72: Energiewirtschaftsgesetz-Rumpfnovelle – Ingo Rausch, Die Netzwerkpartner (Spezial)
27.02.2025 29 min
Zusammenfassung & Show Notes
Was bedeutet die jüngste Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) für Stadtwerke und Energieversorger? Wir sprechen mit unserem Experten und Juristen Ingo Rausch über die zentralen Änderungen und ihre Auswirkungen auf die Branche.
Am 31. Januar 2025 hat der Bundestag zahlreiche Gesetze im Energiewirtschaftsrecht verabschiedet, die weitreichende Neuregelungen für den Energiemarkt mit sich bringen. Doch was bedeuten die Änderungen für die Praxis? Unser Jurist und Experte Ingo Rausch gibt einen Überblick über die wichtigsten Anpassungen und ihre praktischen Auswirkungen. Unter anderem sprechen wir über:
- die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
- Die Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz und Messstellenbetriebsgesetz
- die Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
Viel Spaß beim Hören!
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Transkript
Musik.
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Energiedosis, dem Praxis-Podcast der Netzwerkpartner. Ich bin Hannah Simon und habe heute ein brandaktuelles Thema mit, denn ich möchte mit meinem heutigen Gast über die Änderung im Energiewirtschaftsrecht sprechen, die der Bundestag am 31. Januar final beschlossen hat. Vorangegangen waren intensive Diskussionen, unterschiedliche politische Interessen und mehrere Überarbeitungen, der Entwürfe und was am Ende dabei tatsächlich rausgekommen ist und welche Auswirkungen es nun für Energieversorger hat. Das möchte ich mit meinem heutigen Gast besprechen. Das ist Ingo Rausch, Leiter Recht bei den Netzwerkpartnern und gern gesehener Gast in diesem Podcast. Herzlich willkommen Ingo. Schön, dass du heute mal wieder mit dabei bist.
Hallo Hannah. Schön, dass wir wieder einen Podcast machen.
Ja, wir haben uns ein gar nicht mal so leichtes Thema ausgesucht, aber ich bin ganz zuversichtlich, dass wir da heute gut Struktur reinbekommen in dieser Podcast-Folge. Wir starten direkt mal rein. Die Novelle im Energiewirtschaftsrecht, was ist davon jetzt überhaupt noch übrig geblieben, nach diesen langen Beratungen und Diskussionen? Kannst du das einmal für uns zusammenfassen?
Genau, wenn wir uns kurz das Verfahren angucken, du hattest zurecht gesagt, dass das eine wechselvolle Geschichte war. Wir hatten zwischendurch Entwurfsfassungen, die tatsächlich 450 Seiten und mehr hatten. Wegen dem bekannten Schicksal der Ampelregierung ist das jetzt alles eingedampft und man hat sich mit der Opposition auf Dinge geeinigt, die auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten sollen. Rein technisch gesehen ist das in fünf Einzelgesetze gefasst, das ist aber, außer für Juristen, nicht wichtig. Das Einzige, was wichtig ist, ist das, was du gerade gesagt hast, diese fünf Einzelgesetze sind alle am 31.01.2025 vom Bundestag verabschiedet worden.
Das heißt zum einen, innerlich wird sich da wohl nichts mehr ändern, nach menschlichem Ermessen und zum anderen heißt es, die sind zwar verabschiedet, aber noch nicht in Kraft getreten. Also bis die Gesetze tatsächlich wirksam werden, wird es voraussichtlich bis März, April, dauern.
Also ein bisschen Zeit haben wir noch, bis sie dann tatsächlich an den Start gehen. Kannst du uns einmal zusammenfassen, was die neuen Gesetze denn inhaltlich bringen und welche Bereiche jetzt im Energiewirtschaftsrecht tatsächlich betroffen sind?
Ja, gerne. Das ist so ein bisschen Best-of was in den verschiedenen Gesetzen drinsteht oder den verschiedenen Gesetzen, die geändert worden sind. Das sind glaube ich acht Stück so insgesamt - ist so ein bisschen Sammelsurium, Kesselbuntes. Wir würden dann gucken, dass wir uns heute auf die Dinge konzentrieren, die so aus meiner Sicht die wichtigsten sind. Zum einen sind das Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz, zum anderen im EEG, im erneuerbaren-Energien-Gesetz und im Messstellenbetriebsgesetz. Auch im KWKG steht was drin. Darüber würden wir uns heute unterhalten, so die anderen Sachen vielleicht später mal.
Der Fokus auf das Wesentliche - klingt auf jeden Fall gut, da mit unsere Zuhörerinnen und Zuhörer heute auch gut dranbleiben und das Wichtigste für sich mitnehmen können. Dann lass uns doch noch mal mit dem Enwg starten. Was gibt es da für Änderungen?
Ja, im Energiewirtschaftsgesetz würde ich mich auf drei Punkte konzentrieren. Zum einen den sogenannten Anlagen-Tüv, zum anderen die flexiblen Netzanschlussvereinbarungen und als drittes die Geschichte mit den Ladesäulen und der Entflechtung. Der Anlagen-TÜV ist jetzt kein offizieller Begriff. Ich glaube, der der BDEW hat sich das ausgedacht, ist aber ganz treffend und kann man sich gut merken.
Der Anlagen-Tüv beinhaltet verschiedene Pflichten für Netzbetreiber auf der einen Seite und für Messstellenbetreiber auf der anderen Seite. Netzbetreiber auf der einen Seite haben hier bezogen auf Anlagen zur Erzeugung, von Strom oder zur Speicherung - also nur um diese Anlagen geht es - bestimmte Pflichten. Und das sind im Wesentlichen die Pflichten, dass sichergestellt werden muss, dass diese Anlagen jederzeit steuerbar sind, also erzeugen oder Leistungen können reduziert werden. Und es muss sichergestellt werden, dass jederzeit die Ist-Einspeisung abgerufen werden kann. Das bezieht sich auf alle Anlagen ab 100 KW-Nennleistungen und das bezieht sich bei den Anlagen unter 100 KW-Nennleistungen als solche, die im Paragrafen 9 EEG, genannt sind. Das würde ich jetzt, glaube ich, außen vor lassen, was da alles drinsteht. Da könnten wir uns dann die nächsten drei Stunden drüber unterhalten.
Und das ist Pflicht Nummer 1 für Netzbetreiber: Sicherstellungsfähigkeit zur Steuerung und zur Abrufung Ist-Einspeisung. Die zweite Pflicht besteht darin, dass Netzbetreiber das einmal im Jahr testen müssen, ob das tatsächlich funktioniert. Also sie müssen die Anlagen ansteuern und gucken, passiert da was und sie müssen dann versuchen, die Ist-Einspeisung abzurufen.
So wie das Gesetz sagt - den angemessenem Umfang, das heißt letztendlich Stichproben. Man muss natürlich nicht jede Anlage testen, das würde überhaupt nicht funktionieren, aber ich muss als Netzbetreiber einmal im Jahr diese Stichproben machen. Für Anlagen mit Nennleistungen über 100 KW, ab in Kraft treten des Gesetzes. Also da wird es dann März, April scharf geschaltet. Und für die kleineren Anlagen, also die mit der Nennleistung unter 100 KW, wird es ab dem 01.01.2026 scharf geschaltet.
So und als letztes haben wir bei dem Anlagen-TÜV noch die Pflicht für Messstellenbetreiber. Die müssen nämlich einmal im Jahr gucken, ob das mit ihrem smart Meter Roll-out tatsächlich richtig funktioniert. Das heißt, ob sie mit dem Stand des smart Meter Roll-outs auf dem sind, was gesetzlich gefordert ist. So, das sind diese drei Pflichten: zweimal für Netzbetreiber, einmal für Messstellenbetreiber.
Aber es gibt nicht nur diese Pflichten, sondern ich muss das dann auch aufschreiben und in einen Bericht fassen. Und was sich daran dann anschließt, ist Bürokratie pur. Das heißt tatsächlich "Berichtskaskade", geht über verschiedene Stationen. Da ist mit drin der vorgelagerte Netzbetreiber. Da sind drin die Übertragungsnetzbetreiber, da ist drin die Bundesnetzagentur. Das wird also, hin und her geschickt, berichtet, geprüft, wieder zurückgeschickt, bis es irgendwann bei der BNetzA landet und die macht dann einen jährlichen Bericht dazu.
Gibt es hier vielleicht, kurz als Zwischenfrage, schon eine feste Prozesskette, auf die man da auch zurückgreifen kann? Oder ist das jetzt etwas, was ich da noch finden muss für alle Betreiber, da sich einen entsprechenden Weg zu suchen in der Berichtskaskade?
Die einzelnen Punkte sind festgelegt. Also von daher ist der Ablauf im Gesetz klargestellt. Was die Durchführung dieser Tests angeht, dazu sollen sich die Übertragungsnetzbetreiber bestimmte Leitlinien überlegen, die dann den kleineren, den Verteilnetzbetreibern vorgegeben werden. Das ist nicht grüne Wiese, das ist tatsächlich festgelegt, aber ist kompliziert.
Okay, also kompliziert aber zumindest der Rahmen steht, das ist im Vergleich zu vergangenen Gesetzen, teilweise schon mal dann vielleicht auch eine Weiterentwicklung oder etwas, was einem bisschen Ruhe gibt an der einen oder anderen Stelle. Abgesehen vom TÜV soll es auch flexible Netzanschlussvereinbarungen geben. Das ist eine weitere Änderung. Jetzt musst du uns einmal abholen: Was ist das genau und wem nutzt das eigentlich was?
Das ist eigentlich eine schöne Sache. Also die Geschichte mit dem Anlagen-TÜV - da sind auch so Zahnschmerzregelungen drin -, aber die flexiblen jetzt Anschlussvereinbarungen können, glaube ich, sowohl den Netzbetreiber als auch den Anschlussnehmer nutzen. Ziel dieser flexiblen Anschlussvereinbarung ist es, dass Anlagen schneller als Netz kommen. Also sowohl EEG-Anlagen, als auch Ladesäulen, als auch Wärmepumpen oder anderes.
Was ganz wichtig ist, das Ganze ist freiwillig. Es ist keine Pflicht für einen Netzbetreiber, sondern es ist eine Option. Er kann, er muss aber nicht. So, wenn sich der Netzbetreiber dazu entschließt, einem Anschlussnehmer, eine solche Netzanschlussvereinbarung anzubieten, dann ist es oft dessen Seite - der kriegt halt ein Angebot - genauso freiwillig. Also er kann sich entscheiden, ob er das Angebot annimmt oder ablehnt. Noch mal: flexible Netzanschlussvereinbarung von beiden Seiten freiwillig. Der Inhalt, was das eigentlich bedeutet, ist im Gesetz definiert. Nach einer solchen Vereinbarung kann der Netzbetreiber vom Anschlussnehmer eine Begrenzung der Entnahme oder der Einspeiseleistung verlangen.
So und das kann ich statisch machen, also ich kann einen festen Wert vereinbaren oder ich kann es dynamisch machen, also an bestimmte Faktoren koppeln. Und dann steht da im Gesetz noch drin, was ansonsten mindestens in einer solchen Vereinbarung enthalten sein muss, wie Höhe der Begrenzung, Dauer der Vereinbarung und sonstiges. Das war Punkt eins zu flexiblen Netzanschlussvereinbarungen. Die ist nämlich in zwei Gesetzen geregelt. Wir haben jetzt gerade über das EnWG gesprochen.
Und da stehen so die Grundsätze drin, was denn überhaupt eine flexible Netzanschlussvereinbarung ist. Das zweite Gesetz, in dem das Ganze geregelt ist, ist das EEG. Da wird dann nämlich speziell darauf Bezug genommen, wie solche flexiblen Netzanschlussvereinbarungen für Anlagen zu erzeugen erneuerbarer Energien funktionieren. Und da gibt es die einzige Pflicht, die so in diesem Kontext aufgestellt worden ist, die trifft den Netzbetreiber. Es gibt nämlich im EEG den Terminus des technisch- und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunktes einer Anlage, zum Beispiel ein Windpark, mit dem Netz.
Den muss ich als Netzbetreiber immer prüfen, wo liegt denn dieser Punkt? So und jetzt gibt es Fälle, wo dieser Verknüpfungspunkt darliegt, wo die in Luftlinie kürzester Entfernung zum Standort der Anlage ist. Es gibt aber auch Fälle, wo dieser technisch-wirtschaftlich-günstigste Verknüpfungspunkt weiter weg liegt. Wenn das der Fall ist, dass dieser günstigste Verknüpfungspunkt weiter wegliegt, als der nach Luftlinie Nächste, dann habe ich eine Pflicht des Netzbetreibers. Dann muss der nämlich gucken, ob ich an dem nach Luftlinie kürzesten Punkt, vielleicht eine solche flexiblen Netzanschlussvereinbarung anbieten kann, also Anschluss mit reduzierter Kapazität.
Und das, was dabei rauskommt, das muss dann der Netzbetreiber dem Anschlussnehmer auch mitteilen. So da endet die Pflicht aber - ich habe also extra noch mal nachgeguckt, ob das tatsächlich alles ist, das ist so. Ich muss als Netzbetreiber prüfen, muss es dann dem Anschlussnehmer mitteilen, aber ob die beiden dann tatsächlich mit einer solchen Vereinbarung zueinander kommen, ist auch im EEG freigestellt. Können Sie, müssen aber nicht.
Danke, für das Eintauchen da - haben wir das quasi auch von unserer Liste abgehakt. Es gibt auch - last but noch least - ein paar gute Nachrichten in Sachen Entflechtung, im Thema Ladesäulen, habe ich mir sagen lassen. Was hast du da für gute Nachrichten zu verkünden für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer?
Das ist eigentlich das zweite Paket mit Schleifchen rum neben den flexiblen Netzanschlussvereinbarungen. Um das Ganze noch mal in Rahmen zu stellen: Aktuell enthält das EnWG ein Verbot. Das Verbot besagt, das Verteilnetzbetreiber, Nichteigentümer von Ladesäulen sein dürfen und die auch nicht entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. Das ist der Grundsatz. Davon gibt es eine Ausnahme - in bestimmten Fällen, kann die Bundesnetzagentur eine Genehmigung erteilen, dass es doch erlaubt ist.
Und dann kommt der entscheidende Punkt, dazu gibt es eine Fiktion, das Gesetz in seiner bisherigen Fassung sagt nämlich bei den kleinen Netzbetreibern, die Minimis-Netzbetreibern, die unter 100.000 Kunden an dem Netz angeschlossen haben, bei denen gilt diese Ausnahmegenehmigung als bis zum 31.12.2024 erteilt. Also, die kleinen Netzbetreiber durften bis zum 31.12.2024 Eigentümer von Ladesäulen sein, die entwickeln, verwalten oder betreiben.
Jetzt ist der 31.12. vorbei und da kommt dann die gute Nachricht. Die bald in Kraft tretende Änderung des EnWG erweitert diese Ausnahmeerlaubnis für die Minimis Netzbetreiber, um zwei Jahre bis zum 31.12.2026. Das heißt, bis zu diesem Zeitpunkt müssen sich die Minimis-Netzbetreiber nicht um die Entflechtung von Ladesäulen kümmern.
Ja, das ist in der Tat dann nochmal eine gute Nachricht, was das Thema angeht, dass hier noch mal ein bisschen Planungssicherheit geschaffen wurde für die nächsten zwei Jahre und in diesem Zeitraum dann hoffentlich auch noch mal nach Lösungen gesucht wird oder ansetzen, wie es danach dann auch weitergehen kann oder ob man daran perspektivisch vielleicht sogar auch festhält. Dann schwenken wir mal rüber zum EEG. Wir haben es jetzt an ein, zwei Stellen schon angerissen, weil das schon miteinander auch verwoben ist, aber jetzt noch mal voller Fokus aufs EEG - was tut sich da?
Ja, auch da tut sich einiges, insbesondere auch was die Steuerung von Anlagen angeht. Da komme ich gleich drauf zu sprechen, weil das ganz eng mit den Messstellenbetriebsgesetz verbunden ist. Da steht eigentlich der Nukleus der Regelung drin und deswegen würde ich alles, was mit dem Steuerungs-Roll-out zu tun hat, so ist jetzt dieser Terminus dafür, gleichbehandeln. Ansonsten haben wir vielleicht noch einen wichtigen Punkt, der im EEG geändert worden ist und das ist die sogenannte Netztrennung.
Das war bislang nicht explizit im EEG geregelt, ob ich als Netzbetreiber eine Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien vom Netz nehmen darf, wenn der Anlagenbetreiber irgendwie so Mist baut und seinen Pflichten nicht nachkommt. Das steht jetzt im Gesetz drin, das ist eigentlich gut, dass es davon eine explizite Rechtsgrundlage gibt. Die Pflichten der Anlagenbetreiber, die hier genannt sind, sind diejenigen, dass der Anlagenbetreiber dafür sorgen muss, dass die Anlage steuerbar ist und das die Ist-Einspeisung abgerufen werden kann. Und wenn er gegen diese Pflichten verstößt, dann muss der Netzbetreiber ihn vom Netz trennen.
Nicht sofort, sondern er muss es erst mal androhen und eine Frist setzen und wenn der Anlagenbetreiber seinen Pflichten immer noch nicht nachkommt, dann kann tatsächlich diese Netztrennung erfolgen. Eigentlich ist das gut, dass diese Netztrennung jetzt im Gesetz steht, dass sie kodifiziert ist. Was ein bisschen doof daran ist, ich muss es eben als Netzbetreiber machen und kann sein, dass ich das vielleicht falsch einschätze oder den Sachverhalt nicht richtig ermittelt habe, ob der Anlagenbetreiber seine Pflichten tatsächlich erfüllt hat oder nicht. Und wenn ich den vom Netz trenne, obwohl er seine Pflichten erfüllt hat, dann bin ich eventuell Haftungsrisiken ausgesetzt. Das ist so ein bisschen der Haken an der ganzen Geschichte.
Das heißt, als Netzbetreiber selber da vielleicht jetzt auch noch mal der Punkt das eigene Risikomanagements oder die Betrachtung dahingehend, wenn ich diesen Schritt dann tatsächlich gehen muss, dass ich mir meine Sache auch sicher sein kann, weil sonst der Rattenschwanz quasi, der da hinten dranhängen könnte, mich dann doch auch noch mal in eine schwierige Situation bringen würde - falls doch alles eigentlich sachgemäß war und ich es falsch eingeschätzt habe.
Ja, es ist nicht auszuschließen, dass ich eine Fehlbeurteilung - also, dass ich als Netzbetreiber eine Fehlbeurteilung vorgenommen habe - dem vom Netz trenne und dann sagt der Anlagenbetreiber, Moment mal, da hätte ich aber Einspeisen und Geld verdienen können. Das möchte ich jetzt von dir ersetzt haben.
Dann schauen wir mal, was mit dieser Verpflichtung zur Trennung dann damit einhergeht und welche Praxisbeispiele sich da letztlich zeigen werden. Du hast eben gesagt, Steuertechnik, da gucken wir beim MsbG nochmal drauf. Steuerungsrollout - was für Änderungen gibt es denn dort?
Das ist, glaube ich, auch ein ganz wichtiger Punkt in dieser Rumpfnovelle des Energiewirtschaftsrechts, weil hier Pflichten verlagert werden. Da geht es darum, dass bislang wir immer vom smart Meter Roll-Out geredet haben. Wir haben im Betriebsgesetz - das gibt es, glaube ich, schon seit 2017 - die sogenannten Roll-out-Pflichten. Also, als Messstellenbetreiber muss ich bestimmte Anlagengruppen in bestimmten Zeiträumen zu bestimmten Prozentsätzen, mit modernen Messeinrichtungen oder intelligenten Messsystemen ausstatten.
Das war es bislang auch. Die Pflichten bezogen auf Steuerungseinrichtungen, die lagen bislang bei den Anlagenbetreibern. Und das wird jetzt rüber geschiftet. Die Pflichten der Anlagenbetreiber reduzieren sich, deswegen haben wir auch dieses Eineinandergreifen von Messstellenbetriebsgesetz und erneuerbaren-Energien-Gesetz. Im erneuerbaren-Energien-Gesetz stand das bislang drin, du Anlagenbetreiber musst da was machen mit den Steuerungseinrichtungen. Das ist da jetzt gestrichen. Dafür steht es jetzt im Messstellenbetriebsgesetz und ist dem Messstellenbetreiber auferlegt.
Der Gesetzgeber hat gesagt, ich will das alles ein bisschen schneller machen und das soll alles an einem festen Zeitplan gebunden werden und deswegen lege ich das Ding dem Messstellenbetreiber auf, der ist eben, was diese Anlagengruppen angeht, an die Zeitpläne und die Ausstattungsquoten gebunden und damit ist das sichergestellt, dass das auch in einem festen Ablauf gesichert durchgeführt wird.
Also wir haben dann künftig nicht mehr nur den smart Meter Roll-out, sondern auch den Steuerungsrollout, weil das auch beim Messstellenbetreiber liegt. Das bezieht sich zum einen auf alle Verbrauchseinrichtungen nach Paragraf 14a EnWG, da steht diese Geschichte drin mit den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, das sind Ladesäulen, Wärmepumpen und sonstiges.
Also bei diesen Einrichtungen geht dann die Pflicht, bezogen auf die Steuerungsanrichtung, auf den Messstellenbetreiber über und zum anderen haben wir auf der Erzeugungsseite alle Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 7 KW und der Erforderlichkeit zur Erreichung der Ausstattungsquoten, das steht in 45 Messstellenbetriebsgesetz und ist ebenso ziemlich kompliziert.
Da stehen, weiß ich nicht, wie viele Anlagenklassen mit Zeitraum und sonstiges drin, würde ich hier an der Stelle auch nicht im Detail erläutern. Aber auf diese beiden Gruppen von Einbaufällen, die Netzverbraucher mit der 14a EnWG-Vereinbarung und die Einspeiseanlagen ab 7 KW installierte Leistungen und der Erforderlichkeit zur Umrüstung - auf die beziehen sich dann die Pflichten des Messstellenbetreibers in Sachen Steuerungseinrichtungen.
Da ist dann auch weitergehend die Systematik des Messstellenbetriebsgesetzes geändert worden. Das Messstellenbetriebsgesetz unterscheidet zwischen sogenannten Standard und Zusatzleistungen. Standardleistungen, das sind die, die ich als Messstellenbetreiber machen muss und Zusatzleistungen sind die, die ich dann anbieten kann und die gesondert bepreist werden. Und jetzt ist die Geschichte mit den Steuerungseinrichtungen als Standardleistung definiert.
Das war vorher nicht so. Also muss ich in den Kanon aufnehmen der Leistung, die ich vorhalten muss. Das war Punkt eins. Ja, Steuerungsrollout, wie gesagt - recht diffizil - findet sich im Messstellenbetriebsgesetz, zieht Änderungen im EEG nach sich und ist teilweise auch im Energiewirtschaftsgesetz geregelt.
Auf jeder guten MsbG-Bingokarte oder smart Meter Roll-out-Bingokarte darf das Wort Preisobergrenze nicht fehlen. Das ist ein fester Bestandteil, das hat auch der Gesetzgeber so gesehen und sich das Thema auch noch mal angeguckt jetzt im Rahmen der Rumpfnovelle. Was ist dabei rumgekommen?
Kurz gesagt, die Preisobergrenzen sind erhöht worden. Für moderne Messeinrichtungen ist das von 25 auf 30 Euro katapultiert. Und für die intelligenten Messsysteme sind auch in den verschiedenen Gruppen, die es da gibt, überall die Preisobergrenzen angehoben worden. Was ganz wichtig ist, der Gesetzgeber gibt mir in meiner Rolle als Messstellenbetreiber damit nur eine Möglichkeit. Das heißt jetzt nicht, dass die Preisobergrenze oder das dieser neue Preis so gilt.
Der Gesetzgeber gibt mir jetzt mehr Spielraum, den muss ich als Messstellenbetreiber nutzen. Das heißt, ich muss sagen, aha, ich darf jetzt, also setze ich bei modernen Messeinrichtungen tatsächlich meinen Preis von 25 auf 30 Euro hoch. Das geschieht nicht automatisch. Das muss ich also machen und was dann in Lieferverträgen wichtig ist, da sind ja dann in diesen All-inklusiv-Verträgen die Messentgelte immer drin.
Und wenn sich jetzt der Preis erhöht, weil der Gesetzgeber das erlaubt hat, muss sich das im Liefervertrag umsetzen. Auch das geschieht nicht von allein. Also muss ich eine Preisänderung machen mit all den Regelungen, die für eine Preiserinnerung gelten, insbesondere sechs Wochen Frist, Recht zur Sonderkündigung und sonstiges. Das ist wichtig für die Unternehmen, dass sie sich das vor Augen halten. Allein das Gesetz bewirkt, in Anführungszeichen, noch nichts. Hat nun eine Erlaubnis, die ist jetzt weiter als vorher, aber die muss ich auch ausschöpfen und ich muss das in meinen Lieferverträgen tatsächlich umsetzen.
Okay, also hier klares To-Do für die, die diesen neuen etwas erweiterten Rahmen tatsächlich auch für sich nutzen möchten. Da dann eben auch tätig zu werden und da die volle Klaviertur an Prozessen dann auch abzuspielen, die aber schon auch geübt sind in den Häusern, worauf man sich beziehen kann. Dann gucken wir noch mal einmal weiter: die Förderung von KWK-Anlagen reicht jetzt nur bis Ende 2026. Frage an dich, hat der Gesetzgeber hier sich auch noch mal was überlegt und ist nochmal tätig geworden?
Ja, erfreulicherweise schon. Dabei muss man auch so ein bisschen den europarechtlichen, Schrägstrich, den beihilferechtlichen Hintergrund vor Augen haben. Es ist nämlich so, dass die Förderung nach dem KWKG wohl eine Beihilfe nach Europarecht darstellt. Deswegen gibt es für die jetzige Förderung, also für die Förderung nach dem jetzigen KWKG, eine beihilferechtliche Genehmigung von Seiten der EU. Die gilt aber eben nur bis zum 31.12.2026.
Jetzt hat der Gesetzgeber gesagt, okay, KWK-Anlagen super wichtig, Wärmewende und sonstiges. Förderungen wollen wir verlängern, hat aber dann das Problem, dass er eigentlich für den Zeitraum ab 2026, ab 2027, also ab 31.12., eine neue beihilferechtliche Genehmigung hätte einholen müssen oder, dass er die Verlängerung der Förderung unter den beihilferechtlichen Vorbehalt hätte stellen müssen.
Also er hätte gesagt, okay, alles super - steht im Gesetz drin, aber gilt erst dann, wenn wir die beihilferechtliche Genehmigung von der EU haben. Das ist eine total blöde Variante, weil das dauert und dann habe ich erstmal zwei, drei, wie viel Jahre Rechtsunsicherheit als Anlagenbetreiber. Und da hat sich der Gesetzgeber eigentlich was ziemlich schlaues überlegt. Er hat nämlich gesagt, wir machen das so, dass die Förderung nach dem KWKG nicht nur für Anlagen gilt, die bis zum 31.12. in Dauerinbetriebnahme genommen worden sind.
So ist es bislang, sondern das gilt auch für solche Anlagen, die bis zum 31.12.2026 nach den Bundesemissionsschutz genehmigt worden sind oder, die bis zum 31.12.2026 komplett oder in wesentlichen Anlagenanteilen verbindlich bestellt worden sind. Und diese Anlagen müssen dann innerhalb von vier Jahren nach der Genehmigung Bundesemissionsschutzgesetz oder nach der verbindlichen Bestellung in Dauerbetrieb genommen werden.
Und der Trick an der ganzen Sache ist, dass der Gesetzgeber sagt, der Investitionsschwerpunkt für diese Anlagen, liegt vor dem 31.12.2026, deswegen passt das schon mit der beihilferechtlichen Genehmigungen. Und beim KWKG 2016 haben wir es ähnlich gemacht und da hat es funktioniert. Also dieser Weg zu fingieren, dass das eigentlich schon alles da drin ist mit dem Investitionsschwerpunkt und so, ist auf jeden Fall der bessere Weg, als wenn man das unter den beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt gestellt hätte. Das hätte noch Jahre Rechtsunsicherheit bedeutet und so gilt die Förderung sofort, ohne dass wir auf eine Reaktion der EU warten müssen.
Ja, klingt sinnvoll und nach mehr Planungssicherheit, die wir uns grad in der heutigen Zeit oft wünschen, also auch noch mal vielleicht mit einem kleinen Schleifchen versehen, wie du das eben formuliert hast bei den einzelnen Aspekten - dann kommt da eine kleine Schleife auch noch mal dran. So, letzte Chance - du hast uns jetzt schon eine ganze Menge mitgegeben. Gibt es noch irgendwas, was wir jetzt gerade ausgelassen haben, was auch noch erwähnenswert wäre? Wo wir noch mal drauf eingehen sollten?
Nichts wo ich jetzt im Detail drauf eingehen würde. Wir haben noch Änderungen bei Windenergieausbau, aber das ist eine einzige Regelung, die bezieht sich auf den Vorbescheid des Bundesemissionsschutzgesetzes. Und wir haben verschiedene Detailregelungen zu Biogasanlagen, die ich aber jetzt erstmal auch ausklammern würde. Also von daher haben wir jetzt Energiewirtschaftsgesetz, EEG, Messstellenbetriebsgesetz mit Steuerungsrollout und KWKG und dabei würde ich es eigentlich belassen.
Vielleicht zum Abschluss noch mal dein persönlicher Blick
auf diese Novelle. Das hat sich unheimlich lange gezogen. Das wurde auch sehr hitzig alles diskutiert. Du hast es eingangs gesagt: Wir sind von über 400 Seiten, 450 Seiten, würde das jetzt so runtergedampft. Wie ist dein Blick jetzt auf das, was am Ende bei rumgekommen ist und den Auswirkungen auf Versorger?
Da ist viel Positives drin: Es ist schon gut, dass sich Regierung und Opposition, die muss in der ganzen Geschichte mitwirken, darauf geeinigt haben, diese wichtigen Regelungen noch in der alten Legislaturperiode umzusetzen, damit ich zum Beispiel als Anlagenbetreiber, von KWK-Anlagen mehr Investitionssicherheit habe. Ich finde es auch gut, dass diese Geschichten mit der Ladesäulentflechtung und der flexiblen Netzeanschlussvereinbarung da reingekommen sind.
Das ist jetzt nicht alles rosarot und Sonnenschein. Dieser Anlagen-Tüv, der ist nicht so richtig glücklich, vor allem diese Berichtskaskade ist kompliziert. Aber im Großen und Ganzen finde ich das durchaus positiv, dass man da, ich sage mal, die politischen Querelen außen vor gelassen hat und gesagt hat, wir ziehen an einem Strick und das, was wichtig ist, dass ziehen wir in dieser Legislaturperiode noch durch.
Das sind doch ein paar positive Worte, die konnten wir in der Vergangenheit auch nicht vielleicht immer finden für jedes Gesetz, was unserer Branche auferlegt wurde. Von daher nehmen wir doch die positive Stimmung da mit. Sind und bleiben gespannt, was in diesem Jahr im politischen Rahmen noch weiter passiert, da haben wir auch noch ein paar große Themen jetzt vor der Brust. Daher bin ich mir sicher, Ingo, dass wir uns in diesem Jahr auch noch mal hier in diesem Format begegnen werden und die eine oder andere Idee des Gesetzgebers dann hier einordnen werden.
Für heute sage ich dir ganz lieben Dank, dass du uns hier einmal durchgeführt hast. Und liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich hoffe, ihr konntet hier heute auch viel mitnehmen, seid jetzt wieder voll auf dem aktuellen Stand, was die Rumpfnovelle angeht und welche energiewirtschaftlichen Änderungen da gerade auf uns zukommen. Wenn wir euch dabei unterstützen können, dann sind wir gerne für euch da. Ihr wisst, wo ihr uns findet und dann sage ich vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal, macht es gut.
Auch von meiner Seite aus tschüss und bis bald.
Musik.
Intro: Hannah Simon
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Ingo Rausch
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Hannah Simon
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Ingo Rausch
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Ingo Rausch
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Ingo Rausch
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Ingo Rausch
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Hannah Simon
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Ingo Rausch
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Hannah Simon
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