Erdfrequenz

Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

#9 - Wie wild ist Deutschland wirklich? - mit Carsten Nowak

20.04.2022 60 min

Zusammenfassung & Show Notes

Deutschland wird wild: Luchse, Elche, Wisente und viele weitere Wildtiere gibt es heute wieder in viel größeren Zahlen in Deutschland. Über diese Entwicklung und die Forschung, die sie begleitet, sprechen wir mit dem Fachgebietsleiter Naturschutzgenetik Dr. Carsten Nowak im "Erdfrequenz"-Podcast: Wie unterscheiden er und sein Team anhand von Haarproben die Wild- von der Hauskatze? Wie können Bürgerinnen und Bürger dabei helfen, diese Informationen zu sammeln? Und natürlich geht es auch um die große Frage, die hinter all dem steht: Wie gelingt ein harmonisches Zusammenleben von Mensch und (Wild-)Tier?
 

Transkript

Ein Elch fühlt sich im Wald südlich von Potsdam zu Hause. Zwischen Siegen und Sauerland streift eine Herde wilder Wiesente durch das Rothaar-Gebirge. Der Harz ist das heimliche Mecker für Luxe und im Schwarzwald haben sich Goldschakale, die schon in vielen Bundesländern gesichtet wurden, nun auch erfolgreich vermehrt. Mal ehrlich, gegen diese Tiere sind Biber, Wildkatze und Wolf ja geradezu vertraute Waldbewohnern. Es wird wieder wilder in Deutschland. Einst verschwundene Großsäuger kommen zurück, mal auf eigenen Beinen, mal mithilfe von Auswilderungsprojekten. Andere Tiere, die hier nie heimisch waren, gesellen sich dazu. Was weiß die Forschung über diese neuen Mitbewohner und wie sie die Ökosysteme verändern? Welche Erkenntnisse können moderne DNA-Analysen beitragen und wo kann dieses Wissen vielleicht so manche crude Theorien oder verbreiteten Irrglauben widerlegen? Darüber wollen wir reden in dieser Ausgabe von Erdfrequenz, dem Podcast der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung. Mein Name ist Susanne Schädlich, ich bin Wissenschaftsjournalistin in Frankfurt am Main. Schön, dass Sie wieder dabei sind und uns zuhören. Mir gegenüber sitzt heute der Mann, der die wildesten Wildtiere Deutschlands so intim kennt wie wohl kein anderer, Kassen Nowak. Ich freue mich sehr, dass du da bist. Kassen, wenn ich intim sage, dass wir gleich auflösen, bevor hier jemand falsche Bilder im Kopf hat, dann meine ich, du kennst das Erbgut vieler Wildtiere, also ihre DNA. Du bist Fachbereichsleiter Naturschutzgenetik bei Senckenberg in der Zweigstelle Gelnhausen. Und über die DNA hast du eben nicht nur einen Einblick, welches Tier sich wo auffällt, sondern auch in Verwandtschaftsverhältnisse, in Wanderrouten und vieles mehr. Überall das werden wir gleich reden, aber anfangen würde ich gerne mit dem, was du heute mitgebracht hast. Ja, gerne, wobei ich dazusagen muss, dass es da gar nicht so wahnsinnig viel zu gucken gibt. Man muss dann einen anderen Sinn anstrengen und zwar den Geruchssinn, um das zu charakterisieren. Also ich beschreibe jetzt erstmal, was ich in der Hand habe, so ein kleines, durchsichtiges Gefäß mit nem gelben Deckel und das ist zu vier Fünfteln wahrscheinlich gefüllt mit ner dunklen Flüssigkeit, die ich jetzt ein bisschen unangenehm finde, aber vielleicht weiß ich zu viel oder auch nicht zu viel, was da sein könnte oder interpretiere irgendwas rein. Das heißt, ich muss jetzt auch noch aufmachen und riechen? Oder lieber nicht? Ist das nicht, aber du kannst das tun. Yeah. Es gibt eine Geschichte dazu, und dazu müssen wir das gerufen haben. Okay, das zischt nicht. Äh, beide drehen. Oder? Ja, sehr gut. Ja, ich musste als Kind manchmal bald drehen, wenn ich Magen schmerzen hatte. Meistens musste ich mich dann übergeben, dann war es auch gut, aber das war glaube ich nicht das einzige Ziel. Also es riecht extrem nach bald drehen, das brennt total in der Nase, ich finde es super unangenehm. Was ist das und warum? Ja, wir Menschen empfinden das als unangenehm, das ist ein Extrakt der Baldrianwurzel, das ist aus der Apotheke und wir verbrauchen das. Literweise werden viele Liter von jedes Jahr in Deutschland auch in anderen Ländern im Wald ausgebracht. Und das hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, weil damit eigentlich mein jetziges Berufsfeld und die Inhalte, die Wildhergenetik wirklich angefangen haben mit dieser Substanz. Das hat was mit der Wildkatze zu tun, einer unserer seltensten und heimlichsten Arten in Deutschland und man wusste jahrzehntelang sehr, sehr wenig über die Wildkatze. Die war fast ausgerottet worden vor 100 Jahren und man hat vermutet, dass sie sich wieder ausbreitet, aber man weiß nicht, wo die wirklich vorkommt und es ist nie wirklich gelungen, die sicher nachzuweisen. Die sieht auch Hauskatzen sehr ähnlich, nur wenn man so ein totes Tier auf der Straße findet, können Experten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen, was haben wir da. Aber ich könnte das nicht. Also ich würde sagen, das ist eine Katze. Ja, höchstwahrscheinlich. Genau. Und selbst als Experte gibt es Fälle, wo man sich nicht so ganz sicher sein kann und die zeigt sich wirklich sehr, sehr selten. Und das Problem war, man wollte diese Art eigentlich schützen seit langer Zeit und wenn man aber gar nicht weiß, wo kommt die überhaupt vor, wie geht's der eigentlich, dann kann man auch überhaupt keine Schutzmaßnahmen ergreifen. Und es haben dann so Anfang der 2000er Jahre, haben Leute, haben Experten in verschiedenen Regionen in Deutschland einmal herumprobiert mit einer Methode, die man eigentlich in der Jagd häufig anwendet, dass man mit bestimmten Lockstoffen versucht, zum Beispiel Raubtiere anzulocken, damit man die vielleicht bejagen kann oder in Fallen fangen kann, machen Wissenschaftler auch, um die zu besendern. Und das ist aufwendig bei der Wildkatze und man hat dann angefangen mit einem aufgerauten Stock, das ist eine Dachelatte aus dem Baumarkt, aus Fichte oder was auch immer, hat man ein bisschen angeraut und hat dieses Baldrian appliziert und man weiß seit langem, so wie bei Katzenminze kennt man das, das Baldrian Katzen, die allermeisten zumindest, also Hauskatzen wirklich verrückt macht geradezu, ganz besonders bei der Wildkatze auch in der Randszeit, in der Paarungszeit, man kennt den Mechanismus nicht genau, aber es scheint sehr verführerisch zu wirken für sie. Und das trifft aber auf beide Geschlechter zu, dann nur für die Katze. Ne, das trifft auf beide Geschlechter zu. Wir haben in vielen Jahren die Erfahrung gemacht, dass die männlichen Tiere da häufiger sich fangen lassen. Die Weibchen gehen meist einmal ran, merken irgendwann so richtig viel zum Arterhalt. Trägt das nicht bei. Und die Männchen sind da ein bisschen scheinbar stärker getriggert. Aber es funktioniert für beide Geschlechter, was super ist für uns Biologen. Wenn wir diese Art verstehen wollen und die Tiere zählen wollen. Und man hat gemerkt, das funktioniert gut. Man kriegt ganz viele Haare, wenn man diese Fosten in den Wald stellt, mit Baldrian behandelt und dann kommt man ein paar Tage später wieder. So ein ganz oft Haare dran. Und dann hat sich aber das Problem gestellt, dass man nicht wusste, was man mit diesen Haaren macht. Man kann zwar Katzenhaare morphologisch unter Mikroskop mit viel Fachkenntnissen unterscheiden von anderen Arten. Aber ob Wild oder Hauskatze, das ist nie gelungen. Da wurden mehrere Diplomarbeiten gemacht. Da haben arme Diplomandinnen und Diplomanten und Studierende sich dran versucht. Und da ist nie was bei rausgekommen. Jetzt müssen wir noch kurz klären, warum da Haare dran sind. Die Katzen gehen nicht nur hin und schnuppern da dran, weil sie den Baldreeren irgendwie so wahnsinnig verführerisch finden. Wer selber eine Katze hat, kann das gerne mal ausprobieren zu Hause. Die werden total irre. Es macht einfach ein bisschen Angst, oder? Wenn man eine Katze hat und die so noch nicht erlebt hat, fand ich jedenfalls bei meiner Katze damals. Sondern die fangen dann auch an, so zu markieren und reiben wahrscheinlich. Wie machen das Wildkatzen auf den Kopf und den Hintern dran? Kopf eigentlich den ganzen Körper tatsächlich dran und man hat auch so Fotofallen, also Wildkameras aufgehängt, kann man sich auch auf YouTube oder so anschauen, dutzen, fach tatsächlich und es ist wirklich köstlich zum Teil. Es gibt welche, die reiben sich nur ganz bisschen und andere machen da Minuten lang rum und markieren, urinieren teilweise auch an den Stock, was eigentlich für uns alles gut ist, alles was die hinterlässt, dann hält DNA und das können wir dann später verwerten und um da nochmal zurückzukommen, man hat dann halt hauptsächlich diese Haare gehabt und konnte immer noch die Wildkatze nicht nachweisen und dann ging es aber langsam los, dass verschiedene Labors versucht haben, eine molekulagenetische Unterscheidung zu machen. Man kann, wie man das bei Menschen in der DNA Forensik, in der Kriminalistik kennt, kann man Haare oder andere Spuren am Tatort genauso mit Spuren in der Umwelt, kann man die DNA daraus holen und im Labor extrahieren und dann über bestimmte Methoden gucken, wer ist denn da eigentlich, welche Art, welches Individuum und da haben wir 2008 angefangen, intensiv dran zu arbeiten. Das war auch echt ein harter Weg, weil das schwierig ist, gerade bei der Wildkatze. Also ihr wolltet unterscheiden, sind da jetzt massenhaft Hauskatzen einfach in den Wald gerannt, weil der Baldröhnen so verführerisch duftet und sie angelockt hat, oder sind es tatsächlich Wildkatzen, die ihr eigentlich finden wolltet? Und wenn ich es richtig verstanden habe, konnte man das genetisch lange nicht auseinanderhalten, nicht unterscheiden, wo es Wildkatzen, wo es Hauskatzen, weil die doch sehr eng verwandt sind. weil die doch eng verwandt sind, das ist das eine Problem tatsächlich. Das sind keine langgetrennten Arten, wo man dann über klassische Methoden der Genetik und der Evolutionsbiologie über Stammbäume oder irgendwas einfache klare Unterschiede feststellt und dann die eine Art von der anderen trennt. Man kennt das im sogenannten DNA-Barcoding, was heutzutage oft verwendet wird, um Arten zu unterscheiden, indem man einfach so einen DNA-Stück sequenziert und jede Art hat ihre eigene, ihren eigenen Barcode, ihre eigene DNA-Sekvenz. Das wäre dann sehr einfach. Das wäre einfach und bei Wildkatze und Hauskatze ist das Ganze tatsächlich nicht so einfach, obwohl die Hauskatze nicht direkt von der europäischen Wildkatze abstammt. Aber es ist trotzdem nicht einfach. Das zweite Problem ist, dass diese Haare, die man da hat an der Haarfalle, das wurde dann der Lockstock genannt, das sind teilweise nur wenige. Und wenn die jetzt bei Regen und schlechter Witterung im Wald rumgammeln, sozusagen die Haare, dann wird die Qualität nicht besser der DNA und da ist sowieso schon wenig DNA im Haar. Das heißt, man hat ganz schlechtes Ausgangsmaterial. Man hat eine schwierige Unterscheidung zu machen. Das war die Herausforderung. Und ab 2008 habt ihr dann intensiver daran gearbeitet und jetzt aber inzwischen gelingt es gut. Das ist dann schon relativ schnell gelungen, wir haben dann schon nach einigen Monaten hat das eigentlich gut funktioniert. Man konnte die Nachweise erbringen und das war super. Wir haben dann sofort Hunderte von Proben bekommen jedes Jahr und wir waren überhaupt nicht ausgestattet. Da war ich im Labor und eine Diplomandin damals und plötzlich hat uns jeder Haare geschickt, weil das tatsächlich ganz schnell so einen Run gab. Das ist wirklich eine besondere Art, die jeder wollte plötzlich jeder Naturschutzorganisation Jäger interessierte Bürgerinnen und Bürger wollte die Wildkatze nachweisen im Waldgebiet. Das adelt auch so ein bisschen die Umgebung oder einen Wald, wenn dort dieser heimliche Wildkatze lebt. Und wir haben gemerkt, wir haben da wirklich in den Westmenest gestochen und wenn man solche seltenen Arten plötzlich mit relativ einfachen Methoden. Das ist eine Fichtenholzdachlatte aus dem Baumarkt, die vielleicht 50 Cent oder so kostet, mit dem Moment an Holzpreisen vielleicht mehr. Und auch das Baldrian bekommt man relativ günstig, man braucht nicht viel und schon hat man das. Das Problem war nur natürlich, die Leute draußen können die DNA-Analyse nicht machen und dazu waren wir dann da. Und mittlerweile hat sich nach diesem bescheidenen Anfang, den das genommen hat, hat sich eigentlich im Gelenhausen ein bundesweit führendes Zentrum für Wildtiergenetik etabliert und deswegen habe ich hier den Baldrian mitgebracht. das noch nach. Carsten Nowak leitet bei Senckenberg das Fachgebiet Naturschutzgenetik. Das mit der Genetik hat man jetzt wahrscheinlich schon rausgehört, nach allem, was du gesagt hast, und zwar am Standort in Gellenhausen. Das mit der Wildkatze weit so ein klassisches Citizen -Science-Projekt. Das kann man sich ja vorstellen, dass das Spaß macht. Man geht in den Baumarkt, kauft eine Dachlatte, geht in die Apotheke, kriegt den Wald riechen und hat dann so tolle Ergebnisse möglicherweise irgendwann mit eurer Hilfe. Wie muss man sich jetzt es aber vorstellen, wenn das weitergeht? Also der Jäger oder der Naturschützer oder so geht in den Wald, holt die Haare runter, steckt die in ein Tütchen oder wie und schickt sie euch per Prost. Das ist das Gute, man braucht die nicht einfrieren oder so was, das Material, sondern man kann diese Haare getrocknet aufbewahren, in den Kuvertun, in ein Stück Filtapapier oder auch Kaffeefilter kann man auch machen, falten und dann werden die uns zugeschickt. Das kann aber nicht ganz unkoordiniert laufen, das geht nicht, dass wir einfach Proben mit der Post bekommen, die Untersuchungen müssen auch finanziert werden und Citizens Science bedeutet nicht, dass man irgendwie jetzt mit sich den Personalaufwand sparen kann irgendwie als wissenschaftliche Einrichtung, sondern wir haben diese Projekte hauptsächlich zusammengemacht mit Partnern, mit erfahrenen Partnern, die mit der Betreuung und mit dem Umgang von Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftlern viel Erfahrung haben. Und das war vor allen Dingen der Bund für Naturschutz in Deutschland, der BUND. Und der hat große, größere Projekte eingeworben in den letzten Jahren, wo die bundesweit auf jeden Fall größten genetischen Erfassungen von Wildtieren gemacht wurden, die überhaupt man jemals gemacht hat. Das ist wirklich auch eine Pionierarbeit, die wir da zusammengemacht haben und das waren wirklich große deutschlandweite Erfassung der Wildkatze eben über diese Baldrian getränkten Haarfallen. Also das vorhin schon forensisch gesagt ist wahrscheinlich auch nicht ganz trivial. Also nicht jeder kann einfach irgendwie dahin gehen, diese Haare auf irgendeine Weise abflücken, sondern so ein bisschen Standardisierung muss am Ende bestimmt sein, oder? Das Tolle ist aber, dass es wirklich relativ einfach ist. Wir machen das in Gelnhausen mit Schülerinnen und Schülern zum Beispiel. Wir kriegen da ganz viele Anfragen. Wir können nur ganz wenige auswählen, weil wir überhaupt nicht die Möglichkeiten haben, das großgeilig zu machen. Aber das kommt wahnsinnig gut an. Das können Kinder machen, denn diesen Baldrian zu applizieren und den Stock zu kontrollieren. Die Haare werden mit einer Pinzette abgenommen und werden eben in ein vorbereitetes Tütchen gemacht. Die größte Herausforderung ist immer die ordentliche Beschriftung. Da tun sich selbst Wissenschaftler manchmal etwas schwer damit. Da legen wir großen Wert drauf. Das bereiten wir auch alles ganz genau vor, welches Feld muss ausgefüllt werden. Man muss wissen, wo steht die Haarfalle, wann wird genau besammelt und ein paar andere Angaben. Und dann hat das wissenschaftlichen Wert, denn wer die Haare kommen und auch die DNA, die daraus extrahiert wurde, die kommen dauerhaft in die Sammlung. Wir haben eine Sammlung von mittlerweile über 50.000 Proben, die häufig so gesammelt wurden, Haarproben, Kotproben usw. von Wildtieren aus Europa. Und das werden immer mehr. Und deswegen ist es ganz wichtig, dass die Leute das richtig beschriften, das absammeln und im Kuvert lagern. Das ist wirklich kinderleicht und das ist das Tolle an dieser Methode. Jetzt hast du vorhin schon gesagt, wir haben ein Bespen-Nest gestochen, was ist denn jetzt rausgekommen? Also was weiß man jetzt, was vorher sehr fraglich war zur Wildkatze, wo gibt's die, wie viele haben wir, wo ist die verbreitet, wo nicht so? Gemeinsam Untersuchungen mit dem BUND, mit Dutzenden weiterer Einrichtungen und ganz vielen Projekten, die haben ergeben, dass die Wildkatze viel, viel weiter verbreitet ist und viel häufiger ist, als man das tatsächlich angenommen hat. Das war so erfolgreich, diese Nachweise. Das ist, man kann sagen, sogar einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Naturschutzbereich gab, die sich zwar gefreut haben, aber es ist schon fast in die andere Richtung gegangen, dass man eigentlich sagt, das ist gar keine besonders selten und bedrohte Art mehr. In Hessen zum Beispiel wird diese Art voraussichtlich in der nächsten roten Liste deutlich herabgestuft, auch bundesweit. nicht mehr als stark bedroht. Nicht mehr als stark bedroht, nicht mehr als stark gefährdet. Der Art ist europaweit geschützt. Nach wie vor ist auch in vielen Regionen Europas sehr bedroht. Aber in Deutschland sicher nicht mehr so bedroht. Gerade in diesen waldreichen Mittelgebirgen, im Taunus, im Spessart, in der Rhön, Roter Gebirge, Harz und so weiter, ist die Welt katzirellativ flächig vorhanden. Wir haben gerade eine bundesweite Erfassung gemacht. Diese Methode war so erfolgreich, dass man auch das offizielle Monitoring, also die Bestandserhebungen, die gemacht werden in Deutschland regelmäßig. Das verlangt die EU-Gesetzgebung, dass man seltene Arten regelmäßig monitort. Die wurde jetzt geändert und wird jetzt rutinemäßig über diese Haarfallenbeprobung gemacht. Und dann gibt es Referenzflächen über ganz Deutschland verteilt. Dort werden die Haare gesammelt und zugeschickt und wir ermitteln über die Genetik, wie viele Wildkatzen gibt es, wie viele Individuen sind das, sind die ingezüchtet, geht es den genetisch gut und die letzte Erhebung ist gerade abgeschlossen worden. Und da waren ganz erstaunliche hohe Wildkatzendichten in vielen Regionen Deutschlands. Also wie viele Wildkatzen gibt's jetzt mal damit ich mir auch was vorstellen kann. Das ist ganz schwierig, selbst mit den Methoden hochzurechnen. Wir können das für die Referenzflächen sagen, aber das auf Deutschland zu extrapolieren, das wagt man eigentlich nicht. Aber es gibt mit Sicherheit, also mit einer vorsichtigen Schätzung kommt man wahrscheinlich auf Roundabout 10.000 Wildkatzen und das ist um ein vielfaches höher, als man das noch vor einigen Jahren angenommen hat und das ist dadurch immer noch eine selten Art, 10.000. Wir vergleichen das mal mit 80 Millionen Menschen in Deutschland, also die meisten Menschen werden niemals selbst Leute, die viel im Wald wandern an der Wildkatze begegnen, aber sie ist nicht mehr so kritisch vom Bestand, wie das einst war und die breiten sich tatsächlich mittlerweile entgegenden aus die Wildkatzen, wo man historisch nie Belege hatte der Arten Norddeutschland, in die Lüneburger Heide, wirklich ins norddeutsche Tiefland, im Osten ist es seit Jahren schon in über die Elbe Leipzig und weiter und marschiert zur Richtung Berlin langsam und auch im Süden ist hat sich die Wildkatze über komplett Bayern ausgebreitet und besiedelt gerade Österreich, das ist eine ganz erstaunliche Geschichte. Was weiß man dann darüber, wie sich das so weiterentwickeln wird? Also gibt es dann irgendwo Grenzen, geht die in irgendwelche Gebiete nicht? Oder gibt es irgendwie Populationsdichten? Also eine Dichte an Wildkatzen auf einem bestimmten Raum, die die nicht mehr gut finden? Weshalb das dann irgendwie so ein Ende hat? Oder ist das jetzt erstmal eine Erfolgsstory, die weitergehen wird? Das ist tatsächlich schwierig zu sagen, denn also was klar ist, dass die Wildkatze in ihren Kernlebens rollen, wo es ihnen wirklich gut geht, wo sie ein Optimalhabitat hat, in diesen waldreichen Mittelgebirgen. Dass die häufiger wird und so eine Art, so ein Raubtier hat relativ strenge Territoriengrenzen. Und wenn es da ganz viele gibt, dann quetschen die sich nicht ganz eng zusammen, selbst wenn es viele Nahrung gibt zum Beispiel, sondern dann müssen gerade die Jungtiere, die auf der Suche nach dem Revier sind, die müssen abwandern. Und dann wandern die ab und landen in Gegenden, manchmal sogar in recht relativ Menschen, nahen in den letzten Jahren, wo man aber nicht weiß, ob sie da immer noch geeigneten Lebensraum vorfinden oder ob sie eigentlich gezwungen werden durch diese besetzten Territorien in den guten Gebieten in solchen suboptimalen Habitaten. So nennen wir das zu überleben, das nennt man dann in der Wissenschaft eine Population Sink. Es gibt eine Source, eine Quelle, da kommen die her und dann gibt es eine Ecke, wo die landen, wo man denkt, Mensch, hätten wir gar nicht gedacht, dass hier Wildkatzen auf dem Acker leben können sozusagen, aber in Wirklichkeit werden die sich da wahrscheinlich gar nicht erfolgreich fortpflanzen, geht es denen da gar nicht besonders gut. Aber insgesamt ist es natürlich eine ganz positive Entwicklung. Sie wird sich bestimmt nicht überall hinausbreiten. Wildkatzen gibt es normalerweise nie da, wo es sehr kontinentales Klima gibt, sehr, sehr strenge Winter gibt. Das ist eine Art, die ihre natürliche Verbreitungsgrenze eigentlich in Deutschland hat, nur nach Süden geht sie dann deutlich weiter, über den Mittelmeerraum nach Griechenland, in die Türkei und so weiter, aber die kommt jetzt nicht in Nordosteuropa vor und ich bezweifle auch, dass die trotz Klimawandel jetzt in den nächsten Jahrzehnten im Baltikum zum Beispiel auftauchen wird. Jetzt bist du Genetiker und untersuchst das ja sehr, sehr detaillreich. Was wisst ihr denn inzwischen über die Weltkatzen, die da sind? Also das kann man ja sehr viel weiter aufblättern. Genau, wir wissen, dass Wildkatzen sich genetisch unterscheiden in Deutschland relativ deutlich voneinander. Es gibt eine Population im Westen, so grob gesagt kann man sagen, westlich das Rheins. Herr Taunus gehört noch dazu, interessanterweise. Und dann gibt es Wildkatzen in Mitteldeutschland, in Thüringen, in Nordhessen zum Beispiel. Und die unterscheiden sich genetisch deutlich. Und das hat man schon verlängerer Zeit durch die ersten Wildkatzenuntersuchungen, gar nicht durch uns. Wir haben Kollegen vorher schon herausgefunden und man hat immer gedacht, oh, das ist wahrscheinlich wie bei anderen Arten. Die haben wahrscheinlich in der letzten Eiszeit, konnten die meisten Wildtiere ja nicht in Mitteleuropa überleben und haben dann irgendwo sich zurückgezogen nach Spanien oder auf den Balkan, um dort zu überleben. Und als es wieder wärmer wurde, kommen die Arten wieder zurück und treffen sich dann häufig. Und das hat man bei der Wildkatze auch vermutet. Das vielleicht die Wildkatzen, die jetzt in Thüringen leben, vielleicht irgendwo auf der Balkan-Halbinsel die letzte Eiszeit überlebt haben und die westlichen Katzen auf der Iberischen Halbinsel zum Beispiel und in Südfrankreich. Und das sind also deutlich getrennte Populationen. Und wir wurden immer gefragt, was sollen wir denn machen? Weil es gibt diese großen Schutzprojekte des BONDs, wo man Korridore baut, in die Landschaft, da werden Flächen gekauft und man pflanzt Bäume, um fragmentierte Wildkatzen, Wälder, Habitate miteinander zu vernetzen, dass sie sich gut austauschen und bewegen können. Und jetzt wurden wir immer gefragt, sollen wir denn auch diese west- und diese mitteldeutschen Wildkatzen miteinander verbinden, damit die sich genetisch treffen und die genetische Vielfalt höher wird, was gemeinhin gut ist für Arten, wenn sie eine hohe genetische Vielfalt haben, oder sind es zwei getrennte Unterarten zum Beispiel und die sollen wir lieber getrennt halten. Und das haben wir viele Jahre untersucht tatsächlich und haben Museumsproben vom Senckenberg und von zahlreichen Museen Europas untersucht. Da haben wir wirklich ausgestopfte Katzen zum Beispiel, auch Knochen, Zähne und so weiter, beprobt genetisch und haben das verglichen. Wir haben ganze Genome sequenziert von Wildkatzen mit anderen Kolleginnen und Kollegen im Senckenberg. Und was wir herausgefunden haben, ist, dass diese Wildkatzenlinien tatsächlich kaum 100 Jahre alt sind. Und wir haben da viel daran gearbeitet und wir wissen mittlerweile, dass das eigentlich nur ein Relikt ist, ein Überbleibsel dieser ganz scharfen Bejagung. Man hat die Wildkatze vor 100 Jahren so stark bejagt, als vermeintlicher Schädling des Wildes und so weiter, was alles Unsinn ist. Und hat die zurückgedrängt in ganz wenige kleine Refugialgebiete. Und die hat dann lange in diesen kleinen Gebieten überlebt und der Populationsgenetiker weiß, wenn man so eine Art auf wenige Individuen ganz isoliert über längere Zeiträume hält, dann verändert die sich durch Zufallseffekte genetisch sehr, sehr schnell und sehr, sehr stark. Und wenn die dann wieder zusammenkommen, dann breitet sich die Wildkatze aus, hat man das Gefühl, oder hat man zwei ganz unterschiedliche genetisch, ganz unterschiedliche Formen. Und wir wissen also, wir können die tatsächlich vernetzen, diese Bestände. Und im Übrigen ist die genetische Diversität der Wildkatze auch höher, als man das immer vermutet hat. Man hat gedacht, die lebt in so ganz verinselten Waldgebieten und kommt da nicht raus. Insuchteffekte von so ganz Minipopulationen, die man so geschrumpft hat, also die Jagd so zusammengeschrumpft hat. Und da zeigen auch die DNA-Analysen, dass das eigentlich gar nicht stimmt. Die Wildkatze hat eigentlich überall eine ausreichend hohe genetische Diversität. Und da merkt man, dass diese Dynamik, was ich erzählt habe, die breitet sich aus, auch durchaus über größere Gebiete, dass das wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten anhält und gar nicht so genau erkannt wurde. Denn die Unterschiede, die genetischen zwischen einzelnen Mittelgebirgen, sind tatsächlich viel geringer, als man das erwartet. Und seht ihr inzwischen in der Genetik schon diese Vermischung der ursprünglich mal jetzt vor 100 Jahren künstlich getrennten Minipopulationen? Also treffen die sich schon längst wieder? Man sieht das ganz besondere, insbesondere im Bereich so zwischen Taunus und Nordhessen, wenn man so weiter geht, Westerwald, Rottergebirge und so weiter. Da finden wir Mischform dieser beiden Linien, ob die sich jetzt stärker vermischen. Ich denke schon, das werden wir sehen, Stichwort Vermischung, was wir Gott sei Dank weniger sehen, als wir das erwartet haben, sind Vermischungen mit der Hauskatze. Die theoretisch aber gehen. Die gehen tatsächlich und die geschehen auch. Das ist in einigen Gegenden Europas ein riesen Problem und wahrscheinlich generell das größte Gefährdungsproblem für die Wildkatze überhaupt, weil das, die gut zurecht kommt, das wissen wir, die breiten sich aus. Man denkt, das ist alles in Ordnung. Aber diese Ausbreitung, gerade in Gegenden, wie ich das vorhin gesagt habe, in anthropogenere Gegenden, also in Landschaften, die stärker von Menschen geprägt sind, die Wildkatze kommt also näher ran an die Bauernhofkatze zum Beispiel, an die Hauskatze, die vielleicht frei herumsträunt und das begünstigt die Gefahr der sogenannten Hybridisierung der Vermischung. Und die Jungen, die Hybriden, die sind voll fortpflanzungsfähig, also die können überleben. Es gibt Gegende, den Schottland etwa, ist die Wildkatze eigentlich faktisch ausgestorben, obwohl es die draußen noch gibt, aber die ist komplett durchmischt mit Hauskatzen. Man kann die überhaupt nicht mehr voneinander trennen. Man kann das auch ökologisch und vom Lebensraum überhaupt nicht mehr trennen. Es gibt einen Gradienten, dort von der, sagen wir mal, der Bauernhof Hauskatze zur Wildkatze und morphologisch wie genetisch ist das eigentlich, ist die Wildkatze dort komplett verloren. In Südeuropa hat man teils ähnliche Probleme, weil es viele streunende Hauskatzen gibt, sogar halb wild lebende Hauskatzenpopulationen. Dort kommt es zur Vermischung. In Deutschland haben wir glücklicherweise in den meisten Gegenden nahezu überhaupt gar keine Hybridisierung. Gerade in diesen großflächigen Waldgebieten kommen die Bride fast nie vor. Weil die Bauernhof-Katze dann doch zu weit weg wohnt in Anführungsstrichen, als dass sie so weit in den Wald reingehen würde, seit ihr übertreibt es mit dem Wald drehen, oder? Das ist noch nicht. Ja, vielleicht triggern wir die Hybridisierung. Nee, im Ernst, es ist nicht voll verstanden. Man weiß es nicht. Man weiß noch nicht mal genau, was geschieht, wenn Wild- und Hauskatze sich treffen. Was wir wissen, ist, die begegnen sich. Die Wildkatze lebt nicht nur mitten im geschlossenen Wald, wo Hauskatzen tatsächlich selten vorkommen. Das kann vorkommen, aber im geschlossenen Wald trifft man selten Hauskatzen. Aber wir wissen teilweise, dass an den selben Lockstöcken, die am Waldrand stehen, in einer Woche mal die Wildkatze nachgewiesen wird in der nächsten die Hauskatze. Trotzdem ist es wohl so, dass eine Paarung generell eher ein seltenes Ereignis ist. Es ist bei anderen Arten auch so, bei Wolf und Hund. Die mögen sich nicht wirklich und die Wildkatze findet wahrscheinlich die Hauskatze auch nicht sonderlich attraktiv. Wir gehen davon aus, dass die sehr unattraktiv und ziemlich erschwächling ist für so eine Wildkatze, so eine Hauskatze. Da paart man sich höchstens zu allergrößten Not miteinander. Wir kennen das aber auch nicht genau. Wir Menschen haben bei den Haustieren auch die Reproduktionszyklen teilweise verändert, sodass die Passung gar nicht mehr so da ist, auch die zeitliche Synchronisation. trifft es bei den Katzen auch zu. Das wissen wir noch nicht, da gibt es noch Forschungsbedarf, aber es wird immer wieder vermutet, weil es ansonsten schwierig zu verstehen ist, warum Hybridisierung doch in der Regel zumindest so selten ist. Jetzt stelle ich mal eine Gretchenfrage, nämlich warum wäre das dann so schlimm, wenn die Wildkatze als Art über so eine zunehmende Vermischung mit der Hauskatze verschwindet, wie du das gerade für Schottland beschrieben hast? Dann ist sie als Art weg. Was ist dann verloren? Es ist eine Frage, die aus naturwissenschaftlicher Sicht immer sehr, sehr schwer zu beantworten ist, ne? Es gibt diese vereinfachte Geschichte. Jeder Art spielt ganz vereinfacht gesagt ihre Rolle im Ökosystem. Und wenn man was wegnimmt, weiß man nicht, was passiert. Bei der Wildkatze kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass da nichts passiert, was für uns Menschen direkt negative Auswirkungen hat. Denn Wildkatzen sind Mäusejäger. Das ist gut erst mal, wenn sie viel potenziell schädliche Nagetiere nimmt. Aber im Vergleich zu einem Fuchs, der auch ein fast reiner Mäusejäger ist, ist eine Wildkatze so selten in der Landschaft, dass das wahrscheinlich ökologisch vom Ökosystem her sehr, sehr wenig ausmacht, wenn wir die Wildkatze rausnehmen. Und wir hatten ja jetzt über 100 Jahre in den meisten Lebensräumen der Deutschen keine Wildkatze. Das ist gar nicht der, der dieses Nutzendenken, was so in uns modernen Menschen drinsteckt. Das ist hier falsch angewandt. Aber wenn man sieht, wie groß die Begeisterung ist von diesen Hunderten von Citizen-Scientists, von den Leuten, die die Wildkatzen-Dokus schauen, wie oft man angesprochen wird, wie begegierig die Leute drauf sind, die Wildkatze nachzuweisen in ihrem Waldgebiet, dann merkt man, dass wir eine große Sehnsucht haben nach Wildtieren, auch nach dem heimlichen, was da im Wald lebt. Das ist immer noch für viele Menschen unglaublich, dass wir da im Wald vor unserer Haustür tatsächlich näher als viele Leute das glauben mögen, eine wilde Katzenart haben, die völlig unabhängig von Menschen lebt und überlebt und die man eigentlich nie zu Gesicht bekommt. Und wenn man sich so den typischen deutschen Wald mal vorstellt, wie wir den eigentlich lange gekannt haben, da haben wir schön sauber aneinander gereit, Fichte hinter Fichte, und dann lebt da vielleicht der Rothirsch und das Reh und der Wildschwein und da ist der Jägersmann und der Förster und die Sorgen dafür Ordnung und alles ist ganz aufgeräumt, dann ist das was, was wir eigentlich tief in unserem Inneren gar nicht so wirklich wollen. Das ist eigentlich eher eine Schreckensvision, dass Natur so aussieht und so sieht Natur größtenteils aus in Deutschland. Und was wir momentan erleben, dass Arten wie die Wildkatze, Wildtiere, die man gar nicht wirklich beherrschen kann und beherrschen will, zurückkommen, die Waldstruktur bessert sich auch in den letzten Jahrzehnten. Man lässt mehr liegen, mehr Totholz ist gut für die Wildkatze. Die Wildkatze kehrt zurück, ihre große Schwester, der Luchs kehrt zurück, viele weitere Arten auch und die allermeisten Leute, wenn man Umfragen macht, die begrüßen das und wollen auch, dass das weitergeht und weiter gefördert wird. Und das ist vielleicht für uns Menschen die wahre Bedeutung der Wildkatze. Der Hauptgrund ist, die Frage haben wir wirklich das Recht, dass unsere Natur so verahmen zu lassen, so viele Arten aussterben zu lassen. Tatsächlich kostet uns das ganz, ganz wenig nur mit einer artenreichen Umwelt zu leben. Wir müssen nur bereit dazu sein, den Waldbau ein bisschen zu modifizieren, mehr Naturschutzgebiete zu machen und so weiter. Und die Wildkatze zeigt uns mit ganz leichten Änderungen, nur die Arten brauchen gar nicht so viel, um friedlich neben uns her überleben zu können. Dieser sehr menschengemachte Wald ist ja auch eine relativ junge Erfindung, wenn man jetzt mal über weitere Zeitläufe guckt und in Podcast Nummer 6 erzählt Thomas Hickler auch, inwiefern das sogar auch den Wald, also den Pflanzen im Wald, den Bäumen im Wald zugute kommt, wenn man dann nicht so extrem, wie man das jetzt länger gemacht hat, mehr eingreift, sondern ein bisschen mehr auch Wildwuchs und Diversität zulässt. Was bedeutet es denn jetzt vielleicht doch nochmal nach der Wildkatze an sich? Du hast gesagt, diese Schwächlinge von Hauskatzen, wenn die sich da einkreuzen, also an diesen sogenannten Hybriden, diesen Mischlingen in Schottland zum Beispiel oder so. Was sieht man denn an den Verhalten, die sich anders oder sind die am Ende nicht mehr so robust, wie so eine reine Wildkatze wäre, kann man da irgendwas sagen? Auch das ist schwer zu sagen, eine Hypredisierung. Es wird gemein angenommen, dass die eher negative Konsequenzen hat. Die meisten Arten sind vor sehr langer Zeit, vor hundertausenden oder sogar Millionen von Jahren entstanden und überleben seitdem erfolgreich in sich stetig wandelnden Umwelten. Das sind also absolute perfekt durch die Evolution designte Erfolgsmodelle. Wenn ich jetzt hergehe und einfach irgendwas, was der Mensch verändert hat, letztlich hat er seine Haus- und Nutztiere genetisch radikal modifiziert, nach seinen Vorstellungen bei der Hauskatze vielleicht etwas weniger als bei vielen anderen Haus- und Nutztieren. Und das wird eingekreuzt, dann kann es sehr gut sein, dass ganz wichtige Anpassungen, die das zukünftige Überleben unter diesen schnell sich ändernen Umweltbedingungen begünstigt, dass das eben verloren geht, dass diese Anpassungen verloren gehen. Es können Krankheitserreger natürlich durch diesen Kontakt übertragen werden von Haustiere auf Wildtiere. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Es kann aber durchaus auch sein, dass gerade in unserer sich schnell ändernen, menschlich überformten Umwelt es sogar mal Vorteile haben kann, wenn sich die Wildkatze ein paar Gene ein bisschen Material von der Hauskatze übernimmt. Das ist durchaus nicht ausgeschlossen. Wir kennen zum Beispiel das Beispiel der Wölfe Nordamerika. Dort gibt es in vielen Gegenden schwarze Wölfe. Das ist kein natürliches Merkmal, sondern die Wölfe haben sich das von den Hunden der ersten Siedler Nordamerikas. Haben hybridisiert und haben dieses Merkmal in die Wolfspopulation übernommen. Das wurde da so selektiert, dass es in gewissen Häufigkeiten dieses Merkmal ein Vorteil ist, weil zum Beispiel Beutetiere eher den normalfarbenen Wölf auf dem Schirm haben. Und dieser Schwerzling hat möglicherweise tatsächlich gewisse Vorteile. Also es kann auch Merkmale geben, die positiv sind. In der Regel, nach dem Vorsichtsprinzip, sagt man aber eher nein, denn man darf nicht vergessen, die meisten Haustiere sind um ein Vielfaches. Es gibt über 10 Millionen Hauskatzen in Deutschland. Und wenn es 10.000 Wildkatzen gibt, ist das eine 1.000-fache Übermacht der Hauskatze. Bei Wölfe Nordamerika zum Beispiel ist das ähnlich. Und wenn Hybridisierung nur ab und zu mal vorkommt, dann kann man sich vorstellen, dass vielleicht in 10 Jahren die Situation noch nicht dramatisch ist. Aber in 100 oder in 200 Jahren ist dann vielleicht irgendwann wirklich keine Wildformen, Wildkatze mehr übrig. Also da greift wirklich dieses Vorsichtsprinzip, dass man den Anfängen so ein bisschen wehrt und sagt, wir müssen möglichst verhindern, dass es zu viel Hybridisierung gibt, ganz verhindern, lässt sich das in der Praxis natürlich nicht. Dann kommen wir doch jetzt mal zu ein paar anderen Arten. Also du hast diesen großen Verwandten, den Luchs der Wildkatze schon angesprochen. Aber wenn du jetzt auch sagst, ihr habt 50.000 und mehr Proben, was ist da alles dabei? Was ich jetzt vielleicht nicht so erwarten würde, okay, dass der Luchs jetzt auch wieder da ist, das habe ich schon gehört, aber was ist da noch? Wir untersuchen ganz viele Arten, gerade Arten, die so in den letzten Jahren und Jahrzehnten wieder zurückgekehrt sind nach Deutschland, die sich wieder ausgebreitet haben und das ist eine ganze Serie und das ist erstmal überraschend, weil man kennt die Diskussionen um Insektensterben, Rückgang der Artenvielfalt in Agrarlandschaften, die Feldlärche stirbt und so weiter und dann gibt es aber gar nicht wenige Arten, vor allem große Arten, oft sogar recht spektakuläre Arten, die sich aufgemacht haben in den letzten Jahren. Und die wieder große Bereiche Europas besiedeln. Das hat schon vor Jahrzehnten mit Vogelarten angefangen, die man eines bejagt hat, wie der Graureyer, der häufiger geworden ist. Weißstörche sieht man plötzlich im Rhein-Main-Gebiet an ganz vielen Stellen, das war alles früher mal in den 60er und 70er überhaupt nicht vorhanden. Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass es wieder bei uns im Kinzig-Talber-Gellenhausen gibt es Dutzende von Weißstörchen, die sieht man jeden Tag, es ist eine ganz tolle Entwicklung. Die Wildkatze haben wir schon erwähnt und bei den Säugetieren gibt es doch einige, die ein ganz ähnliches Muster zeigen. Da sind zum Beispiel die Großraubtiere am spektakulärsten, das ist der Lux und der Wolf. Es sind aber auch andere Arten, die man eigentlich eher so mit Wildnisgebieten, Kanadas oder Skandinaviens verbunden hat, Biberleben wieder in den Flüssen, auch mitten in Frankfurt im Übrigen. Elche bekommen Jungen in Ostdeutschland und reproduzieren, das ist eine ganz besondere Entwicklung. Im Rotar-Gebirge gibt es freilebende Wiesente, die größten europäischen Wildtiere überhaupt, Landlebende, so groß wie Bisons, die in freier Wildbahn leben. Das ist eine ganz spektakuläre Entwicklung und wir begleiten das über unsere Genetik. Sind diese Lisente auch wild oder sind die irgendwann aus einem Gehege- und Wildpark ausgebüxt? Die sind wild. Es ist eine ganz schwierige Geschichte, der Wunsch mal auszuprobieren, ob es diese großen Wildrinder, diese Megaherbivoren, die Landschaften verändern können, diese großen, grasenden Tiere, das sind wirklich ganz wichtige Ökosystemkomponenten, die haben früher Teile der Waldreichen Landschaft offengehalten, können die eigentlich auch in unserer Kulturlandschaft leben. Man hat das ausprobiert in einem Ausbilderungsprojekt im Rotargebirge, großes Privatwaldgebiet und dort hat man einige Visente ausgewildert, erst mal testweise und den ging es eigentlich sehr, sehr gut. Die haben auch eine gute Anzahl an Kälbern bekommen in den letzten Jahren. Wir haben auch Proben teilweise von diesen Tieren und das verursacht allerdings ja doch einige Verwerfungen mit Teilen der Gesellschaft. Dort im Rotargebirge, Nordrhein-Westfalen sind sehr viel Privatwälder, sehr viel Waldbesitzer und die Visente, die schädigen teilweise schon die Bäume, die schälen die Rinder ab, zum Beispiel der Bäume, können dazu wirtschaftlichen Verlusten führen. Und es gibt jetzt seit vielen Jahren Gerichtsverfahren und es ist noch nicht ganz klar, was tatsächlich geschehen wird, dass die aber hier sich wohlfühlen und gut leben können. Das hat dieses Projekt gezeigt. Die sind also nicht alleine eingewandert, sondern da hat der Mensch diese Auswöderungsversuche gemacht und daraus haben sich jetzt so kleine Populationen Genau, es gibt zwei Mechanismen eigentlich, entwickelt. wie diese Wildtiere zurückkommen. Das eine, und das trifft für einen relativ grossen Anzahl an Wildtieren zu. Die wurden unter strengen Schutz gestellt. Die durften nicht mehr bejagt, den durften nicht mehr nachgestellt werden. Das haben wir zum Beispiel beim Wolf. Und auch die Wildkatze breitet sicher von ganz allein wieder aus. Und dann gab es im Übrigen auch eine Wiederansiedlung in Bayern, im Spessart und in einigen anderen Gebieten. Auch die scheint erfolgreich gewesen zu sein. Aber es ist nicht der Hauptgrund für die Rücker in der Wildkatze. Die hat sich von alleine ausgebreitet aus den letzten Populationsrefugien. Und ein anderes Beispiel dafür ist zum Beispiel der Lux. Der Lux war, wie der Wolf auch, in ganz Mitteleuropa komplett ausgerottet. Den gab es im Osten noch in den baltischen Ländern an der polnischen Ostgrenze und auch im Karpatenbogen und in West und Mitteleuropa war der komplett verschwunden. Und der wäre auch von alleine nicht mehr zurückgekehrt oder es hätte wahrscheinlich Jahrhunderte gedauert, weil die Luxe gerade die Weibchen nicht gerne wirklich weit wandern und auch empfindlich sind gegen so menschliche Barrieren. Und dort hat man gesagt, und das hat schon vor einigen Jahrzehnten angefangen in verschiedenen Ländern Europas wie in Deutschland und der Schweiz. Wir bringen Luxe vornehmlich aus den Karpaten wieder in geeignete Gebiete. Das hat man im Bayerischen Wald gemacht. Das hat man in den Alpen gemacht, in der Schweiz, im Jura. Und dort wurden Luxe wieder angesiedelt und zumindest einige diese Ansiedlungen, die wirklich nicht sehr professionell, muss man in der Retro-Perspektive sagen, gemacht wurden, da herrscht auch Einigkeit. Man hat sich ein paar Luxe irgendwo her besorgt und die einfach mehr oder weniger rausgeworfen in die Landschaft. Stoenlicherweise hat das geklappt in einigen Gebieten. Und wir haben wieder in wenigen Gebieten Deutschlands Luxe und in einigen Regionen breiten die sich auch ganz langsam wieder aus. Jetzt gibt es ja auch Luxe im Harz. Ja, genau. Wie kommen die da hin? Wurden die da auch ausgesetzt oder sind die dann vom Bayerischen Wald oder so dann doch so ein Stück zumindest alleine gewandert? Es gibt tatsächlich mittlerweile ganz selten Luxe, sind immer männliche Tiere, die wandern weiter, die es schaffen, auch zwischen dem Harz und Bayern zu migrieren, aber einen echten Austausch gibt es da noch nicht. Die Luxe im Harz wurden Anfang der 2000er in einem Wiederansiedlungsprojekt im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes ausgewildert und die stammen ausnahmsweise nicht von Wildfängen, keine wilden Luxe, die in den Kapaten gefangen wurden, sondern die wurden aus diversen Gehegehaltungen aus Deutschland und anderen Ländern genommen, auf die Wiederansiedlungen draußen vorbereitet und wurden wirklich erfolgreich wieder angesiedelt und die Harz-Luxe sind auch die erfolgreichsten Momentanen, die wir in Deutschland, vielleicht auch in Mitteleuropa haben, die breiten sich sogar relativ schnell aus, die haben umliegende Mittelgebirge wie den Solling besiedelt. Es gab sogar schon erfolgreiche Reproduktionen in Nordhessen, es gab dann auch wieder ein paar Rückschläge durch Krankheiten, durch Verkehrsopfer. Beim Lux reden wir von sehr wenigen Individuen, das ist ein Einzelgänger, der hat riesige Territorien und wenn man sagt, er breitet sich nach Nordhessen aus, kann das bedeuten, da ist ein Weibchen und zwei Männchen zum Beispiel und wenn dann das Weibchen vom Auto überfahren wird, was immer wieder vorkommt in unserer verkehrsreichen Landschaft, dann ist diese Population möglicherweise erloschen tatsächlich, das heißt, es gibt Rückschläge, aber insgesamt gibt es eine vorsichtig positive Entwicklung. Wenn du sagst, wir reden über ganz wenige Individuen, wie hoch sind denn die Schätzungen jetzt mal für Deutschland insgesamt gerechnet, kann man das sagen? Ja, die Individuenzahl ist immer schwierig, weil man kann nicht jedes Individuum erfassen, das zählt für all diese Wildtiere. Aber ganz vorsichtig, ich müsste es auch nachgucken, liegen wir wahrscheinlich irgendwo bei 150 bis maximal 200 Luxen, die wir in Deutschland haben. Also nicht reproduzierende Tiere, erwachsene Tiere haben wir den Gesamt bestanden. Also, das ist ja die Zahl, die man immer so gerne hört, weil man sich dann so ein bisschen vorstellen kann. Ihr redet aber eher in Paaren oder so, ne? Und bei den Wölfen in Rudeln. Oder wie zählt man Luxe als Fachmensch? Ja, Luxe zählt man schon. Also man versucht, diese Altersklassen zu unterscheiden. Adultetiere, Erwachsene, Jährlinge, also Jungtiere, Jugendliche zum Beispiel, und macht dann Mindestschätzung. Also all das, was man erfassen kann, viel über Wildkameras, also Fotofallen, die in der Landschaft sind. Luxen haben häufig ein Fleckenmuster, so dass man Individuen sogar unterscheiden kann. Oder eben über die Genetik, können wir auch Individuen voneinander auftrennen, aber man bekommt nicht den kompletten Bestand. Man kann aber über bestimmte statistische Verfahren, Widerfangmethoden abschätzen, wie groß könnte die Population in etwa sein. Für Genetiker ist das nochmal anders, denn der Genetiker, der den interessiert, eigentlich überhaupt nicht, wie viel Luxe, wie viel Tieres erst mal gibt. Das kann 100 Tiere geben, wenn das aber alles Männchen sind, oder die sind alle alt und reproduzieren, die sich nicht. Dann ist diese Population zum Aussterben verurteilt, und dann ist die sogenannte effektive Populationsgröße, die ist eigentlich null und effektiv. Das ist wirklich ein deutlich komplizierter genetischer Formel, die dahinter steht. Aber es besagt eigentlich aus, ganz grob der Anteil der Population, der wirklich einen Beitrag hat am Reproduktionsgeschehen, ganz grob vereinfacht, die wirklich reproduzierenden Tiere. Nehmen wir uns mal ein anderer Wildarten Hirschrudel, und da haben wir ein männliches Tier in Hirsch, dann haben wir einen Haare im weiblichen Tier zum Beispiel. Und jetzt denkt man, man hat, sagen wir 50 Tiere, 49 Weibchen und ein männliches Tier, dann ist 50 die normale Populationsgröße, aber die effektive Populationsgröße wäre deutlich geringer, weil nur das Männchen beiträgt in die nächste Generation, also es geht A. um den Anteil der reproduzierenden Tiere, aber auch um den jeweiligen genetischen Beitrag. Und im professionellen Naturschutz und im Artenschutz versucht man, die effektive Populationsgröße, den genetischen Anteil der in die nächste Generation durch Reproduktion übertragen wird, möglichst zu maximieren. Also es geht um eine genetische Vielfalt am Ende, die weitergegeben wird. Also eine sich fortpflanzende Gruppe an erwachsenen Tieren im besten Alter sozusagen, die möglichst divers sind. Der Artenschutz zielt darauf ab, Populationen zu etablieren, die in der Lage sind, die groß genug sind und bei denen sich genügend Tiere fortpflanzen, damit die genetische Vielfalt von einer Generation auf die andere komplett erhalten wird, sich selbst trägt oder sogar noch durch Migration aus anderen Populationen weiter erhöht wird. Wenn ich einen kleinen Bestand habe und nur ganz wenige Tiere sich fortpflanzen, es kommt nichts von außen rein. Wir leben in einer isolierten, fragmentierten Landschaft, dann sinkt die genetische Diversität, die genetische Vielfalt immer weiter ab. Es kommt für mehr zu Inzucht und nur Populationen kann aussterben oder eine Art kann aussterben, obwohl die Umweltbedingungen an diesem Fleck vielleicht gar nicht so schlecht sind. Jetzt nagel ich dich trotzdem noch mal fest, was weißt du denn über die Luxe, weil wir bei denen jetzt gerade sind, die hier leben. Also du hast schon gesagt, die im Harz, die sind eigentlich am erfolgreichsten, jetzt auch aus dieser Fortpflanzungssicht oder was bedeutet dann am erfolgreichsten. Sie sind tatsächlich am erfolgreichsten bedeutet erst mal, dass sie ein Populationswachstum zeigen, dass die Population nicht zurückgeht oder gleich bleibt. Aus genetischer Sicht sind sie auch die diversesten, aktuell zumindest noch, wir haben mehrere Studien gemacht, die zeigen, dass die genetische Diversität auch abnimmt im Harz, so wie in allen anderen Luxbeständen, die wir kennen in Mitteleuropa auch. Aber von einem relativ hohen Niveau aus, weil die Luxe aus diversen Gehegelinien stammen, da sind auch unterschiedliche Luxlinien und Unterarten vermischt worden und dadurch hat man die Ausgangssituation sogar deutlich erhöht die genetische Diversität. Und die Luxe haben nach wie vor eine relativ hohe Diversität, aber sie sind nach wie vor fast komplett isoliert und das ist das große Problem des Luxes. Wir haben eine große europaweite Studie gemacht, wo wir Teile des kompletten Genomens der Luxe sequenziert haben. Wir haben festgestellt, dass überall, wo die Luxe erfolgreich angesiedelt wurden in Deutschland und umliegenden Ländern, die genetische Vielfalt dieser Luxe weiter abnimmt und teils auf einem sehr bedenklichen Niveau ist. Und es kommt auch überall in Zucht vor, während hingegen in wild lebenden Populationen, gerade weiter im Osten, in Asien, in Sibirien und so weiter, die genetische Vielfalt in diesen großen Beständen, die viel Lebensraum haben, viel, viel höher ist. Also das Problem ist einfach, dass es auch so Waldgebiete sind, die weit entfernt voneinander sind und dass dazwischen diese Korridore nicht gibt oder keine Populationen sozusagen auf dem Weg dahin und die nicht so weit wandern oder warum auch ist das so. Ja, das ist richtig. Man hat also viel zu wenig Wiederansiedlungen gemacht. Wir wissen, dass die Luxus tatsächlich schaffen, durch die fragmentierte Landschaft über die Autobahnen und und so weiter hindurch zu kommen. Gerade die männlichen Tiere können weit wandern, aber so klein ist Deutschland nicht. Und bei diesen mittlerweile gibt es drei kleine Populationen im Harz, im Pfälzerwald und im Bayerischen Wald und sich dazu treffen. Das ist doch sehr unwahrscheinlich und alle Luxsexperten sind einhellig der Meinung. Es muss weitere Wiederansiedlungen geben. Es gibt Modelle, Populationsmodelle, wo man das simuliert, wie sich die Luxpopulationen in den nächsten 10, 50, 100 Jahren entwickeln werden. Man weiß ja viel über die, wie weit die laufen und so weiter, wie viel die reproduzieren. Man kann das berechnen und man weiß, es braucht mehrere weitere Wiederansiedlungen, damit sich irgendwann davon träumen alle Artenschützer und Wissenschaftler eine Meterpopulation bildet. Ein zusammenhängendes Luxgebiet in einem weiten Teil von Deutschland und damit auch eine Möglichkeit für die individuellen Tiere untereinander zu wandern und sich auszutauschen. Genau eine Metapopulation ist also ein Netzwerk an Populationen, die können auch durchaus eigenständig sein als Population, aber es gibt immer wieder mal einen Austausch, einen genetischen Austausch. Da läuft immer wieder mal ein Luchs von der einen in die andere Population und wenn es in der einen Teilpopulation Inzucht, genetische Verarmung, irgendetwas vorkommt, dann wird das doch immer wieder mal ausgeglichen. Vielleicht stirbt sogar irgendwann mal durch eine solche, eine Teilpopulation aus, dann wird das aber auch irgendwann wieder besiedelt. Und da gibt es verschiedenste Modelle, die zeigen, dass das eigentlich ein nahezu optimaler Zustand ist. Ein bisschen Verinselung kann sogar gut sein, wenn zum Beispiel Krankheiten solchen ausbrechen, wir haben das jetzt leidvoll erfahren, die Menschheit am eigenen Leib kann eine gewisse Trennung sogar ganz gut sein, damit nicht sofort alles betroffen ist. Das zählt bei Wildtieren genauso und deswegen zielt man oder wünscht sich diese Metapopulation. Es ist auch unrealistisch. Es kann in Deutschland nicht überall Luchse geben zum Beispiel. Es gibt natürlich besser geeignete, dünn besiedeltere, wildreiche Gegenden. Aber wir brauchen eben Korridore dazwischen, zwischen denen, die die Luchsbestände wandern können und müssen diese Metapopulation haben. Es wäre sicherlich auch sehr, sehr wünschenswert, wenn man zum Beispiel in Hessen im Spessart etwa wieder Luchse ausbildern würde, die sind auch sehr beliebt in der Bevölkerung, begehen kaum Schäden an Nutztieren und so weiter und das ist aber ein Aufwand, das kostet auch Geld, das muss professionell gemacht werden und wir hoffen alle, dass man künftig noch weitere Wiederansiedlungen vornehmen wird, damit diese wirklich spektakuläre, wunderschöne Wildart wieder dauerhaft in einer gesunden Metapopulation vorkommen kann hier in Deutschland. Weil wenn ich dich richtig verstehe, ist das im Moment noch so eine sehr fragile Situation. Also wenn wir, ich weiß jetzt nicht, welche Seuchen für Luxe relevant sind, keine Ahnung, eine Pavovirose, weiß ich nicht, im Harz haben und das angenommen 90 Prozent der darlebenden Luxe, wer krasiert, dann war es das mit der Population im Harz wahrscheinlich, ne? Ich glaube, der Harz ist wahrscheinlich sogar darüber hinweg. In Nordhessen hatten wir das tatsächlich, da hatten wir auch Probleme, mal mit Stauben zum Beispiel. Und dass die Bestandsschwankung dazu führt, dass jetzt im Harz oder im Bayerischen Altellux komplett verschwindet, ist vielleicht relativ unwahrscheinlich, in den nächsten Jahren zumindest. Trotzdem ist es ja das Ziel, dass die Art sich ausbreitet und wir wollen ja eine Art nicht nur in einer Gegend in Deutschland haben, sondern die kann natürlich in allen Mittelgebirgen leben, hat dort auch ihre Funktion, weil sie auch dazu beiträgt, zum Beispiel Huftiere, Rehrirische, Wildschweine, etwas zu regulieren, schafft der Lux nicht alleine, aber mit anderen Großgrobtieren und dem Menschen zusammen. Und das wäre durchaus erwünscht, das zu tun. Und um auch tatsächlich zu verhindern, dass über solchen demografische Schwankungen es dann doch zu Aussterberreignissen lokal kommt, wäre das doch zweifelsohne sehr wünschenswert, man hätte diese Metapopulation. Also das Ziel muss schon sein und ist auch Ziel der Naturschutzgesetzgebung im Übrigen, dass man eine Art nicht nur irgendwo lokal erhält, sondern dass man die in so einen günstigen Haltungszustand überführt, in so eine lebensfähige, große, vernetzte Population und das große Teile der geeigneten Fläche für eine Art von diesen Arten auch wieder besiedelt werden. Dann sind die Artenschutzziele erreicht. Der Luxat noch zusätzlich das Problem in Anführungsstrichen, dass er nicht so viele Nachkommen hat wie so ein Wolf oder so. Also, es dauert sehr viel länger. Und das ist eben störanfälliger, dass die sich ausbreiten. Ja, generell sind Hundeartige wie Wölfe und Füchse usw. Meisten höheres Reproduktionspotenzial, das stimmt als Katzenartige, um so erstaunlicher und wieder einmal zur Wildkatze zurückzukehren, ist die Beobachtung, dass diese Art sich so relativ schnell und erfolgreich ausbreitet. Das hätte man diesen Katzenartigen gar nicht so sehr zugetraut. kriegt denn so eine Wildkatze? Nicht so wie eine Hauskatze? Ja, die kriegen schon mehr Welpen als Luxe. Luxe zum Beispiel, da liegt man meist bei. Also 1 bis 4, 4 ist schon sehr viel, ja. 2 ist eine häufige Zahl. Da ist die Wildkatze tatsächlich schon drüber. Es geht aber nicht nur darum bei den Wildtieren, wie viel Junge die bekommen, sondern die allermeisten überleben natürlich nicht über längere Zeiträume. Sondern wenn man so eine führende Mutter irgendwann sieht, dann läuft die in der Regel nicht mehr mit 6 halbstarken jungen Wildkatzen rum. Sondern eher mit zwei. Ja. Dann kommen wir mal zur nächsten sehr beeindruckenden Art, die du auch schon angesprochen hast, den Elchen. Wo kommen die her und wie viele gibt's eigentlich? Also ich weiß, wie viele interessiert dich als Genetiker nicht so richtig, aber verrat uns doch trotzdem so ungefähr. Der Elch ist nach wie vor ein absolutes Kuriosum, weil den sieht man irgendwo in Kanada oder vielleicht in Skandinavien, aber den sieht man nicht in Deutschland und der ist da tatsächlich auf eigenen Hufen hergekommen nach Deutschland und Elche gab es schon immer in Polen und in Polen werden seit relativ langer Zeit schon seit über 20 Jahren verschiedene Wildarten nicht mehr bejagt. Da gab es viel Druck der Bevölkerung. Die Polen sind auch stolz auf ihre Wildtiere, auf ihre großen Wildtiere. Das ist auch der Grund, warum der Wolf wieder nach Deutschland zurückgekommen ist, weil man in Polen den Jagd eingestellt hat und der sich ausgebreitet hat und dasselbe hat man mit dem Elch getan und die Elche haben sich ausgebreitet sehr stark über ganz Polen, auch Westpolen in den letzten Jahren und so kommen immer wieder Elche aus Polen nach Deutschland, gerade so in die östlichen Gebiete und ab und zu auch mal Elche aus Tschechien, da gibt es eine ganz kleine Reliktpopulation in Tschechien, der Elche und da kommen immer wieder Matiren im Bayerischen Wald. Also Elche in Bayern, es klingt wirklich absurd, aber die kommen wirklich von selbst immer wieder mal dahin und es gibt es nicht so ganz genau bekannt, wird auch glaube ich etwas geheim gehalten, aber in verschiedenen Ecken gibt es angeblich auch schon Reproduktion. Es ist immer schwer zu sagen, weil es kann auch sein, dass natürlich führende Mütter mit den Jungtieren hier rüber wandern aus Westpolen, ob der sich dauerhaft ausbreitet und dann irgendwann zum Standwild wird hier. Das ist glaube ich schwer zu sagen, aber Lebensräume hätte an einigen Ecken in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern sicherlich und ich denke schon, dass der sich weiter ausbrennt. Jetzt sagst du, das ist geheim, und der Bayerische Wald ist ja auch irgendwie verwinkelt, aber wenn ich einen sehen wollte, habe ich wahrscheinlich sowieso schlechte Chancen, aber jetzt verrat doch mal, wo die sind. Also ist das das Oderbruch oder wo sind die ungefähr? Die Tauchen, da sind auch Elche in Sachsen, in der Lausitz und so weiter aufgetaucht. Also gerade diese wandernen Elche, die können überlauft tauchen, 2009 ist ein Elch bis nach Hessen gewandert. Der ist auf der A7 aufgetaucht, wurde dann eingefangen und wurde betäubt. Ich habe vergessen, wo man ihn hinbringen wollte und hat das aber nicht überlebt. Die Elche sind da sehr sensibel tatsächlich. Wenn man die sehen will, dann würde ich nach Polen rüberfahren über die Grenze und würde nicht in Deutschland nach den Fünf Elchen oder wie viel auch immer. Das ist meist niemand suchend, die vielleicht hier irgendwo im grenznahen Bereich. Aber es sind schon eher tatsächlich diese etwas sumpfigeren Gegenden, Elche mögen das sehr gerne, wo es More gibt, wo es etwas sumpfige, feuchte Wälder gibt, wo die nach Nahrung suchen. Kriegt der Eich proben oder ist das allenfalls Zufall? Also habt ihr in der Datenbank jetzt auch Eich proben aus Deutschland schon? Wir haben Elchproben, wir haben auch mal Elchproben gesammelt, ohne dass da jetzt ein systematisches Monitoring gibt. Aber weil wir doch gesehen haben, der könnte tatsächlich mal interessant werden. Der Elch, wenn der stärker kommt, haben wir uns drum bemüht, Elchproben zu sammeln. Kollegen in Sachsen und Brandenburg, die den Elch etwas genauer Monitoring sich angucken, haben auch angefangen, für uns Proben zu sammeln. Also der Elch ist wahrscheinlich die Art, wofür die wenigsten Proben haben in der Datenbank. Aber wir haben schon einige, deren deutscher nachgewiesenen Elche haben wir. Und wir sind gerade in Abstimmung mit Kollegen aus Polen und Tschechien, um ein gemeinsames Projekt zu machen, um über gemeinsame genetische Markersysteme, so ein gemeinsames Monitoring zu machen, weil wir natürlich auch wissen wollen, wo genau kommt denn die Elche jetzt her? Wo sind denn diese Wanderkorridore tatsächlich? Das wird uns auch helfen zu verstehen, wo die vielleicht zukünftig mal leben könnten in Deutschland. Und jetzt hast du schon selber gesagt, das ist so ein sehr beliebtes Thema. Deswegen würde ich dich gerne noch nach irgendwas fragen, was vielleicht noch weniger bekannt ist. Also was für Proben hast du, die du jetzt uns als geheimen Info noch mitgeben könntest? Wer ist auch da, von dem wir nicht ahnen, dass er schon da ist? Also wirklich geheim ist da nichts. Es ist so, bei bedrohten Arten, dass man nicht jedes Mal den genauen Standort irgendwie, wo das Tier herkommt oder die Probe herkommt, irgendwie rauspussaunt. Weil das kann auch immer Leute geben und das weiß man. Die Wildern, die sich nicht freuen über diese Tiere. Es gibt Menschen, die mögen Veränderungen generell nicht so gerne. Und solche Tiere, die da einwandern, sind nicht unbedingt bei jedem beliebt. Und geheim gehalten wird da nicht. Am spektakulärsten ist momentan wahrscheinlich die Wiedereinwanderung falsch, weil die hat es nie gegeben in Deutschland. Wissentlich ist der Goldschakale. Also es gibt Schakale in Deutschland. Die haben auch tatsächlich letztes Jahre produziert. In Baden-Württemberg ist das bekannt geworden. Und Schakale, die kennt man von Dokus aus Afrika, wobei die heutzutage keine Goldschakale mehr sind in Afrika, ist eine eigene Art. Und die vermutet man irgendwo, so in den Steppenregionen, auch in Rumänien, in Bulgarien usw. Die sind in den letzten Jahren, haben sie angefangen, sich auszubreiten über eben nicht weite Wege wie der Wolf zum Beispiel. Diese Kaniden, diese großen, hunderartigen können 100 oder sogar Tausende von Kilometer zurücklegen. Innerhalb relativ kurzer Zeit. Das sind perfekte Läufer. Dazu sind die gemacht in der Evolution. Das ist deren Stärke. Und tauchen mittlerweile in Deutschland auf. Es gibt Goldschakale im Baltikum. Es gibt Goldschakale in Dänemark. Also wir haben Proben aus verschiedensten Regionen Europas von Goldschakalen. An dieser Stelle machen wir jetzt eine Pause, denn für den Wolf, das haben wir gemerkt, wollen und müssen wir uns Zeit nehmen. Kein Tier polarisiert so sehr wie er. Zu keinem sind so viele Halbwahrheiten und Gerüchte im Umlauf. Sobald es um den Wolf geht, kochen die Gemüter hoch. Zwischen Verehrung auf der einen Seite, und man kann es nicht anders sagen, irrationalem Hass auf der anderen ist die ganze Palette der Emotionen dabei. Dann erhalten sogar Menschen aus der Wissenschaft, wie Forschende der Senkenwerkgesellschaft, drohmails. Und deswegen widmen wir dem Wolf eine separate Folge von Erdfrequenz. Darin werden wir detailliert aufblättern, wie viele Wolfsrudel aktuell in Deutschland leben, woher sie kommen und wovon sie sich ernähren. Carsten Nowak wird erläutern, wie sein Team Wölfe von Hunden und Wolfsmischlingen unterscheidet und warum das relevant ist. Und wir werden darüber reden, inwiefern der Aushandlungsprozess, den die Gesellschaft hier gerade führt, über Mitteleuropa hinaus auch für andere Teile der Welt relevant sein könnte. Es wird ein spannendes Gespräch, so viel sei schon verraten. Vielleicht ist das jetzt ein guter Anlass Erdfrequenz zu abonnieren, denn dann erhalten Sie immer automatisch die neueste Folge. Für heute danke ich Ihnen, liebe Zuhörenden, sehr für Ihre Zeit und Ihr Interesse. Sie finden weiterführende Infos und Links, wie immer auf der Seite dieser Podcastfolge oder auf Senckenberg.de. Bleibt mir noch, Sie zur nächsten Ausgabe dieses Podcasts einzuladen. Wir freuen uns, wenn Sie wieder dabei sind. Tschüss und machen Sie es gut.