#7 Grenzen überwinden: Freundschaft als Schlüssel zur Integration
06.01.2025 30 min
Zusammenfassung & Show Notes
In der aktuellen Folge von Traces of Light entführt uns Host Elsbeth Horbaty auf eine inspirierende Reise von Leipzig nach Brasilien. Im Zentrum dieser Episode stehen kulturelle Vielfalt, Integration und das interkulturelle Zusammenleben – Themen, die aktueller und bedeutungsvoller kaum sein könnten. Mit Feingefühl und authentischem Interesse zeigt Horbaty, wie Begegnungen und Dialog Brücken zwischen Kulturen schlagen können. Dabei wird deutlich: Der Abbau von Vorurteilen ist der Schlüssel zu einem Miteinander, das von Respekt und Verständnis geprägt ist.
Ein besonderes Highlight dieser Episode ist das herzerwärmende Gespräch mit Horbatys brasilianischer Freundin Celia. Offen und mit beeindruckender Tiefe teilt sie ihre persönlichen Erlebnisse der kulturellen Integration in der Schweiz. Sie erzählt von Herausforderungen und Erfolgen, gibt Einblicke in ihren Alltag als Lehrerin und Musiklehrerin und erklärt, warum sie sich dazu entschied, in der Schweiz Wurzeln zu schlagen. Dabei wird Freundschaft als verbindendes Element sichtbar – getragen von Vertrauen, Sympathie und Ehrlichkeit.
Ein besonderes Highlight dieser Episode ist das herzerwärmende Gespräch mit Horbatys brasilianischer Freundin Celia. Offen und mit beeindruckender Tiefe teilt sie ihre persönlichen Erlebnisse der kulturellen Integration in der Schweiz. Sie erzählt von Herausforderungen und Erfolgen, gibt Einblicke in ihren Alltag als Lehrerin und Musiklehrerin und erklärt, warum sie sich dazu entschied, in der Schweiz Wurzeln zu schlagen. Dabei wird Freundschaft als verbindendes Element sichtbar – getragen von Vertrauen, Sympathie und Ehrlichkeit.
Zum Abschluss der Episode kommen Freunde von Elsbeth zu Wort und teilen ihre Gedanken darüber, was Freundschaft für sie bedeutet. Ihre bewegenden Worte zeichnen ein vielschichtiges und berührendes Bild davon, wie Freundschaft das Leben bereichert und Menschen unterschiedlicher Kulturen näher zusammenbringt.
Zusätzlich gibt Horbaty uns Einblicke in seine Pläne für kommende Treffen und Workshops entlang seiner Reise. Mit diesen Begegnungen möchte er Menschen und Gemeinschaften entdecken, die anderen in schwierigen Zeiten Mut und Zuversicht schenken.
🌍 Begleite Elsbeth Horbaty auf dieser berührenden Reise und erlebe, wie Freundschaft, Dialog und Begegnung die Welt ein kleines Stück heller und wärmer machen können.
🎧 Jetzt reinhören und inspirieren lassen!
Transkript
Willkommen bei Traces of Light.
Elsbet Horbaty nimmt dich mit auf die Suche nach Menschen und Gemeinschaften,
die in diesen schwierigen Zeiten Mut machen.
Ein Flug über den Atlantik ist für mich noch immer so,
als würde die Welt zusammenschmelzen, so als gäbe es kaum Grenzen.
In einem Augenblick nehme ich in der winterlichen Morgendunkelheit
die Strassenbahn an der Haltestelle Stieglitz in Leipzig.
Und mehrere Stunden später bin ich bereits auf einem Markt in Londrina
in der Nähe von São Paulo in Brasilien.
Es fühlt sich an, als ob jemand den Lichtschalter wieder angemacht hätte.
Alles scheint in der Hitze zu vibrieren, die heisse Sonne auf der Haut,
der süße Duft des Obstes und rundum alles farbig,
untermalt von dem sanften brasilianischen Portugiesisch.
Guten Tag, ich bin Elsbet Horbaty und gerade 70 geworden.
Eine Augenkrankheit lässt meine Sehkraft zunehmend verblassen
und ich mache mich auf die Suche nach Menschen, die neue Wege gehen,
nach Gemeinschaften, die Hoffnung machen.
Mit den Erinnerungen an meine Zeit,
als Journalistin, Mutter und Beobachterin dieser Welt,
lade ich dich ein, mich auf dieser Reise zu begleiten.
Gelandet bin ich in der Nähe des Geburtsortes dieser Musik, des Bossa Novas.
In den Hochhäusern, die in Rio und São Paulo in den 50er Jahren gebaut wurden,
war der Samba damals zu laut für die engen Räume der modernen Apartments.
Die Klänge wurden durch den Bossa Nova sanfter und jazziger.
Ab so viel Kulturschock muss ich zuerst einmal durchatmen.
Soeben habe ich noch die Lichtspuren mit dem winterlichen, dunklen Leipzig gesucht
und jetzt bin ich von einer brasilianischen Freundin,
hier in ihre Wohnung in Londrina, Brasilien, eingeladen worden.
Wir beide haben vieles gemeinsam.
Sie hat 30 Jahre in der Schweiz gelebt und ich ebenso lange in Lateinamerika.
Beide sind wir dann wieder in unser Geburtsland zurückgekehrt.
Sowohl sie als auch ich haben die weinige Sprache sehr gut gelernt
und uns kulturell integriert.
Ich wollte hier aufspüren, wie es wohl möglich ist,
andere Kulturen einfacher,
zu verstehen und uns leichter zu integrieren.
Es hat mich ermutigt, dieser Frage in Brasilien nachzugehen.
Gilt doch dieses Land als ein erfolgreiches Beispiel für interkulturelle Integration.
Brasilien hat eine bemerkenswerte ethnische und kulturelle Vielfalt,
die auf die Einwanderung aus Afrika, Europa und Asien
sowie die indigene Bevölkerung zurückzuführen ist.
Laut der Global Business Culture,
liegt dies daran, dass sich die Menschen in Brasilien
traditionell stärker auf ihre Familien und Freunde verlassen,
anstatt auf staatliche Strukturen.
Dies trägt oft dazu bei, den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Doch gleichzeitig bleiben die sozialen Unterschiede,
die in Brasilien grösser sind als bei uns,
deutlich spürbar und prägen das tägliche Leben nach wie vor.
Ich wollte dieser Frage vertiefter nachgehen und frage mich,
ob wir in Deutschland oder in der Schweiz von den Ländern aus dem globalen Süden
über kulturelle Integration lernen können.
Auf jeden Fall. Wir können eine ganze Menge lernen.
Vor allen Dingen ist aber die Diskussion um Integration und Migration
in einem Zusammenhang nicht mehr so eindeutig.
Wir können nicht so von Integration sprechen.
Wenn wir von kulturellem Zusammenleben und Zusammenarbeiten sprechen wollen.
Es geht nicht um Integration, sondern um Begegnung und Dialog
und miteinander leben können.
Und bei Integration integriert immer der eine den anderen.
Das muss in vielen Fällen gar nicht mehr stimmen.
Deswegen würde ich bei Integration irgendwie vorsichtig sein.
Und tatsächlich von den Ländern lernt man,
dass ja oft Menschen,
die einwandern, vielleicht sehr gut angesehen sind
und sehr erwünscht sind mit ihrem Fachwissen.
Und dass man dies auch in Europa, in Deutschland auf unsere Migranten,
die zu uns kommen, um bei uns zu arbeiten und ihr Fachwissen
und ihre Kompetenzen einzubringen, genauso nutzen kann.
Dieser Blick auf die Menschen, die erstmal in der Vielfalt
und in vielfältigem Fachwissen auch eine Bereicherung in der Welt sind,
wenn man sich begegnet.
Was könnte denn unsere Gesellschaft tun,
um diesen sozialen Zusammenhalt irgendwie zu fördern?
Immer wieder und an allen möglichen Stellen,
wo man wirklich die Gelegenheit hat, auch davon sprechen.
Mit Menschen, die wenig Gelegenheit hatten, darüber nachzudenken
oder auch in den Dialog zu gehen.
Immer wieder auch deutlich zu machen,
dass wir alle irgendwie Einwanderungsländer sind.
Migration ist so alt wie die Menschheit.
Es ist nichts Neues.
Und Migration heißt immer eine Art von Bereicherung.
Und wenn man die Arbeitsmärkte aufmacht,
das sieht man ja schon in Deutschland.
Wer macht denn unsere Pflege?
Wer arbeitet in den Dienstleistungsbereichen,
in der Gastronomie, im sozialen Bereich?
Das sind so viele Migranten.
Wir könnten gar nicht mehr weiter ohne Migranten
all das aufrechterhalten.
Und deswegen sollten wir da eigentlich immer mehr
und mehr darüber sprechen.
Auch mit Leuten, die sich durch Populismus vielleicht
oder eben einfach auch durch eine Unwissenheit
oder durch Peergroups haben verblenden lassen,
dass das eine Gefahr ist.
Ich sehe Migration nicht als Gefahr, sondern als eine Tatsache,
die schon auch historisch einfach zu belegen ist.
Menschen sind immer migriert.
Und es gibt in der Forschung auch interessante Ergebnisse,
dass gerade Menschen, die migrieren,
sehr viel weniger in Kriege verwickelt sind in der Zukunft.
Die kommen aus Kriegen vielleicht teilweise und fliehen vor Krieg
und müssen ihre Heimat verlassen wegen Krieg.
Aber gerade Nomaden auch in der Vergangenheit, nomadische Völker,
fangen keine Kriege an.
Krieg beginnt immer da, wo es um Besitz und um Land geht
und um Bodenschätze und um Wohlstand aufrechterhalten
und nicht teilen.
Und das ist eine Schwierigkeit,
die ich sehe einfach in unserem Blick auf Migration
und daran angeschlossen eben auch an interkulturelle Integration,
wie wir immer sagen.
Ich glaube, dass wir uns öffnen müssen in der ganzen Welt
für Menschen, die einfach einen anderen kulturellen Hintergrund haben,
anders geprägt sind und wir alle voneinander lernen können.
Wie man den Menschen, die daran nicht glauben können,
weil sie das so selten erleben durften, diesen Weg aufmacht,
ich glaube, da haben wir alle unsere Schwierigkeiten und unsere Grenzen.
Und vielleicht können wir innerhalb unserer Gesellschaft
einfach auch viel mehr mit Menschen reden,
mit denen wir sonst nicht im Gespräch sind.
Ich glaube, das wäre so ein erster Schritt, den ich sehr wichtig finde.
Und für Menschen, die zu uns kommen, wie auch immer,
oder Menschen, die nach Brasilien emigrieren,
was kann man denn machen, um eine Kultur besser zu verstehen?
Wo ist der Ansatz?
Erst mal zuhören, erst mal hingucken,
wirklich den Menschen erfahren, denen man begegnet
und nicht immer gleich sich selbst vorstellen,
sondern einfach vielleicht auch mal
eine Weile zuhören und versuchen,
so wertfrei wie möglich dem Einzelnen gegenüber zu stehen
und sich nicht erst mal von den ganzen...
Wir haben alle Vorurteile, wir brauchen alle Vorurteile,
das ist nicht die Frage, aber sich selbst hinterfragen
und wenn man merkt, oh, da habe ich jetzt jemanden kennengelernt
aus dem und dem Land und da kannte ich noch nie jemanden in meinem Leben,
merkt man vielleicht, dass Menschen sich doch in dem,
was ihnen ähnelt oder was sie gemeinsam haben,
doch wieder sehr einfach und schnell begegnen können.
Mir persönlich hat selbst die Literatur sehr geholfen,
wenn man ein Buch liest über eine neue Kultur
oder Leuten beim Geschichtenerzählen zuhören.
Ich denke, das hilft auch sehr.
Geschichten oder einfach essen. Essen wollen alle.
Wir können gemeinsam essen.
Und ja, solche Möglichkeiten einfach mehr nutzen.
Aber das ist wieder so...
Ich glaube, Bücher lesen, ja, ich lese jeden Tag Bücher,
aber das ist auch nicht jedermann und jeder Frau Sache.
Also da muss man auch gucken.
Es gibt unheimlich viel in den sozialen Medien
aus den verschiedenen Ländern so viel zu lernen.
Und ich glaube, es gibt mehr Menschen, als wir glauben,
die sich Dokumentationen anschauen über andere Länder.
Ja.
Und trotzdem in ihren Vorurteilen hängen bleiben.
Das ist eine Schwierigkeit.
Und ich hatte eben noch eine Idee, wie man sich begegnet,
die Gemeinsamkeiten suchen.
Was heißt Familie für uns?
Wo sind also so Werte wie Familie?
Wie bewerten wir das, die Beziehung in Familie?
Ich glaube, das ist sehr ähnlich.
Also wirklich nach gemeinsamer Gemeinsamkeit
im menschlichen Leben suchen.
Man muss bei Kultur wirklich auch immer an die Dynamiken
und an die Veränderungsprozesse denken.
Also der Kulturbegriff wird oft sehr statisch benutzt.
Und der ist ja überhaupt nicht statisch.
Kultur entwickelt sich ja immer weiter.
Und deswegen dieses Interkulturelle,
diese interkulturelle Integration in dem Moment,
wo du Kulturen zusammen hast und wir haben sie zusammen,
weil ja Migration einfach stattfindet,
ein menschliches Bedürfnis auch ist, je nach Situation.
Ja.
Ist auch Kultur immer in Bewegung.
Es gibt nicht die eine Kultur.
Es gibt eine Prägung.
Und wir haben sicherlich da unterschiedliche Prägungen.
Aber in dem Moment, wo wir einander begegnen,
verändert sich das ja auch.
Und da fängt ja die Angst eigentlich an
vor diesen kulturellen Veränderungen.
Und dass man dabei ja auch vielleicht an seinem Wohlstand verliert,
wenn dann so viele Menschen dazukommen.
Was nicht stimmt.
Natürlich, gerade bei uns,
also in Deutschland kann man es ja sehr gut sehen,
in der Schweiz finde ich ja,
durch Migration ja unheimlich viel Wohlstand aufgebaut haben.
Es ist ja nicht so, dass die Migration uns geschadet hat,
sondern ohne sie wäre die deutsche Gesellschaft nicht da,
wo sie jetzt ist.
Was kann der Staat machen,
damit es den Leuten, die zu uns kommen, erleichtert wird,
unsere Kultur kennenzulernen oder im Dialog zu bleiben?
Die Anerkennung immer wieder aussprechen,
das ist glaube ich etwas,
was in der Politik viel mehr sein muss
und nicht die Migration als Problem darstellen.
Ich glaube, es ist sehr unehrlich
und sehr parteipolitisch auf Wahlen vorbereitend
immer wieder das falsche Thema.
Das wird immer wieder genutzt
und es wird von rechts genutzt
und mittlerweile auch aus der Mitte.
Das finde ich ganz schwierig.
Der Staat darf nicht,
nicht an genau diesen Programmen,
die dazu führen,
dass jemand sich schnell im Arbeitsmarkt integriert, sparen.
Der Staat muss die Geflüchteten besser unterstützen,
dass sie in den Arbeitsmarkt kommen.
Die Leute, die da sind und einen Migrationshintergrund haben,
tatsächlich auch ernst nehmen in ihren Bewegungen
und in der Sozialisation,
die sie in Deutschland zum Beispiel erfahren haben.
Ich denke, da ist eine Menge mehr Potenzial,
als wir überhaupt nutzen.
Und das ist natürlich eine grosse Dummheit,
darauf zu verzichten bzw. zu vernachlässigen.
Kerstin Kude, ich danke dir für das spannende Gespräch.
Über dieses Thema wollte ich auch
mit meiner brasilianischen Freundin Celia reden,
die ich vor 20 Jahren in Basel kennengelernt habe.
Seit fünf Jahren lebt sie wieder in Brasilien.
Wir unterhalten uns in ihrem Apartment
im achten Stock bei 30 Grad
und einer kühlen Brise,
die zwischen den Hochhäuserschluchten von Londrina weht.
Ja, Celia und mich verbindet eine alte Freundschaft aus der Schweiz
und wir haben eigentlich sehr viel gemeinsam.
Celia hat etwa 30 Jahre in der Schweiz gelebt
und ich etwa 30 Jahre in Lateinamerika.
Ich spreche relativ gut Spanisch
und Celia spricht auch gut Deutsch.
Und ich glaube,
wir haben es geschafft,
eine kulturelle Integration du in der Schweiz
und ich in Lateinamerika zu machen.
Celia, warum bist du nach ganz kurz,
warum bist du in die Schweiz gegangen?
Wann und was hast du gemacht?
Also es war 1990
und ich ging mit einer Gruppe aus meiner Stadt
nach Basel, um Musik zu studieren.
Wir sollten dort zwei Jahre bleiben,
studieren und zurückkommen.
Aber zwei Jahre, um etwas zu studieren,
ist zu kurz
und da sind wir dann länger geblieben.
Von zwei Jahren sind es 27 geworden.
Celia, und was war das Schwierigste so jetzt
von Brasilien, der lebendig,
in diese relativ kühle Schweiz zu kommen?
Am Anfang fand ich es nicht so schwierig,
weil ich nicht allein war.
Ich war zusammen mit vier anderen Freunden
und dann fühlte ich mich nie einsam
und langsam habe ich Kontakt mit Leuten gemacht
und so und dann habe ich nicht,
das habe ich nicht gespürt.
Mit der Zeit nach vielen Jahren
war mir der Winter viel zu lang,
zu hart und zu dunkel.
Und das hat mich,
aber erst nach ganz vielen Jahren.
Am Anfang war das nicht so.
Okay, ja.
Ich bin ja nach Lateinamerika gekommen,
das ist 20 Jahre vor dir,
79, 76, nach Nicaragua.
Und ich hatte das Glück,
dass mein Bruder mit einer Frau
von dort verheiratet war.
Also war es eigentlich schon,
in die Familie aufgenommen zu werden.
Und das hat mir eine Sicherheit gegeben,
trotzdem das Land ein bisschen verrückt war
für eine Schweizerin damals in Nicaragua.
Genau.
Und mir hat es geholfen,
ich habe dann sofort,
die Leute haben mir einen Job gemacht
bei einer deutschen Firma
und ich habe sofort Spanisch gelernt
an der Universität
und hatte so mich auch angefangen
zu integrieren.
Und was, denkst du, hat es bei dir bewirkt,
dass du geblieben bist?
Also das, ich glaube,
sind verschiedene Sachen.
Auf einer Seite,
weil die Idee,
dass es zwei Jahre,
um etwas zu lernen,
zu wenig ist.
Auf der anderen Seite,
weil die Sicherheit dort war,
die ich hier in Brasilien nicht kannte.
Und ja, das war auch der Wunsch,
ein bisschen mehr zu lernen
und die Sprache zu beherrschen,
weil ich konnte kein Deutsch,
als ich in die Schweiz dann gegangen bin.
Und dann musste ich lernen
und von Portugiesisch auf Deutsch umzustellen,
ist nicht so einfach.
Und ja, aber mit der Zeit
habe ich einen Job gehabt.
Das war mein Beruf
und das kann man nicht sofort,
ohne die Sprache zu können.
Und alles zusammen war es so,
dass ich doch geblieben bin,
aber immer gedacht,
nächstes Jahr gehe ich zurück,
nächstes Jahr.
Und da sind 27 geworden,
aber dann nach 27 habe ich mich entschieden.
Und da bin ich jetzt hier,
und bin froh,
dass ich das gemacht habe.
Aber du hast in diesen 27 Jahren
Hunderten von Kindern,
mit Hunderten von Kindern als Lehrerin,
als Musiklehrerin,
Musik gemacht oder gelernt?
Ja, ich habe die Primarschule unterrichtet,
ich habe die Musikgrundschule unterrichtet
und ja, ich weiß nicht mal,
wie viele Kinder waren.
Aber ganz viele von verschiedenen Klassen
und verschiedenen Schulen,
Schulhäusern.
Ja, und ja, das war schon ganz viel.
Und den Job habe ich ziemlich schnell bekommen,
was natürlich mir geholfen hat,
dort zu bleiben.
Weil ich wäre nicht geblieben,
wenn ich einfach nicht den Job,
einen guten Job gehabt hätte.
Nur deswegen bin ich geblieben,
weil ich hatte in Brasilien,
einen sehr guten Job.
Und ich könnte zurück zu dem Job kehren.
Ja, ich war eben auch in Nicaragua,
habe ich ja für eine deutsche Firma gearbeitet.
Nachher wurde, haben wir,
ich bin geblieben,
weil es eine Diktatur gab,
die am Stürzen war.
Und das wollte ich miterleben.
Und bin nachher dann in den Journalismus eingestiegen.
Und das hat mich auch fasziniert.
Und ich bin manchmal wieder in die Schweiz gekommen
für ein paar Jahre,
aber dann wieder zurück nach Nicaragua.
Das hat mich immer fasziniert auch.
Und vielleicht ist es für mich einfacher,
als Schweizerin findet man schnell einen Job.
Und die Sprache war für mich jetzt auch nicht so schwierig.
Aber mir hat vor allem Mühe gemacht,
wie die Menschen zwar sehr liebevoll,
aber trotzdem viel härter miteinander sind.
Wie miteinander umgehen.
Vor allem die Männer zu den Frauen.
Das konnte ich nie richtig abfinden.
Und das hat mich dann schlussendlich auch gemacht,
dass ich mich von meinem nicaraguanischen Mann
wieder getrennt habe.
Und dann ganz am Schluss,
wir haben lange Geschichten,
bin ich dann auch zurück in die Schweiz.
Gab es bei dir etwas in der Schweiz,
wo du Mühe hattest,
jetzt als Brasilianerin,
so nebst der Dunkelheit?
Am Anfang war die Sprache,
die Schwierigkeit der Sprache.
Aber sonst, nein,
wenn ich das gemacht hätte,
wäre ich früher zurückgekommen.
Weil ich habe sieben Jahre lang,
als ich dann in der Schweiz ankam,
nach sieben Jahren hatte ich noch meinen Job.
Ich könnte zurück zu meinem Job hier.
Und einen guten Job zu finden,
war damals auch nicht so gut.
Und was ich hatte, war wirklich gut.
Und ich hätte sieben Jahre lang den Job behalten.
Aber nach sieben Jahren musste ich entscheiden,
entweder komme ich zurück oder nicht.
Und wenn ich nicht zurück nach Brasilien komme,
muss ich kündigen.
Und das habe ich dann entschieden zu machen
und bin geblieben.
Aber wenn ich damals Schwierigkeiten gehabt hätte,
wäre ich nicht geblieben.
Okay, das ist spannend, ja.
Ja.
Und jetzt bist du zurück.
Und was vermisst du am meisten?
Ja, ich habe nicht viele Freunde,
weil ich nicht eine bin,
die ganz viele Freunde hat, macht.
Weil ich glaube nicht,
dass zu viele Freunde
wirklich ganz echte Freunde sind.
Ich habe wenige Freunde,
aber die sind gute Freunde.
Und die vermisse ich sehr.
Und ich vermisse auch die Umgebung von Meditation,
die ich dort gehabt habe.
Das war eine tolle Erfahrung,
eine sehr tolle Erfahrung,
die ich gemacht habe.
Und dafür bin ich sehr dankbar.
Und das vermisse ich auch.
Weil in Brasilien,
das, was ich dort gemacht habe,
gibt es schon,
aber nur in Minas Gerais.
Und das ist ziemlich weit von mir.
Ich komme da,
ich gehe schon dahin einmal im Jahr,
aber ich kann nicht öfter gehen.
Und das vermisse ich sehr.
Ich vermisse so,
dass ich ab und zu zurück in die Ferien gehe,
um so an einer Meditation teilzunehmen.
Und das werde ich auch bald wieder machen.
Und das vermisse ich sehr.
Und die Freundschaft,
die vermisse ich auch.
Ich finde die Schweiz ein wunderschönes Land,
aber ich glaube,
alle Länder haben ihre Schönheit.
Und die sind alle anders.
Und man kann nicht sagen,
das ist schöner und das ist nicht so schön.
Aber es ist wirklich ein schönes Land
und ich mag es.
Und ich bin in Basel
dann die ganze Zeit gewohnt
und ich finde die Stadt auch ganz toll.
Ich liebe Basel
und komme gerne zurück.
Dort haben wir jeweils
immer miteinander im Kino,
haben wir miteinander Kultur genossen.
Genau.
Dafür ist Basel super.
Ja, genau.
Und ja,
da waren wir oft dann im Kino zusammen.
Das konnte ich auch sehr genießen.
Ja, weil eben vielleicht unsere Gemeinsamkeiten haben gemacht,
dass wir gleiche oder ähnliche Filme gehabt haben.
Ja, genau.
Und ich habe den großen Vorteil,
dass du mich in deinem Freundschaftskreis aufgenommen hast.
Und mich sogar jetzt nach Brasilien eingeladen hast.
Dafür bin ich dir sehr dankbar,
weil ich vermisse diese Welt auch immer wieder.
Ja.
Ja, und Elisabeth ist dann die Erste,
die mich besucht in Brasilien.
Und ich hoffe, dass andere auch kommen.
Ja.
Was wir jetzt heute machen werden,
wir werden nochmals gemeinsam einen Film anschauen.
Vielleicht nicht einen Film,
sondern eine Serie,
die 100 Jahre Einsamkeit.
Da geniessen wir beide,
haben wir etwas davon.
Ja.
Danke vielmals, Elia.
Sehr gerne.
Eine der stärksten Brücken,
die wir über Kulturen bauen können,
ist die Freundschaft.
Ich hatte das Glück,
wunderbare Männer und Frauen kennenzulernen,
mit denen mich eine tiefe Freundschaft verbindet.
Es sind diese Menschen,
mit denen ich über Witze lache
oder über Geschichten weinen kann.
Menschen, die ein bisschen Heimat sind,
unabhängig von der Kultur
oder ob wir wirklich integriert sind.
Auch die englische BBC schreibt in ihrem Neujahrswunsch,
dass es für uns älter werdende Menschen
die Freundschaft ist,
die uns wirklich glücklich macht.
Gerne teile ich mit euch
ein paar Stimmen meiner Freunde
zu diesem Thema.
Als erstes zitiere ich Marta aus Niederlande,
die mich in Nicaragua aus dem Spanisch übersetzt.
In einem dicken Nebel,
der mich die Umgebung kaum sehen lässt,
ist eine Freundschaft wie das Licht einer Kerze.
Es leuchtet nur so schwach,
dass ich mich begleitet fühle,
aber doch auch stark genug,
damit ich nicht stolpere.
Dann teile ich mit euch die Zitate
meiner Freundin Marta aus Mexiko
von Shelly aus Kalifornien,
und dann die beiden von Yvonne und Roland,
beide aus meiner Heimatstadt Winterthur.
Freundschaft ist eine Verbindung,
die durch das Teilen von Lachen,
Liebe, Geheimnisse,
Herzschlag und Zeit geformt wird.
Alle Freundschaften sind unik,
aber sie sind alle speziell.
Freundschaft bedeutet für mich,
eine tiefe Verbundenheit zu spüren,
die über Worte hinausgeht.
Es ist die Nähe,
die auch in geografischer Distanz entsteht.
Freundschaft bezeichnet ein
auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis
von Menschen zueinander,
das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet.
Das ist nicht von mir,
das habe ich in Wikipedia gelesen.
Ich selbst habe Freundschaft eher so erfahren.
Die tiefsten und beständigsten Freundschaften
sind bei mir so in der Pubertät entstanden.
Ich denke, das ist bei allen Leuten verschieden.
Aber wenn so eine Freundschaft entsteht,
begründet sie auf einem unbegrenzten Vertrauen,
das die Gewissheit gibt,
in schwierigen Momenten Unterstützung zu finden.
Solche Verbindungen tragen in sich eine Nähe,
die an eine Liebesbeziehung erinnert,
jedoch meistens ohne den Aspekt der Sexualität.
Das ist keine Regel,
aber vielleicht stimmt es.
Aber Freundschaft ist zugleich auch etwas Egoistisches,
denn man sucht Rat, Zuspruch oder gute Tipps,
das Beste des Anderen für sich selbst.
Doch sie ist auch von einer besonderen Magie durchzogen.
Nach Jahren der Funkstelle kann man mühelos
das letzte Gespräch fortsetzen,
als wäre keine Zeit vergangen.
Freundschaft ist also nicht so,
so zeitgebunden,
als man dauernd zusammen ist.
Es zählt eher Ehrlichkeit,
zählt eigentlich mehr als Höflichkeit,
weil man nicht nur verstanden,
sondern auch herausgefordert werden will.
Es ist ein Band, das nicht nur von Nutzen,
sondern allein von Sympathie geknüpft wird.
Eine Wahl des Herzens,
frei von Kalkül, denke ich.
Natürlich ist es daher auch sehr schlimm,
wenn eine Freundschaft zerbricht.
Und sie kann ziemlich schnell zerbrechen.
Dann fällt man in eine gleiche Trauer,
wie zum Beispiel bei sonst einem Verlust eines Menschen.
Die Freundschaft trägt mich auch im nächsten Podcast weiter.
Ich werde nach Sao Paulo fahren,
wo ich eine brasilianische Fotografin treffen werde,
die ich zum letzten Mal in Mexico City 1996 gesehen habe.
Dann werde ich auch einen Workshop
mit einer Schweizer NGO abhalten,
mit denen ich seit 1999 immer wieder zusammenarbeite.
Aber davon dann mehr am 20. Januar.
A te logo.
Hasta la vista.
Bis bald.
Das war Traces of Light.
Ein Podcast von Elsbeth Horbaty,
die auf der Suche nach Menschen und Gemeinschaften ist,
welche in diesen schwierigen Zeiten Mut machen.
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