HOLY SHEEP - Neuseeland

Jenny Jakobeit

35 Jahre Mauerfall - eine ostdeutsche Geschichte aus Neuseeland.

08.11.2024 46 min Jenny Jakobeit

Zusammenfassung & Show Notes

35 Jahre Mauerfall – eine ostdeutsche Geschichte aus Neuseeland.

Ein Interview mit Mareike, die aus einem 500-Einwohner-Dorf in Thüringen kommt.
Mareike hat schon in China und Polen gelebt und gearbeitet.

In unserem Gewächshaus auf der Südinsel Neuseeland spreche ich mit Mareike.
Wir beide gehören zur "Generation Wendekinder", unsere Kindheit haben wir in der DDR verbracht.
Einem Land das es nicht mehr gibt.

Eine Episode über: Heimat, Prägung, DDR, China, Polen, DAAD und das Weitwandern.

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Transkript

Große Empfehlung dafür. Mich hat ein bisschen gewundert, wie negativ doch die Kommentare unter diesem Interview waren. Ja, und Christian Lindner und die deutsche Regierung, die hat das tatsächlich auch in die neuseeländischen Nachrichten geschafft. Das passiert ja auch nicht immer. Wir hören mal rein, wie Neuseeland darüber berichtet. von einer der drei Parteien in der Koalition, die ihn für die Politik über die Interessen des Landes verurteilt hat. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Seriöse Regierungsarbeit ist in diesem Sinne nicht möglich. Besonders heute, an einem Tag mit so einem wichtigen Event wie der US-Wahl. Ja, der Kollaps der deutschen Regierung, das waren die Schlagzeilen. Und natürlich beschäftigt sich Neuseeland als die US-Wahl. wird. Um Politik geht es heute auch in dieser Folge, nämlich ein Ereignis, das 35 Jahre zurückliegt. Morgen am 9. November ist es schon 35 Jahre her, dass die Mauer geöffnet wurde und die DDR Geschichte war. Wir hören mal kurz rein in die Aufnahmen der damaligen Tagesschau vom 9. November 1989. von SED-Politbüro-Mitglied Schabowski nicht mehr den Umweg über die Tschechoslowakei nehmen. Dies kündigte er am Abend vor der Presse in Ost-Berlin an. Über einen entsprechenden Regierungsbeschluss wurde in der Fernsehsendung Aktuelle Kamera informiert. Ja und die Aktuelle Kamera, das war die ostdeutsche Tagesschau, was die in ihren Nachrichten verkündet haben, da hören wir auch noch mal rein. Guten Abend meine Damen und Herren zur aktuellen Kamera. Über den heutigen Beratungstag informierte Günter Schabowski am Abend die internationale Presse. Dabei gab er auch einen Beschluss des Ministerrates zu neuen Reiseregelungen bekannt. Demzufolge können Privatreisen nach dem Ausland ab sofort ohne besondere Anlässe beantragt werden. Ich erinnere mich vor allen Dingen an einst, dass ich Erwachsene vor dem Fernseher sitzen sah, die geweint haben, geweint vor Freude und es nicht fassen konnten. Die Mauer, die die Ostdeutschen 1961 gebaut haben, um ihre Leute zu halten, wird jetzt von jedem, der weggehen will, zerbrochen. Der Ostdeutsche Medienchef der Kommunistischen Partei hat vor kurzem gesagt, dass jeder, der nach Ostdeutschland will, und überall in der Welt will, frei ist, so zu tun. Wir haben ja immer gedacht, es kommt nie wieder. Und auf einmal ist es doch da. Es kann keiner fassen. Es ist einmalig. Gar nichts. Und all das ist vor 35 Jahren passiert. Wenn die Mauer immer noch geschlossen wäre, dann würde ich zum Beispiel heute nicht in Neuseeland sitzen. Ich gehöre ja selbst zu einer ganz besonderen Generation, die ihre Kindheit in der DDR erlebt haben. Und dann war es vorbei. Da war ich gerade acht Jahre alt. Also ich habe definitiv noch sehr, sehr viele Erinnerungen. Ich freue mich dann immer, wenn ich mit Menschen sprechen kann. Und das sind ja nun mal nicht sehr viele, denen das ähnlich geht, also die auch ihre Kindheit in der DDR erlebt haben. Und mein heutiger Interviewgast, die ist fast genauso alt wie ich und die ist auch in der DDR aufgewachsen. Das ist eine ostdeutsche Geschichte aus Neuseeland. Da geht es einfach sehr, sehr viel darum, was macht uns zu den Menschen, die wir sind, was prägt uns und warum treffen wir vielleicht manche Lebensentscheidungen und merken erst im Nachhinein, vielleicht hängt das ja doch mit meiner Vergangenheit, mit der Art, wie ich aufgewachsen bin, zusammen. Ganz viel Freude mit dieser Episode. Unser heutiger Gast ist Mareike. Mareike ist 42 Jahre alt und in einem kleinen Dorf in Thüringen aufgewachsen. In der DDR geboren, in Neuseeland zu leben und zu arbeiten. Schon wirklich eine krasse Geschichte. Neuseeland bereist sie das erste Mal mit 26 und ist gar nicht begeistert. So gediegen und so geordnet und irgendwie so europäisch. Danach lebt und arbeitet Mareike in China und Polen. Ich bin Diggerin und ich bin ein Lehrer. Guten Tag, wie geht es Ihnen? Und dann entdeckt Mareike das Weitwandern für sich. Ja und so bin ich dann eben mit 30 Kilo auf dem Rücken losgestapft. Vielleicht laufe ich tatsächlich bis nach Mexiko. Nach fast 5000 Kilometer Wandern kommt Mareike ein zweites Mal nach Neuseeland zurück. Und habe dann aber die Motivation verloren und dachte dann, okay, das war es jetzt mit Neuseeland. Sie geht zurück nach China und bekommt ein unerwartetes Angebot. Hey Frau Schmidt, wie sieht's aus? University of Auckland in Neuseeland. Mareike kommt ein drittes Mal und diesmal ist alles anders. Ja, ich liebe es. Und plötzlich war alles gut. Jetzt bin ich hier und wo ich in fünf Jahren bin, who knows. Herzlich willkommen Mareike. Ja, hallo, liebe Jenny und danke, dass ich heute bei dir sein darf. Mareike, wir haben ein paar Parallelen in unserem Leben, in unserem Werdegang, obwohl wir ganz unterschiedliche Leben führen. Ja, da bin ich jetzt gespannt. Dann leg mal los, Jenny. Wir sind beide 1981 geboren. Das stimmt. Wir kommen beide aus Ostdeutschland. Korrekt. Wo kommst du her? Ich komme aus Thüringen. Ich komme aus Mecklenburg-Vorpommern. Oh, eins meiner Lieblingsbundesländer tatsächlich. Und das heißt ja, Mareke, dass wir, glaube ich, auch ganz viele Parallelen einfach haben. Wir haben beide gestanden kurz Zeit in Nepal und sind dort weit gewandert. Das war mir gar nicht klar. Also ich war 2011 in Nepal für zwölf Tage und war da im Annapurna Gebiet. Wo warst du? Ich war im Annapurna Gebiet. Vielleicht sollte ich noch mal meine meine Fotos durchkramen. Vielleicht bist du da irgendwo im Hintergrund drauf. Wir waren auch beide mal zur selben Zeit in Bangkok. Ja, das wusste ich auch nicht. Ich war 2005 in Bangkok und habe dann ein Praktikum gemacht am Goethe-Institut. Das war für mich das erste Mal, dass ich in Asien unterwegs war. Und das war auch so mein erstes in Kontakt kommen mit der Welt außerhalb Europas und eine ganz andere Welt. Und ich war lost und gleichzeitig habe ich mich gefunden und es war großartig. Mareike, über die Welt reden wir heute noch. Wir fangen aber mal ganz am Anfang an. In deinem Dorf in Thüringen. Erzähl mal, wie bist du aufgewachsen? Also ich bin tatsächlich in einem ganz kleinen Dorf aufgewachsen im Thüringer Wald. Luftlinie vielleicht acht Kilometer vom Rennsteig entfernt und ja, in Katterfeld haben oder leben immer noch vielleicht so 500 Menschen und da bin ich aufgewachsen und ich hab's gehasst. Ich hab's gehasst, denn wenn man 16 ist und auch mal ins Kino möchte, Freunde treffen möchte und dann aber der letzte Bus aus der Kreisstadt schon 15 Uhr 30 wieder zurückfährt, aber wie es immer so ist, nachdem man das Dorf einmal verlassen hat, merkt man dann plötzlich, was man verloren hat, wenn man nicht mehr dort lebt. Du hast gerade schon gesagt, es war nahe dem Rennsteig. Für alle, die es nicht wissen, der Rennsteig ist ein berühmter Wanderweg, knapp 170 Kilometer im Thüringer Mittelgebirge. Bist du mit dem Wandern in Kontakt gekommen, weil es wird in deinem Leben, wie wir gleich erfahren werden, noch eine größere Rolle spielen? Also ich glaube, man kommt nicht drumrum, wenn man im Thüringer Wald aufwächst. Na klar waren wir das typische Sonntagnachmittag mal auf den Inselsberg wandern. Wir beide sind ja die Generation, die ihre Kindheit in der DDR hatte, aber sobald das Denken dann irgendwie angefangen hat, da war für uns schon die Welt offen. Wie war deine Kindheit in der DDR? Ja, da sprichst du was an. Also ich würde sagen, ich hatte eine echt schöne Kindheit, eine gute Kindheit und gerade auf dem Dorf ist man ja auch weit weg von vielem Politischen, was auch zu DDR-Zeiten eine große Rolle gespielt hat. Gleichzeitig ist man aber auch weit weg von den damals doch sehr begrenzten Möglichkeiten. Also die Regale im Dorfkonsum waren auch nicht prall gefüllt. Und der nächste Buchladen, die nächste Buchhandlung war auch in der Kreisstadt, was auch 18 Kilometer entfernt war. Und zum Glück hatten wir eine Bekannte, die in diesem Buchladen gearbeitet hat und die hat dann immer Bücher dann unter der Ladentheke aufbewahrt und dann auch zur Verfügung gestellt, dass man die kaufen konnte. Es war alles in sehr begrenzten Umfang zugänglich. Aber je älter ich werde, desto kritischer und reflektierender schaue ich auch zurück auf die Kindheit in der DDR. Und du hast es auch gerade schon angesprochen, es gab ja auch diese Halstücher. Erst war man, weiß gar nicht mehr wie das hieß, als Pionier mit diesem blauen Halstuch und dann irgendwann wurde man Tälmann im Kindergarten erlebt habe und an der Grundschule erlebt habe. Rückblickend war das schon sehr verstörend, wie man uns auch als Kinder behandelt hat. Fing bei euch der Unterricht auch so an? Ich fange mal, sag mal den Satz und du antwortest dann, was die Schülerinnen gesagt haben. Für Frieden und Sozialismus seid bereit. Immer bereit. Also war bei euch auch nicht anders. Ja, ja, also ich bin jetzt selber überrascht. Genauso. Also es gibt diese bestimmten Sprüche, die man wahrscheinlich sein Leben lang nicht vergisst oder auch bestimmte Pionierlieder oder ich erinnere mich auch daran, dass man morgens zum Appell auf den Schulhof antreten musste. Fahnenappell. Fahnenappell, ganz genau. genau oder wenn dann mal der Schulfotograf kam, wo das Klassenfoto gemacht wurde. Natürlich hat man dann auch sein Pioniertuch getragen und die zwei, drei Schülerinnen und Schüler, die eben kein Pioniertuch getragen haben, die wurden in die erste Reihe gestellt. Also die werden vorgeführt, dass die Eltern eben darauf keinen Wert gelegt hatten, dass man dem Kollektiv folgt. Die Welt war ja dann offen, Mareike. Wir gehen mal weiter nach der Schulzeit. Was hast du studiert? Ja, also ich habe tatsächlich ganz unterschiedliche Dinge angefangen. Also als Hauptfach habe ich Soziologie studiert und habe dann angefangen noch Psychologie und Anglistik zu studieren, also Englisch. Nach einer Weile war mir das irgendwie nicht genug und ich habe dann noch angefangen, Deutsch als Fremdsprache zu studieren. Man hat damals das Fach studiert oder auch heute noch, wenn man Lehrende für Deutsch im Ausland werden möchte, also wenn man im Ausland unterrichten möchte. Und ich war ganz oft unterwegs zwischendurch. Also ich habe immer mal ein sogenanntes Freisemester genommen und war in der Welt unterwegs. Und ich habe unter anderem 2005 ein Praktikum in Bangkok gemacht, am Goethe-Institut und habe dann das erste Mal auch Deutsch unterrichtet als Praktikantin. Und wenn ich schon einmal so auf einem halben Weg bin und sowieso ein Freisemester hatte, habe ich mir überlegt, Mensch, nehme doch jetzt dieses Work-and-Travel-Visum und fliege im Anschluss an Bangkok nach Auckland und fliege nach Neuseeland. Kannst du mir einmal, weil dieser Kontrast Bangkok, Neuseeland, der ist ja schon hart, beschreib mir einmal deine Welt in Bangkok. Ja, die war bunt, bunt und laut und chaotisch und von gutem Essen geprägt und dieses Warme, Schwüle, Chaos, ungeplant. Also da fährt kein Bus ab, drei Minuten nach neun, der Bus fährt kein Bus ab. Drei Minuten nach neun, der Bus fährt irgendwie ab oder der Minivan, wenn der voll ist. Oder die Busse halten nicht, die fuhren dann ganz langsam so an die Bushaltestelle ran und man sprang dann irgendwie auf oder auch nicht. Also es war eine verrückte Zeit, ja. Und dann bin ich im Anschluss daran nach im Vergleich zu Bangkok einfach nur langweilig war und so gediegen und so geordnet und irgendwie so europäisch. Und es gibt Wälder und es gibt Meer und es gibt Seen und irgendwie ist gar nichts mehr exotisch. Also du warst 26. Wie lange bist du da geblieben in Neuseeland? Ich bin tatsächlich kürzer geblieben, als ich geplant habe, weil mir der Seeland nicht gefallen hat und weil ich fast schon gelangweilt war. Also das, was ich mir erhofft hatte, hat sich überhaupt nicht eingestellt. Und ich dachte dann so, okay, jetzt bist du einmal in deinem Leben am Ende der Welt. Und das, was damals noch so dieser Begriff Südsee für mich vermittelt hat, so dieser Traum der Südsee, Kukinseln oder Fiji. Ich dachte, wenn ich jetzt hier bin, jetzt nimmst du dein Budget, was du eigentlich geplant hast für Februar, März, nimmst das, buchst einen Flug in die Südsee und gönnst dir einmal in deinem Leben diesen absoluten Traum und fliegst in die Südsee und liegst unter einer Kokosnusspalme. Und es war genau so, Jenny. Ich lag unter einer Kokosnusspalme an einem weißen Sandstrand, außer mir vielleicht noch zwei, drei andere Menschen auf diesem 500 Meter langen Strand. Und es war traumhaft. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, Bücher zu lesen, aber ich lag wirklich den ganzen Tag nur an diesem Strand und habe um mich herum gestarrt, weil ich es nicht fassen konnte, dass ich in diesem Traum von Südseeinsel lag. Und ja, danach war für mich die Welt in Ordnung. Diese fünf, sechs Tage Rajo Tonga sind dann wie im Fluge vergangen. Ich bin zurück nach Auckland geflogen und habe dann Neuseeland verlassen und dachte, ich komme eh nie wieder hierhin zurück. Das stimmt nicht, weil du sitzt ja gerade hier mit mir in Neuseeland auf der Südinsel. Ja, danach dem Studium gab es dann ja diese Ausschreibung vom DAAD, vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, für ein akademisches Jahr an einer Hochschule im Ausland als Sprachassistentin. Also den gibt es ja seit fast 100 Jahren. Kannst du einmal so ein bisschen beschreiben, wofür steht der, was macht der? Also der DAAD, der Deutsche Akademische Austauschdienst, ist eine der weltgrößten Austausch zwischen Deutschland und eigentlich dem Rest der Welt. Und dieses Sprachassistentenprogramm war tatsächlich mein erster Schritt, auch beruflich ins Ausland zu gehen. Und ich hatte mich eigentlich beworben für eine Stelle in Russland, in Khabarovsk. Sprichst du Russisch? Ich spreche tatsächlich Russisch. Das war meine erste Berührung mit dem DAAD, war tatsächlich ein Stipendium, was ich bekommen habe, um in Russland Russisch zu lernen. Kannst du nur mal so, damit wir so einen Klang kriegen, kannst du irgendwas auf Russisch sagen? Mein Name ist Mareike und ich liebe Russland. Du bist Mareike und sprichst Russisch. Ganz genau. Genau, da wollte ich hin. Das hat nicht geklappt, aber man kann verschiedene Prioritäten angeben in der Bewerbung. Und so bin ich dann nach China gekommen, nach Guangzhou. Warum machen die das? Was ist die Mission dahinter? Wandel durch Austausch ist letztendlich das Motto und gleichzeitig auch Menschen zusammenzubringen, die Welt zu verstehen. Ja, wenn man einander versteht, dann bekriegt man sich nicht. Und Freunde bekämpft man nicht. Und die Welt wird kleiner, wenn man einmal im Ausland war oder in Deutschland war als Ausländerin oder Ausländer. Und das sind lebenslange Erfahrungen, die man mitnimmt, von denen letztendlich auch Deutschland profitiert. Und der DAAD hat dich ein Jahr nach China gebracht und sechs Jahre nach Polen. Wie war das in China? Ja, aufregend. China ist mit auf meiner Prioritätenliste in der Bewerbung gelandet, weil ich diese tolle Erfahrung in Bangkok hatte. Und mein Kalkül war, ah, China ist Asien, von China aus ist man mal schnell in Bangkok. Aber während dieses Jahres in China war ich nicht ein einziges Mal außerhalb Chinas unterwegs, weil China an sich so extrem faszinierend war und abwechslungsreich und reich an Erfahrungen und Erlebnissen, die man da sammeln kann, dass ich nie das Gefühl hatte, ich muss jetzt nach Bangkok. Hat dich China manchmal an die DDR erinnert? Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen ja. Und interessanterweise habe ich in China auch andere Ausländerinnen und Ausländer getroffen, die aus dem sogenannten Ostblock kamen, die die Länder hinter dem eisernen Vorhang, also die auch vom Sozialismus und Kommunismus geprägt waren, ja oftmals auch Diktaturen waren. Und insbesondere habe ich da gerade eine junge Kollegin im Sinn, die aus Serbien kommt und tatsächlich in China Serbisch unterrichtet hat. Und sie sagte, sie fühlt sich in China auf eine besondere Art und Weise zu Hause, weil sie Parallelen zu ihrer eigenen Gesellschaft erkennt. Finde ich zum Teil ein bisschen fragwürdig. Aber so dieses Grundgefühl kann ich nachvollziehen. Und auch immer der Moment, in dem ich gefragt wurde von Chinesinnen und Chinesen, woher ich komme, und ich gesagt habe, ja, ich bin in der DDR geboren, dann war eine andere Verbindung da, weil man auch von chinesischer Seite da vielleicht auch eine ähnliche Erfahrung, die immer auch so mitschwang, dass man vielleicht auch eine Erfahrung in der Diktatur gemacht hat. Was ich aus diesem ersten Jahr China mitgenommen habe, dass man sich immer selbst ein Bild machen sollte und natürlich kann man kann man sich man sich von außerhalb des Landes informieren, wie das Land tickt und was in dem Land passiert, aber die Rundumwahrheit lernt man erst im Land an sich kennen und da ist nicht alles schwarz und weiß und das ist auch alles nicht so einfach. Kannst du noch was sagen? Auf Chinesisch? Huoshuhanyu. Wo de guoren. Wo shi de guoren. Yi wo shi laoshi. Ich bin Handisch, ich bin Deutsch, ich bin Deutsch und ich bin Lehrerin. Also ich habe jetzt quasi gesagt, dass ich ein bisschen Chinesisch spreche, Deutsche bin und Lehrerin. Sehr schön. Sag mir noch mal, in Polen warst du dann sechs Jahre. Wie würdest du diese Zeit beschreiben? Ja, fantastisch. Ich habe Polen total geliebt. Also ich bin damals zurückgekehrt nach diesem Jahr China und dachte mir, okay, jetzt muss ich erst mal wieder ein bisschen in Deutschland leben und möchte auch in Deutschland arbeiten. War dann tätig als Sozialpädagogin für zwei Jahre, aber immer im Hinterkopf habend, irgendwie musst du nochmal raus und dass das Ausland lockt. Und dann gab es diese Ausschreibung der Stelle in Stettin. Und Stettin, Stjecin auf polnisch? In Mecklenburg-Vorpommern, wenn man an die Ostseite Mecklenburg-Vorpommerns fährt, dann ist Stettin wirklich nur einen Katzensprung entfernt. Große schöne Stadt, über 400.000 Menschen wohnen eine Großstadt ist, wo es eine Vielharmonie gibt, wo es Museen gibt, wo man auch gut einkaufen gehen kann, wo man Kultur hat, Galerien, tolle Geschichte, auch eine deutsche Geschichte, deutsch-polnische Geschichte ist natürlich ein schwieriges Kapitel auch in der deutsch-polnischen gemeinsamen Geschichte. Und Stettin ist tatsächlich, man könnte nach Deutschland laufen. Also ich als Wandernde sage natürlich immer, alles ist irgendwie fußläufig erreichbar. Aber tatsächlich kann man auch vom Stadtzentrum Stettin nach Deutschland laufen. Ist so eine nette Tageswanderung, würde ich sagen. Nicht ganz so schön, aber es ist wirklich sehr, sehr nah. Und ich glaube, von Berlin aus mit dem Nahverkehrszug zwei Stunden, dann ist man in Stettin und ist auf alle Fälle eine Reise wert. Also ich habe es sehr, sehr gemocht. Es hatte so einen gewissen morbiden Charakter. Stettin hat eine Werft an der Oder, die sich dann ja ins Stettiner Haff und dann Richtung Ostsee ausweitet. Kannst du was auf Polnisch sagen? Jetzt muss ich von Russisch wieder umschalten. Warte mal. Dzień dobry. Dzień dobry. Jak się masz? Ja imię Marejke. Ja mieszkawa w Szczecinie, w Gylata. I potem ja mieszkama w Warszawie, też Gylata. Ja, es war jetzt sehr holprig. Also du warst auch in Warschau. Genau, ich warzogen nach Warschau und hatte da nochmal einen Einblick in ein anderes Polen, was eben nicht so nah an Deutschland dran ist. Gleichzeitig aber ist Warschau so eine ganz liberale, progressive Insel in diesen doch eher konservativ geprägten Ostpolen. Und ich stand dann vor der Frage, ja, what's next? Was kommt als nächstes? Und meine Idee war, dass ich dann schon irgendwie wieder zurück nach Deutschland gehe, also aus Polen wieder zurück nach Deutschland komme. Aber ich wollte in der Zwischenzeit irgendwas anderes machen. Also nicht direkt dann von Warschau nach Deutschland fahren und dann gucken, wie es dann beruflich und auch im Leben für mich weitergeht, sondern ich wollte weg und ich wollte wandern gehen. Es gab da eine Dokumentation, die du gesehen hast. Es gab da mal so eine Doku von Ingo Zamperoni. Ich glaube, der ist immer noch Nachrichtensprecher in der ARD oder Tagesschau, genau. Und der hat eine Doku gemacht, weil ich glaube, der war Auslandskorrespondent in den USA. Und der hat eine Doku gemacht und stand dann in so einem weißen Leinenhemd und so einer typischen Wanderhose stand er dann irgendwo in Südkalifornien in der Wüste. So, naja, so halb dilettantisch, wie man das von Auslandskorrespondenten erwartet, die eigentlich eher aus journalistischen Gründen irgendwo auf einem Trail unterwegs sind und nicht um den Trail tatsächlich monatelang zu gehen. Und da traf dann auf solche Wandernden, die eben genau das vorhatten, nämlich monatelang auf diesem Pacific Crest Trail unterwegs zu sein. Das ist ein Trail, der von Mexiko nach Kanada führt, über 4.750 Kilometer. Und das war für mich das erste Mal, dass ich überhaupt von sowas erfahren habe. Also für mich gab es bisher in meiner Wanderwelt den Rennsteig, aber tatsächlich monatelang von Mexiko nach Kanada zu wandern, das war für mich out of the world. Das war überhaupt nicht denkbar und nicht vorstellbar. Und genau das gab's. Und das hat Ingo Zamperoni in dieser Doku vorgestellt. Und das war der Moment, wo ich dachte, ja, das musst du auch irgendwann mal machen. Und nachdem dieser Vertrag in Warschau beendet war, dachte ich, jetzt ist die Zeit. Jetzt kannst du das machen. dass sich im Privatleben auch so ein paar Veränderungen eingestellt haben. Also ich war dann wieder Single und hatte im Grunde genommen keine Verpflichtung und nichts, wo ich sofort hin zurückkehren müsste. Und so meine Idee, wandere mal so die besten Stücke, nehm dir mal so ein, zwei Monate Zeit und geh mal los und guck mal, was passiert. Und genau das habe ich dann auch gemacht. 500 Meilen südlich der kanadischen Grenze eingestiegen und bin dann mal losgelaufen. Und im Nachhinein bin ich da auch losgelaufen, ohne auch wirklich nur einen plassen Schimmer zu haben, was da eigentlich auf mich zukommt. Ja, und so bin ich dann eben mit 30 Kilo auf dem Rücken losgestapft und wollte am liebsten am ersten Tag schon wieder aufgeben und habe mir dann aber als Ziel gesetzt, nee, nee, du läufst jetzt mal die vier Tage bis zur sogenannten Timberline Lodge und dort entscheidest du neu, was du machst. Und dann kam ich an dieser Timberline Lodge an und dann kam so eine Frau auf mich zu und fragte mich dann so, was ich hier so mache und warum mein Rucksack so groß sei. Und dann guckte die mich an und sagte, ah, du hast doch so einen Akzent, wo kommst du nur her? Sag ich, naja, du bist Deutsche, na klar läufst du bis Mexiko. Und das war für mich auch so ein Moment auf diesem Trail, wo ich dann wusste, okay, vielleicht laufe ich tatsächlich bis nach Mexiko. Was für eine Mareike ist am Ziel angekommen, mehr als 4000 Kilometer? Also erstmal ist eine Person angekommen, die eigentlich nicht aufhören wollte zu wandern. Und es ist eine Person angekommen an der mexikanischen Grenze, die zutiefst traurig war, dass dieses Abenteuer Pacific Crest Trail jetzt beendet ist. Und so bin ich dann in Neuseeland gelandet und bin in Tiararoa gewandert. Und als du dann, du sagst, du bist in T.A. gelaufen, also der Weitwanderweg in Neuseeland, du bist die gesamte Südinsel gelaufen. Also Te Ara Roa ist der Long Pathway, das ist dieser Fernwanderweg, der Neuseeland von, klassische Richtung wäre von Nord nach Süd durchzieht, also vom nördlichsten Punkt zum südlichsten Punkt von Cape Wrangler nach Pluff. Für mich war die Idee, mein Pacific Crest Trail Erlebnis und Abenteuer auszuweiten. Hat das geklappt? Nein. Und das ist letztendlich eine Sache, die ich, eine der ganz ganz wenigen Dinge, die ich bereue, dass ich mit diesem Mindset, den Pacific Crest Trail weiterleben lassen zu wollen, aber eben in Neuseeland auf dem TA. Das ist ein Mindset, was nicht richtig ist und was dem TA, also dem Tiararoa und Neuseeland auch nicht, also nicht fair gegenüber ist. Denn zum einen ist Neuseeland ein ganz anderes Land, eine ganz andere Kultur und der Tiararoa ist ein ganz anderer Trail. Beschreib mal den PCT und den TA in einem Satz jeweils. Beauty and the Beast. Schnell, man kann es spontan ein. Also der Pacific Crest Trail ist im Grunde genommen ein 40 Zentimeter breites Band, was sich wirklich durchgängig von Mexiko nach Kanada zieht. Du läufst immer geradeaus, es ist relativ gut markiert, es gibt Apps. Ich bin nicht einmal vom Weg abgekommen, also man kann nicht verloren gehen. Und du hast auf dem Pacific Crest Trail ständig epische Ausblicke, also du bist ständig in Postkarten panoramen unterwegs ja neuseeland tiara du hast eben kein 40 zentimeter breites band auf dem du unterwegs bist ohne verloren zu gehen du hast ganz andere herausforderungen du hast vielleicht keine klapperschlangen und keine schwarzbären wo du vielleicht auch ein bisschen sorge hast in den usa aber du hast das wetter du hast den weg der oft kein als keiner ist oder der eben diese erwwartungen, die man an den Weg hat, nicht erfüllt. Und ich bin mit dieser Vorstellung gekommen, Reike, du hast jetzt deine Trail Legs, also bist fit, du hast gerade die Beine, um gut wandern zu können. Und du machst dann auch in Neuseeland deine 50 Kilometer, was auch so ein bisschen so ein toxisches Denken ist. Aber mit dieser Vorstellung bin ich dann gekommen. Ja, und dann kommt man in den Longwood Forest. Und da ist man wirklich froh, wenn man einen Kilometer in der Stunde schafft. Da bremst dich Neuseeland erstmal aus. Aber hallo, und nicht nur der Matsch bremst dich aus, sondern wenn du vielleicht den Longwood Forest dann gut überlebt hast und dann weiter wanderst, ja, dann kommt mal eben so ein South Westerly, wo dann irgendwo so eine Kaltfront von der Antarktis kommt und wo du dann einfach nur frierst, obwohl es Hochsommer in Neuseeland ist. Und du hast nie trockene Füße, also du hast immer irgendwie nasse Füße, weil du durch nasses Gras läufst oder weil du einen Fluss durchqueren musst oder weil du irgendwo im Schlamm umher wartest. Ich bin damals 2018 2018 die Südinsel gegangen und habe dann aber die Motivation verloren, weil wie gesagt der TA so ein krasser Weg ist und dachte dann, okay, das war es jetzt mit Neuseeland, das war das zweite Mal in Neuseeland, ich habe Neuseeland eine zweite Chance gegeben, es war für mich die Kulisse, um weiter weit zu wandern. Ich war dann tatsächlich wieder im Südpazifik auf einer Insel, habe dann wieder meine Wunden unter der Palme gelegt. Genau, auf Tonga, diesmal nicht auf Rarotonga, sondern auf Tonga. Und habe dann quasi gedacht, ich schlage das Kapitel Neuseeland zu. Also ich wollte nach meiner Weltreise wieder einsteigen in diesem ganzen Bereich, Deutsch als Fremdsprache im Ausland unterrichten. Und ich habe dann tatsächlich als sogenannte Ortslehrkraft in Peking an der Elite-Sporthochschule angefangen, Deutsch zu unterrichten. Denn die chinesische Regierung bzw. die Sporthochschule hat sich als Ziel gesetzt, dass man ihre Sportler und Sportlerinnen auch in der Sprache ausbilden möchte. Wurden ja auch Sportjournalisten ausgebildet, Trainer, Fußballtrainer. Also warum man da überhaupt Deutsch unterrichtet hat, war letztendlich das Kalkül, dass man deutsche Fußballtrainer aus Deutschland anwirbt, um den Chinesen und Chinesen an der Sporthochschule Fußball beizubringen. Also ein ganz, ganz interessantes strategisches Denken. Und das war wieder mein Einstieg nach zweijähriger Weltreise wieder in meinen Job letztendlich. Wo wolltest du nach China hin? Nach China? Also ich hatte mich mich dann beworben auf eine Stelle in Kanada. Einfach auch aus privaten Gründen, weil mein Partner in Nordamerika lebt und Kanada ist schon mal ziemlich nah an den USA. Den hast du beim Wandern kennengelernt? Den habe ich tatsächlich auf dem Pacific Crestrail kennengelernt. Das ist auch so ein Weitwandernder und es ist schon mal super, wenn sich da so die Interessen schon mal gleichen. in Nordamerika dann auch beruflich tätig zu werden und das klappte nicht. Da wurde jemand anderes ausgewählt für die Stelle in Kanada. Hast du dir dann schon gedacht, die bieten mir jetzt bestimmt noch einen anderen Job irgendwo an? Tatsächlich habe ich damit gerechnet, dass man mir einen Job anbietet, den man besetzen muss. Vielleicht auch eine Stelle, die nicht so leicht zu besetzen ist. Damit habe ich gerechnet, meinetwegen oder vielleicht in China oder ja auf alle Fälle ein Land, was eine große Herausforderung darstellt und wo keiner hin möchte. Also hast du schon mal wahrscheinlich deinen Partner vorgewarnt. Vielleicht sehen wir uns bald in Aserbaidschan. Genau so. Und dann, also ich habe ihn auch darauf vorbereitet, dass es ein Land werden könnte, wo man eben ja eine ganz andere Sprache spricht und wo das Leben sehr, sehr anders ist. Und das war auch für ihn okay. Es ist ja alles auch nur auf Zeit. Also wie gesagt, mindestens zwei, maximal fünf Jahre. Und dann kam tatsächlich die E-Mail mit dem Angebot. Hey, Frau Schmidt, wie sieht's aus? University of Auckland in Neuseeland. Das ist nun wirklich nicht der Ort, wo nicht jeder hin möchte, sondern da wollen eine ganze Menge hin wahrscheinlich. Da wollen tatsächlich viele hin. Jedoch ist die Stelle relativ kurzfristig frei geworden, denn 2020, 2021 Pandemie und die Person, die vorher meine Stelle hatte, hatte die Stelle dann abgebrochen und ist zurück nach Deutschland gegangen und die Stelle musste dann besetzt werden. Und ich habe die Stelle dann angetreten, remote, im Februar 2021 und bin tatsächlich erst im August 2022 eingereist. Also ich habe eineinhalb Jahre habe ich dann remote die Stelle ausgefüllt, unterrichtet remote und dann im August 2022 konnte ich dann nach Neuseeland endlich einreisen. Und Deutschland, ich war dann zurückgestrandet im Thüringer Wald, war schon sehr eng. Warst du im Elternhaus wieder oder? Ja, ich bin wieder bei meinen Eltern untergekommen, wofür ich extrem dankbar bin und ich hatte auch eine wirklich gute Zeit mit meinen Eltern. Also das, ja, so sehr zum Erliegen, wie mein internationales Leben gekommen war, hatte ich plötzlich die Möglichkeit, mit Ende 30 mit meinen Eltern auf eine ganz neue, andere Art zu connecten. Und wenn die Pandemie irgendwas Positives hatte, dann genau das. Nichtsdestotrotz, denke ich, war ich relativ abgeklärt, was Neuseeland angeht, weil ich war schon zweimal vor Ort und ich hatte eben nicht diese Traumvorstellung von Hobbiton und Lord of the Rings, was so dieses Stereotyp-Bedenken über Neuseeland eben gerade in Deutschland ausmacht. Ich habe mich natürlich sehr, sehr auf Neuseeland gefreut, wenngleich ich ja schon zweimal in Neuseeland war und eigentlich überhaupt nicht schockverliebt war. Wie ist dein heutiger Beziehungsstatus mit Neuseeland? Ja, ich liebe es. Also wirklich, ich habe drei Anläufe gebraucht, um mich tatsächlich in Neuseeland zu verlieben. Ja, und dann bin ich in Neuseeland gelandet und ich bin im August gelandet, was ja Winter ist auf der Südhalbkugel hier in Neuseeland. Aber es war warm. In Auckland. Gut, dass du nicht in Daniden gelandet bist. Das stimmt. Also ich bin in Auckland gelandet und Auckland ist auch grün im Winter. Und dann bin ich dann eben da gelandet und plötzlich war alles gut. Beschreib mal, wie wohnst du da? Also ich wohne in einer, finde ich, in einer schönen Wohnung in der Innenstadt. Ich gucke ins Grün, was auch nicht so ganz selbstverständlich ist in der Innenstadt. Ich habe mir sehr viele Wohnungen angeschaut. Also ich habe zwei Wochen lang so einen richtigen Wohnungsbesichtigungsmarathon durchgemacht, um eben eine Wohnung zu finden, die fußläufig in der Nähe meiner Arbeit liegt und trotzdem irgendwie privat und ruhig ist. Und da habe ich, glaube ich, Glück gehabt, eine gute Wohnung für mich gefunden zu haben, wo ich mich sehr, sehr wohl fühle. Du bist ja die Person, die den DAAD hier in Neuseeland repräsentiert. Verdient man da viel Geld? Was ist viel? Was verdienst du? Da bin ich typisch deutsch und bin da sehr zurückhaltend, was Zahlen angeht. Aber Neuseeland ist kein billiges Land und insbesondere das Leben in Auckland ist sehr sehr teuer und wenn man hier in den Supermärkten einkaufen geht, dann schlackert man schon mit den Ohren, weil Obst und Gemüse ist sehr teuer, Waren des täglichen Bedarfs, finde ich, sind um einiges teurer als in Deutschland. Mieten in Auckland, also ich miete meine Wohnung, was auch relativ untypisch ist, weil normalerweise kauft man in Neuseeland oder man hat sowieso Wohneigentum. Ich denke, um gut leben zu können in einer okay Gegend in Auckland, muss man locker 1000 Euro im Monat auf den Tisch legen oder an seinen Vermieter überweisen. Für eine Person. Für eine Person. Und ich glaube, das ist auch ein ganz gutes Thema, denn Mieten in Neuseeland ist anders als Mieten in Deutschland. Wenn man in Deutschland mietet, dann kann man seine Wände bunt streichen und man kann Nägel in die Wände hauen. Und man kann sich so richtig einrichten, wie man das so möchte. Hier in Neuseeland, wenn man mietet, darf man die Wände nicht streichen, mit Klebestreifen an die Wand kleben, was ich natürlich trotzdem mache. Aber man ist schon sehr, sehr eingeschränkt und reglementiert durch den Vermieter oder durch den Willen des Vermieters. Und der Vermieter kann sich auch anmelden, dass er mal eine Wohnungsbesichtigung macht. Ich meine, selbst wenn man es dürfte, du kannst ja gar kein Nagel an die Wand schrauben, weil hält ja nix. Ja, das stimmt. Das kommt noch dazu. Also ich glaube, insbesondere viele Deutsche beschweren sich gerne über die Wohnmöglichkeiten oder wie man in Neuseeland so lebt. Ich glaube, ein ganz großes Thema ist, dass viele Häuser und Wohnungen nicht gut gedämmt sind und dass man dann immer friert im Winter und dass es immer feucht ist. Also Neuseeland ist feucht. Neuseeland ist feucht und kühl im Winter, teilweise auch im Sommer. Und es gibt keine Zentralheizung in dem Sinne. Viele Leute haben so eine Heatpump. Das ist so eine heizende Klimaanlage. Ich persönlich habe Heizgeräte, die ich dann neben mich stelle, wenn mir kalt ist und ich dann irgendwie zu Hause friere und ein bisschen Wärme möchte. Manche haben das Glück und haben so einen schönen Ofen. Jenny hat so einen schönen Ofen, so einen Kamin. Das Glück habe ich nicht in Auckland oder es ist gar nicht so typisch in Auckland in den Mietwohnungen, weil es da auch nicht so kalt wird im Winter. Und um nochmal darauf zurückzukommen, weil du mich ja gefragt hattest, dass man eben auch Aufgaben für den DAAD vor Ort im Land übernimmt, bezuschusst auch das Leben in Neuseeland. Und von daher lebt man, glaube ich, ganz, ja doch, doch ganz komfortabel und muss sich wenig Gedanken machen. Aber nichtsdestotrotz ist das Leben in Neuseeland schon sehr, sehr teuer. Und du sagst schon, das sind so die Punkte, über die sich Deutsche beschweren. Wir wollen uns ja gar nicht beschweren. Wir wollen uns ja gar nicht beschweren. Das ist jetzt dein drittes Mal in Neuseeland und der Funke ist endlich übergesprungen. Sag mir, was alles so toll ist, was jetzt so das Leben so lebenswert macht in Neuseeland. Ja genau, du sagst es schon. Das Leben ist lebenswert hier. Also wie gesagt, Leben ist teuer, aber nichtsdestotrotz, und das kostet kein Geld, ist Freundlichkeit. Die Kiwis, so wie sie die Neuseeländerinnen und Neuseeländer auch gerne selber nennen, sind wahnsinnig freundlich und man lächelt sich an. Und dieses ganze Thema Work Kajaken zu gehen, draußen unterwegs zu sein, auch irgendwie am Strand sein zu können oder in die Berge zu gehen, in der Hütte zu übernachten, die die Möglichkeiten ja unterstützen quasi, dass man da einen großen Augenmerk drauf legt, dass man eben noch ein Leben nach der Arbeit hat oder vor der Arbeit, nach der Arbeit, dass man Zeit mit Familie verbringen kann, dass man Zeit mit Freunden verbringt, dass man rausgeht und all das auch genießen kann, was Neuseeland einem bietet. Und ich denke, vom Vorteil ist auch, dass wir hier sehr weit weg von allem sind, also gerade so in Anbetracht von diversen Krisen und natürlich Kriegen. Es ist weit weg und es lebt sich vielleicht ein bisschen entspannter zu wissen, dass man sehr weit weg von vielen Dingen ist, von vielen Konflikten. Und dazu kommt, Neuseeland ist einfach auch klein. Fünf Millionen Leute, viereinhalb, fünf Millionen Menschen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man die Person, die man jetzt vielleicht mal böse angeguckt hat, dass man die wieder trifft, die ist relativ groß. Deshalb guckt man sich nicht böse an. Es macht einfach auch Spaß, nett zu sein, freundlich zu sein, zu lächeln, vielleicht auch mal nicht ganz so direkt deutsch auf Menschen zu reagieren und nicht ständig zu meckern. Denn natürlich gibt es auch Dinge in Neuseeland, über die man meckern kann, aber so viel ist es dann doch nicht. Was sind so die wenigen Punkte, Mareike, wo du sagst, das nervt mich immer noch so ein bisschen, auch in Auckland? Das, was mich als Kaffee-Junkie nervt und was ich eigentlich sonst immer, insbesondere in Warschau gerne gemacht habe, so nach Feierababend sich nochmal irgendwie mit einem Buch oder einer Zeitung ins Café setzen, einen Kaffee trinken, was gerne so 17, 18, 19 Uhr ist. Das geht in Auckland nicht, denn in Auckland hat dann alles zu. Dass das nicht mal in Auckland geht, dass das hier nicht geht, das war mir klar, aber nicht mal in Auckland. Also dazu muss man sagen, die Cafés machen relativ früh auf. Also so insgesamt habe ich das Gefühl, dass neuseeländischer Lebensrhythmus früh beginnt und man kann dort locker um sechs, um sieben irgendwo einen guten Kaffee bekommen, dann aber eben nach 15 Uhr nicht mehr. Aber naja, das ist eben nicht der Rhythmus des Tages in Neuseeland oder ja und damit kann ich locker umgehen. Und sag mal Mareike, du hast ja gesagt, du hast immer eine begrenzte Zeit in einem Land. Und jetzt sagst du, jetzt liebst du Neuseeland, musst du wieder zurück. Zurück wohin? Ja, musst du Neuseeland zu einem bestimmten Zeitraum verlassen wieder? Also der Vertrag für den Job, den ich zurzeit mache, der wird an einem bestimmten Tag ausgelaufen sein. Aber was danach kommt, das wird sich zeigen. Ich kann mir vorstellen, länger in Neuseeland zu bleiben. Ich fühle mich wirklich wohl. Der Lebensstil kommt mir sehr entgegen. Mir kommt die Kultur in gewisser Weise sehr entgegen. Und die Mentalität. Ich fühle mich insgesamt hier sehr wohl. Was dann nach meinem letzten Lautvertrag-Tag passiert, das weiß ich noch nicht. Aber ich würde schon gerne länger bleiben. Und du hast vorhin schon gesagt, du hast deinen Partner kennengelernt während dem Hiken in den USA. Wo lebt dein Partner jetzt und wie macht ihr das? Ja, also mein Partner lebt in den USA, der lebt an der Ostküste und zum Glück ist sein Job auch so flexibel, dass er relativ viel Zeit auch unterwegs sein kann. Das heißt heißt mit mir in Neuseeland verbringen, der ist auch gerade in Neuseeland und mein Job ist auch relativ flexibel, das heißt ich kann auch unterwegs sein. Also wir haben eine Beziehung mit zwei Zuhauses. Wir haben ein Zuhause in Auckland und wir haben ein Zuhause an der Ostküste der USA und je nachdem wo wir sein können, sind wir dann. Mareke, wer hätte das mal gedacht, oder? In dem Dorf in Thüringen, dass so was mal möglich ist. Absolut undenkbar. Ich kann mich noch daran zurückerinnern, wie ich als kleines Mädchen ja im Wohnzimmer meiner Großeltern saß und in so einen DDR-Schulatlas geplättert habe und dann mit meinem Finger über, ja, über Städte gefahren bin auf den Seiten in diesen Atlas und gesagt habe, oh, da will ich mal hin und meine Fahnen und die Fahnen, genau, so diese exotischen Otte, die dann durch diese Fahnen auch symbolisiert wurden und ich habe immer zu meiner Großmutter gesagt, zu meiner Oma, ob ich da mal hinkomme, da will ich mal hin. Das ist ja irre, das kann ich ja gar nicht aussprechen. Was ist denn das für ein Ort? Und meine Oma sagte dann immer oder lachte dann immer und sagte, ja, ja. Weil das war noch in 80er Jahren, bevor die Mauer gefallen ist. Ich war mittlerweile zweimal in Urumqi und ich war mittlerweile auch in Kirkenes. Wie sind diese Orte, Mareke? Ja, großartig. Also für mich waren das magische Momente, dann an diese Orte zu kommen, wo ich als kleines Mädchen nur im Atlas drüber gestolpert bin und meine Oma so ja, ja gelacht hat, weil sie ja damals, ja, aus damaliger Sicht war das unendlich weit weg, da irgendwann mal hinzukommen. Leider hat sie es nicht mehr erlebt, dass ich da war, weil sie vorher schon verstorben ist. Aber ja, für mich waren das irgendwie so diese großartigen Momente, dann tatsächlich dort zu sein. So wie diese, so ein Moment. Ja, ich habe es geschafft. Ja, ich habe irgendwie es geschafft, an diesen Ort zu kommen, was damals, als ich das erste Mal davon gehört habe, undenkbar war. Und genauso, wenn ich mir das auch vor Augen halte, wo ich jetzt bin in Neuseeland, aus dem Thüringer Wald, in der DDR geboren, in Neuseeland zu leben und zu arbeiten, jeden Tag auf Englisch mein Leben zu bestreiten und ja, Englisch als quasi Jobsprache zu haben, abgesehen davon, dass ich natürlich Deutsch unterrichte, aber so im Alltag in der Universität. Es ist schon irre. Es ist schon wirklich eine krasse Geschichte, die für mich einerseits so normal ist, weil ich sie halt lebe, aber auf der anderen Seite so echt irre ist. Ich stelle den Auswanderern immer eine Frage und die werde ich dir auch stellen. Wenn dich jemand aus Deutschland besucht, welche eine Sache packt er in den Koffer für dich und bringt dir mit aus Deutschland. Bücher. Also es gibt tatsächlich nichts, was ich aus Deutschland vermisse. Ich finde man kann auch in, so der Klassiker ist immer Brot, deutsches Brot. Ich finde man bekommt auch in Neuseeland tolles Brot. Hast du einen Sauerteig im Kühlschrank? Nein, also ich ja. Also ich kann, das einzige was ich regelmäßig backe und das ist wahrscheinlich auch relativ neuseeländisch, Fijoa Crumble. Also ich backe Kuchen, schon schnellen Kuchen mit diesen tollen Guavefrüchten sind das glaube ich. Willst du gleich noch eine Fijoa? Ich habe extra welche gekauft für dich, weil du gesagt hast, du freust dich so auf die Fijoa-Saison. Ja, du hast Fijoa, ne? Sehr gerne. Also zurück auf das, was ich vermisse aus Deutschland. Eigentlich, wie gesagt, nichts, außer deutsche Bücher. Ich bin Bücherfriek. Ich liebe es tatsächlich auch, ein Buch haptisch in der Hand zu haben. Also so ein E-Book-Reader ist schön und gut, aber so ein tolles deutsches Buch, also deutschsprachiges Buch in der Hand zu haben, das ist das, was mir fehlt. Also einfach auch durch Buchläden zu stöbern und dann mit so einem Stapel Büchern dann aus dem Laden auszugehen. Also das vermisse ich. Es geht natürlich ja auch mit englischsprachigen Büchern, aber es gibt ja doch schon so ein paar Bücher, die man so auf seiner Leseliste stehen hat, der eigentlich nur mit zwei Koffern umzieht, aber in deinem Elternhaus, da lagert eine riesengroße Sammlung von... Von ganz, ganz vielen Büchern. Ich weiß nicht, wie viele Regalmeter Bücher die Wände meiner Eltern dämmen. Aber ja, das ist das Einzige, was mich so ein bisschen schmerzt, dass ich nicht meine Bücher dabei habe. Aber so ein paar habe ich natürlich auch mit in die Kisten gepackt. Es gab ja nur zwei Kisten und zwei Koffer, mit denen ich nach Neuseeland gekommen bin, weil sehr viel mehr habe ich gar nicht. Ich fühle mich gar nicht so als Auswanderin und ich fühle mich auch gar nicht so, dass ich so umziehe. Ich bin einfach gerade irgendwo und jetzt bin ich hier und wo ich in fünf Jahren bin, who knows. Kannst du nochmal so fünf Bücher empfehlen, wo du sagst, weißt du was, die würde ich in jede Kiste mitnehmen und die mag ich echt und die, da hänge ich dran. Die haben mir was mitgegeben oder die erzählen eine tolle Geschichte. Orkland gekommen ist, sind diverse Bücher von deutschen Sinologen über China, weil ich noch sehr in diesem Mindset war, aus China kommend. Da wollte ich mich weiter mit dem ganzen Thema beschäftigen. Es gibt etliche Bücher über Wandernde, die über ihre Wandererlebnisse geschrieben haben. Also auch gerade vor dem Hintergrund, dass ich so meine Ostidentität lebe, kann ich Bücher empfehlen von jungen deutschen Autoren aus Ostdeutschland, die insbesondere in 80er oder 90er Jahren geboren sind und von daher eigentlich nicht unbedingt diese DDR-Verbindung haben, aber trotzdem in Ostdeutschland aufgewachsen sind. Also Lukas Rietschel kann ich da absolut empfehlen. Der hat zwei tolle Bücher geschrieben, einmal mit der Faust in die Welt schlagen und einmal Raumfahrer, wo auch so eine Ost-Identität aufgearbeitet wird im Sinne von in einer Familie geboren worden zu sein, die eine DDR-Erfahrung hat. Also generell diese ganzen jungen Autorinnen und Autoren, die Osterfahrung aufarbeiten, finde ich wahnsinnig spannend. Mareike, ich danke dir für diesen Einblick in dein Leben, dafür, dass du deine ganze Geschichte geteilt hast, mit uns um die Welt gereist bist und so viele Einblicke in so verschiedene Länder gegeben hast. Sehr gerne. Danke, dass ich bei dir sein durfte, bei Holy Sheep Neuseeland. Ja, Mareikes Buchempfehlung, die findet ihr alle in der Episodenbeschreibung. Außerdem hat Mareike auch selbst zwei Bücher geschrieben, die verlinke ich euch natürlich auch. In dieser Episode ging es ja auch sehr viel ums Weitwandern. Mareike interviewt übrigens in ihrem eigenen Podcast, der heißt Wanderwach und Kaffee. Da interviewt sie Weitwanderinnen, die in der ganzen Welt unterwegs sind. Hört da unbedingt mal rein. Ja, wenn ihr auch jemanden kennt, für den dieses Interview interessant sein könnte, dann schickt ihm doch diese Podcastfolge. Habt ein wunderschönes Wochenende. Vielen Dank fürs Zuhören. Liebe Grüße aus Neuseeland. Käkite. Transcribed with Cockatoo