Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 36 Episoden

Fürsprechen statt Feierabend: Engagement im öffentlichen Raum als Ärztin in Weiterbildung - mit Claudia Kreuzer

01.07.2022 30 min

Zusammenfassung & Show Notes

Ihr kennt sie vielleicht schon als @bohemiansoulfrankfurt - wir durften die Powerfrau Claudia
Kreuzer in unserer neuen Podcast-Folge begrüßen.
Sie ist Ärztin in Weiterbildung, engagiert sich sozial und klärt auf Social Media über wichtige
gesellschaftliche Probleme und Ungleichheiten auf. Wie sie das alles unter einen Hut bringt, erfahrt
ihr in der neuen Folge!
 
Shownotes:

 Shownotes:
 

Transkript

Music. Hallo, ich freue mich, dass ihr heute wieder bei einer neuen Folge dabei seid. Letztes Mal haben wir zusammen mit Stefan Bösner über den hessischen Tellerrand geblickt. Und was in der Folge schon ganz viel anklang, war das Thema Engagement, in Stefans Fall weltweit. Aber auch in Deutschland habt ihr als Ärztinnen und Ärzte schon während der Weiterbildung viele verschiedene Möglichkeiten, euch über die Arbeit in der Praxis hinaus für andere Menschen einzusetzen und eigene Schwerpunkte zu verfolgen. Claudia Kreuzer, die heute bei uns zu Gast ist, erzählt uns, was sie so neben ihrer Weiterbildung macht und unterhält sich mit Britta und mir auch darüber, wie man die richtige Art und das richtige Maß des Engagements für sich selbst findet und was für eine Rolle für sie soziale Netzwerke dabei spielen. Und noch ein kleiner Hinweis, es tauchen in der Folge die Themen Kinderschutz und Flucht auf. Falls diese Themen für euch Trigger darstellen, dann überspringt diese Folge gerne. Und jetzt geht's los mit dem Gespräch. Hallo aus Frankfurt und schön, dass ihr wieder bei Wege der Allgemeinmedizin dabei seid. Ich bin Maria, Mitarbeiterin hier im Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen. Und neben mir, beziehungsweise heute gegenüber, sitzt Britta. Ja, hallo von mir. Ich bin Britta und ich bin Ärztin in Weiterbildung für das Fach Allgemeinmedizin. Und heute zu Gast ist bei uns Claudia Kreuzer und wir wollen uns gemeinsam das Thema Engagement in der Medizin anschauen. Bevor wir damit aber loslegen, Claudia, wäre es voll schön, wenn du dich nochmal kurz vorstellst, beziehungsweise, was uns ja auch immer interessiert ist, wie bist du eigentlich in der Allgemeinmedizin gelandet? Hallo Maria und hallo Britta und vielen Dank, dass ich heute hier sein darf. Ja, ich bin Claudia, bin 36 und Weiterbildungsassistentin hier in Frankfurt in einer allgemeinmedizinischen Praxis und habe auch hier in Frankfurt studiert. Also die Räumlichkeiten hier kenne ich noch von meinem Studium. Aber was vielleicht ganz spannend ist, ich habe sechs Jahre auf meinen Studienplatz ganz fleißig gewartet und die Zeit habe ich damals überbrückt nach dem Abitur mit einer Ausbildung zur operationstechnischen Assistentin und habe fast bis zum Ende gearbeitet. Und auf deine Frage zurückzukommen, wie ich in der Allgemeinmedizin gelandet bin. Eigentlich wollte ich Chirurgie machen. Bietet sich ja natürlich auch so ein bisschen an, wenn man vorher OP-Schwester war und wollte eigentlich meist in die Viszeralchirurgie zurück. Dachte mir aber dann im Laufe des Studiums, ich müsste unbedingt meinen PJ in der Allgemeinmedizin machen, weil das dann für drei Monate doch mal ein sehr intensiver Einblick ist und wäre. Und habe das dann auch gemacht und war ja ein bisschen spät dran damals in der Suche nach meinem Platz fürs PJ und bin dann in einer Praxis in Weiterstadt gelandet und war dort die drei Monate und die waren so überzeugend, dass ich dann schon wusste, ich möchte Allgemeinmedizin machen und weiß auch, dass es eigentlich die Praxis, die ich gerne auch übernehmen möchte tatsächlich. Ach, das ist schön. Ja, voll schön, dass du hier bist. Ja, ich freue mich auch. Danke. Ja, ich freue mich auch ganz besonders, weil tatsächlich diese Folge beziehungsweise dieses Thema, über das wir heute auch reden wollen, also Engagement als Ärztin oder Arzt und auch in der Allgemeinmedizin, so ein bisschen mein Wunsch gewesen ist, dass wir mal eine Folge zu diesem Thema machen. Und da hole ich vielleicht mal ganz kurz aus. Das war nämlich so, ich habe vor einiger Zeit irgendwie mal so mehrere Dokus mir angeschaut. Eine davon ging über Prostitution, eine ging über obdachlose Menschen und irgendwie hat mich das so richtig so gepackt und irgendwie so ein bisschen durchgerüttelt und ich habe da gedacht, das ist wirklich so krass, dass man einfach hier so privilegiert lebt und das einfach nur davon abhängt, im Prinzip, wo man geboren ist und vielleicht in welche Familie. Und dass es einfach ganz viele Leute gibt, die einfach dieses Glück nicht haben und dass die auch einfach in der großen Mehrheit sind auf dieser Welt. Und damit verbunden auch so ein bisschen den Wunsch oder auch das Bedürfnis, so was zurückzugeben oder eben zu versuchen, irgendwie diese Ungerechtigkeit so ein kleines Stückchen weit auszugleichen und eben selber irgendwas dafür zu tun. Und dann habe ich so hin und her überlegt und auch gedacht, dieser Beruf, den wir haben, also Ärztinnen und Ärzte, der prädestiniert einen ja vielleicht auch so ein bisschen dafür oder zumindest stattet der uns mit ganz vielen tollen Fähigkeiten aus, die man für sowas auch sehr, sehr gut nutzen kann. Und deswegen toll, dass du heute hier bist, weil du sowas ja ganz, ganz viel machst. Vielleicht, so erst mal so zum Einstieg, kannst du uns mal so einen Überblick geben über deine ganz vielen zahlreichen, ja ich nenne es mal Nebentätigkeiten, neben deiner Tätigkeit in der Praxis? Ja, das ist spannend. Wo fange ich jetzt an? Vielleicht tatsächlich chronologisch. Also manche kennen mich vielleicht oder ihr habt mich wahrscheinlich durch Instagram kennengelernt vor einiger Zeit. Das war 2019, war ich zu der Zeit in der Weiterbildung in der Chirurgie hier in Frankfurt in einem etwas kleineren Krankenhaus, auch in der Notaufnahme. Und ja, es war so der erste Lockdown, der kam, Covid-bedingt. Und ich hatte zunehmend schon schwerere Fälle von häuslicher Gewalt in der Notaufnahme. Und sehr unpassend dazu bin ich an dem Tag nachmittags nach Hause, habe einen Fernseher angemacht. Und es kam damals die Pressekonferenz vom BKA zu den Fallzahlen von sexualisierter Gewalt im Fernseher, hauptsächlich in Bezug auf Kinder. Und das hat mich sehr wachgerüttelt, weil ich auch zu der Zeit tatsächlich einen Fall hatte in der Klinik. Das Kind war zwar nicht direkt betroffen, aber hat das alles mitbekommen. Und ja, aus dem Impuls heraus habe ich angefangen, auf Instagram darüber zu berichten. Sehr stark auch, weil auch dort den Social Media, man hat dort Missstände, die da sind. Die Pandemie war so weit fortgeschritten, dass auch Instagram gewisse Inhalte nicht mehr zensiert und gesperrt hat. Bin dann da in Kontakt mit dem Deutschen Kinderschutzbund auch getreten, habe auch ganz aktiv gefragt, was kann ich tun und wurde dann darauf hingewiesen oder habe den Hinweis bekommen, es gibt von der Uni Ulm eine Online-Fortbildung für Ärzte, die auch kostenfrei war und die habe ich auch absolviert zum Thema Kinderschutz und habe mich darin auch ganz aktiv fortgebildet. Und das war so, glaube ich, für mich der Einstieg, deutlich mehr auf Instagram zum Thema Medizin, medizinische nahe Themen zu berichten. Und die Resonanz war riesig. Und ja, aus dem Thema sind dann natürlich auch andere Themen geworden. Manche fragen mich immer, wie selektierst du deine Themen? Kann ich so manchmal gar nicht so sagen. Also ist das so, dass du irgendwas siehst oder liest und das berührt dich dann und dann hast du das Bedürfnis, da muss ich jetzt auch irgendwie was tun? Ja, so kann man das schon sagen. Also es sind zum einen Dinge, die ich natürlich aus meinem Arbeitsalltag mitnehme und sage, okay, die Patienten hatten jetzt ganz oft ähnliche Fragen aufgeworfen und dann ist es für mich Anlass, da vielleicht eine Story zu machen oder vielleicht auch einen Beitrag zu schreiben, um einfach die Leute zu erreichen. Ja, das ist super spannend, finde ich, weil du ja als Ärztin auch so eine Multiplikatorin in dem Sinne für die Themen bist, sowohl in der Praxis, aber ich finde es voll spannend, dass du dieses andere Format dafür nutzt, weil das ist ja gerade, wenn man auch so in Richtung Public Health denkt, das ist ja voll das Problem, wie bringen wir die Information eigentlich an die Leute, die nicht von sich aus fragen. Und ich finde, bei Instagram oder Social Media generell hast du ja so eine Zwischensphäre zwischen privat und beruflich für viele auch. Manche nutzen das hobbymäßig. Du hast aber auch voll viele Institutionen, die da vertreten sind. Und es ist eine coole Plattform einfach, um vieles zusammenzutragen, kann ich mir vorstellen. Das ist bei dir auch so, dass darüber dann Fragen kommen. Also kriegst du auch, keine Ahnung, so allgemeinmedizinische Fragen mit. Hier ist ein Bild von einem Ausschlag, den ich habe. Frau Freuzer, können Sie den mal angucken? Da muss ich sagen, zum Glück nicht. Wahrscheinlich habe ich sehr respektvolle Follower, die mir zum Glück keine Bilder ihrer Fragen stellen. Natürlich kommen Fragen und es ist manchmal nicht ganz so einfach, da auch so ein bisschen die Distanz zu wahren, weil natürlich kann man auf Instagram keine medizinische Beratung machen. Das darf man nicht. Ja, das war oft auch ein Grund, dass ich sagte, also das sind jetzt die und die Telefonnummern. Also gerade nochmal in Bezug auf den Kinderschutz habe ich natürlich, ging das sehr schnell. Mein Postfach ist sehr übergequollen mit Fragen. Gerade ja, wir haben da einen Verdachtsfall im Kindergarten. Wo kann ich mich hinwenden? Das habe ich manchmal ein bisschen gesammelt und habe darauf auch, muss ich ganz ehrlich sagen, nicht direkt geantwortet, weil das würde ausufern, sondern habe das dann genutzt, um dann allgemein darüber aufzuklären, zu sagen, die Telefonnummern gibt es, die Hilfeeinrichtungen sind da, um das quasi dann eher im Allgemeinen zu beantworten. Und das wäre auch, glaube ich, etwas, was ich jedem Kollegen, Kolleginnen empfehlen würde. Also keine direkte medizinische Beratung. Aber es ist ja auch toll, dass du diese Reichweite hast und dann, dass du eben das auch aufgreifst und das vielleicht im allgemeineren Rahmen dann diese Informationen zur Verfügung stellst. Ja, ich glaube, dass die Hemmschwelle auf Instagram etwas zu fragen, weil gerade wie du schon gesagt hast, Maria, es ist ja so ein bisschen was Privates und Berufliches, was sich bei mir auch manchmal so ein bisschen vermischt auch. Aber ich glaube, die Hemmschwelle für die Follower ist niedriger, gewisse Dinge zu fragen und das sind Fragen, die vielleicht man auch nicht direkt im Gespräch beim Arzt stellt, weil man vielleicht auch aufgeregt ist, weil man das vergisst, weil es in der Praxis doch auch oftmals ein bisschen hektisch ist. Und dort wird halt eine Möglichkeit gegeben. Und ich würde mir auch wünschen, dass man das vielleicht irgendwie in Zukunft besser integrieren könnte. Aber es ist auf jeden Fall sehr viel, was ich auch über die Fragen von Instagram mit auch mit in die Praxis nehme und dann daraus auch wirklich schöpfe, auch meine eigenen Patienten über gewisse Themen nochmal besser aufzuklären, weil ich weiß, welche Fragen eigentlich im Nachgang kommen, wenn man wieder zu Hause sitzt. Mhm. Neben dieser Social Media, ich nenne es mal Aufklärungsnebentätigkeit, Claudia, die du machst, bist du auch beim Deutschen Roten Kreuz tätig. Bist du da noch aktiv im Moment? Ja, aktuell bin ich noch aktiv. Ich war ja über das Impfzentrum in der Messe damals und reingerutscht, habe dort das komplette letzte Jahr gearbeitet, eigentlich fast in jeder freien Minute. Ja, die fast eine Million Menschen hier in Frankfurt mitgeimpft und bin jetzt aktuell immer mal wieder in der Notunterkunft in Frankfurt für die Menschen aus der Ukraine. Und du warst ja auch am Frankfurter Flughafen tätig im Zuge der Afghanistan-Thematik, hast mit Afghaninnen und Afghanen gearbeitet. Magst du dazu noch so ein bisschen berichten? Das finde ich auch total spannend. Ja, am Flughafen, das haben wahrscheinlich wenige mitbekommen, sind auch sehr, sehr viele Menschen damals aus Afghanistan zurückgeholt worden und das Deutsche Rote Kreuz hatte dort so eine Erstversorgungsstation. Das war auch tatsächlich mein erster Kontakt mit der Problematik von Menschen, die aus einem anderen Land kommen unter sehr widrigen Umständen, muss man natürlich sagen. Und man wusste damals überhaupt nicht, was uns erwartet. Also wir wussten es wirklich nicht. Genau, ja. Gibt es irgendwas, was dir so ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, also jetzt auf alle möglichen Bereiche bezogen? Ja, tatsächlich die Zeit am Flughafen. Ja, also das war für mich sehr bewegend. Ich muss auch sagen, ich habe noch nie in so einem guten Team gearbeitet wie damals mit der Bundeswehr und mit dem Bundesamt für Migrations- und Flüchtlinge und auch mit der Bundespolizei vom Flughafen. Das war ein sehr enges Zusammenarbeiten, das ich so nicht kannte und ein sehr wertschätzendes. Ich glaube, ohne diese Positivität, die wir dort alle hatten, hätte man das vielleicht auch nicht ganz so gut verarbeiten können tatsächlich. Also man muss sich halt überlegen, es waren halt wirklich hauptsächlich Frauen und Kinder. Ich habe irgendwann manchmal gesagt, eigentlich ist es eine Kinderstation, die ich da manchmal betreut habe mit Neugeborenen, die tagelang in ihren gleichen Windeln gesteckt haben und war natürlich für mich sehr bewegend. Und ja, war nicht einfach. Ich habe ein kleines Mädchen, ich glaube, das werde ich nie vergessen. Die Mutter ist damals zurückgeblieben, der Vater kam dann irgendwann zu mir, konnte auch perfekt Deutsch und konnte mich mit ihm natürlich auch sehr gut unterhalten ohne Dolmetscher, Weil er einfach verzweifelt war. Das Kind war total geschwächt gewesen, wahrscheinlich so sechs, sieben Jahre alt, wollte nicht mehr sprechen und ja, man hat halt gemerkt, dass es halt, er wusste quasi oder er hat geahnt, dass seine Frau es vielleicht auch gar nicht mehr nach Deutschland schaffen würde. Und das ist etwas, wenn man dieses Kind dann, hat mich halt in den Arm genommen und das werde ich, glaube ich, mein Leben lang nicht vergessen, nein. Ja. Was macht das denn generell mit dir, dass du so wirklich ja auch in diesen unterschiedlichen Themen, aber auf eine Weise immer wieder so Schicksale miterlebst? Wie kommst du damit klar? Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, vielleicht ist es auch platt, wenn ich das jetzt so sage, aber ich ziehe aus solchen Erfahrungen tatsächlich auch sehr viel Energie, auch wenn das vielleicht für den ersten Moment für viele komisch klingen würde. Aber ich finde es schön, weil man so viel Resonanz und so viel Dankbarkeit von diesen Menschen bekommt,den man jetzt zum Beispiel, wenn man das jetzt mal manchmal vergleicht mit Situationen im Krankenhaus und der Notaufnahme, so Erfahrungen zum Teil leider nicht gemacht hat. Mhm, da wollte ich gerade nachfragen, weil mir kommt jetzt gerade was in den Kopf aus unserer letzten Folge mit Stefan Bösner, der eben sehr lange Zeit in Afrika war und dort eben so eine ganz andere Art von Medizin betrieben hat. Und er hat nämlich gesagt, nach seiner Rückkehr wieder nach Deutschland konnte er erst mal eine ganze Weile gar nicht so diesen Standard-Praxis-Alltag so richtig bewältigen, weil es einmal von der Art der Probleme, aber auch von der Art des Zwischenmenschlichen, würde ich sagen, so habe ich es verstanden, so anders war. Ist das für dich auch ein bisschen so? Ja, also wenn ich tagsüber dann in der Praxis war und dann am Wochenende noch in den geflüchteten Unterkünften, in den Notunterkünften, natürlich, das war eine Parallelwelt. Wir dürfen nicht vergessen, ich glaube, die Patienten, die wir haben oder das Gesundheitssystem generell, nicht nur in Deutschland, glaube ich, hat man mittlerweile eine sehr große Erwartungshaltung, auch an den Arzt. Also manchmal bekommt man ja schon gesagt, was man eigentlich zu machen und zu tun hat, weil der Patient sich vorher schon bei Google informiert hat. Das hat man in anderen Situationen, jetzt wie am Flughafen oder auch jetzt in der Notunterkunft, das hat man einfach nicht. Und das ist zum Teil etwas dankbarer von den Menschen, denen man begegnet. Auch wenn sie einen eigentlich nicht kennen, man ist ja eine total fremde Person. Normalerweise ist man ja als Hausärztin, ist man ja wirklich vertraute Person. Das fand ich sehr spannend, dass die wirklich das Vertrauen von jetzt auf gleich zu einem hatten. Ich weiß nicht manchmal, ob das vielleicht aus der Not heraus war oder ob das das war, dass sie einfach froh waren, aus ihrer Situation herausgekommen sein zu können. Aber es ist definitiv ein anderes Arbeiten, ja. Mhm. Mir ist da so ein Insta-Beitrag, den du mal geteilt hast, so in Erinnerung zum Thema, ist es okay, auch mal nicht okay zu sein? Und da wollte ich dich noch fragen, daran anknüpfend, was machst du, wenn du merkst, das wird dir zu viel? Machst du Sport zum Ausgleich? Hast du bestimmte Menschen, die dir helfen? Und was kannst du auch anderen empfehlen, egal ob gerade in der Klinik, überfordert in der Weiterbildung, weil viel los ist oder auch Geschichten mitbekommen haben, die einem nahe gehen? Ja, also ich mache schon sehr viel Sport. Ja, also tatsächlich Sport zum Ausgleich, was mir seit Beginn auch meiner Ausbildung schon geholfen hat, tatsächlich darüber zu sprechen, was man erlebt, darüber zu sprechen, wie fühle ich mich. Und das muss man aber aktiv auch, ich glaube, das kann auch nicht jeder, das muss man für sich, glaube ich, auch manchmal aktiv lernen, darüber das auszusprechen, was habe ich gesehen, was hat das überhaupt mit mir gemacht und auch mal, reflektieren, wie fühle ich mich eigentlich mit dem, was ich heute erlebt habe, wie geht es mir damit und dass man mal nicht okay ist, das ist etwas, was wir glaube ich wirklich, was ich auch meinen, Kollegen wirklich auch mitgeben kann. Ist, das müssen wir auch für uns akzeptieren. Ich glaube, wir haben viele von uns eine sehr hohe Erwartungserhaltung an unser Arztsein und eigentlich ist es nie genug, was wir machen. Ich hätte heute auch noch bis 19 Uhr in der Praxis sein können. Man muss aber irgendwann einen Schluss schaffen. Und das habe ich für mich auch von Anfang an versucht durchzuziehen. Das ist natürlich in der Weiterbildung nicht immer einfach, auch mal zu sagen, nein, den Arztbrief kann ich auch genauso gut am Montag schreiben. Das ist aber etwas, das kann ich wirklich nur jedem empfehlen, sich da manchmal auch ein Stück weit rauszunehmen aus der Situation. Grenzen zu ziehen. Ja, Grenzen zu ziehen, auch mal wirklich Nein zu sagen. Und man darf das auch nicht vergessen. Ich glaube, das, was man immer so sieht von außen, auch von mir auf Instagram sieht, das ist ein Teilausschnitt aus meinem Leben. Und natürlich gibt es Momente, da habe ich bitterlich geweint, weil ich einfach auch erschöpft war undda werden aber die wenigsten dann die Kamera auf sich zeigen und sagen, ich bin jetzt irgendwie echt am Ende und ich kann jetzt irgendwie auch nicht mehr. Was ich mich noch gefragt habe, im Zuge der Vorbereitung auf dieses Gespräch, habe ich auch unter anderem von dir so eine Rede angesehen oder angehört, die du mal in Münster auf einer Demo gehalten hast zum Thema auch sexualisierte Gewalt an Kindern. Da betonst du auch ganz viel, dass du in deiner Rolle als Ärztin eben diese, ja, ich würde sagen, Verpflichtung hast, gewisse Dinge zu tun und eben auch nicht wegzuschauen. Würdest du sagen allgemein, dass unser Beruf einen da auch so ein bisschen in die Pflicht nimmt oder dass es egal, was man ist oder wer man ist, dass da alle gleich irgendwie sich einbringen sollten? Ja, ich finde schon, dass wir alle, also sei es jetzt Ärztin, sei es eine andere Person, sei es die Person, die mir gegenüber in der Straßenbahn sitzt, ich glaube, wir sind alle nicht oder werden nicht mehr so geprägt und bekommen das nicht so mit, dass wir auch was ansprechen können, was problematisch ist. Und das Thema jetzt in Bezug auf diese Rede, die ich damals gehalten habe, wir können nicht immer wegschauen und sagen, oh, das betrifft mich ja gerade nicht, was ich sehe und das ist ja nicht mein Problem, sondern die kriegen das schon irgendwie hin. Ich finde, da muss ein ganz viel größeres gesellschaftliches Bewusstsein geschaffen werden. Und ich finde, wir Ärzte haben nochmal eine viel, viel größere Rolle, die uns zu Trage kommt, dass wir das wirklich machen. Und ich weiß, das sind unangenehme Gespräche, das sind unangenehme Gespräche, die ich mit Patienten führen muss. Aber die bedarf es manchmal auch und da muss man auch ganz mutig sein. Ja, ich finde das auch. Und ich habe auch da so gedacht, dass ganz viele, die jetzt Ärztinnen und Ärzte sind oder auch Medizin studieren, das ja auch genau aus so einer Motivation heraus tun. Also bei ganz vielen ist ja so dieses Helfen wollen so auch einer der Triebfedern, die dann auch sagen, okay, ich möchte dann diesen Beruf ergreifen, weil ich damit so unmittelbar irgendwie jemandem auch helfen kann, was natürlich manchmal auch vielleicht ein bisschen naiv in Anführungsstrichen erstmal ist. Aber trotz allem glaube ich schon, dass auch viele so ein Bedürfnis haben. Ja, das Bedürfnis habe ich auch, dass ich allen helfe, also meinen Patienten natürlich und drumherum helfen möchte. Aber ich glaube, man wird glaube ich recht schnell merken, man kann nicht jeden irgendwie retten und helfen und für immer gesund machen oder seine Gesundheit erhalten. Ich habe irgendwann für mich beschlossen, ich sehe mich nicht mehr als Helferin, sondern eher so als Beraterin an der Seite meiner Patienten oder vielleicht wie ein Coach kann man sich das vielleicht irgendwie vorstellen. Und was ich auch gelernt habe in den letzten Jahren, manchmal kann man auch einfach nicht helfen und das muss man akzeptieren. Und auch ein Nein der Patienten, wenn sie etwas nicht möchten, wenn sie Medikament nicht nehmen möchten, auch wenn man weiß, das ist ganz, ganz dringend, man kann das erklären. Und ich erkläre das ein, zweimal meinem Patienten, wenn dann immer und immer wieder ein Nein kommt oder eine Abwehrhaltung, dann ist das auch okay. Aber ich sage auch immer, wir können es gerne nochmal aufgreifen, aber in ihrem Tempo dann. Sicher ein guter Hinweis auch an alle ÄrztInnen in Weiterbildung ja also auch einfach so als Schutz vor so einer Art von, Dass man sich so abarbeitet an so gewissen Dingen. Das kann man definitiv. Und vielleicht eine Frage an euch beide. Ich weiß nicht, Britta, seit du die Dokus gesehen hast, so eine Idee schon entwickelt hast, wo und wie du dich engagieren willst. Ich fände es spannend zu hören, was du denkst oder Claudia, was du auch empfehlen würdest. Wo sollte man denn anfangen, wenn man jetzt erstmal nur die Idee hat, ich will was Gutes tun, aber noch nicht so richtig weiß, in welcher Form, mit wie viel Zeit. Wo kann man sich zum Beispiel informieren, was so möglich ist? Ich fange einfach mal an. Ich habe tatsächlich dann einer Organisation mal geschrieben, die sich eben mit dem Thema Zwangsprostitution und anderen frauenrechtlichen Themen auseinandersetzt. Und tatsächlich hatten die aber gerade keinen Bedarf nach einer ehrenamtlichen Person, was ja auch einfach sein kann. Man kann ja auch nicht überall immer gerade eine Tätigkeit finden, die man dann als Laie auch in gewissen Bereichen ausüben kann. Es gibt aber von der Stadt Frankfurt auch so einen Ehrenamtslotsen, heißt es glaube ich. Oder es gibt so eine Internetseite, wo man einfach gucken kann, wo man gerne sich engagieren würde. Das können wir vielleicht auch verlinken. Und da kann man auch ganz vieles finden. Tatsächlich habe ich aber jetzt gerade aufgrund von kleinem Kind zu Hause und irgendwie Corona gehabt und anderen Ausreden in Anführungsstrichen jetzt gerade da noch nicht so den Absprung geschafft, habe das aber tatsächlich auch nicht aus den Augen verloren. Und ich muss mal gucken, es geht ja nicht immer alles gleichzeitig im Leben. Und das ist vielleicht auch nochmal ein wichtiger Punkt, den man auch nicht vergessen darf, dass man nicht denken muss, man muss jetzt sofort alleine die Welt retten, sondern ich glaube, für alles kommt dann auch eine Zeit. Und ja. Ja, absolut. Ja, die Erfahrung kann ich teilen. Ich habe damals auch in Frankfurt einigen Institutionen geschrieben. Also die hatten auch keinen Bedarf damals und fand ich sehr schade. Und das war für mich der Grund, warum ich gesagt habe, okay, dann mache ich das halt über meinen Social-Media-Kanal. Ich probiere es einfach. Was ich denjenigen immer mitgebe, weil mich auch manchmal viele fragen, wie finde ich etwas, wie kann ich denn bestimmte Themen vorantreiben? Und ich sage mal, es fängt im Kleinen irgendwie an. Ja, wenn man ja zum Beispiel das Thema Kinderschutz nimmt, es fängt damit an, dass man mit den Freunden darüber spricht. Was sind denn so Warnzeichen dafür, dass man einfach das Thema thematisiert? Weil nur wenn man über etwas spricht, bekommt man auch Aufmerksamkeit und mehr Aufmerksamkeit und dann sagt dann die Freundin, vielleicht erzählt sie das jemand anderem oder ich habe vielen gesagt, frag doch mal in deinem Kindergarten nach oder in der Schule, gibt es denn da ein gutes Kinderschutzkonzept? Gibt es da etwas? Haben die was ausgearbeitet? Das waren so Sachen, die ich damals und auch jetzt immer noch mitgebe. Ich hätte noch so eine, ich nenne es mal technische Frage, weil du ja auch noch in Weiterbildung bist. Wie vereinbarst du das mit deinen Praxiszeiten? Also wissen deine Weiterbilder, Weiterbilderinnen Bescheid, dass du das machst oder ist das rein alles auf die private Uhr? Das ist tatsächlich auf die private Uhr. Also all das, was ich mache, ist nach Praxis Ende. Also ich war da sehr transparent und sehr offen. Mein Chef weiß das auch und das war auch das Erste, was ich ihm damals gesagt habe im Vorstellungsgespräch. Mir ist das sehr wichtig. Hab da auch kein Hehl draus gemacht und das finde ich auch wichtig und das würde ich auch jedem empfehlen. Und so eine Frage, die vielleicht arg ins Detail geht, ich weiß gar nicht, ob du das beantworten kannst, aber wir kriegen im Mentoring manchmal so Fragen, was für Versicherungen brauche ich denn eigentlich, wenn ich dann nicht in der Praxis bin und als Ärztin irgendwie unterwegs und es passiert was. Und ich meine, es trifft ja auf ehrenamtliche oder nicht in der Praxis stattfindende vielleicht ärztliche Tätigkeiten auch zu. Hast du dich mal informiert? Ist das dann irgendwie über die private Haftpflicht? Es geht über die private Berufshaftpflichtversicherung, aber wenn man jetzt ehrenamtlich, man ist ja trotzdem für die Institution, jetzt nehmen wir jetzt mal das DRK zum Beispiel, bin ich ja trotzdem über die versichert, weil ob ich jetzt dort als Teilzeitkraft bin, als Honorarkraft oder im Ehrenamt, ich habe ja trotzdem einen Vertrag mit denen geschlossen, der auch unterzeichnet ist. Und für die Zeit, wo ich dort arbeite, das sind ja definierte Arbeitsstunden, auch mit Arbeitsschutzgesetzen und da muss alles eingehalten werden, auch mit Untersuchungen am Anfang, Einstellungsuntersuchungen, da ist man abgesichert. Also da braucht keiner Angst zu haben. Natürlich, was dann was anderes ist, wenn ich jetzt, deswegen betone ich das auch immer so wieder, richtige ärztliche Beratung einzelner Personen im Internet sollte man dann doch irgendwie vermeiden. Ja, so gegen Ende unseres Gesprächs vielleicht nochmal so ein Blick in die Zukunft. Wie schätzt du das ein? Also ich habe so das Gefühl, dass so allgemein Engagement, gesellschaftliches und soziales auch schon immer wichtiger wird. Was sind so die Bereiche? Was würdest du sagen, wo braucht es das in Zukunft verstärkt? Also ich glaube, wir brauchen definitiv Unterstützung junger Familien auch. Da muss man ein Augenmerk drauf legen. Ich glaube, man sollte vielleicht Augenmerk als Ärztin im hausärztlichen Bereich auf viele Themen haben. Aber man kann natürlich nicht immer für alles ein Auge haben und alles im Blick haben. Was ich mir wirklich wünschen würde, ist, dass gewisse Fächer, jetzt auch gerade nochmal auf das Thema häusliche Gewalt zurück oder auch generell innerfamiliäre Problematiken, dass man da auch in der Weiterbildung oder auch im Studium schon mehr Skills an die Hand bekommt. Weil das ist etwas, was wir jetzt auch im Zuge der Pandemie gesehen haben, wenn die Familien doch über Wochen lang zu Hause waren. man zu Hause Homeoffice hatte, die sind mit ihren Problemen zu einem in die Praxis gekommen und haben das angesprochen. Und da würde ich mir wirklich wünschen, dass man da noch viel mehr psychosomatische oder psychologische Intervention direkt vor Ort, also Skills dafür im Studium und auch in der Weiterbildung erlangen würde. Das hätte mir zum Beispiel sehr geholfen, wenn ich noch auf ein größeres Repertoire hätte zurückgreifen können. Es ist ja nicht so umfassend angeschnitten worden und das war vieles, was ich mir natürlich dann auch in der Freizeit angeeignet habe. Darf ich zum Schluss nochmal zu deinem persönlichen Weg zurückfragen? Also du bist jetzt in Weiterbildung, hast du schon im Blick, wann die Facharztprüfung ansteht und wie soll es danach weitergehen für dich? Ja, also wenn alles nach Plan läuft, das weiß man manchmal nicht, ist es Januar 24, könnte ich mich, wenn es jetzt so bleibt, zum Facharzt anmelden. Und danach, ja, ich weiß es ehrlich gesagt manchmal nicht. Natürlich würde ich sehr, sehr gerne in diese PJ-Praxis gehen in Weiterstadt, in der ich war. Aber ich glaube mittlerweile, dadurch, dass ich ja jetzt in verschiedene Bereiche auch schon in der Weiterbildung jetzt reingeschnuppert habe, ich habe ja mit Kardiologie angefangen, war dann in der Notaufnahme in dem Krankenhaus damals, dann nochmal kurz Chirurgie, dann die erste Praxis, die auch ganz anders strukturiert war als die Hausarztpraxis, in der ich jetzt tätig bin, kann ich das so gar nicht sagen. Ja, ich würde schon eigentlich ganz gerne in Frankfurt bleiben und zumindest im Umland von Frankfurt. Und hast du eine Tendenz zu Anstellung oder Niederlassung? Definitiv eigene Praxis. Also das steht für mich, also egal wo in Deutschland, ist für mich von Anfang an der Entschluss, dass ich, kann man das so sagen, meine Praxis sein soll. Ja, voll schön. Ja, doch. Cool, wir werden dich auf jeden Fall weiter verfolgen. Ja. Genau, so und jetzt ganz zum Abschluss unserer Folge, vielleicht kennst du es ja auch schon, wir fragen unsere Gäste immer nach einer Lebensweisheit oder nach einer besonderen Message, die du vielleicht unseren Hörerinnen und Hörern so mit auf den Weg geben möchtest? Dass wir in all unserer Enthusiasmus als Ärzte unsere eigene Vorsorge und eigene Fürsorge nicht vergessen dürfen. Ganz wichtiger Punkt auf jeden Fall. Vielen Dank, Claudia. Dankeschön. Ja, schön, dass du da warst. Vielen Dank. Danke euch auch. Hat sehr viel Spaß gemacht. Engagement kann in der Medizin viele verschiedene Formen annehmen und es gibt eine riesige Vielfalt an Themen, Zielgruppen, über die wir in der Folge gar nicht gesprochen haben. Falls ihr euch da ehrenamtlich oder nebenberuflich neben eurer Weiterbildung engagiert und eure Geschichte teilen möchtet, dann schreibt uns jederzeit gerne. Wichtig ist uns aber auch zu sagen, was Britta in der Folge ja schon angesprochen hat, dass es für alles die richtige Zeit gibt und es absolut in Ordnung ist, wenn euer Fokus gerade auf der Weiterbildung, auf Familie oder eurem Privatleben liegt. In der Allgemeinmedizin gibt es auch nicht nur viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, sondern auch um sich auszutauschen, zu netzwerken, zu helfen und Hilfe zu finden. In der nächsten Folge nimmt uns deswegen Katharina Escales mit auf eine Reise durch den Dschungel der Netzwerke, Berufsverbände und Fachgesellschaften. Und wir freuen uns, wenn ihr wieder mit dabei seid. Music.