80: Kann künstliche Intelligenz Leben retten? KI im Schwimmbad – mit Chris Kittl, Stadtwerke Schwerte
18.06.2025 30 min
Zusammenfassung & Show Notes
KI rettet Leben – das klingt nach Zukunftsmusik, ist in Schwerte aber bereits Realität. Chris Kittl berichtet, wie ein KI-gestütztes Ertrinkungserkennungssystem im Stadtbad für mehr Sicherheit sorgt und was das für Gäste, Team und Betrieb bedeutet.
Das System analysiert das Verhalten der Badegäste in Echtzeit und erkennt mögliche Gefahrensituationen, zum Beispiel wenn eine Person ungewöhnlich lange unter Wasser bleibt oder sich nicht mehr bewegt. Chris Kittl gibt Einblicke in die Einführung des Systems, die technischen Abläufe im Hintergrund und die Frage, wie ein solches Projekt im laufenden Schwimmbadbetrieb funktioniert. Dabei geht es nicht nur um Sensorik und Datenanalyse, sondern auch um Datenschutz, Akzeptanz bei den Gästen und die Schulung des Personals.
Wir sprechen über Chancen und Grenzen künstlicher Intelligenz im Schwimmbad und darüber, wie die Stadtwerke Schwerte das Thema Sicherheit ganz praktisch mit Technologie verknüpfen. Außerdem gibt Chris Kittl einen Ausblick auf weitere KI-Anwendungen im Unternehmen und mögliche Einsatzfelder über das Bad hinaus.
Das System analysiert das Verhalten der Badegäste in Echtzeit und erkennt mögliche Gefahrensituationen, zum Beispiel wenn eine Person ungewöhnlich lange unter Wasser bleibt oder sich nicht mehr bewegt. Chris Kittl gibt Einblicke in die Einführung des Systems, die technischen Abläufe im Hintergrund und die Frage, wie ein solches Projekt im laufenden Schwimmbadbetrieb funktioniert. Dabei geht es nicht nur um Sensorik und Datenanalyse, sondern auch um Datenschutz, Akzeptanz bei den Gästen und die Schulung des Personals.
Wir sprechen über Chancen und Grenzen künstlicher Intelligenz im Schwimmbad und darüber, wie die Stadtwerke Schwerte das Thema Sicherheit ganz praktisch mit Technologie verknüpfen. Außerdem gibt Chris Kittl einen Ausblick auf weitere KI-Anwendungen im Unternehmen und mögliche Einsatzfelder über das Bad hinaus.
Jetzt reinhören und erfahren, wie KI im Stadtwerk konkret eingesetzt wird und wo sie Leben sicherer machen kann.
Mehr über unsere Kooperation: dienetzwerkpartner.com
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Bildnachweis: Petra Coddington
Transkript
Music.
Kann künstliche Intelligenz Leben retten? Dieser Frage wollen wir in der heutigen Folge auf den Grund gehen. Bevor wir mit unserem heutigen Interviewgast da tiefer in das Thema eintauchen - ein Hinweis in eigener Sache: Der Sommer steht vor der Tür, die Freibadsaison ist eröffnet und damit steht auch unsere Sommerpause im Podcast an. Damit ihr uns aber nicht vermisst, haben wir uns was überlegt. Es wird auch im Juli und August drei Sommerfolgen geben, also bleibt dran und hört gerne rein, wenn ihr in der Sonne liegt oder wenn ihr im Urlaub seid. Und falls ihr Ideen für die neue Staffel habt, ob Themen oder Interviewgäste, die ihr gerne unbedingt mal im Energiedosis Podcast hören wollt, schreibt uns gerne in den Kommentaren und wir greifen eure Wünsche gerne auf.
Heute geht es um ein Thema, das die Stadtwerke Schwerte jetzt schon seit über einem Jahr im Bäderalltag beschäftigt, nämlich künstliche Intelligenz im Stadtbad. Ich freue mich sehr, dass Chris Kittl heute an meiner Seite ist. Er ist Leiter Betrieb, Netze und Anlagen bei den Stadtwerken Schwerte und wird uns heute praxisnahe Einblicke geben, wie die KI das Stadtbad konkret sicherer macht, wie man KI in den Bäderalltag bringt, wo die KI an Grenzen stößt. Und schließlich auch die Frage: Lohnt sich so ein System überhaupt? Und damit heiße ich dich ganz herzlich willkommen, Chris, schön, dass du da bist.
Ja, hallo Friedrich, ich freue mich.
Ja, Chris, eine persönliche Frage zum Einstieg: Wann warst du denn das letzte Mal selbst im Schwimmbad?
Ja, wenn ich das gefragt wäre, dann erzähle ich immer gerne die Anekdote von meinem sportlichen Erfolg, dritter Platz bei den Bezirksmeisterschaften im Rettungsschwimmen in meiner Jugend. Und lass dann aber auch immer ganz gerne weg, dass nur drei Mannschaften angetreten sind. Also, tatsächlich kenne ich das Stadtbad schon relativ lange, bevor ich hier bei den Stadtwerken war und dann auch dafür zuständig geworden bin.
Und als ehemaliger Rettungsschwimmer, wie fühlt sich das an, wenn Technik an der man arbeitet potenziell auch Leben retten kann?
Ja, beim Schwimmen oder beim Badespaß liegen natürlich Spaß und Gefahr auch gar nicht so weit auseinander. Von daher ist es auf jeden Fall sehr erfüllend, an so einer Technologie mitzuarbeiten und zu sehen, wie sie dann auch tatsächlich erfolgreich eingesetzt werden kann.
Ja, Technologie ist das Stichwort. Wir wollen zum Einstieg erst mal drauf schauen, was die KI konkret macht. Also, was macht die KI in eurem Stadtbad und wie funktioniert das System technisch?
Um es vielleicht auch einfach mal direkt auf den kurzen Punkt zu bringen - wir haben verschiedene Kameras im Stadtbad, die aus verschiedenen Blickwinkeln die Wasserflächen beobachten. Das Ganze wird dann an einen Server im Stadtbad übermittelt. Dort wird dann auf den Ergebnissen drauf rumgerechnet. Und das Ergebnis der Überwachung wird dann am Ende des Tages auf eine Smartwatch übertragen, wo dann der entsprechende Fachangestellte von uns gewisse Hintergrundinformationen zum aktuellen Badebetrieb bekommt, aber auch einen Alarm, wenn dann tatsächlich etwas Auffälliges gefunden wird.
Und wie sieht das Zusammenspiel konkret aus zwischen Kamera, KI und Smartwatch? So wie ich es verstanden habe, sind das so die drei Kernkomponenten des Systems.
Genau, aus Sicht des Endanwenders ist es erstmal relativ unkompliziert. Das ist auf jeden Fall das Schöne. Das heißt, der Endanwender muss sich eigentlich nur mit seiner Smartwatch beschäftigen und alles andere läuft im Hintergrund. Und den Zusammenspiel zwischen Kameras und KI, das haben wir alles im Hintergrund eingerichtet und das läuft dann soweit reibungslos durch. Also, es ist konkreterweise so, dass die Kameras im Stadtbad diese Wasserflächen beobachten, aber tatsächlich auch gar nicht, wie man sich das jetzt von einer Überwachungskamera aus vorstellt. Sondern da werden relativ fix aus den Bildern sogenannte Vektorgrafiken berechnet. Das heißt, da sieht man dann, welches Objekt bewegt sich in welche Richtung. Die KI überwacht dann halt eben die einzelnen Objekte, bewegen die sich noch, bewegen die sich nicht. Und wenn sie sich nicht mehr bewegen, dann wird halt eben dieser Alarm ausgelöst. Und dadurch, dass das halt eben laufend passiert, gibt es dann auch gewisse Hintergrundinformationen, die für unsere Fachangestellten sehr hilfreich sind im Arbeitsalltag. Zum Beispiel, kann man auf der Uhr laufend nachsehen, wie viele Personen sich in welchen der Becken befinden. Das hilft also auf jeden Fall bei der Aufsichtsführung.
Also, es ist ein neues System, was da reinkommt in den Bäderalltag. Das Ganze umzusetzen, bedeutet natürlich auch eine Veränderung für bestehende Prozesse. Da kommt eine neue Technik, neues Know-How rein. Und wenn wir da mal zurückschauen, wie ihr da vorgegangen seid und die KI in den Alltag gebracht habt. Was waren für euch da die größten Hürden in der Einführung, technisch, personell oder kulturell?
Also, was ich auf jeden Fall schon mal sagen kann, ist, dass wir für uns selber im Haus so ein bisschen die Prämisse ausgelöst haben - "second best in Class" - zu sein. Also, das heißt jetzt nicht sofort jede Innovation umzusetzen, aber schon relativ fix, sobald wir identifizieren, dass das eine sinnstiftende Technologie ist oder ein sinnstiftender Ansatz ist. Insofern ist jetzt für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so ein Thema nicht so ungeübt. Es war jetzt kein erstes Mal sozusagen. Insofern war das jetzt eigentlich hausintern weniger ein großes Problem, sowohl technisch als auch hinsichtlich der Mitarbeiter-Einstellung gegenüber dem Projekt. Wo es eher schon mal ein Thema gewesen ist - das war gegenüber Dritten. Also, quasi gegenüber den Stadtbadbesuchern, gegenüber unseren Partnern dort im Bad, also den Vereinen und den Schulen. Da gab es natürlich schon einige Bedenken will ich sagen, was aber natürlich auch total verständlich ist. Wir beschäftigen uns natürlich regelmäßig mit solchen sehr abstrakten und technischen Themen.
KI ist nun mal ein sehr abstraktes Thema und da war es dann halt eben wichtig, die entsprechenden Besucher und die entsprechenden Vereine und Schulen gut abzuholen und das Ganze gut zu begleiten. Das haben wir auch von Anfang an mit unserem Datenschutzbeauftragten gemacht. Also, wir haben das von dem auf jeden Fall durchleuchten lassen in verschiedenerlei Hinsicht und da die Unbedenklichkeit bewerten lassen. Dann war es halt eben am Ende des Tages das Wichtigste mit den Besuchern, Vereinen und Schulen über diese Technologie zu sprechen, zu erklären, wie sie funktionieren und auch die Sorge zu nehmen, dass man da beim Schwimmen jetzt nicht dauerhaft überwacht wird und die Bilder dann irgendwo massenhaft für längere Zeit gespeichert werden, das ist ja auf jeden Fall nicht der Fall. Wie gesagt, die werden relativ schnell in technische Vektorgrafiken umgerechnet, so dass man da auch datenschutztechnisch wirklich sehr wenige oder eigentlich gar keine kritischen Punkte hat und das war dann auch okay. Das haben wir gut begleitet in der Anfangszeit und jetzt mittlerweile nimmt da gar keiner mehr Anstoß dran. Und ich würde sagen, es fällt auch nichtmals auf, dass wir dieses System halt eben einsetzen. Also, jetzt im laufenden Betrieb gibt es da gar kein Feedback mehr in negativer Art und Weise dazu.
Das heißt ihr seid dann proaktiv auf die Vereine und Schulen zugegangen, um da zu sensibilisieren - im ersten Schritt. Und ein Verständnis dafür zu schaffen, also was passiert da auch datenschutzrechtlich, was wird da aufgenommen? Also, das war dann so euer Weg für Transparenz zu sorgen und die Beteiligten dann auch abzuholen.
Ja, auf jeden Fall. Also, das Thema Aufnahme und Videogeräte, auch Handys irgendwie im Stadtbadbereich, ist natürlich ein kritisches Thema. Das haben wir schon seit langer Zeit in unserer Haus- und Badeordnung geregelt, weil wir da einfach die Privatsphäre schützen möchten und dann ist es natürlich erstmal auf den ersten Blick kontra intuitiv zu sagen: "Okay, wir als Betreiber hängen da aber jetzt Kameras auf und überwachen die ganze Zeit.". Deshalb war es uns wichtig, da schon frühzeitig aufzuklären, was es genau damit auf sich hat.
Du sagtest eben für euer Personal oder für die Mitarbeitenden im Bäderbetrieb war das jetzt gar nicht so eine große Umstellung. Gab es dann dennoch so Schulungen oder dann durchgeführt wurden, um mit dem System vertraut zu werden? Oder wie lange dauert es überhaupt, bis so ein System dann zuverlässig läuft?
Ja, genau. Also, es war auch sowieso von Anfang an klar, dass diese Technologie jetzt auch kein Personal ersetzen soll. Ich glaube, das hat dann auch nochmal ganz gut dabei geholfen, die Akzeptanz für das System zu erhöhen. Um aber auf deine eigentliche Frage darauf zuzukommen - wie sieht das mit der Schulung aus? Es ist tatsächlich so, wie ich gerade schon am Anfang sagte, die Bedienung an sich ist sehr einfach und sehr intuitiv. Das heißt, der eigentliche Endanwender hat dann seine Smartwatch am Arm. Die Funktionen sind auch sehr übersichtlich gestaltet, also man kann ein bisschen rechts, bisschen links swipen, sieht dann da verschiedene Informationen und das war es dann eigentlich auch erstmal mit der Bedienung, das ist es dann soweit eigentlich alles gewesen. Die etwas tiefer gehenden Informationen und Handlungskompetenz mit diesem System, die haben wir dann schon während der Projektphase eigentlich aufgebaut, weil wir dann alle Beteiligten, also unsere hausinterne IT, aber auch die Fachangestellten schon direkt mit in das Projekt eingebunden haben. Somit konnten die schon sehr, sehr viel über das System und die Hintergründe während der Einführung lernen.
Nichtsdestotrotz hat aber auch ein Fachangestellter von uns einen sogenannten Zertifikatslehrgang des Herstellers gemacht, sodass er jetzt intern als Multiplikator auch auftreten kann und dieses System dann entsprechend betreut und schult. Wie lange dauert das jetzt, bis man so ein System gut verwenden kann? Die eigentliche Projektphase war gar nicht so lange. Ich glaube, das war vielleicht ein Vierteljahr zwischen Idee und Umsetzung, also das ging tatsächlich seinerzeit relativ fix. Was dann ein bisschen länger dauert, ist, bis man das System so in einem Zustand hat, was man dann als Finalprodukt vielleicht bezeichnen möchte. Vielleicht auch noch mal so ein bisschen zum Hintergrund: Es gibt bei dieser KI sogenannte "False-positives" und "False-negatives". Das heißt, "False positive" würde dann bedeuten, es wurde jetzt ein Objekt als Ertrinkender erkannt, was aber gar kein Ertrinkender ist. Also, das ist jetzt zum Beispiel so ein Klassiker, die Rettungspuppen der DLRG, die werden da gerne mal erkannt oder wir haben so froschförmige Schwimmbretter für Kinder - die werden dann als kleine Kinder erkannt.
Und da hatten wir relativ direkt nach der Einführung eine Phase, wo wir sehr viele von diesen "False-positives" hatten. Das finde ich persönlich jetzt aber gar nicht schlecht. Das finde ich eigentlich eher positiv, dass erstmal mehr Objekte als Ertrinkende erkannt werden und mehr Alarme ausgelöst werden. Als sie eigentlich tatsächlich ausgelöst werden müssen. Und dem tatsächlichen Produktivbetrieb haben wir uns dann mit der Zeit halt eben, Stück für Stück, weiter angenähert, indem wir dann zusammen mit dem Hersteller "Finetuning" an diesem System vorgenommen haben. Dem haben wir eben Fälle geschildert, die aus unserer Sicht nicht gemeldet werden sollten. Und so wurden dann nach und nach die Parameter angepasst, sodass dann immer weniger Fehlalarme kamen.
Nichtsdestotrotz finde ich das nach wie vor positiv und würde das auch wieder so machen, dass man da diese längere Phase hat, wo man sich dann dem Zielbild annähert, denn mit der Reduktion von "False-positives" wächst natürlich auch immer die Gefahr, dass man dann - über das Herausfiltern sozusagen -, auch Situationen herausfiltert, wo man dann vielleicht einen Ertrinkenden nicht mehr erkennt. Deswegen ist das so aus der Sicherheitsperspektive auf jeden Fall eine gute Idee, erstmal mehr Fehlalarme zu haben, die dann nach und nach zu reduzieren, bis man ein Niveau hat, wo man sich dann sozusagen mit wohlfühlt. Auf der anderen Seite sollte man das aber auch durchlaufen, weil ich glaube, wenn man das System einfach immer Fehlalarm auslösen lässt, dann sorgt es auch dafür, dass es bei den Fachangestellten nicht mehr ernst genommen wird und vielleicht so ein Fall dann nicht mehr adressiert wird. Das wollen wir natürlich auch auf jeden Fall vermeiden. Genau, also nochmal kurz zusammengefasst: Die technische Einführung war eigentlich relativ fix und dann halt eben das Anpassen an unsere Bedürfnisse, das hat etwas länger gedauert, weil wir da einfach so eine gewisse Lernkurve auch durchwachsen oder durchlaufen wollten.
Ja, das System lernt eben auch anhand des laufenden Betriebs und anhand der konkreten Beispiele, die dann im Bad auch sich zeigen. Das ist ein gutes Stichwort. Also, wie sieht das jetzt aktuell aus? Hat sich die KI jetzt so eingespielt auf euer Bad? Also, ist sie jetzt schon so "fine getuned" und abgestimmt oder gibt es da jetzt auch weiterhin regelmäßige Updates, Anpassungen und Support vom Hersteller?
Genau, also da vielleicht nochmal zur Einordnung: Die KI an sich ist jetzt nicht selbstlernend. Das heißt, die lernt jetzt nicht aus den produzierten Bildern selber, die Verhaltensweisen besser zu kennen oder besser zu erkennen. Sondern es ist tatsächlich so, dass dann, wenn entsprechend die Parameter der KI angepasst werden, aber auch nur auf Veranlassung von uns - wenn wir sagen, da war folgende Situation, das hat nicht gut funktioniert. Bitte steuert da noch mal nach. Dann wird das entsprechend angepasst, aber es ist jetzt halt eben nicht selbstlernend. Genau, aber unterm Strich ist es schon halt eben so, dass es regelmäßig Updates für die Software gibt. Das heißt, die wird dann stetig auch weiter verbessert, sodass dann auch darüber natürlich die Qualität, die Anzahl der "False-positives" et cetera dann entsprechend verbessert wird. Über "False-negatives", da bin ich aber auch sehr glücklich, kann ich tatsächlich nichts sagen. Also, wir hatten jetzt noch keinen Ertrinkenden - Gott sei Dank noch gar keinen Ertrinkenden - aber erst recht keinen, der nicht durch die KI erkannt wurde. Also insofern - genau, das System wird auch regelmäßig gewartet vom Hersteller aus.
Und das Training im Alltag läuft dann quasi dadurch, dass ihr Fälle berichtet, die sich eben im Alltag zeigen. Also, es lernt nicht automatisch, die KI, sondern es ist eben darauf angewiesen, dass ihr immer wieder auch Feedback gebt und dass dann verarbeitet wird.
Ja genau, das ist natürlich eigentlich schon eine Art von Lernen, also so funktioniert auch Lernen mit der KI, nur dass wir dann halt eben dazwischen noch den manuellen Schritt haben, dass dann entsprechend manuell die Parameter angepasst werden und das kein selbst lernen ist.
Ja, die KI kann viel aber noch nicht alles. Da hast du auch schon so ein bisschen beschrieben - mit diesen "False-positive"-Fällen zum Beispiel dass etwas erkannt wird, was eigentlich gerade keine konkrete Bedrohungslage ist, aber trotzdem ist es ein Weg dahin, weiter zu lernen. Wo stößt die KI noch an Grenzen oder jetzt dann auch - wo wird es dann mal kritisch, wenn es jetzt zu viele Badegäste sind oder die Lichtverhältnisse schwierig sind, kann ich mir vorstellen, dass das dann auch besondere Bedingungen sind.
Ja, genau. Also, da habe ich jetzt auch nochmal dann ganz konkret vor diesem Interview mit unseren Mitarbeitern dort vor Ort gesprochen. Tatsächlich konnten wir jetzt noch, abgesehen von den Schwimmhilfen in Froschformen und von den Rettungspuppen der DLRG, keine besonderen Herausforderungen erkennen, also was die KI jetzt gerade nicht könnte. Das heißt, auch mit einfallendem Licht von der doch recht großen Fensterfront bei uns im Stadtbad, gibt es jetzt tatsächlich wenig Probleme an der Stelle. Was wir aber eigentlich auch immer deutlich gemacht haben und das sehen auch unsere Mitarbeiter sowieso so, dass diese KI nur eine Ergänzung und ein Hilfsmittel sein kann zur eigentlichen Arbeit im Bad. Das ist sozusagen der doppelte Boden neben dem Fachangestellten, der dann da die Beckenaufsicht führt. Denn die KI erkennt nur, wenn da ein Objekt ist, was dann auch ein Ertrinkender sein kann, was sich nicht mehr bewegt. Aber dann ist es eigentlich sowieso schon ein Stück weit zu spät.
Was natürlich der Angestellte viel besser machen kann, ist die Schwimmgäste im Blick zu behalten, ein Gespräch zu suchen, zu sehen, ob schon jemand bleich ausschaut. Den sollte ich vielleicht mal im Blick behalten oder vielleicht auch erst gar nicht ins Wasser lassen. Das kann natürlich die KI im Vorfeld nicht machen. Also, es ist wirklich aus unserer Sicht eher ein Tool, mit dem man dann den wirklich worst, worst case, eines Ertrinkenden, ein Stück weit mit verhindern kann oder zumindest auch unseren Angestellten da eine gewisse Hilfe mit an die Hand geben kann, so eine Situation dann auch nochmal sicherer zu erkennen, als wenn sie es halt eben nur mit ihrer fachmännischen Expertise machen würden.
Heißt also, die KI ersetzt den Menschen nicht, kann auch nicht ins Wasser springen, wenn es dann doch mal den Fall geben sollte. Falls das notwendig sein soll.
Nein, das geht nicht.
Das geht nicht. Irgendwann gibt es halt mal die Roboter, die das auch können, aber wer weiß, was die Technik noch bietet. Aber sonst, glaube ich, wird klar aus deinen Worten, dass das System eine Ergänzung ist und für den Notfall eine zusätzliche Absicherung schafft, oder? Kann man das so zusammenfassen?
Ja, genau. Auf jeden Fall, also wir sehen das auch eher als Werkzeug zur Risikosteuerung und auch ein Stück weit, um unseren Mitarbeitenden da den Rücken freizuhalten. Ich denke, da möchte natürlich niemand in die Situation kommen, da während seiner Schicht einen Ertrinkenden verzeichnen zu müssen. Und da wollen wir natürlich bestmöglich unterstützen, dass das auch erst gar nicht passiert.
Ich würde gern mit dir auch noch über Zahlen sprechen oder wenn wir über KI sprechen und Investitionen, die damit auch einhergehen, also neben dem zeitlichen Input, dem fachlichen Input, eben auch der monetäre Input. Die Frage, was kostet so ein System, wenn du da bereit bist, Auskunft zu geben und wie rechtfertigt man so eine Investition auch intern?
Ja, genau. Also, eine Kostenaussage zu machen, ist natürlich jetzt etwas schwieriger. Das wäre jetzt dann quasi die genaue Perspektive für Schwerte. Also, wir haben halt eben da drei Becken. Das mag natürlich aber auch dann deutlich aufwendiger werden, wenn man größere Bäder hat, mit größeren Becken, mehr Becken, vielleicht komplizierteren Becken, wo dann noch entsprechende Spielgeräte drin installiert sind oder so. Für unseren Fall war es dann am Ende des Tages ein circa fünfstelliger Betrag, der da fällig geworden ist für die Installation und Einrichtung des Systems. Die laufenden Kosten halten sich da wirklich in Grenzen. Also, wir sind da halt eben jetzt im laufenden Betrieb, der Server steht auch im Stadtbad. Das finde ich persönlich auch nochmal ganz wichtig, dass das jetzt nicht irgendwie eine Cloudlösung ist, wo dann die Aufnahmen erst mal hingeschickt werden.
Da ist dann eigentlich nur minimaler Aufwand für die Wartung noch am Ende des Tages aufzubringen. Für uns war es wirklich sehr positiv und auch sehr gut, dass wir da jetzt keinen harten Business-Case irgendwie rechtfertigen mussten, sondern alle Beteiligten es dann halt eben auch genauso gesehen haben, wie ich das gerade geschildert habe, dass das für uns und aus unserer Sicht halt ein Tool sein soll, um wirklich kritische Situationen zu verhindern. Und ich glaube, das passt auch nicht wirklich gut, irgendwie ein Menschenleben gegenüber Technologie aufzurichten. Also, insofern ist es dann für uns eher ein Werkzeug zur Risikosteuerung, als jetzt so ein wirklicher Business-Case, weil man da halt eben kein Geld mit verdient. Das ist erstmal eine Ausgabe, die aber am Ende des Tages dann doch lohnenswert ist, wenn man den Fall, den man adressieren möchte, dann auch tatsächlich adressieren kann.
Ja, das ist gut auf den Punkt gebracht. Was ist ein Menschenleben wert gegenüber technologischem Einsatz - also, dass das natürlich ein Argument ist. Ihr habt das System nach wie vor im Einsatz - spricht dafür, dass ihr damit auch zufrieden seid. Habt ihr für euch da Bewertungskriterien, wie ihr Erfolg misst? Wie es weitergeht? Wann ist das System für euch ein Gewinn?
Ja, also aus meiner Sicht ist der Zeitpunkt eigentlich schon längst erreicht. Also, das ist aus meiner Sicht der Zeitpunkt, wo ein Mitarbeiter sagt: "Mensch, das war eine gute Sache. Gut, dass wir das haben. Das war eine Situation, die ich so schnell nicht erkannt hätte oder die ich erst später erkannt oder gar nicht erkannt hätte.". Und das ist aus meiner Sicht dann schon der Zeitpunkt, zu dem der Erfolg sich dann entsprechend eingestellt hat. Und das war schon relativ früh. Also, wie gesagt, unsere Mitarbeiter sind da total "happy" mit, weil es auch tatsächlich für den Fall der Fälle, auf der Uhr mit einem Punkt ziemlich genau angezeigt wird, wo in welchem Becken jetzt dann tatsächlich dieser Notfall vorherrscht. Als da die Kollegen das erste Mal davon berichtet haben: "Mensch, das ist eine super Sache. Das hat mir schon sehr geholfen.". Das war der Zeitpunkt, wo wir sagen, das war ein Erfolg.
Lassen sich jetzt aus diesen Erfahrungen und dem KI-Einsatz im Bad auch Erkenntnisse übertragen auf andere Bereiche im Stadtwerk, zum Beispiel auch auf die Netzüberwachung oder Steuerung? Habt ihr für euch da schon Überlegungen angestellt oder Erkenntnisse gewonnen, die sich übertragen lassen?
Ja, das ist natürlich eine gute Frage. Das Feld der KI ist natürlich sehr weit, also da gibt es verschiedenste Methoden, verschiedene Ansätze, wie dann die Algorithmen funktionieren. Insofern, wenn wir jetzt einmal auf den Anwendungsfall schauen: Wir beobachten etwas visuell und schauen dann, ob da irgendwie was komisch dran ist, dann gäbe es da schon Fälle, die man gut damit adressieren kann. Also, es werden da, zum Beispiel, auch Produkte angeboten, mit denen man nicht besetzte Stationen - also Ortsnetzstationen, Wasserstationen, Gasstationen - im Innenraumbereich überwachen kann und sobald dann da irgendwie eine Manipulation stattfindet oder so, wird dann ein Alarm ausgelöst.
Das wäre zum Beispiel so ein Fall, der für uns auch gar nicht so unspannend ist, in Ergänzung oder Erweiterung von klassischen Türkontaktschaltern. Das wäre am Ende des Tages eine spannende Geschichte. Aber auch unabhängig davon beschäftigen wir uns an der einen oder anderen Stelle mit dem Thema KI. Und ich hatte es schon mal gesagt, wir sind da eigentlich ganz gut geübt drin, solche Innovationen auf den Weg zu bringen, sind auch deshalb in projektbezogenen Innovationsteams organisiert. Wovon eines sich gerade damit beschäftigt, die Support-Tickets, die über unser Ticketportal reinkommen, aufzuarbeiten und zum Beispiel schneller und zielgerichteter dem tatsächlich zuständigen Sachbearbeiter zuzuweisen.
Das ist so ein Thema, das bei uns gerade aktiv bearbeitet wird. Der andere große Themenkomplex, der für uns wichtig ist und indem wir auch viel investieren, ist das Thema der Drohnenfliegerei. Da sind wir hier im Stadtgebiet ganz gut aufgestellt und unterwegs. Und wenn man jetzt das Thema Bilderkennung, Bildbearbeitung vielleicht noch mal zurate zieht, dann sind da so Anwendungsfälle, in die wir reinschauen: Die Identifikation von Fernwärmelecks über Thermografie, Baustellenaufmaß, et cetera. Also, da gibt es tatsächlich schon einige Ansätze, die da auf jeden Fall spannend sind, sicherlich für uns auch spannend sind, die wir uns genauer anschauen und die dann auch hilfreich sind.
Im Thema "Netzbetriebsführung" bin ich persönlich immer noch so ein bisschen skeptisch, ob da KI die richtige Methode ist, weil es am Ende des Tages ganz grob vereinfacht eigentlich immer auf Wahrscheinlichkeiten hinausläuft. Und kritische Netzzustände erkennen, das sollte nicht nur wahrscheinlich gut funktionieren, sondern das sollte sicher gut funktionieren und deshalb bin ich da in der Hinsicht noch ein bisschen skeptisch. Es mag durchaus gerne sein, dass sich da in den nächsten Jahren, vielleicht auch schneller als in den nächsten Jahren, Produkte und Ansätze ergeben, die mich dann auch tatsächlich überzeugen - als Skeptiker in der Hinsicht.
Ja, mal schauen, was die Technik noch hergibt in den nächsten Jahren. Erstmal spannend, was du berichtest - was ihr in Schwerte aktuell schon weiter denkt, vordenkt, womit ihr euch beschäftigt. Ich bin gespannt, was da in der nächsten Zeit dann noch kommt. Und wenn wir Richtung Abschluss des Interviews schauen, so noch mal auf deine persönlichen Learnings aus dem Projekt - welche drei Learnings, drei Botschaften kannst du anderen EntscheiderInnen in Stadtwerken, für den Einsatz von KI im Bäderbetrieb oder darüber hinaus, mitgeben?
Ja, gerne. Also, was auf jeden Fall aus meiner Sicht lohnenswert ist und was sich auch für uns tatsächlich immer wieder zeigt, dass es gut ist, Lust auf Innovationen zu verbreiten und mit Lust auf Innovationen da dran zu gehen, weil mit dieser positiven Einstellung wird es dann am Ende des Tages dann doch auch ein Erfolg. Und es zeigt sich auch immer wieder, dass, wenn man die Mitarbeiter frühzeitig einbindet, mitnimmt und mitgestalten lässt, dass dann solche Themen einen auch wirklich ein Motivationsschub für den eigenen Bereich geben, da an solchen Themen mit dran teilzuhaben. Und dann auch die Akzeptanz im Nachgang einfach eine ganz andere ist, als wenn man das von vornherein irgendwie bestellt, beauftragt und irgendwann dann die schlüsselfertige Übergabe ist. Also, das sind auf jeden Fall zwei Themen, die für uns sehr gut funktioniert haben.
Und jetzt ganz konkret auf dieses Projekt "KI im Stadtbad" bezogen, ist es auf jeden Fall auch sehr lohnenswert gewesen, vermutete Bedenken relativ frühzeitig zu adressieren. Also, gerade das Thema Datenschutz und Privatsphäre, das war sehr gut, dass wir das frühzeitig mit der entsprechenden Aufmerksamkeit angegangen sind. Dann hat sich nämlich am Ende des Tages herausgestellt, dass diese Bedenken, die wir hatten, eigentlich gar keine Probleme sind, sondern mit guter Kommunikation, gutem Abholen im Vorfeld, diese Themen eigentlich tatsächlich sehr gut zu bearbeiten waren.
Ja, danke dir für die Einblicke. Gibt es abschließend noch etwas, was du noch teilen möchtest, worüber wir jetzt noch nicht gesprochen haben zu dem Thema? Dann hast du jetzt noch die Möglichkeit etwas zu sagen oder ist das für dich rund?
Ich glaube, wir haben über alles gesprochen. Also, das passt. Also, mir war nochmal wichtig, hervorzuheben, dass es eine gute Unterstützung für die Mitarbeitenden ist, dass sie sich da auch drüber freuen und dass auch die Privatsphäre und der Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger, der Stadtbadbesucher da entsprechend gewahrt bleibt. Und alles andere ist einfach ein Plus, was die Technologie uns für den Arbeitsalltag im Stadtbad bietet.
Ja, super. Ich danke dir, das schließt auch so ein bisschen den Bogen zu der Eingangsfrage ganz zu Beginn: Kann künstliche Intelligenz Leben retten? Ich würde mal sagen, die Antwort ist: Nein. Es braucht nach wie vor den Menschen. Es ist eine Ergänzung zum bestehenden Betrieb und kann helfen, das Risiko zu mindern. Ich danke dir, Chris, für das Gespräch und die Einblicke in den Bäderbetrieb der Stadtwerke Schwerte mit KI.
Ja, herzlichen Dank für das spannende Interview.
Ja, danke auch an euch, liebe Hörerinnen und Hörer, dass ihr bis zum Ende dran geblieben seid. Bleibt über den Sommer auch weiter dran, hört in unsere Sommerfolgen rein. Es lohnt sich, versprochen. Und nochmal der Reminder, hinterlasst uns gerne einen Kommentar und lasst uns wissen, welche Themen euch in Zukunft interessieren, damit wir euch auch weiterhin spannende Impulse und Gäste wie Chris vorstellen können. Das war es für heute mit Energiedosis. Tschüss, bis bald und bleibt energiegeladen.
Music.
Intro: Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Friedrich Stratmann
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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Chris Kittl
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Friedrich Stratmann
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