Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 40 Episoden

Ernährung und Gesundheit- mit Klaus Winckler

01.10.2024 58 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge begrüßen wir Dr. Klaus Winckler und sprechen über das breite Themenfeld Ernährungsmedizin. Klaus Winckler erklärt, wie eine Ernährungsberatung abläuft, wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen (z.B. Diätassistent/innen und Psychotherapeut/innen) aussieht und wir sprechen über die Behandlung von Übergewicht, Nahrungsunverträglichkeiten und Darmbeschwerden. Zudem beleuchten wir die Anwendung von digitalen Gesundheitsanwendungen im Bereich Adipositas und den Umgang mit dem aktuellen Hype um die Abnehmspritze. Klaus Winckler gibt darüber hinaus wertvolle Tipps zu Anlaufstellen und erzählt, wie die Weiterbildung Ernährungsmedizin aussieht und welche Vorteile sie bietet.

Shownotes: 



Shownotes: 

Transkript

Music. Herzlich willkommen zurück zu unserem Podcast Wege der Allgemeinmedizin. Ich bin Katharina, Hausärztin und habe hier an meiner Seite die Sandra. Hallo, ich bin Sandra. Ich bin Ärztin und arbeite am Institut für Allgemeinmedizin in Frankfurt im Bereich Lehre. Und wir haben heute die große Ehre, dass wir einen meiner alten Weiterbilder hier bei uns zum Gast haben. Und zwar beschäftigen wir uns heute mit dem großen Thema Ernährungsmedizin. Und ich begrüße herzlich Dr. Klaus Winkler, hausärztlich tätiger Internist mit der Zusatzbezeichnung Ernährungsmedizin, Präsident des Berufsverbandes Deutsche ErnährungsmedizinerInnen und ErnährungsmedizinerInnen, ist tätig in einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Frankfurt am Zoo und wird uns heute Rede und Antwort stehen. Herzlich willkommen, Klaus. Ja, vielen Dank für die Einladung und die nette Einführung. Bin sehr gespannt. Ein sehr großer Prozentsatz an Krankheiten hat ja irgendwie in einem gewissen Sinne mit Ernährungsmedizin zu tun, hat ernährungsbedingte Ursachen oder Folgen und deswegen denke ich mal ist es für alle ein sehr großes Thema, die hausärztlich tätig sind. Das heißt, es begegnet einem im Alltag dutzende Mal, dass diverse Anfragen in den Bereich kommen und aus diesem Grund werden wir uns jetzt mal ein bisschen tiefer in die Materie einarbeiten. Magst du so zum Anfang einfach mal beschreiben, wie denn dein Weg erstmal so in die hausärztliche Tätigkeit und dann in den Bereich Ernährungsmedizin war? Ja, sehr gerne. Ich habe vor 27 Jahren diese Praxis übernommen hier in Frankfurt als normale hausärztliche Praxis, Einzelpraxis von einem alten klassischen Internisten und habe natürlich, wie du schon gesagt hast, sehr schnell gesehen, das Thema Ernährung streift oder beeinflusst sehr, sehr viele Krankheitsverläufe, Entstehung von Krankheiten und habe mich da sehr schnell auch näher mit befasst. Es gibt schon lange die Fortbildung Ernährungsmedizin als curriculäre Fortbildung. Die habe ich dann mal gemacht vor über 20 Jahren und habe dann auch eine sogenannte Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin gegründet und habe eine Ernährungsberaterin, Diätassistentin eingestellt. Und so hat sich das Kind so langsam entwickelt im Laufe der über 20 Jahre jetzt. Und wie würdest du das Themenfeld der Ernährungsmedizin beschreiben? Womit befasst sich dieses Gebiet? Naja, definiert ist es so, dass Ernährungsmedizin alle ernährungsabhängigen Krankheiten in einer gewissen Weise untersucht, behandelt. Und das ist natürlich ein sehr breites Feld. Also das geht von neurologischen Erkrankungen mit Schluckstörungen bis hin zu sehr seltenen Stoffwechselerkrankungen wie eine PKU. Alles das sind Themen, die wir natürlich nicht in der Schwerpunktpraxis alle abdecken. Es gibt Schwerpunktthemen, das ist klar, die Adipositas, die Übergewichtsbehandlung, der Diabetes, das ist seit einigen Jahren vermehrt, natürlich Intoleranzen, Unverträglichkeiten, Zöliakie und diese Dinge. Also von daher ist es ein sehr, sehr breites Feld und es gibt viele Spezialisierungen auch. Es gibt auch Praxen, ich kenne eine Praxis, die ist tatsächlich auf PKU spezialisiert. Und klar ist das eine Ausnahme, aber die paar tausend Menschen, die es betrifft, sind natürlich dankbar, dass es diese Spezialisierung gibt. Und du hast ja schon gesagt, das ist ein sehr breites Feld, ein riesengroßes Spektrum im Bereich der Ernährungsmedizin und in der Vorbereitung auf diese Folge habe ich ja auch auf deiner Website gelesen, Ernährungsmedizin ist Teamarbeit. Du hattest gerade schon angesprochen, es hat klein gestartet und wie ist es denn jetzt, welche Berufsgruppen bilden denn das aktuelle Praxisteam? Also in der Praxis ist es tatsächlich die Ernährungsberatung, die durch Diätassistenten oder Ökotrophologen vertreten wird. Das ist ja ein etwas unüberschaubares Berufsbild, was es dort gibt. Da muss man sich ein bisschen mit beschäftigen. Ernährungsberatung ist keine Qualifikation, sondern es gibt eben diese verschiedenen Berufsgruppen. Und es ist ja nun einfach auch so, dass wir als Ärzte Ernährungsberatung überhaupt das ganze Thema praktisch gar nicht erst lernen bisher. Es gibt jetzt erste Ansätze, auch ein Curriculum für das Studium zu entwickeln, Ernährungsmedizin. Aber die Ernährungsberatung als solche oder die ernährungstherapeutische Beratung ist analog wie auch die Physiotherapie oder die Logopädie Aufgabe einer speziell dafür ausgebildeten Berufsgruppe. Mhm. Und insofern sind bei uns in der Praxis zwei Diätassistentinnen angestellt momentan und wir sind drei Ärztinnen und Ärzte, die die Zusatzweiterbildung Ernährungsmedizin haben. Habt ihr alle gut zu tun, wahrscheinlich mit einer hohen Auslastung, nehme ich mal an. Naja, wir sind primär erstmal immer noch eine hausärztliche Praxis, aber der Ernährungsmedizinanteil ist größer geworden und ich denke mal so 30, 40 Prozent der Tätigkeit dreht sich um dieses Thema. Und welche weiteren Kooperationen über die Praxis hinaus habt ihr noch? Das hängt so ein bisschen vom Thema ab. Natürlich haben wir Psychotherapeuten, mit denen wir kooperieren im Zusammenhang mit Essstörungen beispielsweise, welcher Form auch immer oder überhaupt psychischen Störungen, Indikationen von der Psychotherapie, die auch natürlich die Ernährung mit beeinflussen. Wir haben in Programmen zur Behandlung von Adipositas auch Kooperationen mit Bewegungstrainern, Sportwissenschaftlern, Sportlehrern, Physiotherapeuten. Aber das ist halt nur im speziellen Fall. Also unter unserem Dach sind es Diätassistentinnen und da gibt es auch einen sehr engen Austausch. Also Teamarbeit ist wirklich wörtlich gemeint. Wir haben beispielsweise jede Woche eine Teambesprechung, wo wir alle Patienten auch kurz besprechen, die in der Behandlung sind aktuell. Das ist auf jeden Fall hilfreich, das auch aus den verschiedenen Perspektiven zu sehen. Was würdest du sagen, sind denn die häufigsten Beratungsanlässe in deiner Praxis, vor allem jetzt im ernährungsmedizinischen Bereich? Also die häufigsten sind schon die beiden genannten. Einmal die Adipositas-Behandlung, Übergewicht. Gerade jetzt in den letzten Monaten, wo das Thema medikamentöse Behandlung so viel Raum bekommen hat. Und das andere sind natürlich auch, auch das hat einen gewissen Trend oder auch Gründe, weil es einfach sehr stark thematisiert wird in sozialen Medien, auch die Unverträglichkeiten. Und das sind so die Schwerpunktthemen, die wir bearbeiten. Ja, spannend. Magst du vielleicht mal so für die Hörenden einfach mal so schildern, wie so die Abläufe quasi sind, wenn jemand sich dann, der kommt dann, ich stelle ihm eine Überweisung aus zur Ernährungsberatung oder die Person schlägt dann bei euch auf. Wie geht ihr dann damit um? Wie startet das so eine Ernährungsberatung? Also üblicherweise ruft dann dieser Patient bei uns an und fragt nach einem Termin. Wir haben es nach vielen Jahren Erfahrung inzwischen so etabliert, dass der erste Termin immer bei der Diätassistentin stattfindet, weil natürlich primär erstmal viel Anamneseerhebung ablaufen muss. Worum geht es? Was gab es für Vorbehandlungen? Was gibt es für Befunde beispielsweise? Und da haben wir ein strukturiertes Vorgehen. Wir haben Fragebögen dafür. Und die Patienten bekommen auch immer dann in der Folge nach diesem ersten Gespräch eine Hausaufgabe, wie wir es auch nennen, mit, nämlich gerade im Bereich der Adipositas-Behandlung natürlich besonders wichtig, aber auch bei Unverträglichkeiten ein siebentägiges Ernährungsprotokoll und Befindlichkeitsprotokoll zu verführen. Denn es ist schon so, dass bei den Unverträglichkeiten tatsächlich viele Hinweise nicht von Bluttests oder sonstigen medizinischer Diagnostik kommen, sondern wirklich auch aus dem Ernährungsprotokoll ablesbar sind. Also die Diätassistentin hat für mich da auch wirklich einen diagnostischen Wert, wenn ich das mal so salopp sage. Wir sehen den Patienten auch beim ersten Gespräch. Wir kommen wahrscheinlich noch drauf, das ist ja von der Abrechnung her alles ein bisschen kompliziert. Das heißt, es muss einen Arztkontakt geben, wenn der Patient in unsere Praxis kommt. Und den gibt es dann auch. Und dann gehter mit seinen Hausaufgaben nach Hause. Was er auch noch bekommt, ist ein Antrag für eine Kostenübernahme für die Ernährungsberatung. Denn dafür gibt es weder im EBM noch in der GOE adäquate Ziffern. Das heißt, der Patient muss das beantragen bei seiner Krankenkasse. Da hat man ein Formular für und in der Regel funktioniert das auch reibungslos, wobei der Anteil der Kosten, die übernommen wird, dann variiert zwischen 50 und 100 Prozent. Wenn der Patient uns seine Unterlagen zurückschickt, dann bekommt er ein ausführliches Beratungsgespräch bei der Diätassistentin. Das dauert eine ganze Stunde und ein Gespräch mit mir oder mit meinen Kolleginnen für eine halbe Stunde, wo wir uns der ganzen Thematik entsprechend widmen, schauen, was ist vielleicht notwendig an weiterführender Diagnostik? Welche Schritte gibt es, die einzuleiten sind? Psychotherapie oder es ist ein Patient, der ohnehin schon mit dem Gedanken kommt, er möchte eine bariatrische Operation, wo es natürlich auch viele Vorbereitungen braucht. Das hängt dann eben jeweils vom Thema ab. Und dann bekommt der Patient in der Folge fünf Beratungen, also diese erste und vier weitere. Das ist so ein Paket, was die Krankenkassen akzeptieren. Und das findet dann in der Regel so einmal im Monat, alle sechs Wochen ein Gespräch statt. Und am Ende auch wieder mit uns und wir schauen, wie ist es ihm ergangen, was hat es ihm gebracht, sind Fragen offen, geht es weiter. In der Adipositas-Behandlung sind fünf Beratungen der Einstieg in eine Behandlung und das ist häufig problematisch, weil viele Krankenkassen nicht mehr bezahlen als das. Es wäre jetzt eh so die Frage, gibt es quasi Indikationen oder bestimmte Sachen, die halt eben dann nicht genehmigt werden, was müssen für Grundvoraussetzungen erfüllt sein vom Patienten? Also es muss eine medizinische Diagnose geben, ECD-Diagnose, wobei das häufig nicht sehr schwierig ist, eine zu finden. Die Adipositas alleine, BMI 30, ist bei manchen Krankenkassen schwierig, da braucht es dann, da reicht eine Fettstoffwechselstörung oder Bluthochdruck oder was auch immer oder orthopädische Probleme, muss man ein bisschen darauf achten. In der Regel ist es kein Problem, die passende Diagnose zu identifizieren und auch zu benennen. Und es ist selten, dass Krankenkassen das ablehnen. Eher mal Beihilfepatienten, also privatversicherte Beamte. Da sind die Regularien ein bisschen andere. Und auch manche private Krankenkassen, Krankenversicherung schließt Ernährungsberatung explizit aus. Sie haben einen Behandlungsleistungskatalog. Ist jetzt nicht so schwierig, wenn es in der Arztpraxis stattfindet, weil wir rechnen ja ärztliche Leistungen ab, die wir delegieren. Also um das nochmal so ein bisschen in der Tiefe zu beleuchten, an sich die Rechnungen, die wir stellen, die wir stellen müssen, sind ja Rechnungen nach der Gebührenordnung für Ärzte und das sind eben ärztliche Leistungen. Und du hattest ja schon beschrieben, wie breit das Aufgabenfeld in der Ernährungsmedizin auch sein kann. Da gibt es ja einmal so den Bereich der Prävention, aber auch eben ernährungsabhängige Erkrankungen, zum Beispiel die Unverträglichkeiten oder auch spezielle Erkrankungen, bei denen die Ernährung auch eine therapeutische Rolle spielt. Wenn wir uns jetzt so ein bisschen diesem Bereich der Prävention erstmal zuwenden, da hat ja die Deutsche Gesellschaft für Ernährung beispielsweise eine Aktualisierung der Ernährungspyramide vorgenommen. Ernährung und Gewicht spielt ja auch als Lifestyle-Thema so im öffentlichen Diskurs eine Rolle. Innerhalb der Bevölkerung gibt es da die verschiedensten Ernährungsansätze, Diätformen etc. Wenn wir jetzt mal so ausgehen von einem gesunden, erwachsenen Menschen, welche Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche Ernährung würdest du geben? Jetzt angesprochen auf die DGE-Empfehlungen, natürlich habe ich das auch mitbekommen, dass es da Veränderungen gab. Ich glaube, das, was gesunde Ernährung oder gesunderhaltende Ernährung ist, die muss bedarfsgerecht sein, die muss in einer gewissen Weise ausgewogen sein. Ich kann das jetzt nicht detailliert darstellen, dann müssen wir ein bisschen mehr Zeit noch haben. Aber die Verteilung von Kohlenhydraten, Eiweiß, Fetten, das ist ja so die klassische Aufteilung der sogenannten Makronährstoffe, die in einem bestimmten Gleichgewicht stehen muss und dass eine Ernährung stark pflanzenbasiert sein sollte. Aber ich würde auch keinem Menschen jetzt eine vegane oder vegetarische Ernährung so aus gesundheitlichen Gründen empfehlen. Das muss jeder für sich selber entscheiden. Und unser Weg ist eher der, da wir meistens auch Menschen haben, auch natürlich ist es ein präventiver Ansatz, vielleicht Sekundärprävention, Diabetesvermeidung, zu schauen, wo sind denn wirklich die problematischen Dinge? Was kann man wirklich verändern? Also im individuellen Fall. Im individuellen Fall. Das Thema, was ist gesunde Ernährung, ist eher Thema für die Ernährungsbildung und nicht für die Ernährungstherapie. Und spielen da bei den Ernährungsempfehlungen deinerseits auch Gedanken zu einer klimabewussten Ernährung, also Stichwort Planetary Health Diet eine Rolle oder jetzt eher in dem Kontext weniger? In dem Kontext weniger, muss ich ganz klar sagen. Also wir behandeln den einzelnen Patienten mit seinen Problemen rund um die Ernährung und das ist ein ausfüllendes Thema. Und hinsichtlich der Patientinnen und Patienten in eurer Praxis, welche Entwicklungen beobachtest du denn da so im Praxisalltag hinsichtlich der Ernährung und der Folgen? Was soll ich da jetzt so pauschal darauf antworten? Also eine Sache war, du hast gesagt, Unverträglichkeiten nehmen zu. Das beobachtet ihr jetzt häufiger im Vergleich zu früher? Also gut, in dem Zusammenhang natürlich spielt das eine große Rolle. Es ist sehr medial präsent, das Thema Unverträglichkeiten und es wird vieles angeboten an fragwürdiger Diagnostik übers Internet, wo man sich testen lassen kann. Im Bezug auf Unverträglichkeiten, es gibt diese unsäglichen, sage ich ganz bewusst, IgG4-Tests, wo dem Patienten anhand ein paar Tropfen Blut ein riesiger Katalog an vermeintlichen Unverträglichkeiten dann diagnostiziert wird, die mit Beschwerden in der Regel nichts zu tun haben. Also wenn man untersucht, sollte man das gezielt machen und wirklich auf der Basis einer ausführlichen Ernährungsanamnese dann auch wirklich den Patienten untersuchen. Das ist sicher ein Trend. Was ich auch sehe, was auch ein Trend ist, sind die sogenannten Menschen mit einer Orthorexie. Wir alle kennen die Anorexie, also die Magersucht. Aber es gibt auch viele Menschen inzwischen, die sehr zwanghaft versuchen, wirklich nur das Richtige zu essen. Das wäre die Orthorexie und das kann auch durchaus zu einer krankmachenden Ernährung führen. Das ist durchaus ein Trend, den man sieht. Und der andere Trend ist natürlich, der in der Adipositas-Therapie durch die Zulassung dieser Medikamente, Semaglutid, Tirzepatid zur Adipositas-Behandlung, ist dann natürlich eine Tür geöffnet worden, die viele Menschen auch jetzt aufmerksam macht. Da gibt es ja was, wo ich nicht an meine Ernährung denken muss, sondern mir einmal über eine Spritze gebe. Und darüber ändert sich natürlich auch vieles bei uns. Hast du so, wenn du im Rahmen von Gesundheits- und Präventionsbereichen auch oft so zum Beispiel bei Check-Ups eben genau solche Thematiken mal ansprechen möchtest, kannst du oft auch auf so eine Art Gegenwehr oder eine Reaktion von den Patienten jeweils kommen, damit beschäftige ich mich schon jahrelang, ich weiß ganz genau, was ich esse und ich mache da alles richtig und ich habe eh schon ganz viel darüber gelesen. Je länger man in so einem Bereich arbeitet, desto gelassener kann man auch irgendwann mal so einen Türöffner quasi finden. Hast du einen kleinen Tipp quasi, wie man echt doch so eine Kurve kriegt, den Zugang zu den Menschen zu bekommen? Ja, ich glaube, der wichtigste Tipp ist, nicht Fragen zu beantworten, die nicht gestellt wurden. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen der Diabetesbehandlung. Es ist ja im Grunde nichts anderes, dass wir wirklich schauen, was bewegt den Patient, was besorgt den Patient, worüber macht er sich Sorgen. Und wenn er von sich aus das anspricht oder wir über Laborwerte sprechen, sehen da istPrädiabe tes steht da im Raum auf einmal, was kann man tun? Ist es schon nicht eine Sache von fünf Minuten, ein Gespräch mit dem Patienten zu führen, mal seine Ernährung näher anzuschauen, sondern das auch wirklich zu erläutern, was ihm das bringen könnte, sich darauf einzulassen. Und dieses Protokoll, was wir die Patienten führen lassen, ist insofern auch ein gewisser Compliance-Test. Ich nenne es ganz gerne so, weil wir schauen, wie bereit ist der Patient selber und uns Einblick zu geben in seine Ernährungsweise. Und nur dann geht es natürlich auch. Also es ist nichts, was man in einer kurzen Hausarzt-Sprechstunde bewältigen kann. Es ist schon mal sehr hilfreich, einfach zu wissen, wie läuft sowas ab, eine Ernährungsberatung, was wird da gemacht, dass man das dem Patienten auch dann weiter an die Hand geben kann. Und dann nochmal so vielleicht ein Perspektivwechsel, gucken Sie sich doch nochmal an, wenn jemand von draußen drauf guckt, kommen dann doch manchmal Sachen auf, die Ihnen vielleicht nicht aufgefallen sind. Finde ich manchmal ganz hilfreich, einfach zu wissen, worüber ich spreche, weil ich vielleicht dankenswerterweise bei euch ja einfach auch viel Zeit verbracht habe. Das ist tatsächlich ein Kommentar von manchen Patienten, die sagen, das habe ich gar nicht so realisiert. Also Amnesie im Zusammenhang mit Ernährung ist auch durchaus ein Thema. Auch ADS ist ein Thema im Zusammenhang mit Ernährung. Patienten, die es nicht schaffen, länger als zwei Tage ein Protokoll zu schreiben, die sich da einfach, die das nicht hinkriegen. Und wo wir inzwischen ja auch mehr wissen, wie häufig doch diese Störung, psychische Störung auftritt, die sich auch da bemerkbar macht. Und Ernährungsprotokolle liefern viele interessante Hinweise. Also das darf man nicht unterschätzen. Es ist Arbeit. Ich weiß nicht, wer von euch mal ein Ernährungsprotokoll geführt hat, eine Woche lang. Das ist wirklich Arbeit. Mal ausprobieren, was man dem Patienten da zumutet. Aber es ist sehr, sehr hilfreich. Da habt ihr wahrscheinlich ein spezielles, Eigenentwickeltes? Ja, es gibt so ein Strichlistenprotokoll, das ist uralt, das Freiburger Ernährungsprotokoll heißt das. Da wird halt eine ganze Woche lang für jede Scheibe Brot, für jeden Löffel Butter ein Strich gemacht und das kann man sehr einfach mit speziellen Programmen auswerten dann, im Hinblick auf die Nährstoffzusammensetzung. Das ist immer sehr interessant. Aber was wir häufig bei Unverträglichkeiten auch machen, dass wir wirklich sagen, schreibt genau auf, wann ihr was gegessen habt und wann Beschwerden aufgetreten sind, dass man versucht, so zeitliche Zusammenhänge auch zu identifizieren. Auch zur Ausscheidung. Genau. Verdauungsstörungen, diese Dinge. Trinkmenge, Bewegung, Wohlbefinden, Schlaf. Ja, ist schon sehr ausführlich. Und gibt es noch Tipps hinsichtlich dieser Nahrungsmittelunverträglichkeiten für die Hausärztinnen und Hausärzte jetzt so durch die ernährungsmedizinische Brille, die vielleicht noch nicht ganz so bekannt ist, also in der Diagnostik, weil du hast das ja sicherlich auch, Katharina, und hast erzählt, es kommen viele mit dem Verdacht, ich habe irgendwie Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption, selbst hinsichtlich Zöliakie lassen ja viele Menschen plötzlich dann einfach mal Gluten weg, weil man kann ja alles glutenfrei auch jetzt kaufen, Im Gegensatz zu vor einigen Jahren. Wie ist denn da am besten der Umgang? Ich denke, man muss ein bisschen unterscheiden. Laktoseintoleranz ist ein Phänomen, genetisch bedingt. Wir wissen, es ist keine Krankheit, macht Beschwerden. Die Mehrheit der Menschheit ist laktoseintolerant. Und was ich da auch gerne empfehle, ist ein Selbsttest auf nüchternen Magen, ein großes Glas Milch und am nächsten Tag ein großes Glas laktosefreie Milch. Und wenn sich da ein Unterschied zeigt im Auftreten von Beschwerden, dann ist das schon sehr naheliegend und dann kann man auch so einen Atemtest anschließen. Also das ist eine schnelle Möglichkeit, um mal so einen Eindruck zu bekommen. Und es gibt natürlich gerade in Fertiglebensmitteln sehr viel Laktose. Also ich denke, die Laktosemengen in den Pillen, die es da gibt, die sind wahrscheinlich nicht so relevant, einfach von der Menge her. Aber in der Ernährung findet man das natürlich häufig. Auch für die Fruktose-Unverträglichkeit gibt es einen Schnelltest. Fruktose ist ja auch in jedem Obst vorhanden eigentlich. Aber halt im unterschiedlichen Maß, im unterschiedlichen Verhältnis zur Glucose. Und ein grüner Apfel beispielsweise hat sehr viel Fruktose und den auf nüchternem Magen gegessen. Wer da ein Problem hat, der merkt das dann. Das sind so einfache Empfehlungen. So am Rande beim Gluten ist das eine ganz andere Geschichte. Hier reden wir von einer schwerwiegenden Erkrankung, die Zöliakie, die man diagnostizieren sollte, sicher und auch sicher behandeln muss. Und da gibt es nur die glutenfreie Ernährung im Moment als Behandlung. Man forscht über neue Mittel, aber bisher ist da noch nicht wirklich was in Sicht für die Routine. Und das Problem ist, wenn der Orthopäde oder der Heilpraktiker gesagt hat, ernähre dich doch mal glutenfrei, sechs Wochen, acht Wochen, dann erschwert das die Diagnostik. Das heißt, auch wenn die Patienten dann sagen, jetzt geht es mir besser, wo ich keinen Weizen mehr esse und keinen Roggen und keinen Dinkel. Diese Antikörper, die wir messen können als Ausdruck der Autoimmunerkrankung oder auch die Schleimhautveränderung in der Restoskopie, die sind nach sechs, acht Wochen möglicherweise weg. Glutenfreie Ernährung, obwohl eine Zöliakie besteht. Und das ist häufig eine Diskussion. Es erschwert die Diagnostik. Zu sagen, jetzt ernähre dich mal wieder sechs Wochen glutenhaltig und dann kann man eine sinnvolle Diagnostik machen. Ja, bei einem ja ohnehin sehr variablen Erkrankungsbild. Also die Zöliakie tritt ja von wirklich ganz schwerer Symptomatik bis hin zu sehr milder oder gar keiner in allen möglichen Formen aus, sodass man sie sehr differenzialdiagnostisch da schon im Hintergrund haben sollte. Und auch gut ist, dass man die serologisch im Vergleich zu den Atemtests nachweisen kann, aber ein sehr wichtiger Hinweis, dass man sie nicht glutenfrei vorher dann ernährt. Genau, das ist die wichtigste Frage, wenn es um die Diagnostik geht, haben sie glutenhaltig gegessen oder nein? Und es ist so, es gibt nicht wenige Menschen mit Zöliakie ohne Symptome. Also ich hatte eine Patientin, 30 Jahre alt, die wollte mal einen Check vor der Verbeamtung, die hatte erhöhte GPT-Werte seit Jahren, sonst nichts, die hatte eine Zöliakie und dann haben sich die Leberwerte normalisiert. Sie fühlte sich dann auch besser, also sie hat dann schon auch gemerkt, dass da irgendwas war, aber es war tatsächlich eine Zöliakie. Große Angst, ob das die Verbeamtung behindern könnte, tut es nicht, Zöliakie ist kein Hindernis, kriegt sie eine Verbeamtung. Beim BMI ist das was anderes. Das ist häufiger auch mal ein Grund, dass Patienten kommen und sagen, ich möchte eine Verbeamtung. Aber der Amtsarzt hat gesagt, bei BMI 35, no way, nimm erst mal ab. Schwierige Situation, weil reine extremistische Motivation. Es ist ganz schwierig, das umzusetzen. Wo wir auch schon jetzt eigentlich überleiten können zu dem nächsten Thema, dass wir uns so ein bisschen dem Übergewicht oder der Adipositas mal widmen wollen. Die Prävalenz ist einfach steigend bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und hat die Folgeerkrankungen mit im Boot, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Hypertonie, KHK, orthopädische Probleme, Schlaganfall, also von daher ein großes Themenfeld. Jetzt ist ja Übergewicht nicht immer gleich Adipositas. Magst du vielleicht einfach nochmal auch für die Hörenden so die Definition der Unterscheidung? Klar, es gibt natürlich von der WHO die Definition, die Jahrzehnte alt ist, nach BMI-Werten ab 25 Übergewicht, ab 30 Adipositas, 35,1 Grad 2 und Grad 3, ab BMI 40. Das sagt noch wenig aus über wirklich Krankheit des Patienten. Also ich erwähne gerne Helmut Kohl und Arnold Schwarzenegger, die hatten den gleichen BMI. Wer war davon gesund und wer nicht so? Also der BMI alleine ist ein Kriterium, ist nach wie vor auch jetzt im DMP in der Diskussion, ist das ein Kriterium? Da hat man sich mal drauf geeinigt. Aber entscheidend ist natürlich die Frage, welche Komorbiditäten oder Folgekrankheiten gibt es. Gibt es welche oder gibt es keine? Man kann natürlich auch die Körperzusammensetzung messen, auch das ist eine wichtige Untersuchungsmethode mit der BIA-Messung zum Beispiel, wo ja nur Elektroden auf Hand und Fuß geklebt werden und dann ganz schwacher, nicht spürbar Strom gegeben wird und man misst dann Wassergehalt, Muskelmasse, Körperfettmasse und kann dann sehr viel genauer differenzieren als nur mit der Waage. Und Bauchumfang ist natürlich auch noch ein Thema, mit dem man das auch genauer eingrenzen kann. Und natürlich ist nicht die Adipositas die eigentlich schwere Krankheit, sondern die Folgen, die dann da auftreten. Wobei wir eigentlich ganz froh sind, dass man inzwischen auch Adipositas als Krankheit anerkannt hat. Aber ich glaube, es wird immer noch viel zu wenig diagnostiziert, jetzt auch von den Hausärzten, weil es eben nicht behandelt wird bisher. Wir diagnostizieren das, wo wir Medikamente geben können oder eine Therapie oder was auch immer. Und da hat sich sicher was verändert jetzt. Magst du vielleicht mal so schildern, wie so vor allen Dingen dein ernährungsmedizinischer Schwerpunkt, deine hausärztliche Tätigkeit, also wenn wir jetzt gar nicht mal über die Patienten reden, die zur Ernährungsberatung zu euch kommen, sondern die einfach bei dir ganz regulär zu den Vorsorge- oder zu Beratungsanlässen kommen. Wie gehst du da mit der Thematik dann so um, wenn du merkst, es geht dann schon in Richtung, was Gewichtsreduktion eigentlich mal angestrebt werden sollte? Ja, wie vorhin schon gesagt, ich schaue wirklich, frage den Patienten, sollen wir darüber sprechen? Interessiert sie das Thema? Wenn der Nein sagt, dann ist das Nein, dann spare ich mir die Zeit. Aber das kommt natürlich selten vor. Das ist auch klar, die meisten machen sich ja schon Gedanken darüber und wissen auch um die Risiken, die sie häufig dann damit haben und kennen die Mutter, die Diabetes hat. Oder also haben einfach Bilder auch im Kopf, wohin das führen kann. Und von daher auch im Rahmen der normalen Vorsorgeuntersuchungen wird das in der Regel thematisiert und auch ein Weg aufgezeigt, wie es vielleicht zu beeinflussen ist, zu verändern ist. Genau, das wäre jetzt ja auch ganz spannend, die wäre das jetzt, klar wäre natürlich Ernährungsberatung dann auch ein guter Schritt, den man mit dem Patienten besprechen kann und empfehlen kann und der sicherlich auch sinnvoll ist. Aber man kann ja sicherlich auch ganz viel selber in der hausärztlichen Praxis, begleitend, beratend zur Seite stehen? Wie würdest du sagen, wären so die Schritte, wenn jemand sagt, okay, ja, Sie haben recht, ich muss mir jetzt wirklich mal an meinen Körper, an mich selber denken und jetzt will ich was machen. Also so ein Ernährungsprotokoll zu führen, wirklich mal Einblick zu nehmen in die eigene Ernährungsweise, auch ein Hausarzt kann das natürlich sich anschauen und sehen, wird da vieles finden, wo es Ansätze gibt, ob das die Cola-Menge ist oder ob das das reichliche Olivenöl ist oder die vielen Süßigkeiten, was auch immer. Das ist ja wirklich individuell sehr, sehr unterschiedlich. Von daher gibt es nicht irgendwie so eine goldene Regel, sondern es muss die für den jeweiligen passenden Regeln müssen gefunden werden, Empfehlungen müssen gefunden werden. Und das braucht dann schon ein bisschen Zeit. Und ich denke, wenn wir im eher präventiven Bereich sind, die man ist auf dem Weg in die Adipositas, hat bisher wenig Erkrankungen dadurch oder Stoffwechselstörungen. Gibt es ja auch Präventionsangebote jetzt von den Krankenkassen oder Sportvereinen, Präventionskurse, auch Weight Watcher, gibt es gute Gruppen. Es gibt Apps, mit denen man auch arbeiten kann, um seine Ernährung wirklich genauer zu erfassen. Gibt es verschiedenste. Es gibt inzwischen ja auch die DIGAS zur Behandlung der Adipositas, kann ich auch gerne mal was zu sagen. Also auch als Hausarzt hat man schon einige Ansatzmöglichkeiten und es gibt eine Vielzahl von niedergelassenen Diätassistenten, ÖkotrophologInnen, die man empfehlen kann, wo man sich so sein eigenes Netzwerk quasi aufbauen kann und mit denen in Kontakt. Man wird ja immer auf eine Tür einrennen und sagen hier, ich habe Patienten, kann ich die dir mal schicken, wenn die bereit sind dazu und, Wenn man sich dann regelmäßig auch unterhält und sagt, ich möchte auch eine Rückmeldung haben dafür. Wir haben mal von den Verbänden der Ernährungsberatungsberufe und der Ernährungsmediziner so ein Formular entworfen, analog der Verordnung von Physiotherapie und so weiter. Kennen wir alle, ein Formular zur Verordnung von Ernährungstherapie. Das findet man auf der Homepage vom VDD oder von diesen Verbänden. Das ist jetzt kein offizielles KV-Formular, es ist dem nur angeglichen. Aber auch auf diesem Weg kann man Patienten den Weg zu einer guten Ernährungstherapie dann ebnen. Ja und so ein Zettel in der Hand ist ja dann doch auch nochmal so ein größerer Anreiz oder ein bisschen anderer Auftrag. Anderer Auftrag, ja. In England wird ja teilweise auch Hobbys oder soziale Kontakte verschrieben auf dem Rezept und das reizt dann auch noch mehr an. Es gab auch mal das Rezept für Bewegung, hat sich leider nicht so durchgesetzt. Es ist zu unverbindlich, glaube ich, gewesen. Die Angebote waren für die meisten Menschen nicht passend, die es dafür gab. Aber ich glaube, eine Ernährungsberatung ist für die meisten Menschen passend, so sie bereit sind, sich darauf einzulassen. Natürlich gibt es Menschen, die sagen, das habe ich doch alle schon rauf und runter. Nicht nochmal. Aber auch da sind welche dabei, die sich darauf einlassen und merken, da gibt es ja doch noch Themen, die ich nicht kenne oder die ich wieder vergessen habe. Auch so ein Phänomen, was wir häufig beobachten, wo unsere Diätassistentin kommt und sagt, das habe ich dem vor zwei Jahren alle schon mal erzählt. Der hat nichts sich behalten. Und das ist wirklich auch ein Phänomen. Wie Menschen damit umgehen mit dieser Thematik. Wie das Gehirn einen dann so austrickst und einem Sachen wieder vergessen lässt. Und dann gibt es ja dann auch so, ich meine, ihr habt ja schon viele Patienten, die auch nach bariatrischer OP behandelt, was ja auch immer als Beratungsanlass, öfters mal gefragt wird, weil ich möchte mich gerne operieren lassen. Die Frage kommt auch an mich, jetzt normalen Hausärztinnen häufiger, wo würdest du das dann so einstellen? Wie berätst du da in die Richtung? Kommt das dann auch in der Ernährungsberatung als Thema auf? Also ich muss ganz klar sagen, ich habe die Patienten lieber vor der Operation. Eine gute Nachsorge beginnt vor der Operation, dass Patienten wirklich wissen, worauf sie sich einlassen, was für eine Operation wird gemacht, was hat das für Folgen, was muss ich selber beachten, Supplemente, da können wir jetzt wahrscheinlich nicht drauf eingehen. Aber es gibt ja viele Themen, die sich ändern im Leben. Vermeidung einer Schwangerschaft in den ersten ein, anderthalb Jahren nach so einer Operation. Hatte letzte Woche eine Patientin, zwei Monate nach OP ist sie schwanger geworden. Ist ein Risiko, ist ein völlig unnötiges Risiko. Natürlich durch so eine Operation, durch die rapide Gewichtsabnahme ändert sich die Fertilität. Also dass dann eine Frau überraschend schwanger wird, kommt immer wieder vor. Deswegen muss man es halt besprechen und auch das Thema Ernährung. Natürlich ist mit dem Magen-Bypass, man kann sich vorstellen, der Magen hat die Größe einer Espresso-Tasse, das ist nicht viel. Da muss man sich sehr genau überlegen, wie man den füllt. Essen und Trinken trennen, Auswahl von Lebensmitteln, genügend Eiweiß ist ein Thema. Viele brauchen dann Shakes dazu. Deswegen, also ein guter Verlauf nach der Operation setzt eine gute Vorbereitung voraus und das machen nicht die Chirurgen. Dafür werden die nicht bezahlt. Wie auch nur schlecht, das muss man auch ganz klar sagen, oder nicht im ausreichenden Maße. Aber klar, es werden pro Jahr wahrscheinlich an die 30.000 Operationen gemacht inzwischen in Deutschland. Und es gibt kaum Praxen, die sich dieser Thematik wirklich intensiv angemessen widmen. Und dann gibt es ja auch noch die Vielzahl an den Patientinnen, die ins Ausland fahren und sich dort dann günstiger operieren lassen. Und auch dann rausgehen. Also ich hatte jetzt auch eine junge Dame, die hatte sich zwei Jahre dann völlig in den Vitamin-B-Mangel gestürzt und hat Sensibilitätsstörungen, weil ihr keiner gesagt hat, das zu machen. Und das auch dann natürlich teuer ist, sich die passenden Präparate zu kaufen. Und keiner ihr jemals das gesagt hatte. Also es ist eine hocheffektive Behandlungsmethode, eine bariatrische Operation. Ein Mensch mit einem BMI von 40, 50, 60 ... Mit vielleicht auch schon orthopädischen Problemen, also wenig Bewegungsspielraum im wahrsten Sinne des Wortes. Der hat vielleicht in den nächsten Jahren auch eine bessere Zukunft durch Medikamente. Das wird man sehen. Aber diese Operationen, die in den letzten Jahrzehnten gemacht worden sind, waren für viele wirklich lebensverlängernd, lebensrettend. Aber auch viele Probleme. Und auch, dass es eine lebenslange Aufgabe dann eigentlich ist. Also nach wie vor eine chronische Erkrankung, ein anderer Umgang damit, aber halt auch was bedeutet. Also es gibt einige Themen, die sind durchaus heikel und werden nicht so gerne diskutiert. Suizidalität nach bariatrischer Operation, die steigt an drei bis vier Jahre nach der Operation. Und man weiß nicht genau, woran das liegt. Das sind absolute Zahlen, sind sehr gering, aber die Wahrscheinlichkeit ist deutlich höher. Und das ist in der Regel in so einer Zeit, wo die Gewichtsabnahme stagniert und wo es wieder zur Gewichtszunahme kommt, was sich für die Psyche sehr, sehr ungünstig auswirkt, wo dann Depressionen wieder zurückkehren oder Angststörungen. Und der gesamte Alltag ist ja geprägt durch diese Nachsorge, die da betrieben werden muss. Du hast ja vorhin auch schon so die DIGA erwähnt. Verschreibst du die regelmäßig oder nutzt du, was hast du für Erfahrungen damit gesammelt? Es gibt zwei DIGAs jetzt im Adipositas-Bereich, die ich kenne und eine, die ich tatsächlich auch schon mal verordnet habe. Für mich ist das Problem, diese DIGAs sind so von ihrem inneren Konzept her schlüssig, was ich so gesehen habe. Das von den Ernährungsberatungsmodulen da drin, von den Verhaltenstherapie-Modulen da drin und da gibt es ja auch durchaus die Möglichkeit des persönlichen Kontaktes dann mit dem Anbieter. Dieser DIGA wird ja auch bezahlt. Ich verordne das auf ein Rezept. Der Anbieter kriegt glaube ich 218 Euro fürs Quartal und kann dann den Patienten da behandeln. Für mich ist das Problematische, der Patient ist dann weg für mich. Ich bin überhaupt nicht involviert in die Behandlung. Das haben wir auch schon von unserer Verbandsebene aus immer mal wieder diskutiert mit den Anbietern solcher DIGAs. Das ist eine Gesetzesvorgabe. Die sind tatsächlich da begrenzt. Toll wäre es, eine DIGA additiv einzusetzen zur Ernährungsberatung. Zu sagen, jetzt haben wir einige Dinge persönlich besprochen und jetzt geht die weitere Behandlung über eine DIGA fürs nächste Jahr beispielsweise. Das wäre eine tolle Verbindung. Aber die gibt es bisher nicht. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben, dass eben die Ärzte, wenn eine DIGA verordnet wird, quasi außen vor sind, aus der Weiterbehandlung des Patienten. Also da ist noch Entwicklung. Es geht schon, hat eigentlich gute Ansätze. Das ist überraschend, dass es so ist. Der Patient kann, wenn er jetzt dieses DIGA-Programm macht, einen Report erstellen und diesen mir mitbringen. Aber das ist so eine freie Entscheidung. Also ich bin da nicht wirklich involviert. Es gibt auch da, klar, Red Flags, wo die von der DIGA dann sagen, du musst zum Arzt gehen, Essstörungen beispielsweise. Oder es gibt ja BMI-Obergrenzen. Über 40 geht so eine DIGA dann nicht mehr. Aber ja, es ist schade, weil ich denke, das wäre eigentlich ein Potenzial auch, was man da noch nutzen könnte. Absolut, um auch so den individuellen Faktor, also Also als Ärztin oder Arzt in der Behandlung kennt man ja dann die Patienten auch richtig und da gibt es ja nicht immer jetzt das Schema F und das wäre natürlich hilfreich, wenn man da auch Einblick hätte oder sich da unterstützend beteiligen könnte. Ja, schade, vielleicht kommt sowas ja nochmal. Ja, wir sind mit diesen Anbietern auch im Gespräch auf Verbandsebene, aber letztlich sind es gesetzliche Vorgaben, Richtlinien, die das regeln. Ja, vielleicht wäre es ja dann tatsächlich über so Krankenkassensysteme, irgendwelche DMP-artigen Programme, wo man es dann längerfristig mal integrieren könnte. Da sind die DIGAs auch drin gelistet. Da sind die auch drin, ah ja, okay. Ich denke mal über das große Thema Abnehm-Spritze. Können wir gerne sprechen. Können wir gerne sprechen. Du hast auch einen Podcast dazu gemacht, der ist natürlich auch sehr hörenswert, den können wir auch verlinken dann in den Shownotes. Ja, vielleicht einfach so kurz, was würdest du mir als Hausärztin ohne großen ernährungs- oder diabetologischen Schwerpunkt einfach empfehlen, wie gehe ich um mit diesen Anfragen von Patienten? Kein einfaches Thema. Also wir machen es so, dass wir sagen, wir verordnen ein Medikament in bestimmten Situationen, aber immer in Verbindung auch mit der Ernährungstherapie. Und diese Option hat der normale Hausarzt, Hausärztin natürlich so nicht zur Verfügung. Und der Druck von vielen Patienten ist natürlich groß. Sie sagen, Mensch, die haben das da gemacht, ich will das jetzt auch. Und das wird sich ja auch häufig verordnet ohne die eigentlich notwendige Basistherapie, wie es ja auch in den Leitlinien drin steht, als Basisbehandlung. Aber der Druck ist groß, die Werbung ist intensiv, die Firmen verdienen ein irres Geld mit der Geschichte und die Medikamente sind wirksam, das ist keine Frage. Aber ich glaube, das Erste, was jeder begreifen muss, der sich darauf einlässt, auf so eine Behandlung, das ist eine Dauertherapie. Sobald man das Medikament absetzt, das zeigen alle Studien, geht das Gewicht wieder hoch. Und das haben viele so im Kopf, dass sie sagen, ich gönne mir jetzt mal drei Monate, sechs Monate, das gibt mein Budget her, weil es ist ja richtig teuer und dann setze ich es wieder ab. Das ist keine gute Behandlungsperspektive. Und das muss man den Patienten, glaube ich, auch klar machen, dass man sehen kann, das ist vielleicht auch gerade nach einer Gewichtsbehandlung, ob das ein Dog-Bite-Programm oder Optifast oder sowas ist, dass man es auch zur Stabilisierung später einsetzt für eine gewisse Zeit oder dass man vielleicht auch irgendwann dahin kommt zu sagen, man macht Intervallbehandlungen. Man behandelt drei Monate und dann hat man wieder Pause. Da ist vieles noch unklar. Das Medikament wird auch eingesetzt bei Menschen nach bariatrischer Operation, die wieder dazunehmen. Es gibt keine Studien zu. Wird trotzdem eingesetzt. Da ist die Abenteuerlust sehr groß bei Patienten und auch bei manchen Ärzten. Ich habe auch die Erfahrung, ich fahre damit dann besser, wenn ich die in Hände gebe, die das auch begleitend machen und, versuche den Patientinnen und Patienten schon zu erklären, dass das multimodal einfach mehr Sinn macht als nur die Spritze, mit der ich dann einfach keine eine Erfahrung oder mich nicht auskenne. Die sind hochwirksam, die Medikamente, aber nicht bei allen. Die Kurven, die uns immer gezeigt werden in den Vorträgen, da wird mit einem Trick gearbeitet. Ich kann es jetzt nicht genauer erklären, aber man zeigt uns den Standardfehler und nicht die Standardabweichung. Wenn ihr euch das mal anschaut, werdet ihr wahrscheinlich sehen, was ich meine. Wir sehen das einfach auch in der Praxis. Es gibt einen nicht unerheblichen Anteil von Menschen, die wenig Nutzen davon haben, die kaum abnehmen durch durch diese Medikamente. Und die muss man natürlich auch rausfiltern und dann kann man nach sechs, acht Wochen sagen, lassen wir bleiben es. Geld kann man sich sparen. Ja. Und es tauchen natürlich auch jetzt Meldungen auf über Nebenwirkungen, weiß nicht, ob ihr das mitbekommen habt, mit der Sehstörung, die da auf einmal vor ein paar Wochen diskutiert wurde, diese ischämische Optikusneuropathie. Kein Mensch weiß, wie gravierend das wirklich ist. Also wenn es eintritt, ist es gravierend, weil es ist irreversibel, aber die Häufigkeit ist sehr selten und der Aktienkurs ging danach rapide in den Keller. Ja, wenn wir jetzt schon insgesamt bei Behandlungsmöglichkeiten sind, um das jetzt mal abzuschließen, einfach um das fast nicht zu groß zu machen und ich glaube, das streifen wir jetzt auch einfach nur mal so ganz kurz. Ich meine, was ja das Wesentliche auch bei den Patienten mit ernährungsbedingten Beschwerden oder Problem sei es jetzt Adipositas, Reizdarm oder sonst was, das ist ja auch einmal die psychische Belastung, aber teilweise ja auch eine psychosomatische Grundkomponente, die dem zugrunde liegt. Und dann ist die Frage, man kann natürlich das Gewicht korrigieren mit Medikamenten, mit OPs, aber die Psyche hat man dadurch ja nicht groß angefasst quasi. Also auch noch ein wichtiges Thema, was zu bedenken ist, wenn man Ernährungsmedizin bedenkt. Ganz klar. Also eine gute Diätassistentin macht auch eine Verhaltenstherapie, eine Essverhaltenstherapie. Also da gibt es viele Überschneidungen und es ist auch wichtig für eine gute Diätassistentin, sich da auch weiterzubilden. Es gibt spezielle Weiterbildung, Ernährungspsychologie, es gibt hier in Frankfurt das Zentrum für Essstörungen, was auch sehr gute Weiterbildung anbietet für Ernährungsfachkräfte, um sich diesem Thema, das natürlich auch sehr komplex und häufig schwierig ist, entsprechend zu widmen und sich da weiterzubilden. Auch unsere Teambesprechungen drehen sich häufig natürlich um psychische Problematiken, die auftauchen. Und du hattest ja auch die Kooperation mit den Psychotherapeutinnen angesprochen, direkt mit als erstes. Da hat man ja die Relevanz auch schon direkt gemerkt. Was ein schwieriges Thema ist, wissen wir alle, wie schwierig es ist, einen Platz zu finden in der Psychotherapiepraxis. Aber wenn man so sein Netzwerk hat, dann ist das auch eher möglich. Ich habe mehrere Praxen, die häufiger Patienten von uns bekommen und wenn der Überweisungsschein dann von uns kommt, dann kriegen die zumindest auch mal innerhalb von vier Wochen ihr erstes Gespräch. Also dann ist so ein Startknopf mal gedrückt. Und da finde ich das gerade gut über die Ernährungsberatung, wie du ja gesagt hast, das ist so eine kleine Art von Verhaltenstherapie ja doch schon, es ist so ein bisschen den Fuß reinkriegen in die Tür und vielleicht in diesen Sitzungen, in den Gesprächen dann auch was anzustoßen, was halt so in so einem Viertelstunden kurzen Tür- und Angeltermin beim Hausarzt manchmal nicht so in der Form, manchmal braucht es ja einfach ein paar Kontakte, bis man dann mal die Bereitschaft auch bekommt. Ja, und Patienten erzählen auch einer Ernährungsfachkraft häufig andere Dinge als der Ärztin oder dem Arzt. Also das merken wir auch häufig. Klar, die haben auch mehr Zeit, kennen sich besser. Patient weiß, das ist eine kompetente Gesprächspartnerin für mich. Die kennt sich nicht nur in der Ernährung aus, sondern die versteht auch, warum ich mich so verhalte, wie ich mich verhalte. Und das ist eine wichtige Basis, klar. Um jetzt den Bereich Adipositas-Übergewicht abzuschließen, denke ich mal vielen Dank schon mal. Es sind ganz viele hilfreiche Tipps, die man einfach mit reinnehmen kann, Denkanstöße und wichtigste ist halt wirklich einfach den Patienten da abzuholen, wo er ist und den Moment zu nutzen, wenn er Bereitschaft zeigt und ihn da zu motivieren. Was ja noch als anderes großes Thema mittlerweile in den Beratungsanlässen ist, ist die funktionellen Darmbeschwerden, Reizdarmproblematiken. Also Menschen, die sehr viel mit ihrem Darm beschäftigt sind, Blähungen, Durchfall, Schmerzen. Und da, wie du ja vorhin auch schon gesagt hast, am Ende auch schon sehr viel Geld in Form von Stuhldiagnostik oder Blutuntersuchungen bei anderen Fachbereichen durchgeführt haben und dann doch sehr verunsichert oder verängstigt zu einem kommen. Hast du da so ein Schema für dich oder was hast du so für dich als Empfehlung, wie man da am besten mit umgeht? Also wenn die Patienten mit dieser Fragestellung zu uns in die Ernährungsmedizinsprechstunde kommen, dann ist, wie ich vorhin schon erläutert habe, eine genaue Anamnese ganz wichtig und auch zu gucken, was bringen Patienten an Vorbefunden mit. Und ansonsten gilt das, was ich vorhin auch gesagt habe, wirklich erstmal genau schauen, wann treten Beschwerden auf, welche Nahrungsmittel sind vielleicht im Verdacht, dass sie eine Rolle spielen könnten und das muss man wirklich systematisch dann auch untersuchen und dann vielleicht auch Atemtests anschließen, wenn sich das aufdrängt oder Stuhluntersuchungen. Also es gibt nichts, was es nicht gibt, wie man so schön sagt. Ich hatte einen Patienten, der jahrelang unter Reizdarmbeschwerden litt. Der hatte primär ein Nierenkarzinom gehabt und dann tauchte natürlich immer wieder die Frage auf, ist das ein Rezidiv von tausend Diagnostiken und der war psychisch schwerst angeschlagen. Und ich habe den Gedanken gehabt, gut, Durchfälle, machen wir nochmal eine Stuhldiagnostik. Der lief seit drei Jahren mit einer Wurmerkrankung herum. Das war so ganz banal. Nicht für den Patienten banal, aber es ist wirklich wichtig, genau zu schauen. Was bringt der Patient für Symptome mit, seit wann geht das Ganze und welche Diagnostik ist schon gelaufen, welche macht noch Sinn. Es gibt auch so Bereiche in der Ernährung, in der Unverträglichkeitsdiagnostik, die schwierig zu erfassen sind. Diese Nicht-Gluten-Weizen-Sensitivität, die gibt es, Menschen, die auf moderne Weizenarten reagieren, das kann man herausfinden über ein Ernährungsprotokoll. Und dann gibt es Alternativen, alte Getreidesorten oder Histamin, das ist häufiger auch ein Thema, die Histaminintoleranz, wobei noch keiner so wirklich weiß, was da eigentlich genau passiert. Aber wir haben nicht selten Patienten, die unter einer Histaminkarenz dann auf einmal deutlich besser werden mit ihren Beschwerden, die nicht immer magendarmorientiert sind. Das kann auch Migräne sein oder Ausschlag. Ja, ist auch so ein ein Chamäleon irgendwie kann auch alles mögliche. Ja, Kreislaufprobleme, Hypotonien. Ist ein Chamäleon. Und da ist wirklich das Ernährungsprotokoll ein ganz, ganz wichtiger diagnostisches Mittel. Aber richtig, es gibt auch ganz klar Menschen, denen wir nicht wirklich weiterhelfen können. Sei es, weil wir vielleicht in der Diagnostik doch irgendwas verpasst haben, weiß ich nicht. Aber ich denke schon, wir versuchen da möglichst gründlich zu sein. Aber auch der Darm ist natürlich eine Projektionsfläche für umgekehrt für psychische Probleme. Und da ist auch immer die Frage, inwieweit öffnet sich jemand und versteht auch selber, dass da seine eigene psychische Situation eine Rolle spielt. Und ich meine, es gibt viele Sprichwörter, dass man die Hosen voll hat vor Angst oder so. Ja, das kommt nicht von ungefähr. Das ist nicht immer eine Laktoseintoleranz sondern ja. Ja, ja. Und hast du so dann auch gerade, was du die behandelst, ist ja einfach auch ein sehr pharma-unterstützter Bereich. Das heißt, es gibt sehr viele freiverkäufliche, teurere Nahrungsergänzungsmittel. Präparate, die dann halt für so Beschwerden, Reizdarm, funktionelle Beschwerden angepriesen werden. Hast du für dich so eine Empfehlung, die du dann, wenn man so alles abgeklärt hat, diagnostiziert, ist es tatsächlich eher in die Richtung? Ist sicher Teil des Behandlungsplans, dann zu sagen, auch mal ein Probiotikum. Da gibt es welche, die tauchen ständig im Fernsehen auf. Die sind wahrscheinlich nicht schlechter als andere, die man in der Apotheke findet. Aber auch immer für begrenzte Zeit, nicht als Dauerbehandlung. Und Menschen reagieren da sehr, sehr unterschiedlich. Also es gibt sehr, sehr viele interessante Fragestellungen, was das Mikrobiom angeht, Verträglichkeit von Immuntherapien zum Beispiel, weiß man, dass die Mikrobiomzusammensetzung eine Rolle spielt inzwischen. Aber eine gute Diagnostik gibt es kaum dafür, das ist das Problem. Also Stuhldiagnostik, jetzt irgendwelche Fäulniserreger oder Mikrobiom-Diagnostik, da bin ich ganz, ganz zurückhaltend. Es beginnt schon damit, wenn ich die Stuhlprobe zu Hause abnehme, in ein Röhrchen fülle, die Stunden Sauerstoffeinwirkung, bis dann im Labor endlich was passiert, da ist so viel schon abgestorben, dass das eigentlich keinen Sinn macht. Also es gibt Labore, die spezielle Mikrobiom-Diagnostik machen. Ich kenne so einen Fall, eben ein Patient mit Melanom, wo man weiß, dass die Immuntherapie des Melanoms abhängig ist vom Mikrobiom. Aber da wird die Stuhlprobe sofort eingefroren und eine sehr dezidierte, ausführliche Analyse dann gemacht. Also das ist nichts für den normalen Reizdarm-Patienten, würdeich immer von abraten. Aber auch da gibt es natürlich Patienten, die am Ende sagen, das hat mir jetzt nichts gebracht, was sie da gemacht haben, ich gehe wieder. Das kann passieren. Und gibt es ja noch andere Indikationen, bei denen du an Probiotika denkst? Eigentlich nicht wirklich, nein. Vielleicht nach Antibiotika-Behandlung, Durchfallproblematik. Klar, da ist es ja auch in den Leitlinien drin. Aber ansonsten würde ich das nicht so sehen. Neben den angesprochenen Fällen gibt es ja auch spezielle Ernährungsempfehlungen, teilweise für spezifische Krankheitsbilder. Zum Beispiel jetzt Diabetes mellitus oder auch onkologische Krankheitsbilder. Krankheitsbilder, die können wir natürlich jetzt an der Stelle nicht alle im Detail besprechen, aber könntest du uns einen Überblick geben, gibt es spezielle Krankheitsbilder, die wirklich besonders durch eine ernährungsmedizinische Behandlung günstig beeinflusst werden können oder wo findet man da als Behandlerinnen und Behandler auch nochmal weitere wissenschaftliche Informationen? Ich meine, wir haben schon viele spezielle Indikationen letzten Endes abgehandelt. Auch die Zöliakie wäre ja so ein Beispiel dafür, wo wirklich nur die Ernährungstherapie hilfreich und sinnvoll ist. Jetzt für das Beispiel Diabetes Typ 2, denke ich, ist das Spektrum sehr groß, was ein Mensch mit Diabetes Typ 2 essen darf und kann. Diese Diabetes-Lebensmittel, die es mal gab, die sind ja auch alle wieder vom Markt verschwunden. Von daher geht es da mehr darum, was der Einzelne für sich als gut und akzeptabel und dauerhaft verzehrbar ansieht. Also von daher überlege ich jetzt gerade andere Krankheitsbilder. Klar, es gibt so Themen wie kochsalzarme Ernährung bei Hypertonie, was kontrovers diskutiert wird, keine Frage, wo es Menschen gibt, die davon profitieren. Ich glaube, so im Allergiebereich gibt es auch viele zum Teil strittige, zum Teil nicht so gut überprüfte Empfehlungen. Natürlich spielen Lebensmittelallergien auch eine große Rolle, Kreuzallergien bei Pollen und diese Dinge. Das ist ein Thema, was wir auch nicht so intensiv behandeln. Da gibt es wiederum auch Ernährungsfachkräfte, die darauf spezialisiert sind, die wir dann auch empfehlen, Patienten dann weiter empfehlen, weil das ist schon ein sehr spezielles Thema, Lebensmittelallergie. Wobei ich auch da warnen würde für irgendwelchen Selbsttests im Internet gekauft, sondern wirklich sich mit jemandem zusammensetzen, der was davon versteht. Ja, auf jeden Fall. Und dann auch die verschiedenen Puzzleteile der Diagnostik zusammen werten, nicht nur das Einzelne. Ja. Okay, super. Und klar, es gibt Erkrankungen wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wo wir wissen, dass bestimmte Lebensmittel, Inhaltsstoffe eine Rolle spielen. Ein großes Problem sind die Fertiglebensmittel, also die hochverarbeiteten Lebensmittel, die auch gerade bei solchen Erkrankungen besonders problematisch sind. Wo man generell sagen muss, das ist sicher nichts, was gut und gesund ist für uns, das in großem Maße verzehrt. Ja, und der Trend geht ja ein bisschen dahin, dass das eben überwiegend verzehrt wird, oft wenig Zeit, es ist irgendwie verfügbar, teilweise günstiger. Wenig Geld, klar. Ja, es gibt ja Trinknahrung inzwischen zu kaufen, beim Supermarkt steht extra noch drauf, this is food bei einem Produkt. Ich habe da tatsächlich auch mal, nicht einen Podcast, ich glaube es war beim HR, so ein Interview dazu mitgemacht und habe dann auch verschiedenste Produkte probiert. Also Zähne braucht man dafür dann nicht mehr. Geschmacklich weiß ich nicht. Also ja, es ist ein ganz komischer Trend. Es gab eine Firma, die hat dann damit geworben, wie viel Zeit man seines Lebens einspart im Einkaufen, Zubereiten, Abwaschen und so weiter. Die kamen auf viereinhalb Jahre fürs ganze Leben, die man gewinnt, wenn man sich jetzt nur von dieser Trinknahrung ernährt. Von der Qualität des Lebens hat dann keiner mehr gesprochen. Von einer vier Jahre Kürze oder zehn Jahre Kürzer lebt, genau. Ja, nee, das ist absurd. Ja, das ist aber auch dieses Wohlfühlen, Genießen und dieses, einfach was, auch dass es einem gut geht, wenn man halt mal was, ein Stück Schokolade oder was Süßes oder ein Stück Kuchen, das richtig hausgemacht ist, dass das ja auch ganz viel macht mit dem Gesundheitsgefühl. Ja, ich werde häufig auch damit konfrontiert, mit der Aussage, jetzt habe ich wieder so viel Ungesundes gegessen. Und ich kommentiere das gerne folgendermaßen, ich sage, es gibt eigentlich nichts Ungesundes, vielleicht von Knollenblätterpilzen abgesehen oder hochprozentigem Alkohol in größerer Menge genommen. Aber nicht die Currywurst ist das Problem, sondern wie wir es mit ihr treiben, wie mal eine Psychologin, Ernährungspsychologin dazu gesagt hat, das finde ich ist die Entscheidung. Es gibt keine ungesunden Lebensmittel in dem Sinne. Auch die Currywurst und die Pommes oder das Eis ist nicht ungesund per se. Kann seinen Platz haben. Ja, genau. Nicht den ganzen Tag. Sehr schön, das ist motivierend. Das ist ein wichtiger Aspekt dabei. Total. Wollen wir jetzt so langsam zum Abschluss kommen und einfach nochmal jetzt über diese klassische Zusatzweiterbildung Ernährungsmedizin, ich meine darüber, das ist einfach ein wahnsinnig spannendes Thema und ich bin total dankbar, dass du heute hier bist, um das auch nochmal so zu beleuchten, wie vielfältig das ist, wie viele Ebenen das so beinhaltet. Was muss denn jemand machen, wenn er gerne sagt, ich möchte gerne diese Zusatzweiterbildung bekommen? Und inwiefern hat das Auswirkungen vielleicht auch so auf die Abrechnung quasi? Was hat das für Vorteile? Könnte das Vorteile bedeuten? Ja, also die Zusatzweiterbildung ist seit 2018 in der Musterweiterbildungsordnung, seit 2019 in Hessen auch umgesetzt. Das heißt, man macht einen 100-Stunden-Kurs als ersten Teil der Ausbildung und als zweiten Teil sind dann fünf Fallseminare, werden daran angeschlossen, die sich vor allem so der praktischen Ausbildung im Fokus haben, wo viele Fälle besprochen werden, wo im gesamten Themenbereich der Ernährungsmedizin eben von den Referenten und Referentinnen Fälle präsentiert werden. Die Teilnehmer müssen auch alle eigene Fälle ausarbeiten. Und im Moment noch ist es so, dass es dann, wenn man das absolviert hat, den Kurs und die Seminare, gibt es im Moment noch eine Prüfung bei der Landesärztekammer. Es gibt gerade bundesweit mit der Bundesärztekammer die Diskussion, ob die Prüfung vielleicht wegfällt zugunsten einer Lern-Erfolgskontrolle. Die Weiterbildungen werden gerade neu sortiert von der Bundesärztekammer in der Weiterbildungsordnung. Und die Voraussetzung ist, man kann die Prüfung oder die Zusatzweiterbildung erst bekommen, wie bei anderen Weiterbildungen auch, wenn man eine Hauptfach-Facharztweiterbildung hat, Allgemeinmedizin oder Innere Medizin oder was auch immer. Also patientennahe Facharztweiterbildung ist Voraussetzung. Und dann kann man diese Zusatzweiterbildung Ernährungsmedizin, wenn man die Kurse absolviert hat, beantragen. Darf das auch auf sein Schild schreiben, was vorher in Hessen zwar toleriert wurde, aber es gab Bundesländer, da gab es dann wirklich Stress mit der Ärztekammer. Als es noch nicht Weiterbildungsfach war. Zur Frage der Abrechnung ist es leider nicht so positiv. Also im IBM gibt es praktisch nichts dazu. In der GOE aus dem Jahr 1996 datiert unsere GOE. Gibt es auch nicht wirklich was dazu. Es gibt eine Ziffer 76, die Erstellung eines Diätplans. Wir arbeiten da viel mit Hilfskonstruktionen, mit Analogziffern, wie das andere Fächer auch machen. Also wer da näheres Wissen möchte, kann unseren Verband BDM, Berufsverband Deutscher Ernährungsmediziner anschreiben, kriegt da Hinweise. Oder es gibt entsprechende Literatur, Praxishandbuch Ernährungsmedizin, was ich mit einer Kollegin aus Berlin mal herausgegeben habe letztes Jahr, wo auch solche Abrechnungswege dann beschrieben werden. Die sind ein bisschen umständlich, aber gut etabliert und es ist in der Regel kein Problem. Aber die Seminare kann man auch schon in der Weiterbildung anfangen. Nur den Abschluss kann man dann eher abschließen. der setzt voraus, dass man den Facharzt absolviert hat. Bei der Psychotherapie, also wie bei den meisten Zusatzweiterbildungen. Denk mal, das ist so wie bei allen Zusatzbezeichnungen, es lohnt sich halt für einen selber, wenn man sich darin interessiert und sich darin dann mit beschäftigt und einfach mehr Wissen sammelt, das ist das, was sich dann lohnt, auf eine Abrechnung ist es ja dann auch eher der Zugewinn, dass man natürlich kompetenter ist und dass man dadurch halt auch besser beraten kann. Und ja, spannend. Sehr schön. Ja, vielen, vielen Dank, Klaus, auch von mir, dass du bei uns warst und deine interessanten und auch vielfältigen Erfahrungen mit uns und den Hörerinnen und Hörern geteilt hast. Hast du denn zum Abschluss noch etwas, was du den Hörerinnen und Hörern ans Herz legen möchtest? Also ich denke, es macht Sinn, sich dieses Thema mal näher anzuschauen, wie weit das wirklich auch in die eigene Arbeit hineinreicht und sich da entsprechend weiter auch zu qualifizieren. Das muss ja nicht gleich der Ernährungsmediziner über die Weiterbildung sein, sondern da gibt es natürlich auch gute Seminare jetzt auch bei euch im Institut oder vom Kompetenzzentrum. Und ich würde auch sicher unbedingt nochmal auffordern zu gucken, wer ist in meinem Umfeld in der Ernährungsberatung tätig, mit wem kann ich vielleicht kooperieren. Das ist wirklich eine lohnenswerte, für die Patienten sehr hilfreiche Geschichte, wenn man denen diesen Weg zeigt und wie schon besprochen, das wird ja auch bezahlt, dann die Ernährungsberatung und den Krankenkassen in einem gewissen Rahmen. Also das macht auf jeden Fall Sinn. Das ist einfach ein Thema, was eigentlich viel, viel mehr Raum bräuchte, schon im Medizinstudium mehr Raum bräuchte, die Ernährungsmedizin. Absolut, absolut. Vielen Dank, dass du uns schon mal den Raum damit gefüllt hast. Und ja, vielen Dank auch an euch fürs Zuhören und Dranbleiben. Wir hoffen, ihr konntet aus dieser Folge auch wieder etwas für euch mitnehmen. Wenn ihr euch noch mehr mit dem Thema Ernährungsmedizin jetzt schon befassen wollt, besucht gerne unser Seminarprogramm, wie gerade schon erwähnt. Hier könnt ihr Klaus Winkler auch als Referent antreffen. Und wenn euch der Podcast gefallen hat, abonniert ihn gerne, lasst uns ein Feedback da und teilt ihn mit eurem Umfeld. Danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge. Ja und vielen Dank für die Einladung. Vielen Dank. Danke, dass du da warst. Tschüss.