Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 40 Episoden

Fachärztin hoch zwei: Öffentliches Gesundheitswesen & Allgemeinmedizin - mit Silke Brandenburg

01.08.2023 27 min

Zusammenfassung & Show Notes

Vom Medizinstudium zur Fachärztin… und dann zum nächsten Facharzt-Titel! In dieser Folge von Wege der Allgemeinmedizin nimmt uns Silke Brandenburg mit auf ihren Weg, der sie zum Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und auch zur Allgemeinmedizin geführt hat.
Silke erzählt von der Weiterbildung zur Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, von ihrer Tätigkeit am Gesundheitsamt, wie sie dann doch noch in der Allgemeinmedizin gelandet ist und was die beiden Fächer ähnlich, aber auch verschieden macht – also verpasst diese spannenden Einblicke nicht und hört rein!

Shownotes:

Shownotes:

Transkript

Music. Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Wege der Allgemeinmedizin. Heute hört ihr wieder mich, ich bin der Sep. Ich bin zurzeit als Assistentarzt in einer Klinik der Maximalversorgung und wir sitzen heute im Institut mit Britta. Ja, hallo, ich bin Britta. Ich bin Ärztin in Weiterbildung für Allgemeinmedizin und ich bin momentan in einer orthopädischen Praxis. Und heute soll es um den ÖGD gehen bei uns. Das ist jetzt nicht, wie wir vorher gedacht haben, haben die Abkürzung für Oesophago-Gastro-Duodenoskopie, beziehungsweise nicht nur, sondern auch für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Und da gibt es ja auch so einige Schnittstellen zur Allgemeinmedizin. Und ja, deswegen freuen wir uns sehr, dass heute Silke Brandenburg bei uns ist. Sie hat nämlich beide Facharzttitel für ÖGD und für Allgemeinmedizin. Also hallo Silke, schön, dass du da bist. Möchtest du dich erst mal kurz vorstellen? Ja, hallo, ich bin Silke Brandenburg. Ich bin tätig in der Allgemeinarztpraxis aktuell und bin da angestellte Ärztin und versorge da meine Patienten und das auch ziemlich gerne. Ja, schön. Ich habe ja schon gerade angesprochen, dass du zwei Facharzttitel hast und wir fragen immer am Anfang unsere Gäste gerne, wie sie eben in die Allgemeinmedizin oder in ihr Fachgebiet gekommen sind. Das sind ja jetzt bei dir zwei. Vielleicht fangen wir einfach mal chronologisch an und du erzählst mal, womit du angefangen hast und warum und wie du letztendlich da gelandet bist, wo du jetzt heute bist. Also ich habe 2010 meine Approbationen abgelegt und bin dann erstmal in die Anästhesie gegangen für fünf Monate. Dachte, das ist jetzt mein Facharzt. Das war mir dann aber doch, naja, es war nichts für mich, weil man muss echt von 0 auf 100 dann sein. Der Patient schläft und irgendwas passiert und dann musst du schnell sein. Und das war dann doch am Ende nichts für mich. Dann bin ich in die Kinderklinik gegangen für anderthalb Jahre, habe da die Kinder versorgt. Das war auch im Maximalversorgungskrankenhaus. Das war auch sehr lehrreich, aber dann habe ich festgestellt, okay mit den Eltern, schwierig. Also die Kinder ja, aber mit den Eltern, bis ich dann in Rente gehe, also das halte ich nicht aus. Und deswegen habe ich mich dann umgeguckt und bin dann in die Innere gegangen. Und da war ich dann von 2012 bis 2016 und da dachte ich auch wieder diesen Facharzt mache ich und dann wurde aber der wirtschaftliche Druck und dieser Druck auf Station so hoch, dass ich dachte irgendwann ich halte keinen Tag mehr aus in der inneren oder in der stationären Versorgung, ich muss irgendwie raus. Und dann habe ich Ärzteblatt Stellenanzeigen durchgeguckt und habe dann gesehen, oh, da gibt es ja jetzt eine Stelle im Gesundheitsamt und da stand drin, ja okay, man kann dann den Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen machen und ich dachte einfach so, ja, vielleicht probiere ich einfach das. Das ist völlig aus der stationären Versorgung raus. Habe ich davor keine Berührungspunkte gehabt. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich im Studium irgendwie da was von gehört habe. Wahrscheinlich peripher irgendwo, aber so genau auch nicht. Und dann bin ich ins Gesundheitsamt gegangen. Und es war von vornherein klar, dass ich den Facharzt mache, wenn ich da auch hingehe, weil ursprünglich war mal geplant, dass ich die stellvertretende Amtsleitung übernehme dort. Und in Hessen ist es so, dass man für die Leitung vom Gesundheitsamt und damals glaube ich auch die Stellvertretung brauchte man Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen. Und mit der Stelle war der Facharzt verknüpft. Und ja, so bin ich in den öffentlichen Gesundheitsdienst gekommen. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mir gar nicht so klar war, dass es ein extra Facharzt für das öffentliche Gesundheitswesen gibt. Das mir auch nicht. Muss ich mal zugeben jetzt. Kannst du vielleicht einfach mal kurz sagen, was das beinhaltet? Also du hattest ja schon recht viel Vorerfahrung in anderen Gebieten. Ja, also es ist so, dass man 36 Monate unmittelbare Patientenversorgung braucht. Also das heißt Innere, Chirurgie, Kinderheilkunde konnte ich mir auch anrechnen. Also einfach direkte Patientenversorgung. Und dann den Rest derzeit, das sind ja dann noch zwei Jahre, also 24 Monate, die muss man in einer Einrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens machen, 18 Monate. Und dann war mir jetzt auch nicht klar, was außer dem Gesundheitsamt noch so eine öffentliche Einrichtung ist. Und dann habe ich aber nochmal gegoogelt und festgestellt, also das ist so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, ist ja auch eine Einrichtung des Gesundheitswesens. Ah ja. Dann das Paul-Ehrlich-Institut, also da wo die Impfstoffe zugelassen werden, da hatten wir ja jetzt auch Kontakt mit während Corona, also ich denke, dass das auch dazugehören würde zu den 18 Monaten Einrichtung im öffentlichen Gesundheitswesen, 9 Monate müssen aber im Gesundheitsamt sein von den 18. Und dann muss man noch 6 Monate einen Kurs zur Weiterbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienst machen, Und der war bei mir für sechs Monate in Düsseldorf, obwohl man das dann teilen konnte. Also das waren sechs Module und die waren dann alle vier Wochen und dann konnte man Modul 1 machen, dann sechs Wochen wieder ins Amt gehen, dann wieder vier Wochen machen. Und der Vorteil ist, es wird alles bezahlt. Oh, ja, das ist natürlich nicht schlecht. Es wird übernommen, weil ja die Gesundheitsämter auch Interesse daran haben, dass man den Facharzt macht. Und dann, das Wichtigste noch, man muss noch bei der direkten Patientenversorgung sechs Monate in die Psychiatrie. Das haben wahrscheinlich auch nicht viele auf dem Schirm. Also man denkt 36 Monate unmittelbare Patientenversorgung, aber es sind in der Tat sechs Monate auch Psychiatrie mit dabei. Ist das das einzige Fach, was explizit gefordert wird? Ja. Okay. Das heißt, insgesamt hast du von 2012 bis 2016 innere Medizin gemacht im Krankenhaus. Und hast du dabei auch oder quasi damit eine allgemeine innere Medizin als Fachärztin auch anerkannt bekommen? Nee, weil man braucht ja fünf Jahre innere. Und das sind jetzt vier Jahre. Genau, und das sind vier Jahre. Aber ich habe es dieses Jahr nicht mehr ausgehalten. Und dann, ja. Also aber man hat ja immer die Option und das ist ja der Vorteil heutzutage. Also ich könnte ja immer noch sagen, okay, dann mache ich halt noch dieses. Zur Not kann man zurückgehen, aber es ist die Frage, ob man es will. Genau. Okay, aber das klingt so relativ gut strukturiert. Also auch das mit diesem Kurs und dass man da hoffentlich ja so die theoretischen Basics auch nochmal gut lernen kann. Also weil oft ist es ja in der Weiterbildung auch so ein bisschen Learning by Doing, aber das klingt so, als würde man da eben schon irgendwie so eine gewisse Theorie auch noch mitkriegen. Also man kriegt so einen richtig guten Werkzeugkasten eigentlich mit bei diesem Kurs. Also dieser Kurs, der hat mir nur gut getan. Es war zwar ein bisschen schade, dass man von der Familie weg ist, das muss man vielleicht dann auch noch einplanen, wenn man jetzt Kinder hat oder so. Und den Standort kann man sich nicht aussuchen oder gibt es nicht so viele Standorte dafür? Genau, bei mir gab es nur Düsseldorf und da ist die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen und mittlerweile gibt es aber auch einen Kurs in Berlin. Und das ist nochmal anders strukturiert, aber da habe ich den Überblick verloren, ehrlich gesagt. Wie sah denn dein Alltag aus? Also hattest du dann eher so administrative Aufgaben oder Steuerungsfunktionen oder was hast du da dann konkret gemacht? Also es gibt verschiedene Bereiche, ich muss ein bisschen weiter ausführen, weil ich glaube einfach, dann wird es klarer. Und zwar es gibt verschiedene Bereiche im Gesundheitsamt. Das ist von Gesundheitsamt zu Gesundheitsamt ein bisschen anders strukturiert, aber es gibt so Hauptfächer. Und eins ist zum Beispiel der Kinder- und Jugendärztliche Dienst und da macht man zum Beispiel die Schuleingangsuntersuchung. Also da vielleicht schon welche, was davon gehört. Und diese Schuleingangsuntersuchung, das ist dann eine reine Reihenuntersuchung. Also und wenn man halt dort ist, dann hat man wirklich auch einen strukturierten Tagesplan. Also immer im, ich weiß gar nicht mehr, Halbstundentakt. Muss dann halt immer einschätzen, sind die jetzt schulfähig, welchen Hilfebedarf haben die noch. Das ist so der Kinder- und Jugendärztliche Dienst. Zusätzlich zu noch so Gutachten und also so. Also es ist auch eigentlich ein sehr, sehr breites Feld dann schon im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst. Dann gibt es noch den Amtsärztlichen Dienst, den kennt man von Verbeamtungen vielleicht, die führen diese Untersuchungen durch. Asylbewerberleistungsgesetz war mal ganz ein großes Thema und welche Leistungen die dann kriegen und das muss man dann als Amtsarzt halt auch einschätzen. Genau. Dann gibt es noch den Infektionsschutz, da haben wir jetzt ja alle glaube ich Kontakt gehabt mit Corona, die machen ja so meldepflichtige Erkrankungen, Begehung von Arztpraxen, Begehung von Heilpraktikern, Heilpraktikerprüfung, also es ist wirklich so, man merkt schon, man kann ja ganz viel erzählen, wie viel dann dazu gehört. Dann gibt es noch den sozialpsychiatrischen Dienst, deswegen muss man auch diese sechs Monate Psychiatrie machen, macht schon Sinn. Der soll dafür sorgen, dass Patienten eher nicht in die Psychiatrie kommen, sondern dass man die in ihrem Alltag unterstützen kann mit ihrer psychischen Erkrankung. Also ist ja auch eine ganz sinnvolle Aufgabe, weil die Psychiatrien so langfristig helfen, die einem halt nicht. Weil man muss es ja dann im Alltag auch umsetzen. Und da ist halt der SPDI so eine vorgeschaltete Stelle. Und dann, was mich auch sehr gereizt hat, war die Prävention. Also wirklich, man kann da alles machen. Also man kann ein Programm entwickeln, man kann irgendwelche Studien durchführen, wie jetzt in den einzelnen Stadtteilen von der Stadt, das Profil ist von den Patienten, welcher Hilfebedarf ist da. Also man kann sich richtig eigene Sachen überlegen. Genau, also jetzt in der Allgemeinmedizin ist ja der Tag strukturiert durch die Patienten und im öffentlichen Gesundheitsdienst wird es schon auch ein bisschen strukturiert, aber man hat halt viel mehr Möglichkeiten, sich so zu entfalten eigentlich. Und also von diesen mehreren Unterabteilungen im Gesundheitsamt, Kann man sich denn da irgendwie seinen Schwerpunkt suchen oder rotiert man so durch die Abteilungen oder wie sieht das dann konkret aus? Also im Gesundheitsamt in Groß-Gerau, da habe ich gearbeitet, also da war das festgelegt, ich muss in jede Abteilung einmal rein für diesen Facharzt. Weil am Ende hat man irgendwelche Bereitschaftsdienste und muss alle Bereiche kennen. Es gibt auch Bereitschaftsdienste. Es gibt aber nur Rufbereitschaft. Ach genau. Und den zahnärztlichen Dienst darf ich nicht vergessen. Aber mit dem hat man halt als Humanmediziner wenig zu tun, aber der ist auch noch da im Gesundheitsamt. Jetzt hast du uns erklärt und erzählt, wie die Weiterbildung an sich dann gebaut ist, aber jetzt frage ich ganz doof, was ist denn das Ziel? Also vielleicht kann man es so formulieren, das ist nochmal ein anderer Weg, die Gesundheit zu beeinflussen. Vielleicht kann man es so sagen. Also zum Beispiel mit der Kinder- und Jugendärztlichen Untersuchung probiert man ja irgendwie die Bevölkerung gesund zu erhalten. Und es ist ja eine Sache, wenn der Kinderarzt das Kind für die U-Untersuchung sieht und der sieht es neunmal und der hat dann irgendwann einen Blick auf das Kind und das Kind kommt dann immer so rein und der hat ja schon irgendwie so ein Bild im Kopf. Und dann kommt aber der Amtsarzt und guckt nochmal von außen drauf, was braucht denn dieses Kind nochmal konkret als Förderbedarf. Oder das gleiche mit dem Infektionsschutz. Das zielt ja am Ende nicht mehr aufs Individuum ab, sondern es war ja das Coronavirus, wollte man ja einfach die Bevölkerung schützen und das heißt so wenig wie möglich Tote. Und deswegen war ja der öffentliche Gesundheitsdienst da überhaupt mit drin. Also sonst hätte man den ja nicht gebraucht. Wieso mussten wir melden? Damit die einfach das Infektionsgeschehen im Blick haben und sagen können, da müsst ihr nachsteuern, da müsst ihr nachsteuern. Also wirklich nicht, wie du schon gesagt hast, nicht auf das Individuum geschaut oder natürlich schon in gewisser Weise, aber eben es geht um das große Ganze vielleicht, wenn man das so sagen will. Uns wurde das, glaube ich, im Studium sehr selten so etwas dann erklärt. Ich kann mich auch nicht erinnern, was du gesagt hast. Das war schon länger her. Aber es war, wenn überhaupt, eher auch so ein Randthema. Deswegen finde ich es auch so schön, dass wir heute doch so recht ausführlich darüber sprechen können. Weil es, glaube ich, insgesamt auch nicht so bekannt ist. Also auch dieser Facharzttitel nicht so bekannt ist. Also wäre Corona nicht gekommen, glaube ich, wäre das immer noch so, dass keiner weiß, was das Gesundheitsamt eigentlich macht. Und ich meine, jetzt wird ja auch ganz viel Geld in den öffentlichen Gesundheitsdienst einfach gesteckt, was vorher nicht mobilisiert wurde. Das ist aber auch immer von jedem Gesundheitsamt zu Gesundheitsamt unterschiedlich. Aber in Groß-Gerau, ich war praktisch wie ein Oberarzt, aber es heißt nicht so. Und ich hatte dann Ärzte unter mir. Aber die heißen auch nicht Assistenzärzte, das sind einfach Ärzte, die in deinem Team sind. Und das war eher so eine bürokratische Arbeit? Ja, also es ist schon bürokratisch und man muss auch die Politik mögen. Also weil die Politik redet immer mit. Also das muss man auch wissen. Also natürlich bei dem fachspezifischen nicht, wenn ich sage, der Patient oder der Klient kann nicht arbeiten, dann sagt der natürlich nicht, doch der kann. Aber die geben halt Gelder frei. Und die sagen ganz explizit, okay, da ist halt Geld für den Infektionsschutz jetzt da, da statten wir alle mit allem aus. Die kinderärztliche Untersuchung ist zum Beispiel ganz wichtig, da stecken die auch Geld rein, aber man muss halt wirklich Politik mögen. Das wäre ja auch noch wichtig für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Vielleicht jetzt nochmal kurz eine Frage dazu und dann gehen wir mal weiter auf deinem Weg, würde ich sagen. Du hast ja gesagt, für so eine Leitungsposition braucht man diesen Facharzt, gibt dann aber auch die Möglichkeit, ohne diesen Spezialfacharzt oder eben mit einem anderen Facharzttitel auch im Gesundheitsamt zu arbeiten? Man braucht nur für die Leitung diesen Facharzt und die Stellvertretung. Das heißt, als Fachärztin für Allgemeinmedizin könnte ich dort auch einfach an einem dieser Arbeitsgruppen arbeiten? Man kann ohne Facharzt da arbeiten. Also man kann einfach Arzt sein. Ja, das waren jetzt schon richtig viele Infos. Gehen wir mal weiter. Du warst dann im Gesundheitsamt und offensichtlich hat dich ja dann irgendwas dazu bewogen, nochmal auch weiterzugehen und nochmal in eine andere Richtung auch zu gehen. Erzähl uns doch mal, wie das dann alles weitergegangen ist. Wie das dann kam. Ja, also ich war dann fertig mit dem Facharzt, habe da gearbeitet, hatte dann auch die Leitung vom Amtsärztlichen Dienst und habe dann aber mit der Zeit gemerkt, dass diese Gutachtentätigkeit und Klienten nicht das ist, wofür ich studiert habe. Also jeder studiert ja aus einem bestimmten Grund und ich hatte eigentlich Medizin studiert, weil ich dachte, ich will den Menschen helfen. Und ich hatte das Gefühl, im Gesundheitsamt hat man das große Ganze im Kopf, aber ich selbst kann dem Patienten an sich nicht so gut helfen. Zum Beispiel, ich komme ja mal wieder zurück, bei diesen kinderärztlichen Untersuchungen, es ist zwar schön, dass ich sage, Kinderarzt, guck mal, der braucht eine Logopädie, das Kind, aber am Ende habe ich es nicht in der Hand. Wenn der Kinderarzt sagt, nö, sehe ich nicht ein, ja, Pech. Also Pech für mich, Pech fürs Kind. Und das war es so, was mich dann am Ende bewogen hat, nochmal mich umzuschauen. Und ich hatte einen Freund, der in dieser allgemeinmedizinischen Praxis gearbeitet hat, wo ich gerade bin. Und der hat immer gesagt, Silke, komm doch. Das ist hier so toll. Komm doch. Und das war dann so diese Mischung aus Unzufriedenheit, weil ich dachte, ich kann dem Einzelnen nicht so gut helfen. Und Lukas war das. Der hat mich dann dazu bewogen, da in dieser Praxis anzufangen. Und dann habe ich auch so eine, das war auch sehr eindrücklich, habe ich so eine Hospitation gemacht und ich fand das so faszinierend in dieser Praxis. Um acht gingen die Türen auf, Und 13 Uhr gingen die Türen zu und ich wusste nicht, was ich gemacht habe, weil das so ein Taubenschlag war im Gegensatz zum Gesundheitsamt und das fand ich richtig toll. Ja, bestimmt ein großer Kontrast dann auch. Und genau, dann habe ich da in der Praxis angefangen und dann habe ich da gesagt, okay, ich fange nirgendwo in der Praxis an und mache dann nicht den Facharzt. Und dann habe ich ja gedacht, okay, machst du halt noch einen Facharzt. Und man muss halt auch sagen, wenn man einen Facharzt hat, die nächsten Fachärzte sind nicht mehr so schwierig, weil jetzt konnte ich mir zum Beispiel meine Innere anrechnen lassen für die Allgemeinmedizin. Also ich habe nur noch diese zwei Jahre in der Praxis gebraucht. Das klingt so lustig, die nächsten Fachärzte sind dann gar nicht mehr so schwer. Die nächsten Fachärzte mache ich einfach. Gut zu wissen, ja. Okay, und dann warst du Fachärztin für ÖGD und Allgemeinmedizin. Genau. Und bist dann auch in dieser Praxis erstmal dann geblieben? Ja, also 2019 bin ich in dieser allgemeinmedizinischen Praxis und dann zwei Jahre war letztes Jahr rum, da habe ich den Facharzt gemacht und jetzt arbeite ich da als angestellte Ärztin. Also ich bin da jetzt fast vier Jahre. Ja. Und gibt es denn irgendwelche Punkte jetzt, wo du in der allgemeinmedizinischen Praxis ja schon länger bist, wo du sagst, da hilft mir jetzt auch echt meine Erfahrung aus dem öffentlichen Gesundheitswesen. Es gibt sicherlich viele Schnittstellen auch, die man da so hat, oder? Ja, also habe ich auch vor der Folge drüber nachgedacht und habe so gedacht, so auf den ersten Blick denkt man so, das hat irgendwie nichts miteinander zu tun, aber so zum Beispiel die Psychiatrie, diese sechs Monate, die bringen mir so viel für die Allgemeinmedizin, weil man unterschätzt das einfach, wie viele Patienten... Ein psychisches Problem haben, was dann auch die akute Erkrankung beeinflusst. Und ich liebe es, wenn Patienten reinkommen mit einem psychiatrischen Problem. Ja, ich habe einfach keine Angst mehr davor. Also ich muss sagen, davor hatte ich Angst. Wenn so jemand reinkam und mir gesagt hat, er sieht da irgendwelche Ameisen an der Wand. Da habe ich gedacht, bloß nicht. Also das auf jeden Fall hat mir was gebracht. Und auch so ein bisschen die gesetzlichen Grundlagen, die man für den öffentlichen Gesundheitsdienst wirklich wissen muss, haben ja auch was für die allgemeinmedizinische Praxis gebracht. Also im SGB V steht drin, alles mit der Krankenversicherung zum Beispiel. Also was übernommen wird von der Krankenkasse, was nicht, das steht da alles drin. Wie es digitalisiert wird jetzt, das ist ja auch ein großes Thema. Wie digitalisieren wir, steht auch da drin. Also das einfach, dass mir bewusst ist, okay, es gibt für alles eigentlich eine gesetzliche Grundlage. Also quasi was der Hintergrund wäre. Genau. Wenn ein Patient kommt und irgendwas auch noch in der Hand hat, was schriftlich ist, kann man auch besser verstehen, wenn man selber dort gearbeitet hat. Und was halt auch noch wichtig ist, ich meine, ich habe im Kreis Groß-Gerau meine Weiterbildung gemacht für den öffentlichen Gesundheitsdienst, war da im Gesundheitsamt und ich arbeite jetzt auch im Kreis Groß-Gerau. Und das heißt, ich habe auch so ein bisschen besseres Netzwerk und weiß, okay, es gibt den sozialpsychiatrischen Dienst, da kann ich jemand hinschicken und ich weiß auch, wann ich den da hinschicken kann. Sehr komplementär eigentlich. Ich habe ein anderes Netzwerk bei dieser Pandemie. Da hatte ich einen kurzen Weg ins Gesundheitsamt, da habe ich einfach angerufen. Sehr praktisch. Also so, man hat dann schon Verknüpfungspunkte. Demnächst habe ich wieder angerufen, weil ich eine Frage hatte zum Asylbewerberleistungsgesetz. Also wäre ich sonst nie drauf gekommen. Das heißt, summa summarum würdest du einen Arzt oder Ärzten in Weiterbildung empfehlen, vielleicht einen Blick in die ÖGD zu werfen? Hm, man muss es mögen. Also ich glaube nicht jeder ist dafür geeignet. Also ich glaube der, der Orthopädie machen will, der operieren will, der braucht nicht in den öffentlichen Gesundheitsdienst schauen. Für wen ist denn das was? Ist das vielleicht für jemanden, der sagt, ich will hauptsächlich geregelte Arbeitszeiten oder ich mag vielleicht auch so eher Papierkram? Also würde ich schon sagen. Ja, genau. Genau. Also ich denke schon, ja. Also die geregelten Arbeitszeiten sind unschlagbar. Auch die Zeiteinteilung, dass man die selbst machen kann. Also dass man sagen kann, okay, ich mache jetzt heute keine Gutachten. Ich muss irgendwie, mein Kind ist krank. Homeoffice geht auch. Homeoffice geht auch jetzt mit der Pandemie, genau. Das hat auch einen Vorteil der Pandemie, dass das Gesundheitsamt Homeoffice anbietet. Man hat ein sicheres Gehalt, man hat einen sicheren Arbeitsplatz. Also das ist nicht abhängig von irgendwelchen Zahlen, die man macht an Hüft-Teps oder so. Das ist auch noch ein großer Vorteil, denke ich. Ist das auch tarifverträglich? Genau, das wird über den TVÖD gemacht. Das TVÖD 14 und 15. Aber man hat halt keine Nachtdienste. Ja, das wollte ich gerade sagen. Das ist eigentlich sehr, sehr gut. Ja, und die Rufbereitschaft. Rufen da oft Leute an? Gar nicht. In der Pandemie war es was anderes. Ja, ja. Wir haben Covid, Hilfe. Man sollte es mögen, das ist einfach. Ja, also und auch wirklich, man sollte Dokumentation und Akten mögen und so Gesetze oder man hat mit Politik nichts am Hut, dann ist es eher ungünstig. Man wird einfach von der Politik bezahlt, sollte man sich damit zurechtfinden. Ich glaube, es gibt durchaus Menschen, wenn sie im Nachtdienst in der Notaufnahme stehen, die sich sehr nach Akten sehnen und nach Papierarbeit. Das stimmt. Wenn du jetzt heute von Anfang an anfangen würdest, als AIW irgendwo zu arbeiten, würdest du den gleichen Weg gehen oder würdest du was anderes machen? Oder würdest du direkt in Allgemeinmedizin? Nein, ich glaube nicht. Ich glaube, der Weg, den ich gegangen bin, der war so notwendig und ich bin nicht umsonst jetzt in der Allgemeinmedizin. Also alles macht Sinn am Ende. Also die Anästhesie bringt mir was, die Kinderheilkunde bringt mir was, der öffentliche Gesundheitsdienst bringt mir was. Also alle unterschiedlichen Fachgebiete, die ich angeguckt habe, bringen mir was für die Allgemeinmedizin. Von daher, also wenn man den Weg geht, zweifelt man schon manchmal, muss man schon zugeben, aber am Ende macht es alles Sinn. Also du hast auf jeden Fall die Weiterbildungszeiten sehr gut miteinander verknüpft, muss man auch sagen und das Beste daraus eigentlich gemacht. Und das wäre vielleicht auch so ein Rat an die Ärztinnen in Weiterbildung oder Ärzte in Weiterbildung, wirklich den Mut zu haben, verschiedene Fachbereiche auszutesten. Also wirklich, es ist kein Beinbruch zu sagen, das ist nicht mein Fachgebiet. Man nimmt trotzdem was mit. Also am Ende muss man halt gucken, wo ist mein Ziel. Aber wie gesagt, die Wege sind sehr labyrinthaft. Und wie man an mir sieht, am Ende kommt was Gutes raus. Die meiste Zeit werden auch angerechnet. Genau. Prima eigentlich. Ja, genau. Und was noch halt wichtig ist, wo ich mich manchmal ein bisschen ärgere, weil das habe ich noch nicht so 100 Prozent, ist ein gutes Netzwerk. Ich hätte gerne für jedes Problem einen Joker. Also zum Beispiel einen Kardiologen, wenn ich ein kardiologisches Problem habe in der Allgemeinarztpraxis, würde ich gerne einen Kardiologen anrufen. Sonst einen Pneumologen. Also wirklich ein gutes Netzwerk aufzubauen. Und meins geht halt ein Stück weiter weil ich noch den öffentlichen Raum da mit drin habe, aber das wäre vielleicht auch noch sowas was wirklich wichtig ist. Und deswegen auch hier diese Veranstaltung immer mit dem Weiterbildungsinstitut sinnvoll. Einfach das Netzwerk aufbauen. Man kann es immer gebrauchen. Also das Mentoring-Programm. Ja, genau. Und wie sieht die Zukunft für dich aus? Also ich bleibe in der Allgemeinmedizin. Was ich da nämlich auch sehr gut finde, ist, dass man nochmal, also man sieht ja, ich bin ein bisschen ruhelos und suche immer neue Herausforderungen. Und man kann dann in der Allgemeinmedizin kann man noch jede Menge Zusatzbezeichnungen machen. Und deswegen bleibe ich da auch. Also ich strebe nicht nach noch einfacher, sondern ich mache einfach Zusatzweiterbildung. Was interessiert dich da besonders? Ich mache aktuell schon Sportmedizin und manuelle Therapie. Genau, Reisemedizin mache ich noch. Dann wird es nicht langweilig auf jeden Fall. Nee, auf gar keinen Fall. Und das ist ja auch gut so. Aber Ende des Tages kann man eigentlich in der Allgemeinmedizin viel mehr machen, wenn ich das so sagen darf. Da ist man auch in direkten Patientenkontakt, in ambulanten Bereichen. Ich glaube, das ist das Entscheidende. Ja, zumindest bei dir war das das Entscheidende. Ja, Silke, dann kommen wir jetzt mal so langsam zum Ende. Das war auf jeden Fall super spannend heute, was du alles erzählt hast. Ich glaube, Sep und ich haben sehr viel gelernt und hoffentlich auch unsere Hörerinnen und Hörer und da einfach nochmal ein neues Fachgebiet auch entdeckt. Zum Abschluss der Folge würden wir auch dich gern, wie alle anderen Gäste, nach einer Lebensweisheit fragen, die du mitbringst oder eben etwas, was du einfach gern noch mit auf den Weg geben willst. Mhm. Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass gute Laune das Beste ist, was es gibt, weil das wirklich Kummer und Sorgen, die man hat, dass das einfach dann alles nicht mehr so schwer ist. Und es gibt immer Höhen und Tiefen, auch in der Allgemeinmedizin, aber so das gewisse gute Laune-Quäntchen ist einfach für mich immer das Gute. Ja, super. Das klingt richtig gut. Dann vielen Dank, dass du heute bei uns warst und so geduldig unsere vielen Fragen beantwortet hast. War sehr schön. Danke auf jeden Fall für deine Zeit und danke für deine gute Laune. Danke. So, das war jetzt unsere Folge zum öffentlichen Gesundheitswesen. Ja, wir hoffen, dass euch die Folge auch genauso gut gefallen hat und ihr auch viele neue Infos mitnehmen konntet. Das war jetzt thematisch nochmal was ganz anderes und zeigt euch hoffentlich nochmal, wie vielfältig unser Beruf hier tatsächlich auch ist. Auch wenn man irgendwann das Gefühl hat, vielleicht in Klinik und Praxis Alltag unterzugehen. dass es einfach noch viele andere Tätigkeitsfelder für uns gibt. Alles weitere findet ihr dann wie immer in den Shownotes und wir freuen uns, wenn ihr uns auch gerne Feedback gebt oder eine Mail schreibt oder auch euch einfach gerne nochmal bei uns meldet. Music.