Die Krisen überwinden

Christoph Ecken

013 - Care-Arbeit - die Sorgearbeit in der solidarischen Gesellschaft

17.11.2024 23 min Staffel 1 Episode 14 Christoph Ecken / Autoren der Akademie Solidarische Ökonomie

Zusammenfassung & Show Notes

Die große Leitenergie der vergangenen 5000 Jahre war die männliche Energie, die auf Wachstum, auf Vorwärtsstreben um jeden Preis, auf Sieg, Eroberung, Wettkampf und Konkurrenzdenken ausgerichtet war. Um darin erfolgreich zu sein, brauchte es einer sehr gradlinigen Energie. Hier blieb kaum Raum für Geselligkeit, Anteilnahme und Rücksicht auf andere. Man musste selbst zusehen, dass man immer der Stärkste war und im Gerangel nicht unterging.
 
In der Industrialisierung, also ab dem 18. und 19. Jahrhundert, entwickelte sich dann das Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie, wie wir sie noch heute kennen: Vater, Mutter und ihre Kinder. Obwohl viele Frauen wirtschaftlich gezwungen waren, zusätzlich mit arbeiten zu gehen, da der Mann die Alleinverdiener-Rolle aufgrund der geringen Vergütung nicht ausfüllen konnte, blieb die Rollenverteilung dem traditionellen Muster verhaftet: Der Mann war der Hauptverdiener, während die Frau – ohne jedwede finanzielle Vergütung – für den Haushalt und die Kinder zuständig war und durch eine zusätzliche Erwerbsarbeit, die meist viel geringer vergütet war, für einen kleinen Neben- oder Hinzuverdienst der Familie sorgte.
 
Wir haben es also bei unserem traditionellen Familienbild mit uralten Relikten unseres bürgerlichen Selbstverständnisses zu tun, die sich in manchen Kreisen bis heute gehalten haben. Bei uns herrscht nach wie in höheren Kreisen das Leitbild einer gutbürgerlichen Familie vor, die im Laufe der Industrialisierung auf das Modell der Kleinfamilie zusammengeschrumpft ist.
 
Mit der Industrialisierung begann auch der lange Weg der Frauenbewegungen. Sie kämpften für politische Rechte, wie das Wahlrecht, und für bessere Arbeitsbedingungen, berufliche Aufstiegschancen, mehr Kinderrechte etc.. Der Einsatz war und ist groß, und trotzdem sind die Erfolge, die Frauen seither erreicht haben, noch immer nicht vollständig gesichert.
 
Viele Frauen aus den von weiblicher Energie geprägten Pflege- und Betreuungs-Berufen haben diesen Umstand erkannt und möchten an die essentielle Bedeutung von Bindungsarbeit für die Gesellschaft erinnern und dessen Verankerung sowohl im privaten wie auch im beruflichen Kontext fördern, da es bei ihrer Arbeit genau um diesen wichtigen Kern gesellschaftlicher Arbeit geht.
 
Auch bei den Männern vollzieht sich ein Bewusstseinswandel. Junge Väter wollen heute mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und eine stärkere Bindung zu ihnen aufbauen. Dafür fordern einige u.a. auch flexiblere Arbeitszeiten, die es ihnen ermöglichen, mehr für ihre Kinder da zu sein.  Und Frauen – die entweder mit oder ohne einer Erwerbsarbeit nebenbei - nach wie vor den Großteil der Care-Arbeit leisten – möchten finanziell auf sicherem Boden stehen, um sich und ihre Familien besser absichern zu können. 
 
Zu Recht fordern Frauen heute eine angemessene gesellschaftliche, – das heißt auch monetäre – Wertschätzung der Care-Arbeit. Entweder in Form eines Grundeinkommens oder einer Kinder- und Jugendrente. Und sie fordern eine Teilentlastung von häuslicher Care-Arbeit entweder durch besser organisierte Kitas und ähnliche Einrichtungen oder durch ihre Partner. Dies würde dann z.B. eine Reduzierung der Erwerbsarbeit für beide Elternteile voraussetzen. 
 
Sie wünschen sich im Kern für die Zukunft, eine wirklich partnerschaftliche Beziehung auf Augenhöhe, in der beide Partner finanziell auf sicherem Boden stehen, auch wenn sie als Familie neben der Erwerbsarbeit gemeinsam Kinder großziehen möchten. 
 
Die jungen Menschen von heute streben nach echter Gleichberechtigung, was angesichts der veränderten Familienstrukturen, wie den Patchwork-Familien, immer wichtiger wird. Aber die Frage bleibt: Wie könnte eine faire Verteilung von Care-Arbeit aussehen, und was braucht es, um das umzusetzen? 
 

Akademie Solidarische Ökonomie - www.akademie-solidarische-oekonomie.de
Buchreihe "Impulse für eine solidarische Gesellschaft", Büchner-Verlag, www.buechner-verlag.de
"Kapitalkrise", Klaus Simon, Band 1 der Buchreihe "Impulse für eine solidarische Gesellschaft, Büchner-Verlag, 2023, www.buechner-verlag.de
"Sozial-Ökologischer Umbau", Norbert Bernholt, Band 2 der Buchreihe "Impulse für eine solidarische Gesellschaft, Büchner-Verlag, 2023, www.buechner-verlag.de
Modern Monetary Theory (MMT)
Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ); ecogood
Dokumentarfilm Oeconomia - Sehenswerter Film "Oeconomia" in der 3sat-Mediathek
Monetative - Verein, der sich für das Vollgeld einsetzt

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