Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 36 Episoden

Auf verschiedenen Wegen voll verbunden - mit Charlotte Lehnert und Marie-Kristin Backer-Krebs

01.04.2023 45 min

Zusammenfassung & Show Notes

Zwei Hausärztinnen - zwei Freundinnen.

Die Praxen von Charlotte Lehnert und Marie-Kristin Backer-Krebs liegen nur 500 Meter auseinander im
schönen Kassel und obwohl sie sich ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen können, könnten
ihre Wege zur Allgemeinmedizin und ihre Praxisformen nicht unterschiedlicher sein.

Was die beiden zusammengebracht hat, erfahrt ihr in der neuen Folge von Wege der Allgemeinmedizin!

Shownotes

Shownotes

Transkript

Wege der Allgemeinmedizin. Dein Podcast rund um die Weiterbildung. Hi ich bin Maria, Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen und freue mich, dass Ihr bei einer weiteren Folge von ,,Wege der Allgemeinmedizin" dabei seid. Leider müssen wir heute auf Sep und Britta verzichten, die in der Praxis beziehungsweise der Klinik fleißig sind. Um so mehr freut es mich, dass wir heute gleich zwei Gäste für euch haben. Wir machen heute wieder mal einen kleinen Ausflug, diesmal in den Norden von Hessen, nämlich nach Kassel und treffen da Marie-Christine Backer-Krebs und Charlotte Lehnert. Die beiden sind natürlich Hausärztinnen und unter anderem Mentorinnen-Duo bei uns. Und ja, ich bin gespannt, was sie uns heute so aus ihrem Leben erzählen werden. Mögt ihr euch beiden mal kurz vorstellen, einfach als Einstieg? Ja, mein Name ist Marie Backer-Krebs. Ich bin ganz beseelt und freue mich, dass ich heute was zu meinem Herzensprojekt sagen darf, zur Allgemeinmedizin. Genauso wie ich mich gefreut habe, dass man uns das Mentoring überlassen hat von unserem Mentor, der das ganz, ganz lange gemacht hat, Klaus Mayer. Und ja, ich hoffe, dass wir ganz, ganz viele Medizinerinnen und Mediziner für dieses ganz wichtige Fach gewinnen können. Ja, ich bin Charlotte Lehnert und auch ich teile mir eben diese Mentoring-Stelle mit meiner lieben Freundin Marie. und ich bin auch ganz froh, heute bei diesem Podcast dabei zu sein und bin ganz gespannt, was uns heute erwartet. Voll schön, dass ihr euch die Zeit heute nehmt. Lasst uns doch mal mit unserer üblichen Einstiegsfrage in diese Folge starten, die da ja immer lautet, wie war denn eigentlich euer Weg in die Allgemeinmedizin und weil ihr zu zweit seid als Bonus natürlich, woher kennt ihr euch eigentlich? Also mein Weg in die Allgemeinmedizin war ein sehr, sehr strikter und stringenter. Der Apfel fällt nicht weit vom Birnenbaum. Mein Vater ist hausärztlicher Internist. Und ich wusste am Anfang des Studiums, weil ich das eben schon ganz früh mitbekommen habe, dass ich gerne in diesem Bereich arbeiten möchte, weil ich das immer mitbekommen habe, wie nah man am Menschen ist und wie gut es einem auch tun kann, wie viel Spaß das macht, wie vielfältig das ist. Und ich habe also relativ am Anfang schon gesagt, das ist meine Sache, das möchte ich gerne machen und ich erinnere mich am Anfang des Studiums, da hat man ja sich umgehört und was willst du denn werden? Die meisten wollten große Chirurgen werden oder Neurologen oder was ganz Abgefahrenes und wenn man gesagt hat Allgemeinmedizin, dann wurde man erstmal angelacht, so nach dem Thema, das können wir doch alle nach dem Studium und ich war ganz happy, dass bereits im Studium das Fach Allgemeinmedizin einzeln gelehrt wurde. Und ich hatte damals eine ganz tolle Professorin, nämlich die Anne Simmenroth, die für mich auch ein ganz großes Vorbild war, die sehr strukturiert war, die auch die Prüfung fair gestaltet hat, die dadurch auch darstellen konnte. Das ist einfach total breit gefächert und bis da und dahin musst du die Sachen wissen und weiter nicht. Die Entscheidung ist früh gefallen. Ich wollte das und ich bin total dankbar, dass ich da hingekommen bin. Die Praxis habe ich dann im Studium entdeckt, in einem Blockpraktikum, das hat einfach gut gepasst und dann kam die Klinikzeit zwischendurch, die hat auch viel Spaß gemacht, auch weil man nicht nur innere Medizin macht, sondern dann auch Orthopädie, Chirurg, ein bisschen Intensivstation. Also alles mitgenommen, was so ging. Und ich habe das als bereichernd erlebt, weil mir wurde sehr bereitwillig alles erklärt und ich bin ganz breit aufgestellt dadurch und bin total happy seit drei Jahren in meiner eigenen Praxis. Ja, richtig schön. Und bei dir, Charlotte, du bist ja Quereinsteigerin, wenn ich das schon mal spoilern darf. Ja, ich bin Quereinsteigerin und mein Weg war gar nicht so gradlinig wie bei Marie, sondern ist so ein bisschen so schnörkelig verlaufen. Also auch ich hatte eigentlich schon ganz früh den Wunsch, Ärztin zu werden, habe aber tatsächlich auch so ein bisschen gezögert und war unsicher, ob ich denn das überhaupt schaffen könnte, so ein schwieriges Studium. Und da war ich irgendwie eineinhalb Jahre im Ausland und dann habe ich zwischendurch in Den Haag eine Eurythmie-Ausbildung angefangen und wurde dann aber zwei Jahre nach dem Abi tatsächlich in Göttingen angenommen zu einem Studienplatz. Und da war ich so erleichtert und so freudig, dass das auch ganz klar war, das wird der Weg sein. Also das war wirklich wie so eine Initiation, als ich diesen Brief geöffnet habe, da habe ich mich sehr, sehr gefreut. Und dann war eigentlich mein Wunsch immer, ich wollte eigentlich Gynäkologin werden und meine Vision war, dass ich eigentlich dachte, ich würde gerne in einer Praxis arbeiten und mich von alt bis jung um Frauen in ihren Belangen kümmern. Und wenn ich das jetzt so rückblickend auseinanderpflücke, war das sicherlich auch der Wunsch nach Beziehungen, also nach langen Beziehungen mit den Patientinnen. Und ich hatte auch immer einen großen Hunger nach der Komplementärmedizin. Ich selber habe als junge Frau oder gar Mädchen nach einer Ärztin gesucht, die auch so ein bisschen vielleicht ein bisschen über den Tellerrand gucken möchte mit mir zusammen und habe da selber gar nicht so viel gefunden hier in Nordhessen, gynäkologisch. Und dann dachte ich, oh, dann mache ich das, wenn es das nicht gibt. Und dann bin ich aus dem Studium rausgegangen, habe das auch schnell gemacht mit drei Kindern. Also ich habe schon drei Kinder im Studium bekommen und habe gleich nach meiner letzten Prüfung eine Stelle angeboten bekommen, noch in der Prüfungssituation von meinem damaligen Chef, dem ich immer noch heute sehr, sehr dankbar bin, dass der wirklich eine junge Mutter mit drei kleinen Kindern unter drei einfach mal so eine Stelle anbietet. Und dann bin ich in die Anästhesie gestolpert über dieses PJ-Tertial und bin da tatsächlich hängen geblieben bis zum Facharzt. Und ja, das ist dem zu zollen, sicherlich der Umstände halber, mittlerweile haben mein Mann und ich fünf Kinder zusammen, dass das einfach irgendwie auch praktisch war mit geregelten Arbeitszeiten. Aber meinem Typ liegt es auch, dass der Thrill und das Adrenalin und die Spannung, die da irgendwie, wenn man Notärztin fährt und im Schockraum und große Operationen begleiten darf. Und auch in der Intensivmedizin habe ich eigentlich freudig immer gemacht. Und dann irgendwann habe ich doch gemerkt, das kann es nicht bis zum Ende sein. Einerseits dieses sich Verbrennen und Verausgaben in den Diensten, dann mit den Jahren wird man ja doch eher älter statt jünger und die Kraft lässt nach. Und dann auch wirklich die Überlegung, wo möchte ich denn, wo sehe ich mich denn irgendwann in zehn Jahren? Und das war sicherlich nicht in einer Woche nach Dienst auf einer Intensivstation. Und somit habe ich mich mehr wieder mit dem Gedanken beschäftigt, welche Optionen habe ich denn für die Niederlassung? Und am Ende blieb dann für mich als Idee Palliativmedizin als auch die Allgemeinmedizin übrig. Und mit der Option, sich niederzulassen und auch langjährige Beziehungen zu haben mit Patientinnen und Patienten, war das dann die Allgemeinmedizin. So war mein Weg zur Allgemeinmedizin. Und ich habe dann mit ganz viel Glück einen älteren Arzt kennengelernt in Kassel, schon durch die Suche, auch über meine Kontakte, die ich hier in Kassel habe. Und der war schon längst bereit, seine Praxis abzugeben und hat gesagt, na gut, dann mache ich nochmal zwei Jahre länger und bilde dich aus. Und dann habe ich meinen Quereinstieg in der Praxis gemacht, die ich jetzt auch übernommen habe. Ah, cool. Ja, danke dir fürs Teilen. Also das sind total nachvollziehbare Gründe, die wir in Verbindung mit dem Quereinstieg immer wieder hören, dass man natürlich irgendwie noch näher an Menschen dran möchte und voll schön, dass bei dir der Gedanke auch schon früher da war und du es jetzt umgesetzt hast. Jetzt verratet doch mal, woher kennt ihr euch dann eigentlich letzten Endes? Ich glaube, wir haben uns in dem Kompetenzzentrum kennengelernt. Das kam so, wir haben uns immer schon beliebäugelt und dann in den Pausen miteinander gesprochen und ich habe immer gedacht, mit der Charlotte willst du mal einen Wein trinken? Und nun haben wir ja beide Kinder und waren eingebunden beruflich, aber irgendwann haben wir es dann hingekriegt. Jetzt haben wir Praxen, die 500 Meter auseinander liegen und es ist undenkbar eigentlich jetzt ohne dich in meinem Leben. Und vor allem Charlotte ist sehr hartnäckig, was Kontakthalten angeht. Das heißt, am Anfang haben wir ganz oft gesprochen und Patientenfälle geteilt. Ja, und mittlerweile machen wir eine ganz tolle Weiterbildung zusammen in Ostfriesland, nämlich manuelle Medizin. Das heißt, da haben wir auch nochmal was Gemeinsames und fahren immer nach Ostfriesland und lernen, wie man Blockaden löst. Ja, das war wirklich ein Glück. Also das Mentoring und auch das Seminarprogramm über das Kompetenzzentrum, das war für mich wirklich ein Segen. Also ich habe so viele, viele tolle Frauen da kennengelernt und habe meine ganzen Kontakte so, so schön erweitern können. Und da sind tiefe Freundschaften entstanden, unter anderem mit Marie, die ich wirklich gleich da so habe sitzen sehen und dachte, Mensch, die Chemie stimmt. Ja, genau. Voll schön. Die möchte ich haben. Ja, das ist wirklich, also eine Bank. Und habe ich es richtig verstanden, dass ihr dann beide jetzt quasi auch selbstständig seid? Du in der Einzelpraxis, Charlotte und Marie, wie sieht es bei dir aus? Ich bin in einer Gemeinschaftspraxis, das heißt unser älterer Kollege hat immer dafür gesorgt, dass viele Studenten in der Praxis waren und ich bin mit eingestiegen. Da war mein jüngerer Kollege Armin angestellter Arzt und ich kam tatsächlich mit dem Plan in die Praxis, das dann mit zu übernehmen und nachdem wir uns dann ein Jahr beschnuppert haben, haben wir beschlossen, dass wir aus der Einzelpraxis mit Angestelltenärzten eine Gemeinschaftspraxis machen. Ich bin in einer Praxisgemeinschaft, aber die ist tatsächlich so, wir sind doch so freilassend einander gegenüber, dass wir tatsächlich wenig Kontakte und Berührungspunkte haben. Wir nutzen zwar die großen gemeinsamen Praxisräume gemeinsam, haben aber alles ganz, ganz streng getrennt. Also wir haben zwei Empfangsbereiche, zwei Labore, zwei EKGs und so weiter bis hin zu den Angestellten. Die teilen wir uns nicht, sodass ich mich doch mitunter fühle, als sei ich fast alleine. Also wir sind nicht nur kaufmännisch getrennt, sondern wir haben tatsächlich wenig Berührungspunkte, was Vor- und Nachteile haben kann. Also momentan finde ich das noch sehr vorteilhaft. Magst du zu den Vor- und Nachteilen noch ein bisschen was erzählen? Also was ich sehr genieße aus der Klinik kommend, dass ich eben selbstbestimmt arbeiten kann und dazu, wie gesagt, wir sind ja schon auch eine Großfamilie, empfinde ich das als ungemein erleichternd, dass ich einfach meine Arbeitszeiten so einteilen kann, wie ich es brauche oder meine Familie es braucht. Das heißt, ich mache Urlaub, wann ich möchte und ich muss das mit niemandem besprechen, außer mit der KV und den Vertretungsärztinnen und das Gleiche für Brückentage und solche Dinge. Auch meine Öffnungszeiten habe ich mir so individuell zusammengebaut in einem ganz fragilen System mit meinem Mann zusammen, der ja auch eine Praxis als Pädiater, als vollen Sitz führt und das ist eine wahnsinnige Erleichterung. Und der Nachteil kann natürlich sein, dass der unmittelbare kollegiale Kontakt und Austausch fehlt, den ich aber durch mein wunderbares Netzwerk hier in Kassel durchaus kompensieren kann. Also ich rufe meine Freundinnen an, wenn ich Not habe. Ich habe eine Dermatologin, die ich mal um Rat fragen kann mit Bildern dermatologischer Art und so. Und vielleicht manchmal, dass ich tatsächlich selbstverantwortlich mich um alles wirklich selber kümmern muss. Aber wiederum bin ich auch da wieder im Tempo, wie ich meine Probleme bewältige, auch niemanden verpflichtet, das irgendwie besonders schnell zu machen. Und ja, das wären so die Vor- und Nachteile. Und noch profitiere ich in dieser Lebenssituation von den Vorteilen. Sollte sich das vielleicht ändern, weil die Kinder groß werden oder ich doch merke, ach, ich hätte doch eine gute, kompetente und nette Kollegin enger an meiner Seite, ist durchaus das Modell, wie Marie es gewählt hat, der Gemeinschaftspraxis ein sehr, sehr denkbarer und gangbarer Weg für mich. Ich glaube, wie du sagst, es muss auch zu einem selbst, zur Lebensphase passen. Und es ist ja auch zum Glück in diesem Fach nicht für immer dann in Stein gemeißelt, wie die Arbeitszeiten, der Arbeitsalltag aussehen muss. Das finde ich total schön. Und ich finde, es macht auch ein bisschen Mut, vielleicht gerade denjenigen, die sich denken, alleine würde ich mir das nie zutrauen, gerade dass du ansprichst. Man hat ja auch eine andere Möglichkeit, noch ein Netzwerk aufzubauen über jetzt die eigene Praxis hinaus. Marie, wie ist denn das bei dir? Du hast, glaube ich, auch Familie. Ist das richtig? Wie machst du das eigentlich mit Praxis und allem, was man sonst so macht im Leben? Also ich habe ganz großes Glück, dass ich schon im Studium meinen Mann kennengelernt habe und mein Sohn kam im zehnten Semester und meine Tochter kam drei Wochen nach dem zweiten Examen. Und wir haben eine gute Aufteilung. Jetzt ist er Veranstaltungstechniker und pandemiebedingt hatte er dann kaum noch was zu tun, hat dann ganz viel zu Hause abpuffern können und hat sich um die Kinder kümmern können. Jetzt geht es für ihn beruflich weiter in einer anderen Richtung und ich bin total dankbar, dass der mir das ermöglicht, weil ich tatsächlich im Augenblick sehr, sehr viel arbeiten muss, was aber nicht so bleiben wird. Seid ihr, apropos, wenn ich das fragen darf, eigentlich beide in Vollzeit tätig oder in Teilzeit? Wir bespielen, wie man ja das immer so nett sagt, beide einen vollen Kassensitz jeweils. Okay. Ich würde total gerne noch was zu dem Konzept der Gemeinschaftspraxis was sagen. Das würde, glaube ich, ganz gut passen. Wenn man für sich selber überlegt, in die Niederlassung zu gehen, was ich finde, das ganz, ganz wichtig ist und ich sehe, dass jüngere Kollegen und Kolleginnen da so große Bedenken haben, was schade ist. Ich finde so wichtig, dass ein Teil der Medizin, gerade was die Betriebsführung angeht, in ärztlicher Hand bleiben sollte. Und das ist in vielen Bereichen, insbesondere im Krankenhaus, ja überhaupt nicht mehr der Fall. Und ich finde auch nicht, dass das in eine gute Richtung geht. Und in der Niederlassung hat man das Zepter selber in der Hand. Und deswegen möchte ich da gerne nochmal was zu sagen. Also ich hatte großes Glück. Ich kam mehr oder weniger in ein gemachtes Nest bei meinem damals Weiterbilder Uwe Popert und hatte es sehr, sehr leicht zu Anfang, weil es gab ganz viele Strukturen, die bereits da waren. Jetzt haben wir uns in dem Zusammenhang ein bisschen vergrößert noch, haben noch einen Kassensitz dazu genommen und haben dann entsprechend Entwicklungsprozesse durchgemacht, was die Patientenanzahl angeht, was die Mitarbeiteranzahl angeht. Dadurch mussten wir uns sehr strukturieren und es ist mit einem großen Autonomiebedürfnis manchmal nicht so leicht, weil man vieles abstimmen muss und wenig alleine entscheidet. Wir pflegen eine Basisdemokratie mit einer 2 zu 1, also wir sind Chefs sind wir zu dritt und 2 zu 1 sticht. Das ist auch nicht immer ganz einfach, insbesondere weil ich ja mit zwei Männern zusammenarbeite, was ich gerne tue, aber manchmal ist es schwierig sich zu erklären, weil wir einfach sehr anders denken. In der Summe finde ich, ist es aber was ganz, ganz Wertvolles, weil wir sind total unterschiedlich. Das heißt, wir haben auch unterschiedliche Begabungen, will ich es mal nennen. Das heißt, wir haben hier wirklich einen ganz floriden und aktiven Austausch und ich weiß, ich bin in der Regel nicht alleine. Also das ist eine ganz, ganz große Ressource und auch für Ärzte in Weiterbildung, die wir eigentlich versuchen immer hier zu haben, ist das ziemlich genial. Das heißt, entweder nehmen wir die aktiv mit oder wir kommen dazu und das habe ich auch in der Praxis, wo ich vorher war, total genossen. Man kann wirklich hemmungslos einfach an die nächste Tür gehen, klopfen und sagen, ich brauche mal Hilfe und dann wird das beantwortet. Und das ist auch was, was in den Krankenhäusern zunehmend nicht mehr passiert, nämlich die aktive Weiterbildung. Das kann man nirgends besser kriegen als in diesem Setting. Deswegen, ich möchte das ganz aktiv bewerben, weil das ganz hohen Wert hat. Ja, super, dass du es ansprichst. Das macht auch so eine kleine Frage, auf die ich hatte, nämlich, wenn ihr jetzt beide so ein bisschen eure Weiterbildung, die eine etwas länger und stringent, die andere etwas kürzer und aus der Anästhesie kommende Revue passieren lasst und jetzt in der Niederlassung, Selbstständigkeit, wie man das alles wuppt. Gibt es irgendeinen Tipp, den ihr habt für Menschen, die sich überlegen, dass sie das auch gerne mal machen möchten? Was ist wichtig, während der Weiterbildung schon zu tun dafür? Ja, mein Tipp für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, Allgemeinärztinnen oder Ärzte zu werden, ist tatsächlich in der Klinikzeit so viel mitzunehmen wie nur möglich. Also keine Extraschleife ist umsonst. Also jede Stippvisite in einem anderen Fach ist immer, immer Gold wert und erweitert den Horizont und baut die Kompetenzen aus. Ich würde auch immer auf Kosten der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen tatsächlich versuchen, in der Klinik so viele Kurse mitzumachen. Ultraschalle, wirklich Schallen ist total wichtig. Ich habe selber die palliativmedizinische Ausbildung während meiner Klinikzeit gemacht. Notfallmedizin, davon profitiere ich jetzt ungemein. Wenn man womöglich noch Zusatzbezeichnungen mitnehmen kann, der Schmerzmedizin, kommt man aus der Anästhesie oder so, lohnt es sich wirklich, das schon in der Klinik, sage ich mal so, abzufrühstücken. Also einerseits die Kosten werden ja zum Teil auch von den Klinikträgern übernommen. Andererseits ist es auch einfach Zeit, die man, wenn man wirklich dann selbstständig ist, dann so wochenweise zu fehlen, ist manchmal schwierig. Schwierig. Und Marie und ich, wir räumen uns jetzt immer diese Zeitslots immer so ein bisschen ein für unsere manuelle Medizin-Weiterbildung. Aber das ist schon, ja, da braucht ein bisschen Raum. Und das dann schon während der Ausbildung zu machen in der Klinikzeit, ist sehr zu empfehlen. Wie seid ihr denn eigentlich zur manuellen Medizin gekommen? In dieser Praxis haben meine beiden Kollegen das bereits gemacht und haben gesagt, also wenn du eine Weiterbildung brauchst, dann diese. Und tatsächlich habe ich auch im Krankenhaus mal in einer Orthopädie gearbeitet und war doch relativ ernüchtert darüber, dass ich Menschen mit akuten Rückenschmerzen nicht wirklich gut helfen konnte. In der Regel wurden die geröntgt, haben ein paar Schmerzmittel bekommen und durften entweder wieder nach Hause gehen oder sie haben auf der Station den Göttinger Tropf bekommen und wer da nicht schläft, der hat verloren. Und jetzt kann ich, wenn jemand sagt, ich habe hier so Schmerzen im unteren Rücken, ja ich sag mal so zu 95 Prozent ist das kein Bandscheibenvorfall und dank der manuellen Medizin kann ich jetzt ganz gelassen sagen, wir untersuchen das, wir schließen den Bandscheibenvorfall aus und dann mache ich Ihnen das weg. Das ist ziemlich cool und das ist eine ganz dankbare Sache und ich finde sowieso hands on beim Patienten sowas Feines. Ja, das kann ich nur bestätigen. Ich fasse meine Patienten tatsächlich auch gerne an und ich merke auch, dass das von den Patientinnen auch als Qualitätsmerkmal wahrgenommen wird. Das soll heißen, ganz oft kommen die ja wieder von Orthopädinnen oder überhaupt fachspezifischen Richtungen, wo die sagen, der hat mich noch nicht mal angeschaut oder die hat mich noch nicht mal angefasst. Und das ist tatsächlich sehr hilfreich. Und man darf den Schmerz in der Allgemeinmedizin, also der ist wirklich, es sind viele Menschen, die mit diesem Anliegen kommen. Von Kopfschmerzen, Schulterschmerzen, Rückenschmerzen, Kiefergelenkschmerzen, Knieschmerzen, Hüftschmerzen, keine Ahnung. Und die manuelle Medizin bietet uns zumindest ein Konzept dafür. Und das ist sehr befriedigend für uns als Ärztinnen, denke ich, und auch für die Patientinnen, die zu uns kommen. Ja, also ich verstehe nicht, warum das nicht auch gelehrt wird. Das ist so genial. Funktionelle Anatomie und wie man es behandelt, ohne dass man selber Probleme im Rücken bekommt. Ja. Wenn wir jetzt schon so ein bisschen in den Bereich der Fortbildung quasi reingeguckt haben oder Zusatzweiterbildung, wenn wir die Uhr nochmal so ganz kurz zurückdrehen in eure Weiterbildung, hätte ich noch eine Frage. Und zwar, hattet ihr auch irgendwas, was ihr während der Weiterbildung herausfordernd fandet? Also ich hatte einen ganz angenehmen Weg, weil ich habe meine erste Stelle im PJ bekommen. Da war ich in der Chirurgie, Allgemeinchirurgie, fand das total charmant, habe dem Chef gesagt, ich möchte gerne Allgemeinmedizin machen und ich hätte Lust auch bei Ihnen mal zu arbeiten, können Sie sich das vorstellen? Und dann hat er gesagt, bringen Sie morgen die Bewerbung und dann hat das direkt geklappt. Die herausfordernd war eigentlich, es war ganz sortiert. Also es waren ein halbes Jahr Allgemeinchirurgie, ein halbes Jahr Unfallchirurgie, ein halbes Jahr chirurgische Notaufnahme. Dann bin ich auf die Intensivstation gekommen für ein halbes Jahr. Dann in die Kardiologie, Onkologie habe ich zwischendurch auch noch ein Stückchen gemacht und hatte wirklich großes Glück, bin ich der Meinung, mit meinen Weiterbildern. Also wenn man bereitwillig mitgearbeitet hat, auch wenn man dann nur kurzfristig eingesetzt wurde, dann wurde einem im Gegenzug auch viel erklärt. Das Einzige, also was tatsächlich herausfordernd war im Krankenhaus, dass zu Regelzeiten das eigentlich nie hingehauen hat. Ich habe mindestens eine Stunde, eher zwei, mehr gemacht pro Tag und mir wurde auch relativ klipp und klar gesagt, ob sie zwei kleine Kinder zu Hause haben oder nicht. Das ist uns egal, wenn sie Vollzeit arbeiten, arbeiten sie Vollzeit. Also da wurde einfach auch keine Rücksicht genommen. Ja, ich habe ja die meiste Zeit meines Lebens in der Klinik verbracht und ich muss sagen, ich war im Haus der Maximalversorgung in Kassel hauptsächlich angestellt und auch kurze Zeit in Göttingen Weende. Aber ich muss sagen, ich habe immer Glück mit meinen Chefs gehabt. Also ich habe tatsächlich immer Unterstützung erfahren. Also ich hatte schon immer den Eindruck, dass nach meinen Wünschen, dass nach Möglichkeit versucht wurde, passgenau umzusetzen. Also ich hatte da wirklich Glück. Also ich habe insgesamt drei unterschiedliche Chefs erlebt und habe da tatsächlich mich in der Anästhesie, wo sicherlich auch eine größere Akzeptanz für Teilzeit selbst unter Oberärztinnen und Ärzten schon immer war, da schon auch Support erlebt. Und den zweiten großen Support habe ich tatsächlich durch das Kompetenzzentrum der Allgemeinmedizin erfahren. Also ich bin einfach da so in diese Praxis nach der Klinik dann so sage ich mal reingepurzelt, gestolpert und hatte dort sicherlich auch einen Lehrmeister, der naja eher vom alten Schlag noch war, um das mal so auszudrücken. Und ich habe mein Wissen tatsächlich durch das Seminar- und Mentoring-Programm erweitert und habe dann verstanden, wie Allgemeinmedizin funktioniert, wo ich nachlesen kann, was die DGAM sei und so weiter, die Leitlinien, Kurz- und Langfassungen, all das habe ich tatsächlich durch die Seminarprogramme und meine Ärztinnen und ärztlichen Kollegen dort kennengelernt. Das war die allergrößte Hilfe. Nichts hätte ich gewusst ohne die Hilfe dieses Netzwerks tatsächlich. Sodass das eigentlich ganz fluffig lief, sage ich mal so. Also es war nicht erinnerlich schmerzhaft oder dass ich auf die Nase gefallen wäre oder so. Ich finde, an der Stelle würde ich gerne auch noch was sagen. Eine total dankenswerte Sache ist, dass über das Kompetenzzentrum und das, was für Allgemeinmedizin entwickelt wurde, zum Beispiel Deximed, dass es eine absolute Sicherheit gibt. Das heißt, wenn ich nicht weiß, wo meine Grenzen sind oder wenn ich grundsätzlich etwas nicht weiß, ich gucke da auf meine Plattform und weiß, das und das hast du zu tun. Also Leitlinien gerechtes und evidenzbasiertes Arbeiten. Und ich finde, dass gerade die Zeit, wo man dann eben an so ein Kompetenzzentrum angebunden ist, besser eigentlich nicht begleitet werden kann. Also eine solch strukturierte Weiterbildung hat man, glaube ich, in anderen Fachrichtungen eher selten. Ihr seid ja auch beide Mentorinnen bei uns in einer unserer Kassel-Gruppen. Habt ihr aus der Perspektive nochmal irgendwas, was ihr auch zum Beispiel den Mentees oder anderen Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung mitgeben würdet? Also grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Allgemeinmedizin die Königsdisziplin ist. Das heißt, wenn man noch nicht sicher weiß, was möchte ich eigentlich gerne machen und gerne mit Menschen zusammenarbeit und seine Arbeit gerne gründlich und gut und nach bestem Gewissen machen möchte, dann sollte man sich die Allgemeinmedizin angucken und reinschnuppern. Und meine Erfahrung ist, dass ganz viele Studenten, die hier Blockpraktikum oder Famulaturen machen, plötzlich denken, oh, guck mal, das ist was, das ist sehr breit gefächert, da musst du wirklich was wissen und das kann ich mir vorstellen, weil das wirkt zufriedenstellend, das ist richtig erfüllend. Also das ist für die, die das noch nicht für sich entschieden haben, man sollte es sich angucken. Es ist was ganz Schönes. Ja, also ich sehe das genauso. Also ich habe ja anfänglich auch schon beschrieben, dass ich auch so zwei Herzen in meiner Brust habe, dass ich auch schon ein bisschen so auch den Reiz des Schnellen auch liebe, was man in der Notfallmedizin hat. Aber Allgemeinmedizin ist alles andere als langweilig. Also es ist so abwechslungsreich und es bietet immer wieder Neues und nicht täglich zwar, aber mindestens wöchentlich neue Krankheitsbilder, wo man sich nochmal einlesen kann und also das ist tatsächlich so, dass das Fach manchmal ein bisschen verkannt wird von Menschen von außen. Aber ich erlebe es zumindest, dass unser Selbstbewusstsein immer besser wird. Ich finde, wir haben ganz breite Schultern bekommen. Also ich kann das nur wärmstens empfehlen, in die Allgemeinmedizin reinzuschnuppern und das, was auch oft schon in diesem Podcast angeklungen ist, ist eben die Möglichkeit, sich stets weiter und fortzubilden und sich selbst immer weiter zu entwickeln. Das heißt, die Patientinnen kommen mit einer Frage auch zu Ärztinnen, die eben auch eine Antwort darauf geben können. Und das bietet so viel für Weiterentwicklung und Lust, sich fort- und weiterzubilden. Also die Vorstellung, irgendwie jetzt so auf meinem Wissensstand zu bleiben und das soll es dann gewesen sein, das wäre für mich grauenvoll. Und die Allgemeinmedizin, wir können uns in alle Richtungen bewegen, in alles, was denkbar ist. Ja, man hat mehr Lust auf Herz, bitte, kann man machen. Man hat mehr Lust auf Bewegungsapparat, auf Mikronährstoffe des Darmes, Symbiose, Lenkung, Psychosomatik, Psychotherapie. Wir können es alles anbieten und das ist so vielfältig. Und wie Marie schon gesagt hat, das ist die Königsklasse und nichtsdestotrotz müssen wir in allem irgendwie gut sein und breit aufgestellt. Toll. Also es macht Lust auf mehr. Das ist so. Bis zur Rente und darüber hinaus. Auch für unsere Patienten, ja. Unser Gesundheitssystem ist ja irgendwie zunehmend dysfunktional und es gibt zwar immer den Wunsch zum Facharzt zu gehen, zumindest immer wieder, aber die Sachen besprechen, egal was die Fachärzte vorschlagen, tun die Menschen bei ihrem Hausarzt in der Regel. Also für unsere Patienten sind wir der Chef im Ring, weil die uns das anvertrauen und sagen, ich möchte aber wissen, wie sie das sehen und wenn sie das bejahen, dann kann ich das so mitgehen. Und das, finde ich, ist so ein großes Geschenk, was uns da anvertraut wird, so das höchste Gut für diese Menschen. Und es gibt, finde ich, wenige Sachen, die mehr erfüllend sind. Und das ist so der innere Motor für die Sache, dass das absolut zufriedenstellend ist, wenn man, wie Charlotte sagt, einfach dranbleibt. Wenn man immer wieder neugierig ist, sich up to date bringt und dann macht man es einfach für seinen Patienten gut und man kriegt total viel Dank auch zurück. Na, wenn das mal nicht tolle Werbung für das Fach ist. Und ich finde vor allem darüber hinaus hört man bei euch beiden auch total durch, dass ihr so eine Haltung wirklich von Offenheit und PatientInnen, die ihr habt, die ich aus PatientInnen-Sicht großartig finde. Und vielleicht da nochmal kurz angesetzt. Habt ihr denn, wenn wir so bei dem Thema Haltung, wie will ich als Ärztin eigentlich sein, habt ihr da irgendwas? Also vielleicht gerade mit der Frage, wie möchtet ihr Medizin machen? Wie wollt ihr als ÄrztInnen für eure PatientInnen da sein? Die Wertschätzung, denke ich, ist mir wichtig, dass ich hoffe, dass ich immer die Haltung jedem Patienten gegenüberbringe, dass es wertschätzend ist, zuhörend, offenhaltend. Und ich würde mir tatsächlich in Quäntchen mehr Zeit als Ressource wünschen. Weil das doch, also wir laufen ja gerade in der Allgemeinmedizin oder insgesamt in der hausärztlichen Versorgung, ich will die Kinderärztinnen da gar nicht ausnehmen, ja tatsächlich laufen wir, ja das ist ganz deutlich ja in einen totalen Mangel rein. Der ist unaufhaltsam. Also in zehn Jahren, wissen wir, wird es crashen. Das ist ganz deutlich. Und diese Ressource Zeit wird für uns immer knapper. Aber ich nehme die mir auch mit sehr vielen Überstunden und manchmal zum Leid meiner Mitarbeiterinnen, die ächzen und sagen, ich hätte wieder zu viel Zeit gebraucht. Aber ich erlebe es schon, dass die Patienten sich gehört fühlen und das auch dankbar annehmen. Das ist wiederum auch ein ganz großer Vorteil, wenn man sein eigener Chef ist, dass wir im Grunde genommen festlegen, wenn jemand jetzt akut ein bisschen mehr Zeit braucht, dann bekommt er die. Und ich habe in letzter Zeit lange darüber nachgedacht, warum ich so glücklich und zufrieden bin in meinem Arbeiten, weil ich mir erlaube, dass es auch mal einen Moment dauert. Und tatsächlich schaffe ich es trotzdem irgendwie in der Regel nicht allzu spät, meistens sogar pünktlich rauszukommen. Also ich gebe den Leuten einen Raum, in der Regel sind die meisten von sich aus schnell, weil die wissen, okay, sie haben wenig Zeit, das Wartezimmer ist voll und trotzdem, gerade wenn jemand reinkommt und sagt, ja, es ist voll, ich weiß, sie haben es eilig, dann sage ich, nee, wir machen das so, wie sie das brauchen und das haut in der Regel trotzdem irgendwie hin und damit kommt auch mehr Gelassenheit ins Spiel, Dann passieren weniger Fehler und das ist auch eine ganz, ganz gute Erfahrung. Habe ich von meinen Kollegen gelernt. Das ist was ganz Gutes. Und genau da würde ich gerne nachhaken. Total konkret. Wie machst du das? Wie stellst du es an, dass es hinhaut, dass du pünktlich rauskommst? Also ich habe eine Struktur. Das heißt, die meisten Leute bringen den Spruch, wenn ich jetzt schon mal hier bin. Und wir haben so ein Mischkonzept aus Patienten, die akut vorstellig sind und Terminpatientinnen. Und dann mache ich es in der Regel so, wenn jemand akut kommt, sage ich, welche Themen haben Sie mitgebracht? Von 1 bis XY liste ich das auf und meistens sage ich, gut, das braucht ein bisschen Raum, das braucht ein bisschen Zeit und wir machen dafür nochmal einen gesonderten Termin, dann und dann. Oder vielleicht schlage ich auch einen Kollegen dafür vor, weil der das an der Stelle besser macht, als ich, je nachdem, worum es geht. Und bei den Leuten, die als Termin kommen, mache ich es in der Regel genauso. Also ich lasse erst mal die Sachen einmal auflisten. Ich sage, ich schreibe auch mit und dann sage ich ihnen was dazu. Dann machen wir für sie einen Plan und damit fahre ich sehr gut. Vor allem, weil häufig, das ist jetzt so meine Erfahrung mit der Zeit, kommen die wichtigsten Sachen ganz zum Schluss. Ja, also ich frage dann auch nochmal explizit, haben Sie alles aufgelistet? Dann kümmern wir uns jetzt drum. Oder ist noch was Wichtiges dabei? Und das geht schneller, als man denkt. Ich finde, es klingt auch toll, wenn man dann trotzdem natürlich als Patientin das Gefühl hat, man wird gehört und alles findet irgendwie Raum. Und gleichzeitig hast du ein bisschen Kontrolle darüber, wann du was machst. Tatsächlich, wie ist es bei dir, Charlotte? Hast du auch so eine Struktur? Tatsächlich bin ich in eine besondere Praxisstruktur gekommen. Da war zum Beispiel immer offene Sprechstunde. Das heißt, meine Patientinnen und Patienten sind gewohnt, zu kommen, wann sie wollen, mit egal welchem Anliegen. Das funktioniert so leidlich. Ich habe jetzt auch etwa ein Drittel mehr Patientinnen, als mein Vorgänger es hatte, also deutlich mehr Scheinzahlen. Und das ist jetzt verbunden mit unsäglichen Wartezeiten. Also manchmal kommen Menschen mit wirklich schweren seelischen Belangen in die Akutsprechstunde und ich kann die dann nicht einfach rausfegen und dann sind die Wartezeiten momentan bei mir wirklich nicht gut. Aber auch das ist sowas, das kann ich auch hier ganz offen sagen, das ist im Wandel. Also wir gehen das an, wir bearbeiten das im Team, wir hatten letzte Woche Teamsitzung, das wird jetzt verändert. Wir erweitern jetzt sukzessive die terminierte Sprechstunde zu Lasten der Akutsprechstunde und erhoffen uns damit Erleichterung für die Patientinnen und auch für uns, dass da weniger lange Wartezeiten sind. Ja, also so unterschiedlich führen wir unsere Praxen und das macht trotzdem Lust. Da ist sicherlich von Vorteil auch, dass du, Marie, in einer Gemeinschaftspraxis bist, dass ihr euch mal auch, wenn es ganz voll ist, mal schnell reingrätschen könnt. Ich wiederum muss das ganz, ganz alleine halt abarbeiten. Das ist dann erst fertig, wenn es getan ist. Und darf ich da nochmal fragen, gerade weil du auch beschreibst, was du natürlich dann auch sicherlich ein Stück weit mit nach Hause nimmst, auch gedanklich. Was machst du eigentlich, um Ausgleich zu finden, wenn der Praxisalltag mal herausfordernd wird? . Also da geht es ja um die große Frage der Selbstachtsamkeit und der Selbstfürsorge. Und ich bin da ganz ehrlich, dass das auch sich bei mir immer im Prozess befindet. Also ich ringe seit Jahren darum, tatsächlich da einen Rhythmus und eine Struktur in mein Leben zu bekommen, die wirklich salutogenetisch zu sehen ist. Und das gelingt mir manchmal besser und manchmal schlechter, aber insgesamt…, Denke ich, mein Ausgleich ist schon auch meine Familie. Ich bin sehr gerne zu Hause bei und mit meinen Kindern und auch mit meinem Mann zusammen. Das ist mir wirklich die allergrößte Freude, dort zu sein. Mitunter ist das aber auch mit Arbeit verbunden. Und dann bin ich sehr bewegungsfreudig und ich fahre alle meine Wege stets mit dem Fahrrad und versuche mindestens ein-, zweimal die Woche auch mal in den Wald und laufen gehen und joggen. Und was mir tatsächlich noch ein Anliegen ist, was mir bisher nicht so gut gelungen ist, sind die Künste. Also ich wünschte mir das, mir pflegen zu können, merke aber, dass ich abends doch so müde bin, dass ich das noch nicht gut greifen kann. Aber ich bin dran. Also ich stehe morgens zur Zeit immer früher auf und mache morgens Yoga und meine Dehnübungen und hoffe, dass das schon mal reichen muss. Und Freundschaften ist eine große Ressource. Also ich habe, denke ich, ein sehr gutes Netzwerk an Freundinnen. Wünschte, ich würde die noch mehr sehen, als ich es momentan tue. Aber ich bin doch in Kontakt mit meinen Liebsten und ja, das trägt. Das ist so. Ja, genau richtig. Willst du zustimmen, Marie? Ja, wir sind uns da nicht unähnlich. Ich bin auch total gern zu Hause. Ich laufe für mein Leben gern. Also wenn ich eine Quelle habe, dann, dass ich einfach rausgehen kann und zwei Stunden meinetwegen auch am Stück joggen kann. Und dann bin ich glücklich und wir haben noch ein gemeinsames schönes Hobby. Aber nicht die manuelle Medizin. Nein, noch viel besser. Wir haben beide Hühner. Ah, wie schön. Ja, Charlotte hat angefangen und das ist sowas Schönes, diesen kleinen Tieren beim Picken und beim Durch-den-Garten-Laufen zuzugucken und Eier sammeln. Das ist auch richtig schön. Das heißt, du hast dir dann auch welche zugelegt, nachdem du Charlotte als Mama-Vorbild gesehen hast. Da waren wir zusammen in Ostfriesland und da habe ich ganz neugierig nachgefragt, wie ist denn das und wie aufwendig und ja, und dann habe ich das selber entschieden und das war eine gute Entscheidung. Es macht richtig Spaß. Die haben was Meditatives. Voll schön, dass ihr das als zwei Kasslerinnen auch sagt, weil ich erinnere mich, dass wir bei unserer Podcast-Folge zum Thema Land auch so auf die Hühner gekommen sind, irgendwie natürlich. Das habe ich jetzt bei euch gar nicht erwartet, aber total schön. Und ich finde, was wir auch auf jeden Fall festhalten können, dass ihr hier als Mentorinnen-Tandem-Hausärztinnen-Duo geballte Frauenpower sitzt und die Allgemeinmedizin wird ja auch immer weiblicher. Habt ihr zu dem Thema noch irgendwas, was ihr unseren Zuhörerinnen und Zuhörern gerne mitgeben würdet zum Thema Frauen in der Allgemeinmedizin? Ich weiß nicht, also das war auch tatsächlich, ich als Anästhesistin, ich habe Sexismus vom Feinsten erlebt, die ganze Zeit mit diesen ordinären Chirurgen da im OP und das passiert mir jetzt auch so, wo ich Chefin bin, jetzt auch nicht mehr. Aber das war im Nachklang schon auch anstrengend, dass man da sich immer abgrenzen muss. Also der Beruf des Arztes wird ja immer weiblicher. Also es ist einfach so, dass ich mitbekomme, dass immer mehr Frauen diesen Beruf ergreifen und es ist durchaus machbar, auch mit Kindern diesen Beruf vollumfänglich auszuüben. Das geht. Ja, und tatsächlich muss man aber auch schon sagen, dass wir beide auch schon Glück mit unseren Männern hatten, dass wir beide funktionierende Beziehungen und Ehen führen, wo die Männer ganz auf Augenhöhe mit uns und ganz egalitär mit uns gemeinsam das Leben führen. Und das ist sicherlich auch eine Erleichterung, dass da insgesamt schon ein großes Umdenken erfolgt ist. Und ich kann junge Ärztinnen und Ärzte nur ermutigen, wirklich sich die Allgemeinmedizin anzugucken, weil ich denke, es gibt kaum ein Fach, was so familienkompatibel auch gestaltet werden kann über die verschiedenen Jahre hinweg und so individuell auch den Familienbedürfnissen angepasst werden kann. Ob man angestellt ist oder selbstständig, Gemeinschaftspraxis oder alleine MVZ, es gibt so viele Möglichkeiten. Ja, das kann ich nur alle ermutigen. Ja, der Gestaltungsspielraum ist einfach da und ist gut. Und es gibt so viele Ärztinnen, also ich muss leider nochmal die Frauen hervorheben, die auch so als Vorbildfunktion für uns sind, auch gerade bei den jungen Ärzten, Jade zum Beispiel oder so zu nennen, die einfach zeigen, es ist möglich. Ja, es ist möglich und man muss ein kleines Quäntchen Mut mitbringen und wie immer ein bisschen Kompromissbereitschaft und vielleicht auch ein bisschen Geduld, aber Familie mitunter vielen Kindern, wir haben ja zusammen sieben Stück immerhin, Marie und ich, das ist durchaus möglich, auch sogar in Selbstständigkeit. Mit vollberufstätigen Männern zum Teil. Ich kann nur sagen, nur Mut für die Sache. Es lohnt sich. Ja, ihr beiden. Ich glaube, ich kann mich an der Stelle einfach nur schon mal bedanken für den Einblick, den ihr uns und allen, die zuhören, gegeben habt in eurem Alltag, in eurer Haltung als Ärztin. Und ich glaube, wir können auf jeden Fall von Glück sprechen, dass wir euch als Mentorinnen gewinnen konnten. Ihr seid nämlich beide tolle Vorbilder. Und wir hoffen natürlich, dass ihr da sehr lange dabei bleibt und Spaß an eurer Arbeit weiterhin habt. Ihr kennt ja vielleicht schon unsere Abschlussfrage nach der großen Lebensweisheit, die ich euch beiden natürlich auch gerne stellen möchte. Habt ihr denn irgendwas, was ihr mit allen teilen möchtet, die diese Folge hören? Ich weiß nicht, ob ich das jetzt einfach so vorlesen kann. Nee, ich habe mir tatsächlich gestern Abend überlegt, was möchte ich gerne transportieren und ich sehe die zunehmende Not von Ärztinnen und Ärzten, die nicht im niedergelassenen Bereich sind. Und ich kann nur drum werben, sich die Allgemeinmedizin anzugucken, weil mein innerer Motor für diese Sache und für die Arbeit ist, wie viel Freude es mir bereitet, meine Patienten und Patientinnen liebevoll, aufrichtig und mit allerbestem Gewissen zu begleiten und in diesem Fach auch die dafür notwendigen Ressourcen zu bekommen. Das ist so genial. Ich liebe meine Arbeit und meine Arbeit liebt mich. Wir haben eine neue Ärztin in Weiterbildung ab August, die im Krankenhaus arbeitet, die gesagt hat, ich habe wirklich überlegt, ob ich die Medizin hinschmeiße, weil so kann ich nicht weiterarbeiten. Und dann saßen wir zusammen in der Küche und ich schwärme sowieso von meiner Arbeit, wenn ich jemanden heiraten könnte, dann am liebsten nochmal die. Nein, mein Mann ist super, aber trotzdem. Ich habe an dem Tag einen Haufen Geschenke gekriegt und einen wunderschönen Blumenstrauß. Und weil es eng war auf dem Tisch, stand er so neben mir und dann habe ich zu ihr gesagt, ich sage, gucke, ich liebe meine Arbeit und meine Arbeit liebt mich. Und die freut sich, die ist so dankbar, dass sie kommen darf und ich freue mich auch riesig. Ja, so einen richtig klugen Spruch habe ich mir jetzt noch nicht überlegt, aber sicherlich versuche ich immer nach meinem besten Wissen gut für den Menschen zu denken, und hoffe, dass das dann auch meine Gefühle und dann meine Worte und Taten dann auch womöglich beeinflusst. Also das ist zumindest mein Anspruch an mich, weil ich immer denke, wenn Menschen mir manchmal in einer nicht guten Art begegnen, wird das ja mit Sicherheit einen Grund haben, dass es denen nicht gut geht. Und dann versuche ich das irgendwie vielleicht so anders zu denken, als Empörung nur zu empfinden. Ja, ganz vielen Dank euch beiden für diese schönen letzten Gedanken zu dieser Folge und vielen Dank nochmal für eure Zeit, all die Einblicke, die ihr geteilt habt. Wie immer findet ihr dann alle Infos zu unseren beiden Gästen heute in den Shownotes. Und übrigens, falls es während der heutigen Folge zu kleinen Hintergrundgeräuschen gekommen sein sollte, die ihr hört, das liegt daran, dass wir in der Praxis aufgenommen haben, wo sich Hintergrundgeräusche ja manchmal nicht vermeiden lassen. Wir hoffen auf jeden Fall, dass es nicht allzu sehr gestört hat und ihr inhaltlich trotzdem sehr viel mitnehmen konntet. Falls euch die Folge gefallen hat, freuen wir uns total, wenn ihr sie mit euren FreundInnen teilt, uns bewertet auf eurer Lieblingsplattform, egal ob Spotify, Apple Podcasts oder wo auch immer ihr hört. Und danken euch für eure Zeit und bis zur nächsten Folge von Wege der Allgemeinmedizin. Music.