einer Art „Bring your own bottle Lafite Rothschild"-Vertikale. Das ist ziemlich dekadent und da musste jeder halt einen Jahrgang mitbringen. Und ja, das war natürlich schon so eine, so eine Art, wie soll ich sagen, religiöses Erlebnis eigentlich. Da lässt du dich natürlich auch beeindrucken und dann ist man bestimmt auch ein bisschen geblendet. Aber, dass wir an dem Abend wirklich absolute Spitzenweine im Glas hatten, das war zweifellos der Fall. Doch, ja, man muss es dann auch wieder relativieren. Ähnlich gute Kritikerbewertungen im Bordeaux gibt es natürlich auch für Weine, die deutlich weniger Geld kosten. Wir kommen von dem, von diesem Geldthema irgendwie nicht los. Aber klar, es ist natürlich auch immer wieder so eine Benchmark. Aber lass uns einfach mal versuchen, so ein Learning da jetzt auch rauszuziehen, um überhaupt zu verstehen. Was ist denn eine Legende? Und da würde ich schon sagen, Grundanforderung ist eigentlich, dass diese Weine über viele, viele, viele Jahrgänge hinweg einfach deutlich überdurchschnittliche Qualität abliefern. Und ja, da hilft es natürlich bei diesen nach 1855 klassifizierten Weinen, da sprechen wir nicht über viele, viele Jahrgänge, auch nicht über viele, viele Jahrzehnte, sondern schon über Jahrhunderte. Und das ist dann wirklich, glaube ich, der Beweis, dass das nicht von ungefähr kommt. Und ja, ich sage mal so, generell sprechen wir davon, dass eigentlich jedes Jahr mindestens 95 Punkte von angesehenen Weinkritikern aufgerufen werden müssen, damit das dann auch nachhaltig diesen Effekt hat.
Michael
00:17:02
Du hast jetzt eben so schöne Stichworte geliefert. „Religiöses Erlebnis" oder „geblendet" - oder verblendet wäre vielleicht dann besser. Deshalb lass mich darauf noch mal zurückkommen, denn zu so einer Legende gehört ja eigentlich auch dazu, man muss daran glauben. Ja, man muss sich jetzt nicht nur schmecken und die Punkte sehen, man muss einfach auch daran glauben. Und da sage ich jetzt als bekennender Atheist ohne konfessionelle Bindung, aber mit Blick auf die Kirchenhistorie, so genau geht es ja dann mit den Legenden. Das sind ja eigentlich Geschichten um Heilige Drumherum, die erzählen, was diese Person alles erlebt, geleistet, erlitten hat. Und das sind halt Legenden im ursprünglichen Sinne. Und ja, so eine Geschichte wäre dann eben die 1855er Klassifikation. Okay, mit einer Ausnahme jetzt von 73, das wäre diese Klassifikation im Médoc und das passt dann da rein. Aber pass auf, ich habe jetzt noch etwas, was das toppt. Also aufgepasst. Welche Weinlegende verbindest du, lieber Tobias, mit den Philosophen Michel de Montaigne und Michel Serres sowie dem US-amerikanischen Gründervater Thomas Jefferson und der Klassifikation Premier Grand Cru Classé Supérieur?
Tobias
00:18:26
Na okay. Gut, dass der Zusatz jetzt noch kam, denn deine beiden Philosophen, die haben jetzt schon mal nicht weitergeholfen. Thomas Jefferson jetzt auch nur so bedingt, wobei ich zumindest weiß, dass der der totale Weinnerd war und auch einige Jahre in Frankreich gelebt hat. Ich glaube, der war, war der nicht Botschafter oder sowas? Keine Ahnung. Der war wirklich echter Weinliebhaber. Und da gibt es ja dann noch diese angeblichen Jefferson Flaschen, die sich dann aber als Fälschung herausgestellt haben. Ganz anderes Thema. Aber du hast mir einen ganz wichtigen Begriff genannt, nämlich nicht nur einfach Premier Cru Classé, sondern Premier Grand Cru Classé Supérieur. Und da kann es eben nur einen geben. Und das ist auch kein Rotwein. Wir sprechen nämlich über Château d'Yquem. Ja, und die Süßweine aus dem Sauternes und Château d'Yquem muss man unbedingt zu den Legenden rechnen. Deswegen danke, dass du an den noch gedacht hast.
Michael
00:19:22
Das habe ich jetzt nur gemacht, weil das endlich mal eine Legende ist, die ich schon tatsächlich im Glas hatte - sogar mehrfach! Und jedes Mal - religiöses Erlebnis darf ich jetzt nicht sagen - und jedes Mal war das wirklich etwas Außergewöhnliches, Einmaliges und auch Unvergessliches.
Tobias
00:19:39
Ja. Ja. Siehst du? Und plötzlich denkt Michael gar nicht mehr ans Geld. Nur, weil jetzt irgendwie für dich Château d'Yquem plötzlich wirklich die Ikone schlechthin ist. Denn ich sage mal so, für so einen gereiften Château d'Yquem, da legt man dann jetzt auch ein ganz schönes 2Sümmchen auf den Tisch. Vor allem, weil man ja auch bedenken muss, die werden ja meistens nur in der halben Flasche serviert.
Michael
00:20:02
Das macht es günstiger, muss man dazu sagen. Aber ich bin jetzt natürlich im Wunschzettel-Modus. Du hast das ja von mir so verlangt. Und ganz im Ernst, mit einem Freund wollte ich mal mir den Luxus leisten. Ja, genau. Den Château d'Yquem, Jahrgang 1947 zu trinken, gibt es noch Flaschen, wenige, aber gibt es noch, den auch dieser Philosoph Michel Serres in seinem Buch „Die fünf Sinne" herangezogen hat. Allerdings landet man dann bei solchen gereiften Exemplaren dann eben auch in der „Perfekter Pinot aus dem Burgund"-Preisklasse. Und da waren wir dann auch einfach raus. Das haben wir dann nicht mehr zahlen wollen.
Tobias
00:20:46
Ja, ja. Und jetzt erinnere ich mich da auch dran. Da hatte ich nämlich reingehört, als du davon erzählt hast. Nämlich doch in deinem anderen Podcast, oder? Sag mal, wie heißt der denn gleich nochmal?
Michael
00:20:57
GARGANTUA - Geschichten über Geist und Getränke.
Tobias
00:21:00
Ja, ja, genau. Aber wir wollen natürlich jetzt nicht über irgendwelche Nebenbuhler Bei Anruf Wein sprechen. Das geht ja gar nicht. Deswegen lass uns jetzt mal ganz schnell das Weinland und auch die, ja, ich sage mal Art der Legende wechseln. Ich springe jetzt mal nach Italien, und zwar in eine absolut traditionsreiche Region, nämlich in die Toskana. Und dieses Mal geht es aber nicht um die ruhmreiche Historie, erst recht nicht um Philosophen, sondern eigentlich um so eine Art revolutionäre Weinregel-Umstürzler, kann man fast sagen. Also Michael. Welche Legende oder besser welche Legenden sprecht denn ihr an?
Michael
00:21:39
Ach ja, also ich kann jetzt mal so salopp sagen, das ist einfach. Du meinst solche Weine aus der „Aia"-Bande, ne? Also Solaia, auch ne Laia, Sassiscaia. Aber auch Legenden wie Tignanello, Guado al Tasso und so weiter und so fort. Also um das gängige Stichwort an dieser Stelle endlich mal zu bedienen: Du willst hin zu den Supertoskanern, also zu jenen Weinen, die neben der über Jahre hinweg an den Tag gelegten Qualität samt Kritikerpunkten usw., ja, was wir eben besprochen haben, eben deshalb bekannt und so berühmt geworden sind, weil sie ein traditionelle und offizielle Regulierung oder Klassifizierung einfach ignorieren oder, wie hast du das vorhin genannt, dagegen revoltieren. Ja, Umstürzler.
Tobias
00:22:29
Genau richtig. Richtig. Die Supertoskaner, die Supertuscans. So hat man die Weine ja dann später getauft und der erste ist tatsächlich der Sassicaia. Dann folgte der Tignanello und da bewegen wir uns irgendwie so zu Beginn der 1970er-Jahre. Und Hintergrund ist eigentlich, dass 1967 die DOC, die Denominazione di Origine Controllato oder Controllata oder sowas gegründet wurde im Chianti. Und die hat eben für ganz klare Vorgaben gesorgt, was die Klassifikation angeht. Zum Beispiel war ein dominierender Anteil von Sangiovese plötzlich Pflicht. Da reden wir über 80 % in einer Cuvée, um so die typische Stilistik der Region zu erhalten. Und das war dann der Stein des Anstoßes, weil Winzer und Weinmacher, wie eben dieser Marchese Mario incisa della Rocchetta, so wie sein Neffe, der Marchese Piero Antinori, Weine erzeugen wollten, die halt eben davon abweichen, nämlich Weine mit Bordeauxreben wie Cabernet Sauvignon oder Merlot. Und das sollten sie jetzt dann plötzlich nicht mehr dürfen. Und ja, die haben gesagt, Sangiovese jetzt plötzlich wieder in die 1. Reihe zu ziehen, das wollen wir gar nicht. Und das sorgte für einen Eklat. Und dann haben die einfach gemacht, was sie wollten.
Michael
00:23:51
Ja, und zwar ganz konsequent haben dann die Kontrolleure eben sozusagen gebremst und diesen Weinen auch den DOC-Status einfach verweigert. Aber das hat Antinori und Co. jetzt überhaupt nicht beeindruckt, wahrscheinlich eher angestachelt, denn die Weine kamen dann als einfache „vino da tavola", als Tafelwein auf den Markt. Doch eben aufgrund der Qualität, die die gezeigt haben im Glas und dieses ganz neuen Aufschlags, dieses ganz neuen Stils haben die dann eben doch ihren Weg gemacht. Und an die Spitze, muss man dazu sagen. Hinzu kommt dann noch, wir haben eben über Legenden und die Geschichten gesprochen, dass dann in den USA der Begriff Supertuscans entstand, also Supertoskaner, den gab es vorher noch nicht. Und man musste ja irgendwie den Leuten klar machen, dass die Weine außerordentlich gut sind, ein bisschen mehr kosten, obgleich jetzt nur vino da tavola auf dem Etikett steht. Ja, und nun, der Rest ist dann wirklich Legende. Der Aufstieg war dann fast vorgezeichnet. Und tatsächlich erzielten ja auch bald diese Tafelweine schon deutlich höhere Preise als eben so ein klassischer DOC Chianti oder auch ein Chianti Classico. Ich sage mal „basta", na?
Tobias
00:25:13
Ja, ich sage jetzt mal „halb basta", denn den 2021er Tignanello mit 98 Parkerpunkten, 96 Punkten von James Suckling und - Achtung, noch vollständiger halber - 95 Punkte von Vinous, die bekommt man ja bei euch im Shop schon für, ich sag mal, schlappe 150 €. Das ist ja dann kein Vergleich mit den Legenden aus dem Burgund oder dem Bordeaux. Aber ganz klar Oberklasse, wie im Übrigen auch eine ganze Reihe andere italienische Weine muss man jetzt vielleicht noch komplettieren. Denk mal an Piemont, denk mal an Barolo und Barbaresco, denk an so Produzenten wie Angelo Gaja. Ja, das sind wirklich Ikonen. Und ja, spätestens Italienfans würden sie auf jeden Fall auch zu den Legenden zählen. Das vielleicht nur jetzt auch nur mal so als Hinweis an die Zuhörerinnen und Zuhörer. Bitte versteht die Folge hier jetzt nicht als wirklich Komplett-Rundumschlag...
Michael
00:26:11
Als komplette Wunschliste.
Tobias
00:26:11
...seid nicht beleidigt. Ja, genau. Und seid bitte nicht beleidigt, wenn wir so euren Lieblings-Legendenwein irgendwie gar nicht auf der Wunschliste drauf haben. Aber ja, sag mal diese Tignanello usw., ihr habt sie ja selber im Shop, ist der denn dann für dich jetzt beispielsweise so festgesetzt auf deiner Wunschliste?
Michael
00:26:33
Ja, also erst mal muss ich ja sagen, warum nicht? Aber du hörst mein, mein, mein...
Tobias
00:26:38
Klingt halbherzig.
Michael
00:26:39
...ja, mein Zögern. Weil, ganz ehrlich gesagt, ja, da gebe ich anderen Wein durchaus den Vorzug. Bitte jetzt nicht mich missverstehen. Zum einen bin ich ja eh nicht der große Italienfan, zum anderen sind die Supertoskaner ja dann aber auch irgendwie wieder Bordeaux. Also weißt du, was ich meine? Also so Bordeaux-Cuvée zumindest. Und natürlich schon jetzt auf so eine andere Art, eine toskanische Art, aber das ist jetzt kein Zufall, dass der Weinmacher Giacomo Tachis, der ganz entscheidend an dieser Legende von den Supertoskanern mitgewirkt hat, einige Jahre im Bordeaux gearbeitet und viel gelernt hat.
Tobias
00:27:21
Ja, klar, natürlich. Das ist auf jeden Fall immer wieder der Punkt, eigentlich ja weltweit. Und Bordeaux ist ja sowieso ein gutes Stichwort. Ich habe ja vorhin schon unsere ganzen Bordeaux-Folgen erwähnt, die wir mit unserem Bordelaiser Buddy Cedric auch aufgenommen haben. Und da haben wir aber halt eben auch eine Folge gemacht, ganz explizit zu dem Thema Bordeaux Cuvée. Also quasi als Muster für andere Weinlegenden, und zwar außerhalb des Bordeauxs, außerhalb des Stammgebiets. Ich sage nur Kalifornien und Napa Valley. Ich sage Robert Mondavi und Baron Philippe de Rothschild, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot und Cabernet Franc, Merlot, Malbec. Das sind alles Eckdaten für andere Weinlegenden jüngerer Prägung. Ich spreche vom Opus One. Die ersten Jahrgänge sind nach amerikanischer Zählung 1979 und 1980, und die sind zunächst nur in den USA verfügbar gewesen. Und dann erst 1988 kommt der Wein auch nach Europa. Und da setzte dann so die Legendenbildung ein. Und da muss ich aber dann jetzt ganz persönlich sagen, das war bestimmt mal ein legendärer Wein. Ich finde ihn heute eigentlich fast nur noch überteuert, vielleicht irgendwo Kult, aber gibt mir immer so ein bisschen das Gefühl, es kann sich schon auch was verändern. Und ich glaube, das haben auch andere Weinliebhaber so ein bisschen gespürt. Opus One, da ist nicht mehr so richtig Liebe und Seele drin. Vielleicht auch dadurch, dass die Protagonisten auch einfach nicht mehr leben und nicht mehr persönlich so dafür stehen. Und die sind einfach für viele einfach nur noch so überschätzt und überteuert.
Michael
00:29:01
Ja, das war ja dann Legende und Geschichte jetzt, ich komme noch mal mit dem Thema, war ja auch so toll zu erzählen. So französischer Weinadel Ja, unser Philippe Baron de Rothschild tut sich zusammen mit einem amerikanischen Weinpionier - going West, ja - und dann wird der Opus One, der erste, das erste Werk wird dann geboren. Eine tolle Geschichte. Und ich gebe jetzt mal den Miesepeter bei dieser Story. Irgendwie hätte man ja jetzt auch sagen können Joint Venture. Ja, das klingt jetzt nicht so spektakulär und wenig legendär, aber ich glaube, ihr da draußen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wisst, was ich meine.
Tobias
00:29:43
Ja, und okay, dann sind wir aber ja letzten Endes so ein bisschen einer Meinung. Da lasse ich dir den Miesepeter mal durchgehen. Weil, wie gesagt, ja, ausnahmsweise habe ich gesagt. Nein, weil tatsächlich, bei Opus One bin ich mir da auch nicht so sicher. Man muss zwar zugeben, auch der erhält durchgängig immer wieder auch gute Punkte. Das ist dann tatsächlich irgendwie so ein bisschen wie bei vielen Supertoskanern auch. Aber das reicht trotzdem nicht, sage ich mal, die Gefilde von Bordeaux- oder Burgund-Legenden, da können wir uns, glaube ich, drauf einigen.
Michael
00:30:20
Einverstanden. Ja, und was soll ich noch mal sagen? Es gibt ja auch andere Geschichten aus der Neuen Weinwelt. Das war ja jetzt das neue Stichwort mit Kalifornien. Wie wäre es denn zum Beispiel mit Australien? Penfolds und dem vielgerühmten Grange Bin 95? Also, oder sage ich „Ninety-five", damit das toller klingt? Egal, ihr wisst, was ich meine. Das ist ja auch eine Cuvée. Allerdings eine, die eben nicht diesem Bordeaux-Cuvée-Muster folgt, die sich eher querstellt und dennoch die Kriterien von auf Dauer außerordentlich guten Weinen und jede Menge Kritikerpunkten eben verlässlich erfüllt. Nur mal so ein Beispiel aus unserem Weinfreunde Shop, der 2014er Grange Bin 95 versammelt 98 Parkerpunkte, 97 Punkte von Falstaff, 96 Punkte von Vinous. Das kann sich jetzt nun mal sehen lassen, oder?
Tobias
00:31:22
Allerdings.
Michael
00:31:22
Und es ist eben eine Cuvée der anderen Art und auch ein bisschen unkonventionell, denn der Wein besteht aus ganz, ganz, ganz viel Shiraz, sprich Syrah, also Côtes du Rhône, und ein wenig Cabernet Sauvignon, sprich Bordeaux. Also reine Bordeaux-Cuvée? Nix da! Es geht eben auch anders. Es gibt auch andere Role Models für die Legendenbildung.
Tobias
00:31:47
Ja, genau. Und bei Grange bin ich wirklich bei Legende. Also auch alleine, weil natürlich, Australien hat davon nicht so viele, kann auch gar nicht, ist so ein junges Weinland und da sticht er einfach noch mal besonders hervor. Ja, jetzt hast du natürlich so irgendwie das Beispiel genannt, da haben wir wirklich gar nichts mit Bordeaux zu tun usw. Ja, ist jetzt dann wieder doch auch nicht ganz richtig, denn Max Schubert, also der Weinmacher, der 1951 erstmals den Grange kreiert hat, war ein Jahr zuvor lange wo unterwegs? In Bordeaux! Und hat dort das Weinmachen studiert. Also das heißt, zumindest die Inspiration zu diesem Wein stammt dann doch wieder irgendwie aus dem Südwesten Frankreichs. Aber ich habe jetzt mal eine ganz persönliche Frage.
Michael
00:32:38
Oh, leg los. Das sind die gefährlichen, ja.
Tobias
00:32:40
Ja, weil das ist ja eigentlich total empörend. Ja, du hast heute noch überhaupt nicht über Spanien gesprochen. Gibt es da denn etwa gar keine Weinlegenden? Kann doch nicht sein!
Michael
00:32:49
Ja, da fangen wir jetzt an mit der Diskussion. Ich glaube ja, die gibt es schon. Also denke da zum Beispiel an so was wie den Tondonia oder Viña Tondonia von López de Heredia oder, ne? Oder den Unico von Vega Sicilia oder an den Pingus von Peter Sisseck, einen Dänen, der dort Weine macht, oder an die Weine von Telmo Rodríguez oder an den von uns beiden so sehr geschätzten Raúl Pérez als Weinmacher. Den wollen wir jetzt hier nicht vergessen. Und da könnte ich jetzt noch einige Namen fallen lassen, die alle unsere beiden Kriterien eigentlich erfüllen. Also außerordentliche Qualität über einen langen Zeitraum und entsprechend hohe Kritikerbewertungen. Aber ja, diese Weine sind durchgehend auf einem anderen Preisniveau angesiedelt. Das kommt einfach ohne unseren Wunschlistenmodus jetzt aus, den braucht man da nicht. Die kann man sich einfach so mal leisten. Und diese kleinen Kostbarkeiten, ja, dass man die so einfach sich gönnen kann, das ist so ein Grund oder ein Grund dafür, warum mir eben Spaniens Weine so sehr am Herzen liegen. Ich fasse das jetzt mal ganz banal zusammen: Da kriegst du viel guten Wein für überschaubares Geld.
Tobias
00:34:08
Ja, stimme ich dir zu, ne? Also naja, Unico, aber vor allem auch so was wie Pingus, auch da sind wir im dreistelligen Bereich unterwegs. Muss man vielleicht immer wieder mal unterstreichen. Und wo du jetzt auch diese Namen nennst, wir haben vorhin irgendwie gesagt, was macht eine Legende aus? Jahrzehnte, Jahrhunderte, es müssen auch aktuell immer noch hohe Bewertungen da sein usw. Aber mir ist jetzt schon noch ein anderer Punkt eingefallen. Es geht natürlich auch um Kleinstmengen, um wirklich, ne? Ich hatte es bei Romanée-Conti schon mal so ein bisschen anklingen lassen, aber es gibt einfach auch eine ganze Reihe von wirklich hervorragenden Weinen, die aber, sage ich mal, in der totalen Wahrnehmung weltweit über alle Weinfans hinweg gar nicht so einen Riesenstellenwert erreichen konnten, weil es einfach immer viel zu wenig Menge gab. Die sind dann wiederum nur ganz wenigen Leuten, echten Freaks irgendwie bekannt. Also auch so diese sogenannten Garage Wines, die es ja auch durchaus im Bordeaux gibt. Das ist dann noch mal was für Sammler, die ganz genau hingucken, die auch bereit sind, Unsummen auszugeben und dann wiederum für Namen, die kaum jemand irgendwie auf dem Schirm hat. Und das ist dann schon auch Legendenbildung. Aber ich sage mal in einem ganz anderen Maßstab. Denn so ein Premier Grand Cru Classé, da werden nicht nur ein paar 100 und auch nicht nur einfach irgendwie 2.000, 3.000 Flaschen von gemacht. Die werden ja doch durchaus hoch aufgelegt. Aber gut, ich bin ja beruhigt, dass wir jetzt auch mit dir noch mal kurz in Spanien unterwegs waren. Du hast ein paar wirklich sehr, sehr legendäre und passende Namen genannt. Aber wir gehen doch jetzt mal einfach zurück auch in unsere Heimat, nach Deutschland. Da waren wir ja heute jetzt auch noch gar nicht unterwegs. Da gibt es doch sicherlich auch die ein oder andere Legende.
Michael
00:35:59
Ja, fällt mir jetzt natürlich schwer, so als deutscher Weintrinker über die deutschen Weine zu reden. Ich setze jetzt mal meine internationale Brille auf, um das so ein bisschen zu objektivieren. Und dann reden wir bei den Weinlegenden vielleicht über so was wie die Scharzhofberger Trockenbeerenauslese von Egon Müller an der Saar.
Tobias
00:36:22
Oh ja.
Michael
00:36:23
Ja, weil sie kommt da mit dem Riesling und diesem restsüßen TBA. Und damit bedient sie etwas, einfach, was es woanders so nicht gibt, also was so, schon so eine gewisse Einzigartigkeit darstellt. Und überhaupt Riesling, ja, steht da bestimmt ganz oben in dieser Liste der Legenden oder möglichen Legenden. Um noch ein anderes Beispiel jetzt da zu nennen, da fällt mir jetzt ein spontan, warte mal, so was wie Wehlener Sonnenuhr Auslese. Ja, vom Weingut Johann Josef Prüm an der Mosel. Ja, ist ein toller, toller Name, oh, Wehlener Sonnenuhr Auslese. Das ist natürlich prima. Und international betrachtet, ist das eben ein Star. Und das sind jetzt im internationalen Maßstab bestimmt nicht die einzigen Legenden, die wir hier jetzt nennen könnten, wenn es um Riesling aus Deutschland geht.
Tobias
00:37:16
Ja, aber ich finde das gut, dass du gesagt hast, du setzt sozusagen die internationale Brille auf. Denn das ist halt eben auch so ein Ding. Ist eine Legende erst wirklich eine Weinlegende, wenn sie auch international so gesehen wird? Und da bin ich schon bei dir. Klar, man kann jetzt sagen, Legende, das ist immer nur eine persönliche Einordnung, interessiert mich gar nicht, was andere darüber denken. Aber ich finde die Herangehensweise gut. Und da ist, finde ich Egon Müller tatsächlich auch ein super Beispiel. Denn mit seinem Weingut an der Saar hat er sich ja dazu entschlossen, was eigentlich in Deutschland bei jetzt auch jüngeren Winzern eigentlich komplett gegen den Trend geht. Der hat gesagt, ich mache gar keine trockenen Weine, ich mache nur restsüße Weine. Und der Trend ist ja aktuell ganz anders zu sagen, ne, restsüße Weine eher gar nicht mehr, nur noch trocken usw. Aber er steht halt einfach, ja, total für diese restsüßen Weine für mit Sicherheit auch die besten oder einige der besten Süßweine der Welt. Und internationale Brille, ne? Egon Müller ist da nämlich auch dann noch eine Besonderheit. Er ist nämlich der einzige deutsche Vertreter in den sogenannten Primum Familiae vini. Ja, das ist ein Zusammenschluss von 12 der bedeutendsten familiengeführten Weingüter der Welt. Wenn man dort am Tisch sitzt, dann sitzt man da neben Häusern wie Vega Sicilia, hast du ja gerade erwähnt. Oder auch Joseph Drouhin aus dem Burgund. Das ist ja auch so ein Riesenhaus mit legendären Weinen, aber auch Pol Roger aus der Champagne. Da habt ihr im Weinfreunde-Shop jede Menge im Angebot. Und das sagt einfach was über den internationalen Stellenwert dann auch aus. Da zählt man wirklich zur absoluten Spitzenliga, zu einem Club der Legenden sozusagen. Und ja, wie du schon richtig gesagt hast, es gibt natürlich hier noch viele andere Riesling-Weingüter, die Kultstatus besitzen, halt vielleicht nicht Legendenstatus. Und da muss ich natürlich, wundert dich jetzt nicht, auch an erstklassige Spätburgunder denken. Baden, Pfalz, ne? Franz Keller, aber auch so jemand wie wie Bernhard Huber, so Konsorten. Das hat auch die internationale Weinkritik mittlerweile erkannt. Aber ja, vielleicht müssen da tatsächlich noch ein paar Jahrgänge übers Land gehen, bis sie vergleichbar hohe Wertschätzung erfahren wie jetzt beispielsweise die Pinots aus dem Burgund oder die restsüßen Rieslinge von dem guten Kollegen Egon Müller.
Michael
00:39:55
Ja, und dann hoffentlich aber auch nicht im Preisniveau nachziehen, weil das muss man an der Stelle jetzt auch sagen: Kauft euch, holt euch diese Weine, bevor sie Legende werden und dann so einen Zuschlag bekommen.
Tobias
00:40:08
Stimmt.
Michael
00:40:08
Und überhaupt „Legende". Also ich habe ja eben schon mal die Kirchenhistorie angesprochen und als du eben sagtest „Primum Familiae Vini", das hört sich jetzt so an wie eine Sammelgeschichte von Legenden aus der Weinwelt, so in Latein. Das haben sie echt schon gut gemacht. Aber nun denn, mit dem Burgunder, noch mal mein Tipp, den deutschen Burgunder, da brauchst du eben aktuell keine Wunschliste. Die kannst du dir auch so zwischendrin immer leisten. Und okay, da gibt es jetzt mittlerweile auch schon Aufpreise, also der Markt zieht an, aber das ist alles noch richtig solide finanzierbar.
Tobias
00:40:44
Ja, also das kann man ja mal ganz konkret sagen, also 40 €, 50 €, 60 €, da ist man da schon wirklich sehr, sehr gut aufgehoben. Und das ist ja so ein bisschen tröstlich. Deswegen, jetzt lass uns doch mal Schluss machen mit den Legenden. Ich denke, für Wunschzettel und Listen haben wir jetzt wirklich sehr, sehr viele Anregungen geliefert. Ansonsten, wie gesagt, gerne noch mal in die aktuelle Hörgenuss-Folge reinhörer, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Ja, wenn ihr vielleicht aber trotzdem ein Wein jetzt in der heutigen Folge vermisst habt, ich habe das ja vorhin schon so ein bisschen einschränkend hinzugefügt, dass wir wirklich nicht alle nennen konnten, schreibt uns einfach. Wer hat euch da gefehlt auf dem Zettel? Welchen Namen hättet ihr gerne gehört? Entweder per E-Mail an podcast@weinfreunde.de oder gerne natürlich auch auf den Social-Media-Kanälen von weinfreunde.de. So, und jetzt ist dann eigentlich schon Zeit für unsere kleine Zusammenfassung zum Schluss, oder?
Michael
00:41:43
Ja, die fällt heute irgendwie ein bisschen kurz aus. Wir können jetzt nicht die Namen einfach noch mal wiederholen. Wir schauen jetzt einfach mal, was wir da zusammenbekommen. Leg mal los.
Tobias
00:41:53
Ja, genau. Also, um eine echte Weinlegende zu werden, braucht es außerordentliche Qualität über viele Jahrgänge hinweg, die sich auch in gleichbleibend hohen Punktzahlen der Weinkritiker auf der ganzen Welt ausdrücken.
Michael
00:42:04
Insbesondere in Frankreich geht damit aber auch immer die Herkunft aus den besten Lagen einher, also die sich aus den traditionellen Klassifikationen der Weinregionen ergeben. Stichwort Burgund, Bordeaux, Champagne.
Tobias
00:42:18
Es gibt aber auch Revoluzzer und Innovatoren, die für neue Weinlegenden sorgen, wie die Supertoskaner aus Italien oder ein Grange aus Australien.
Michael
00:42:28
Insgesamt ist aber nicht einfach zu unterscheiden: schon eine Legende oder einfach nur ein seit Jahren exzellenter Wein? Dafür gibt es viele Beispiele aus Deutschland, aber auch aus Spanien.
Tobias
00:42:40
Ja, und ja, mehr haben wir heute eigentlich nicht zu sagen, oder, Michael?
Michael
00:42:44
Doch, natürlich eines schon. Nämlich: Wir freuen uns nach wie vor ungemein darauf, wenn es das nächste Mal wieder heißt.
Tobias
00:42:54
Bei Anruf.
Michael
00:42:56
Wein.