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34: Pionierprojekt Meerwasser-Wärmepumpe – Lars Arne Beilfuß, Stadtwerke Neustadt in Holstein

03.03.2023 30 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wie kann ein klimafreundliches und nachhaltiges Konzept zur Wärmeversorgung aussehen? Mit Lars Arne Beilfuß von den Stadtwerken Neustadt in Holstein sprechen wir über Deutschlands erste Meerwasser-Wärmepumpe.

Die Stadtwerke Neustadt in Holstein setzen energetisch neue Maßstäbe und realisieren im neuen örtlichen Hafenquartier ein besonders klimafreundliches Konzept zur Wärmeversorgung. Durch hochmoderne Technologie lässt sich Wasser aus der Neustädter Bucht effizient auf Temperatur bringen und in das quartierseigene, neu errichtete Wärmenetz leiten. Das innovative Energieversorgungssystem, das auf die natürliche Ressource Meerwasser setzt, ermöglicht erhebliche CO2-Einsparungen im Vergleich zur rein fossilen Wärmeerzeugung. Es stellt somit einen wichtigen Beitrag zu nachhaltiger Energieversorgung dar. 

Lars Arne Beilfuß nimmt uns mit in die einzelnen innovativen, aber auch herausfordernden Planungsphasen des Modellprojekts und zeigt auf, wie ein innovatives Wärmesystem funktionieren kann. 

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Transkript

Lars Arne Beilfuß
00:00:02
Wir haben aber als Kern immer die Meerwasser-Wärmepumpe dort in jeder Variante betrachten lassen, weil das eben für dieses Quartier direkt am Wasser gelegen, für uns ein ganz wichtiger Baustein war, um die Energie und auch Wärmewende voranzutreiben. Music.
Friedrich Stratmann
00:00:49
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Energiedosis, dem Praxispodcast für Energieversorger. Mein Name ist Friedrich Stratmann und ich freue mich heute mit meinem Interviewgast über ein spannendes Innovationsprojekt im Bereich der Wärmeversorgung zu sprechen. Dazu habe ich Lars Arne Beifuß an meiner Seite. Lars ist Abteilungsleiter, technischer Service bei den Stadtwerken Neustadt in Holstein und gleichzeitig auch Leiter des Projekts Meerwasser, Wärmepumpe. Die Einbindung der Meerwasser-Wärmepumpe in ein größeres Nahwärmenetz ist in deutschlandweit, so wie es die Neustädter aktuell planen, bislang einzigartig und für die Stadtwerke Neustadt in Holstein auch gleichzeitig einen Pionierprojekt, im Rahmen einer klimaschonenden Wärmeversorgung. Sicherlich auch mit Vorbildcharakter für andere Stadtwerke, aber dazu, später auch mehr. Mit Lars möchte ich darüber sprechen, wie es überhaupt zu diesem Projekt der Meerwasser-Wärmepumpe kam, wo sie da aktuell stehen und welche Herausforderungen und Chancen dieses innovative Wärmekonzept mit sich bringt. Bevor wir da tiefer einsteigen, erstmal herzlich willkommen, Lars bei Energiedosis. Schön, dass du heute mit im Podcast dabei bist.
Lars Arne Beilfuß
00:02:14
Hallo Friedrich. Ja, vielen Dank für die Einladung zu diesem spannenden Format,
Friedrich Stratmann
00:02:19
Ja, bevor wir tiefer einsteigen in das Thema Meerwasser-Wärmepumpe und all, was da noch dranhängt. Erzähl uns zu Beginn doch gerne noch ein paar Worte zu dir. Wer bist du? Was machst du und wie sah dein bisheriger Werdegang aus? Wie bist du dorthin gekommen, wo du heute bist bei den Stadtwerken Neustadt?
Lars Arne Beilfuß
00:02:41
Also ich habe meine Laufbahn beim Energieversorger begonnen mit einer Ausbildung zum Energieelektroniker. habe in der Abendschule meine Fachholschulreife nachgeholt, um dann Elektrotechnik zu studieren. Da mein Diplom dort 2011 abgeschlossen. Dann nochmal drei Jahre bei einer Softwarefirma gearbeitet zum Thema Energie, Datenmanagement, Smart Metering und Blockheizkraftwerken bevor ich dann 2014 bei den Stadtwerken Neustadt angefangen habe, und dort unter anderem als Betriebsingenieur in verschiedenen Projekten gearbeitet habe, dann Abteilungsleiter für Gas, Wasser und Wärmenetze wurde, parallel noch Masterstudium gemacht habe für Energiesysteme, Gas und Wasser und jetzt seit Anfang letzten Jahres gesamttechnischer Leiter für alle Netzte bin und auch das spannende Projekt der Meerwasser-Wärmepumpe seit mittlerweile sechs Jahren jetzt begleite.
Friedrich Stratmann
00:03:41
Gibt es denn zu dir auch noch irgendwie einen persönlichen Fakt oder was abseits der Arbeit dir Energie schenkt. Wo kannst du denn Abseits der Arbeit Energie tanken?
Lars Arne Beilfuß
00:03:53
Zum einen zu Hause bei der Familie mit den Kindern und zum anderen hier an der schönen Ostsee gelegen, direkt im Pelzerhaken gibt's einen schönen Surfstrand, wo ich dann ähm grade in den Sommermonaten an den Wochenenden sehr gerne windsurfe und da einfach das schöne Ambiente genieße.
Friedrich Stratmann
00:04:11
Ich glaube, an der Ostsee lässt sich's auch gut leben und ja, du sprichst vom Wasser. Wasser ist ein Element, das dir nicht nur privat dann beim Surfen begegnet, sondern eben auch beruflich. Wenn wir einsteigen in das Thema Meerwasser-Wärmepumpe. Ich habe das so verstanden im Vorgespräch auch, dass die Meerwasser-Wärmepumpe jetzt auch nicht nur isoliert zu betrachten ist, sondern auch eingebettet ist in ein Quartierskonzept mit einer innovativen Energieversorgung, die die natürliche Ressource Meerwasser in eurem Fall die Ostsee auch die erneuerbaren Energien besonders berücksichtigt. Was war denn der Anlass für dieses Projekt und warum ist das Thema für euch so wichtig?
Lars Arne Beilfuß
00:05:03
Also der Anlass für dieses Vorzeigeprojekt war ein städtebaulicher Umstrukturierungsprozess im Quartier der Hafenwestseite. Direkt an der Hafenkante gelegen, gab's viele alte Speichergebäude, Hallen, die jetzt zum Großteil schon weg oder abgerissen wurden und dort hat die Stadt Neustadt, bereits 2013 einen Realisierungswettbewerb gestartet, um eben dieses Quartier umzubauen und hat uns dann ein paar Jahre später mit ins Boot geholt und wir haben gemeinsam dann eben eine nachhaltige, innovative Wärmeversorgung dort in diesem Quartier geplant und wollten das gemeinsam vorantreiben.
Friedrich Stratmann
00:05:56
Was waren dann tatsächlich die ersten Schritte, also es ja ist jetzt schon ne Weile her, dass der Grundstein gelegt wird. Ihr habt das zusammen mit der Stadt geplant und wenn du uns da nochmal mitnehmen magst, einen Blick zurück. Wir sahen da die ersten Schritte konkret aus in dem Projekt?
Lars Arne Beilfuß
00:06:11
Wir haben 2017 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Nach dem Wärmenetzen vier Punkt null gefördert, um erstmal überhaupt zu schauen, welche Wärmesenken und Wärmequellen es dort in dem Gebiet gibt. Dazu haben wir das Hamburg Institut beauftragt, dort eine Machbarkeitsstudie durchzuführen und haben diese 2019 dann mit verschiedenen Ergebnissen abgeschlossen, hat eine verschiedene Varianten dann vorliegen, aber haben als Kern immer die Meerwasser-Wärmepumpe dort in jeder Variante betrachten lassen. Weil das eben für dieses Quartier direkt am Wasser gelegen für uns ein ganz wichtiger Baustein war, um die Energie und auch Wärmewende voranzutreiben.
Friedrich Stratmann
00:06:56
Also es hat sich dann im Laufe des Prozesses herauskristallisiert, dass die Meerwasser-Wärmepumpe ein zentraler Baustein sein soll, also so höre ich das dann raus. Ich glaube, du hast mir verraten, es gibt so etwas auch einen skandinavischen Ländern, Dänemark und Schweden sind dort in dem Bereich auch Vorreiter, so wie ich das rausgehört habe. In Deutschland ist es so, in dieser Form aber erstmalig, dass ihr das so umsetzt und so ein Pionierprojekt oder Pionierarbeit zu leisten. Ist ja auch nicht immer leicht, deshalb was waren denn für euch da so Herausforderungen, die euch begegnet sind, grade zu Beginn, vielleicht auch in den Jahren, die danach gekommen sind, wo ihr sagt, okay, das hat funktioniert und das hat vielleicht nicht funktioniert?
Lars Arne Beilfuß
00:08:00
Also wir hatten eine große Herausforderung natürlich mit dem Thema wie nehmen wir das? Das Meerwasser und welche Bestandteile sind dort dann noch enthalten? Irgendwelche Muschellarven, vielleicht auch Kleinstlebewesen, die wir gar nicht unbedingt ansaugen wollen. Wir mussten auf Fische achten. Das war natürlich wichtig, dass wir uns vorher dann auch eine wasserrechtliche Genehmigung dort beschaffen, dass wir das Wasser auch entnehmen dürfen und auch dort nachweisen, dass wir eben nicht in das Ökosystem eingreifen. Die angesprochenen Lösungen, die es schon in Skandinavien gibt, sind in der Regel Industriebetriebe, die für ihre eigene Erzeugung, Wärmeerzeugung dort Wasser entnehmen. Wir hatten da zum Glück, Partner im Boot, die dort auch schon Erfahrung gesammelt haben und es gab auch das eine oder andere Pilotprojekt schon für solche Wasserentnahmen, wo wir auch auf Erfahrung zurückgreifen konnten. Und wir sind aktuell zum Beispiel auch mit in einer Nachbargemeinde, dem Tourismusverband Grömitz, im Austausch, weil die zum Beispiel an Meerwasser Wellenbad haben, wo sie auch Meerwasser entnehmen. Und da sammeln wir auch gerade aktuell noch Erfahrung ein für die Ausschreibung der Wasserentnahme.
Friedrich Stratmann
00:09:10
Das heißt, es gibt da auch einen Austausch, mit der Nachbargemeinde, hast du gesagt, und auch sonst Ressourcen, auf die ihr dort zurückgreifen könnt, in der Planung dieses Projektes oder wie kann ich mir das vorstellen? Also es ist ja jetzt nicht ein Projekt, dass man einfach so alleine wuppt, sondern mit Sicherheit macht es daher auch Sinn sich Unterstützung ins Boot zu holen, Expertise an unterschiedlicher Stelle, um dieses Innovationsprojekt voranzutreiben. Wie sieht das da bei euch aus? Wo habt ihr euch da auch Unterstützung oder Partner ins Boot geholt, um zum einen diese Erfahrung vielleicht auch mitzunehmen und auch konkret in der Planung und Projektierung voranzuschreiten.
Lars Arne Beilfuß
00:09:59
Also für uns war ganz wichtig, dass wir dort Partner finden, die schon gewisse Erfahrungen vorweisen können. Das Hamburg Institut hatte zu dem Zeitpunkt ein, zwei Mitarbeiter, die eben schon Erfahrung gesammelt haben in Dänemark, auch zum Thema Großwärmepumpen, wie man diese auslegt. Das hat uns auf jeden Fall sehr geholfen. Sie haben uns bei der Genehmigung dort sehr geholfen und die Gutachten zum Teil entweder selber durchgeführt oder haben uns dafür externe Gutachter dann organisiert. Bei dem Planungsbüro war das auch ein bisschen schwieriger dort jemanden zu finden, der schon Erfahrung in diesem Bereich hatte. Das Ingenieurbüro Averdung aus Hamburg hatte zumindest eine Testanlage schon mal begleitet und so konnten wir über eine Ausschreibung bei uns dann auch die Planung für die Hafenbestzeit übernehmen.
Friedrich Stratmann
00:10:56
Ja, ich glaube, dass es wichtig, die richtigen Leute auch an Bord zu haben bei so einem großen Projekt. Du hast beschrieben, woher ihr gekommen seid, was vielleicht auch da Herausforderungen sind, auf die ihr schon gestoßen seid. Wo steht ihr denn jetzt aktuell bei diesem Projekt?
Lars Arne Beilfuß
00:11:20
Also wir haben Ende letzten Jahres noch die Meerwasser-Wärmepumpe und das Tauschersystem beauftragt. Da hatten wir eine Ausschreibung, auf dem Markt und konnten dann die Beauftragung rausgeben und haben jetzt Ende Januar die Komponenten bestellt. Da gibt es allerdings zum Beispiel Lieferzeiten von bis zu neun Monaten. Das heißt, wir warten jetzt im Endeffekt bis September, bis die Komponenten dann auch geliefert werden und eingebaut werden können. Und in der Zwischenzeit bereiten wir jetzt weitere Vergaben vor für die Anlagentechnik, zum Beispiel brauchen wir ja noch einen Wärmespeicher. Wir werden auch einen Spitzenlastkessel dort integrieren in das Wärmesystem. Wir müssen die MSR-Technik, also die Elektrotechnik noch vergeben und die Mehrwasserentnahme selber wird jetzt auf das Wärmepumpensystem angepasst und dann ebenfalls ausgeschrieben. Sodass wir dann diese ganzen Vergaben durchführen können und ab September diesen Jahres sollen dann eben die Großwärmepumpe und die Wärmetauschersystem installiert werden. Und geplant ist es dann Anfang, Mitte nächsten Jahres eine Inbetriebnahme durchzuführen und die ersten Kunden schon mit Wärme zu versorgen.
Friedrich Stratmann
00:12:40
Das klingt doch nach einem sportlichen Plan. Du hast das Thema Lieferzeiten angesprochen. Ist mit Sicherheit ja auch etwas, wo ihr natürlich nicht immer selber die Zügel in der Hand habt, sondern es auch auf die Zulieferung ankommt, was da von unterschiedlichen Stellen auch benötigt wird. Dass ihr das rechtzeitig zur Verfügung habt und alles auch so gebaut werden kann. Ich hatte es eingangs auch erwähnt, dass dieses Thema Einbezug Energien in dieses Quartierskonzept oder ja jetzt mit der Meerwasser-Wärmepumpe, die natürliche Ressource Meerwasser etwas ist, was da ein Herzstück ist in diesem Projekt. Das Thema erneuerbare Wärme ist bei Stadtwerken gerade auch ein sehr präsentes Thema und da zahlt die Meerwasser-Wärmepumpe oder das Quartierskonzept so wie ihr das vorhabt auch da drauf ein. Wenn man jetzt mal dieses Schlagwort Dekarbonisierung, CO2 Einsparung et cetera reinbringt. Gibt's da irgendwie konkrete Zahlen oder Pläne, was ihr was du uns da nennen kannst, was da dahinter steckt mit dem Projekt Meerwasser-Wärmepumpe und dem Quartierskonzept, inwiefern das auf diese Ziele einzahlt, die Klimaziele und Einsparungen von CO2 jetzt im Vergleich zur konventionellen Wärmeerzeugung?
Lars Arne Beilfuß
00:14:15
Das war auch Gegenstand der Machbarkeitsstudie, eben zu schauen, wie viel CO2 kann man einsparen, wie viel erneuerbare Energien kann man in die Wärmenetze bekommen. Das war auch für den Fördermittelgeber natürlich wichtig. Also wir haben uns jetzt die Meerwasser-Wärmepumpe und das Wärmetauschersystem fördern lassen von der nationalen Klimaschutzinitiative, dem NKI, und da war eben ein erneuerbarer Energienanteil von mindestens 50 Prozent vorgegeben und das bedeutet, dass wir da ungefähr pro Jahr 300 Tonnen CO2 einsparen gegenüber einer konventionellen Lösung.
Friedrich Stratmann
00:14:53
Ich glaube, dass es ein großes Projekt ist die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und hier mit dem Baustein jetzt der Meerwasser-Wärmepumpe oder diesem Quartierskonzept da euch schon frühzeitig Gedanken gemacht habt, okay wie können wir da einen Schritt gehen, denn so wie ich dich verstanden habe oder was du auch im Vorgespräch erzählt hast, das Thema Nachhaltigkeit ist ja bei euch, bei den Stadtwerken Neustadt auch, in der Unternehmensstrategie verankert, Nachhaltigkeit vorleben. Und da zahlt das eben auch wunderbar darauf ein. Du hast eben von der Förderung gesprochen. Dass ihr da von der NKI auch Fördermittel in Anspruch nehmt. Gibt es denn noch weitere Fördermittel, die er jetzt für dieses Projekt auch anzapfen könnt?
Lars Arne Beilfuß
00:15:51
Wir haben jetzt gerade bei der Bundesförderung für effiziente Wärmenetz einen Antrag gestellt Anfang des Jahres. Und wollen uns dort dann das Wärmenetz, die Übergabestation und auch Teile der anderen Technik noch fördern lassen. Das Förderprogramm gibt es ja erst seit Ende letzten Jahres. War schon länger in der Pipeline und da haben wir auch drauf gewartet, dass wir dort noch uns Investitionsfördermittel sichern können und hinterlegt ist da zum Beispiel auch ein Transformationspfad bis 2045 um das Wärmenetz dann CO2 neutral zu betreiben und da werden eben dann verschiedene Erzeuger wie Power to Heat eine Anbindung an einem Müllheizkraftwerk unter anderem betrachtet. Und das ist auch der Weg, den wir bei anderen Netzen gehen werden, was jetzt viele Versorger auch machen eben über die BEW Fördermittel ihre Bestandswärmenetze oder neue Wärmenetze möglichst CO2 neutral zu gestalten.
Friedrich Stratmann
00:16:45
Du hast eben von diesem Transformationspfad gesprochen. Kannst du uns da Konkreteres sagen, wie das genau aussieht?
Lars Arne Beilfuß
00:16:58
Also ein Baustein wird es sein biomethan einzusetzen für die Spitzenlastkessel und auch für das geplante Blockheizkraftwerk, was als Grundlast auch dient. Ein weiterer Baustein wird wie gesagt sein das Müllheizkraftwerk hier in Neustadt mittelfristig in das Wärmenetz einspeisen zu lassen und ein Reserve Platz für eine weitere Wärmepumpe ist noch geplant in dem in dem Neubau der Energiezentrale, sodass wir später dann vielleicht auch wenn das Wärmenetz sich vergrößert, noch mehr Wärme über die Großwärmepumpen erzeugen können.
Friedrich Stratmann
00:17:35
Das heißt, das sind unterschiedliche Komponenten, die da natürlich eine Rolle spielen, über die Meerwasser Wärmepumpe hinaus. Wir hatten auch über das Thema kommunale Wärmeplanung gesprochen, das ist ja auch ein großes Thema gerade für euch. Jetzt geht es bei der Meerwasser-Wärmepumpe um diese Lösung im Zukunftsquartier, im Hafenquartier, gibt es daran anknüpfend auch Abstrahleffekte oder wie dieses neu entstehende Netz auch Abnehmer findet bei Unternehmen oder Privatpersonen, was daran angeschlossen ist oder ist das wirklich auf dieses Quartier beschränkt?
Lars Arne Beilfuß
00:18:17
Wir haben vor allen Dingen im Anfang letzten Jahres und Mitte letzten Jahres viele Anfragen bekommen, rund um das Quartier herum auch, ob wir unser Wärmenetz nicht auch noch erweitern möchten oder wann wir vielleicht dann dort vor der Haustür mit der Wärmeleitung ankommen, war das Thema Energie natürlich jetzt gerade durch diese Preissteigerung letztes Jahr im Gas und auch dieses Szenario der Verknappung ja an Fahrt aufnimmt. Wir planen das schon so, dass wir auch unser Netz entsprechend aufbauen, um später dieses zu erweitern. Wir legen Netzabschnitte vor, sodass wir später dann Erweiterungen vornehmen können. Also das Thema Wärme ist bei den Bürgerinnen und Bürgern auf jeden Fall, deutlich präsenter als in den Jahren davor.
Friedrich Stratmann
00:18:59
Und wie aufgeschlossen sind die Bürgerinnen und Bürger dann auch gegenüber diesem Zukunftsprojekt? Was ihr im Quartierplan auch im Zusammenhang mit der Meerwasser-Wärmepumpe. Du hast erzählt am Anfang war's ja auch ein Projekt, das mit Bürgerbeteiligung initiiert wurde, also dass die Bürgerinnen und Bürger auch von Anfang an irgendwo mit im Boot waren, involviert waren. Also wie wichtig war das und wie siehst du aktuell auch die Akzeptanz für das Thema?
Lars Arne Beilfuß
00:19:31
Also die Akzeptanz hat sich deutlich gewandelt. Am Anfang war's immer ganz klar preislich getrieben. Also das Projekt fanden immer alle gut und spannend, aber es musste natürlich auch preislich passen und stimmen. Das hatte sich jetzt mittlerweile ein bisschen gewandelt, so in den letzten zwei, drei Jahren. Wo wir versuchen die Menschen auch mitzunehmen ist natürlich auch diese Entnahme von dem Meerwasser. Es gibt hier viele Angler, die im Hafen Fische angeln oder die auch raus in die auf die Ostsee fahren. Da war natürlich auch ein großes Thema, was passiert mit Fischlarven, wenn dort der Hering zum Beispiel laicht. Da gibt's heute auch noch viele Anfragen zu. Dann die diese Anfragen auch ernst nehmen und auch beantworten. Wir versuchen auch Verbände mit einzubinden, die oft angesprochen werden, um eben darüber zu informieren, dass dort keine Gefahren von ausgehen, dass wir dort kein großen Eingriff in die Natur vornehmen. Und so eine Bürgerbeteiligung, also wir machen da mit der Stadt zusammen regelmäßige Veranstaltungen, wo wir informieren, einmal über den städtebaulichen Fortschritt, also welche Gebäude werden wann gebaut, aber natürlich auch über den energetischen Fortschritt des Wärmenetzes und über mögliche Anschlussgebiete.
Friedrich Stratmann
00:20:46
Das heißt, es findet laufend auch eine Kommunikation statt, um den Fortschritt zu zeigen und einfach auch zu signalisieren, okay so sieht's gerade aus, das ist geplant, so geht's weiter. Und einfach da auch eine gewisse Transparenz auch zu schaffen für diese Veränderung oder dieses Projekt, was dann dort entsteht. Ich kann mir vorstellen, du hast von unterschiedlichen Anfragen gesprochen, die dann auch reinkommen. Was ist da vielleicht auch Klima-, Tierschutztechnisch zu berücksichtigen? Wie groß ist denn das Team bei euch, dass sich jetzt mit dem Projekt befasst? Also du leitest das Projekt, wie seid ihr da intern bei euch aufgestellt? Wer ist da alles mit im Boot bei dem Thema?
Lars Arne Beilfuß
00:21:44
Wir haben eine an der Öffentlichkeitsstelle, also eine Kommunikation nach außen, die eben solche Anfragen dann auch bearbeitet und gemeinsam dann auch mit dem Hamburg Institut Antworten oder auch FAQ-Listen schreibt, die auch Artikel vorbereitet. Wir informieren also nicht nur über Anwohnerversammlungen, sondern eben auch über Artikel regelmäßig über den Stand. Ich bin der Projektleiter, dann habe ich noch zwei Mitarbeiter, die sich um technische Anforderungen, technische Fragen kümmern. Also wir sind ein kleines Stadtwerk mit 90 Mitarbeitern insgesamt und versuchen aber möglichst dieses Projekt eben auch mit internen Ressourcen zu steuern, brauchen aber natürlich dann auch externe Unterstützung. Gerade wie ich vorhin schon sagte, Genehmigung, Ausschreibung, Planung, da holen wir uns dann eben die Fachleute für ins Haus.
Friedrich Stratmann
00:22:37
Und gibt es jetzt außerhalb eurer Stadt, eurer Gemeinde auch andere Stadtwerke, die da schon, irgendwo angeklopft haben oder interessant das verfolgen, was ihr da macht? Du hast gesagt, ihr seid mit der Nachbargemeinde Grömitz im Austausch auch schon ein Projekt mit Vorbildcharakter, wie nehmt ihr das aktuell wahr? Gibt's da schon Anfragen von anderen Stadtwerken, die da von eurer Expertise oder von eurem Weg da auch profitieren wollen oder da erfahren wollen, was ihr da macht?
Lars Arne Beilfuß
00:23:17
Wir tauschen uns regelmäßig mit anderen Stadtwerken darüber aus. Die Nachbargemeinde, die ich vorhin erwähnt hatte. Da hat die Politik das in der Zeitung zum Beispiel gelesen und hat gesagt, das hört sich sehr spannend an. Wir sind ja auch direkt am Meer. Was ist es denn hier bei uns möglich und hat dann der Verwaltung in Auftrag gegeben mit uns in Kontakt zu treten und mal zu eruieren, was wir dort machen und ob das auch in Grömitz zum Beispiel Anwendungen finden kann. Wir haben entweder über Averdung oder aber auch über Hamburg Institut eben verschiedene Anfragen, wenn's darum geht, wie habt ihr's realisiert, da tauschen wir uns gemeinsam dazu aus. Es gibt ein Netzwerk, innovative Wärme. Dieses Netzwerk, wo wir Partner sind und dort mit anderen Stadtwerken und anderen Versorgern aus der Region hier im Norden mit der Stadt Wenck Kiel zum Beispiel Lübeck da gemeinsam uns darüber austauschen und natürlich auch dort dann berichten.
Friedrich Stratmann
00:24:11
Wenn wir abschließend ein Blick in die Zukunft wagen. Was sind für euch denn jetzt die nächsten Meilensteine konkret in diesem Projekt?
Lars Arne Beilfuß
00:24:23
Zum einen die Vergaben, die ich vorhin schon ansprach. Das ist natürlich wichtig, dass wir die spätestens nach dem Sommer dann auch durchführen können. Also die Vergaben und die Beauftragung rausschicken können, dann muss unser Neubau, also wir haben Neubau für die Energiezentrale, wo die Wärmepumpe nachher steht, soll jetzt vor dem Sommer noch fertig sein, der Rohbau. Das sieht, solange das Wetter hält, auch sehr gut aus, dass das funktioniert. Dann ist natürlich wichtig, dass die Lieferzeiten eingehalten werden und dass wir da nicht noch ins nächste Jahr rutschen, um dann wie gesagt im zweiten Quartal nächsten Jahres dann die erste Wärme aus der Wärmepumpe auch in das Netz geben zu können und dann hoffentlich auch die ersten Kunden spätestens zur Heizperiode 24/25, dann auch mit Wärme versorgen zu können.
Friedrich Stratmann
00:25:18
Das klingt doch gut, also ich drücke dir und euch da auf jeden Fall die Daumen, dass das alles so funktioniert und hinhaut, wie ihr euch das vorstellt und plant. Gibt es von deiner Seite aus noch Learnings oder Aha-Momente, Dinge, worauf ihr gestoßen seid, worauf vielleicht auch andere Stadtwerke achten sollten, wenn sie sich mit so einem Projekt, der Mehrwasser Wärmepumpe befassen. Was sind vielleicht drei Learnings, die du da noch anderen Stadtwerken und Energieversorger mitgeben kannst?
Lars Arne Beilfuß
00:25:56
Also das, was im Laufe des Projektes auf jeden Fall aufgefallen ist, dass die Beteiligung aller Stakeholder, also aller interessierten Parteien permanent stattfinden muss. Das haben wir mittlerweile sehr gut im Griff. Das war aber gerade zum Anfang, nicht immer einfach, weil man auch nicht immer genau wusste, wer es jetzt überhaupt an diesen Informationen wirklich interessiert oder wer braucht diese Information auch und wenn man dann teilweise ein halbes Jahr oder ein Jahr nicht miteinander gesprochen hat. Dann waren plötzlich Entwicklungen eingetreten, die man dann wieder erstmal einholen musste. Wir haben ja auch zum Beispiel die Genehmigung uns letztes Jahr schon geholt und jetzt hat der Ansprechpartner dort gewechselt und jetzt, wo wir die Vergabe für den Wärmetauscher durchgeführt haben, müssen wir plötzlich wieder alle möglichen Informationen, alle möglichen Datenblätter nachreichen, weil der neue Ansprechpartner, der dort auch schon seit einem halben Jahr da ist, das so nicht nachvollziehen kann, was sein Vorgänger gemacht hat. Dann hätten wir da ein bisschen früher vielleicht schon mal Kontakt aufgenommen und wären jetzt vielleicht an der Stelle schon ein Stückchen weiter und was auf jeden Fall. Was aber auch der Gesamtsituation in Deutschland geschuldet ist, was wir auf jeden Fall jetzt machen, ist, solche Wärmegebiete viel offener planen. Also vorher war das für uns einen abgeschlossenes Quartier. Das war die Hafenbestzeit, da gab's eben drei, vier, fünf Straßen, die dabei sind und die Wärmeversorgung bekommen. Das war für uns die Grenze dann auch. Das hat sich natürlich jetzt deutlich gewandelt. Dass wir jetzt auch in Zukunft Wärmenetze viel, viel offener planen werden und viel kaskadierender, also dass wir auch uns auf jeden Fall mehr Raum und mehr Platz lassen, um weitere Wärmeerzeuger dort einsetzen zu können.
Friedrich Stratmann
00:27:39
Also so das Thema Stakeholder ins Boot holen, sich regelmäßig updaten, austauschen als wichtiger Punkt und auch offener zu planen, nicht nur auf ein einzelnes Quartier sich zu beschränken, sondern auch den Blick zu öffnen und größer zu denken oder? So habe ich das jetzt rausgehört.
Lars Arne Beilfuß
00:28:00
Genau. Es war als Quartier angelegt, auch von der Stadt war es ja eben, dass Hafen Westseite Quartier in Neustadt. Das war ein für sich abgeschlossener Bereich. Wir haben das auch so übernommen damals, aber mit den Erfahrungen würde ich auf jeden Fall sagen, den Blick immer weiter schweifen zu lassen, außen herum noch mal. Das war vor vier, fünf Jahren, als die Gaspreise noch sehr günstig waren, nicht das Thema. Da muss man sich immer gegen Gas mit den Wärmepreisen behaupten. Es wurde immer verglichen, was kostet mich die Kilowattstunde? Wärmen, wenn sie mit Gas im eigenen Kessel erzeugt wird oder in einer eigenen Heizung und in der in der Regel waren wir mit der Fernwärme oder Nahwärme immer ein bisschen teurer und musste dann eben andere Argumente noch heranziehen. Das hat sich jetzt doch mittlerweile deutlich verändert.
Friedrich Stratmann
00:28:45
Ich danke dir, Lars, für deine Einblicke heute in das Innovationsprojekt Meerwasser-Wärmepumpe bei den Stadtwerken Neustadt in Hohlstein. Danke für die Einblicke aus der Praxis und ich wünsche euch da alles Gute für die weiteren Schritte in der Umsetzung und das alles so klappt, wie ihr euch das vorstellt.
Lars Arne Beilfuß
00:29:11
Vielen Dank, dass ich heute hier sein durfte oder mit dir sprechen durfte und berichten konnte zu diesem spannenden Projekt.
Friedrich Stratmann
00:29:19
Wenn euch, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, gefallen hat, was ihr heute gehört habt, dann abonniert gerne unseren Podcast auf Spotify, Apple Podcast oder der Podcast Plattform eurer Wahl, um keine Folge Energiedosis mehr zu verpassen. Wenn ihr uns die Netzwerkpartner auch mal persönlich kennenlernen wollt, wir sind im Mai wieder mit einem eigenen Stand auf der E-World in Essen. Also kommt gerne vorbei und besucht uns am Stand, in der Halle Vier auf der E-World vom 23.-25. Mai. Das war's für heute. Danke, Lars, danke euch fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Music.