Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 36 Episoden

Land der Möglichkeiten - mit Aylin Büttner und Thomas Mai

01.02.2022 33 min

Zusammenfassung & Show Notes

Was verschlägt einen jungen Arzt mit dem Ziel, Internist zu werden, in die Allgemeinmedizin - und das auf dem Land? Und wie ist es, als Allgemeinmedizinerin in einem Ort mit 2500 Einwohner/innen die Stellung zu halten?
Das Thema „Landärztin oder Landarzt sein“ beschäftigt nicht nur Politik und Hochschulen. Auch für angehende Allgemeinmediziner/innen stellt sich im Laufe der Weiterbildung die Frage, wo sie tätig sein möchten - zwischen Stichworten wie „Unterversorgung“, „Verantwortung“ und „Einzelkämpferin“, aber auch „Vielfalt“, „langfristige Begleitung“ und „Patientenbindung“.
In dieser Folge sind Aylin Büttner und Thomas Mai bei Britta und Marischa zu Gast. Beide hat es nach ihrer Aus- und Weiterbildung in ländliche Regionen Hessens gezogen. Gemeinsam gehen sie unter anderem auf die Fragen ein, welche zusätzlichen Kompetenzen Landärzte/innen brauchen und was den Unterschied zwischen Stadt und Land ausmacht - und welche vielfältigen Möglichkeiten es eigentlich überall gibt. 


Shownotes:

 Shownotes:
 

Transkript

Wege der Allgemeinmedizin, dein Podcast rund um die Weiterbildung. Willkommen zu einer neuen Folge Wege der Allgemeinmedizin. Heute machen wir einen inhaltlichen Ausflug in zwei ländliche Region Hessens nämlich nach Lauterbach, das nördlich von Frankfurt im Vogelsbergkreis liegt, das ist übrigens der am dünnsten besiedelte Kreis in ganz Hessen. Und nach Abtsteinach, das wiederum liegt im Landkreis Bergstraße, wo sich Hessen und Baden-Württemberg treffen? Wenn euch das jetzt gar nichts sagt, ist das auch überhaupt kein Problem. Das lässt sich alles auf andere ländliche Regionen bundesweit übertragen. Thomas Mai ist heute zu Gast. Er ist tätig in einer Gemeinschaftspraxis und Aylin Büttner, die eine Einzelpraxis zusammen mit einem angestellten Arzt betreibt. Die beiden haben sich in unserem Train-the-Trainer-Seminar kennengelernt und teilen heute ihre Perspektive auf das Thema Land bzw. Ärzten und Arzt auf dem Land sein mit uns. Das löst ja ganz viele verschiedene Assoziationen aus, vom Bergdoktor über die ruhige Landidylle bis hin ja auch zur problematischen Praxisnachfolge. Was davon Klischee und was wahr ist, hört ihr in der heutigen Folge. Eins ist auf jeden Fall klar, es gibt ziemlich viele Möglichkeiten. Hallo und herzlich willkommen zurück zu einer neuen Folge unseres Podcasts. Ich bin Marischa, Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum und begleite Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung seit vielen Jahren auf ihrem Weg zur Facharztprüfung Allgemeinmedizin. Mit mir sitzt hier heute Britta. Hallo, ich bin Britta, ich bin Ärztin in Weiterbildung mit dem Ziel Allgemeinmedizin, aber komplett entschlossen bin ich noch nicht. Und wir haben uns zwei Gäste eingeladen, Thomas und Aylin, die beide im ländlichen Raum arbeiten, aber in zwei ganz unterschiedlichen Praxen. Aylin arbeitet an der Bergstraße und Thomas im Vogelsbergkreis. Ja, hallo Thomas, hallo Aylin. Wie immer starten wir mit der Frage nach eurem eigenen Weg in die Allgemeinmedizin. Und in eurem Fall ist natürlich heute auch noch ganz besonders interessant, wie ihr geografisch an dem Ort gelandet seid, wo ihr jetzt seid. Vielleicht, Thomas, magst du mal anfangen, dich mal kurz vorstellen und einfach ein bisschen erzählen? Ja, mein Name ist Thomas Mai. Ich habe in Marburg studiert, bin dann nach dem Studium nach Fulda gegangen, in ein Haus der Maximalversorgung, war dann auf dem Weg zur inneren Medizin, habe dann auch in ein kleines Haus in Lauterbach gewechselt, hatte da immer noch das Ziel innere Medizin, Gastroenterologie und saß dann irgendwann mal so im dritten, vierten Ausbildungsjahrneben einer Allgemeinärztin, die schon lange Jahre in einer Praxis in Lauterbach war. Und die fragte, was ich so vorhabe und die wollte bald in Rente gehen und hat gefragt, ob ich mir das denn vorstellen könnte. Und ich war schon immer offen für die Allgemeinmedizin, aber hatte mich nie so festgelegt und dachte dann, wie das wahrscheinlich auch bei vielen so ist, auf dem Weg zum Facharzt, ja, man macht einen Facharzt und entscheidet sich irgendwann auch für eine Richtung. Und man kann ja dann viele Wege einschlagen. Und ich habe ihr dann gesagt, dass ich es mir gerne mal anschaue. Und es gefiel mir dann auch gut. Der erste Eindruck war gut. Und dann habe ich praktisch den Facharzt Innere nicht fertig gemacht. Da hätte ich noch so knapp zwei Jahre gebraucht. Ich habe mich dann für den Facharzt Allgemeinmedizin bei ihr entschieden und so kam ich dann in die Praxis, wo ich heute immer noch bin, zehn Jahre später. Und Lauterbach, kommst du daher ursprünglich oder wie kam das zustande? Ich lebe seit meinem sechsten Lebensjahr in Lauterbach und ja, bin dann über Umwege wieder zurückgekehrt. Und wie ist das heute? Du hast die Praxis von ihr übernommen. Bist du dort alleine oder hast du dort noch Angestellte, Partner? Das ist eine Gemeinschaftspraxis. Wir sind zu zweit, haben noch eine Weiterbildungsassistentin. Ich habe die Praxis von der Vorgängerin übernommen und dann ist meine Partnerin in Rente gegangen und unsere derzeitige Weiterbildungsassistentin, die zurück aus Berlin in den Vogelsberg kam, die ist auch aus dem Vogelsberg, hat dann mit mir weitergemacht, was sehr gut läuft. Sehr schön. Das heißt, dann seid ihr zwei, die wieder dahin zurückgekehrt sind, wo sie ursprünglich auch herkommen. Genau, das verbindet uns. Das ist ja schön, ja. Wie war es bei dir, Aylin? Ja, das war ein bisschen anders die Geschichte. Ich habe in Greifswald studiert und habe dann meine Zeit erstmal damit verbringen wollen, Anästhesie zu machen. Das war eigentlich mein absoluter Traum., weil mein Vater auch Anästhesist ist. Habe dann im PJ auch tatsächlich Anästhesie gewählt und habe dann aber im PJ entschieden, dass das doch für mich nicht irgendwie alles ist, weil die Patienten eben, ja, nicht nur eben die Einleitung, die Ausleitung und dann sieht man sie nie wieder, sondern ich wollte dann wissen, was passiert mit den Patienten dahinter. Also was kann der danach wieder laufen nach der Hüft-Tep? Oder wie sehen die Schmerzen aus? Sind die besser geworden oder nicht? Und das hat mich dann dazu bewogen, dass ich gesagt habe, okay, ich möchte irgendwas anderes machen, also nicht Anästhesie. Habe aber noch nicht genau gewusst, dass ich Allgemeinmedizin machen möchte. Und habe dann erst mal gesagt, ich mache das, was ich am wenigsten mochte zu dem Zeitpunkt, das war die Innere. War aber die beste Entscheidung, die ich eigentlich treffen konnte. Und dann bin ich nach Wernigerode, weil damals mein Freund dort gelebt hat, jetziger Mann, und habe mich dort beworben und bin dann in das Krankenhaus dort gekommen. Das war super gut, weil da gerade so ein bisschen die Etagen gewechselt haben. Der Chef ist gerade neu zum Chef geworden, ist 45 oder so gewesen und die anderen waren auch gerade Fachärzte, sind zu Oberärzten geworden. Und wir hatten da eine sehr, sehr gute Ausbildung und durften auch sehr viel machen. Und dann habe ich die Notaufnahme natürlich kennengelernt. Das war immer das, wo man am meisten Angst hatte und die Intensivstationen. Und fand einfach dieses, was man dort gemacht hat, diese Rohaufnahme von Patienten, erstmal zu schauen, wohin müssen die überhaupt, wohin geht es denn überhaupt, das war das Interessanteste irgendwie. Ich hätte auch dort wahrscheinlich auch wirklich in der Notaufnahme weiterbleiben können. Bin dann schwanger geworden und dann haben wir entschieden, okay, wir gehen jetzt zurück nach Hause, wieder in den Kreis Heidelberg, wo wir ursprünglich ja auch hergekommen sind. Und dann war ich erstmal inElternzeit und dann habe ich mir überlegt, okay, ich möchte auf jeden Fall Allgemeinmedizin machen. Und dann habe ich erst angefangen, so ein bisschen diese Ausbildung zu komplettieren und habe gesagt, okay, wenn ich das machen möchte im Land oder auf dem Land irgendwo dort in der Region, dann möchte ich auf jeden Fall Kinderheilkunde machen. Und das möchte ich nicht im Krankenhaus, obwohl ich da auch ein Angebot gehabt hätte, sondern ich möchte das unbedingt in einer niedergelassenen Praxis machen, um eben die U-Untersuchung kennenzulernen und vor allen Dingen auch zu wissen, was mache ich mit den Kindern, die auf dem Land kommen. Weil welche Medikamente, das sind ja keine kleinen Erwachsenen, sondern eben schon Kinder ist nochmal was anderes. Einfach und dann habe ich mich auch sehr, sehr oft überall beworben. Bin nirgends angenommen worden. Es gab überhaupt keine Möglichkeiten dort bei uns in der Region. Und dann habe ich mich bei einem beworben, der noch nie irgendwo gelistet war. Und dann hat das irgendwie sofort geklappt. Das ist wirklich ein ganz toller Arzt und Kollege. Und der hat mir so viel beigebracht in der Kinderheilkunde und auch die U-Untersuchung und all das so nahegelegt, dass ich das auch jetzt weiterhin noch anwenden kann. Und das ist einfach so eine richtig tolle Zeit gewesen. Und danach wollte ich eigentlich noch in die Chirurgie. Hatte das auch schon alles klar gemacht und dann hat sich das so ergeben, dass am Ende meiner Weiterbildungszeit in der Kinderheilkunde mein befreundeter Apotheker uns angerufen hat und gesagt hat, ja Mensch, der Arzt hier nebendran möchte jetzt die Praxis schließen und ob ich mich nicht mal mit dem auseinandersetzen möchte. Dann habe ich gesagt, ja, ich brauche noch zwei Jahre Weiterbildung, weiß ich nicht, ob das klappt. Und dann hat er ihm meine Nummer gegeben, er hat sich am nächsten Tag bei mir gemeldet und dann haben wir uns getroffen und haben dann miteinander gesprochen und er hat sich dann dazu bereit erklärt, noch zwei Jahre länger weiterzumachen, obwohl er schon allen gekündigt hatte und quasi die Praxis schließen wollte einen Monat später. Bin dann eben in die Praxis eingestiegen, habe dann zwei Jahre Weiterbildung bei ihm gemacht und habe dann im Anschluss die Praxis übernommen. Und dann war es natürlich auch ein bisschen, sagen wir mal, ein bisschen Druck da, dass ich natürlich auch bestehe die Prüfung, die Facharztprüfung, weil er wusste, okay, wenn ich das jetzt nicht bestehe, kann ich die Praxis nicht übernehmen. Da hing relativ viel dran. Aylin, das heißt, du bist direkt nach der Facharztprüfung auch im Prinzip niedergelassen gewesen? Richtig. Also ich habe bis März meine Weiterbildungszeit gehabt, habe im April Facharztprüfung gemacht und habe ab Juli übernommen. Und ich sollte sogar noch im laufenden Quartal übernehmen, aber dann hat die KV sich mit ihm geeinigt, dass das einfach blöd ist, weil das so viel Aufwand bedeutet, während des Quartals dann die Sachen zu übernehmen. Dass sie dann gesagt haben, okay, wir machen es ab 1.7. Und dann bin ich halt noch Juni oder Mai und Juni oder sowas, bin ich noch als Honorararzt dann für ihn tätig gewesen und bin dann halt eben erst umgesetzt. Und er hat sich dann auch schon komplett in dem Quartal trotzdem zurückgezogen gehabt und war dann eigentlich auch gar nicht mehr präsent nach meiner Prüfung. Ja, aber super und ganz schön tough. Ich fand, Aylin, was bei dir ganz gut deutlich wurde, du hattest das gesagt, als du dann die Idee hattest, Allgemeinmedizin zu machen, da war dir klar, vor allem wenn du im ländlichen Raum arbeitest, du willst erst mal noch Pädiatrie machen. Ja. Warum? Magst du da nochmal kurz drauf eingehen? Was ist eure Ansicht? Braucht man als Landärztin, Landarzt, ich sage das jetzt einfach mal so plakativ, andere Kompetenzen als die städtischen Hausärztinnen und Hausärzte? Ja, das würde ich schon. Naja, ja, ich würde sagen, das ist schon eine der Punkte. Es ist so, dass die Städter wahrscheinlich schneller irgendwo einen Termin bekommen. Oder ich denke auch, dass die Stadtleute einfach mehr zu den Kinderärzten direkt gehen. Und da sind auch die Häufigkeit an Kinderärzten zu finden sozusagen in der Stadt deutlich höher als auf dem Land. Und bei uns in der Region gab es früher auch mal einen Kinderarzt, den gibt es schon, also ich kenne den persönlich gar nicht. Ich weiß nur, dass immer alle sagen, ja, da war ich vor zehn Jahren mal. Es gibt seitdem keinen Kinderarzt mehr dort. Dann ist die nächste wieder Baden-Württemberg, also Weinheim. Es ist ja bei uns so in diesem relativ nah die Grenzen. Aber es ist einfach so, dass man das braucht. Für mich war das klar, wenn ich irgendwo auf dem Land arbeiten möchte, dann muss ich auch eine Kompetenz entwickeln, Kinder zu behandeln und auch einschätzen zu können. Sind die Kinder akut krank, muss ich sie jetzt weiterleiten oder kriegen wir das so hin? Weiß ich genau, was ich da tue oder mache ich da nur irgendwas und am Ende ist es schlechter? Und auch die U-Untersuchung finde ich, das ist so dieses Klischee von früher. Das ist auch das, was mir mein Kinderarzt sozusagen, bei dem ich gelernt habe, auch so aufgezeigt hat, dass es immer ganz schlimm war, dass die alten Hausärzte quasi mal kurz auf Herz und Lunge gehört haben und dann gesagt haben, top, das ist die U-Untersuchung. Und die U-Untersuchung ist halt so viel mehr, als nur mal kurz auf Herz und Lunge zu hören, sondern tatsächlich auch andere Dinge herauszufinden, Sprachschwierigkeiten, ob derjenige auch körperlich gut entwickelt ist, ob die irgendwelche anderen Schwächen haben und ob da irgendwas im Argen ist. Genauso wie auch die Patienten, die einfach später anfangen zu sprechen und später rauskommt, ja, hätte man da schon vorher mal mit einem HNO-Arzt oder mal einen Hörtest gemacht, dann hätten die vielleicht ein Tubenröhrchen bekommen und wären jetzt schon der Sprache ganz gut mächtig mit drei, statt eben erst mit drei oder vier anzufangen zu sprechen. Und das findet man halt nur raus, wenn man bei der U7 mit zwei Jahren oder U7a eben auch mal guckt, ist da noch ein bisschen was anderes dabei oder funktioniert das alles wunderbar? Aber das finde ich auch das Schöne so in der Allgemeinmedizin. Wir behandeln zum Beispiel relativ wenige Kinder. Wir haben auch zwei Kinderärzte genau gegenüber in derselben Straße. Das ergänzt sich ganz gut. Und natürlich hören wir die auch ab, wenn die kommen, aber die U's, das schaffen wir nicht. Und was ich richtig gut finde, ist auch, du setzt jetzt deine Schwerpunkte bei den Kindern. Bei uns ist das weniger. Ich habe zum Beispiel dann während der Weiterbildung noch manuelle Therapie machen können. Das ist von mir nochmal so ein Schwerpunkt. Und das Schöne an der Allgemeinmedizin ist, finde ich, man kann seine Schwerpunkte setzen. Klar, wir haben unsere Spielregeln durch die KV, aber wir können letztendlich uns noch ausbreiten mit dem, was wir wollen oder auch private Geschichten da noch weiter vorantreiben und meine Kollegin macht zum Beispiel noch jetzt Naturheilverfahren, weil die das interessiert und also alles geht, nichts muss. Man kann auch ganz normal kassenärztlich tätig sein, aber man kann sich Schwerpunkte setzen. Ich sonografiere zum Beispiel noch total gern. Das machen auch viele gar nicht und das finde ich halt an dem Fach total schön, dass das geht. Das ist in vielen medizinischen Fächern ja überhaupt nicht möglich, dann zu sagen, ich entscheide jetzt mal frei, wo ich meine Schwerpunkte setze. Ja, aber das sehe ich genauso. Also das ist kein Muss, dass man Pädiatrie macht. Aber ich finde halt, wenn man so ein bisschen ländlicher ist, zumindest mal, dass man weiß, wie man abhört und dass man eben eine Akutsituation rausfinden kann. Die U-Untersuchung ist einfach ein schönes Beiwerk sozusagen. Du machst das gerne. Ich mache das gerne, genau. Aber ich mache das auch nicht so, dass ich jetzt hier 20 U-Untersuchungen am Tag mache, wie der Kinderarzt. Das schaffe ich auch gar nicht. Also ich habe circa 20 im Quartal. Das ist schon viel. Also 15 bis 20, das reicht mir. Aber dafür mache ich die dann auch richtig gescheit. Die haben dann eine Stunde, sind die dann auch bei mir. Die kriegen dann Hörtest, Sehtest, komplett Diagnostik. Die Mädels beschäftigen sich mit denen, die gucken, dass die Sprache abgefragt wird. Also da ist wirklich ein Komplettprogramm sozusagen dabei. Und dann werden die natürlich noch körperlich untersucht und all das geguckt und auch motorisch geguckt, ob die entwickelt sind oder nicht. Und das macht Spaß. Aber eben auf 15 bis 20 beschränke ich mich da, weil mehr schaffe ich auch einfach nicht. Genau, aber das ist so dein schöner Schwerpunkt, den du dir einfach ausgewählt hast und den du in deiner Praxis vertrittst. Ja, genau. Also das fachliche Spektrum ist ja dann schon breiter bei euch. Wenn ihr jetzt Ärzte in Weiterbildung bei euch hättet, der sagt, ich würde gern aufs Land oder ich komme vielleicht auch aus einer ländlichen Gegend. Ihr sagtet schon, man kann durchaus ja seine eigenen Interessen auch verfolgen. Aber gibt es so Sachen, die ihr empfehlen würdet, was man sich vielleicht außerhalb dieser Pflicht 12 Monate innere und eben einem beliebigen dritten Fach noch zu Gemüte führen sollte? Was wäre sinnvoll vielleicht als Tipp für Leute, die uns zuhören, denen sowas vielleicht vorschwebt? Also ich würde empfehlen, die erste und die letzte Famulaturin der Allgemeinmedizin zu machen. Ich hatte jetzt Famulanten, so in den letzten zwei Jahren hat sich das so gezeigt und das war total spannend, wenn die die erste Famulatur so da waren, wo man echt noch wenig klinische Erfahrung hat und die man dann später auch nochmal sieht im Verlauf. Also das müssen auch nicht dieselben jetzt gewesen sein, aber das ist total interessant, wie dann Studenten damit umgehen, die jetzt alles gesehen haben, im Krankenhaus waren, und viel gemacht haben da schon und dann wieder sozusagen back to the basics und man sagt, nee, wir müssen jetzt nicht jeden rinden, wir müssen nicht jedem Blut abnehmen, wir gucken uns den Patienten wieder an, bevor der direkt da vor den Schirm gekarrt wird in der Notaufnahme und wir müssen auch nicht jeden ins Krankenhaus schicken und wie wichtig es auch ist, so die Familie zu kennen, den familiären Hintergrund, das finde ich so mega spannend. Da haben wir wieder den Bogen, warum Allgemeinmedizin und wie kam es dazu? Ich glaube, von den Fächern her, also Pädiatrie kann man empfehlen. Chirurgie finde ich auch nicht schlecht. Weil man ab und zu auch mal so einen kleinen Abszess spalten müsste oder sowas. Mal was nähen, eventuell eine Platzwunde nähen. Das kann man ganz gut, wenn man das irgendwie mal vielleicht irgendwann mal gesehen hat und wieder weiß, wie es geht. Hatte ich letztens eine Famulantinda, die uns das auch wieder näher gebracht hat. Das war sehr schön. Sehr gut. Das war cool. Ja, das ist echt sehr, sehr gut. Meine jetzige Weiterbildungsassistentin ist Chirurgin, die ist Quereinsteigerin. Die war jetzt viele Jahre auch bei Ärzten in der Chirurgie. Und ja, das macht richtig Spaß. Das ist ja auch dann super, wenn man in einem Team arbeitet, wo man sich auch so ein bisschen helfen kann gegenseitig. Und wie erlebt ihr das? Also Thomas, du bist ja in einer Gemeinschaftspraxis und Aylin, du bist ja in einer Einzelpraxis mit angestelltem Arzt. Wie ist denn das so von der Vernetzung her bei euch in der Region? Also seid ihr da eher so die Einzelkämpfer oder gibt es da durchaus die Möglichkeit, sich mit anderen Fachrichtungen gut zu vernetzen? Ja, also ich empfinde uns als sehr gut vernetzt, sowohl unter den Hausärzten, die jetzt in Lauterbach Stadt sind. Wir treffen uns regelmäßig im Quali-Zirkel und vertreten uns auch gegenseitig in Urlaubszeiten. Also was jetzt die Vernetzung unter den Haus- und Fachärzten betrifft, die ist gut. Auch vom Krankenhaus her ist die sehr gut. Und nochmal auf den ersten Teil der Frage jetzt einzugehen. Die Praxis an sich als Gemeinschaftspraxis würde ich persönlich nicht anders wählen wollen. Ich kenne es auch nicht anders. Ich finde es total angenehm, wenn man noch einen Kollegen in der Praxis hat, Kollegin, wo man sich absprechen kann, wo man auch sagt, man hat letztendlich ein Team zu führen auch und viele personelle Entscheidungen zu treffen, was, finde ich, mit das Anspruchsvollste in der Praxis ist. Und das erlebe ich als total angenehm. Muss halt auch funktionieren. Hat man ja nicht immer Glück. Und bei dir, Aylin, in der Einzelpraxis? Ja, das stimmt. Also ich bin total froh, dass mein Kollege noch da ist, auch wenn er wirklich jetzt bald 75 Jahre alt wird und wahrscheinlich auch irgendwann aufhören möchte, perspektivisch. Suche ich auch jemanden, der dann irgendwann die Nachfolge natürlich übernimmt und mich da auch irgendwie weiter unterstützt, weil es einfach immer mehr wird. Er ist ja nur zwei Tage in der Woche da. An den zwei Tagen bin ich dann schon ein bisschen entlasteter, weil ich einfach weiß, okay, die Akutpatienten, die an dem Tag jetzt kommen, die werden auf jeden Fall von ihm übernommen und habe dann auch ein bisschen mehr Zeit. Das klingt jetzt aber so, als wäre da jetzt gar nicht so ein großer Unterschied in Sachen Arbeitsweise jetzt, wie man es aus der Stadt kennt. Also ihr habt wirklich die Möglichkeit, euch auch auszutauschen, also vertreten zu werden und so weiter. Das, genau, stellt man sich, finde ich, immer so ein bisschen anders vor, wenn man das nicht so kennt. Und ich kenne es eben nicht. Dann denkt man immer, man ist der Landarzt. Das ist ja auch so ein bisschen das Klischee, ist immer da, hat immer Zeit, kennt alle Fachgebiete super gut. Aber es klingt eigentlich so, als wäre der Unterschied jetzt gar nicht so gravierend oder als müsste man jetzt gar nicht so sehr anders arbeiten, als man es sich vorstellt. Das ist nochmal ein guter Hinweis. Also es ist ja eigentlich, im Grunde ist die Arbeit nicht anders. Die Patienten kommen normalerweise im Viertelstundentakt. Man deckt das komplette Spektrum ab, ob man jetzt in Frankfurt sitzt oder im Vogelsbergkreis oder sonst wo. Die Strukturen sind halt ein bisschen anders. Vielleicht ist der Kontakt noch ein bisschen näher zu Patienten, aber sonst ist es ja ganz normales Arbeiten. Wir sind komplett vernetzt, wir müssen voll digital sein und auch in Praxis mit dem, ich wollte das eben auch nochmal sagen, was ja ganz wichtig ist, ist ja so das Team, dass das zusammen funktioniert. Jetzt auch die Arzthelferinnen, die ja so den wichtigsten Teil eigentlich oder das Herzstück der Praxis darstellen und das ist glaube ich in Stadt und Land wichtig. Ähnlich, je nachdem, wo man sitzt. Ich würde gerne auch ein anderes Klischee einmal ansprechen. Ihr lebt ja beide auch mit euren Familien in eurer Herkunftsregion quasi und in relativer Nähe zu eurer Praxis. Du hattest gerade nämlich kurz erwähnt, vielleicht ist der Kontakt zu den PatientInnen anders. Ist es denn so, dass ihr jedes Mal im Supermarkt sofort angesprochen werdet von irgendwelchen PatientInnen nach den und den Beschwerden? Ja, es ist so. Wolltest du leider sagen? Ja, es kommt immer so ein bisschen darauf an, um was es geht. Es ist häufig so, dass man tatsächlich, wenn ich einkaufen gehe, brauche ich ein bisschen länger. Mein Mann ist dann immer schon ein bisschen genervt, wenn er sagt, Mensch, du wolltest doch nur Butter kaufen gehen. Aber ja, es ist schon so, dass man da schon öfter mal angesprochen wird. Und häufig auch natürlich auch in den Läden, also auch die Patienten sind, die dort arbeiten. Und dann wird man halt natürlich immer mal auch zwischendurch angesprochen beim Regal einräumen oder sonst irgendwas in der Richtung oder an der Wurstthekeoder vorne an der Kasse oder zwischendurch eben mal einen Patienten sieht. Das ist aber irgendwo auch schön. Ich finde das eigentlich jetzt nicht schlimm. Ich finde es auch nicht schlimm. Ich würde es eher fast so als Vorteil werten. Also ich habe vom Wohnhaus zur Praxis 5 Gehminuten und klar wird man von Patienten auch mal angesprochen beim Einkaufen. Aber unsere Kinder sind 10 und 12. Aber so rundherum, wo wir wohnen von Praxis, die Kinder kennt auch jeder und da hat gefühlt jeder irgendwie so da mal ein Auge drauf oder so. Und die Patienten fragen dann auch mal, wie es den Hühnern geht. Wir haben noch 13 Hühner im Garten und natürlich auch einen Hahn und den hören sie dann mal krähen und dann hat man so gleich einen Aufhänger und ich erlebe das eher als was Angenehmes. Und man muss ja beim Wurstkaufen dann keine langen Gespräche führen. Das stimmt, ja. Eine Patientin sollte sich bei mir mal dann freimachen im Aldi an der Kasse, an der langen Schlange, als er gesagt hat, der Husten ist immer noch besser. Da hat sie verstanden, dass wir jetzt das nicht besprechen im Aldi und dann war auch gut, ne? Ja, das ist bei uns aber ähnlich. Also wir haben auch drei Schweine noch zu Hause und da sind dann die Patientenfragen dann immer, Mensch, können wir nochmal Eicheln mitbringen oder können wir Ihnen das noch? Und dann kriege ich auch jedes Mal, ich glaube so jede Woche ungefähr eine Tüte, wo irgendwie so ein bisschen Futter drin ist mit Salat oder Karotten oder irgendwas, was halt eben ansonsten weggeworfen werden würde, was jetzt eben quasi noch verfüttert werden kann. Das ist eigentlich ganz schön. Und das ist dann vielleicht doch ein bisschen spezieller, aber total wertfrei es ist, wie es ist. Und man muss sich, glaube ich, einfach schauen, wie es einem damit gefällt. Ja, es ist nicht so die typische Landers-Romanze, wie man sie vom Bergdoktor kennt, aber also nicht hundertprozentig so. Aber ich glaube, es ist so leichter, gerade wo du das gesagt hast, mit deinen drei Schweinen und so und nicht mit den Hühnern und Hasen, wir haben ja noch ein Pferd. Ich glaube, man kann auf dem Land eher so seinen Lebenstraum erfüllen. Klar kann auch ein Lebenstraum sein, ich will mir irgendwann ein Reihenhaus, ein Porsche kaufen, ein Reihenhaus in Frankfurt, Berlin oder sonst wo. Aber so mein Ziel war immer so, wir wollen mal ein Haus und wir wollen Tiere und so weiter. Und ich habe noch einen Bruder in Kronberg und einen in Berlin. Und da ist es unheimlich schwer, so Haustiere, Immobilie jetzt finanziell auch mit einem guten Job zu stemmen. Das muss man einfach mal sagen. Und das geht halt auf dem Land einfach noch. Ja, ich glaube, man muss sich ja auch einfach entscheiden, was man möchte. Also möchte ich lieber in der Stadt wohnen und eben die Nähe auch haben zu den Einkaufsmöglichkeiten oder sonst irgendwas in der Richtung. Ich glaube, jetzt gerade in der Corona-Zeit hat man gesehen, dass es eigentlich richtig toll war, dass man auf dem Land gelebt hat oder dort ist, weil man einfach plötzlich sagt, man kann mal schnell in den Wald gehen, man kann mal rausgehen, man hat ein Riesengrundstück und kann dort einfach mal die Kinder auch draußen im Sommer spielen lassen, ohne dass man jetzt irgendwie in einer Vier-Quadratmeter-Wohnung oder sowas oder in einem Zimmer die Kinder einsperren muss, weil es nicht geht, weil man nicht raus darf. Also ich glaube, das war schon, jetzt hat man gesehen, das hat schon seine Vorteile dort. Und ich bin ja eigentlich auch nicht aus dem Odenwald. Mein Mann ist dort auch früher hingezogen. Mich hat es dazu bewogen, dort hinzuziehen, weil ich es einfach dort stiller finde. Also dieses nachts schlafenund es ist einfach ruhig. Das ist einfach unglaublich. Und das ist einfach so dieses, man kann runterkommen, man hat einfach einen erholsameren Schlaf irgendwie. Und wenn dann mal morgens der Hahn kräht, ist es irgendwie wie im Urlaub. Ich wollte es gerade sagen und um 5 ist dann Schluss. Um 5 ist Schluss genau. Aber das ist egal, da stehe ich ehauf. Ja, das klingt ganz schön und ich hatte die Assoziation, dass es ja auch, wenn die PatientInnen die Tüten für das Schweinefutter mitbringen, das drückt ja auch einfach deren Dankbarkeit aus. Ja. Das ist ja auch ein ganz positives Zeichen. Die wollen sich ja auch verbunden fühlen und ihre Dankbarkeit euch gegenüber ausdrücken, dass ihr da auch für sie da seid. Richtig. Ja, das stimmt. Und das ist halt nochmal echt in der Hausarztpraxis ganz speziell. Also die Dankbarkeit der Patienten. Weil ich sage mal, man begleitet die Patienten ja auf ihrem Weg, auf ihrem Weg zur Diagnosefindung, auf ihrem Weg mit dem Umgang einer Erkrankung. Und das... Der Weg ist manchmal sehr, sehr lang. Die durchschnittliche Zeit mit einem Patient ist ja länger als die durchschnittliche Ehe in Deutschland, habe ich mal gelesen. Ich glaube, es stimmt sogar. Und insofern ist es auch schön. Also ich kann auch nur sagen, ich bin ja zehn Jahre in der Praxis und da waren manche, haben dann ihre Kinder mitgebracht, auch mal so. Ich habe die ja dann mal abgehört und untersucht, dann waren die fünf, sechs und die gehen jetzt fast raus zum Studieren. Und das ist total interessant und spannend. Und dann hat man die Großeltern noch mit zu betreuen, vielleicht in der Häuslichkeit. Und das macht vieles auch einfacher, man versteht vieles auch dann einfacher. Warum der Heranwachsende jetzt der Thoraxschmerzen hat, so eine Angst hat. Ja, wenn man weiß, der Opa hatte vielleicht einen Herzinfarkt im Jahr vorher oder so. Und das ändert so vieles dann auch in der Diagnostik. Ist halt ganzheitlicher irgendwie, man hat so ein bisschen so einen kompletten, das finde ich auch das Schöne daran, dass man halt eben nicht nur diesen Fokus hat, ich bin jetzt Kardiologe und gucke immer nur aufs Herz, würde mich glaube ich irgendwann langweilen, also das wäre einfach so der, ich könnte, ich würde überall glücklich werden, aber ich glaube irgendwann wird mir was fehlen, also dieses, dass man wirklich von allem etwas hat und überall reingucken kann und auch Sonografie, ich mache ja auch gerne Sonografie, auch Schilddrüse und so weiter, das ist einfach schön, dass man zwischendurch einfach mal schaut oder auch mal irgendwas entdeckt, was da vorher nicht war. Dann kommt ein Patient mit einem Unterbauchschmerz und dann guckt man mit dem Ultraschall mal kurz drauf und sieht, okay, da ist vielleicht jetzt irgendwas Bösartiges drin und schickt den direkt weiter. Was vielleicht jetzt sonst wieder nochmal ein halbes Jahr gedauert hätte, weil der Patient dann nochmal gesagt hätte, nee, so schlimm war es jetzt nicht. Irgendwann geht er zum Gynäkologen und dann wäre es wieder rausgekommen. Ja, und das Schöne, du kannst sie weiterschicken. Du kannst aber auch sagen, wir beobachten mal den Verlauf und ich schaue es mir nächste Woche nochmal in Ruhe an, wir reden nochmal, wie die Beschwerden sind und das ist ja in der Facharztpraxis geht das ja gar nicht und im Krankenhaus sowieso. Also so wie ihr es beschreibt, klingt es total traumhaft und attraktiv. Ist es ja eigentlich auch, oder? Sonst würden wir es nicht machen, ne? Ja, ist es. Ich will jetzt nochmal einen Nachteil vielleicht kurz rauskitzeln. Ihr seid ja beide so in die Praxis gekommen, weil jemand einen Nachfolger, Nachfolgerin gesucht hat. Und wir wissen ja durchaus so von den Zahlen, gerade im ländlichen Bereich sind doch viele Bereiche von Unterversorgung bedroht. Und deswegen gibt es auch von der KV extra Förderung, wenn Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung in unterversorgte Gebiete gehen zum Beispiel. Also wird da ja jede Menge versucht, auch tatsächlich Studierende und Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung aufs Land zu holen, weil es scheinbar erstmal nicht so attraktiv klingt. Begegnet euch das denn häufiger, dass tatsächlich Praxen leer sind und keinen Nachfolger finden oder keine Nachfolgerin finden? Wir hatten das in Lauterbach tatsächlich vor ungefähr vier Jahren. Da hat eine große Doppelpraxis, die war ad hoc zu und es war kein Nachfolger da. Da hat sich bis heute kein Nachfolger gefunden. Viele Patienten hatten tatsächlich dann auch Probleme, wirklich einen Hausarzt zu finden. Und das ist auch heute bei uns in der Region noch so. Es gibt Patienten, die finden keinen Hausarzt und die meisten Praxen machen da auch keinen Unterschied zwischen privat und gesetzlich versichert. Die Patienten stehen dann einfach da. Aus Mitleid nimmt man dann doch immer weiter auf und merkt dann irgendwann, oh, sind doch ganz schön viele und die Leitungen sind immer belegt und die Sprechstunden sind immer voll. Das ist vielleicht auch was, was gibt es für Nachteile vielleicht, in Anführungsstrichen. Klar, der Druck ist überall da, aber dieser Erwartungsdruck, dann auch Menschen nicht gerecht zu werden, nicht jedem, der ist manchmal hart, finde ich. Ja, das kann ich auch nur so sagen. Wir haben das jetzt auch gerade aktuell, bei uns hat auch ne Kollegin die Praxis ad hoc zugemacht, wegen Krankheit und macht auch nicht wieder auf und jetzt haben wir ganz viele Patientenanfragen und wir haben uns jetzt auch dazu entschlossen, erstmal ein Aufnahmestopp zu machen, weil es einfach nicht mehr funktioniert, weil wir so viele aktuell haben und ich auch perspektivisch gucken muss, wenn mein Kollege irgendwann aufhört, wie ich das sonst alleine stemmen soll. Und auch die anderen Praxen, weiß ich schon von Letzten und vorletzten Jahr, dass die auch schon Aufnahmestopp die ganze Zeit haben und dass eben die Patienten gar nicht mehr wissen, wo sie hingehen sollen. Und das Problem ist einfach Kreisbergstraße. Wenn man das jetzt so vergleicht, dann sagt man ja, Kreisbergstraße hat natürlich keine Unterversorgung. Ja klar, da ist aber auch Heppenheim und Bensheim und Firnheim dabei. Da sind überall genug allgemeinen Arztpraxen, die da sicherlich die Patienten versorgen. Aber bei uns dort, was eben gerade das Tor zum Odenwald, wo man dann reinfährt, dann ist da hinten... Da ist dann nicht mehr so viel. Ich schätze, dass wir pro Praxis bestimmt 15 bis 100 bis 2.000 Patienten versorgen. Und es sind teilweise auch Gemeinschaftspraxen, wo natürlich auch noch mehr versorgt werden. Und es reicht nicht. Also die Patienten rufen täglich an und fragen wegen Aufnahme, weil sie eben keinen Hausarzt mehr haben oder weil sie in die Region gezogen sind und jetzt einen neuen Hausarzt brauchen und einfach jetzt momentan keinen finden. Und die anderen werden ja auch älter. Die hören ja jetzt auch irgendwann perspektivisch dann auf. Ja, das ist ja auch ein Grund, warum viele Bundesländer sich entschieden haben, auch schon im Studium mehr Studierende aufs Land zu holen und Landarztquoten einzuführen. Und auch die hessischen Institute arbeiten gerade am Konzept, ab Herbst 2022 Programme anzubieten, um einfach Studierende schon ganz früh für das Landleben zu begeistern. Und so wie ihr vorher gesprochen habt, gibt es ja auch ganz viele Aspekte, die begeisternd sein können. Ja, obwohl ich da sagen muss, ich weiß nicht, ob ich das so sinnvoll finde, den Studierenden jetzt schon im ersten Semester zu sagen, sie müssen sich dazu verpflichten, Allgemeinmedizin zu machen. Klar, wenn die sich natürlich schon davor sagen, ich möchte das und dafür brennen, dann ist das natürlich für die super toll und dann wissen die, okay, ich kriege da noch eine Förderung und das mache ich und ich wollte das sowieso schon immer machen. Wenn die zum Beispiel auch aus einer Familie kommen, wo eben schon ein Hausarzt, letztendlich der Vater oder die Mutter schon dort arbeitet, ist das sicherlich was anderes. Wenn das jetzt welche sind, die sich jetzt nur desGeldes wegendazu verpflichten und dann total traurig sind, wenn sie das später dann doch machen müssen, aber vielleicht dann doch für was anderes brennen, dann fände ich das so ein bisschen schade. Also ich denke auch, man sollte versuchen, so von Seiten der Politik vielleicht auch die Hürden ganz, ganz niedrig zu lassen für Niederlassungen gerade auf dem Land und in strukturschwachen Regionen und eine Förderung anbieten. Im Moment erlebe ich es eher so, dass es eine Rückkehr aufs Land gibt, dass viele wieder aus der Stadt raus wollen. Corona war natürlich ein Beschleuniger. Aylinhat schon gesagt, was das betrifft. Bei uns ist es so, dass es kaum noch Bauplätze gibt im Moment, weil viele, ganz viele Menschen, also nicht nur junge Ärzte dann natürlich auch, aber arbeitende Menschen mit Kindern zurück aufs Land wollen und lange in der Stadt oder rund um die Stadt gewohnt haben. Und das mal so, ich sage mal, das wird ja dann eher auch eine Herzentscheidung sein mit einer Niederlassung am Ende und nicht nur finanzielle Aspekte oder sonstige. Ja, da habt ihr jetzt ja schon ganz viel aus eurem Weg, aus eurem Alltag auch berichtet und ganz tolle und spannende Sachen erzählt. Auch schön, dass es ja offensichtlich auch so einen gewissen Trend gibt, wieder aufs Land zurückzugehen. Vielleicht, hoffentlich werden sich ja dadurch auch gewisse Probleme irgendwann dann lösen können. Zum Abschluss fragen unsere Gäste immer ganz gern, ob sie noch eine Lebensweisheit oder etwas, was sie eben den Zuhörenden noch mit auf den Weg geben möchten. Vielleicht auch, wenn sie so einen ähnlichen Weg einschlagen wollen wie ihr. Wer möchte anfangen? Ich sage immer, man muss auf sein Bauchgefühl hören, auf das eigene. Und das ist das Wichtigste, wenn man alleine auf dem Land ist. Ich mag ja so Sprüche eigentlich nicht. Aber ich habe einen gelesen, den fand ich gut. Der hieß, es kommt alles so, wie es kommen soll. Und genau so wie es kommt, ist es richtig. Und das ist auf dem Weg zum Landarzt. Wenn man sich das so mitnimmt, da sind auch ein paar Hürden immer mal dabei. Letztendlich wird alles gut häufig. Ja, das sind zwei wunderbare Schlussworte und damit vielen Dank an euch, Thomas und Aylin. Schön, dass ihr da wart und jetzt hoffentlich keinen allzu langen Fahrtweg zurück. Und ja, alles Gute für euch. Danke. Vielen Dank. Ganz herzlichen Dank. Ja, das war unsere kleine Exkursion aufs Land. Klickt euch gerne mal durch die Shownotes, wenn ihr mehr zu Aylinund Thomas erfahren möchtet. Wir lassen euch auch ein paar Infos zur besonderen Förderung der ländlichen oder unterversorgten Region da, die in der Folge angesprochen wurde. Ein Punkt, der auch zur Sprache kam, ist die sogenannte Landarztquote, die nicht nur in Hessen, sondern bundesweit in den meisten Flächenländern in Planung oder bereits angelaufen ist. Falls ihr davon noch nicht gehört habt, es handelt sich dabei um eine strukturelle Förderung ländlicher Regionen und von Ärztinnen und Ärzten, die später mal auf dem Land arbeiten möchten. In Hessen ist das geplant für die Allgemeinmedizin, die Kinder- und Jugendmedizin und auch den öffentlichen Gesundheitsdienst. Und das Ganze startet im Wintersemester 2022-2023 und bietet für Studierende ein Rahmenprogramm, durch das sie persönlich begleitet und auf ihre fachliche Tätigkeit vorbereitet werden. Und zwar mit Seminaren, mit Mentoring und zum Beispiel mit besuchenden innovativen Praxismodellen. Insgesamt wird es ein spannendes Gesamtpaket geben, was das klassische Medizinstudium sehr wertvoll ergänzen kann, für diejenigen, die Lust haben, im ländlichen Raum hausärztlich tätig zu werden. Auch zur Landarztquote hinterlegen wir euch Links zum Weiterlesen in den Shownotes. In der nächsten Folge geht es dann weiter mit dem Thema, wie es eigentlich ist, als Familienmitglieder oder auch als unterschiedliche Generationen zusammen in einer Praxis zu arbeiten. Wir freuen uns, wenn ihr wieder mit dabei seid. Music.