Eine Reise durch die Kantstraße
Gespräch mit Autor Aro Kuhrt
30.12.2023 23 min Oliver Springer
Zusammenfassung & Show Notes
Möchtest Du als Gast dabei sein und Dein Geschäft, Deinen Verein, Deine Stadtteilinitiative oder ein anderes Projekt vorstellen, nimm einfach Kontakt mit uns auf!
In dieser Folge von "Charlottenburg in Bewegung" spricht Oliver Springer mit Aro Kuhrt, Autor des Buches "Eine Reise durch die Kantstraße". Das Gespräch bietet interessante Einblicke in die Vielschichtigkeit der Kantstraße, die sich als pulsierende Lebensader im Herzen Charlottenburgs offenbart.
Aro Kuhrt, ein erfahrener ehemaliger Taxifahrer mit über zwanzig Jahren Berufserfahrung, war oft in der Gegend unterwegs und verbindet daher viele persönliche Erlebnisse und Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen mit diesem Teil Charlottenburgs. Für einen geschichtsinteressierten Menschen wie ihn hat die Kantstraße aber noch einiges mehr zu bieten. Sie zeichnet sich durch eine faszinierende Vielzahl von Facetten aus, was auch damit zu tun hat, dass die Kantstraße gewissermaßen aus mehreren, sehr unterschiedlichen Teilen besteht. Entsprechend vielfältig ist die Mischung aus Menschen, Geschäften, Restaurants, Kulturangeboten und und und.
Im Verlauf des Gesprächs gibt Aro Kuhrt interessante Einblicke in seine Zeit als Taxifahrer, die von persönlichen Begegnungen geprägt war. Von Gesprächen mit einem ehemaligen CDU-Generalsekretär bis hin zu bewegenden Schicksalen von Fahrgästen reicht das Spektrum der Erlebnisse, die die Vielfalt der Kantstraße widerspiegeln.
Dabei werden besondere Orte wie der Bücherbogen am Savignyplatz, die ehemalige Synagoge Kantstraße und das Schwarze Café vorgestellt.
Das Buch "Eine Reise durch die Kantstraße" ist das Ergebnis von Aro Kuhrts einmaliger Perspektive auf diesen Teil Berlins. Es wird deutlich, wie seine Erfahrungen als Taxifahrer die Geschichten in seinem Buch beeinflusst haben, wenngleich der Inhalt des Buches zu einem großen Teil auf weiteren Recherchen beruht.
Das Buch "Eine Reise durch die Kantstraße" ist das Ergebnis der einzigartigen Perspektive von Aro Kuhrt auf diesen Teil Berlins. Es wird deutlich, wie seine Erfahrungen als Taxifahrer die Geschichten in seinem Buch beeinflusst haben, auch wenn der Inhalt des Buches zu einem großen Teil auf weiteren Recherchen beruht.
In der Unterhaltung kommen auch historische Aspekte zur Sprache, darunter nie realisierte Projekte wie der Südwestkanal und eine geplante Autobahn durch die westliche Innenstadt Berlins. Aro Kuhrt gibt zudem Einblicke in weniger bekannte Orte in Charlottenburg und verweist auf seine umfangreiche Website berlinstreet.de, die eine reichhaltige Informationsquelle zur Geschichte Berlins darstellt.
Das Gespräch endet mit einem Ausblick auf Aro Kuhrts aktuelle Projekte, darunter ein Buch über den Stadtteil Wedding und das fortlaufende Projekt berlinchronik.de, das historische Ereignisse für jeden Tag festhält.
Aro Kuhrt, ein erfahrener ehemaliger Taxifahrer mit über zwanzig Jahren Berufserfahrung, war oft in der Gegend unterwegs und verbindet daher viele persönliche Erlebnisse und Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen mit diesem Teil Charlottenburgs. Für einen geschichtsinteressierten Menschen wie ihn hat die Kantstraße aber noch einiges mehr zu bieten. Sie zeichnet sich durch eine faszinierende Vielzahl von Facetten aus, was auch damit zu tun hat, dass die Kantstraße gewissermaßen aus mehreren, sehr unterschiedlichen Teilen besteht. Entsprechend vielfältig ist die Mischung aus Menschen, Geschäften, Restaurants, Kulturangeboten und und und.
Im Verlauf des Gesprächs gibt Aro Kuhrt interessante Einblicke in seine Zeit als Taxifahrer, die von persönlichen Begegnungen geprägt war. Von Gesprächen mit einem ehemaligen CDU-Generalsekretär bis hin zu bewegenden Schicksalen von Fahrgästen reicht das Spektrum der Erlebnisse, die die Vielfalt der Kantstraße widerspiegeln.
Dabei werden besondere Orte wie der Bücherbogen am Savignyplatz, die ehemalige Synagoge Kantstraße und das Schwarze Café vorgestellt.
Das Buch "Eine Reise durch die Kantstraße" ist das Ergebnis von Aro Kuhrts einmaliger Perspektive auf diesen Teil Berlins. Es wird deutlich, wie seine Erfahrungen als Taxifahrer die Geschichten in seinem Buch beeinflusst haben, wenngleich der Inhalt des Buches zu einem großen Teil auf weiteren Recherchen beruht.
Das Buch "Eine Reise durch die Kantstraße" ist das Ergebnis der einzigartigen Perspektive von Aro Kuhrt auf diesen Teil Berlins. Es wird deutlich, wie seine Erfahrungen als Taxifahrer die Geschichten in seinem Buch beeinflusst haben, auch wenn der Inhalt des Buches zu einem großen Teil auf weiteren Recherchen beruht.
In der Unterhaltung kommen auch historische Aspekte zur Sprache, darunter nie realisierte Projekte wie der Südwestkanal und eine geplante Autobahn durch die westliche Innenstadt Berlins. Aro Kuhrt gibt zudem Einblicke in weniger bekannte Orte in Charlottenburg und verweist auf seine umfangreiche Website berlinstreet.de, die eine reichhaltige Informationsquelle zur Geschichte Berlins darstellt.
Das Gespräch endet mit einem Ausblick auf Aro Kuhrts aktuelle Projekte, darunter ein Buch über den Stadtteil Wedding und das fortlaufende Projekt berlinchronik.de, das historische Ereignisse für jeden Tag festhält.
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Transkript
Charlottenburg in Bewegung, ich
bin Oliver Springer, zu Gast ist
heute Aro Kuhrt, Autor des Buchs
"Eine Reise durch die Kantstraße".
Hallo.
Hallo.
Dabei gibts die Kantstraße gar nicht, also
DIE Kantstraße, steht so im ersten Satz.
Ja, das stimmt.
Also die Kantstraße ist einfach
sehr unterschiedlich, man kann
nicht sagen, das ist jetzt so eine
Straße, eine reine Wohnstraße, eine
reine Geschäftsstraße oder so was.
Die Kantstraße ist ja, wird ja oft so
genannt, "der kleine Bruder vom Ku’damm".
Und auch da kennt man das ja, gibt
es so verschiedene Abschnitte.
Und bei der Kantstraße ist es so, der
erste Abschnitt vom Breitscheidplatz
ausgesehen, da ist ja sehr viel Kultur.
Also da hat man das Theater des Westens,
das Quasimodo, man hat das Delfi, und
man hat ein Stückchen weiter, rund um den
Savignyplatz, so Jazzkneipen zum Beispiel.
Der mittlere Teil, sagen wir mal so
hinterm Savignyplatz, da kommt sehr
viel Gastronomie, viel Asiatisches,
auch Französisches und der noch
weiter hintere Teil so vielleicht
ab Kaiser-Friedrich-Straße, ist dann
eher eine bürgerliche Wohngegend.
Wenn man dann da hinkommt und sucht
dann abends noch was Schickes zum
Ausgehen oder so, hat man eher ein
Problem oder Livemusik oder so.
Das sind sozusagen schon mal
drei Kantstraßen an einer.
Und dann gibt’s natürlich "die" Kantstraße
auch nicht im Laufe der Jahrzehnte,
also die war ja sehr oft im Wandel
vom vorletzten Jahrhundert bis heute.
Die Kantstraße selber hat so
ungefähr 130 Jahre auf dem Buckel.
War praktisch auch in der Geschichte mal
so wie heute es wieder viele asiatische
Restaurants gibt, war es auch mal so ein
kleines China Town, 100 Jahre vorher.
Also die Kantstraße ist wirklich sehr
vielfältig und war es auch immer.
Mit Straßen kennst du dich wirklich
aus, du bist lange Zeit Taxi gefahren.
Ja, ich war mehr als 20 Jahre Taxifahrer
und sehr viel natürlich in der City West.
Und die Kantstraße ist da einfach ... ja,
es war einfach ein ganz zentraler
Ort, also gerade wegen dem, was ich
schon angesprochen habe, gerade für
Gastronomie und Kultur, da hat man
natürlich viele Fahrgäste, ich bin immer
nachts gefahren, abends und nachts.
Und das sind eben auch die Orte, wo man
dann Fahrgäste abholt oder hinbringt,
eigentlich mehr Kantstraße als Ku’damm.
Ku’damm sind ja dann eher so die
teuren Geschäfte und eher tagsüber
interessant für Taxifahrer, die
Kantstraße ist eigentlich nachts
für Taxifahrer zu viel besser.
Wo die Fahrgäste hinwollen, ist ja
die eine Sache, wo du dich am Beginn
einer Schicht hingestellt hast, um
deine Arbeit zu beginnen, das ist
ja dann noch eine andere Sache.
Du hast deinen Arbeitstag oft
absichtlich in Charlottenburg begonnen.
Warum das?
Ja, das ist es aus rein praktischen
Gründen, also ich habe halt in
Moabit gewohnt und damals war der
Bahnhof Zoo, als ich angefangen habe,
also das war in den 90er Jahren,
Ende der 90er, war der Bahnhof Zoo
noch der Berliner Hauptbahnhof.
Wenn es da zu voll war, bin ich dann ein
Stückchen weiter gefahren zum Savignyplatz
und hab mich dann dahingestellt, weil
da auch meistens so 17/18 Uhr habe
ich angefangen, das ist dann eben
auf die Zeit der Restaurants und wo
das mit den Kneipen losgeht und so.
Von da aus ging es aber dann halt
auch mal in die ganze Berliner Welt,
ob nach Spandau oder Lichtenrade oder
Pankow; also es ist nicht so, dass
ich wie andere Taxifahrer total an
Charlottenburg gehangen habe, immer.
Aber ich bin im Prinzip in
jeder Schicht dann doch wieder
in Charlottenburg gelandet.
Und so vielseitig wie die Kantstraße war
dann sich auch die Mischung der Fahrgäste,
die dort dann ein und ausgestiegen sind.
Ja, ja, ja, das ist auch wieder
das Interessante an der Kantstraße:
Also man hat die Leute, die sich
eigentlich einen eigenen Fahrer
leisten könnten, die man dann halt zu
irgendwelchen Edelrestaurants gebracht
hat oder vom Theater abgeholt hat.
Und zehn Meter weiter liegen
die Obdachlosen, zum Beispiel.
Gut, die hatte ich eher weniger im
Taxi, allerdings auch ein paar Mal,
die mussten dann nicht bezahlen, aber
das waren dann meistens Notfälle.
Also ich erinnere mich zum Beispiel an
eine Dame aus der Kantstraße, da wollte
ich Feierabend machen, morgens um zwei
oder drei, und die angekommen ist und
ganz schüchtern gefragt hat: "Was kostet
denn eine Fahrt zum Rathaus Schöneberg?"
Das habe ich ihr dann gesagt, es war
ihr zu viel, und dann ist sie doch
eingestiegen und auf der Fahrt dorthin
hat sie gesagt, dass sie halt dort sauber
macht und sie hat verschlafen und sie
wird ihren Job los, wenn sie heute zu spät
kommt und dann haben sie umsonst gefahren.
Und solche Sachen kommen halt auch vor.
Und man hat wirklich in der Kantstraße,
vor allen Dingen so rund um Savignyplatz,
alles, was es so in Berlin gibt, also
ob Studenten, ob Uralt-Linke oder
auch Uralt-Rechte, leider, reiche
Leute, Beamte, alles Mögliche, ne.
Also im Taxi trifft sich im Prinzip
im Durchschnitt der Gesellschaft und
das ist besonders, muss ich schon
sagen, in der Kantstraße auch so,
also in dem Teil Charlottenburgs.
Wenn man Taxi fährt, dann muss man
Menschen schon irgendwie mögen, nehme
ich an, und sich auch gerne unterhalten.
Ja das ... ich bin so ein Mensch, der
gerne, am liebsten gleich, wenn jemand
einsteigt, ich frag den "Erzählen
sie mir mal Ihre Geschichte?".
Also, in der Regel läuft das so: Fahrgast
kommt rein, sagt, wo er hin will.
Und meistens, wenn nicht gerade ein ganz
schlechter Draht ist von Anfang an, kommt
dann meistens irgendein Spruch von mir.
Sei es zu der Straße oder zu dem Außen
oder sonst ... Kennt man ja irgendwie,
ja, blödes Wetter heute oder so.
Man merkt sofort, ob ein Fahrgast reden
will oder nicht, und wenn er reden
- will und das finde ich halt dann immer
besonders spannend - dann frage ich auch.
Außer ich habe Fahrgäste,
die mich ausfragen, das ist
auch schon oft vorgekommen.
Aber ich bin immer neugierig, will
wissen, was für eine Geschichte steht
hinter den Menschen so die ich da
fahre, und da sind natürlich so im
Laufe der Jahre massig zusammengekommen.
Viele traurige, viele interessante,
teilweise sehr lustige Gespräche,
auch intellektuelle Gespräche mit
Leuten, die es echt draufhaben.
Also, ich erinnere mich zum Beispiel,
der lebt heute nicht mehr, wie hieß er
denn ... Der, der war Generalsekretär
der CDU ... Heiner Geißler!
Und mit dem, der als sehr rechter Knochen
bekannt war, und der mich fast davon
überzeugt hätte, dass meine Ideen - ich
bin eher in der linken Ecke verortet
- totaler Müll sind, aber er hat mich
dann doch nicht letztendlich überzeugt.
Aber wir standen zum Beispiel noch
eine Viertelstunde da und haben einfach
noch zu Ende gesprochen, obwohl wir
längst am Zielort waren, einfach weil
das Gespräch noch nicht zu Ende war
und solche Gespräche, also solche oder
ähnliche, die hat man nur, wenn man
offen ist den Fahrgästen gegenüber.
Für dein Buch "Eine Reise durch
die Kantstraße" hast du mit
vielen Menschen gesprochen.
Ich nehme an, manche davon hast du
vielleicht auch ein Taxi kennengelernt?
Speziell für das Buch weniger,
aber ich habe Leute im Umfeld, der
Kantstraße wegen dem Taxi kennengelernt.
Also, ich habe ja gesagt, ich
stand oft am Savignyplatz.
Und gerade in Sommermonaten steht man auch
draußen und dann kriegt man halt auch die
Leute mit, die nicht ins Taxi steigen.
Und ja, interessierter Blick von mir,
kommt oft ein interessierter Blick
zurück, und man redet dann trotzdem, auch
wenn man jetzt nicht zusammen fährt...
bin ich halt auch schon an einige
Leute gekommen, die dann letztendlich
das Buch bereichert haben.
Also konkret fällt mir zum Beispiel
jemand ein, der war Zuhälter, schon
lange her, in den 60er und 70er Jahren
am Stuttgarter Platz, nannte sich
der "König vom Stuttgarter Platz".
Und den habe ich zum Beispiel auf
die Art auch kennengelernt, über
jemanden anders und dann mit denen
dann halt auch vorgestellt in dem Buch.
Also, wer die Geschichte ein bisschen
kennt, Stuttgarter Platz war ja mal die
Reeperbahn von West-Berlin, sozusagen, mit
vielen Nachtclubs, Bordellen und so weiter
und ihm gehörten halt auch einige davon.
Das sind natürlich Menschen,
die Geschichten erzählen können.
Ja, auf jeden Fall, ja.
Er hat dann noch sogar ein Buch
gemacht, noch über seine Geschichte,
er war dann auch schon über 70.
Ich weiß nicht, ob er heute noch lebt.
Auf jeden Fall, wenn er noch da lebt, wo
er lebt, dann nicht in Charlottenburg,
musste sich halt auch lange verstecken
vor der Polizei und ... Ja, der hat auch
ein sehr interessantes Leben gehabt,
nicht unbedingt eins, was man auch haben
möchte, aber interessant auf jeden Fall.
Kurz erwähnen sollten wir
auch noch den Bücherbogen
...
Der Bücherbogen am Savignyplatz.
Also, das ein natürlich ein Platzhirsch,
der ist da seit vielen Jahren.
Wie der Name schon sagt, ist er
unter den Bögen in der S-Bahn,
direkt am Bahnhof Savignyplatz.
Wird betrieben von einer
Mutter und ihrer Tochter.
Allein diese Bögen haben
schon ihre eigene Geschichte.
Früher waren da Werkstätten
und Autowerkstätten in den 50er
Jahren, in den 60er Jahren.
Und der Bücherbogen hat sich dann
entwickelt zu einer Buchhandlung,
die so Schwerpunkt Kunst,
Kultur und Berlingeschichte
hat oder Berlin überhaupt.
Problem ist, wenn man in diese
Buchhandlung reingeht, man
kommt immer ärmer raus, egal,
selbst wenn man nur gucken will.
Ich bin noch nie rausgegangen, obwohl
ich nichts kaufen wollte, trotzdem.
Also, dieses Angebot ist einfach
Wahnsinn in diesen Bereichen,
es sind halt auch genau die
Bereiche, die mich interessieren.
Da kann ich vielleicht auch vielleicht
zu sagen, das ist auch der einzige
Buchladen, wo es noch das Buch "Eine
Reise durch die Kantstraße" gibt.
Das ist ansonsten vergriffen,
und ich habe die letzten paar 100
Exemplare dann dort vorbeigebracht.
Aber vieles von dem, was im Buch
ist, also jedenfalls so einiges,
ist auch auf der Website zum Buch.
Ja.
Na ja, die, ich habe parallel zu dem Buch,
damit man es bestellen kann, ich hab es
ja nicht mit einem Verlag gemacht, sondern
ich mach die Bücher, die ich mache, immer
in Eigenregie und vertreib die auch selber
... Und da habe ich eben die Webseite
"kantstrasse.de" eingerichtet, die
hauptsächlich sich um das Buch dreht, ja.
Und da ist ’ne Menge zu sehen, also gibt’s
’ne Menge, was man sich angucken kann.
Na, da sind einige der Artikel,
genau, die sind da auch drin mit
Fotos, eigentlich um die Leute ein
bisschen für das Buch anzufixen.
Nachdem das Buch dann vergriffen ist, habe
ich noch ein paar Artikel reingestellt
- und ist eigentlich so ein schöner
Überblick auch, heute über die Kantstraße.
Also nicht heute, sondern das Buch
ist ja vor acht Jahren erschienen,
2015 schon, ist aber, da es also um
vieles auch über die Geschichte geht,
ist das natürlich da noch aktuell.
Vielleicht noch so ein oder zwei Orte,
die du erwähnen willst in der Kantstraße
...
Also Orte, die mir selber was bedeuten,
habe ich natürlich zum einen, also
Savignyplatz habe ich jetzt schon oft
genug erwähnt, wo ich auch gerne dann
mal, wie gesagt, ich bin immer nachts
Taxi gefahren ... Und wenn man morgens
um zwei dann doch mal was essen will oder
so, bin ich immer gerne ins Schwarze Café.
Das hat ja außer montags
rund um die Uhr immer offen.
Ich mache jetzt hier übrigens keine
bezahlte Werbung, sondern da trifft
sich nachts einfach auch alles, also
wirklich alles, und da hat man eben auch
diese Mischung, über die ich am Anfang
gesprochen hab, die trifft man auch
nachts im Schwarzen Café am Savignyplatz.
Und dann gibt's natürlich noch Orte,
die ich auch in dem Buch vorgestellt
habe, die Leuten, die das Buch nicht
gelesen haben, oft unbekannt ist.
Also, da ist zum Beispiel die
ehemalige Synagoge Kantstraße,
ich glaube 125, kleines
Hinterhof-Gebäude, zwei Stockwerke.
Ist um die vorletzte
Jahrhundertwende von ’nem kleinen
jüdischen Verein gekauft worden.
Und ist dann natürlich in der
Nazizeit auch zerstört worden,
das Gebäude existiert aber noch.
Da sind heute, ich glaube,
Künstler-Werkstätten drin.
Man kommt auch nicht einfach so
rein, sondern man muss dann schon
bei irgendjemandem klingeln,
dass man dann auf den Hof darf.
Andere Orte, die ein
bisschen verborgen sind.
Ja, da fällt mir zum Beispiel natürlich
die beiden U-Bahn-Stücke ein, die keiner
kennt und die nicht zu sehen sind.
Also es war ja mal nach dem Krieg geplant,
die U-Bahn-Linie 3 zu verlängern, die
an einer, also ich weiß gar nicht, ob
dort immer die '3' ist, die Uhlandstraße
aufhört, nur eine ganz kurze Strecke, nur
.Und die sollte den über Adenauerplatz
und dann zur Kantstraße und dann einen
Bogen machen bis zum Theodor-Heuss-Platz.
Beim Bau der Autobahn, des Stadtrings,
wurde schon unter der Autobahn, die unter
der neuen Kantstraße verläuft, noch ein
Stück Tunnel schon gebaut, damit man,
wenn nachher die U-Bahn gebaut wird,
nicht alles wieder aufreißen muss und
die Autobahnen sperren muss, monatelang.
Genauso gibt es auch so ein Stück
Tunnel noch in der Wilmersdorfer Straße.
Die Neue Kantstraße ... in der
Wilmersdorfer unter der U7 ist das.
Als sie den Bahnhof damals gebaut
haben, haben sie das vorsichtshalber
auch schon mal mit gebaut.
Beides ist nicht in Benutzung
heute und ob da jemals eine U-Bahn
gebaut wird, ich glaube nicht.
Wer weiß, aber wahrscheinlicher
jedenfalls, als dass der Südwest-Kanal
noch irgendwie realisiert wird,
ist das schon mit der U-Bahn.
Ahhh, den Südwest-Kanal, ja.
Na, das ist auch so eine Geschichte.
Man kennt ja heute den Teltowkanal.
Und der Teltowkanal sollte eigentlich
gar nicht gebaut werden, sondern,
wir gehen mal jetzt 150 Jahre zurück,
70er Jahre, 80er Jahre des 19.
Jahrhunderts, also da, Charlottenburg war
’ne eigene Stadt, und Kantstraße waren
im Prinzip nur irgendwelche Bauernhöfe.
Aber Berlin, das heutige Mitte, an der
Spree und Landwehrkanal, das gab es
schon, und da, wo heute die Schleuse
ist, Tiergarten-Schleuse, da wurden die
Schiffe, dann ging dann weiter die Spree
runter bis zur Havel und dann links,
und es hat nicht funktioniert, der
Handel und die Bauten wurden immer mehr.
Man hatte immer mehr Schiffsverkehr
und in Spandau kamen die nicht um
die Ecke rum, in die Havel rein.
Und deswegen sollte ein extra
neuer Kanal gebaut werden.
Und der sollte durch Charlottenburg
und Wilmersdorf gebaut werden, also
an der Schleuse Tiergarten würd’
dann so abbiegen neben der heutigen
Fasanenstraße zum Savignyplatz.
Savignyplatz sollte ein
großes Hafenbecken weden.
Das war alles damals nicht bebaut,
war alles in der Planung, dass da was
gebaut werden wird, die Straßen waren
schon projektiert, mehr aber nicht.
Dann sollte da eben wirklich so ein
Wendebecken, Wendebasseng, gebaut werden
und über die heutige Knesebeckstraße
dann Richtung Wilmersdorf und dann
irgendwie rüber zum im Grunewald und
dann würde der Kanal über diese ganzen
Seenkette verlaufen bis zum Wannsee.
Stattdessen, weil eben das damals alles
so ein aufstrebendes Gebiet war und auch
natürlich die Grundstücke immer teurer
wurden, haben sich dann entschlossen
einen Kanal ganz außen rum zu bauen.
Das ist der heutige Teltowkanal, der ja
dann am Griebnitzsee anfängt und in der
Spree, bei Treptow, dann eben auch endet,
also über Neukölln noch - und also einen
riesigen Bogen Die Schiffe sind dann
praktisch nicht mehr durch Berlin und
dann eben zur Havel gefahren, sondern
diesen großen Bogen über den Teltowkanal.
Und damit ist Charlottenburg
ein Wasserweg erspart geblieben.
Heute wäre es vielleicht ganz
schön, wenn man dann die Cafés wo
heut’ Savignyplatz ist, dann an
einem Hafenbecken hätte oder so.
Ich glaube, so in den 100 Jahren
dazwischen war man ganz froh,
dass da nicht jetzt noch ein
Kanal dazwischen gebaut wurde.
Aber eher so schlimm wäre
dann wirklich, wenn dieses
Autobahnprojekt durch die westliche
Innenstadt realisiert worden wäre.
Ja, ja, das war auch noch so, das war
dann 100 Jahre später, oder ein bisschen
weniger, fing an in den 50er Jahren,
als es ja eigentlich noch gar nicht
so viele Autos gab, aber da war halt
dieses Denken autogerechte Stadt und so.
Und schon 1946 gab es die ersten
Pläne: Ganz Berlin sollte im Prinzip
nur mit Autobahn durchzogen werden,
und vieles ist ja auch gebaut worden.
Und dann sollte unter anderem dann
eine Autobahn durch die Lietzenburger
Straße gebaut werden, bis zur
Bismarckstraße und dann mit Abzweigung
zum Beispiel eben zum Savignyplatz auch.
Savignyplatz sollten dann
eben die Ausfahrten hin, ein
Stückchen weiter westlich sollte
noch ein Autobahnkreuz hin.
Und die ganze Gegend wäre völlig
zerstört worden, muss man sagen.
Und das ist ja eine Gegend, die den
Krieg noch relativ gut überstanden
hat, also wo viele Häuser wieder
rekonstruiert werden konnten.
D as sollte alles abgerissen
werden, also zwischen
Lietzenburger- und Bismarckstraße.
Nach dem ersten Plan sollte überhaupt
nichts mehr stehen von den Altbauten.
Das sollte dann lockere Bebauung
werden ... Und sozusagen das Auto im
Mittelpunkt des Lebens der Bewohner.
Also schreckliche Vorstellung
...
Dann wäre Charlottenburg
doch was ganz anderes heute.
Man kann sich das ja angucken, wenn man
zur Neuen Kantstraße geht, und wenn man
auf die Autobahn da guckt, da sieht man
Häuser entlang des Stadtrings, wo die
Balkons praktisch direkt an der Autobahn,
wenn man runterfällt, fällt es auf dem
Auto rauf, da möchte niemand wohnen.
So sollte dann eben im Prinzip ganz
Charlottenburg aussehen und die Kantstraße
wäre dann halt auch noch irgendwo da unten
drunter dann - keine schöne Vorstellung!
In deinem Buch geht es um die Kantstraße,
aber ich sag mal, du hast auch den
ganzen Rest von Charlottenburg gesehen.
Ja!
Also als Taxifahrer war kommt man
halt viel rum, als stadtgeschichtlich
interessierter Taxifahrer erst recht.
Und da freut man sich dann immer ganz
toll wie ein kleines Kind, wenn man
endlich mal in eine Straße oder eine
Gegend kommt, wo man noch nie war.
Man sieht halt auch viele Orte, wo man
normalerweise nicht so hinkommt und da
gibt's eben auch in Charlottenburg einige.
Zum Beispiel, das hat jetzt weniger
mit der Kantstraße zu tun, zum Beispiel
einen kleinen Fußgängertunnel, sehr
verborgen unter der S-Bahn durchführt,
an der Schleuse Charlottenburg hinter
dem Schlosspark Charlottenburg, wo man
dann rauskommt am Fürstenbrunner Weg.
Also man kommt entweder total zufällig
hin, da kann man nicht mal mit dem Auto
hin, sondern nur zum Fuß oder Fahrrad.
Oder dann gibt es zum Beispiel
Eichkamp, wenn [?] Eichkampstraße
vom Messegelände kommt.
Und dann muss man einmal so links rein,
allerdings kann man nicht links rein,
sondern muss einen Bogen fahren und
dann unter der Straße durch, und dann
kommt man in ein ganz kleines Viertel.
Das gehörte mal irgendwie zum
Güterbahnhof Grunewald, da leben dort
Menschen in drei oder vier Häusern,
ist praktisch von Autobahnen und
Eisenbahnen völlig eingeschlossen.
Es ist ’ne ganz merkwürdige,
ganz merkwürdige Atmosphäre da
auch, also völlig unwirklich.
So ’ne Orte gibt halt auch
ab und an dann noch, ne.
Aber natürlich wird sowas immer
weniger, also dieser Ort zum Beispiel
ist jetzt schon durchgeplant, das
soll alles bebaut werden richtig.
Und der ehemalige Güterbahnhof ist jetzt
und halt schon angefangen wurden zu
bebauen, da wird dann eben auch viel an
solchen Orten, die halt auch eine alte
Geschichte haben, also gerade dort ... Das
sieht man auch, wenn man dort ist.
Das wird dann halt auch alles dann
weg sein und nicht mehr zu sehen, ja.
Oder auch Frauengefängnis zum
Beispiel in der Kantstraße.
In den letzten Jahren ist es ja ein
bisschen bekannter geworden, aber das
wissen die meisten Leute heute trotzdem
nicht, dass es in der Kantstraße, heute
am Amtsgerichtsplatz, aber nicht auf
der Seite des Amtsgerichts, sondern auf
der anderen Seite der Kantstraße - und
dann ziemlich unscheinbare Fassade
- ein Gefängnisgebäude gibt, auch noch
vollständig erhalten ... Ende des 19.
Jahrhunderts ... Ist dann von den
Nazis als Frauengefängnis benutzt
worden, natürlich sehr schreckliche
Geschichten, also auch von Folter und so.
Bei Charlottenburg in Bewegung ist
natürlich Charlottenburg das Wesentliche,
aber lass uns noch kurz erwähnen,
dass du dich auch über die Kantstraße
hinaus so mit weiteren Straßen und
auch Teilen der Stadt beschäftigt hast.
Ja, ich bin selber, wie
gesagt, ich komme nicht aus
Charlottenburg, bin Ur-Kreuzberger.
Nach Öffnung der Mauer war ich dann
halt auch sehr viel eben in anderen
östlichen Bezirken und hab dann eben auch
angefangen, dort geschichtliche Sachen zu
recherchieren, also speziell in Mitte und
Prenzlauer Berg und es gibt verschiedene
Gegenden, die mich eben interessieren.
Seit 20 Jahren lebe ich in Moabit,
habe zum Beispiel jetzt dort 2021 ein
Buch über Mobit gemacht, über einen
ganzen Stadtteil, "Moabit Buch".
Jetzt bin ich gerade dran, ein
Buch vorzubereiten von Wedding,
also auch die Geschichte, auch die
verschiedenen Facetten des Bezirks.
Aber da warte ich dann mit dem
Interview, wenn jemand kommt
von "Wedding in Bewegung"
...
Ja, wer weiß, wer weiß,
was noch alles passiert.
Gucken könnte man da auf der, auf
deiner sozusagen Hauptwebsite aber
auch mal so, was du noch so machst.
Ja, also ich betreibe seit
1998, glaube ich oder ’97,
die Webseite berlinstreet.de.
Da ist halt alles drauf.
Da werden Orte vorgestellt, da
werden viele geschichtliche Dinge
vorgestellt, da habe ich allein 300
Artikel drauf vom Taxiblog, den habe
ich da integriert, die Taxi-Geschichten,
die ich selber erlebt habe.
Da sind, ich weiß gar nicht
wie, ich glaube 2.000 oder
sowas, Artikel im Moment drauf.
Da kommt natürlich auch so eine Sachen wie
Kantstraße oder auch Moabit oder sowas,
haben ja auch einen wichtigen Platz.
Da gebe ich allerdings auch manchmal
meinen Senf ab zu sehr aktuellen Themen,
in letzter Zeit weniger, weil ich
einfach zeitlich wenig Ressourcen habe.
Also mindestens zwei Artikel
kommen da pro Woche rein.
Ich habe dort auch mehrere Bücher
komplett dokumentiert, nicht nur von mir,
sondern zum Beispiel von Diether Huhn.
Er hat vier Bücher gemacht
"Spaziergänge in Berlin" und
damit hat er angefangen 1990.
Und als wir uns dann treffen wollten,
ist er dann zwei Tage vorher leider
gestorben, und der Verlag und seine
Witwe haben mir erlaubt, diese
ganzen Bücher, das sind insgesamt,
glaube, 250 Texte, zu dokumentieren.
Zum Beispiel jetzt kommt jeden
Samstag ein neuer Text auch rauf.
Und der ist eben auch wie ich so ein
bisschen, jaaa, ein Berlin-Verrückter
... Geschichte ... wobei er viel mehr ins
Detail halt auch geht und vielmehr auch
immer noch gräbt so in der Geschichte.
Was ich nur für manche Texte in Büchern
machen kann, hat er praktisch für
250 Artikel, die er geschrieben hat,
gemacht - ist einfach super interessant,
um diese Stadt kennenzulernen.
Also wirklich von letzter Ecke
Spandau bis ins hinterste Hellersdorf.
Und das lohnt sich auf jeden Fall, also
das ist ein Beispiel, sich anzuschauen.
Deine Website verlinken
wir natürlich auch bei uns
...
Ja, ich kann ja vielleicht noch
mal Werbung machen: Wer sich für
Berlin-Geschichte interessiert: Ich
habe zum Beispiel das Projekt laufen
berlinchronik.de, wo für jeden Tag
immer praktisch Informationen, was
an diesem Tag in den vielen, vielen
Jahren vorher passiert ist ... Ist
seit einem Dreivierteljahr noch in
der Betaphase, aber es sind schon
sämtliche Tage abgedeckt, aber da
kommt noch ganz, ganz, ganz viel
rein, was auch schon bei mir hier auf
irgendwelchen Stapeln hin liegt und,
ja, leider braucht man immer viel Zeit.
Und ich gehe ja auch immer noch arbeiten.
Ja das geht nicht, okay, na dann,
wer weiß, vielleicht sprechen
wir auch über eins der der
nächsten Projekte dann irgendwann.
Auf jeden Fall vielen dank!
Bis dann.