Körper und Gesellschaft: Worum geht es hier und wer bin ich?
08.03.2025 13 min
Zusammenfassung & Show Notes
In meiner ersten Folge von "Körper und Gesellschaft" gebe ich dir Einblick in meinem persönlichen Weg zur Körperakzeptanz und meine Arbeit rund um das Thema „Körper“. Ich erzähle dir, warum ich diesen Podcast gestartet habe und du erfährst, was dich in kommenden Episoden erwartet.
Transkript
Herzlich willkommen beim Podcast Körper und Gesellschaft, dem Podcast für das
Thema Körperakzeptanz. Mein Name ist Ira Schumann.
In dieser ersten richtigen Folge erzähle ich genauer, worum es geht,
wer ich eigentlich bin und was sich hier in den nächsten
Wochen, Monaten in diesem Podcast erwartet.
Bevor ich starte, eine ganz kurze Inhaltswarnung. Ich
erwähne hier in dieser Folge kurz das Thema Diäten,
gehe aber dazu nicht ins Detail. Und ich erzähle also auch
nicht positiv davon, aber einfach, wenn das was ist, was du gerade nicht
unbedingt hören magst, was dir nicht gut tut, dann bist du einfach kurz
vorbereitet oder bist informiert.
Okay, ich steige damit ein, wer ich eigentlich bin und was mein Bezug zu
diesem Thema Körperakzeptanz ist oder mein Bezug zum Thema
Körper. Wo fange ich an?
Genau, ich bin, vielleicht fange ich einfach so an, ich bin 45 und ich bin
den größten Teil meines Lebens dick. Wie eigentlich fast
alle oder wahrscheinlich sogar alle Menschen, bin ich
mit ganz bestimmten Ideen rund Körper und Gewicht aufgewachsen,
die ich einfach jahrelang gar nicht hinterfragt habe, die einfach sehr
wahr wirkten. Und ja, wo ich immer das Gefühl
hatte, das stimmt so und es kann gar nicht anders sein. Also ich habe zum
Beispiel früh gelernt, dass Dünnsein besser ist als Dicksein
und dass dicke Menschen eben abnehmen müssen, dünn zu
sein. Also ich habe gelernt, dass dick sein eher so etwas ist wie so ein
Übergangszustand oder das zumindest so sein sollte,
aber dass es nicht ein dauerhafter Zustand ist, in dem man irgendwie
ein okayes oder gutes Leben führen kann.
Diese Sichtweise habe ich als sehr selbstverständlich kennengelernt und bis Mitte 20 war
mir wirklich überhaupt nicht klar, dass es möglich ist,
anders über dieses Thema nachzudenken oder anders darauf
zu schauen. Ich habe, bevor ich Mitte 20 war,
immer wieder sehr selbstverständlich verschiedene Diäten gemacht. Also ich habe
damit gestartet, da war ich 13 und es lief so, wie es
eigentlich fast immer läuft bei fast allen Menschen. Ich habe ein paar Kilo
abgenommen, dann habe ich wieder irgendwann mehr Kilo zugenommen
und dann irgendwann habe ich wieder Diät gemacht und so weiter.
Ich habe auch gelernt, dass ich als dicker Mensch
weite Kleidung tragen soll und habe die auch lange so getragen, also weite
Kleidung, die meinen Körper eher kaschiert als zeigt, weil man das eben so
macht, weil man den dicken Körper eben
nicht genauer sehen sollte. Also auch das habe ich gelernt. Und ich habe
selbstverständlich auch gelernt, dass wenn ich dick bin,
wenn ich dick bleibe, dass mich nie jemand begehren wird, wenn ich und
dass ich dann nie eine erfüllte Partnerschaft haben werde.
Und in meiner Herkunftsfamilie gab es noch die spezielle Ausprägung,
Da habe ich auch als Kind schon die Rückmeldung bekommen, wenn ich dick bin, dann
werde ich nie Arbeit finden und nie gute Arbeit finden.
Also das sind alles so Lektionen, die ich in meiner frühen Kindheit schon gelernt
habe und wie gesagt, die ich auch einfach lange nicht in Frage
gestellt habe. Mit Mitte 20, also konkret mit
24, habe ich dann meine letzte Diät gemacht und hatte
da ja einen Aha-Moment. Also es war wie so eine,
wie so eine Eingebung fast. Und in diesem Moment habe ich verstanden,
dass ich einfach mein ganzes Leben lang extrem hungern
müsste, dünn zu werden und dann auch dünn zu bleiben. Und für mich war
klar, ich will nicht den Rest meines Lebens, also die restlichen
50, 60 Jahre, die ich hoffentlich haben würde, die will ich nicht damit
verbringen, so intensiv über Essen nachzudenken und halt ständig zu
hungern. In der späteren Podcast-Episode werde ich
mehr dazu erzählen, aber ich finde es bis heute total faszinierend, dass es diesen
plötzlichen Aha-Moment überhaupt gab und ich habe da auch wirklich
nie wieder probiert habe abzunehmen.
In den Jahren danach habe ich dann so nach und nach gemerkt,
oh, also es geht wirklich auch anders. Also ich muss nicht so leben, wie ich
es mal gelernt habe, sondern ganz vieles, was ich über Körper und Gewicht gelernt habe,
stimmt einfach nicht. Also es ist möglich,
gleichzeitig dick zu sein und ein gutes, erfülltes Leben zu führen.
Und in den Jahren nach, also nachdem ich Mitte 20 war, so zwischen Mitte
20, Anfang 30, habe ich dann angefangen, irgendwann auch so Blogs zu
finden und zu lesen, wo
einfach andere dicke Menschen über solche Dinge
geschrieben haben wie Fat Acceptance oder Diet Culture
bzw. Diätkultur und wo ich eben einfach
nochmal gelernt habe, dass vieles von dem, was in der Gesellschaft über
Gewicht und Körper erzählt wird, dass das einfach Vorurteile sind.
Und wo ich auch gelernt habe, dass es eben Diskriminierung gegenüber
dicken Menschen gibt. Also ich kannte das schon vorher selbst als Erfahrung, aber dass es
noch mal so auch beschrieben wurde, das habe ich eben dort gelernt.
Und diese Blogs, das hat mir sehr, sehr geholfen, eine Sprache für meine
eigenen Erfahrungen zu finden und eben anders auf meinen eigenen Körper und auf meine
eigenen Erfahrungen auch zu schauen. Heute,
heutzutage, würde ich sagen, ich lebe ein Leben, in dem ich meinen Körper so
akzeptiere, wie er ist. Und wichtig für mich
ist, mich nicht daran zu orientieren, wie mein Körper vermeintlich
aussehen soll oder wie ich mich ernähren soll, sondern ich orientiere mich
eben an den Bedürfnissen meines Körpers und versuche so zu leben, dass ich diese Bedürfnisse
auch erfülle. Also egal, ob es jetzt Essen geht, Stress,
Schlaf, Bewegung, Kleidung etc.
Ich persönlich erlebe das als sehr befreiend so zu leben, auch wenn das
natürlich also nicht der absolute Paradieszustand ist, weil es
ändert nichts daran, dass ich als dicke Frau immer wieder Diskriminierung erlebe
und trotzdem bringt es für mich ein großes Maß an
Freiheit mit sich tatsächlich.
Und die Diskriminierung, ja die ist furchtbar anstrengend, also weil Diskriminierung
einfach anstrengend ist, also diskriminiert zu werden. Aber
die Diskriminierung habe ich auch erlebt, als ich noch versucht habe abzunehmen. Das ist wichtig
irgendwie. Also sprich, Das war halt irgendwie, ich war mit mir selber
unglücklich und dann noch Diskriminierung. Jetzt ist es halt so, ich bin mit mir selber
sehr zufrieden, mit meinem Körper zufrieden. Und der zweite Baustein
hat sich halt nicht verändert. Und für mich ist aber immer klar, wenn,
ja, wenn mir Diskriminierung passiert, dass das eben nicht bedeutet, dass mein
Körper falsch ist, sondern dass es bestimmte gesellschaftliche Ideen über
Körper, über Gewicht gibt, die falsch sind. Und dass das eben
der Punkt ist, wo ich was verändern will. Also dass ich nicht meinen Körper verändern
möchte, anpassen möchte, sondern dass ich mich auf diese Ideen
konzentrieren will und da vielleicht einen kleinen Unterschied machen kann.
Das sind meine biografischen Erfahrungen oder so ein ganz kleiner Ausschnitt aus meinen
eigenen biografischen Erfahrungen zum Thema Körper. Das
Thema taucht aber seit fast 20 Jahren auch immer wieder meiner Arbeit auf. Und
das ist wahrscheinlich kein Zufall, also wahrscheinlich haben die biografischen Erfahrungen was damit zu
tun. Und eine Form, wie ich
angefangen habe, mich beruflich mit dem Thema Körper zu beschäftigen, ist über Fortbildungen.
Also zum Beispiel habe ich 2007
im Rahmen einer Sommerakademie für SchülerInnen zusammen mit einem Freund einen
Kurs gegeben, der Körper und Gesellschaft
hieß. Also da schließt sich auch gerade so ein bisschen so ein Kreis.
Und dann seit ein paar Jahren, bisschen über fünf Jahren,
arbeite ich auch zum Thema Gewichtsdiskriminierung und Bodyshaming, also zum Beispiel
indem ich dazu Workshops gebe. Und der Ausgangspunkt
für diese Workshop-Tätigkeit zu diesem Thema war eine,
ja, also ich will ja gar nicht, ob ich kurios sage oder schmerzhaft, eigentlich
eher schmerzhaft als kurios, war eine schmerzhafte Erfahrung,
nämlich dass ich die Erfahrung gemacht habe,
dass das Thema Gewichtsdiskriminierung auch in Kreisen, die
sich mit Diversität beschäftigen, mit Diskriminierung beschäftigen, dass das Thema
auch da oft eher unsichtbar ist und oft nicht mitgedacht wird. Also
bei mir war der konkrete Ausgangspunkt, dass ich 2018,
19 eine Ausbildung gemacht habe zur Diversity-Trainerin.
Das heißt ganz grob, ich bin qualifiziert, eine bestimmte Form
von Fortbildung zu machen, nämlich Diversity-Trainings.
Und in dieser Ausbildung war es eben auch so, wie ich es schon vorher erlebt
hatte, dass da auch das Thema Gewichtsdiskriminierung, also was
meinen Alltag sehr bestimmt, dass das da wieder komplett unsichtbar war. Und dann
habe ich mich eben entschieden, innerhalb dieser Ausbildung einen Impuls zu geben,
nicht am Ende rauszugehen und zu denken, das hat hier wieder gar keine Rolle
gespielt, das Thema Gewichtsdiskriminierung. Genau, das
war der Ausgangspunkt. Danach habe ich eben angefangen, auch
öfter dazu Workshops zu geben. Und ich habe in den letzten
zwei, drei Jahren, habe ich dann speziell über
Angebote zum Thema Körperakzeptanz nachgedacht. Also da war
eben der Auslöser, dass ich davor eine Ausbildung
gemacht habe zur systemischen Coach. Also ich habe eine systemische Ausbildung gemacht und
währenddessen immer wieder überlegt habe, wie ich das Thema Körper mit dem
Thema Coaching verbinden könnte. Und ein
Ergebnis aus diesen Überlegungen ist ein sechswöchiges
Programm zum Thema Körperakzeptanz, das ich letztes Jahr entwickelt
habe. Und dazu werde ich sicherlich in aller der nächsten Folgen
mehr erzählen.
Diesen Podcast hier habe ich gestartet, weil ich gerne einen Raum schaffen
möchte für Menschen, denen es ähnlich geht wie mir vor
ungefähr 20 Jahren. Also du bist hier
richtig, wenn du müde bist von Abnehmversuchen oder von
der ständigen Sorge zuzunehmen. Und vielleicht bist
du auch gerade an dem Punkt, wo du nach neuen Wegen suchst, ein gutes Leben
zu führen in dem Körper, so wie er jetzt gerade ist, also in deinem Körper,
so wie er jetzt gerade ist. Der Podcast hier ist auch für
dich, wenn du vor der Situation stehst, dass sich dein Körper in letzter Zeit stark
verändert hat und wenn du nach Wegen gerade suchst, mit
diesem veränderten Körper umzugehen und zurechtzukommen. Also
zum Beispiel nach einer längeren Krankheit, nach einer
Schwangerschaft oder vielleicht auch innerhalb von der Schwangerschaft schon. Oder
einfach, weil du älter wirst und weil dich zum Beispiel das Thema
Menopause betrifft, wo ja auch der Körper sich nochmal stark verändert.
Genau, du bist hier aber auch richtig, wenn du dich schon länger mit dem Thema
Körperakzeptanz beschäftigst und zum Beispiel Bestärkungen oder konkrete Tipps
für deinen eigenen Weg suchst.
Und zum Schluss noch ein paar Sätze zu dem, was sich hier erwartet.
In nächster Zeit gibt es erst mal nur Folgen mit mir, also
Solo-Folgen. In ein paar Monaten werde ich dann auch
anfangen mit Interviews mit anderen Menschen, die sich in irgendeiner Art und Weise mit dem
Thema Körperakzeptanz beschäftigen.
Die Folgen, die ich alleine mache, werden eher kurz, also das Ziel ist immer so
die zehn Minuten. Und deswegen kann es sein, dass einfach auch größere
Themen, dass ich die auf zwei oder mehr Folgen aufteile. Und es wird eben bei
diesen Folgen, die ich alleine mache, wird es Folgen geben,
an denen ich irgendwie Wissen und neue Perspektiven vermittle. Also zum Beispiel
zu Themen wie Gesundheit und Gewicht, Fettfeindlichkeit,
wo ich erkläre, was ist das eigentlich, wie wirkt sich das aus oder eben auch
den Zusammenhang zwischen Rassismus und Fettfeindlichkeit.
Ich werde auch sicherlich eine Folge machen zum Thema Diätkultur, auch hier
wieder, wo ich erkläre, was ist das und wie taucht es auf oder wie kann
das aussehen auch, was für Effekte hat es aber auch.
Und ich werde sicherlich auch eine Folge machen zum Thema Selbstliebe und zu der
Frage, ob das wirklich notwendig ist, den eigenen Körper zu lieben. Also einfach
weil Selbstliebe auch so ein buzzword ist in den
letzten Jahren rund das Thema Körper.
Und andererseits wird es Folgen geben, in denen ich von meinen eigenen
Erfahrungen zum Thema Körperakzeptanz erzähle und eben manchmal auch Tipps
gebe. Also zum Beispiel soll es eine Folge geben, wo
ich erzähle, was mir hilft, wenn ich einen schlechten Tag habe und wenn ich mich
unwohl fühle in meinem Körper. Wenn das für dich
spannend klingt, dann freue ich mich, wenn du den Podcast abonnierst und
die nächsten Folgen hörst. Für heute verabschiede ich mich und wir
hören uns bald wieder. Tschüss!