Energiedosis

Die Netzwerkpartner

54: Kommunikation als Schlüssel zur Wärmewende – Raphael Jungbauer, NEW

07.03.2024 39 min

Zusammenfassung & Show Notes

Die lokale Wärmewende kann nur gelingen, wenn effektive Planung mit erfolgreicher Kommunikation verbunden wird. Mit Raphael Jungbauer von der NEW Smart City sprechen wir über das Quartierskonzept Seestadt und wie elementar bürgernahe Kommunikation ist. 

Mit Abwasserwärmerückgewinnung, Geothermie, Photovoltaikanlagen und der Nutzung von Ab- und Umweltwärme soll die Seestadt Mönchengladbach möglichst energieautark werden. Doch die Wärmewende ist weit mehr als nur technische Innovation. Kommunikation ist ein zentraler Baustein, um Akzeptanz für die Wärmewende zu schaffen.

Begleiten Sie uns auf eine spannende Reise durch die Seestadt und erfahren Sie, warum Kommunikation der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung der Wärmewende ist. Raphael Jungbauer zeigt uns, wie vielfältig und zugleich nachhaltig die Wärmewende gestaltet und wie zielgerichtete Kommunikation mit den unterschiedlichsten Stakeholdern aussehen kann.

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Transkript

Intro: Raphael Jungbauer
00:00:01
Wir haben regelmäßige Teamreflexionen, weil das, was wir vor uns haben, ist ja kein Sprint, sondern ein Marathon. Das ist das größte Infrastrukturprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg. Das heißt, die Menschen müssen in Motivation bleiben. Music.
Hannah Simon
00:00:45
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Energiedosis, dem Praxis-Podcast der Netzwerkpartner. Ich bin's wie immer, Hannah Simon und heute habe ich das Thema Quartierskonzepte für euch im Gepäck und das Thema begleitet uns in der Energiewelt schon eine ganze Weile und auch immer häufiger poppen neue Quartierskonzepte und deren Umsetzungen auf. Welche innovativen Umsetzungen es gibt, auch hinsichtlich Energieautarkie, möchte ich heute mit Rafael Jungbauer besprechen, der mein heutiger Gast ist. Er ist Geschäftsführer in der NRW-Gruppe und hat das Projekt Seestadt in Mönchengladbach mitbegleitet. Super spannend. Ich durfte es mir im Vorfeld schon ein bisschen anschauen und freue mich sehr, dass du heute bei uns zu Gast bist, Rafael, herzlich willkommen.
Raphael Jungbauer
00:01:30
Ja, vielen Dank Hannah. Ich freue mich über die Einladung und bin gespannt auf unseren Austausch.
Hannah Simon
00:01:35
Ja ich hab's gerade schon angekündigt, Geschäftsführer in der NEW Gruppe. Da steckt eine ganze Menge bei euch dahinter. Erzähle uns doch zu Beginn einmal ein bisschen was über dich und deine Person und was hinter der NEW-Gruppe steckt.
Raphael Jungbauer
00:01:47
Ja, mein Name ist schon genannt. Ich bin 44 Jahre alt, bin verheiratet, habe drei Kinder und brenne für die ganzen energiewirtschaftlichen Themen. Die NEW ist in vielen Dingen sehr weit voraus, das ist auch der Grund, warum ich mich dort sehr wohlfühle. Wir trauen uns an viele neue Themen ran und befassen uns schon sehr lange auch mit den Themen Wärmewende und Energiewende. Und ja, das ist so so ein kurzer Hintergrund zu dem, was wir machen. Wir arbeiten sehr eng mit den Kommunen zusammen, wir arbeiten sehr eng mit Forschung und Entwicklung zusammen und da kommt ziemlich viel Spannendes zusammen.
Hannah Simon
00:02:21
Super, danke schön für die kurze Vorstellung. Ja, NEW und NEW Smart City, eine auch eurer Gesellschaften, kannst du das einmal für uns noch ein bisschen verorten? Also geografisch habe ich auch schon verraten, seid ihr in Mönchengladbach und Region angesiedelt. Genau, was steckt da sonst noch so hinter?
Raphael Jungbauer
00:02:38
Ja, die NEW, das ist, also wenn man NEW mal auseinander nimmt, dann bedeutet das Niederrhein Energie und Wasser. Wir sind ein kommunales Dienstleistungsunternehmen mit Verbundenheit zum Niederrhein. Also wir sind geografisch am linken Niederrhein sehr stark vertreten, erfüllen da unsere Aufgaben zur öffentlichen Daseinsvorsorge, schützen und betreiben die kritische Infrastruktur und das so im Netzgebiet vom Rheinkreis Neuss, Kreis Heinsberg über Viersen bis hin nach Mönchengladbach, wo unser Hauptsitz ist, wie du ja schon richtigerweise gesagt hast.
Hannah Simon
00:03:08
Dankeschön. Ja dann lass uns direkt in die richtig spannenden Themen reinstarten. Ja die Seestadt in Mönchengladbach, das hört sich, finde ich sehr idyllisch an. Also eine kleine Oase mitten in der Stadt. Für euch ist das Projekt ja sogar auch mehr vielleicht als so ein ganz klassisches Quartierskonzept. Auf der Website ist die Seestadt beschrieben als eine neue Art zu leben. Das hört sich ziemlich gut an. Wie ist es denn zu dem Projekt gekommen und was verbirgt sich hinter der Seestadt?
Raphael Jungbauer
00:03:36
Also wie ich ja schon zu Beginn gesagt habe, wir beschäftigen uns schon sehr lange mit den Themen Energiewende, Und wenn wir über Energiewende sprechen ist ja der unsichtbare Elefant im Raum, der immer sichtbarer wird, die Wärmewende, weil nun mehr 60 Prozent des Endenergieverbrauchs im Wärmesektor genutzt wird. Das heißt, wenn wir die Energiewende wirklich erfolgreich gestalten wollen, müssen wir uns auch um das Thema Wärme kümmern. Und das ist uns relativ früh aufgefallen. Wir haben seit 2015 das NEW Blauhaus in Mönchengladbach, das ist an der Hochschule Niederrhein, ein großes Gebäude über vier Etagen, wo circa hundert Personen ansässig sind und das betreiben wir seit 2015 schon mit einer Eisspeicherheizung, mit Luftwasserwärmepumpen. Das ganze Gebäude ist sowohl auf dem Dach als auch an den Fronten, an den Seiten mit PV-Anlage belegt und dieses Gebäude funktioniert autark und da haben wir relativ schnell kennengelernt, dass wenn wir neuere Ansätze verfolgen, wir halt von fossilen Energieträgern wegmüssen. Das ist ja sowieso klar. Das haben uns auch die letzten Jahre noch mal ganz eindeutig gezeigt. Nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern auch aus vielen anderen Gründen, um uns unabhängiger zu machen. Und es ist halt immer das Thema, wie gewinne ich regional Energie? Ist sie dort verfügbar, wo sie auch gebraucht wird? Und gerade bei Wärme ist halt das Problem, Wärme lässt sich relativ schlecht über lange Strecken transportieren, weil man dann immer in hohen Netzverlust hat. Und so haben wir halt relativ schnell im Kleinen festgestellt, wir können das regional vor Ort erzeugen und können das nutzbar machen und dann ist uns der Gedanke gekommen, warum nicht von Klein ins Große, also ausrollen in ein Quartier, in so ein Stadtteil und da war bei uns in Mönchengladbach die Seestadt in Planung und dann haben wir uns hingesetzt und haben in einem Innovationsprozess uns überlegt, wie würden wir die Seestadt eigentlich autark versorgen und haben das dann dem Projektentwickler vorgestellt und letztendlich sind wir dann auch zum Zuge gekommen und dürfen jetzt da mit unserem Energiekonzept die Seestadt versorgen. Was wir da genau machen, da gehen wir ja glaube ich gleich noch ein bisschen näher drauf ein.
Hannah Simon
00:05:52
Genau. Ja, gerne auch, wenn du magst, direkt können wir da einmal rein, weil das ist natürlich jetzt die große Frage. Energieautarkie: wie habt ihr's denn dort geschafft? Welche Energieträger habt ihr im Einsatz? Was habt ihr da in der Planung berücksichtigt?
Raphael Jungbauer
00:06:07
Vielleicht noch kurz zu der Seestadt selber, also das ist 14 Hektar groß, das ist mitten in der Stadt hinter dem Hauptbahnhof. Solche Flächen sind ja relativ selten. Also die kommen kaum noch vor in den Städten, von daher eine sehr interessante Fläche. Dort entstehen circa 2000 neue Wohnungen, es entstehen moderne Büroflächen, Gastronomie, Serviceeinrichtungen und das Kernstück ist so ein 20.000 Quadratmeter großer See, der auch letztlich namensgebend für diesen Stadtteil ist. Und was halt sehr sehr spannend da ist vor Ort. Wir haben sehr, sehr großen Abwassersammler, der direkt an dem Gebiet vorbeifließt, wo wir einen sehr hohen thermischen Energieedrtrag gewährleisten können. Und deshalb war uns relativ schnell klar, wir möchten dort Abwasserwärmerückgewinnung nutzen. Wir haben dort eine Anlage verbaut und entnehmen jetzt diese Wärme aus dem Abwasser, führen die zu einer Wärmepumpe und nachgelagert haben wir ein Wärmenetz, also ein innovationsoffene, leitungsgebundene Wärmeversorgung, wo wir dann die Versorgung vor Ort gewährleisten. Das ist ein Bestandteil. Der zweite Bestandteil ist, wir nutzen Luft natürlich als Energie, indem wir eine Luftwasserwärmepumpe einbauen. Wir werden Geothermie nutzen. Da kommt uns auch der See zugute. Wir werden unter der Seefläche die Bohrungen abtäufen. Das hat den großen Vorteil, dass wir einerseits über das Seewasser natürlich regenerieren können, was sehr, sehr spannend ist und wir letztendlich auch für ein sehr angenehmes Mikroklima im Quartier sorgen. Und da steigen wir jetzt schon relativ schnell auch in die Themen Klimaschutz ein und was sich momentan so bei uns auf dem Planeten tut. Es wird immer wärmer, man sagt zu Frankfurt ist das neue Mailand. Es wird immer alles wärmer und so ein See heizt sich natürlich tagsüber sehr stark auf. Und wenn dann nachts alles runterkühlt, dann strahlt der See die Wärme weiter ab. Das heißt, man hat immer auch so Hitzeinseln in der Stadt und so können wir halt auch über unsere Regeneration das Seewasser runterkühlen, können die überschüssige Wärme, die man ja eigentlich da im Sommer gar nicht haben will, einspeichern und haben so einen einen flexiblen Speicher. Wo wir im Sommer die Wärme einspeichern, die wir im Winter wieder entnehmen, um die auch ins Netz zu speisen und die Leute dort vor Ort mit Wärme zu versorgen. PV-Anlagen sind natürlich ein Thema. Wir werden alle Dachflächen mit PV-Anlagen belegen und haben dann hinten raus noch einen großen, weiteren Abwasserwärmesammler, den wir einbauen können und damit können wir in Zukunft die Seestadt autark mit Wärme versorgen über Abwärme und Umweltwärmepotentiale die wir dort vor Ort direkt resilient und krisensicher erzeugen können.
Hannah Simon
00:08:50
Du hast mir im Vorfeld erzählt, dass eine komplette Energieautarkie aus eurer Sicht ja auch sogar möglich wäre für dieses Quartier. Ihr habt aber noch ein kleines Backup in der Hinterhand. Vielleicht kannst du uns da noch ein bisschen was zu erzählen.
Raphael Jungbauer
00:09:04
Ja, wir haben natürlich ein Backup. Wir haben noch Gas vor Ort. Also wir haben noch Gaskessel, die wenn es wirklich mal Dunkel/ Flaute wird und man man eine Versorgung bräuchte, die man dann nutzen kann, weil das muss man sagen, also wir haben das ganze Thema 2019 gestartet und da war man sich halt noch ein bisschen unsicher. Wie funktioniert das alles? Der Immobilienentwickler wollte das gerne haben und der Investor dort. Aber man war sich halt noch nicht sicher und man wollte so eine gewisse Sicherheit noch haben. Die haben wir damit gewährleistet und die kommen aber gar nicht zum Einsatz. Die Seestadt wird ja sukzessive entwickelt. Wir bauen dort drei Inselnetze, die wir letztendlich dann miteinander verbinden. Und wenn wir den Lückenschluss haben und wir ein großes Netz haben, dann haben wir drei Energiezentralen, die sich gegenseitig versorgen können. Das heißt, wenn mal irgendwo eine Wartung durchzuführen ist oder irgendein System auf Störung geht, dann haben wir noch zwei redundante Systeme und das ist alles so austariert, dass wir tatsächlich im Endausbau komplett autark wären und dann werden auch diese Gaskessel natürlich obsolet.Die sind jetzt noch da. Ich weiß nicht, ich glaube, die haben noch nicht viele Stunden gelaufen, wenn sie überhaupt eine Stunde gelaufen haben.
Hannah Simon
00:10:23
Sehr spannend. Du hast es gerade schon angedeutet, also so wie du es ausführst, hört sich das absolut sicher und durchdacht an. Es gibt aber auch immer so einen emotionalen Part an solchen Projekten. Das hatte der Investor, der gesagt hat, ich möchte da irgendwie eine Form von Backup drin haben, ist ja alles schön und gut, dass ihr mir sagt, das ist alles autark und zuverlässig. Sicher gab es solche Vorbehalte auch bei den Menschen, die in der Seestadt dort dann vielleicht auch leben. Also aus eurer Sicht wahrscheinlich eine kommunikationsintensive Aufgabe auch, alles was links und rechts dann in diesem Projekt passiert ist. Was waren für euch so Kernbotschaften, mit denen ihr die die Bürgerinnen und Bürger gut abholen konntet?
Raphael Jungbauer
00:11:06
Ja, tatsächlich ist es so, wir Menschen sind ja gewohnt so aus unserer Vergangenheit, in der Regel haben wir was verbrannt. Wenn wir was verbrennen, entsteht thermische Energie, entsteht Wärme, die nutze ich und damit fühle ich mich wohl, weil das habe ich schon gemacht, das kenne ich. So, jetzt gehen wir dazu über und sagen, wir nutzen, sage ich mal, physikalische Grundgesetze, die für manche vielleicht noch nicht so ganz nachvollziehbar sind und wo man sich dann denkt, also wenn ich etwas nicht kenne, dann bin ich immer unsicher, ist ja logisch. Das heißt, ich muss Expertise aufbauen, ich muss mich mit einer Thematik beschäftigen, um dann festzustellen, ist das wirklich eine valide Aussage, die die da treffen. Deshalb ist uns sehr wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu gehen und ihnen zu erklären, die Systeme, die wir da anzapfen, das sind grundlegende Systeme, die seit Menschengedenken auf unserem Planeten funktionieren. Also wir haben zum Beispiel eine total intelligente Fußbodenheizung: unsere Erde. Wir haben im Erdkern, haben wir zwei Kerne. Wir haben einen flüssigen und einen nicht flüssigen Kern. Wir haben im Erdkern zwei Kerne. Wir haben einen flüssigen und einen nicht flüssigen Kern. Und im flüssigen Kern herrschen Temperaturen von fünf bis siebentausend Grad Celsius. So, dann haben wir noch den Erdmantel und die Erdkruste und in den Bereichen entsteht zum Beispiel durch den ständigen Zerfall radioaktiver Elemente permanent Energie. Das ist etwas, was automatisiert funktioniert, schon seit Menschengedenken. So und diese Energie, die da entsteht, da geht momentan viermal mehr Energie ins Weltall weg. Also wenn wir die konsequent einfangen könnten, die Energie, die nur jetzt im Erdboden entsteht, dann wäre das viermal mehr Energie, als wir heute überhaupt verbrauchen können. Nur mal um einen Sektor zu nehmen, die Erdwärme, die Geothermie. Deshalb tritt dieses Thema auch immer mehr in den Fokus und man sagt, wir müssen uns doch irgendwie ermöglichen, diese Energiequelle anzuzapfen. Aber auch da muss man wieder Expertise aufbauen. Man muss achtsam mit dem System umgehen, weil man da sehr, sehr viel aus dem Gleichgewicht bringen kann. Und deshalb muss man da langsam bohren, man muss sich die geologischen Gegebenheiten anschauen, man muss auch gucken, macht das da vor Ort Sinn? Und da muss man halt viel Geld in die Hand nehmen und muss erstmal viel Vorarbeiten leisten, Planungsaufwand und Erkundungsaufwand. Aber das ist zum Beispiel ein Sektor, wenn das aus den Fugen gerät, dann haben wir ein ganz anderes Problem, als dass wir unsere Häuser nicht beheizen können. Also wir sehen, da ist ein resilientes System, auf das wir uns in unserem Urvertrauen immer verlassen. So, wenn man das den Menschen erklärt oder nehmen wir den Bereich Schmelz- und Kristallisationsenergie zum Beispiel. Das ist das, was wir zum Beispiel in dem NEW Blauhaus nutzen. Schmelz-und Kristallisationsenergie, wenn wenn man sich einen Kubikmeter Eiswürfel vorstellt, ein Kubikmeter Eiswürfel, null Grad Celsius, und wir wandeln den jetzt nur um in einen Kubikmeter Wasser, Null Grad Celsius. Wir ändern nur den Aggregatzustand. Dann wird in diesem Kubikmeter nur durch diesen Schmelzprozess eine Kilowattstunde Energie frei. Und das Gleiche wieder auch zurück. Wenn ich das jetzt wieder ändere und ich überführe, das wieder in die kristalline Struktur wird wieder eine Kilowattstunde Energie frei. Was sagt mir dieser Kilowattstunde? Mit dieser einen Kilowattstunde Energie, die da frei wird, habe ich so viel Energie, dass ich dieses null Grad Celsius Wasser auf achtzig Grad Celsius erhitzen kann. Das ist Energie, die automatisch funktioniert. Das ist ein physikalischer Prozess der immer wieder funktioniert. Und wenn man das den Menschen erklärt, dann wird denen auf einmal relativ schnell bewusst, okay, das, was die da machen, das ist keine Rocket Science, sondern das ist etwas, was tagtäglich in der Natur funktioniert, worauf ich mich eh schon verlasse und das baut dann die Hemmnisse ab. Da haben wir halt festgestellt, wie wichtig das ist, dass man den Menschen das auf einfache Weise erklärt, nachvollziehbar. Und dann wird auch dieses Urvertrauen angesprochen und auf einmal sind die Leute bereit, auch neue Wege mit einem zu beschreiten, weil sie verstehen, das funktioniert, ich kann mich darauf verlassen. Und deshalb ist Kommunikation immer die Basis, um dieses Vertrauen anzusprechen, weil das ist für uns noch nicht, das ist für uns noch Neuland und wir Menschen brauchen dann einfach ein bisschen Informationen an der Stelle.
Hannah Simon
00:15:22
Ich glaube, wenn uns gerade Physiklehrer zugehört haben, die letzten Minuten, die sind richtig dahin geschmolzen bei deinen Ausführungen. Dieser Punkt, Vertrauen, den du jetzt auch grad angesprochen hast, also das Vertrauen aufzubauen. Ich glaube, das ist so so ein Kernbegriff in der Kommunikation, da sagt man ja klar, das ist ein No-Brainer, natürlich müssen wir Vertrauen aufbauen. Jetzt hast du schon gesagt, diese ganzen physikalischen Gesetze, quasi Grundgesetze, die noch mal so einfach darzustellen und wie die quasi Anwendung finden in der Seestadt oder auch anderen Projekten, das ist es für euch so ein elementarer Bestandteil. Kannst du uns verraten, was ihr auch so weiterhin links und rechts quasi an Kommunikation dann auch wirklich in der Praxis gemacht habt mit diesen Botschaften, also auf welchen Kanälen ihr unterwegs wart, wie ihr mit den Leuten ins Gespräch gekommen seid?
Raphael Jungbauer
00:16:11
Also erst mal war ganz, ganz wichtig, dass wir selber auch dieses Vertrauen haben. Das heißt, wir mussten erstmal selber die Expertise aufbauen. Wir mussten uns mit den Modellen auseinandersetzen. Wir mussten verstehen, wie funktionieren die, wie können wir die anzapfen, wie können wir die auf eine Art und Weise auch nutzen, dass wir da nichts kaputt machen. Das ist erst mal ganz wichtig, also für uns. Und wenn wir das verstanden haben, nur wenn ich etwas richtig gut verstehe, dann kann ich das auch auf einfache Weise verkaufen. Also ich habe das immer früher bei meinen Lehrern gemerkt, ob ein Lehrer das verstanden hat, was er da erzählt oder nicht. Wenn der mir das so erklären konnte, dass ich das sofort erkannt habe, weil er mir ein ganz einfaches Beispiel genannt hat, wusste ich, der versteht sein Handwerk. Wenn der ganz kryptisch geredet hat und gesagt hat, ja das musst du halt, das ist halt so, wusste ich, der hat das Prinzip dahinter nicht verstanden. Und das ist mir immer ganz wichtig, erstmal selber Expertise aufbauen, dann das zu kommunizieren. Also da nutzen wir zum Beispiel unsere Websites, wo wir immer so Sachen auch erklären, auch zum Selbststudium. Wir nutzen LinkedIn, wir machen Videos, wir schreiben kleine Berichte, kleine Abhandlungen zu gewissen Themen. Wir bringen uns selber ein in allen möglichen Gremien. Ich bin selber auch zum Beispiel unter anderem Mitglied der Auswahlkommission Klimaquartier NRW und wir beraten auch sehr viel. Letzte Woche war ich mit dem AGFW unterwegs, da haben wir uns mit Herrn Robert Habeck getroffen, wo wir halt auch mit den Praktikern aus der Branche uns zusammensetzen. Weil auch da, wir haben viele Kollegen, die fachkundig sind in ihren Bereichen, absolute Experten, aber wir betreten hier mitunter Neuland und da muss Pionierarbeit geleistet werden. Und da ist uns auch wichtig, auch in der Branche für ein Grundverständnis zu sorgen und uns mit den Kollegen zu vernetzen und uns da gegenseitig zu unterstützen. Dann machen wir Bürgerveranstaltungen. Wir sind regelmäßig in der Politik vor Ort. Wir kommunizieren regelmäßig mit den Bürgermeistern, mit den Kämmerern, mit den technischen Dezernenten, Dezernentinnen, um auch da denen zu helfen. Die müssen da ein Thema transportieren in ihre politischen Gremien, was so schwierig zu verstehen ist und auch so schwierig zu vermitteln ist, dass wir denen da auch das kommunikative Rüstzeug an die Hand geben müssen und denen auch zur Seite stehen. Also wir gehen mit in die Ratssitzung, in die Ausschusssitzung. Dann sprechen wir mit den Bürgern. Wir suchen Multiplikatoren vor Ort, das heißt, wenn wir so eine Nachfragebündelung machen in einem Bereich, wo wir jetzt zum Beispiel ein Wärmenetz ausrollen wollen, dann gucken wir vor Ort, welcher Bürger ist aufgeschlossen. Dann schlauen wir den auf, wenn der Interesse hat und dann schicken wir den wieder zurück und dann geht der auf seine Nachbarn zu und erklärt denen, wie er das verstanden hat und auf einmal entsteht da wieder Stärkung des Urvertrauens, ah das hat mir mein Nachbar gesagt, den kenne ich schon seit vielen Jahren, der hat das verstanden. Da sehen wir, das macht absolut Sinn. Wir brauchen ein gutes Kommunikationskonzept und immer wieder Arbeit in die Beziehung. Wir brauchen Vertrauen. Die Menschen verstehen das nicht und wenn ich was nicht verstehe, habe ich ruck zuck das Gefühl, die wollen mich über den Tisch ziehen. Wir erzeugen dann Reibungswärme, die wir denen dann als Reibungswärme, als Nestwärme verkaufen, aber sie fühlen sich trotzdem über Tisch gezogen. Also besser wir reden offen und transparent mit ihnen, erläutern ihnen, was da passiert, dann verstehen sie es und dann stehen sie auch dahinter.
Hannah Simon
00:19:25
Und die Kommunikation, so höre ich bei dir raus, auch auf jeden Fall als kontinuierliche Aufgabe, weil das wahrscheinlich auch für viele einfach ein gewisser Prozess ist, dann auch in diese Themen, die ja dann doch teilweise echt schon auch technisch und einfach komplex und wie du sagst, neu sind, da dann auch wirklich nach und nach quasi reinzufinden und das Vertrauen dann auch zu finden.
Raphael Jungbauer
00:19:44
Also alles startet mit der Kommunikation. Die Kommunikation begleitet den kompletten Prozess und als letzten Abbinder nutzt man auch wieder die Kommunikation und man will ja auch mit dem Kunden im Gespräch bleiben. Wenn ich einen zufriedenen Kunden habe, dann ist das die beste Werbung, weil der der erzählt seinen Nachbarn, seinen Freunden, seinen Verwandten davon und sagt, hör mal, da kannst du dich drauf verlassen, das hat super geklappt. Also da das ist auch das beste Invest in Marketing.
Hannah Simon
00:20:08
Ja, kann ich dir nur zustimmen. Jetzt ist für euch ja gleichzeitig: ihr habt die Situation mit dem Kunden, mit denen ihr dauerhaft im Dialog seid, was sicherlich eine konstante Aufgabe und Herausforderung ist. Auf der anderen Seite habt ihr natürlich auch intern total viele Dinge, an die ihr denken müsst. Also es gibt ständig neue Technologien, das sehen wir auch zuletzt im Wärmemarkt. Wir haben das nochmal sehr bildhaft gesehen, dass es da intensive Diskussionen in Gesellschaft und Politik gibt. Das heißt, die Rahmenbedingungen verändern sich ja auch kontinuierlich. Wir beobachten in unserer Branche teilweise, dass das manchmal eher zu Lähmung anstatt zu Aktionismus vielleicht an der ein oder anderen Stelle führt. Weil diese Entscheidungen zu treffen unter Unsicherheit das ist momentan ein sehr gefragter Skill, den sich viele noch erarbeiten. Ihr seid genau in derselben Situation und habt trotzdem für euch schon Wege gefunden, Entscheidungen zu treffen, immer nach eurem aktuellsten Wissensstand. Kannst du uns da noch ein bisschen mit reinnehmen und vielleicht den ein oder anderen Tipp mitgeben, was euch dabei hilft in solchen unsicheren Rahmenbedingungen, in denen wir aktuell leben, dann doch gute unternehmerische Entscheidungen zu treffen?
Raphael Jungbauer
00:21:23
Also das Wichtigste ist, wenn ich, in etwas Unsicherheit habe, muss ich für Sicherheit sorgen. Das heißt, ich muss mich mit dem Themenfeld auseinandersetzen und nur was ich, messen kann, kann ich auch letztendlich steuern. Das heißt, wenn wir dann Unsicherheit haben, zum Beispiel wie sieht es mit Wasserstoff aus? Das ist ja immer so ein Thema. Wasserstoffstrategie - macht das wirklich überall Sinn? So, da haben wir uns mit dem Thema auseinandergesetzt, haben eine Wasserstoffstudie erstellt in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen und dem Fraunhofer und haben uns dann mal mit dem Thema bei uns in der Region auseinandergesetzt und da wurde relativ schnell klar, wir haben keine großen Industriebetriebe. Und auch sonst sind wir eher nicht so gelegen, dass Wasserstoff bei uns groß zum Einsatz kommt. Bei uns ist es eher so, wir müssen uns mit dem Thema, All Electric World auseinandersetzen, weil wir eher den Elektrosektor weiter nach vorne treiten müssen. Wir sind auch gar nicht so betroffen, dass bei uns jetzt hier eine große Wasserstoffleitung wahrscheinlich durch unser Gebiet geht, die wir mal anzapfen können. Also dann nutzen wir existierende Studien. Wir sind sehr eng mit der Politik im Austausch. Wir sind sehr eng im Austausch mit den ganzen Forschungseinrichtungen, mit dem Fraunhofer, mit den Universitäten bei uns in der Region. Wir beschäftigen permanent Werkstudenten, Bacheloranden, Masteranden bei uns. Also wir versuchen auch immer so am Puls zu sein. Wir unterhalten uns mit den Fördermittelgebern. Wir haben ein eigenes Fördermittelmanagement, die permanent auch im Austausch mit den Fördermittelgebern sind. Also wir versuchen, alle Informationen, die man bekommen kann, alle Informationsquellen anzuzapfen, die auszuwerten auf unsere Region runterzubrechen und dann die für uns perfekten Lösungen zu erarbeiten. Das heißt nicht, dass die in zehn und zwanzig Jahren auch immer noch so perfekt sind, wie wir uns die heute vorstellen. Wir sehen ja, wie volatil das alles ist. Also wenn man sich allein die letzten drei Jahre ansieht, da sind ja Sachen aus den Fugen geraten, da hätten wir nie gedacht, dass das passiert. Richtig belastbare, also ich denke nur dran, wie gesagt, ich habe drei Kinder, ich hätte nie damit gerechnet, dass meine Kinder mal für mehrere Monate nicht in die Schule gehen können. Das hätte es früher nie gegeben. Das war eine Konstante. Da wurde man zu Hause abgeholt, von der Polizei, wenn man nicht zur Schule gegangen ist. Jetzt musste man auf einmal die Kinder zu Hause erziehen und schulen und das vermitteln. Also wir sehen auch da konstante Fundamente brechen weg und da muss man halt gegensteuern.
Hannah Simon
00:23:55
Du hast gesagt, dass ihr auch so Richtung Forschung und Entwicklung versucht dranzubleiben, mit Hochschulen zusammenarbeitet. Wie gelingt euch das denn, dass ihr da, was da erforscht wird vielleicht in eurer Arbeit auch schon mitzudenken? Was da vielleicht an Erkenntnissen rauskommen oder Ähnlichem, dass ihr das vielleicht in eurem Weitblick berücksichtigen könnt? Funktioniert das auch schon so?
Raphael Jungbauer
00:24:19
Ja, das eine ist, wir nutzen das natürlich im Weitblick, indem wir natürlich auch die Bacheloranden und Masteranden bei ihren Arbeiten unterstützen, wir denen auch immer schon mal Herausforderungen an die Hand geben und sagen: Schreib doch mal eine Arbeit dazu, befass dich doch mal damit. Und dann gehen wir auch hin und und versuchen diese Lösungen, die erarbeitet wurden oder die auch jetzt zum Beispiel das IAEW oder das ERSC von an der RWTH Aachen, wenn die neuere Sachen haben, dass wir die in kleinen Reallaboren schon mal in den Einsatz bringen. Also dass wir die aus dem Labor rausholen in kleine Quartiere mit einbauen und mal testen. Wie funktionieren die denn? Können wir die auch in der Realität umsetzen? Die Seestadt, wir haben vorhin darüber gesprochen, die Seestadt ist so ein Reallabor der Energiewende. Das ist auch vom BMWK, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert, ist die größte Klimaschutzsiedlung Nordrhein-Westfalens. Also da setzen wir genau solche Sachen auch ein. Ich habe gesagt, wir haben drei Inselnetze, die wir hinterher miteinander verbinden. Da werden wir jetzt Erfahrung sammeln. Wie werden wir denn zukünftig aus erneuerbare Netzen in den Bestand entwickeln können? Wie können wir Netze miteinander verknüpfen? Wie können wir die zusammenlegen? Dann welche Netze machen Sinn? Gehen wir komplett Richtung Anergienetze, also Richtung kalte Netze, die sehr effizient sind, aber wo ich das Problem habe, dass ich dann wieder Wärmepumpen brauche, also dezentrale Lösungen in den Häusern, weil ich ja nur mit Umgebungstemperatur ankomme und zum Wärmen brauche ich 35, 40 Grad Vorlauf, 43 Grad. Oder gehen wir auf Low-Ex-Netze, also auf Niedertemperaturnetze, oder bleiben wir weiter bei heißen Netzen. Auch das sind Sachen, mit denen wir uns auseinandersetzen, weil wenn ich in den Bestand gehe und ich habe einen unsanierten Bestand, dann muss ich da ja auch Lösungen für haben. Dann kann ich ein Netz bauen, aber wenn die Temperatur nicht reicht, um das Gebäude zu heizen, muss der immer noch mal als Erhöhung eine Wärmepumpe einbauen um das Temperaturniveau anzuheben als Boosterwärmepumpe. All das sind so Dinge, mit denen wir uns befassen und das ist sehr, sehr spannend. Das macht großen Spaß. Man muss aber auch bereit sein zu scheitern. Also nicht alles funktioniert. Man muss eine sehr hohe Fehlertoleranz haben und ich finde Fehler gar nicht schlimm. Wenn man die letztendlich auswertet und daraus die richtigen Schlüsse zieht und dadurch besser wird, dann war das gut investiertes Geld in so einen Fehler. Ich glaube, das ist etwas, was wir Deutschen sowieso lernen müssen. Viel mehr mit unseren Fehlern umzugehen, auch offen damit umzugehen und auch bereit zu sein, schon mal zu scheitern. Nicht, weil man gerne scheitern, sondern einfach, weil man dadurch besser wird.
Hannah Simon
00:26:48
Das schreiben wir uns doch gerne hinter die Ohren. Kann auch bestimmt jeder in seinem eigenen Arbeitsalltag noch an der ein oder anderen Stelle ein bisschen mehr leben. Hast du sicherlich recht. Die Kollegen bei dir im Unternehmen, die die Projekte mit begleiten, die müssen ja eigentlich jeden Tag Ausrufezeichen oder mindestens Punkte auf ganz viele Fragezeichen finden, die euch so von von außen begegnen, wenn ihr Entscheidungen trefft, in welche Projekte ihr reingeht, in welchen Technologien und so weiter. Wie schaffst du das denn gemeinsam mit der Mannschaft euch da so zusammen und auf Kurs zu halten? Dass ihr euch auch in diesen ständig ändernden Rahmenbedingungen und diesen vielen Fragezeichen weiterhin wohlfühlt und aktiv bleibt und im Handeln bleibt.
Raphael Jungbauer
00:27:36
Wir haben regelmäßige Strategiemeetings, in denen wir uns austauschen, wo wir auch in den unterschiedlichsten Fachbereichen zusammenkommen. Also ob das der Vertrieb ist, ob das die Technik ist, ob das die kaufmännischen Bereiche, das Controlling ist. Die unterschiedlichen Bereiche kommen regelmäßig zusammen und unterhalten sich über die Herausforderungen und auch über die guten Lösungen, also Lessons Learned. Wir bleiben immer im Austausch und da wird auch ganz offen kommuniziert, was nicht gut gelaufen ist, damit wir nicht in jedem Bereich den Fehler noch mal autark machen müssen, sondern wenn ein Bereich einen Fehler gemacht hat, alle davon profitieren. Wir haben regelmäßige Teamreflexionen, weil das, was wir vor uns haben, ist ja kein Sprint, sondern ein Marathon. Das ist das größte Infrastrukturprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg. Das heißt, die Menschen müssen in Motivation bleiben. Und es ist ja so, dass man halt auch, dadurch, dass man vielleicht ab und zu mal scheitert, man auch eine gewisse Frustresilienz haben muss. So und da ist es ganz hilfreich, wenn ich mich mal mit jemandem austauschen kann, wo ich mal Frust ablassen kann. Und da helfen uns halt solche Teamreflexionen, solche 1 zu 1 Gespräche, wo man dann einfach mal miteinander spricht und sagt, hör mal, das war gar nicht dein Problem, das war gar nicht dein Fehler, das war ein systemischer Fehler und wir lernen das und das daraus. Also ganz wichtig ist Motivation, die Menschen in Motivation halten, immer wieder daran arbeiten, was ist eigentlich unser Warum? Warum tun wir uns das jeden Tag an? Warum brenne ich für das Thema? Weil wenn ich mein inneres Warum verstanden habe, dann bin ich auch bereit zu investieren und eigenverantwortlich zu handeln. Dann investiere ich gerne Tränen, dann investiere ich gerne Blut und Schweiß, weil ich weiß, wofür ich das tue. Wir sind verantwortlich. Alle verlassen sich darauf, dass wir unseren Job gut machen und wir diese Transformation der Energiesysteme hinbekommen. So und das ist doch ein Anspruch, also da bin ich Teil einer großen Sache und jeden Morgen, wenn ich aufstehe, denke ich, boah, die Menschen verlassen sich auf mich und ich weiß, warum ich das mache. Und wenn wir uns dabei gegenseitig immer wieder unterstützen, das in Kopf zu behalten, dann bleibt die Motivation auch hoch und die Frusttoleranz bleibt relativ hoch, sodass die Leute auch motiviert weiterarbeiten.
Hannah Simon
00:29:46
Ich glaube, es ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich finde auch interessant, immer diese Abgrenzung zwischen warum und wofür. Also das wird ja oft in einem Kontext gesehen und warum ist ja oft so dieses wo kommt man her. Und du hast gerade auch gesagt, so dieses wofür mache ich das? Also was ist eigentlich so diese Zielprojektion? Wo wollen wir hin? Vielleicht in einer energieautarken Stadt oder Gemeinde oder ähnliches zu leben zum Beispiel und dieses die Menschen verlassen sich auch auf uns. Wir sind hier Kompetenzträger, wir haben auch eine Verantwortung, dass das vielleicht ja auch ein Zielbild ist, was dann viele bei euch morgens antreibt aufzustehen und sich zu Hause oder im Büro an den Schreibtisch zu setzen und weiterzuarbeiten und sich nicht unterkriegen zu lassen, wenn mal was nicht klappt oder die Politik doch mal eine kleine Änderung parat hat, die übermorgen in Kraft tritt so ungefähr.
Raphael Jungbauer
00:30:36
Ja, ich finde das ganz spannend, weil wir waren in Dänemark und in Dänemark sieht das jeder als seine persönliche Verantwortung an, dass die das schaffen, dass die die Energiewende hinbekommen, dass die wegkommen von fossilen Energieträgern. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Also da kann man sich mit Kindern in der Grundschule unterhalten, die wissen schon, dass das für die ganz wichtig ist und das zieht sich durch. Und deshalb arbeitet man da auch partnerschaftlich zusammen und ist seit 1979 auch in dem Feld unterwegs und und deshalb ist man auch der Klimaweltmeister. Und das finde ich ganz spannend. Also ich bin auch im regelmäßigen Austausch mit der königlich-dänischen Botschaft, mit den Kollegen da vor Ort und mit dänischen Fernwärmenetzbetreibern und so weiter, weil wir von denen eine ganze Menge lernen können. Auch wie halte ich den Menschen motiviert? Wie schaffe ich es, wertschätzend und transparent zu kommunizieren? Wie nehme ich jeden mit auf die Reise? Weil die haben das ja nicht geschafft, weil sie das so schlecht gemacht haben. Die sind an dem Punkt, weil sie das sehr gut gemacht haben. Also auch da lerne von den Besten, bleib im Austausch und sei bereit auch Erfahrungen anderer anzunehmen und die umzusetzen, weil gebrauchte Erfahrungen sind billiger als selbstgemacht.
Hannah Simon
00:31:41
Das stimmt, das können wir doch direkt so unterschreiben. Was mich noch interessieren würde, was gibt es denn vielleicht so für Herausforderungen, die du momentan siehst, in eurer Arbeit, ob jetzt durch externe oder interne Faktoren bestimmt? Was ist so momentan das, was dir vielleicht noch ein bisschen kopfgrübeln oder zermartern momentan noch beschert?
Raphael Jungbauer
00:32:01
Wir sprechen ja davon, dass wir Vertrauen aufbauen wollen. Und für Vertrauen brauche ich ein belastbares Fundament oder ein Parkett auf dem ich mich bewegen kann, wo ich das Gefühl habe, das trägt mich auch. Und das ist so ein bisschen aus den Fugen geraten, so gerade im letzten Jahr, also so Geschichten wie verfassungswidriger Haushalt der Bundesregierung, auf einmal wird ein Förderprogramm komplett auf Eis gelegt. Keiner weiß, wie es weitergeht. Ja oder ein anderes Förderprogramm wird einfach gestrichen, sodass Immobilienentwickler auf einmal nicht mehr weiterentwickeln, weil sie sagen, der Fördertopf ist von heute auf morgen dichtgemacht worden. Der kommt auch nicht wieder, ich investiere erst mal nicht. So da liegt ein ganzer Markt am am Boden. Und das in der Phase, wo wir jetzt eigentlich im Hochlauf waren, wo jeder verstanden hat, wir müssen jetzt was machen, wo sich auch alle dazu committed haben, wir gehen das Thema jetzt an und dann kommt sowas. Das sorgt dafür, dass all das, was wir vorher mühsam aufgebaut haben, mit einem Rums wieder umgerissen wurde. So, das heißt, diese ganze Vertrauensbasis, die jetzt wieder kaputt ist, die muss man jetzt erst wieder haarklein zusammenbauen. Dann das nächste, jetzt kriegen wir Förderzusagen. Der Fördertopf ist ja wieder geöffnet, jetzt kriegen wir Förderzusagen. Da steht jetzt aber drin, dass diese Förderzusage nur unter dem Haushaltsvorbehalt gegeben wird. Das heißt, es kann also irgendwann passieren, wenn der Haushalt mal nicht zugesagt wird, dass man das Geld wieder zurückzahlen muss oder das Geld nicht ausgezahlt wird. Jetzt wird das in der Realität wahrscheinlich nie passieren. Das kann sich keine Bundesregierung leisten. Aber das sorgt auch für Verunsicherung. Warum steht der Passus da drin? Das Thema wird zum Beispiel mit Herrn Habeck letzte Woche besprochen, weil wir als Branche da doch das Gefühl haben, dass da auch wieder Verunsicherung herrscht und man kein belastbares Fundament hat, auf dem man jetzt loslegen kann. Wir müssen ja Investitionsentscheidungen treffen in einer Höhe die Geschäftsführer und Vorstände in der Vergangenheit, in der Dimension nie entscheiden mussten. So und jetzt muss ich auf einer unsicheren Ebene eine Entscheidung treffen, die so immens groß ist über mehrere Milliarden. Wie will ich das denn machen, wenn da Verunsicherung herrscht? Das sind alles so dann die Kommunen. Die verstehen, dass sie was machen müssen, verstehen das aber in der Tiefe nicht. Jetzt kommt die kommunale Wärmeplanung, dann versteckt man sich dahinter und sagt, bis die kommunale Wärmeplanung nicht da ist, können wir keine Entscheidungen treffen und wir machen die auch erst mal für uns und dann gucken wir mal, dann legen wir eure Sachen da drüber und dann verknüpfen wir das mal. Und da vergeuden wir unnötige Zeit, wir verbrennen unnötige Ressourcen. Wenn man das gemeinsam machen würde, wie man das in Dänemark macht, da geht man das Thema gemeinsam an. Aber auch da wieder, wir müssen Misstrauen abbauen, die Kommunen sind zurückhaltend. Was ist das mit den Energieversorgern? Ich verstehe das nicht, jetzt bauen die da irgendwas und hinterher bauen die ein Monopol mit so einem Fernwärmenetz. Jetzt wollen die meine Bürger erschröpfen und wenn ich die Entscheidung treffe, dann fällt das auf mich zurück, auf meine Legislaturperiode und und und. Das könnten wir jetzt stundenlang fortsetzen. Also da sind ganz ganz viele Sachen. Aber wir wollen uns dahinter nicht verstecken. Wir sehen das als Herausforderung an und für uns ist wichtig, wir bleiben im Gespräch. Wir sammeln weiterhin unsere Information, wir werten die aus, wir machen Studien, wir sprechen mit den Leuten und wir versuchen genau diese Verunsicherung abzubauen und versuchen in der Branche und mit der Politik in Gesprächen dafür zu sensibilisieren und dagegen zu steuern. Und auch die regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen so zu stricken, dass wir jetzt dann demnächst wirklich auch mal belastbar und auf Dauer in den Ausbau und in die Umsetzung, in die Transformation kommen.
Hannah Simon
00:35:41
Sehr gut, diese Aussicht, die gibt doch Kraft. Rafael, zum Abschluss drei Learnings oder Dinge, die du unseren Zuhörerinnen und Zuhörern noch mitgeben willst heute in diesem Podcast, was steht da auf deiner gedanklichen Top drei?
Raphael Jungbauer
00:35:54
Ja wir müssen die Energie- und Wärmewende, Mobilitätswende, also diese Transformation müssen wir annehmen. Wir müssen jetzt in die Umsetzung kommen, weil die Gegenwart, also das Hier und Jetzt, das ist der größte Baustein für die Zukunft. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt. Der zweite ist, wir müssen uns von alten Denkweisen lösen. Wir müssen das als gemeinsame Aufgabe verstehen. Nur wenn die Bürger, die Kommune, wir Energieversorger beziehungsweise Stadtwerke vertrauensvoll und transparent zusammenarbeiten und einander wirklich verstehen und da sind wir wieder beim Thema Kommunikation. Und Kommunikation ist ja nicht nur sprechen, sondern auch zuhören, aktives Zuhören, zu verstehen. Wo ist denn deine Position? Wo hast du deine Pain Points? Wo muss ich dir denn jetzt helfen? Und das auch zu spiegeln, ob ich dich richtig verstanden habe. Nur wenn wir das hinbekommen und da im Dialog bleiben. Im Wertschätzenden, vertrauensvollen Dialog, dann werden wir für alle akzeptable und gute Lösungen finden. Und das Dritte, allein aus diesem Grund mit der wertschätzenden Kommunikation, ist es ganz wichtig, dass wir uns alle Gedanken machen über eine gute und ehrliche Kommunikationsstrategie. Das ist der Beginn. Wo alles anfängt. Wir fangen immer sofort als Techniker an, ah, da müssen wir jetzt erstmal eine Quellenanalyse machen und dann gucken wir mal an und welche Technologien können wir da nutzen. Nee, nee, nee, da brauchen wir gar nicht anfangen. Als Erstes müssen wir uns mal überlegen, wie kommunizieren wir miteinander? Wie holen wir die Leute ins Boot? Und wenn wir alle im Boot haben und alle das verstanden haben, wo die Reise hingeht, dann können wir mit der technischen Umsetzung beginnen. Also für mich ist das A und O wertschätzende, transparente Kommunikation von A, vom Beginn bis zum Ende als Abbinder des Prozesses. Dann, wenn wir das hinbekommen, dann blicke ich sehr optimistisch in die Zukunft,
Hannah Simon
00:37:40
Sehr gut, das hätte man doch nicht besser zusammenfassen können. Rafael, ich danke dir ganz herzlich für das Gespräch, deine Einblicke in die Seestadt, in eure internen Arbeitsweisen und deine Gedanken, wo die Reise noch so hingehen kann. Vielen Dank, dass du heute zu Gast warst.
Raphael Jungbauer
00:37:53
Ich danke dir, Hannah für die Einladung und für die nette, charmante Runde hier.
Hannah Simon
00:38:07
Ja und ihr da draußen, wenn euch diese inspirierenden Gedanken von Rafael gut gefallen haben und ihr öfter so was hören wollt, dann abonniert doch gerne unseren Podcast,drückt die Glocke an, dann verpasst ihr keine Folge mehr und hinterlasst uns doch gerne mal, wenn ihr mögt, eine Bewertung. Das hilft uns auch sehr dabei den Podcast weiter groß zu machen und Menschen wie Rafael heute hier eine Bühne zu bieten. Vielen Dank, bleibt uns gewogen und wir sagen bis zum nächsten Mal. Macht es gut.
Raphael Jungbauer
00:38:25
Tschüss. Music.