Tom Teichmann - sieht sich beruflich zwischen Fotograf und Künstler
Nostalgie wecken, die Leute dazu motiviert, das wertzuschätzen, was die Stadt zu bieten hat
30.12.2023 23 min Oliver Springer
Zusammenfassung & Show Notes
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In dieser Ausgabe unseres Podcasts "Charlottenburg in Bewegung" spricht Oliver Springer mit Tom Teichmann über Themen aus den Bereichen Grafikdesign, Kunst und Stadtteilwandel, speziell in Charlottenburg.
Tom Teichmann, der sich beruflich zwischen Grafiker und Künstler sieht, äußert sich zu den Herausforderungen des Grafikdesigns, der Balance zwischen Dienstleistung für den Kunden und Selbstverwirklichung.
In der Diskussion gibt Tom Teichmann auch persönliche Einblicke in seine Ausbildung zum Grafikdesigner und seine Arbeit in einem Fotofachgeschäft. Er betont die Bedeutung kultureller und sozialer Aspekte für Nachbarschaften und erwähnt sein Fotoprojekt in der Suarezstraße über die ansässigen Händler.
Die beiden sprechen auch über die Veränderungen in Charlottenburg, insbesondere in den Randlagen, und zum Beispiel über den Einfluss von Google Street View auf Toms Arbeit. Er gibt Einblicke in seine künstlerischen und beruflichen Ziele, darunter die Ausweitung seiner lokalen Präsenz als Grafikdesigner in Charlottenburg.
Er erklärt außerdem seine künstlerische Inspiration und seine Absicht, mit seinen Fotografien von Orten wie Brachflächen Nostalgie zu wecken und die Menschen zu motivieren, die Schönheit und Einzigartigkeit ihrer Umgebung zu schätzen. Die Episode endet mit einem Blick auf Toms Zukunftspläne, darunter die Fortführung seiner künstlerischen Arbeit und die verstärkte Zusammenarbeit mit lokalen Händlern.
Tom Teichmann, der sich beruflich zwischen Grafiker und Künstler sieht, äußert sich zu den Herausforderungen des Grafikdesigns, der Balance zwischen Dienstleistung für den Kunden und Selbstverwirklichung.
In der Diskussion gibt Tom Teichmann auch persönliche Einblicke in seine Ausbildung zum Grafikdesigner und seine Arbeit in einem Fotofachgeschäft. Er betont die Bedeutung kultureller und sozialer Aspekte für Nachbarschaften und erwähnt sein Fotoprojekt in der Suarezstraße über die ansässigen Händler.
Die beiden sprechen auch über die Veränderungen in Charlottenburg, insbesondere in den Randlagen, und zum Beispiel über den Einfluss von Google Street View auf Toms Arbeit. Er gibt Einblicke in seine künstlerischen und beruflichen Ziele, darunter die Ausweitung seiner lokalen Präsenz als Grafikdesigner in Charlottenburg.
Er erklärt außerdem seine künstlerische Inspiration und seine Absicht, mit seinen Fotografien von Orten wie Brachflächen Nostalgie zu wecken und die Menschen zu motivieren, die Schönheit und Einzigartigkeit ihrer Umgebung zu schätzen. Die Episode endet mit einem Blick auf Toms Zukunftspläne, darunter die Fortführung seiner künstlerischen Arbeit und die verstärkte Zusammenarbeit mit lokalen Händlern.
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Transkript
Charlottenburg in Bewegung.
Ich bin Oliver Springer, zu
Gast ist heute Tom Teichmann.
Hallo.
Hallo, hallo.
Wenn ich mir das aus unserem Vorgespräch
richtig gemerkt habe, dann siehst du dich
beruflich zwischen Grafiker und Künstler.
Auf jeden Fall.
Ich glaube, im Bereich Grafikdesign
besteht auf jeden Fall die Komponente
Dienstleistung, die auch besonders
relevant ist und dass man dort auch
eben für Kunden arbeitet und visuelle
Ansätze für jemanden anfertigt.
Und ich glaube, viele junge Menschen,
also auch, ich bin 25 Jahre alt, und
auch viele Menschen, mit denen ich auch
meine Ausbildung zusammen gemacht habe,
die stehen hinsichtlich Grafikdesign
auch ein wenig zwischen dem Konflikt,
etwas für jemand anderen anzufertigen
und auch letztendlich etwas für
einen selber anzufertigen, sozusagen.
Dann fällt es aus dem Bereich
Dienstleistungen komplett raus und man
möchte eben genau das visualisieren,
was man auch für sich selber vorstellt.
Beruflich, glaube ich, macht es am meisten
Sinn, wenn es im Bereich Kunst ausfällt,
da dort kein konkreter Kunde ist, sondern
eben einer selbst und man seine eigenen
Wahrnehmungen, seine Gefühle, seine
eigenen Ansätze und "Visual Key Points"
sozusagen in etwas visualisieren will.
Dementsprechend gibt es da einfach, macht
es da Sinn, viele Schienen zu fahren,
dass man einerseits natürlich bezüglich
des Berufsbildes für Leute sozusagen
vorhanden ist und dass man sagt: "Hey, ich
kann natürlich auch was für dich machen.
Aber dass man auch für die eigene
Selbstverwirklichung sozusagen und
für die Verwirklichung der eigenen
Gedanken und Ideen trotzdem natürlich
für einen selber auch visuell da ist.
Ich habe beispielsweise, ich glaube,
vor ein paar Jahren war das schon,
ein Praktikum gemacht in der "GEDOK
Berlin", das ist sozusagen ein Verein für
Künstler*innen gewesen, und dort habe ich
auf jeden Fall auch schnell realisiert,
dass die Kunst natürlich sehr toll ist
und dass man auch sehr, sehr viel Spaß
dran haben kann, aber letztendlich es
sehr, sehr, sehr schwierig ist, sich
dort zu behaupten, da es sehr viele
Menschen gibt, die Künstler werden wollen.
Und da macht es auf jeden Fall
Sinn, weit in mehrere Schienen zu
fahren und einerseits natürlich als
Künstler tätig zu sein, aber auch eben
eventuell aus schon wirtschaftlichem
Interesse auch andere sozusagen Ebenen
betritt, was jetzt die allgemeine
visuelle Kommunikation anbelangt.
Und deine Ausbildung zum Grafikdesigner
hast du dieses Jahr abgeschlossen
und vor etwas längerer Zeit aber
schon in einem Fotoladen gearbeitet.
Genau.
Also, ich habe dieses Jahr richtig
am Lette Verein meinen Abschluss
als Grafikdesigner gemacht.
Und vom September 2018 bis August
2019 habe ich im alten Fotofachhandel
Foto Hess arbeiten dürfen
... ähm ... Habe ich dort gearbeitet.
Ist natürlich sehr schade, dass
dieser Laden Anfang dieses Jahres
den Betrieb aufgegeben hat, aber
dort habe ich vor längerer Zeit auf
jeden Fall die Fotografie aus, sage
ich mal, einer sehr puren Perspektive
kennenlernen dürfen, zumal ich gar
keine Ahnung von Fotografie hatte.
Natürlich habe ich hier und da auf
Hobbybasis Fotos mal geschossen,
aber ich hatte natürlich was Blende,
Brennweite, Belichtungszeit, Blitz,
etc., überhaupt gar keine Ahnung.
Dort ins kalte Wasser geworfen zu werden
und auf die Schnelle lernen zu müssen,
wie das alles funktioniert - und wenn
man auch letztendlich einem Kunden
gegenüber sich richtig präsentieren kann
und Sachen verkaufen kann, hat auf jeden
Fall sehr schnell dafür gesorgt, dass
ich die Fotografie beherrschen konnte.
Dass ich sozusagen die Fotografie
bei Foto Hess sozusagen gedeckt
habe und das dort gelernt habe, war
sozusagen der nächste Schritt Layout,
Vektorgrafiken, 3D, Kollagen etc.
Und da war eben der Lette Verein
definitiv das nächste Ziel, dass man
eben dort drauf aufbauen kann und
noch weitere Sachen dazu lernen kann.
Du hast mir gesagt, dass du damals
schon so gemerkt hast, dass die
kulturellen und sozialen Aspekte auch
für ein Wohnviertel wichtig sind.
Auf jeden Fall.
Also, ich glaube, dass jedes
Kiez hat seine Institution.
Charlottenburg hat verschiedene
Kieze, und dort gibt es immer, wenn
man auch nur sich mit den Leuten
unterhält, diesen speziellen Ankerpunkt.
Zum wenn ich jetzt über das Gierke-Kiez
spreche, gibt es eben Rogacki, es gibt
Karstadt in der Wilmersdorfer Straße,
auch wenn das jetzt Ende des Jahres
schließen muss, es gibt halt für jeden
einzelnen Aspekt der Stadt, also auch
insbesondere Charlottenburg natürlich,
sehr spezifische Institutionen.
Und ich glaube, das hat auch dafür
gesorgt, warum ich überhaupt bei Foto Hess
arbeiten wollte, weil in diesen Kiez, also
Kaiser-Friedrich-Straße, Gierkezeile, auch
das Gierke-Kiez, war Foto Hess auf jeden
Fall ein sehr bekannter Name und dort auf
jeden Fall diesen Alltag vom Fachhandel
mitzubekommen und auch sozusagen diese
traditionellen Werte eines Kiezes zu
erleben, war auf jeden Fall sehr, sehr
beleuchtend und besonders für mich.
Der Grund, warum wir beide
überhaupt ins Gespräch gekommen
sind, ist ja ein Fotoprojekt.
Du hast Läden in der
Suarezstraße fotografiert.
Richtig, das war im Sommer 2020, kurz
vor der Ausbildung im Lette Verein.
Meine Mutter ist 2009 in
die Suarezstraße gezogen.
Dort gibt es ja jährlich immer die
Antik-Meile, die stattfindet, wo eben die
Antik-Kenner der Straße sich präsentieren
und Sachen verkaufen, und es ist allgemein
ein sehr schönes, anerkanntes Straßenfest.
Dadurch, dass ich sozusagen diese
Kenntnisse in Sachen Fotografie
mitnehmen durfte, dachte ich: Warum
nicht zunutze machen, also warum nicht
so eine besondere, auch kulturelle
Institution, wie es wieder ist die
Antik-Meile nicht fotografisch beleuchten?
Und letztendlich war das so, dass ich
die Händler abgebildet habe: einmal
Porträt, einmal vor dem Laden und
einmal in Akt, während sie was verkaufen
oder was erklären, und das wurde dann
auf verschiedenen Staffeleien vor
der Schneiderei Feuerstein sozusagen
aufgestellt, und dann konnten die
Leute sich das ebenso anschauen.
Du bist in Charlottenburg aufgewachsen
und das hat dich auch geprägt.
Auf jeden Fall.
Also, dabei ist anzumerken: eben
die Randgegenden des Bezirkes.
Also, meine Mutter und mein Vater
haben sich relativ früh getrennt, mein
Vater ist dann an die Otto-Suhr-Allee
gezogen, zwischen Richard-Wagner-Platz
und Ernst-Reuter-Platz, und meine Mutter
ist ... Damals haben wir auf jeden Fall
an der Messe gewohnt, Messe Nord/ICC,
direkt über der Autobahn am Spiegelweg,
ist danach an die Suarezstraße gezogen,
aber auf jeden Fall war die Messe
auch ein sehr prägender Ort für mich.
Mein Vater, wie ich ja meinte,
zwischen Richard-Wagner-Platz und
Ernst-Reuter-Platz, was im Grunde
auch eine komplette Brache war, ebenso
wie es die Messe auch sehr lange war
und teilweise auch immer noch ist.
Und diese beiden Orte haben mich auf jeden
Fall sehr geprägt, da ich nicht, sage
ich mal, dieses altypische Charlottenburg
kennengelernt habe, jetzt Kantstraße oder
der Kurfürstendamm, sondern eben sehr
spezifische Aspekte, die sich doch eher
an dem Rand des Bezirkes lokalisieren.
Die Gegend, in der du aufgewachsen
bist, beziehungsweise die Teile von
Charlottenburg, in denen du viel Zeit
verbracht hast, wir haben es ja schon
so ein bisschen gestreift, die sehen
inzwischen anders aus als früher.
Es hat sich wirklich viel geändert.
Auf jeden Fall.
Insbesondere ein sehr gutes
Beispiel, ist eben genau dort,
wo mein Vater gewohnt hat.
Das war an der Otto-Suhr-Allee, wo
damals auch die Tribüne war, zwischen der
Deutschen Bank und der Scientology-Kirche,
als wir dort 2005 eingezogen sind, war das
wirklich eine, also eine komplette Brache.
Es war sehr grün, und es war
im Grunde ein Niemandsland.
Als, ich glaube 2013 oder -12, die
CG-Gruppe das Gelände eben aufgekauft
hat, wurde alles abgerissen, mehr oder
weniger, oder erneuert und es wurden
Wohnungen gebaut, und das, was da mal war
es überhaupt nicht mehr dort zu erkennen.
Also es wurde jetzt bezüglich der,
sage ich mal, allgemeinen Lage des
Immobilienmarktes sehr stark verändert.
Das ist eben sehr weit entfernt
von dem, was ich früher kannte.
Und da ist auf jeden Fall anmerken, dass
ich sozusagen nur diese Aspekte der Stadt
als Kind mitbekommen habe und mit denen
aufgewachsen bin und eben nicht, sag ich
mal, dieses sehr typische Beispiel-Berlin,
wenn man jetzt an Kreuzberg oder Mitte
denkt, dieses sehr künstlerische, wilde,
sag ich mal, leicht chaotische Bild
der Stadt, dieses Bilderbuch-Beispiel
der Stadt, was gerne in den Medien
präsentiert wird, was auch total fair ist.
Das habe ich eben nicht so kennengelernt,
sondern eben eher halt eine Stadt,
die im Grunde sehr normal war, die
sehr grün war, die voller Brachen
war, die sehr alltäglich war.
Diese sehr spezifische Identität der
Stadt, so peu à peu, komplett wegradiert
wird, finde ich persönlich natürlich
total schade, weil ich das so kannte.
Das ist ja allgemein ein Trend, der
sich nicht nur in Charlottenburg so
weiterbewegt, sondern allgemein in
der Stadt, dass Brachen also, wie
ich meinte, peu à peu verschwinden.
Der Druck ist einfach groß, die
Flächen zu nutzen, es wird viel Fläche
gebraucht, aber das Herz schmerzt.
Das Herz schmerzt!
Und auch, es ist schade zu wissen,
dass diese Identität nie konkret
beleuchtet wurde, nie zelebriert
wurde für das, was es war, weil auch,
sage ich mal, diese sehr - jetzt in
Anführungsstrichen - "langweilige Seite
der Stadt", zumal ich sie sehr schön
fand, hatte auch eine Daseinsberechtigung,
wie auch viele andere Teile der Stadt.
Und dass das eben verschwindet, wegfällt
und zugunsten der Entwicklung der Stadt in
Vergessenheit gerät, ohne dass mal jemand
das beleuchtet hat, finde ich sehr schade.
Es fühlt sich fast so an, als ob
es da nie dagewesen wäre, sondern
eben schon wieder für die allgemeine
Entwicklung der Stadt, das verändert
wurde für etwas sehr anderes, was
eben aber eigentlich nur nie dort war.
Ja, nicht nur in Charlottenburg, hast du
gesagt, gab es schon viele Orte früher,
wo man den Eindruck haben konnte, dass
die irgendwie, also ich nenne es mal,
vergessen wurden, das wird immer weniger.
Gibt's auch positive
Beispiele für Veränderungen?
Auf jeden Fall und ich stehe auch
nicht gegen Veränderungen, ich finde,
Veränderung ist immer was Gutes.
Ich bin nur überzeugt davon, wenn
die Veränderung mit der Vergangenheit
eventuell interagiert und sozusagen
Hand in Hand für die Zukunft sorgt.
Es ist eine Veränderung, die
sich längerfristig in meinen
Augen auf jeden Fall lohnt.
Also ich arbeite in einem
Atelierhaus, das ist der Künstlerhof
Alt-Lietzow, der befindet sich
hinter dem Rathaus Charlottenburg.
Neben diesem Atelierhaus war sehr
lange eine Anlage, die von einem Zaun
sozusagen umringt wurde, wo wirklich
nichts war, also überhaupt gar nichts,
nicht mal Natur, überhaupt gar nichts.
Und meine Chefin, Brigitte Arndt, nachdem
sie das Atelierhaus übernommen hat,
kam eben auf die Idee, dass man das
überhaupt nicht mehr abreißt, sondern
letztendlich vielleicht einen Garten
draus macht, dass es ein Garten ist,
der nur Pflanzen besitzt, die essbar
sind, also Kräuter, Gemüse, Obst etc.
Und dass die Bewohner des Kiezes
die Samen dieser Pflanzen in
den Briefkasten spenden können.
Das heißt, im Grunde wird die eigentliche
Architektur und das, was mal dort
war, nicht sonderlich stark verändert,
jedoch verändert es sich sehr stark und
sorgt auch noch dazu, dass ein Kiez,
was vielleicht nicht so sonderlich
belebt war, dass dort mehr Interaktion
stattfindet und das dort sozusagen
ein neues Leben beginnt in dem Kiez.
Und das ist eine Veränderung, die ich
auf jeden Fall begrüße und das ist, wenn
Veränderung generell diesen Zug annimmt
und allgemeine Veränderungen bezüglich
Immobilien der Stadt diesen Zug annimmt,
bin ich auf jeden Fall gar kein Feind
davon, wenn eben sehr viele Gegenden, die,
also zum Beispiel meine Kindheitsgegenden,
sich so stark verändern, wenn
sie eben mit der Vergangenheit in
irgendeiner Form interagieren würden.
Und für den nostalgischen Blick auf
Brachflächen da fährst du dann inzwischen
in die Randbezirke von Berlin, weil es
da auch noch ein bisschen mehr von gibt?
Auf jeden Fall.
Ich glaube, die Randbezirke sind
immobilientechnisch noch nicht so
stark beleuchtet worden, von eben den
Großen, sage ich mal, Immobilienhaien.
Wenn ich mal mit Freunden dort
unterwegs war, waren wir oft
sehr - schon fast geschockt davon,
dass wir in diesen Bezirken etwas
gesehen haben, was wir früher in der
Stadt auch näher erkennen konnten.
Also, zumal Grünflächen sehr stark
sich selbst überlassen wurden und sehr
unbewuchert und spröde am Wachsen waren.
Zwischen zwei Straßen ist immer
sozusagen ein Gehweg in der Mitte
oder kein Gehweg, sondern ein
Übergang, wo auch, sage ich mal,
Ampel etc., sozusagen lokalisiert ist.
Und dort gibt es immer diese, sage ich
mal, diese Rasenfläche und vor allem in
den Randbezirken merkt man, dass diese
Rasenfläche wirklich überhaupt kaum
kontrolliert wird oder nicht beschnitten
wird oder sonst was, sondern wirklich
sich sich selbst überlassen wurde.
Und das ist wirklich ein, sage ich
mal, ein Prinzip, das ich auch als
Kind in den, sage ich mal, zentralen
Gebieten der Stadt wiedererkenne.
Also daran kann ich mich konkret
erinnern, dass es auch in
Charlottenburg, in Mitte etc.
auch vorhanden war.
Und das ist im Grunde, sagt es ja nur
aus, dass allgemein früher, sag ich mal,
die Stadt für sich selbst gesorgt hat und
dass wenig, also natürlich nicht wenig,
aber dass weniger überblick über die Stadt
vorhanden war oder auch nötig war, es war
sozusagen eine sehr lässige Atmosphäre und
viele grüne Flächen, viele Brachflächen
wurden eben sich selbst überlassen.
Das sieht man an den Randbezirken
teilweise noch, weil diese noch
nicht so intensiv entdeckt wurden von
Immobilienfirmen etc., wie ich meinte:
Dort erkennt sich eben etwas wieder,
was auf jeden Fall in den tieferen,
also den mitteren Bezirken der Stadt,
auf jeden Fall früher auch dort war.
Man denkt eben an alte Kioskläden, man
denkt an oder auch konkrete Häuser,
Bürohäuser, die komplett verlassen
sind, wo also gefühlt Efeu rauswächst,
man denkt dann auch, wie ich schon
meinte, Grünflächen, die komplett
spröde und unbewuchert wachsen.
Das gibt es teilweise gar nicht mehr
in den in Bezirken Charlottenburg
oder Mitte oder auch Kreuzberg.
Das kann man werten, wie man will.
Für mich persönlich, da ich eben
das kenne als Kind, finde ich das
schade, dass es das kaum mehr gibt,
diese sehr spezifische Identität.
Wenn du Fotos machst, dann in der
Richtung: Ist die Intention, eher zu
dokumentieren oder auch Menschen zu
aktivieren, vielleicht sich noch für
was einzusetzen, das zu schützen?
Ähm, ich würde sagen: beides, zumal die
Dokumentation auch Nostalgie wecken soll,
sage ich mal, dieses Wecken der Nostalgie,
eventuell auch Leute dazu motiviert,
das wertzuschätzen, was die Stadt zu
bieten hat, und nicht eventuell mit einem
Auge ranzugehen, was sich eben nur um
dem Coolen in Berlin sorgt, sozusagen.
Ich glaube, dadurch, dass es sehr
konkrete Aufnahmen sind von sehr
konkreten Orten ist es ja rein faktisch
eine Dokumentation dieses Ortes.
Aber dadurch, dass dieser Ort ebenso
eine Fremdheit ist für das Bild der
Stadt, was heutzutage aktiv ist, weckt
das eben sozusagen Nostalgie, und das
sorgt eben vielleicht für eine, nicht
nur, nicht eine Neugierde, sondern auch
vielleicht einfach nur eine Wertschätzung.
Es gibt eben noch viele dieser
Orte, und die haben eine
Daseinsberechtigung, genauso wie sie sind.
Es macht auch Sinn, sie zu wertschätzen,
so wie sie sind, und sie müssen sich
nicht andern Bezirken oder einer
Identität, die sich nur aufgesetzt
hat, anpassen, sondern sie sind
completely fine genauso, wie sie sind.
Das würde ich auf jeden Fall gerne wecken.
Also, das ist so ein bisschen das Ziel.
Inspiration für Kunst oder unsere
Arbeit, die können wir ja an den
unterschiedlichsten Orten finden.
Du hast mir im Vorgespräch erzählt,
dass Google Street View dich
inspiriert hat, das musst du erklären.
Ja, also da gibt es zwei Komponenten.
Einmal ist es wieder, was ich am Anfang
angesprochen habe, eben Lässigkeit,
schon fast ein Mangel an Überblick.
Die Street-View-Aufnahmen von Google Maps
waren sehr, sehr lange Zeit bis Juni 2022
von 2009, da hat sich lange Zeit niemand
drum gekümmert, sprich, die Aufnahmen
sind eben sozusagen von meiner Kindheit.
Als ich das ebenso mitbekommen habe
und das so gesehen habe, fand ich
eben total interessant, was es eben
früher gab, und das hat das Ganze
so ein bisschen in Bewegung gesetzt.
Zeitgleich auch die Panorama-Aufnahme,
die eben Google Street View
ausmacht und dieser Panoramablick
wirkt schon fast alltäglich.
Jetzt nicht unbedingt super konkret,
da es eben Kameras auf ein Auto
von ganz weit umgesetzt wurden.
Und das ist kein Blick, der kein Mensch
hat, sondern eben ein bisschen erhöht.
Aber nichtsdestotrotz ist das Grundprinzip
dieses alltäglichen Blickes sehr
spannend für mich, und dass man diese
Optik, der Panorama eben versucht
weiterzuführen und auch diese Street
View-Optik versucht weiterzuführen,
finde ich wahnsinnig interessant.
Zumal auch: Es gibt wahnsinnig
viele Fotografen und es gibt
wahnsinnig viele Künstler und es
gibt wahnsinnig viele Grafikdesigner.
Der Markt ist wirklich wahnsinnig
übersättigt an Menschen, die es
wirklich, die wirklich was werden
wollen, was ich auch voll verstehen
kann; ich bin einer von diesen Menschen.
Es macht auf jeden Fall dort Sinn, eine
Perspektive einzunehmen oder auch einen
Stil zu führen, der, der nicht gängig ist,
sondern eher sehr differenziert und sehr
spezifisch ist, wobei viele Menschen mit
Panoramaaufnahmen natürlich arbeiten, aber
eben das zu kombinieren mit Charlottenburg
und mit Brachflächen, das sorgt vielleicht
für eine Stimmung, die vielleicht sich
von einer sehr normalen Aufnahme mit einem
50-Millimeter- Objektiv abtrennen könnte,
weil ich das auch früher versucht habe und
ich auf jeden Fall auch viele Aufnahmen
mit einem ganz normalen Standardobjektiv
gemacht habe und schnell gemerkt habe,
dass das, was ich damit übermitteln will,
nicht so viel Sinn ergibt mit dieser,
sozusagen Brennweite, sondern da auf
jeden Fall etwas anderes zugange sein
muss, damit genau dieses alltägliche
Gefühl richtig visualisiert wird.
Zurück noch mal in die Suarezstraße
und Umgebung zu deinen Fotoprojekten.
Das hat dir Türen geöffnet.
Richtig.
Es gibt eine Hand voll Händler, die
aufmerksam geworden sind auf mich,
wofür ich sehr dankbar bin, insbesondere
Katharina Göres von Spitze, mit der ich
jetzt schon mehrere Jahre zusammenarbeite.
Das hat auf jeden Fall dafür gesorgt,
dass unabhängig von der Kunst, die ich
gern anfertigen will, auch eventuell als
lokaler Grafikdesigner für alteingesessene
Händler zur Verfügung stehen will.
Das ist eine sehr spezifische Gruppe von
Menschen, die auf jeden Fall dadurch,
dass sie im Fachhandel tätig sind, also,
wo man nicht unbedingt in den Laden
einfach reingehen könnte und sagen könnte:
Ich bin Grafiker, sondern ich möchte
gern mit dir arbeiten, sondern da muss
schon eine gewisse Überzeugung da sein.
Die Leute müssen schon sehen: Diese
Person meint es eventuell ernst
und diese Person will das wirklich.
Und es war gar nicht mal meine Intention,
dass ich konkret mit denen dann als
Grafikdesigner arbeiten wollte, aber
das hat sich dann einfach daraus
entwickelt, weil die Intention, sozusagen
mit den Händlern zu arbeiten, schon
vorhanden war, und hat, sich dann so ein
bisschen in die Wege geleitet für mich.
Was macht die Arbeit mit solchen
kleinen Läden für dich so interessant?
Man kann für den Erhalt sorgen, also
man kann für den Erhalt der - oder auf
jeden Fall dazu beitragen, dafür sorgen
kann ich natürlich nicht, aber dazu
beitragen, dass Menschen eben durch neue
Grafikprodukte oder auch Grafikprodukte,
die diesen Händler spezifisch ausmacht,
dass sie eben auf diesen Laden aufmerksam
werden und diesen dann unterstützen.
Man sagt immer, es ist gang und
gäbe jetzt dieses Statement: Support
your local ... your local dealers!
Und es ist auch auf jeden Fall
nachvollziehbar, aber man muss die Leute
auch in einer Form dazu motivieren,
außerhalb des, sage ich mal, der
Unterstützung, weil es das Richtige
ist und wenn man es machen sollte,
sondern vielleicht auch eher, weil sie
eben dahin wollen, weil sie es schön
finden, weil sie es spannend finden,
weil sie das ansprechend finden.
Und
...
Das dürfte die beste Basis sein.
Das dürfte die beste Basis sein.
Ja, ich habe das Gefühl, es ist auf
jeden Fall richtig, dass man, dass man
den Lokalhandel unterstützt und dass man
dieses Statement auch so sehr verbreitet,
aber es fühlt sich schon fast ein wenig
an wie auf Mitleidsbasis, weil eben
man weiß, der Fachhandel, der leidet.
Aber auf dieser Basis Leute, also Kunden
zu akquirieren, ist relativ schwierig,
weil das hält nicht wirklich an.
Hat man jedoch Produkte oder auch ein
Erscheinungsbild, was sehr ansprechend
ist, dann geht es natürlich in eine ganz
andere Richtung und dann hat man auch
Kunden und Kundinnen, die wirklich bleiben
wollen und das unterstützten, weil sie es
eben schön finden und dort kaufen wollen.
Und dann gibt’s auch andere andere
Kundengruppen, die man damit erreicht.
Also die Leute, die jetzt
so als Charity-Aktion, sage
ich jetzt mal, das machen.
Das ist halt keine so große Gruppe und,
ja, die anderen gibt es halt auch noch....
Richtig.
... ist dann nachhaltiger.
Ist nachhaltiger und es
hält auch einfach besser an.
Also, wenn ein starkes Erscheinungsbild,
also das ist natürlich die Intention,
dass es starkes Erscheinungsbild wird,
funktioniert einfach immer und ich
meine, nicht umsonst gibt es ja, ich
meine, die Berufsgruppe Grafikdesign, die
ebenso breit gefächert ist, und so viele
Berufstätige hat, weil eben man weiß,
dass Marketing und Marketing vor allem auf
visueller Basis alles ist, und sich neue
Firmen, jedoch auch eben Start-ups etc.,
dadurch extrem behaupten können, aber eben
umgekehrt genauso Firmen und Händler, die
auch schon lange dort waren und eventuell
auch weiterhin tätig sein wollen.
Was hast DU in Zukunft sonst noch so vor?
Also, der Weg ist schon mal sehr
gut, auf dem ich bin, also darüber
bin ich auch sehr glücklich und
sehr dankbar, auf jeden Fall.
Ich würde auf jeden Fall sehr gerne mich
in dem Bezirk noch tiefer verzweigen,
außerhalb der Suarezstraße, außerhalb
des Gierke-Kiezes oder auch den
Brachen, sozusagen von Charlottenburg,
sondern auch wirklich, vielleicht als
Name und auch lokaler Grafdesigner
für viele Charlottenburger Händler
zur Verfügung stehen und dadurch mir
noch einen stärkeren Namen machen.
Also, das finde ich auf jeden Fall
sehr, auch ein sehr schönes Gefühl,
sozusagen auf dem, was man sehr mag und
auch sehr liebt, sich darauf etwas zu
machen und auch einen Namen sich draus zu
machen, das ist auf jeden Fall das Ziel.
Das ist die Schiene A.
Schiene B ist nach wie vor auf jeden
Fall, sich auch als Künstler behaupten,
als Designer behaupten, sozusagen für
mich selber Wege zu finden, wie man
eben sozusagen diese künstlerischen
Ideen auch in etwas fokussieren könnte,
was man eventuell verkaufen könnte,
etc., weil nach wie vor Kunst ist sehr
schwierig, und sich als Künstler allein
zu behaupten ist wahnsinnig schwierig.
Das jedoch versuchen, auf einer
coporate Art und Weise umzusetzen
und in etwas zu fokussieren, was
man nach wie vor verkaufen kann,
wäre vielleicht auch sinnvoll.
Ich habe noch gar keine Ahnung,
welche Form das annimmt.
Ich glaube, das entsteht einfach nur
im Machen, aber das ist die Schiene B.
Und diese beiden Sachen würde ich sehr
gerne in dem nächsten Jahr erreichen.
Also jetzt, wo ich den Abschluss
gemacht habe, dieses Jahr, und
auch meine Erfahrung, die ich mich
gesammelt habe, mit vielen Händlern
und auch mit meinen eigenen Ideen
viel Erfahrung sammeln konnte.
Es ist jetzt auf jeden Fall an
der Zeit, dass man das, dass
man die Geschwindigkeit erhöht.
Der Satz passt so oft.
Ja, das stimmt, das ist immer sehr
gut, weil es ist, letztendlich ist
es immer das eigene Tempo, man muss
einfach, man muss immer Gas geben.
So fühlt es sich an, aber gut, das
wäre ein Thema, da könnte man noch
eine eigene Folge oder eine ganze
Reihe drüber machen, glaube ich.
Wo kann man sich angucken,
was du so bisher gemacht
hast, von deiner Arbeit was?
Also, ich habe einen Künstler-Alias.
Ich glaube, das haben mittlerweile viele
Menschen, zumal auch viele Leute, wenn
sie ein Label gründen, das nicht unter
ihrem eigenen Namen gründen, sondern eben
einen spezifischen Namen dafür haben,
und das verfolge ich auch sehr gerne.
Ich habe früher, das hat sich irgendwie
so entwickelt, sehr spezifischen
Nickname bekommen: "Chris Vineyard".
Und ich fand das als Namen sehr
ansprechend, einfach generell, dass
man auch versuchen kann, die Kunst und
sozusagen diese visuellen Ideen, die sich
vor allem sozusagen vorwiegend um mich
betreffen, in etwas fokussieren könnte,
was außerhalb dem Namen Tom Teichmann
weiterlebt, sozusagen, dass man sozusagen
diese beiden Schienen trennen kann.
Und dort gibt es auch konkrete
Website-Domain chrisvineyard.com, ebenso
wie in Instagram "@chrisvineyardd",
mit zwei D, ein D das gibt es leider,
ist leider schon vergeben, habe
ich schon relativ früh versucht zu
bekommen, aber anscheinend ist es
doch nicht so ein unbekannter Name.
Dort kann man sich auf jeden
Fall, sozusagen mit diesen ganzen
visuellen Ideen beschäftigen.
Werden wir verlinken auf unserer Website.
Ja, dann würde ich sagen:
Danke fürs Mitmachen.
Vielen Dank für das Gespräch,
das war sehr bereichernd.
Okay, das lass ich so stehen.