Die Geschichtsgreißlerei

Andreas Filipovic, Walter Szevera
Since 08/2023 62 Episoden

Das Steyr-Baby

Die obskure Leidenschaft des Autoritären zum Automobil

11.11.2025 33 min Andreas Filipovic, Walter Szevera

Zusammenfassung & Show Notes

Mit der staatlichen Bewerbung des Steyr Baby 1936 wollte das austrofaschistische Regime sich ein technologiefreundliches und zukunftszugewandtes Image geben und für den motorisierten Individualverkehr Werbung machen.

Der Inhalt:
Der Austrofaschismus versuchte von 1934-1938 einen Spagat zwischen autoritärer reaktionärer Restaurierung und modernem technologischen Image hinzulegen. Während man gesellschaftspolitisch an Kirche, Familie und Führerkult anknüpfte, wollte man sich gegenüber neuen technologischen Entwicklungen offen zeigen. Das betrifft vor allem den motorisierten Individualverkehr. Die Waffen- und Automobilfabrik Steyr brachte 1936 einen stromlinienförmigen Kleinwagen heraus, dem man schnell den Spitznamen „Baby“ gab. Das Auto sollte ein Auto für die Massen werden, obwohl es nicht billig war und sich eher an Kunden aus den Mittelschichten orientierte. Im Zuge der Euphorie für den motorisierten Individualverkehr wurden seitens der austrofaschistischen Regierung zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um den Straßenverkehr zu modernisieren. Prestigeträchtige Straßenprojekte wie die Höhen- und die Großglocknerhochstraße, elektrische Ampeln und Vereinheitlichung der Verkehrsrichtung wurden in Angriff genommen. Das Steyr Baby musste aber nach 1938 gegenüber dem projektierten und von der NS-Führung bevorzugten VW-Käfer zurückstecken, die Produktion wurde später trotz erfolgreicher Verkaufszahlen eingestellt. Steyr konzentrierte sich in Folge vor allem auf Rüstungsaufträge aus der Wehrmacht und erweiterte die Geschäftsfelder im Fahrwasser der Okkupationspolitik der Wehrmacht nach Ost- und Südosteuropa.

Der Ort: 
Autofirmen und Fluglinien hatten am Ring oder in unmittelbarer Nähe repräsentative Präsentationshallen, um ihre Produkte oder Dienstleistungen in einem luxuriösen Ambiente anzubieten. So hatte auch die Firma Steyr, der größte österreichische Automobilhersteller, eine großzügige Firmenpräsentationshalle am Schwarzenbergplatz 18 im Ersten Wiener Gemeindebezirk. Dort wurde u.a. auch das Steyr Baby der Öffentlichkeit vorgestellt. Heute befindet sich dort eine Filiale einer internationalen Fastfood-Kette.

Der Gast:
Bela Rasky ist Historiker und leitete das Simon Wiesenthal Center in Wien. Er publizierte zahlreiche Bücher zu Themen der österreichischen Zeitgeschichte.


2025 - Andreas Filipovic, Walter Szevera