Energiedosis

Die Netzwerkpartner

79: RPA, KI und Changemanagement: So gelingt digitale Prozessoptimierung – mit Patrizia Brocki, FairEnergie

05.06.2025 28 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wie lässt sich Automatisierung sinnvoll einsetzen und wo beginnt der Einsatz von KI? Patrizia Brocki von der FairEnergie zeigt, wie moderne Prozessoptimierung funktioniert und gibt uns praxisnahe Einblicke in RPA, KI und die Rolle von Changemanagement.

Gestartet mit einem Projekt rund um Kundenprozesse und Arbeitssysteme, verfolgt die FairEnergie heute einen klaren Automatisierungskurs: Von Bankverbindungsänderungen über Rechnungskorrekturen bis hin zu End-to-End-Abläufen ohne manuelle Eingriffe. Patrizia Brocki erklärt, welche Prozesse sich für Prozessautomatisierung eignen, wie Schnittstellen effizient genutzt werden können und wie vorhandene Systeme sinnvoll integriert werden. Außerdem geht es um den ergänzenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz und den Wandel im Arbeitsalltag: Wie verändert Automatisierung die Zusammenarbeit? Und warum braucht erfolgreiche Prozessoptimierung immer auch ein gutes Changemanagement?

Jetzt reinhören und erfahren, wie Digitalisierung Prozesse schlanker macht und gleichzeitig Freiräume für Menschen schafft.

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Transkript

Music.
Intro: Hannah Simon
00:00:31
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Energiedosis, dem Praxis-Podcast der Netzwerkpartner für Energieversorger. Ich bin Hannah Simon und bevor wir gleich in das Thema reinstarten, möchte ich euch kurz einmal auf unsere Abo-Funktion hinweisen, damit ihr keine Folge mehr verpasst, wenn so spannende Gäste, wie meine heutige Gästin da ist, nämlich Patrizia Brocki von der FairEnergie. Wir wollen heute gemeinsam auf das Thema Prozessoptimierung, auch mit Hilfe von RPA, also roboterunterstützender Prozessautomatisierung sprechen. Und ich freue mich sehr, dass du mit dabei bist, Patrizia, ganz herzlich willkommen.
Patrizia Brocki
00:01:09
Hallo Hannah, vielen Dank. Ich freue mich auch, dass ich mit dabei bin.
Hannah Simon
00:01:12
Ja, natürlich wollen wir dich noch ein bisschen kennenlernen, damit wir auch wissen, mit wem wir es zu tun haben, hier heute die nächste gute halbe Stunde. Was hat dich denn ursprünglich in die Energiebranche geführt? Also, war das eher Zufall oder war das geplant? Nimm uns mal mit.
Patrizia Brocki
00:01:25
Um ehrlich zu sein, war das eher Zufall. Also, ich hatte meinen beruflichen Start in München bei einer Unternehmensberatung und dann bei einem Versicherungsdienstleister, wo ich ab 2011 als Teamleitung im Kundenservice tätig war. Der Wechsel in die Energiebranche und zur FairEnergie kam 2016, wo ich auch als Teamleitung im Kundenservice gestartet bin und bis 2022 das Team geleitet habe und jetzt seit 2023 in das Prozessmanagement gewechselt bin.
Hannah Simon
00:01:55
Prima und verrätst du uns noch, welche Haltung oder welches Prinzip dich schon ganz lange in deiner Arbeit begleitet? Also, du hast schon verschiedene Branchen jetzt auch gesehen. Gibt es etwas, was da so ein beständiger Begleiter für dich war?
Patrizia Brocki
00:02:08
Ja, das ist eigentlich, wenn man Veränderungen nachhaltig bewirken möchte, dann braucht man Zeit und Geduld und muss vor allen Dingen die Menschen in den Fokus nehmen. Ganz essentiell ist es für mich dabei, den Menschen zu unterstützen und niemals ihn zu ersetzen.
Hannah Simon
00:02:26
Du bist die erste Prozessmanagerin bei der FairEnergie und da wird mich jetzt eingangs auch noch interessieren, also wie seid ihr zu der Erkenntnis gekommen, dass wirklich eine Person, nämlich du, sich explizit dieser Aufgabe eben widmen sollte, dass ihr da extra eine Stelle für im Unternehmen schafft, die den ganzen Fokus darauf richten kann?
Patrizia Brocki
00:02:43
Ja, das war eigentlich auch ein bisschen ein Zufall und ein bisschen Glück für mich, weil 2022/2023, während meiner letzten Elternzeit zwei neue Bereichsleiter bei uns neu auch in das Unternehmen gekommen sind. Das sind meine heutigen Vorgesetzten. Und zu Ende meiner Elternzeit wurde eben diese Stelle als Prozessmanagerin, als Stabstelle neu geschaffen. Zum Hintergrund ist vielleicht gut zu wissen, dass wir vor größeren systemischen Herausforderungen stehen im Unternehmen. Wir müssen unser jetziges Abrechnungssystem migrieren von SAP, ASU, auf ein Neues Abrechnungssystem. Da ist das Bedürfnis für die Stelle als Prozessmanagerin schon mal definiert gewesen. Zum Hintergrund: Es gibt mittlerweile auch noch eine weitere Prozessmanagerin, die mich auch unterstützt, beziehungsweise wir unterstützen uns gegenseitig. Ja, vielleicht zu der Frage, warum ich als Prozessmanagerin: Also, ich habe 12 Jahre operative Führungserfahrung im Kundenserviceteams, das ist ein Grund. Und dann auch eben nicht nur die Kenntnis, kundenahe Prozesse und Bedarfe von Menschen und Teams, die eben auch mit Kunden arbeiten, sondern auch von Kunden. Und dann eben auch den Blick für Menschen und für Veränderungsprozesse insgesamt. Was mir gut gefallen hat ist der strategische Aspekt an der Stelle, auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich bin in Teilzeit mit 60 % gestartet und habe mittlerweile auf knapp 80 % aufgestockt. Ja und habe Freude an meiner jetzt nicht mehr ganz so neuen Tätigkeit.
Hannah Simon
00:04:21
Ja, spannend. Wie würdest du deine Aufgabe und dein Themenfeld ganz konkret beschreiben, für die Zuhörerinnen und Zuhörer, die vielleicht nicht inhouse einen Prozessoptimierer oder Optimiererin, einen Prozessmanager haben?
Patrizia Brocki
00:04:35
Das ist einmal klar - ich habe es schon genannt - kundennahe Prozesse und dann auch strategisches Prozessmanagement. Also, einmal insgesamt der Überblick und die Koordination auch das Anstoßen und Umsetzen von jeglicher Veränderung oder auch von Bedarfen in den genannten Prozessen. Aber auch die Frage, wo wollen wir denn hin, grade auch vor dem Hintergrund der systemischen Umstellungen, die uns jetzt aktuell begleiten. Ein klarer Fokus liegt dabei auf dem Thema Digitalisierung und Innovation. Also, das reicht von klassischen Prozessoptimierungen oder Veränderungen über Automatisierungen bis hin auch zur Anwendung von KI. Auch generativer KI, um diese Prozesse eben zu optimieren oder kundengerechter zu gestalten. Ja, also das sind die Systemmigrationen des Abrechnungssystems, aber auch - sagen wir mal - CRM-Tools, die wir ausweiten, ergänzen oder auch erneuern möchten, Automatisierungen, aber auch Bedarfsanalysen. Das kann aber auch - sagen wir mal - was einfaches sein, wie die Änderung unseres Telefonroutings und ein neues Aufsprechen der Bandansagen. Sicher ist auch ein großer Anteil Change Management mit dabei. Wenn ich es zusammenfassen müsste, würde ich sagen, es ist irgendwas zwischen "work in progress" und "never ending story", aber das Positive daran oder das, was mich reizt ist, dass es mitgestaltbar ist, vielfältig, dass ich Schwerpunkte selber setzen kann und kein enges Korsett habe, sondern die Möglichkeit hier selber auch Wege zu gehen.
Hannah Simon
00:06:23
Jetzt würde mich in dem Zusammenhang auf jeden Fall interessieren - also, ihr habt euch das damals vorgenommen, als du reingestartet bist in die Rolle, eben das Prozessmanagement aufzusetzen. Ich glaube, jeder, der vielleicht gerade auch zuhört und in sein eigenes Unternehmen guckt, weiß, so Prozesse davon gibt es sehr viele, die sind miteinander verwoben. Da erstmal so einen Überblick zu bekommen und einen Anpack zu finden. Wenn ich eben sage, ich möchte Prozesse in meinem Unternehmen optimieren, ist grundsätzlich erstmal eine noble Aufgabe und eine gute Idee. Wie habt ihr damals angefangen und seid reingestartet?
Patrizia Brocki
00:06:58
Ganz zu Beginn sind wir gestartet mit einem Beratungsprojekt und zwar mit dem Fokus auf Kundenservice und Prozesse. Da ging es darum, Bedarfe, Schmerzpunkte, Zahlen zu analysieren und auch ein bisschen auf die Systeme zu schauen mit denen die Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Und ein wichtiges Ergebnis war eben, dass wir, gerade bei den Redundanten Massenprozessen, mehr Automatisierungen möchten, idealerweise sogar end-to-end-Verarbeitung mit möglichst wenigem oder gar keinem manuellem Aufwand. Die Herausforderung, die wir dabei aktuell haben, ist, dass wir eben noch mit alten Systemen, auszutauschenden Systemen arbeiten oder auch mit Programmen, die noch nicht die Antworten geben, die wir uns wünschen. Zum Beispiel haben wir kein Frontend für Kundenneue Prozesse, kein Workflow Management, keine Abteilungsübergreifende Sicht. Und auch nicht überall Schnittstellen, wo wir sie benötigen, zum Beispiel haben wir ganz viele telefonische Kundenkontakte, aber noch keine Anbindung an unser CRM oder ERP. Das heißt, die Frage war vor allen Dingen, wo können wir auch in dieser Übergangsphase schon mit den bestehenden Mitteln und Programmen am effektivsten etwas bewirken, um die Kolleginnen im Kundenservice zu entlasten heute schon und die Idee oder eine der Ideen, der wir nachgegangen sind, war die Nutzung von RPA, von Robotics. RPA steht für Robotic Process Automation, übersetzt ungefähr robotergestützte Prozessautomatisierung. Und dabei werden Software-Roboter oder auch Bots so programmiert, dass sie menschliche Interaktionen mit Softwaresystemen simulieren. Also, hauptsächlich kann man sich das so vorstellen, dass diese Bots dann Klickreihen folgen und Eingaben an der Oberfläche von Programmen ausführen. Teilautomatisiert oder vollautomatisiert - je nachdem, was für eine Lizenz man hat und wie man es möchte oder braucht. Und der Vorteil daran ist, dass man eben an der Oberfläche der Programme arbeitet und es nicht viel Entwicklungsaufwand braucht. Wir machen das zwar mit Dienstleistern, aber es ist in der Theorie auch möglich internes Wissen dazu aufzubauen. Vielleicht zu den Kriterien von Robotics und auch mal für diejenigen, die jetzt nicht tagtäglich damit arbeiten. Also, man kann damit repetitive Massenprozesse automatisieren. Prozesse den Massevorkommen und einen hohen manuellen Anteil an Bearbeitung aufweisen. Man braucht ganz klare, stark standardisierte Prozesse, also regelbasierte und klare Entscheidungswege im Prozess, die nach Schema F ablaufen und allenfalls ein paar wenige Standards aufweisen. Dann ganz wichtig zu den Daten: Der Input muss digital und strukturiert zur Verfügung stehen, also zum Beispiel in Form einer CSV-Datei oder einer strukturierten Excel-Datei. Oder aber sich digitalisieren und strukturieren lassen. Wie zum Beispiel bei uns die E-Mails, die eingehen dazu oder die Schriftstücke, die dazu eingehen und die gescannt digital vorliegen. Vielleicht auch zur Frage, für Energieversorger generell, was könnten denn das für Prozesse sein? Also, wir arbeiten alle mit den selben Standardprozessen im Service - also, ganz klassisch Abschlag, Zählerstand oder aber auch kleine Teilschritte, wie zum Beispiel die Archivierung oder Übertragung von Daten, von System A nach B.
Hannah Simon
00:10:25
Ja, dankeschön für das Mitreinholen, das heißt, ihr habt euch erstmal angeguckt, was habt ihr eigentlich für Bedarfe, wo könntet ihr Wins erzielen in eurer bestehenden Umgebung und habt auch eine Form von Technologie für euch identifiziert, wo ihr gesagt habt, RPA wäre ein guter Weg. Jetzt interessiert mich natürlich, welche Prozesse habt ihr euch denn ausgeguckt, an die euch als erstes rangetraut habt, weil ihr vielleicht gesagt habt, da ist der große Schmerzpunkt oder da ist die größte Effizienzsteigerung, wenn ihr die mit RPR eben entsprechend umsetzt. Was war da eure Wahl?
Patrizia Brocki
00:11:05
Ja, da möchte ich vielleicht zwei vorstellen, also einmal die Bankverbindung und einmal die Rechnungskorrektur. Die Bankverbindung, da kamen wir mehr über den hohen Ertrag, den wir uns davon versprochen haben, weil wir hier ein recht hohes Volumen an Fällen pro Jahr haben und einen stark standardisierten Prozess nach Schema F. Bei der Rechnungskorrektur ist das Volumen an Fällen, die wir jährlich haben, nicht so hoch, dass ich als erstes gesagt hätte, okay, das ist der Prozess, an den wir als erstes ran müssen, aber die Schmerzpunkte sind hier groß. Also, das ist ein abteilungsübergreifender Prozess, der bei uns einen hohen saisonalen Peak aufweist, weil wir eben eine Jahresrechnung haben und nach Stichtag abrechnen. Das heißt, zu Anfang des Jahres türmen sich die Rechnungskorrekturen aufgrund abweichender Zählerstände, im Bereich Kundenservice und Abrechnung. Und es ist ein Prozess, der dadurch dass unsere Tools keine gemeinsame Sicht auf den Prozess über die Abteilungen hinweg ermöglichen, recht behäbig und deshalb auch beschwerdeanfällig ist. Ja, vielleicht zusammenfassend, was beide Prozesse aufweisen. Es sind Prozesse, die bei uns zu 100 % schriftlich eingehen oder dann vom Kunden schriftlich eingereicht werden müssen. Warum? Weil, wie ihr seht Mandate unterschreiben lassen müssen und weil bei der Rechnungskorrektur in der Regel ein Fotonachweis mitgegeben werden muss. Das heißt, ich habe hier nicht das Problem, dass ich die Daten aus einem Telefongespräch irgendwie ziehen muss, sondern die Daten liegen schriftlich vor und wir können sie strukturieren. Dann haben wir beides Mal die Möglichkeit, also in der Arbeitsweise der Kolleginnen und Kollegen am E-Mail-Programm aufzusetzen. Das heißt, sobald eine E-Mail in einem bestimmten Ordner verschoben wird oder dort landet, ist es der Trigger für eine automatisierte Bordbearbeitung und zwar nach menschlicher, manueller Vorstrukturierung. Die Kollegen bringen dann die E-Mail in Form, sagen wir es mal so und der Bot kann dann die nächsten Bearbeitungsschritte nach Standard durchführen. Beide Prozesse, sowohl die Bankverbindung als auch die Rechnungskorrektur, weisen verschiedene Standards auf. Also, zum Beispiel innerhalb der Bankverbindungen unterscheiden wir in der Bearbeitungsweise die Neuanlage oder die Änderung eines bestehenden Mandats und die Guthabenauszahlung. Bei der Rechnungskorrektur haben wir einmal die Schlussrechnung, andererseits aber auch die Jahresrechnung. Ja, das ist jetzt nur schematisch zusammengefasst. Und unser Ansatz war in beiden Fällen immer erstmal, das größtmögliche Volumen über einen Standard abzufangen. Das heißt, ganz wichtig, bei RPR die Zahlen erstmal kennen. Und auch schauen, wie liegen die Daten vor, die ich habe. Kann ich die gut strukturieren? Vielleicht, anhand des Prozesses "Bankverbindungen" kurz noch mal ganz konkret erläutert, was wir automatisiert haben und wie es vorher und nachher war. Also vorher: Der Kunde erteilt ein SEPA-Lastschriftmandat schriftlich, per E-Mail, Formular oder Brief. Klar, dass ist heute auch noch so. Und davor war es so, dass im Team Debitoren dann ein Sachbearbeiter den Datensatz in SAP aufgerufen hat und transaktionell die Bankverbindung vorgenommen hat. Also, das SEPA-Mandat hinterlegen, Kontaktierung in SAP, Archivierung des Mandats in SAP, Bestätigung an den Kunden. Und diese verschiedenen Schritte haben wir jetzt voll automatisiert. Und in der Bearbeitung des Sachbearbeiters lediglich die Strukturierung vorangesetzt, das heißt, die E-Mail wird vom Sachbearbeiter im Team Dibitoren strukturiert in folgender Form, also Vertragskonto, Name des Kunden und IBAN und dann an eine E-Mail-Adresse gesendet und das war es. Und daraufhin erledigt der Bot dann die genannten Arbeitsschritte. Das heißt für uns, dass es eine deutliche Verkürzung der Bearbeitungszeit ist. Also, wenn ich jetzt sagen müsste, was es beträgt, wäre es circa ein Viertel der ursprünglichen Bearbeitungszeit - auf alle Fälle, in denen es angewendet wird und ähnlich auch bei der Rechnungskorrektur.
Hannah Simon
00:15:07
Also, schon eine sehr große Ersparnis, Zeitersparnis dann auch für die Mitarbeiter, was dann auch wieder so Raum schafft. Ja, du hast das jetzt grad an ein paar Stellen schon so ein bisschen anklingen lassen. Es ist schon so ein bisschen Detail-oder Fummelarbeit, so ein Prozess dann eben auch aufzusetzen, so dass der Bot auch wirklich von A bis Z durchlaufen kann. Wie schätzt du das denn ein oder kannst du uns da einmal so einen Einblick geben - wo kommt Robotics denn eben auch an die Grenzen oder was gilt es denn eben zu beachten, wenn ich einen Prozess identifiziert habe, den ich gerne voll automatisieren möchte mit Hilfe von RPA?
Patrizia Brocki
00:15:45
Also ganz klar ist, dass wir mit Robotics keinen Mitarbeiter haben, sondern ein technisches Hilfsmittel. Und dieses technische Hilfsmittel ist auch noch nicht mal intelligent. Also, wir haben hier keine KI. Der lernt auch aus nichts und der nimmt sich auch nicht einfach eine E-Mail und unterscheidet sie von anderen. Er versucht einfach relativ tump das auf alles anzuwenden, was in seinem Korb landet. Wichtig ist, er wird dieselben Probleme auch haben wie ein Mensch, wenn die Systemperformance nicht gut ist und sich unser Programm aufhängt, Technische Schwierigkeiten bestehen, unerwartete Fehlermeldungen auftreten, dann führt das zu Abbrüchen. Natürlich ist es auch so, dass wir, durch diese stark standardisierten Fälle nicht 20 Use Cases haben, die uns pro Fachbereich einfallen, um hier mit Robotics zu automatisieren. Also wichtig, dieses Thema Strukturierung muss vorliegen. Ja, es entfällt die manuelle Arbeit nicht, komplett. Dann starker Standard, die Masse an Fällen und auch, das jährlich Lizenzkosten anfallen. Also, wir arbeiten mit einer Plattform die "UiPath" heißt, die bringt jährliche Lizenzkosten mit sich. Wenn das nötige Volumen hinter den Fällen ist, amortisiert sich der Aufwand schnell auch die Implementierungskosten über den Dienstleister müssen berücksichtigt werden. Und eine gewisse Wartung, also sobald sich wieder was verändert, muss man natürlich nochmal ran. Und vielleicht was wir für uns als gutes Vorgehen etabliert haben zum Thema Robotics sind Fehlerabbrüche in Form von Meldungen visualisierbar zu machen, für die operativen Teams, damit eben nicht Fälle einfach nur verschwinden in Anführungsstrichen - was bei manchen Verbindungen ungünstig ist. Aber auch bei anderen Kunden-E-Mails, sagen wir mal, nicht optimal. Und die E-Mail oder die betreffende Fehlermeldung dann nicht nur auf einer anderen virtuellen Umgebung, in der der Bot zum Beispiel arbeitet, zu visualisieren, sondern, dort wo die Kollegen tagtäglich arbeiten. Also, wir machen diese Fehlermeldungen direkt in den E-Mail-Eingang der Kollegen rein.
Hannah Simon
00:17:52
Ja, das heißt, man sieht dann direkt, wenn ein Prozess abgebrochen ist oder ein Fehler entstanden ist, kriege ich eine E-Mail als Mitarbeiter und kann dann da mal reingehen und schauen, was schiefgelaufen ist, sodass es dann manuell anpassen oder neu starten oder Ähnliches.
Patrizia Brocki
00:18:06
Ja, also wir haben das so konzipiert, dass der Bot oder die Bots, sobald sie im Prozess nicht weiterkommen oder abbrechen, eine entsprechende Fehlermeldung in den Haupt-E-Maileingang senden, aus dem auch der Bot seine Aufgaben zieht. Das heißt, die Kollegen können auf ersten Blick erkennen, okay, hier hat was nicht geklappt. Also, das ist vor allen Dingen wichtig für die Testphase und auch, sagen wir mal, für die Hypercare-Phase nach Go Life. Weil man dann anhand der Fälle, die nicht gut laufen, die Automatisierungsquote erhöhen kann. Also, wir haben jetzt die Fehlermeldungen auf unter 3 % in beiden Fällen. Aber, das war auch ein Weg dahin. Wichtig nach Go Live endet die Arbeit nicht. Also, noch mal dann auch genaue Blicke drauf mit dem Dienstleister und die Hypercare-Phase sehr ernst nehmen.
Hannah Simon
00:18:57
Verstehe und du hast Eingangs gesagt, dass zu deinen Aufgaben auch so ein bisschen das Thema "Change" gehört. Jetzt kann ich schon mal ein bisschen erahnen, was dahinter steckt, wenn wir jetzt so über diese Prozesse geredet haben, das erfordert schon eine ganze Menge an Verhaltensänderungen auch von deinen Kolleginnen und Kollegen. Zwar vielleicht mit dem positiven Ziel der Arbeitserleichterung oder Vereinfachung, aber es ist erstmal schon wahrscheinlich eine große Umstellung gewesen für viele. Diese Prozesse jetzt eben an den Roboter zu übergeben und den dann eben im Blick zu halten. Wie gelingt es dir oder euch denn da irgendwie jetzt alle mitzunehmen? Kannst du uns da noch mal ein paar Einblicke gewähren, wie ihr diesen Veränderungsprozess dann auch zu dem Projekt oder zu der Implementierung von RPA im Unternehmen gestaltet habt.
Patrizia Brocki
00:19:50
Ja, also du hast es ganz gut zusammengefasst natürlich ist uns nicht nur Begeisterung entgegen gekommen, als wir dieses neue Konzept im Unternehmen vorgestellt haben und auch im Fachbereich vorgeschlagen haben, es mit Robotics zu versuchen. Auch der Umgang damit oder die ersten Wochen damit waren auch nicht für alle einfach, auch nicht intuitiv - das muss ich ehrlich sagen. Teilweise gab es auch Begeisterung aus den Teams und sehr viel positiven Input auch schon im Projekt. Ganz wichtig war es hier von den Problemen im Alltag der Kollegen auszugehen, um tatsächlich mit dieser Implementierung auch Probleme zu lösen, also nicht nur auf dem Papier, sondern real. Zweifel und Bedenken zu hören und diejenigen tatsächlich auch in die Projekte einzubinden, die nachher damit arbeiten müssen. Und gerade bei den Zweiflern oder denen, die hier Sorge hatten, haben wir versucht tief ins Gespräch zu gehen, gemeinsam umzusetzen und auch offen nach Life Go für berechtigte Kritik an dem Projekt oder für nötige Nachjustierungen zuzulassen und gemeinsam auch nachzubessern. Wichtig ist auch, dass man manchmal den Blick für die Nicht-Automatisierung betrachtet und am Alltag der Kollegen bleibt. Also, wenn mir eine Kollegin sagt: "Ja, jetzt machen wir das mit der Zwischenstrukturierung, bei 90 % der Fälle. Bei den restlichen zehn lohnt es sich einfach nicht Patrizia, weil ich da schneller bin aus dem und dem Grund.". Das können die Kolleginnen abschätzen und wenn es da triftige Erklärungen dafür gibt, dann soll das gut sein. Also, die Sorgen, die am gängigsten waren, war die Sorge nicht so sehr davor, dass man jetzt nicht mehr nötig ist oder dass man Angst vor der Technik hatte. Eigentlich war die Ausgangslage sehr positiv. Die Sorge war eher schlechte Qualität oder Kontrollabgabe an Maschinen. So ein bisschen die Umstellung in der Bearbeitungsweise, war ein Knackpunkt bei manchen Kollegen. Und auch vielleicht zu hohe Erwartungen an vollautonome Automatisierungen. Wie gesagt, man hat ein technisches Hilfsmittel und nicht eine superhumanoide KI. Jetzt heute ein halbes Jahr nach Go Life bin ich glücklich, weil ganz viele Wünsche zu weiteren Automatisierungen, gerade auch von ehemaligen Skeptikern kommen, die sagen, wir brauchen jetzt auch diesen Standard, um hier nochmal die Entlastung zu schaffen. Im Zusammenhang mit Automatisierung eines Prozesses fällt auch oft auf, dass organisatorisch generell was verändert werden kann, zum Beispiel da müssen wir die Handschrift noch rausnehmen aus dem Prozess oder auch hier, das ist umständlich, hier können wir die Kunden darauf hinweisen, doch eher über das Formular zu gehen, dann haben wir es schon digital. Und das gefällt mir gut, weil manchmal kann man beobachten, dass was ins Rollen kommt und die Leute loslaufen und das macht Spaß.
Hannah Simon
00:22:44
Das sind noch mal so gute Mitnahmeeffekte dann auch, die ihr durch dieses neue Hilfsmittel habt, auf die ihr dann auch nochmal so gestupst werdet. Mich würde auch noch interessieren, was ist denn so dein Big Picture? Also, wenn du nach vorne schaust, so in ein paar Jahren ihr das Prozessmanagement weiter ausbaut und die Automatisierung. Wo darf die FairEnergie, wenn du heute "wünsch dir was" machen dürftest oder darfst du, wo würdet ihr da in der Zukunft stehen?
Patrizia Brocki
00:23:13
Also, Ich wünsche mir, dass wir große Massenprozesse, die arbeitsintensiv und repetitiv sind durch technische Schnittstellen end to end lösen. Dann gerne auch zusätzlich noch Robotics und andere Bots, also zum Beispiel in der Telefonie. Und insgesamt mehr Zeit, für die Kunden und ihre Bedürfnisse, aber auch für Innovationen. Da braucht es oft auch mal einfach Tests. Da muss man einfach mal starten, wenn ich sage KI, dann ist manchmal ein bisschen ausprobieren auch wichtig, um zu sehen, in welche Richtung man gehen kann Und mein Big Picture ist, dass wir in fünf Jahren auch Zeit haben, um vielleicht ganz, ganz neue Sachen auszuprobieren.
Hannah Simon
00:23:58
Mit KI hast du mir gerade noch ein gutes Stichwort gegeben, denn du hast im Gespräch, finde ich, jetzt an verschiedenen Stellen das auch sehr gut abgegrenzt, dass was RPA ist und was auch der Unterschied zu KI ist. Gleichzeitig ist das natürlich momentan auch ein sehr aktuelles Thema für die Branche, generell für unsere Gesellschaft, aber auch unsere Arbeitswelt. Wo steht denn die FairEnergie im Thema KI? Habt ihr euch dem schon gewidmet? Genau, was habt ihr da vielleicht vor auch?
Patrizia Brocki
00:24:26
Ja, wir haben uns dem schon gewidmet, natürlich ich mich auch. Wir haben definitiv Interesse an KI und eruieren auch potentielle use cases. Ich würde sagen, wir sind in der Phase der Strategieerarbeitung im Umgang damit. Definitiv ist in meinem Bereich ein positives Klima - ich würde mal sagen, dass über den Tellerrand hinausschauens. Was machen denn andere? Was sind best practices? Was sind use cases, die gut funktionieren? Wie könnte man vorgehen? Also, wir haben eine Projektgruppe KI aus prozessual operativen Bereichen geschaffen. Das ist die Bereiche Vertrieb und Abrechnung - vier Personen unter meiner Koordination. Und das Ziel ist, dass wir Einsatzmöglichkeiten und Chancen von KI erkennen. Erste Pilotprojekte vielleicht auch schon implementieren. Aber auch hier wichtig und das ist eben der Moment, in dem wir gerade sind vor dem großen systemischen Herausforderungen KI nicht um der KI willen, sondern ausgehend von Problemen. Dann Wissen aufbauen Schulungen und auch Kenntnisse des regulatorischen Rahmens, die EU-KI-Richtlinie. Nicht nur "Hilfe, oh Gott, was bedeutet das?", sondern einfach mal ran an das Dokument und was bedeutet das für DSGVO-Vorgaben? Wir sind vernetzt mit euch, mit den Netzwerkpartner und machen hier auch viel gemeinsam, unter anderem grade eine Workshop-Reihe zu KI. Wo es drei Monate lang noch mal Praxisinput aber auch die Erarbeitung möglicher use cases geben wird. Dann haben wir mit euch gemeinsam an einem Leitfaden gearbeitet, eben zur Frage: "Wie führt ein Stadtwerk rechtssicher erste KI-Projekte oder auch LLM-basierte KI-Projekte in kundennahen Prozessen ein?". Da haben wir uns mal auf Chat und Phoneboard oder auch auf virtuelle KI-Assistenten konzentriert. Also, wir möchten - und wenn ich sagen würde, mein Big Picture ist -, dass wir vielleicht nicht ganz fünf Jahre warten bis auch wir mit dabei sind und wir sind auch schon mit KI-Klassifikation im Schrifteingang ganz gut mit dabei.
Hannah Simon
00:26:33
Super, da bleiben wir auf jeden Fall gespannt und das ist schon mal ein guter Punkt, dich in der Zukunft auch noch mal hier einzuladen, dann können wir uns vielleicht dem Thema KI nochmal mit besonderem Fokus widmen. Patrizia zum Abschluss unseres Gesprächs, welche drei Learnings oder Botschaften möchtest du dann gerne noch unseren Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf den Weg geben aus dieser Folge heraus?
Patrizia Brocki
00:26:52
Erstens, wenn man eine Gruppe gut in das Ziel führen möchte, muss man sich an den langsamsten orientieren. Zweitens, weniger bewirkt manchmal mehr und drittens, einen schlechten Prozess sollte man nicht auch noch automatisieren.
Hannah Simon
00:27:06
Super, das war jetzt on point. Sehr schöner Abschluss. Vielen Dank Patrizia, dass du uns heute mal mitgenommen hast in eure Prozess- und Automatisierungswelt. Ich hoffe, da war für viele Zuhörerinnen und Zuhörer heute etwas Interessantes mit dabei. Vielen Dank, dass du heute zu Gast warst.
Patrizia Brocki
00:27:24
Herzlichen Dank, Hannah.
Hannah Simon
00:27:26
Und wenn ihr jetzt angefixt seid von Patrizias Ausführungen, dann kann ich euch auch noch mal den Querverweis geben auf Folge 42. Da haben wir mit den Stadtwerken Elmshorn, mit Sarah Ruhloff von den Stadtwerken gesprochen, über deren Prozessautomatisierung, also hört da gerne auch noch mal rein. Und ansonsten freue ich mich, wenn wir uns bald wieder hören. Bleibt uns gewogen und bis zum nächsten Mal. Music.